Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R

bei uns veröffentlicht am09.04.2014

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 vom Beklagten zu leistenden Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Der 1971 geborene, alleinstehende Kläger bezieht vom Beklagten seit 1.1.2005 mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld II (Alg II). Vom 1.8.2005 bis zu seinem Umzug am 15.1.2007 bewohnte er in K. eine 32,35 m² große Wohnung, für die er eine monatliche Bruttokaltmiete von 190 Euro (Nettokaltmiete 149 Euro und kalte Betriebskosten 41 Euro) und ab Oktober 2006 eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von 17 Euro zahlte. Der Beklagte bewilligte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 203,94 Euro für Dezember 2006 und in Höhe von 209,11 Euro inklusive einer Nebenkostennachforderung in Höhe von 5,17 Euro für Januar 2007.

3

Einen vom Kläger am 11.9.2006 gestellten Antrag auf Zusicherung künftiger Unterkunftsaufwendungen vor einem Umzug innerhalb von K. in eine teurere Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 49 m² lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 25.9.2006, Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006). Die hiergegen vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhobene Klage (S 7 AS 61/07) blieb ohne Erfolg, da der Umzug in eine größere Wohnung nicht erforderlich gewesen sei (Urteil vom 8.9.2009).

4

Am 2.1.2007 hatte der Kläger den Mietvertrag über die größere Wohnung in K. geschlossen, für die er ab Einzug am 15.1.2007 die geschuldete monatliche Bruttowarmmiete von 342,55 Euro zahlte. Für den Zeitraum vom 1.2.2007 bis 31.7.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der vorherigen Unterkunftsaufwendungen von monatlich 209,11 Euro (bestandskräftiger Bescheid vom 18.1.2007). Diese Bewilligung hob er für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.7.2007 wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen ganz auf und forderte vom Kläger die Erstattung der Leistungen (bestandskräftiger Bescheid vom 21.11.2007). Der Kläger hatte am 11.4.2007 mit der N einen Arbeitsvertrag für Saisonarbeit in Dänemark geschlossen, befristet bis 31.12.2007. Er übte die Beschäftigung vom 11.4.2007 bis 14.10.2007 aus, weil das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet wurde.

5

Auf den am 11.10.2007 gestellten neuen Alg II-Antrag des Klägers, der weiterhin in der von ihm zuletzt angemieteten Wohnung in K. wohnte, bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 Alg II in Höhe von monatlich 556,11 Euro, bestehend aus der Regelleistung in Höhe von 347 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung erneut nur in Höhe von 209,11 Euro (Bescheid vom 13.11.2007). Der hiergegen mit dem Begehren auf Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2008).

6

Das SG hat den Beklagten im anschließenden Klageverfahren verurteilt, dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung monatlicher Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 336,29 Euro zu gewähren (Urteil vom 8.9.2009). Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen und angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II finde entgegen der Auffassung des Beklagten keine Anwendung, da sie nur bei Umzügen während eines ununterbrochenen Leistungsbezuges gelte, nicht aber nach zeitweiliger Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs. Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) ist erfolglos geblieben (Urteil vom 28.2.2013). Die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien im streitigen Bewilligungsabschnitt trotz Eingreifens der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im früheren Bewilligungsabschnitt nicht der Höhe nach begrenzt, da die Vorschrift nicht nach unterbrochenem Leistungsbezug fortwirkend anwendbar sei. Wer nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug stehe, sei auch nicht den Regelungen des SGB II unterworfen. Allerdings sei nicht jede Unterbrechung des Leistungsbezugs ausreichend, sondern die Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus eigener Kraft, dh durch eigenes Einkommen und nicht durch Rückgriff auf Schonvermögen oder nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter, für mindestens einen Monat erforderlich. Da der Kläger fünf Monate wegen eigenen Einkommens und fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug gestanden habe, sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nach seinem neuen Alg II-Antrag nicht mehr anzuwenden.

7

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II geltend. Die Voraussetzungen der Norm seien erfüllt, da der Kläger zur Zeit des Mietvertragsabschlusses und Umzugs im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug nicht erforderlich gewesen sei. Die vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezugs infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stehe der Anwendbarkeit der Norm nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Unterbrechung nicht mindestens sechs Monate gedauert habe.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Er nimmt auf die Entscheidungen des SG und des LSG Bezug.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, denn der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die im streitigen Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 bewohnte Wohnung in Höhe von monatlich 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom Beklagten begehrte Aufhebung der Urteile des LSG und des SG, mithin seine Verpflichtung, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 127,18 Euro zu zahlen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom Kläger tatsächlich aufgewendeten Kosten für Unterkunft und Heizung für die von ihm im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 336,29 Euro und der vom Beklagten bewilligten 209,11 Euro. Die Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung war nach der alten, bis 31.12.2010 geltenden und hier anzuwendenden Rechtslage zulässig (vgl nur Bundessozialgericht vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Offen bleiben kann, ob auch unter der Neufassung (nF) der §§ 19 bis 22 SGB II zum 1.1.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes weiterhin prozessual zulässig ist.

13

Der Zeitraum ab Antragstellung des Klägers am 11.10.2007 bis 31.10.2007 ist nicht Streitgegenstand, da hierüber vom Beklagten mit bestandskräftigem Versagungsbescheid vom 12.11.2007 entschieden worden ist.

14

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sind § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II in der für die streitige Zeit geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

15

Der Kläger stellte am 11.10.2007 den erforderlichen Antrag auf Alg II, welches die Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst (§ 37, § 19 SGB II). Zudem erfüllte er im streitigen Zeitraum nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Er war auch hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

16

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe seiner tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Eine Begrenzung der vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung auf die geringeren bewilligten Kosten der zuvor vom Kläger bewohnten Wohnung folgt vorliegend nicht aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II(dazu unter 3.). Auch eine Kostensenkung nach § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II kommt hier nicht in Betracht(dazu unter 4.).

17

3. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF), eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), lautete: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht."

18

Auf diese Vorschrift kann sich der Beklagte vorliegend nicht stützen, weil sie bei Eintritt eines neuen Leistungsfalls keine fortwirkende Anwendung findet (vgl auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Pletscher in Adolph/Linhart, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 22 SGB II RdNr 79, 84. EL Stand 11/2013; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Eine neuer Leistungsfall liegt hier vor, weil der Kläger zu Beginn des streitigen Bewilligungsabschnitts seine frühere Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens für mindestens einen Kalendermonat überwunden hatte und aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war. Bei dem mit Eintritt seiner erneuten Hilfebedürftigkeit vorliegenden neuen Leistungsfall ist für die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung allein § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen für die fortgesetzte Begrenzung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen im streitigen Zeitraum trotz Eingreifens der Regelung im früheren Bewilligungsabschnitt(zu deren Voraussetzungen vgl BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52; Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) nicht vor.

19

a) Die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch eine mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs von mindestens einem Kalendermonat verbundene Überwindung der Hilfebedürftigkeit jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens begrenzt. Bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles findet die Vorschrift keine Anwendung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, seinem Sinn und Zweck, einer vergleichenden Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und unter Berücksichtigung von Wertungsgesichtspunkten sowie des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns.

20

Bereits dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "weiterhin" ist es immanent, dass unmittelbar vor Eingreifen der Norm ein ununterbrochener Leistungsbezug bestanden haben muss. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal nicht in den seit 1.1.2011 geltenden § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF übernommen hat, folgt keine andere Auslegung der hier anzuwendenden alten Fassung. Denn zum einen können hieraus keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden (so bereits zur fehlenden Regelung des Verteilzeitraums vor dem 1.4.2011: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 23; BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32). Zum anderen ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass trotz der Wortlautänderung § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF dem bisherigen Recht entspricht(BT-Drucks 17/3404, S 98).

21

Auch aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ergibt sich, dass diese Vorschrift nach einer mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs verbundenen Überwindung der Hilfebedürftigkeit bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles nicht fortwirkt. Mit der nur nach erforderlichen Umzügen vorgesehenen Übernahme höherer, noch abstrakt angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung soll eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen verhindert und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion belassen werden(BT-Drucks 16/1410 S 23, zur ratio legis vgl auch ausführlich BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 21). Beide Ziele sind aber nur während des Leistungsbezugs und gerade nicht mehr ab dem mit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat verbundenen Ende des Leistungsbezugs zu erreichen, da ab diesem Zeitpunkt die Vorschriften des SGB II für die nicht mehr hilfebedürftige Person nicht mehr gelten und die Leistungsträger keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr haben.

22

Erst durch einen neuen Alg II-Antrag begibt sich die betroffene Person neu - wie die erstmalig hilfebedürftige Person - in das System des SGB II und auch nur bei Hilfebedürftigkeit und Leistungsbezug unterliegt sie erneut dessen Regeln (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Dem Umstand, dass ein Mietvertrag über eine teurere angemessene Wohnung noch während des früheren Leistungsbezugs und damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden war, als die hilfebedürftige Person nicht in der Lage war, die höheren Mietzahlungen für die neue Wohnung selbst zu leisten, wird durch die bis zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des früheren Leistungsbezugs eingreifende Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hinreichend Rechnung getragen.

23

Dieses Ergebnis wird auch durch eine vergleichende Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und den sich daraus ergebenden Wertungsgesichtspunkten bestätigt. Wie der 4. Senat des BSG bereits in früheren Entscheidungen betont hat, knüpft die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und die damit verbundene Möglichkeit einer Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II an den Status als erwerbsfähige hilfebedürftige/leistungsberechtigte Person an(vgl BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Die Vorschriften gelten auch bei Vorliegen eines früheren Leistungsbezugs nicht über dessen Beendigung hinaus, wenn die hilfebedürftige Person nach Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs, aber vor dem Eintritt neuer Hilfebedürftigkeit eine neue Wohnung angemietet hat und in diese eingezogen ist, selbst wenn die neue Hilfebedürftigkeit zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits absehbar war (BSG aaO). Die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigt keine andere Behandlung einer ebenfalls erneut hilfebedürftig gewordenen Person.

24

Auch der dem gesamten Leistungssystem des SGB II immanente, in § 1 Abs 1 Satz 1 SGB II aF bzw § 1 Abs 2 Satz 1 SGB II nF sowie in § 2 SGB II normierte Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns spricht für die hier vorgenommene Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Die Eigenverantwortung leistungsberechtigter Personen soll insbesondere dadurch gestärkt werden, dass sie dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft und damit unabhängig von der Grundsicherung zu bestreiten (vgl Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 2 RdNr 5; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 1 RdNr 27, Stand 2/2012). Hierdurch soll wiederum dem nur temporären Charakter der Leistungsgewährung nach dem SGB II Rechnung getragen werden, mit der Folge, dass die Verantwortung des Jobcenters - und damit auch seine Berechtigung zur Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II - endet, sobald der Leistungsberechtigte aus dem Leistungssystem ausscheidet, selbst dann, wenn das Ende des Leistungsbezugs nur vorübergehend ist und damit letztlich "nur" zu einer Unterbrechung führt. Durch den bei einem neuen Leistungsfall mit einer erneuten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbundenen nochmaligen "Vorwurf", eine teurere Wohnung angemietet zu haben, würden der Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns sowie die vom Gesetzgeber als unterstützenswert erachteten Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit(§ 1 Abs 2 Nr 2 SGB II aF/§ 1 Abs 3 Nr 2 SGB II nF, §§ 15 ff SGB II) konterkariert.

25

Wie auch der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, gilt die Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur, solange nicht Veränderungen in den persönlichen Umständen der betroffenen Person eintreten, die eine Neubestimmung der für sie angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gerechtfertigt erscheinen lassen(Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 13). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns ist die Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens eine solche Veränderung in den persönlichen Umständen (vgl auch zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Zusammenhang mit der Bemessung des sog Verteilzeitraums bei einmaligen Einnahmen: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 64; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31).

26

b) In zeitlicher Hinsicht ist als Zäsur für die Begrenzung einer fortgesetzten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die vorherige Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Unterbrechung des Leistungsbezugs für mindestens einen Kalendermonat erforderlich, aber auch ausreichend(so bereits BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 22; vgl im Übrigen auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Nach Ablauf eines Kalendermonats liegt bei erneuter Hilfebedürftigkeit ein neuer Leistungsfall vor. Die bloße Abmeldung aus dem Leistungsbezug trotz tatsächlich fortbestehender Hilfebedürftigkeit genügt dagegen nicht, um eine Zäsur mit Blick auf die fortgesetzte Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu erreichen.

27

Diese Anknüpfung an mindestens einen Kalendermonat für das Vorliegen eines neuen Leistungsfalls folgt aus dem im SGB II geltenden und in der Rechtsprechung des BSG bereits mehrfach betonten Monatsprinzip (vgl BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 53/12 R -, RdNr 26; BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 28; BSG Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14 f; zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Zusammenhang mit der Festlegung des sog Verteilzeitraums bei Zufluss einmaliger Einnahmen vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31). Der Alg II-Anspruch ist auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt, wie bereits die in § 41 Abs 1 SGB II normierte Festlegung der Berechnungs- und Leistungsabschnitte auf einen Kalendermonat zeigt. Zudem wird der Regelbedarf (zuvor: Regelleistung) nach § 20 SGB II als Leistung je Kalendermonat ausgewiesen und die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung iS von § 22 SGB II hat monatsweise zu erfolgen. Die Alg II-Verordnung aF (§ 2) bzw § 11 Abs 2 und 3 SGB II nF stellen hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Zufluss von Einnahmen innerhalb eines Kalendermonats ab und § 30 SGB II aF bzw § 11b Abs 3 SGB II sehen einen vom monatlichen Erwerbseinkommen abzusetzenden Freibetrag vor. Auch § 23 Abs 4 SGB II aF bzw § 24 Abs 4 SGB II nF, wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden können, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen, knüpfen an eine kalendermonatsweise Betrachtungsweise an. Nicht zuletzt kommt in § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II nF, wonach der Alg II-Antrag auf den Ersten des Monats zurückwirkt, zum Ausdruck, dass das Gesetz für den Alg II-Anspruch an den Kalendermonat anknüpft.

28

An dieses Monatsprinzip des SGB II ist in zeitlicher Hinsicht auch für die Zäsur bei der Begrenzung der Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anzuknüpfen. Hierdurch wird insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns Rechnung getragen, indem für die betroffenen Personen Anreize geschaffen werden, ihre Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Einkommen zu überwinden, um bei deren tatsächlicher Realisierung, sei es auch nur für einen Kalendermonat, von dem Vorteil der Beendigung der Wirkungsdauer des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II profitieren zu können.

29

Dieser Rückgriff auf das Monatsprinzip steht überdies mit der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG im Einklang, wonach bei zu erbringenden Monatsleistungen wie nach dem SGB II, dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz das Entfallen der Hilfebedürftigkeit für einen Monat genügt, um eine Zäsur für nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch nachträglich nicht zu erbringende Leistungen zu bewirken(vgl Urteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 3/12 R - juris RdNr 13; Urteil vom 20.12.2012 - B 7 AY 4/11 R - SozR 4-3520 § 3 Nr 3 RdNr 14).

30

Für die vom Beklagten unter Bezugnahme auf einen Beschluss des LSG Sachsen (20.10.2008 - L 3 B 530/08 AS-ER) geforderte Unterbrechung des Leistungsbezugs von "wesentlich mehr als sechs Monaten" und auch für das Erfordernis eines zeitlichen Moments von sechs Monaten fehlt es dagegen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Zwar sieht § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II als Regelbewilligungszeitraum sechs Monate vor. Dennoch liegt § 41 Abs 1 SGB II - wie gezeigt - insgesamt eine kalendermonatsweise Betrachtung der Berechnung und Erbringung der Leistungen nach dem SGB II zugrunde. Der sechsmonatige Bewilligungszeitraum folgt dagegen aus Gründen der Verwaltungsökonomie, weil eine monatsweise Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen und Bescheidung nicht mit vertretbarem Aufwand zu realisieren wäre (vgl BT-Drucks 15/1516, S 63).

31

c) Anhaltspunkte dafür, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hier aus anderen Gründen fortwirken könnte, bietet der vorliegende Fall nicht, in dem der Kläger seine Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Erwerbseinkommens für mehr als einen Kalendermonat überwunden hatte und für fünf Monate aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war, bevor er erneut hilfebedürftig wurde. Seinem erneuten Leistungsantrag liegt ein neuer Leistungsfall zugrunde.

32

4. Da § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im hier streitigen Zeitraum nicht anwendbar ist, sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind.

33

Eine hier allein noch denkbare Absenkung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II scheidet aus, da es bereits an einer hierfür erforderlichen Kostensenkungsaufforderung des Beklagten fehlt. Die vom Kläger beantragte Zusicherung war allein aufgrund der fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs aus der zuvor bewohnten in die neue Wohnung abgelehnt worden.

34

Von der festgestellten Bruttowarmmiete von monatlich 342,55 Euro war - wie vom SG im Ergebnis vorgenommen - lediglich ein Betrag in Höhe von monatlich 6,26 Euro als Warmwasserpauschale abzuziehen, da eine entsprechende Berücksichtigung bereits durch die Regelleistung in Höhe von 347 Euro erfolgte (vgl hierzu BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 28 bis 30; Brehm/Schifferdecker, SGb 2010, 331, 335). Auf die für den streitigen Zeitraum fehlenden hinreichenden Feststellungen des LSG zu den nach Bruttokaltmiete und Heizkosten aufgeschlüsselten tatsächlichen Aufwendungen des Klägers (zur getrennten Angemessenheitsprüfung von Unterkunfts- und Heizkosten vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 69 RdNr 21)und zur Angemessenheit der Unterkunftskosten kommt es nicht an.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R

Referenzen - Gesetze

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Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R zitiert 22 §§.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11b Absetzbeträge


(1) Vom Einkommen abzusetzen sind1.auf das Einkommen entrichtete Steuern,2.Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,3.Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, s

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 24 Abweichende Erbringung von Leistungen


(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 41 Berechnung der Leistungen und Bewilligungszeitraum


(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 2 Grundsatz des Forderns


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person mu

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 37 Antragserfordernis


(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen. (2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antrag

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 15 Potenzialanalyse und Kooperationsplan


(1) Die Agentur für Arbeit soll unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erforderlichen persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung feststel

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 30 Berechtigte Selbsthilfe


Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit1.unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährun

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 1 Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. (2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsber

Referenzen - Urteile

Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R zitiert oder wird zitiert von 26 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Feb. 2014 - B 14 AS 53/12 R

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Tenor Das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 wird geändert und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 werd

Bundessozialgericht Urteil, 10. Sept. 2013 - B 4 AS 89/12 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2012 wird zurückgewiesen, soweit der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur S

Bundessozialgericht Urteil, 22. Aug. 2013 - B 14 AS 78/12 R

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Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an da

Bundessozialgericht Urteil, 26. Juni 2013 - B 7 AY 3/12 R

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Tenor Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht

Bundessozialgericht Urteil, 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R

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Bundessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2012 - B 7 AY 4/11 R

bei uns veröffentlicht am 20.12.2012

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Bundessozialgericht Urteil, 24. Nov. 2011 - B 14 AS 107/10 R

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Tenor Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L

Bundessozialgericht Urteil, 27. Sept. 2011 - B 4 AS 180/10 R

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Bundessozialgericht Urteil, 30. Aug. 2010 - B 4 AS 10/10 R

bei uns veröffentlicht am 30.08.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 01. Juni 2010 - B 4 AS 60/09 R

bei uns veröffentlicht am 01.06.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 30.6.2008.
16 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 09. Apr. 2014 - B 14 AS 23/13 R.

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bei uns veröffentlicht am 20.03.2019

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 6. April 2018 und der Bescheid vom 30. Januar 2019 abgeändert und der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weiteres Arbeitslosengeld II i.H.v. jew

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 28. Jan. 2015 - L 7 AS 16/15 B ER

bei uns veröffentlicht am 28.01.2015

Tenor I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 17. Dezember 2014 abgeändert und die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners für den Monat Februar 2015 aufgehoben sowie für den Monat März 2015 auf 40

Bundessozialgericht Urteil, 24. Aug. 2017 - B 4 AS 9/16 R

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Tenor Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. Mai 2015 - L 6 AS 532/14 - und des Sozialgerichts Duisburg vom 11. Februar 2014 (S 45 AS 177/13) sowie der

Bundessozialgericht Urteil, 04. Apr. 2017 - B 4 AS 6/16 R

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. September 2015 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

24

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2012 wird zurückgewiesen, soweit der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. März 2006 aufgehoben hat.

Im Übrigen wird das bezeichnete Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung von SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2007.

2

Die 1958 geborene Klägerin lebte seit Oktober 2004 mit Herrn S. (im Folgenden "S") zusammen, den sie in ihrem Erstantrag zur Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 15.10.2004 als ihren Lebensgefährten bezeichnet hatte. Die Klägerin erzielte Erwerbseinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung, S bis Ende 2005 aus einer Angestelltentätigkeit. Sein Einkommen war jeweils im Folgemonat fällig. Für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte der Beklagte weiterhin Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 26.10.2005). Von dem Gesamtbedarf setzte er ein anrechenbares monatliches Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 51,82 Euro sowie des S in Höhe von 797,82 Euro ab und bewilligte monatliche Leistungen in Höhe von 344,36 Euro (davon für die Klägerin in Höhe von 231,18 Euro).

3

Die Beschäftigung von S endete zum 31.12.2005. Auf sein Konto wurde am 5.12.2005 ein Betrag in Höhe von 1482,59 Euro (Verwendungszweck "Lohn- und Gehalt 11.2005") sowie am 19.12.2005 ein weiterer Betrag in Höhe von 23 838,11 Euro (Verwendungszweck "Lohn- und Gehalt 12.2005") gutgeschrieben. Hiervon hatte der Beklagte zunächst keine Kenntnis. Ab Januar 2006 erhielt S für die Dauer von 780 Kalendertagen Alg I in Höhe von monatlich 787,80 Euro. Nach Eingang des Alg-Bescheids bei dem Beklagten im Januar 2006 hörte dieser die Klägerin dazu an, dass S im Januar 2006 zwei Einkommen (Arbeitsentgelt und Arbeitslosengeld) erhalten habe und daher Leistungen zu Unrecht bezogen worden seien (Schreiben vom 31.3.2006). Hierzu erklärte S, er habe im Januar 2006 keine zwei Einkommen erzielt, sein letzter Verdienst sei am 19.12.2005 ausgezahlt worden. Sodann bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung des Alg I für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis 31.3.2006 SGB II-Leistungen in Höhe von 354,58 Euro, der Klägerin davon in Höhe von 236,19 Euro (Änderungsbescheid vom 31.3.2006). Auf den Fortzahlungsantrag vom 7.4.2006 wurden vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 404,95 Euro (davon für die Klägerin in Höhe von 261,48 Euro) unter Berücksichtigung eines anrechenbaren monatlichen Erwerbseinkommens der Klägerin sowie des Alg I von S festgesetzt (Bescheid vom 24./25.4.2006). Wegen der Anhebung der Regelleistungen ab 1.7.2006 erhöhte der Beklagte die monatlichen Leistungen für die Klägerin auf 274,48 Euro (Änderungsbescheid vom 13.5.2006). Für den weiteren Bewilligungszeitraum vom 1.10.2006 bis 31.3.2007 bewilligte er auf der Grundlage eines Fortzahlungsantrags vom 12.9.2006 weiterhin SGB II-Leistungen unter Anrechnung der Einkünfte (Bescheid vom 14.9.2006).

4

Im Juni 2006 gingen bei dem Beklagten die geforderten Kontoauszüge von S für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2006 ein, nach weiterer Anforderung am 26.9.2006 die Gehaltsabrechnung von S für Dezember 2005. Hieraus ergab sich, dass S neben seinem Lohn für Dezember 2005 in Höhe von 1079,86 Euro auch eine Abfindung in Höhe von 33 406,75 Euro brutto (= 22 758,25 Euro netto) erhalten hatte. Auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 9.1.2007 zu einem unrechtmäßigen Leistungsbezug in Höhe von 4434,09 Euro in der Zeit vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 und einer möglichen Erstattung teilte die Klägerin mit, ihr Lebensgefährte habe seine Unterlagen, auch die Papiere über die Abfindung, persönlich vorgelegt. Die bewilligten Leistungen seien verbraucht.

5

Der Beklagte hob die Entscheidung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X ab dem 1.12.2005 ganz auf und ordnete die sofortige Vollziehung der Erstattung an. Wegen der Einkommensverhältnisse des Lebensgefährten sei die Klägerin nicht hilfebedürftig gewesen, weil im Dezember 2005 das Einkommen von November/Dezember 2005 angerechnet und ab Januar 2006 die Abfindung, aufgeteilt auf 15 Monate in Höhe von monatlich 1517,22 Euro, als Einkommen berücksichtigt werde (Bescheid vom 31.1.2007). Den Widerspruch wies der Beklagte mit der Begründung zurück, dass die Klägerin erst im Juni 2006 durch Vorlage der Kontoauszüge den Erhalt einer Abfindung und das zusätzliche Erwerbseinkommen des Partners im Dezember 2005 angezeigt habe. Wegen dieses Einkommens sei die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 aufzuheben. Es seien Leistungen in Höhe von 4434,09 Euro zu erstatten (Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007).

6

Das SG hat den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 aufgehoben (Urteil vom 8.6.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Rücknahme vorlägen, weil der Aufhebungs- und Rückerstattungsbescheid sowohl hinsichtlich des Adressaten als auch inhaltlich zu unbestimmt sei und eine geltungserhaltende Reduktion ausscheide.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Beklagte die von ihm eingelegte Berufung teilweise zurückgenommen, soweit die Erstattungsforderung einen Betrag in Höhe von 2808,27 Euro (Leistungsanteil für S) überschreite und dessen Leistungsanteil geltend gemacht werde. Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit sie sich nicht durch Berufungsrücknahme des Beklagten erledigt hat (Urteil vom 19.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage der Aufhebung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 sei § 48 Abs 1 S 1 und 2 SGB X, weil durch die zusätzliche Lohnzahlung für den laufenden Monat und die Abfindungszahlung im Dezember 2005 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei. Die Klägerin und S bildeten eine Bedarfsgemeinschaft. Dessen Einkommen sei daher auch bei dem Leistungsanspruch der Klägerin zu berücksichtigen; dies führe zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit ab 1.12.2005. Das sich aus den Lohnzahlungen für November und Dezember ergebende Einkommen von S übersteige den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft. Ab Januar 2006 sei neben dem Alg I die im Dezember zugeflossene Abfindungszahlung mit einem monatlichen Teilbetrag anzurechnen. Die vom Beklagten vorgenommene Festlegung des Verteilzeitraums auf 15 Monate begegne keinen Bedenken. Der "Aggregatzustand" der nach Antragstellung zugeflossenen Abfindung habe sich nicht dadurch verändert, dass im Zuflussmonat auch ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit entfallen sei. Allein die vorgezogene Auszahlung des Dezemberlohns begründe keine derart geänderten Verhältnisse, die eine "Umwandlung" der einmaligen Einnahme in Vermögen rechtfertigen könne. Eine echte "Überwindung" der Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Erwerbseinkommen liege nicht vor. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ihre Angabe, bereits im Januar 2006 sei eine Mitteilung über die Abfindungszahlung erfolgt, sei nicht nachvollziehbar. Mit der Einreichung von Kontoauszügen des Partners im April 2006 sei durch eine Manipulation der Kontostände offensichtlich versucht worden, den Erhalt der Abfindung zu verschleiern. Erstmals aus den am 1.6.2006 beim Beklagten eingegangenen Kontoauszügen sei die Zahlung der Nettoabfindung in Höhe von 23 838,11 Euro ersichtlich gewesen. Der Vortrag der Klägerin, über die genauen Einnahmen ihres Partners keine Kenntnis gehabt zu haben, widerspreche ihrem erstinstanzlichen Vorbringen zur Mitteilung der Abfindung bereits im Januar 2006. Es habe sich aufgrund ihrer Kenntnis vom Kauf eines neuen Pkw sowie einer neuen Küche Anfang 2006 mit Barzahlung durch ihren Partner aufdrängen müssen, dass dieser über zusätzliche Einnahmen verfügt habe. Rechtsgrundlage der Aufhebung für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.3.2007 sei § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X. Die rechtswidrigen Leistungsbewilligungen für diesen Zeitraum hätten auf Angaben beruht, die die Klägerin mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Der angefochtene Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 werde hinsichtlich der Aufhebung und der Erstattungsforderung dem Bestimmtheitserfordernis wie auch dem Anhörungserfordernis gerecht. Die Revision sei zuzulassen. Klärungsbedürftig sei, ob eine einmalige Einnahme auch dann weiterhin als Einkommen zu berücksichtigen sei, wenn die Hilfebedürftigkeit für einen Monat nur wegen des Zuflusses von zwei Monatsentgelten aus derselben Beschäftigung (und ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme) beseitigt werde.

8

Mit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, nach der Rechtsprechung des BSG werde der Verteilzeitraum dann unterbrochen, wenn für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme - entfalle (Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R). Ihr Lebensgefährte habe Arbeitsentgelt erhalten, welches die Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat aufgehoben habe, ohne dass die Abfindung dabei eine Rolle gespielt habe. Die Vorhersehbarkeit einer möglichen Hilfebedürftigkeit für den Folgemonat sei keine Voraussetzung für die weitere Behandlung der Abfindung als Einkommen. Entscheidend sei das Zuflussprinzip, welches stringent anzuwenden sei.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 8. Juni 2010 zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er bezieht sich auf die Ausführungen des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie die Aufhebung der laufenden Bewilligung von SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.3.2006 betrifft. Insofern hat das LSG die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu Recht abgewiesen. Wegen der Erstattungsforderung des Beklagten für diesen Zeitraum ist die Revision im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden konnte, in welcher Höhe die Erstattung für diese Zeit rechtmäßig ist. Auch soweit der Beklagte die Bewilligungsbescheide für die weiter streitigen Zeiträume vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 und 1.10.2006 bis 31.3.2007 aufgehoben hat und die Erstattung der SGB II-Leistungen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

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1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007, mit dem der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Klägerin ab 1.12.2005 in vollem Umfang aufgehoben und die Erstattung der ihr vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 erbrachten Leistungen verlangt. Durch seine Erklärungen im Berufungsverfahren hat der Beklagte die Berufung gegen das zusprechende Urteil des SG zurückgenommen, soweit der angefochtene Bescheid die Aufhebung und Erstattung des Individualanspruchs von S betrifft (vgl hierzu BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16). Gegen den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Entgegen der Ansicht des LSG enthielt der Ausgangsbescheid vom 31.1.2007 auch bereits eine Erstattungsverfügung und wahrt insgesamt das Bestimmtheitserfordernis. Bezogen auf die Klägerin ist er auch formell rechtmäßig.

14

2. Der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung durch den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist eine ordnungsgemäße Anhörung vorausgegangen. Nach § 24 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies sind alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, dh auf die sich die Verwaltung auch gestützt hat (BSGE 69, 247 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 9; vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 15, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 9.1.2007 zu dem Einkommenszufluss bei S im Dezember 2005 und zu der beabsichtigten Anrechnung, auch der Abfindung - aufgeteilt auf 15 Monate - für die Zeit ab 1.1.2006, angehört. Er hat ihr vorgehalten, eine Überzahlung verursacht zu haben, indem sie eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in ihren Verhältnissen nicht angezeigt habe. Schließlich umfasste das Anhörungsschreiben vom 9.1.2007 die Erstattungsforderung, indem der Beklagte darauf hinwies, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 Alg II in Höhe von 4434,09 Euro zu Unrecht bezogen und diesen Betrag zu erstatten habe. Hiermit eröffnete er in hinreichendem Umfang die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den objektiven und subjektiven Merkmalen der maßgebenden Rechtsgrundlagen für die Aufhebungsentscheidung.

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3. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt das Bestimmtheitserfordernis nach § 33 Abs 1 SGB X, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz der Entscheidung als auch auf den Adressaten des Verwaltungsaktes (BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - RdNr 18; BSGE 108, 289 ff = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31). Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 16, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 26; BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr 38).

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Nach diesen Maßstäben geht aus dem angefochtenen Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 hinreichend bestimmt hervor, dass der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen ab 1.12.2005 ausschließlich gegenüber der Klägerin in vollem Umfang aufheben wollte. Dies lässt sich - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - seiner Adressierung, seinem Verfügungssatz sowie seiner Begründung entnehmen. Diese betreffen - ohne Erwähnung der Bedarfsgemeinschaft oder des S - jeweils nur die Klägerin. Der Bestimmtheit eines Aufhebungsbescheides steht insoweit nicht entgegen, dass er nur an ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gerichtet ist, wenn die Auslegung - wie hier - ergibt, dass nur dieses Mitglied in Anspruch genommen werden soll (vgl BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16 f). Ebenso ist das Maß der Aufhebung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont für die Klägerin erkennbar auf den Zeitraum ab 1.12.2005 und eine Aufhebung sämtlicher Bewilligungen in vollem Umfang festgelegt. Zwar hat der Beklagte in der "Betreff-Zeile" des Bescheides vom 31.1.2007 nur die den jeweiligen Bewilligungsabschnitt insgesamt regelnden Bescheide vom 26.10.2005, 25.4.2006 und 14.9.2006 aufgeführt. Aus dem Inhalt der weiteren Begründung des Bescheides ergibt sich jedoch für den objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die Änderungsbescheide vom 31.3.2006 und 13.5.2006 erfasst sein sollten, die für jeweils kürzere Zeiträume innerhalb der jeweiligen Bewilligungsabschnitte geringfügig höhere Leistungen festlegten. Einer näheren Differenzierung nach Monaten sowie nach dem Umfang der Aufhebung bezüglich der Leistungsarten (Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung) bedurfte es hier wegen der vollumfänglichen Aufhebung nicht, weil für die Klägerin erkennbar war, welche Bezugsmonate von der Aufhebung in vollem Umfang betroffen waren (vgl BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 2 RdNr 16).

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Der Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist auch bezüglich der Erstattungsforderung hinreichend bestimmt. Der Beklagte hat bereits durch die Angabe einer Erstattungsforderung in der "Betreffzeile" des Bescheides vom 31.1.2007 sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erstattung eine Regelung iS von § 31 SGB X getroffen. Zwar ist die Höhe der zu erstattenden Beträge nicht bereits in diesem Bescheid, sondern erst im Widerspruchsbescheid genannt. Nach den vom LSG zutreffend gewürdigten Einzelfallumständen ist dies jedoch für die Annahme einer Regelung iS des § 31 SGB X sowie auch für die Bestimmtheit der Erstattungsforderung unschädlich, weil zur Höhe der Erstattungsforderung insbesondere auf den Inhalt des Anhörungsschreibens vom 9.1.2007 und die vorangegangenen Bewilligungsbescheide zurückgegriffen werden konnte.

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4. a) Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit Bescheid vom 26.10.2005 für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligten Leistungen ist hier § 40 SGB II, § 330 Abs 3 SGB III, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist - ohne Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Bezogen auf den Bewilligungsbescheid vom 26.10.2005 ist erst nach dessen Bekanntgabe der Zufluss der doppelten Entgeltzahlung sowie der Abfindung an S erfolgt, sodass unter Berücksichtigung der maßgebenden objektiven tatsächlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vorgelegen haben (vgl nur BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - juris RdNr 16 mwN), eine wesentliche Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, eingetreten ist. Die wesentliche Änderung lag hier darin, dass die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und damit eine Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss dieser Beträge ab Dezember 2005 bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31.3.2006 entfallen ist (vgl für die Zeit ab 1.4.2006 unter 6).

19

b) Zwar konnte die Klägerin ihren von dem Beklagten zutreffend ermittelten Bedarf nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen decken. Sie gehörte aber im gesamten hier streitigen Zeitraum einer Bedarfsgemeinschaft mit S an. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II(idF des Gesetzes vom 30.7.2004 - BGBl I 2014) als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt. Das LSG hat nach Würdigung der vorliegenden Tatsachen das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft positiv festgestellt. Es hat die erforderlichen Kriterien für das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft überprüft und diese im Ergebnis bejaht, indem es in der Art des Zusammenlebens der Klägerin und S eine Partnerschaft, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sowie ein gegenseitiges Einstehen bejaht hat. Neben der auch von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellung einer Partnerschaft sah das LSG das erforderliche Einstehen aufgrund der Kontoauszüge des S bestätigt, woraus eine finanzielle Unterstützung der Klägerin ersichtlich war. Ferner wohnten die Klägerin und S seit Oktober 2004 in der gemeinsamen Wohnung (vgl zur auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft zuletzt BSGE 111, 250 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 32). Das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft führt nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II dazu, dass bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen sind.

20

Für den Monat Dezember 2005 entfiel die Hilfebedürftigkeit der Klägerin bereits wegen des Zuflusses der Lohnzahlungen an S für November 2005 am 5.12.2005 und für Dezember 2005 am 19.12.2005. Diese stellten Einkommen iS von § 11 SGB II dar, welches als laufende Einnahme gemäß § 2 Abs 2 S 1 Alg II-V für den Monat zu berücksichtigen ist, in dem es zufließt. Bereits das auf den Gesamtbedarf der Klägerin und S anrechenbare Einkommen aus der Lohnzahlung für November 2005 betrug 1104,45 Euro. Auch unter Heranziehung des vom LSG zutreffend ermittelten Gesamtbedarfs von 1095,26 Euro ergibt sich ein Wegfall der Hilfebedürftigkeit der Klägerin in vollem Umfang.

21

c) Auch die weitere vollständige Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 (sowie des Änderungsbescheides vom 31.3.2006) bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31.3.2006 ist rechtmäßig. Die am 19.12.2005 mit einem Nettobetrag in Höhe von 22 758,25 Euro zugeflossene Abfindung ist anrechenbares Einkommen iS von § 11 SGB II. Zu Abfindungszahlungen haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG bereits entschieden, dass für diese vom tatsächlichen Zufluss auszugehen ist und es sich nicht um von der Anrechnung ausgenommene zweckbestimmte Einnahmen nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II handelt(vgl BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr 24, RdNr 15, BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R - juris RdNr 18).

22

d) Der Verteilzeitraum, in dem das Einkommen aus der Abfindung zu berücksichtigen war, erstreckte sich unter voller Anrechnung auf den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG bleibt eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungsabschnitt hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Der Aggregatzustand der Einnahme verändert sich nicht durch eine neue Antragstellung. Das Einkommen mutiert nicht gleichsam zu Vermögen (vgl nur BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 20). Die konkrete Verteilung wird normativ durch § 2 Abs 3 Alg II-V in der Fassung vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) bestimmt. Hiernach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend davon ist nach S 2 der Regelung eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen, dh monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag, anzusetzen (§ 2 Abs 3 S 3 Alg II-V). Als unbestimmter Rechtsbegriff ist der einzelfallbezogen zu bestimmende angemessene Zeitraum der Verteilung ausfüllungsbedürftig und unterliegt uneingeschränkter richterlicher Kontrolle. Zulässige Sachgesichtspunkte, die für die Angemessenheit einer Verteilung, die Belassung eines (geringfügigen) Anspruchs auf SGB II-Leistungen bei der Anrechnung und die zeitliche Dauer des Verteilzeitraums maßgebend sein können, sind die Höhe der einmaligen Einnahme, der mögliche Bewilligungszeitraum sowie der Umstand, ob der Hilfebedürftige durch die Höhe des festgesetzten monatlichen Teilbetrags seinen Krankenversicherungsschutz behalten kann (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 29). Zwar liegt grundsätzlich ein Regelfall mit einem Erfordernis zur Aufteilung nach § 2 Abs 3 S 3 Alg II-V vor, wenn der über den SGB II-Bezug vermittelte Krankenversicherungsschutz bei voller Berücksichtigung der Einnahme für mindestens einen Monat entfallen würde. Sind indes - wie hier - höhere Beträge im Streit, welche die Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft bei prognostischer Betrachtung auf längere Dauer - hier konkret für einen Zeitraum von über einem Jahr - entfallen ließen, ist eine vollständige Anrechnung ohne Belassung von SGB II-Leistungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein solcher Fall liegt hier vor.

23

Allerdings ist der Verteilzeitraum nach der Rechtslage bis zum 31.3.2011 auf ein Jahr, dh hier auf den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006, zu beschränken. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit dem am 1.4.2011 in Kraft getretenen § 11 Abs 3 S 2 SGB II nF(BGBl I 453) den "Verteilzeitraum" zeitlich eindeutig auf einen Zeitraum von sechs Monaten mit einer nachfolgend nur möglichen Berücksichtigung noch vorhandener Beträge als Vermögen eingegrenzt hat (vgl BT-Drucks 17/3404 S 94), können keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32). Zu der bis dahin geltenden Rechtslage hat das BSG eine Verteilung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinaus im Einzelfall als angemessen angesehen, ist jedoch nicht über den Zeitabschnitt von zwölf Monaten hinausgegangen (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32; sa BVerfG Beschluss vom 7.4.2010 - 1 BvR 688/10). Dies berücksichtigt, dass eine Erstreckung über den im Gesetz angelegten maximalen Bewilligungszeitraum von zwölf Monaten (§ 41 SGB II) hinaus Leistungsbezieher mit hohen einmaligen Einnahmen unbillig lange von der Möglichkeit einer Vermögensbildung ausnehmen würde.

24

e) Die Bestimmung eines Verteilzeitraums und die Anrechnung der einmaligen Einnahme auf denselben entfällt hier auch nicht deshalb, weil die Abfindung in einem Monat zufloss, in dem bereits aufgrund der vorhergehenden Entgeltzahlungen an S die Hilfebedürftigkeit entfallen war. Soweit das LSG auf die Entscheidung des Senats vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15) Bezug genommen hat, lag ein (abweichender) Sachverhalt zugrunde, weil sich die für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse erst nach Beginn des Verteilzeitraums durch einen Steuerklassenwechsel mit einem höheren monatlichen Nettoeinkommen sowie Wohngeld verändert haben konnten. Die als mögliche Konsequenz diskutierte Unterbrechung des Verteilzeitraums wegen Überwindung der Hilfebedürftigkeit für einen Monat erfasst die vorliegende Konstellation nicht, weil die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und S allein im Dezember 2005, also zeitlich bereits vor dem Beginn des Verteilzeitraums wegen der Abfindung im Januar 2006, unterbrochen war. Unabhängig hiervon liegt auch keine Überwindung der Hilfebedürftigkeit vor. Allein die Tatsache, dass die erhöhte Lohnzahlung für November 2005 aus dem Arbeitsverhältnis als einem Dauerrechtsverhältnis zu einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit nur in diesem Monat führte, begründete keine geänderten Verhältnisse, die eine "Umwandlung" der einmaligen Einnahme in Vermögen zu rechtfertigen vermögen. Es lag keine echte "Überwindung" der Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Erwerbseinkommen vor, weil es sich um ein bloßes Aussetzen der Hilfebedürftigkeit wegen einer höheren Lohnzahlung und einen vom Normalverlauf abweichenden Auszahlungsvorgang ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse handelte.

25

f) Der vollständigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 für den bis zum 31.3.2006 laufenden Bewilligungsabschnitt steht auch nicht entgegen, dass die Abfindungszahlung ausweislich der Feststellungen des LSG "für den Kauf eines neuen Pkw sowie einer neuen Küche Anfang 2006 durch ihren Partner" verwendet worden ist. Nähere Angaben zum Umfang des Verbrauchs der Abfindung und zum Zeitpunkt der Anschaffungen fehlen. Für den Bewilligungsabschnitt bis zum 31.3.2006 ist dies jedoch irrelevant. Die Aufhebung der laufenden Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X erfolgt schon deshalb, weil nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 und während des laufenden Bewilligungsabschnitts Einkommen tatsächlich zugeflossen ist ("erzielt" im Sinne einer wesentlichen Änderung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X), zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stand und daher im Verteilzeitraum zu berücksichtigen war. Bereits hierin lag die wesentliche Änderung, die dazu führte, dass der Beklagte den Bewilligungsbescheid unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen nicht oder nicht wie geschehen hätte erlassen dürfen (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 44). Ein späterer Verbrauch als weiteres Ausgabeverhalten des Hilfebedürftigen während des Verteilzeitraums ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Insofern hat der 14. Senat zu Recht betont, dass bei der Anwendung des § 48 SGB X - wegen Nichtanzeige der zugeflossenen Einnahme - mit Wirkung für die Vergangenheit nicht eine aktuelle Bedarfslage ungedeckt blieb - also eine Hilfebedürftigkeit tatsächlich bestand, sondern erst nach Aufhebung der Bewilligung bezogen auf die Vergangenheit und Rückforderung und daher regelmäßig und auch hier erst künftig eine Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Grundsicherung entstehe(vgl BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 15).

26

5. Ausgehend von einer rechtmäßigen Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 vermochte der Senat anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend zu entscheiden, in welcher Höhe die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum rechtmäßig ist. Gemäß § 40 Abs 2 S 1 SGB II in der bis zum 31.3.2006 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) sind - abweichend von § 50 SGB X - 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 S 1 Nr 1 und S 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. S 1 gilt nicht in Fällen des § 45 Abs 2 S 3 SGB X(§ 40 Abs 2 S 2 SGB II). Bis zum 31.3.2006 war eine Rückausnahme von der nur reduziert möglichen Rückforderung von Unterkunftskosten bei einer Aufhebung nach § 48 Abs 1 S 2 SGB X gesetzlich nicht vorgesehen. Eine ohnehin nur in engen Grenzen mögliche analoge Anwendung einer Regelung zum Nachteil von Leistungsberechtigen (vgl BSG Urteil des Senats vom 23.8.2012 - B 4 AS 32/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 61 RdNr 24 mwN) scheidet schon deshalb aus, weil die Bezugnahme auf § 48 Abs 1 S 2 SGB X aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom 15.10.2003 (vgl BT-Drucks 15/1728 S 190; BT-Drucks 15/1749 S 33) aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Drucks 15/1516 = BT-Drucks 15/1638 S 18) gestrichen worden ist (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 40 RdNr 723, Stand 6/2012).

27

Für den Aufhebungszeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 ist die Erstattungsforderung daher um den in § 40 Abs 2 S 1 SGB II genannten Anteil zu reduzieren. Insofern sind noch Feststellungen des LSG zu den in den aufgehobenen Bewilligungsbescheiden vom 26.10.2005 und 31.3.2006 berücksichtigten (nicht den tatsächlichen) Unterkunftsbedarfen (Aubel in jurisPK-SGB II, § 40 RdNr 135, Stand 12/2012) sowie zur Höhe der für die Heizungs- und Warmwasserversorgung angesetzten Kosten erforderlich.

28

6. a) Soweit die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung für die weiter streitigen Bewilligungsabschnitte vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 und 1.10.2006 bis 31.3.2007 betroffen ist, ist die Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

29

Grundlage für die Rücknahme dieser Bescheide ist § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 2 SGB III iVm § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X. Wegen der für einen angemessenen Verteilzeitraum zu berücksichtigenden einmaligen Einnahme aus der Abfindungszahlung können diese Bescheide nur von Beginn an rechtswidrig sein. Einer Rücknahme nach § 45 SGB X steht nicht schon entgegen, dass der Beklagte den Bescheid vom 31.1.2007 auf § 48 SGB X gestützt hat. Da der angefochtene Bescheid in seinem Verfügungssatz nicht geändert worden ist und die Rücknahme nur mit einer anderen Rechtsgrundlage begründet wird, sind die Voraussetzungen einer Umdeutung nach § 43 SGB X hier nicht zu prüfen(vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 42 S 138; BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 21 S 61). Ein Austausch der Rechtsgrundlage aus dem Bescheid des Beklagten vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist möglich, weil nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - wegen § 330 Abs 2 SGB III - gleichfalls ohne Ermessensausübung - mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dies ist hier der Fall (vgl hierzu unter d).

30

b) Bezogen auf eine Rücknahme nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X fehlt es aber an tatsächlichen Feststellungen dazu, ob die mit dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 aufgehobenen Bewilligungsbescheide vom 24./25.4.2006 und 13.5.2006 (Bewilligungsabschnitt vom 1.4.2006 bis 30.9.2006) und vom 14.9.2006 (Bewilligungsabschnitt vom 1.10.2006 bis 31.3.2007) objektiv anfänglich rechtswidrig iS des § 45 SGB X waren. Dies war der Fall, wenn der Klägerin Leistungen bewilligt worden sind, obwohl sie aufgrund der Abfindungszahlung über noch ausreichend bedarfsdeckendes Einkommen verfügte, also nicht hilfebedürftig war. Zwar spricht hierfür die normative Verteilregelung des § 2 Abs 3 S 3 Alg II-V, die grundsätzlich vorsieht, dass eine einmalige Einnahme - unabhängig vom Ablauf eines Bewilligungsabschnitts und einer erneuten Antragstellung über den angemessenen Zeitraum von zwölf Monaten als oberste Grenze - zu verteilen und weiterhin zu berücksichtigen ist.

31

Aufgrund der rechtlichen Ausgangslage bei § 45 SGB X ist jedoch zu prüfen, ob die von der Klägerin bei den erneuten Antragstellungen am 7.4.2006 und 12.9.2006 angegebene Hilfebedürftigkeit wegen des Nichtvorhandenseins von Mitteln zur Deckung des Lebensunterhalts dennoch tatsächlich gegeben war, weil hier ein (zwischenzeitlicher) Verbrauch der zugeflossenen Mittel geltend gemacht wird. Waren die Mittel aus der Abfindung tatsächlich und unwiederbringlich verbraucht, standen "bereite Mittel" also bei den erneuten Bewilligungen tatsächlich - auch nicht als Restbeträge - zur Verfügung, erweisen sich diese nicht als anfänglich rechtswidrig iS von § 45 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Insofern haben die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der nur normativen und als Berechnungsgrundlage zu verstehenden Regelung des § 2 Abs 3 Alg II-V den Vorrang(Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, RdNr 9 zu § 11; aA LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.4.2010 - L 3 AS 79/08 - und LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 15.4.2011 - L 13 AS 333/10 - RdNr 34 f; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 16 f mit Verweis auf § 34 SGB II). Ist nach weiteren Feststellungen des LSG eine anfängliche Rechtswidrigkeit der bezeichneten Bewilligungsbescheide zu bejahen, ist weiter zu prüfen, ob - nach Ablauf des zwölfmonatigen Verteilzeitraums zum 31.12.2006 - ein ggf noch vorhandener Betrag aus der Abfindung als zu berücksichtigendes Vermögen die Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligung auch für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.3.2007 rechtfertigen konnte. Auch insofern müssten allerdings die formellen Voraussetzungen (§ 24 SGB X) zu bejahen sein.

32

c) Das LSG wird also zu prüfen haben, ob, in welcher Höhe und wann die Abfindungszahlung für die Anschaffung eines Pkw sowie einer Küche bereits Anfang 2006 verwendet und daher (auch) etwaige Restbeträge aus der Abfindung bei der Antragstellung und Bewilligung im April 2006 bzw September 2006 nicht mehr vorhanden waren und auch nicht realisiert werden konnten. Insofern liegt die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer anfänglichen Rechtswidrigkeit - nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts - zwar grundsätzlich bei der Behörde. Es dürfte aber eine Beweislastumkehr zu erwägen sein. Diese hat das BSG zB für tatsächliche Fallgestaltungen anerkannt, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl insgesamt BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; auch BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5). Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben dies vor allem bei unterlassenen Angaben zu Vermögenswerten bei der Antragstellung angenommen (BSGE 96, 238, 245 f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 10/06 R).

33

d) Kommt das LSG nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine anfängliche Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bewilligungsbescheide vorlag, wird es davon ausgehen können, dass diese auf Angaben beruhte, die die Klägerin als Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dem gleichzustellen ist eine vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassene Mitteilung von wesentlichen Änderungen in den Verhältnissen, welche kausal zu der Leistungsbewilligung geführt hat (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 22, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

34

Auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, dass weder die Klägerin noch S die Zahlung der Abfindung vor Erlass der Bewilligungsbescheide vom 24./25.4.2006 und 14.9.2006 mitgeteilt haben. Hierzu wären sie jedoch verpflichtet gewesen, weil die Zahlung der Abfindung erkennbar eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen bewirkt hat. Das LSG hat zutreffend erst die Vorlage der Lohn- und Gehaltsabrechnung zum 26.9.2006 als maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Beklagten hinsichtlich der einmaligen Einnahme in Form der Abfindung angesehen. Vor diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte nur bruchstückhafte Informationen über einen generellen Geldzufluss erhalten, ohne dass sich aus diesen die Zahlung einer einmaligen Einnahme hat erkennen lassen. Der Klägerin ist schließlich zumindest der Schuldvorwurf eines grob fahrlässigen Handelns zu machen. Den Antragsunterlagen zum Bewilligungsabschnitt ab dem 1.4.2006 waren die - vom LSG als manipuliert bewerteten - Kontoauszüge von S ua für den Monat Dezember 2005 beigefügt, die einen unzutreffenden Kontostand in Höhe von nur 959,73 Euro anstatt von 6959,73 Euro enthielten. Die unrichtige Angabe wirkte sich sowohl auf den Bewilligungsbescheid vom 24./25.4.2006 als auch auf denjenigen vom 14.9.2006 aus, weil die Angabe aus April 2006 bis zur Vorlage der Lohn- und Gehaltsabrechnung am 26.9.2006 "fortwirkte".

35

7. Die Höhe der Erstattungsforderung ist von der weiteren Sachaufklärung des LSG zur Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung abhängig. Das LSG hat zu Recht die bereits mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 13.9.2006 für Juni bis September 2006 zurückgeforderten Leistungen in Höhe von 62,80 Euro berücksichtigt. Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Revisionsverfahren ist die Gewährung von Alg II im Zeitraum vom 1.12.2008 bis 14.4.2009 - ua unter Absetzung eines Erwerbstätigenfreibetrags vom Krankengeld der Klägerin - streitig.

2

Die Klägerin ist seit 1998 durchgehend bei den Städtischen Kliniken in K. sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie erzielte vor dem streitigen Zeitraum ein Nettoarbeitsentgelt zwischen 700 und 800 Euro monatlich. Im November 2008 erhielt sie eine Jahressonderzahlung von ihrem Arbeitgeber (Weihnachtsgeld) in Höhe von 861,77 Euro brutto (= 677,70 Euro netto). Am 5.7.2008 erkrankte sie arbeitsunfähig, wurde am 28.8.2008 operiert und nahm ihre Erwerbstätigkeit am 15.4.2009 wieder auf. Während der Arbeitsunfähigkeit bezog sie zunächst sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber und ab dem 16.8.2008 Krankengeld von der Krankenkasse in Höhe von kalendertäglich 21,87 Euro nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge (= 25,09 Euro brutto).

3

Die Klägerin erhielt seit dem 1.1.2005 bis zum Beginn des streitigen Zeitraumes aufstockendes Alg II, im Juli 2008 in Höhe von 105,77 Euro (Bescheid vom 25.6.2008). Ab August 2008 bis 30.11.2008 bewilligte der Beklagte Alg II in Höhe von 114,94 Euro (Bescheid vom 25.6.2008 und Bescheid vom 19.8.2008). Am 21.10.2008 stellte die Klägerin einen Fortzahlungsantrag. Der Beklagte hob die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab dem 1.10.2008 auf (Bescheid vom 29.10.2008) und lehnte die Leistungsgewährung ab November 2008 ganz ab (weiterer Bescheid vom 29.10.2008). Die Widersprüche der Klägerin hiergegen wies er durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, durch den Krankengeldbezug sei ab dem 1.10.2008 eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 SGB X eingetreten. Mit dem Krankengeld könne die Klägerin nunmehr ihren Bedarf, zusammengesetzt aus 351 Euro Regelleistung und 283,97 Euro Aufwendungen für Unterkunft und Heizung decken. Dem Bedarf stehe um Absetzbeträge nach § 11 SGB II und den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II bereinigtes und zu 1/12 monatlich zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen (Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung) sowie das Krankengeld gegenüber. Das Einkommen der Klägerin übersteige dabei ihren Bedarf um 20 Euro. Der berücksichtigungsfähige Teil des Krankengeldes sei nicht unter Absetzung des Erwerbstätigenfreibetrags zu berechnen. Dieser Freibetrag sei lediglich bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II in Abzug zu bringen. Erwerbseinkommen werde insoweit gegenüber Lohnersatzleistungen privilegiert, weil im SGB II für die Erzielung von Erwerbseinkommen ein besonderer Leistungsanreiz habe geschaffen werden sollen. Aus diesem Grunde bestehe auch ab dem 1.11.2008 kein Anspruch auf Alg II mehr.

4

Das SG Karlsruhe hat die Klage hiergegen, unter Bestätigung der Rechtsauffassung des Beklagten, abgewiesen (Urteil vom 21.10.2009). Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG den Streitgegenstand auf Leistungen bis zum 14.4.2009 beschränkt. Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung der Klägerin im Wesentlichen zurückgewiesen (Urteil vom 13.10.2010). Lediglich im Hinblick auf die Leistungsgewährung für den Monat Oktober 2008 hat es der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 29.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2008 insoweit aufgehoben. Für den Monat Oktober 2008 liege eine Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 19.8.2008 von Anfang an iS des § 45 SGB X vor. § 45 SGB X rechtfertige jedoch keine Aufhebung für die Vergangenheit, denn die Klägerin könne sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen. Das Krankengeld sei erst ab November 2008 in tatsächlich geleisteter Höhe (netto) als Einkommen bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen. Sowohl der Wortlaut des § 30 Abs 1 SGB II als auch die Gesetzesbegründung sprächen dafür, die Entgeltersatzleistung nicht um einen Erwerbstätigenfreibetrag zu bereinigen. Soweit das BAG bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von PKH im Rahmen des § 115 ZPO den Erwerbstätigenfreibetrag auch vom Krankengeld in Abzug bringe, könne hieraus nicht auf die Notwendigkeit dessen auch bei der Berechnung der SGB II-Leistung geschlossen werden. Dieses gelte umso mehr, als bereits das BVerwG zu der Vorgängervorschrift des § 76 Abs 2a BSHG den Abzug des Erwerbstätigenfreibetrags auf die Fälle des Erwerbseinkommens begrenzt habe. Schließlich entspreche dieses Vorgehen auch der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, der bei Berücksichtigung von Krankengeld als Einkommen lediglich die Versicherungspauschale und Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung in Abzug gebracht habe.

5

Mit ihrer Revision zum BSG rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 11 und 30 SGB II. Zur Begründung führt sie aus, dass nach der Gesetzesbegründung zum "Freibetragsneureglungsgesetz" die Freibetragsregelungen einerseits zur Verwaltungsvereinfachung neu gefasst und andererseits ausdrücklich der Wille zum Ausdruck gebracht worden sei, verbesserte Anreize für Beschäftigungen im Niedriglohnbereich zu schaffen. Bei dem Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II handele es sich systematisch um eine Ergänzung und Konkretisierung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 und Satz 2 SGB II. Dabei sei der Begriff des Erwerbseinkommens weit auszulegen. So werde dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer auch während der Zeit der Entgeltfortzahlung dieser Freibetrag zugebilligt. Der Unterschied beim Übergang ins Krankengeld sei nicht erkennbar. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Klägerin neben der Entgeltersatzersatzleistung zugleich Entgelt von ihrem Arbeitgeber erhalten habe, welches monatlich über einen Zeitraum von einem Jahr zur Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II aufgeteilt worden sei. Da das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden sei, folge hieraus, dass auch während des Krankengeldbezuges die zur Ausübung der Erwerbstätigkeit notwendigen Aufwendungen bestehen blieben. Zudem sei die Vorstellung unzutreffend, das Krankengeld beruhe nicht auf einer gegenwärtigen entgeltlichen Verwertung der eigenen Arbeitskraft.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2010 zu ändern sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2009 und den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis 14. April 2009 Alg II zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend und verweist auf die Vergleichbarkeit von Kranken- und Arbeitslosengeld, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Berücksichtigung des Erwerbstätigenfreibetrags bei der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Krankengeld nicht zu erfolgen habe. Der Leistungsberechtigte erspare in beiden Situationen Aufwendungen, die während der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entstünden.

9

Schriftsätzlich und in einem Vergleich vor dem BSG hat der Beklagte weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum bis zum 30.11.2008 anerkannt. Ferner legt er seiner Leistungsberechnung nunmehr zu Grunde, dass das Urlaubsgeld nicht zur Einkommensberücksichtigung über den Zuflussmonat hinaus zu verteilen ist, sondern - da es den Bedarf eines Monats nicht überstieg - nur im Monat des Zuflusses als einmalige Einnahme zu berücksichtigen war. Die Klägerin hat das Anerkenntnis angenommen und die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 29.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2008 zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist zulässig sowie im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

11

Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob die Klägerin zwischen dem 1.12.2008 und dem 14.4.2009 Anspruch auf Alg II hat. Ein Anspruch auf Alg II könnte nur dann gegeben sein, wenn von dem im streitigen Zeitraum zu berücksichtigenden Einkommen aus Krankengeld und "verteiltem" Weihnachtsgeld monatliche Absetzungen in einer Höhe vorzunehmen sind, die zu einem den Bedarf nach dem SGB II überschießenden Anteil führen (2.). Der Erwerbstätigenfreibetrag iS des § 30 SGB II(idF des Gesetzes zur Neuregelung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige - Freibetragsneuregelungsgesetz - vom 14.8.2005, BGBl I 2407) ist grundsätzlich nicht vom Krankengeld als Entgeltersatzleistung in Abzug zu bringen. Seine Absetzfähigkeit ist auf Erwerbseinkommen beschränkt (a). Freibeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II, insbesondere nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II(idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748) können jedoch auch vom Krankengeld als Teil des Gesamteinkommens vor der Berücksichtigung als Einkommen bei der Berechnung des Alg II abgesetzt werden. Ob die Klägerin im hier streitigen Zeitraum tatsächliche Aufwendungen hatte, die nach § 11 Abs 2 SGB II mit Ausnahme der Versicherungspauschale abzugsfähig waren, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen(b). Das LSG wird bei der Bestimmung der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens zudem zu beachten haben, dass der Nettobetrag des Weihnachtsgeldes als einmaliger Einnahme vor ihrer Verteilung über einen Zeitraum von 12 Monaten zunächst um den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II sowie den Betrag nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II zu bereinigen ist. Alsdann sind von dem Gesamteinkommen aus verteilter einmaliger Einnahme und Entgeltersatzleistung monatlich anfallende weitere Absetzungen nach § 11 Abs 2 SGB II vorzunehmen. Zu Letzteren fehlt es ebenfalls an hinreichenden Feststellungen des LSG (c). Das LSG wird zur abschließenden Beurteilung auch über die Höhe des Bedarfs zu befinden haben (3.).

12

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch der Bescheid vom 29.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2008, mit dem der Beklagte Alg II abgelehnt hat. Die Beteiligten haben in einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem BSG am 27.8.2011 alle weiteren Streitgegenstände (Aufhebung des Änderungsbescheides vom 29.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2008, Leistungen auch für den November 2008) aufgrund eines Vergleichs für erledigt erklärt. Der Beklagte sieht von einer Verteilung des Urlaubsgeldes ab und hat sich insbesondere zur Zahlung von Alg II für den Monat November 2008 in Höhe von 114,94 Euro auf Grundlage des Bescheides vom 19.8.2008 bereit erklärt, nachdem er den Aufhebungsbescheid insoweit zurückgenommen hatte. Leistungen für den Monat Oktober 2008 waren von vornherein nicht mehr Streitgegenstand des Revisionsverfahrens, da das LSG den Bescheid vom 29.10.2008, der die Aufhebung des Bescheides vom 19.8.2008 ab dem 1.10.2008 betraf, für den Monat Oktober 2008 als rechtswidrig befunden und durch sein Urteil aufgehoben hat sowie der Beklage insoweit nicht in die Revision gegangen ist. Die Klägerin hat ihr Begehren im Antrag vor dem Senat auf den Zeitraum ab dem 1.12.2008 begrenzt. Sie hat zugleich in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2009 vor dem SG Karlsruhe den Streitgegenstand auf Grundlage eines Vergleichs zwischen den Beteiligen auf Leistungen bis zum 14.4.2009 beschränkt; am 15.4.2009 hat sie die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen und der Beklagte hat sich verpflichtet, ab diesem Tag die Leistungen neu zu berechnen.

13

2. Ob die Klägerin einen Anspruch auf Alg II im streitigen Zeitraum hat, vermochte der Senat an Hand der Feststellungen des LSG nicht abschließend zu entscheiden. Insoweit gilt es zu prüfen, in welcher Höhe unter Absetzung von nach dem SGB II eingeräumten Freibeträgen das Krankengeld bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen ist und welche Freibeträge ggf zu welchem Zeitpunkt von dem von dem Beklagten als einmalige Einnahme über einen Zeitraum von einem Jahr verteilten Weihnachtsgeld abzusetzen sind. Ergibt sich ein durch die Absetzungen niedrigeres Einkommen der Klägerin als der nach §§ 19, 20 und 22 iVm § 9 SGB II zu ermittelnde Bedarf, so bestünde ein Alg II-Anspruch in der Höhe der Differenz. Ob sich ein derartiger Differenzbetrag ergibt, der zu einem Anspruch der Klägerin auf aufstockendes Alg II führt, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren festzustellen haben.

14

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) wäre die Klägerin leistungsberechtigt, wenn sie hilfebedürftig wäre. Sie erfüllt mit Ausnahme der sogleich zu prüfenden Nr 3 des § 7 Abs 1 SGB II(§ 7 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) die Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II ist nach § 9 Abs 1 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende(vom 20.7.2006, BGBl I 1706), wer seinen Lebensunterhalt, … nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Nach § 11 Abs 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes vom 5.12.2006, BGBl I 2748) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Beim Krankengeld handelt es sich - wie der erkennende Senat bereits entschieden hat - um Einkommen in diesem Sinne (vgl BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 19). Das Krankengeld ist mithin zur Minderung des Hilfebedarfs einzusetzen und daher bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen. Die Höhe des berücksichtigungsfähigen Einkommens ergibt sich grundsätzlich aus § 11 Abs 2 SGB II iVm der Alg II-V und § 30 SGB II. Die dort benannten "Absetz- und Freibeträge" sind von der jeweiligen Einnahme vor der Gegenüberstellung von jeweiliger Einnahme und Bedarf abzuziehen.

15

a) Beim Krankengeld ist der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II jedoch nicht vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II in Abzug zu bringen.

16

Nach § 30 SGB II(idF des Freibetragsneuregelungsgesetzes) ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Die Formulierung "weiterer Betrag" bezieht sich auf den Absetzbetrag des § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II (hierzu weiter unten). Der Höhe nach macht der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II einen Betrag aus von 20 vH des Einkommensteils, der das monatliche Einkommen von 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 800 Euro beträgt. Aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung folgt jedoch, dass dieser Erwerbstätigenfreibetrag einzig vom Erwerbs- und nicht von Erwerbsersatzeinkommen, auch nicht vom Krankengeld in Abzug zu bringen ist.

17

Der Wortlaut des § 30 Halbs 1 SGB II knüpft den Freibetrag an Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen wird(vgl zur Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit in § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Beim Krankengeld handelt es sich jedoch nicht um Erwerbseinkommen, sondern eine Entgeltersatzleistung, die nach § 44 Abs 1 SGB V gerade deswegen gewährt wird, weil die Erwerbstätigkeit wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verrichtet werden kann und damit das Erwerbseinkommen ausfällt. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis Bemessungsgrundlage für das ihr gewährte Krankengeld gewesen sei und das Arbeitsverhältnis während des Krankengeldbezugs nur geruht habe, ändert dies nichts daran, dass es sich gleichwohl aktuell nicht um Einkommen aus einer ausgeübten Erwerbstätigkeit handelt.

18

Auch nach der Zielsetzung der Freibetragsregelung, wie sie sich aus der Begründung zum Entwurf des Freibetragsneuregelungsgesetzes ergibt, war die Freistellung eines Teils des Krankengeldes vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II nicht mit § 30 SGB II intendiert. Ziel sollte vielmehr sein, Hilfebedürftigen stärkere Anreize als bislang zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bieten, damit diese mittelfristig aus eigenen Kräften und möglichst ohne Unterstützung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (BT-Drucks 15/5446, S 1). Diese Zielsetzung geht bei Bezug von Entgeltersatzleistungen jedoch ins Leere. Die Absetzung von Freibeträgen und damit die Minderung des zu berücksichtigenden Einkommens oder umgekehrt, die Erhöhung des Teils der Entgeltersatzleistung, der zur Lebensunterhaltssicherung neben dem Alg II verbleiben würde, setzte den gegenteiligen Anreiz.

19

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung in dem systematischen Zusammenhang, in den die Vorschrift des § 30 SGB II in das Grundsicherungsrecht eingebettet ist. Die Tragweite der Vorschrift des § 30 Satz 2 SGB II und die aus ihr folgenden Berechnungsschritte erschließen sich nur aus der Zusammenschau mit § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II. Nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen.Der dort benannte "Grundfreibetrag" von 100 Euro spiegelt sich in § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II als vom Erwerbstätigenfreibetrag ausgenommener Betrag wider. Nach § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich 1. für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt …, auf 20 vom Hundert … Der Erwerbstätigenfreibetrag setzt mithin erst oberhalb des Grundfreibetrags an, geht über ihn hinaus. Der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II ersetzt zugleich die Freibeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3 bis 5 SGB II, stellt also das Erwerbseinkommen von Aufwendungen frei, die mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit und der Erzielung von Erwerbseinkommen verbunden sind. Aus diesem Zusammenspiel von §§ 11 Abs 2 Satz 2 und 30 Satz 2 Nr 1 SGB II wird zugleich deutlich - anders als die Klägerin vorbringt -, dass es bei der Absetzung nach § 30 SGB II nicht um die Abgeltung konkreter, mit der Erwerbstätigkeit und der Erzielung des Einkommens verbundener Aufwendungen (Fahrkosten, Altersvorsorgebeiträge, Beiträge zum Berufsverband etc) geht, sondern hier die sich bereits aus der Begründung zum Entwurf des Freibetragsneuregelungsgesetz ergebende abstrakte Anreizfunktion im Hinblick auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Vordergrund steht. Bezweckt werden soll ua, gering entlohnte Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt mit ergänzendem Bezug von Alg II attraktiver als die Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten zu machen (BT-Drucks 15/5446, S 4). Insoweit stellt § 30 SGB II im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine systematische Ergänzung des § 11 Abs 2 SGB II dar, sondern ein Förderinstrument eigener Art, das auch eigenen Regeln unterliegt.

20

Soweit neben dem Krankengeld einmalige Leistungen vom Arbeitgeber erbracht werden, ist es zwar zutreffend, wenn die Klägerin darauf hinweist, dass dies für das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses spreche und der durch die Erwerbsarbeit entstehende Aufwand durch Freibeträge gedeckt werden müsse. Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass der Erwerbstätigenfreibetrag vom Krankengeld abgesetzt werden muss. Vielmehr ist dann das neben der Entgeltersatzleistung gezahlte Erwerbseinkommen in der Gestalt der einmaligen Einnahme Weihnachtsgeld vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II um die Absetzbeträge des § 11 Abs 2 Satz 1 Nrn 1, 2 und 5 SGB II sowie den Erwerbstätigenfreibetrag des § 30 SGB II zu bereinigen(dazu näher unter c).

21

Die Beschränkung der Absetzbarkeit des Erwerbstätigenfreibetrags auf Erwerbseinkommen entspricht auch der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung des § 76 Abs 2a BSHG(vgl Niedersächsisches OVG Beschluss vom 12.2.2001 - 12 L 3959/00, FEVS 52, 431; VGH Baden-Württemberg Urteil vom 21.9.1998 - 7 S 913/98, FEVS 49, 414; BVerwG Urteil vom 21.7.1994 - 5 C 32/91, BVerwGE 96, 246), wobei der Senat nicht verkennt, dass die Ausgestaltungen der Regelungen im Einzelnen durchaus unterschiedlich sind (vgl zur Übertragbarkeit: Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 30 RdNr 2). Wie im Grundsicherungsrecht war in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung jedoch anerkannt, dass Erwerbstätiger nur jemand ist, der "eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gegen Entgelt erbringt, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen". Hieraus ist gefolgert worden, dass als Erwerbstätigkeit nur eine Tätigkeit angesehen werden könne, die zu Erträgen zur Bestreitung des Lebensunterhalts führe. Demnach sollte es darauf ankommen, dass der Hilfeempfänger tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgeht und durch eigenes Erwerbseinkommen in der Lage ist, jedenfalls zu einem Teil für seine Lebensgrundlage aus eigenen Kräften zu sorgen. Nur so könnten die Absetzungsbeträge ihren Sinn und Zweck, einerseits einen pauschalierten Ausgleich für arbeitsbedingte Mehraufwendungen und andererseits einen Anreiz zur Stärkung des Arbeits- und Selbsthilfewillens zu bieten, erfüllen. Dabei hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch zwischen den Absetzbeträgen nach § 76 Abs 2 BSHG - vergleichbar denen des § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II - und den Freibeträgen nach § 76 Abs 2a BSHG - vergleichbar denen des § 30 SGB II - differenziert und nur bei Erwerbseinkommen den Freibetrag nach § 76 Abs 2a BSHG zum Abzug gebracht, während es den Aufwendungsausgleich für mit der Erzielung von Einkommen verbundenen notwendigen Ausgaben iS des § 76 Abs 2 BSHG relativ großzügig auch auf andere Einkommensarten ausgedehnt hat(s BVerwG Urteil vom 4.6.1981 - 5 C 46/80, BVerwGE 62, 275).

22

Soweit das SG Stade zwischen dem Krankengeldbezug differenziert, dem eine Arbeitsunfähigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und bei bestehender Arbeitslosigkeit zugrunde liegt, um den Abzug des Erwerbstätigenfreibetrags bei ersterem zu rechtfertigen (SG Stade Urteil vom 4.5.2010 - S 17 AS 455/09), vermag dieses nicht zu überzeugen. Das Gericht begründet seine Auffassung damit, dass das Krankengeld im Falle des "Aufstockers" den Charakter des echten Ersatzes des Erwerbseinkommens habe; es müsse dann - vergleichbar dem Insolvenzgeld (s BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 22) - die Verknüpfung des Ersatzeinkommens mit der tatsächlichen Erwerbstätigkeit für die leistungsrechtliche Behandlung des Einkommens ausschlaggebend sein. Dabei verkennt es jedoch den Unterschied zwischen der Situation im Insolvenz- und Krankengeldbezug. Der erkennende Senat hat in seiner Rechtsprechung zum Insolvenzgeld (BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 22)deutlich gemacht, dass die InsG-Versicherung im Ergebnis gewährleistet, dass die Arbeitnehmer ungeachtet des Umstandes, dass der in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder nicht vollständig zahlt, zunächst für die Dauer des InsG-Anspruches weiterarbeiten kann (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III § 103 RdNr 16). Insoweit tritt das InsG - anders als zB die Entgeltersatzleistung Arbeitslosengeld oder das Krankengeld - an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. Das ist jedoch beim Krankengeld gerade nicht der Fall.

23

Auch aus der Absetzung des Erwerbstätigenfreibetrags von der Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers während der ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit kann kein Argument für dessen Abzug auch vom Krankengeld gewonnen werden. Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist ein Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den Arbeitgeber und der Krankengeldanspruch ein solcher auf eine sozialversicherungsrechtliche Entgeltersatzleistung. Soweit der nach dem SGB II Leistungsberechtigte jedoch Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit bezieht, ist es unbestritten, dass von diesem Entgelt bereits vom Wortlaut her der Erwerbstätigenfreibetrag des § 30 SGB II in Abzug zu bringen ist, bevor das Einkommen der Berechnung des Alg II zugrunde gelegt wird. Nicht von Bedeutung ist insoweit, dass der Arbeitnehmer auch während der Zeit der Entgeltfortzahlung wegen der Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung erbringt. Hier kommt es einzig auf die rechtliche Wertung des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) an. Danach handelt es sich bei der Entgeltfortzahlung um Arbeitsentgelt, trotz der Unmöglichkeit der Leistung des Arbeitnehmers.

24

Nach § 3 Abs 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. In der Zeit der Entgeltfortzahlung wird dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortgezahlt (§ 4 Abs 1 EFZG). Anders als beim Krankengeld behält der Arbeitnehmer daher in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt (vgl nur Dörner in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl 2011, § 3 EFZG, RdNr 1). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass Grundlage der Regelung in § 3 EFZG die Regelungen des bürgerlichen Rechts in den §§ 275 Abs 1 (Unmöglichkeit der Leistungserbringung) und 326 Abs 1 BGB (Entfallen des Anspruchs auf Gegenleistung bei Unmöglichkeit der Leistungserbringung) sind. § 3 EFZG verdrängt § 326 Abs 1 BGB und gewährleistet einen Anspruch auf Fortzahlung des dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum zustehenden Entgelts nach § 611 BGB(Dörner in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl 2011, § 3 EFZG, RdNr 3). Zugleich verdrängt die Entgeltfortzahlung nach dem EFZG auch den Krankengeldanspruch. Er ruht in dieser Zeit nach § 49 Abs 1 Nr 1 SGB V, soweit und solange der Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Auch sozialversicherungsrechtlich wird mithin die bürgerlich-rechtliche Wertung des Entgeltfortzahlungsanspruchs als Arbeitsentgelt, also Entgelt aus Erwerbstätigkeit, nachvollzogen. Der Krankengeldanspruch, als die sozialversicherungsrechtliche Entgeltersatzleistung bei Arbeitsunfähigkeit, ist in dieser Zeit subsidiär, sodass aus der Absetzung des Erwerbstätigenfreibetrags von dem im Wege der Entgeltfortzahlung geleisteten Arbeitsentgelt nicht darauf geschlossen werden kann, dieses müsse damit zwingend auch beim Krankengeld der Fall sein. Gerade im Fall der Entgeltfortzahlung greift zudem die eingangs dargelegte Anreizfunktion des Erwerbstätigenfreibetrags. Es soll ein Anreiz dafür gesetzt werden, die Erwerbstätigkeit so bald wie möglich fortzusetzen, um nicht anschließend auf die niedrigere Entgeltersatzleistung verwiesen zu werden.

25

Soweit das BAG im Rahmen des § 115 ZPO zu einer anderen Wertung gelangt(BAG Beschluss vom 22.4.2009 - 3 AZB 90/08), unterliegt diese sachlichen Unterschieden zwischen dem prozessualen und materiellen Fürsorgerecht und gebietet keine Übertragung auf die Leistungsgewährung nach dem Grundsicherungsrecht für Arbeitsuchende. Die Prozesskostenhilfe soll das grundgesetzliche Gebot sichern, dem Minderbemittelten einen Rechtsschutz zu gewährleisten, der demjenigen des Bemittelten wenigstens einigermaßen entspricht. Dabei darf das Kostenrisiko nicht zu einer Rechtswegsperre werden (vgl Baubach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007 Übers § 114 RdNr 3). Aufgabe der Sozialhilfe/des Grundsicherungsrechts ist es hingegen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu sichern, die für die physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben des Hilfebedürftigen unerlässlich sind (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175). Daher sind Unterschiede im Prozesskostenhilferecht gegenüber dem Sozialhilferecht, etwa bei den Einkommensgrenzen, nach der Rechtsprechung des BVerfG auch durchaus gerechtfertigt (für den umgekehrten Fall der im Prozesskostenhilferecht niedrigeren Einkommensgrenzen gegenüber der Sozialhilfe s BVerfG Beschluss vom 26.4.1988 - 1 BvL 84/86, BVerfGE 78, 118). Dieses gilt umso mehr, wenn - wie im Falle des Freibetragsabzugs vom Einkommen - die Regelungszwecke derart auseinanderfallen - hier die Sicherung der Möglichkeit zur Prozessführung, die nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des angemessenen Lebensunterhalts führen soll (vgl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl 2007 § 115 RdNr 1), und dort die Existenzsicherung, verbunden mit dem Anreiz, sich aus dem steuerfinanzierten Transfersystem aus eigenen Kräften zu befreien, die Lebensunterhaltssicherung durch eigene Mittel zu bewerkstelligen (§ 2 Abs 2 SGB II).

26

b) Anders als der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II sind jedoch die Absetzbeträge iS des § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II iVm der Alg II-V - hier § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V(idF vom 17.12.2007, BGBl I 2942), mit Ausnahme der Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und 6 SGB II(Nr 1 - Abzug von Steuern, s jedoch Steuerfreiheit der meisten Entgeltersatzleistungen, Krankengeld hier steuerfrei nach § 3 Nr 1a EStG§ 32b estg, der bei der berücksichtigung von weiterem steuerpflichtigem einkommen neben der sozialleistung im rahmen der grundsicherung wohl nicht in betracht kommen dürfte> und Nr 6 - Verweis auf § 30 SGB II - s oben), die einen Ausgleich für Aufwendungen während oder durch die Erzielung des Einkommens bewirken sollen, auch vom Krankengeld in Abzug zu bringen. Dies hat der erkennende Senat bereits im Jahre 2008 entschieden (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 19). Zwar sind in dem dortigen Fall lediglich die Versicherungspauschale und nachgewiesene Kosten für eine Kfz-Haftpflichtversicherung vom Krankengeld vor der Berücksichtigung als Einkommen bei der Berechnung des Alg II abgesetzt worden. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass nicht weitere Absetzungen zu erfolgen haben, wenn die Aufwendungen tatsächlich entstanden sind. In den Gründen des Urteils aus dem Jahre 2008 wird ausdrücklich Bezug auf die der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen des LSG genommen. Welche absetzbaren Aufwendungen die Klägerin im vorliegenden Fall tatsächlich hatte, konnte der Senat in Ermangelung hinreichender Feststellungen des LSG jedoch nicht beurteilen.

27

Grundsätzlich gilt insoweit, dass sämtliche Absetzbeträge des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 2 bis 5 und Nr 7 bis 8 SGB II - ggf iVm der Alg II-V - als Abzugsposten auch von der Entgeltersatzleistung geeignet sind. Nach § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II sind dieses: 2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, 3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge a) zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, b) zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, soweit die Beiträge nicht nach § 26 SGB II bezuschusst werden, 4. geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 82 EStG nicht überschreiten, 5. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, 7. Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, 8. bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des BAföG oder § 71 oder § 108 SGB III bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag. Ob und in welcher Höhe die Klägerin im vorliegenden Fall Aufwendungen hatte, die vom Krankengeld abzusetzen sein könnten, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren im Einzelnen zu ermitteln haben (soweit es um das Verhältnis der Absetz- und Freibeträge vom Krankengeld zu den Abzügen vom daneben bezogenen Erwerbseinkommen geht, s unter c). Dabei wird das LSG zu beachten haben, dass es sich bei den von der Klägerin im Revisionsverfahren etwa benannten Aufwendungen für Fahrtkosten, Beiträgen zum Berufsverband oder Altersvorsorgeaufwendungen durchaus um Aufwendungen iS des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II handeln kann, also um mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben.

28

Nach dem Wortlaut von § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II können die dort benannten Absetzungen nicht nur vom Erwerbseinkommen, sondern auch vom sonstigen Einkommen vorgenommen werden. § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II stellt in der Nr 5 lediglich auf "Einkommen" und nicht auf Einkommen von Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, ab. Hieraus folgt zwar, dass bei Einkommen, das nicht aus einer Erwerbstätigkeit stammt, nicht auf die Pauschalen nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II oder § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II-V zurückgegriffen werden kann, sondern die Aufwendungen konkret entstanden sein müssen. Wenn somit die Voraussetzungen für die anzuerkennenden Aufwendungen bei der Erzielung von Erwerbseinkommen und der dieses Erwerbseinkommen ersetzenden Entgeltersatzleistung letztlich die gleichen sind (s auch § 11 Abs 2 Satz 3 SGB II), ist - zumindest solange das Arbeitsverhältnis besteht - auch keine unterschiedliche Auslegung des weiteren Tatbestandsmerkmals des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II der "Verbundenheit" gerechtfertigt(so auch BVerwG Urteil vom 4.6.1981 - 5 C 46/80, BVerwGE 62, 275). Das Korrektiv hat ggf über das Tatbestandsmerkmal der "Notwendigkeit" zu erfolgen, wie weiter unten darzulegen sein wird.

29

Eine Verbundenheit der Aufwendungen mit der Erzielung des Einkommens liegt nach der Rechtsprechung des BVerwG, der sich der erkennende Senat anschließt, bereits dann vor, wenn die Zielrichtung der Aufwendung mit der Einkunftsart in einer Beziehung steht (vgl BVerwG Urteil vom 4.6.1981 - 5 C 46/80, BVerwGE 62, 275). Anhaltspunkte dafür, dass die Verbundenheit nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II oder nach § 76 Abs 2 BSHG iS einer conditio sine qua non zu verstehen sein könnte, sind nicht vorhanden. Ein Kausalzusammenhang soll bereits vom Wortlaut her durch das Wort "Verbundenheit" nicht hergestellt werden. Das bedeutet, der Begriff der "Verbundenheit" stellt zwar einen Zusammenhang zur Erzielung des Einkommens her, führt jedoch nicht zu dem Erfordernis, dass die Erzielung des Einkommens ohne die Aufwendung undenkbar wäre (vgl BVerwG Urteil vom 4.6.1981 - 5 C 46/80, BVerwGE 62, 275). Das BVerwG hat dieses am Beispiel des Gewerkschaftsbeitrags oder der Fahrtkosten exemplifiziert. Die Notwendigkeit der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, so das BVerwG, sei nicht Voraussetzung für die Ausübung der nicht selbstständigen Erwerbstätigkeit. Der Beitrag sei jedoch gleichwohl eng mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit verbunden. Also könne dieses für den Fall der Weiterzahlung dieses Beitrags während des Bezugs der Entgeltersatzleistung "Rente" auch nicht anders bewertet werden (BVerwG Urteil vom 4.6.1981 - 5 C 46/80, BVerwGE 62, 275).

30

Nach der Rechtsprechung des BVerwG bestimmt zwar diese Auslegung des Begriffs der "Verbundenheit" auch das Verständnis von der "Notwendigkeit" der Aufwendung. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Gleichzeitig ist jedoch zu differenzieren zwischen den Aufwendungen, die während des Bezugs einer Entgeltersatzleistung nicht entstehen müssen, weil keine "Notwendigkeit" besteht, die an sich mit der Erzielung des Erwerbseinkommens ursprünglich verbundenen Aufwendungen zu tätigen und solchen, die weiter anfallen, weil die Verbundenheit mit der Einkommensart so eng ist, dass eine Einstellung des Aufwandes nicht erwartet werden oder während des Entgeltersatzanspruchs nicht ohne Weiteres reduziert werden kann. Zu denken ist hier einerseits an die vom BVerwG bereits behandelten Gewerkschaftsbeiträge, deren weitere Aufwendung auch während des Bezugs einer Entgeltersatzleistung als notwendig zu werten ist, etwa wegen des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes auch während des Bezugs der Entgeltersatzleistung. Anders ist es mit Fahrtkosten, die wegen des Weges zur Ausübung der Erwerbstätigkeit entstanden sind (zB Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr), die nun aber während des Bezugs der Entgeltersatzleistung ggf nicht anfallen. Hier gilt allerdings die vom Senat wiederholt verwendete Formel, dass die Aufwendungen weiterhin notwendig sind, wenn der Berechtigte deren Rückgängigmachung aus Rechtsgründen überhaupt nicht oder nicht ohne Weiteres realisieren kann (- Schonfrist - Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 7/10 R; SozR 4-4200 § 11 Nr 34).

31

c) Das LSG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren zudem zu beachten haben, dass mit dem Nachweis weiterer Absetzbeträge vom Krankengeld allein sich der Leistungsanspruch der Klägerin nicht feststellen lässt. Dieser hängt ferner davon ab, ob und ggf welche Beträge vom Gesamteinkommen aus Krankengeld und "verteiltem" Weihnachtsgeld in Abzug zu bringen sind. Nur so kann das dem Bedarf nach dem SGB II gegenüberzustellende berücksichtigungsfähige Einkommen bestimmt werden.

32

Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Weihnachtsgeld nach § 2 Abs 4 Satz 3 Alg II-V(idF vom 17.12.2007, aaO) als einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von zwölf Monaten verteilt hat (zum so genannten Verteilzeitraum vgl Urteile des erkennenden Senats vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 und B 4 AS 57/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 16; vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R und des 14. Senats vom 26.10.2009 - B 14 AS 55/08 R; vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R; vom 18.2.2010 - B 14 AS 76/08 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 27). § 2 Abs 4 Satz 2 Alg II-V in der hier maßgebenden Fassung bestimmte, dass einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen sind. Entfällt durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten und die Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers in vollem Umfang und bleibt gleichwohl die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen, liegt ein Regelfall iS des § 2 Abs 4 Satz 3 Alg II-V vor, der eine Aufteilung der einmaligen Einnahme über mehrere Monate rechtfertigt(s zum Regelfall ausführlich BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Zwar hat das BSG bisher nicht ausdrücklich darüber befunden, ob eine Verteilung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinaus noch angemessen ist. Angedeutet hat der Senat dieses in der Ausgangsentscheidung vom 30.9.2008 (s oben) jedoch bereits. Bei einer für ein Jahr bestimmten Einnahme, die zudem in der Gesamtsumme den monatlichen Anspruch auf Alg II übersteigt (s hierzu BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16) und für ein Kalenderjahr bestimmt ist, spricht jedoch nichts dagegen, den angemessenen Zeitraum als einen jährlichen festzulegen und die Einnahme damit in zwölf Teile aufzuteilen. Erstmals mit dem am 1.4.2011 in Kraft getretenen neuen § 11 Abs 3 Satz 2 SGB II(BGBl I 453) hat der Gesetzgeber den "Verteilzeitraum" zeitlich eindeutig auf einen Zeitraum von sechs Monaten eingegrenzt. Hieraus können jedoch keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden. Es war bis dato der unbestimmte Rechtsbegriff des "angemessenen Zeitraums" als Bewertungsgrundlage heranzuziehen.

33

Bisher ebenfalls höchstrichterlich nicht entschieden ist, wie bei einer "verteilten" Einnahme die Absetzungen zu erfolgen haben. Den vom Senat beigezogenen Erläuterungen des Beklagten zu seinen Bescheiden vom 29.10.2008 könnte zwar zu entnehmen sein, dass er ausschließlich die einmalige Nettoeinnahme auf zwölf Monate umgelegt hat. Dies wäre rechtlich unzutreffend. Denn vor der Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Monat des Zuflusses - wenn es sich um Erwerbseinkommen handelt - sind die Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Nr 1 und 2 SGB II (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge), der Erwerbstätigenfreibetrag und der Absetzbetrag nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II(s nunmehr § 11b Abs 1 Satz 2 SGB II)in Abzug zu bringen. Der danach verbleibende Betrag ist zu verteilen. Dieses Vorgehen hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 30.9.2008 (B 4 AS 57/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 16) angedeutet. In jedem Monat des Verteilzeitraums sind alsdann monatlich Absetzungen vom Gesamteinkommen - verteiltes Entgelt und anderes Einkommen - vorzunehmen, soweit die Belastungen monatlich tatsächlich und rechtlich zu berücksichtigend anfallen, nicht nur von einer bestimmten Einkommensart abgesetzt werden können und nicht bereits (vorab) in voller Höhe oder anteilig abgesetzt worden sind.

34

3. Das LSG wird in seine abschließende Beurteilung auch die Höhe des Bedarfs, insbesondere unter Berücksichtigung der Daten bezüglich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aus dem Anerkenntnis des Beklagten im Schriftsatz vom 27.7.2011 einbeziehen müssen.

35

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 30.6.2008.

2

Der Kläger lebte bis Ende 2006 in B., zog dann nach Ba. um und Anfang 2008 nach B. zurück. Er bezog bereits bei seinem ersten B.- Aufenthalt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der in B. für ihn zuständige Grundsicherungsträger, die Arge E., gewährte ihm bis Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne sanktionsbedingten oder sonstigen Abzug - in Höhe von 537,52 Euro (Regelleistung: 347 Euro und Leistungen für Unterkunft und Heizung: 190,52 Euro). Durch Bescheid vom 14.1.2008 hob sie die Bewilligung mit Wirkung ab dem 1.2.2008 wegen des Wechsels der Zuständigkeit auf Grund des Umzugs des Klägers auf. Am 25.1.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1.2.2008 bis 30.6.2008 Grundsicherungsleistungen in Gestalt einer Regelleistung von 347 Euro und für Kosten der Unterkunft von 193,19 Euro.

3

Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser ua geltend gemacht hat, dass seine Miete - durch Mietvertrag nachgewiesen - in B. 300 Euro warm betrage und er sich damit innerhalb der von dem Beklagten gezogenen "Angemessenheitsgrenzen" halte, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3.3.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Umzug des Klägers aus dem Bezirk E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen. Daher seien auch nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in bisheriger angemessener Höhe von 193,19 Euro von ihm zu erbringen (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II).

4

Mit seiner Klage ist der Kläger insoweit erfolgreich gewesen, als das SG Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008 verurteilt hat, dem Kläger 100,28 Euro, insgesamt 293,47 Euro (Bruttowarmmiete in Berlin von 300 Euro minus 6,53 Euro Kosten der Warmwasserbereitung) als Kosten der Unterkunft zu gewähren (Urteil vom 24.7.2008). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Klage in Höhe von 6,53 Euro zurückgenommen.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Berlin-Brandenburg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.9.2009). Es hat ausgeführt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro abzüglich der Kosten für die Warmwasserbereitung seien zwar angemessen. Sie hielten sich unstreitig in den von dem Beklagten gesetzten Angemessenheitsgrenzen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht verpflichtet, sie in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der Umzug von E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen, sodass Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur in der Höhe erbracht werden müssten, wie sie von der Arge E. gewährt worden seien. Weder habe der Kläger den Umzug im Hinblick auf die Aufnahme einer konkreten Erwerbstätigkeit vollzogen, noch seien gesundheitliche Gründe oder sonstige Gründe sozialer Art für den Umzug ausschlaggebend gewesen. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könne auch nicht auf einen Umzug innerhalb des "Vergleichsraums" beschränkt werden. Dieses gäben weder Gesetzestext noch Gesetzesmaterialien her. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen Art 11 GG angenommen werden. Ein Grundrechtseingriff liege bereits deswegen nicht vor, weil § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht auf die Einschränkung der Freizügigkeit ziele. Daher liege auch keine mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung vor. Zudem sei der Kläger tatsächlich nicht gehindert gewesen, nach B. umzuziehen, denn er habe für den Preis des Zimmers an seinem Wohnort in Ba. nach den Ermittlungen des Gerichts ebenfalls ein Zimmer in B. mieten können. Ebenso wenig vermochte das LSG einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG zu erkennen. Der "wichtige Grund" iS des Art 3 Abs 1 GG liege darin, dass zu Gunsten der Finanzlage der öffentlichen Hand an dem bisherigen Wohnstandard festgehalten werden solle. Auch bei richtiger Beratung des Klägers durch den Beklagten hätte kein Leistungsanspruch bestanden, sodass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ebenfalls nicht gegeben seien. Damit habe die Beklagte die allein streitigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zutreffend auf 193,52 Euro begrenzt, wobei sie bereits über die von der Arge E. gewährten 190,52 Euro hinausgegangen sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Er werde durch die vom LSG gewählte Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der ihm durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit eingeschränkt, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund iS des Art 11 Abs 2 GG vorhanden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2008 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist begründet.

11

Der Kläger hat Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG waren die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht der Höhe nach auf den im Zuständigkeitsbereich der Arge E. ihm gewährten Zahlbetrag nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu begrenzen. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II entfaltet nach der Gesetzesbegründung, seiner systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II und seinem Sinn und Zweck nur für Umzüge im Vergleichsraum Wirkung. Eine derartige Reduktion des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist zudem verfassungsrechtlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG iVm der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008. Zutreffend sind SG und LSG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht(s nur BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R). Die Beteiligten haben sich zudem in einem schriftlichen Vergleich vor dem SG (Aktenzeichen: S 96 AS 22323/08) darüber geeinigt, dass der Beklagte sich für den Leistungszeitraum vom 1.7. bis 31.12.2008 der rechtskräftigen Entscheidung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum unterwerfen wird.

13

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf die Kosten der Unterkunft (KdU) beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R; BSG, Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19, 22; s auch BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9).

14

Der Kläger hat zudem den Streitgegenstand betragsmäßig begrenzt. Er hat die Klage vor dem SG in Höhe von monatlich 6,53 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung zurückgenommen. In Streit steht mithin für den streitigen Zeitraum der Differenzbetrag zwischen seinen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro monatlich minus 6,53 Euro = 293,47 Euro und den von dem Beklagten als Leistung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erbrachten 193,19 Euro, also 100,28 Euro monatlich.

15

2. Der Kläger hat Anspruch auf monatlich weitere 100,28 Euro als Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem streitigen Zeitraum.

16

Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R).

17

Die vom Kläger in B. getätigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300 Euro warm sind unstreitig angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Das LSG hat die angemessenen Mietkosten für einen Alleinstehenden in B. mit 360 Euro warm beziffert. Die dortigen Aufwendungen des Klägers liegen mit 300 Euro unter dieser Grenze. Der Beklagte ist mithin verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers als Leistung für Unterkunft und Heizung in dieser Höhe zu übernehmen. Er kann nicht damit gehört werden, dass die Leistung auf die tatsächlichen angemessenen Aufwendungen am Wohnort des Klägers im Bezirk der Arge E. zu begrenzen sei.

18

3. Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) gilt mit Wirkung ab dem 1.8.2006: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, nach welchen abstrakten Kriterien die Erforderlichkeit eines Umzugs iS dieser Vorschrift zu beurteilen ist und ob der Umzug des Klägers von Ba. nach B. hier in diesem Sinne erforderlich war. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums iS der Rechtsprechung des BSG(s BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R) hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung (vgl LSG Baden-Württemberg vom 17.7.2008 - L 7 AS 1300/08; LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007 - L 13 AS 168/07 ER; Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 48, 51; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47b; Knickrehm/Voelzke in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DGST Praktikerleitfaden, 2009, S 21; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II Stand IX/2009 § 22 RdNr 95; aA Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl 2009, § 22 RdNr 27b). Dieses folgt aus der Gesetzesbegründung (a), ihrer systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II (b) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift (c). Zudem ist die Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm auf den Vergleichsraum unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG und der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten (d).

19

a) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Grenzen des Vergleichsraums mag sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erschließen. Bereits die Begründung im Gesetzentwurf legt jedoch ein Verständnis der Norm nahe, das auf eine Anwendung innerhalb des Vergleichsraums hinausläuft (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47a; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). In der Bundestagsdrucksache 16/1410 wird die Einführung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wie folgt erläutert(S 23, zu Nummer 21 Buchstabe a): Durch die Regelung seien die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Es wird hier also auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese beziehen sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch immer auf den Vergleichsraum am Wohnort des Hilfebedürftigen (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nur dort ist die abstrakte Angemessenheitsgrenze zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht dem entgegenhält, eine Begrenzung auf den Vergleichsraum sei nicht mit der weiteren Begründung des Gesetzentwurfs in Übereinstimmung zu bringen, in der als Beispielsfall für die Erforderlichkeit des Umzugs die Eingliederung in Arbeit benannt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das LSG nimmt an, ein Umzug innerhalb des örtlichen Bereichs sei bei Eingliederung in Arbeit im Regelfall nicht erforderlich. Dabei verkennt es, dass der Vergleichsraum in der Rechtsprechung des erkennenden Senats als ein ausreichend großer Raum (nicht bloß Orts- oder Stadtteil) der Wohnbebauung definiert wird, in dem auf Grund der räumlichen Nähe, der Infrastruktur und insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit ein insgesamt betrachtet homogener Lebens- und Wohnbereich auszumachen ist (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insbesondere um einer Ghettoisierung vorzubeugen, sind die Grenzen des Vergleichsraums weit zu ziehen. Der Senat hat es deshalb nicht für ausgeschlossen gehalten, das gesamte Stadtgebiet M. als räumlichen Vergleichsmaßstab anzusehen und hat einen solchen für das Stadtgebiet E., einschließlich des Ortsteils K. angenommen (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In einem solchen Vergleichsraum ist die Erforderlichkeit eines Umzugs zur Eingliederung in Arbeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem fügt sich die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II insoweit in das Konzept des Vergleichsraums ein, als sie den Ausnahmecharakter der Übernahme von höheren Unterkunftskosten als den bisherigen unterstreicht, weil in der Regel die Aufnahme einer Arbeit im Vergleichsraum keinen Umzug erfordert.

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b) Eine Beschränkung der Wirkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf den Vergleichsraum entspricht auch der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 3 des Abs 1. Die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird im Vergleichsraum im Rahmen der "abstrakten Angemessenheitsprüfung", also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Die Verpflichtung zur Kostensenkung bei nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II besteht nur innerhalb des Vergleichsraums; ggf ist sogar ein noch engerer Raum geschützt, das soziale Umfeld. Kosten müssen jedoch nur bis zu einem Mietpreis gesenkt werden, wie er nach einem "schlüssigen Konzept" im Vergleichsraum als angemessen ermittelt worden ist. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nimmt Elemente beider Regelungen in sich auf. Einerseits normiert die Vorschrift die Höhe der angemessenen Kosten iS des Satz 1 und andererseits soll sie - wie auch Satz 3 - der Verpflichtung des Leistungsträgers, unangemessene Unterkunftskosten tragen zu müssen, vorbeugen. Anknüpfungspunkt der beiden Regelungen, in die § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II eingebunden ist, ist jedoch immer die abstrakt angemessene Miete im Vergleichsraum. Ein Grund, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus diesem systematischen Zusammenhang herauszulösen, ist nicht ersichtlich.

21

c) Die aus der Systematik folgende Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - soll zweierlei vorgebeugt werden. Zum einen soll dem Missbrauch der Leistungsinanspruchnahme eine Grenze gesetzt werden. Dem Hilfebedürftigen wird es verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein existenzsichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, 2008, § 22 RdNr 47b). Zum Zweiten soll den Kostensteigerungen für Leistungen der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden. Nach einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Auftrag gegebenen Studie "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte. Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen" besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den für Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgewandten Kosten der Kommunen und der Mietpreisgestaltung der Anbieter von Wohnraum (Forschungen, Heft 142, Hrsg : BMVBS / BBSR, Bonn 2009, S 104 ff). Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge weist darauf hin, dass die kommunalen Angemessenheitsregelungen ein spezifisches Nachfrageverhalten produzieren (Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Diskussion über eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 10.3.2010, DV 01/10 AF III, S 5). Bewohnen Hilfebedürftige daher angemessenen Wohnraum, für den sie jedoch nur Aufwendungen unterhalb der Angemessenheitsgrenze zu tätigen haben, soll ihnen die Möglichkeit abgeschnitten werden, neuen Wohnraum unter Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenze anzumieten, um den Kommunen ein Steuerungsinstrument im Hinblick auf die Kostenentwicklung bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu belassen. Ein derartiges Interesse an der Kostengestaltung besteht für die Kommune über ihren Leistungsbereich hinaus nicht und sie kann von ihr auch über dessen Grenzen hinweg nicht beeinflusst werden. Ziel der Regelung ist es hingegen nicht, Kommunen, in denen ein hohes Mietniveau gegeben ist, vor einem weiteren Zuzug von arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu "schützen" (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Ebenso wenig ist es Sinn und Zweck der Vorschrift, den Hilfebedürftigen in seiner Dispositionsfreiheit, sich einen anderen Wohnort außerhalb des bisherigen Vergleichsraums zu suchen, einzuschränken (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Er soll durch das Grundsicherungsrecht nicht gehindert werden, an einen Ort umzuziehen, von dem er sich die Verwirklichung seiner beruflichen oder persönlichen Chancen verspricht, nur weil das dortige Mietniveau höher ist, als an seinem bisherigen Wohnort.

22

d) Die Reduktion der Begrenzung der Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die des Vergleichsraums ist zudem nach Art 3 Abs 1 GG iVm Art 11 Abs 1 GG geboten. Prüfungsmaßstab ist insoweit vornehmlich Art 3 Abs 1 GG, weil der spezifische Schutzgedanke des allgemeinen Gleichheitssatzes zu der hier anzuwendenden Regelung die stärkere soziale Beziehung aufweist (vgl zur Prüfung bei Überschneidung des Gleichheitssatzes mit Freiheitsgrundrechten BVerfGE 64, 229, 238 f; 65, 104, 112 f; 75, 382, 393; 82, 60, 86).

23

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschlüsse vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG, Beschlüsse vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG, Beschluss vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238). Soweit die Gewährung von Sozialleistungen bedürftigkeitsabhängig ist, hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 2.2.1999 - 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195, 205; BSG, Urteil vom 3.12.2002 - B 2 U 12/02 R, BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Der Gestaltungsspielraum wird jedoch umso enger, je mehr sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96). Ein "wichtiger Grund" alleine ist dann - anders als das LSG meint - nicht mehr ausreichend. Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt in einem solchen Fall vielmehr davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1).

24

Dieser Maßstab gebietet es, den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zumindest bei den aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II folgenden Umzugsbeschränkungen bei Überschreitung der Grenzen des Vergleichsraums zu begrenzen. Eine Ausweitung der nur begrenzten Übernahme der Aufwendungen für Unterkunfts- und Heizkosten nach einem Umzug über die Grenzen des bisherigen Vergleichsraums hinaus würde zu einer unterschiedlichen Behandlung von Hilfebedürftigen führen, die in Bereichen mit niedrigen Mieten wohnen, gegenüber solchen, in deren Vergleichsraum die Mieten deutlich höher sind. Während letztere ungehindert durch die Beschränkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sich einen neuen Wohnort suchen könnten, weil in dem Bereich des "neuen" Grundsicherungsträgers die Angemessenheitsgrenze ohnehin niedriger ist als die bisherige angemessene Miete, werden Hilfebedürftige aus Vergleichsräumen mit niedrigeren Mieten anders behandelt, weil sie an diesem niedrigeren Mietniveau festgehalten würden. Eine verfassungsfeste Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht. Soweit das LSG allein darauf abstellt, den Hilfebedürftigen an seinem bisherigen Wohnstandard festhalten zu wollen, wird die Ungleichbehandlung hierdurch ebenso wenig gerechtfertigt, wie durch die Benennung des Ziels, die Kosten für Unterkunftsleistungen möglichst niedrig halten zu wollen.

25

Im Rahmen der Prüfung ist hier zusätzlich Art 11 Abs 1 GG zu beachten, weil die "benachteiligte" Gruppe durch die Begrenzung der Unterkunftskosten am neuen Wohnort mittelbar in ihrem Recht auf Freizügigkeit (vgl zur mittelbaren Beeinträchtigung BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 35) beeinträchtigt wird. Dies hat zur Folge, dass sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit zusätzlich verengt.

26

Nach Art 11 Abs 1 GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II berührt den sachlichen Schutzbereich des Art 11 Abs 1 GG. Er betrifft auch die freie Wohnsitzgründung in einem Bundesland oder einer Gemeinde (BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 33). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die Einschränkung der Freizügigkeit zielt. Das Grundgesetz bindet den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht an den Begriff des Eingriffs oder gibt diesen inhaltlich vor (BVerfGE 110, 177 RdNr 35). Auch wenn staatliche Maßnahmen nur faktische Wirkung entfalten, müssen Grundrechtsbeeinträchtigungen hinreichend zu rechtfertigen sein. Eine derartige Rechtfertigung ist hier jedoch nicht zu erkennen. Auch die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger, die am Zuzugsort höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen würde als an ihrem Ausgangsort, würde nur Leistungen innerhalb der Grenzen der Angemessenheit am Zuzugsort und damit nach einem SGB II-Leistungsempfängern angemessenen Standard erhalten. Die Belastungen des dortigen Trägers - der neuen zuständigen Kommune - würden sich mithin in den Grenzen seiner "normalen" Belastung durch Gewährung existenzsichernder Leistungen halten (vgl hierzu Silagi, Zur Festschreibung der Einschränkung der Freizügigkeit im Wohnortzuweisungsgesetz durch das BVerfG, ZAR 2004, 225, 226 f). Es gehört nicht zu den Funktionen des Grundsicherungsrechts, die aufnehmende Kommune durch § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vor arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu schützen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008.

2

Die im Jahre 1980 geborene Klägerin durchlief bis 10.1.2006 eine Ausbildung zur Köchin und bewohnte während dieser Zeit eine 25,8 qm große Einzimmerwohnung in D (monatliche Grundmiete in Höhe von 118 Euro zuzüglich einer Vorauszahlung für Betriebs-, Heiz- und Warmwasserbereitungskosten). Nach Beendigung ihrer Ausbildung bezog sie Alg, zuletzt bis zum 26.1.2007 in Höhe von 7,68 Euro täglich. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daneben bzw im Anschluss ab dem 11.1.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt bis August 2007 in Höhe von 521,54 Euro.

3

Während des Leistungsbezugs nach dem SGB II schloss die Klägerin am 24.4.2007 einen vom 1.5.2007 bis 30.9.2007 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Köchin in dem von ihrer Wohnung elf Kilometer entfernt liegenden A Die erste Lohnzahlung in Höhe von 1200 Euro brutto (892,32 Euro netto) erhielt sie am 10.6.2007. Auf Grund einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 13.6.2007 war die Klägerin in der Zeit vom 16.6.2007 bis 30.9.2007 nur noch als Beiköchin mit einem monatlichen Bruttolohn von 1000 Euro beschäftigt. Für Juni 2007 erhielt sie einen Bruttolohn in Höhe von 1104,74 Euro (836,09 Euro netto) und für Juli 2007 in Höhe von 1000 Euro brutto (771,59 Euro netto), fällig jeweils am 10. des Folgemonats. Die Beklagte hob die laufende Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung zum 1.6.2007 auf (Bescheid vom 9.5.2007).

4

Nach einer Wohnungsbesichtigung (6.6.2007) vereinbarte die Klägerin am 29.6.2007 mit Wirkung zum 1.10.2007 mit der A AG einen Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 39,96 qm und einer Warmmiete von 326 Euro monatlich (Grundmiete in Höhe von 216 Euro, Heizungs- und Warmwasserbereitungskostenvorauszahlung in Höhe von 60 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro). Am 21.9.2007 zog sie in die neue Wohnung um.

5

Den wegen der Änderung ihres Arbeitsvertrags bereits zuvor gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 lehnte die Beklagte für die Zeit vom 19. bis 30.6.2007 ab, bewilligte ihr aber als KdU für den Monat Juli 2007 55,12 Euro und für August bis Oktober 2007 jeweils 109,15 Euro monatlich (Bescheide vom 11.7.2007). Nach Beendigung der Beschäftigung bewilligte die Beklagte für Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 113,15 Euro und für die Zeit vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 in Höhe von 523,54 Euro monatlich. Der Berechnung der KdU legte die Beklagte jeweils die tatsächlichen Aufwendungen für die ehemalige Wohnung der Klägerin in D in Höhe von 176,54 Euro monatlich zu Grunde (Bescheide vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2008).

6

Das SG Stralsund hat die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008 verurteilt, "der Klägerin für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten in Höhe monatlich von 326 Euro zu bewilligen" (Urteil des SG vom 10.2.2009). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 3.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte dürfe die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten nicht auf die Aufwendungen für die vorherige Wohnung der Klägerin in D beschränken. Die Höhe der Mietkosten für die Wohnung in A seien angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Dem stehe nicht entgegen, dass es an der Einholung einer Zusicherung vor Abschluss des neuen Mietvertrags gemangelt habe, weil diese keine Voraussetzung für die Übernahme höherer angemessener KdU sei. Andererseits schließe das Fehlen einer Zusicherung als solcher auch eine Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht aus. Einer Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II stehe jedoch die fehlende Hilfebedürftigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des neuen Mietvertrages im Juni 2007 entgegen. Da die Leistungen nach dem SGB II nur bei Hilfebedürftigkeit gewährt würden, setze auch § 22 Abs 1 und 2 SGB II eine solche grundsätzlich voraus. Durch den Abschluss des Mietvertrags sei die Klägerin schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen. Der "Umzug" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei grundsätzlich mit Abschluss des Mietvertrages ins Werk gesetzt worden, weil sie hierdurch "ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt" gewesen sei. Nicht entscheidend sei, dass die Klägerin sowohl zum Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns am 1.10.2007 als auch bei ihrem tatsächlichen Umzug am 21.9.2007 im Leistungsbezug gestanden habe. Dies eröffne keinen Raum für die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. In § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II erkenne der Gesetzgeber an, dass es auf den "Abschluss des Vertrags" ankomme.

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Der Gesetzgeber gehe in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II explizit von einem "Umzug", nicht - wie in § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II - vom "Abschluss eines Vertrags" aus. Damit habe er eine andere zeitliche Anknüpfung gewählt. Zudem sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der jetzigen Fassung zu einer Zeit eingefügt worden, als § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II bereits existiert habe. Die unterschiedliche zeitliche Anknüpfung rechtfertige sich daraus, dass das SGB II grundsätzlich eine nur vorübergehende Hilfebedürftigkeit unterstelle. Bei Abschluss des Mietvertrages könne in vielen Fällen noch nicht abgeschätzt werden, ob bei dem tatsächlichen Umzug Hilfebedürftigkeit (noch) vorliege oder nicht. Vereinbare jemand den Mietvertrag zu einer Zeit, in welcher er nicht in den Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II falle, sei es grundsätzlich nicht unbillig, auf den Zeitpunkt des Umzugs abzustellen. Der Betroffene müsse sich darüber im Klaren sein, wie er seine Verpflichtungen erfüllen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - bei Vertragsabschluss bereits "subjektive Hilfebedürftigkeit" gegeben bzw für die Zeit des tatsächlichen Umzugs bereits objektive Hilfebedürftigkeit abzusehen gewesen sei. Mit ihrer Antragstellung am 19.6.2007 habe die Klägerin dokumentiert, dass sie selbst von einer Hilfebedürftigkeit ausgegangen sei.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenbug-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 10. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Die Klägerin führt aus, das Verhältnis von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei so zu verstehen, dass § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II die Voraussetzungen normiere, unter denen es möglich sei, umzugsbedingte höhere KdU zu beanspruchen. Beide Vorschriften müssten im Zusammenhang gesehen werden, wobei es entscheidend auf den Vertragsschluss ankomme. Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung in eine subjektive und eine objektive Hilfebedürftigkeit sei nicht überzeugend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008. Zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nicht ein(siehe nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30). Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf Leistungen für KdU beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R, RdNr 18; BSG Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7, RdNr 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine solche handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19 ff; siehe auch BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/0AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9, RdNr 13).

13

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung in A Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Eine Begrenzung der von der Beklagten zu erbringenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf die (niedrigeren) Mietkosten für die bisherige Wohnung in D folgt weder aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (3.) noch aus § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (4.).

14

3.a) Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der KdU nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen nicht vor, weil die Klägerin zwar bei ihrem Umzug, nicht jedoch bei Eingehen des Mietverhältnisses hilfebedürftig war. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung ab dem 1.8.2006 bestimmt: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann dahinstehen, ob ein Umzug der Klägerin innerhalb des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG stattfand (zu diesem Erfordernis für die Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vgl BSG Urteil vom 1.6.2010, B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zur Übertragbarkeit der vom BSG entwickelten Konkretisierungen zum räumlichen Vergleichsmaßstab auf ländliche Gebiete siehe Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven in DGST, Praktikerleitfäden, 2010, S 86) und ob der konkrete Umzug der Klägerin von D nach A iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erforderlich war. Die Vorschrift kommt jedenfalls nur dann zur Anwendung, wenn eine Hilfebedürftigkeit desjenigen gegeben ist, der die Übernahme höherer als der bisherigen Unterkunftskosten begehrt. Dies folgt daraus, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 5 Abs 2 Satz 1 SGB II) iS einer Leistungsberechtigung nur bei Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II besteht(BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30). Auch soweit Leistungseinschränkungen oder die Beachtung von besonderen Obliegenheiten durch den Hilfebedürftigen betroffen sind (vgl § 31 SGB II), verknüpft das SGB II dies mit dem Bestehen von Hilfebedürftigkeit iS des SGB II. Diese Grundsätze sind daher auch im Rahmen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anwendbar. An einer Hilfebedürftigkeit im maßgeblichen Zeitraum des Eingehens des Mietverhältnisses mangelt es jedoch vorliegend.

15

Aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könnte zwar - entsprechend dem Vorbringen der Beklagten - geschlossen werden, dass es auf das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit (nur) zum eigentlichen Zeitpunkt des Umzugs ankommt (b). Der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II (c) und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (e) sowie der Sinn und Zweck der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (d) belegen jedoch, dass der Begriff des "Umzugs" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in einem weiteren Sinne zu verstehen ist und entscheidend auf den Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), war die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unter Berücksichtigung ihres bereinigten Einkommens jedoch nicht hilfebedürftig.

16

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II knüpft die Übernahme von KdU in Höhe der bisher zu tragenden tatsächlichen Aufwendungen zunächst daran, dass sich die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen. Besteht im eigentlichen Umzugszeitpunkt objektiv keine Hilfebedürftigkeit, darf eine Begrenzung der Kostenübernahme nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bei einer später entstehenden Hilfebedürftigkeit nicht erfolgen(vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009; Berlit in LPK SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 51). In diesen Fallgestaltungen wird typisierend davon ausgegangen, dass der Hilfebedürftige die Mietaufwendungen aus eigenen Mitteln tragen kann. Darüber hinaus bringt der Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aber auch ein allgemeines Kausalitätserfordernis zwischen einem Umzug und einem Anstieg der Unterkunftskosten zum Ausdruck. Dies spricht dafür, unter dem Begriff des "Umzugs" neben dem eigentlichen Umzug auch die dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen zu verstehen. Der tatsächliche Akt des Umzugs allein führt in der Regel nicht zu höheren Mietaufwendungen. Die Höhe der Mietzahlungen ist vielmehr abhängig von der durch den Mietvertrag begründeten Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses. Allerdings fallen der Abschluss des Mietvertrags und der Umzug bzw der Beginn des Mietverhältnisses in den seltensten Fällen zusammen. Besteht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit, ist darauf abzustellen, ob Hilfebedürftigkeit auch bei Begründung der rechtlichen Verpflichtung zur Erbringung von ggf höheren als der bisherigen Aufwendungen vorlag.

17

c) Für dieses Ergebnis spricht in zweierlei Hinsicht auch der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Auch hier wird auf den Abschluss des Mietvertrags abgestellt; die Zusicherung soll vor seinem Abschluss eingeholt werden. Der Verknüpfung beider Vorschriften kann nicht entgegengehalten werden, dass das Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II keine (weitere) Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme höherer Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 27). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sind höhere KdU vielmehr schon dann zu tragen, wenn - objektiv - auch die künftigen höheren KdU gleichfalls angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind und es sich um einen erforderlichen Umzug handelt. § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II kommt aber die Funktion zu, vor einem Umzug zu klären, ob die höheren KdU übernommen werden(Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.8 RdNr 57a, Stand September 2007; vgl auch BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29). Die Regelung dient damit zugleich jedoch auch dem Schutz des Hilfebedürftigen vor den weitreichenden Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, die in der nur gekürzten Übernahme der tatsächlich angemessenen KdU ohne Übergangsfrist bestehen.

18

Die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung trifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aber nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die die Unterkunft wechseln wollen(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 27.2.2009 - L 12 AS 3990/08 - juris RdNr 19; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 62). Insofern hat der Gesetzgeber mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II gerade keine Obliegenheit vor dem tatsächlichen Eintritt der Hilfebedürftigkeit, etwa bereits mit Antragstellung(vgl hierzu §§ 60 ff SGB I) oder einem anderen tatsächlichen Ereignis (vgl etwa § 37 SGB III), geschaffen, sondern die Verpflichtung zur Einholung einer Zusicherung mit dem Status eines "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen" verbunden (vgl auch zur allgemeinen Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Schaffung von Verpflichtungen vor Eintritt des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, S 91 ff). Diese zeitliche Abgrenzung vermeidet zugleich Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich ein potentiell Leistungsberechtigter bei einem Wohnungswechsel mit dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ins Benehmen setzen muss.

19

d) Der zuvor dargelegte Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II zeigt, dass auch die Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur den bei Eingehens des Mietverhältnisses bereits Hilfebedürftigen treffen sollen. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/1410 S 23) sollten die KdU auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, wenn Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Entsprechend ist der Senat davon ausgegangen, dass mit der Regelung dem Leistungsmissbrauch eine Grenze gesetzt und Kostensteigerungen für Leistungen der KdU innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden sollte (vgl hierzu näher BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Missbrauchs- und Steuerungsgedanke greift jedoch nur, wenn der Grundsicherungsträger auch steuernd über die Möglichkeit eines Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II tätig werden kann. Die Obliegenheit des Hilfebedürftigen zur Einholung einer Zusicherung und die hiermit korrespondierende Zusicherungsverpflichtung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzen jedoch eine Hilfebedürftigkeit bereits bei Eingehen des Mietverhältnisses voraus.

20

e) Auch nach dem systematischen Zusammenhang zwischen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ist auf das Bestehen von Hilfebedürftigkeit zum Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen, wenn nicht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit bereits entfallen war. Sowohl nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II als auch nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernimmt der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Aufwendungen für KdU nur eingeschränkt. Während § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II mit seiner ihm gleichwohl innewohnenden Schutzfunktion(vgl hierzu BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) die Tragung der die angemessenen Aufwendungen übersteigenden KdU im Sinne eines flexiblen, von Zumutbarkeitserwägungen abhängigen Verfahrens regelt, enthält § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen solchen befristeten und differenzierten Bestandsschutz, obwohl es sich auch bei den höheren Kosten noch um angemessene Aufwendungen handeln muss. Vom Regelungs- und Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II erfasst sind grundsätzlich solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wohnen bzw deren Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - zB durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 23).

21

Der Senat hat bereits entschieden, dass die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II auch Anwendung findet, wenn ein Leistungsberechtigter kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine Wohnung anmietet, deren Kosten unangemessen hoch sind. Auch dann setzt eine Begrenzung der Leistungserbringung auf die angemessenen Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II regelmäßig voraus, dass eine Aufforderung zur Kostensenkung vorliegt, die dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus der Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft verschafft(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 17 mwN). Nur für den Ausnahmefall, dass jemand bösgläubig, also zurechenbar sowohl in Kenntnis des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezugs als auch unangemessener tatsächlicher KdU einen Mietvertrag über eine "Luxuswohnung" abschließt, brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom Grundsicherungsträger übernommen zu werden (BSG aaO, RdNr 17). Einen geringeren "Bestandsschutz" braucht ein erst zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) Hilfebedürftiger, der - ohne hilfebedürftig zu sein (siehe hierzu näher 3f) -, eine neue Wohnung anmietet, die zwar teurer als die alte ist, sich aber ggf noch im Bereich der Angemessenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hält, nicht hinzunehmen. Erweist sich die Wohnung bei Wiedereintritt der Hilfebedürftigkeit nach näherer Prüfung durch den Grundsicherungsträger als nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, bleibt es für eine Begrenzung der Übernahme der KdU durch den Grundsicherungsträger bei dem Erfordernis der Kostensenkungsaufforderung bzw anderweitiger Kenntnis des Hilfebedürftigen von der Unangemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im maßgeblichen Vergleichsraum.

22

f) Zwar ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie den neuen Mietvertrag nur wenige Tage nach ihrem erneuten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 unterschrieben hat und die (subjektive) Erwartung haben konnte, dass sie nach Änderung des Arbeitsvertrags (erneut) hilfebedürftig werden würde. Rechtliche Konsequenzen hat dies jedoch nicht, weil bei der Klägerin nicht - wie dies allerdings ansonsten zumeist der Fall sein dürfte - bereits mit Antragstellung auch eine Hilfebedürftigkeit vorlag. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 37 SGB II) ist insoweit ein leistungskonstituierender Akt, dem (nur) die Bedeutung zukommt, dass Leistungen (frühestens) ab Antragstellung zustehen, soweit die Leistungsvoraussetzungen zum Antragszeitpunkt gegeben sind (BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BT-Drucks 15/1516 S 62). Nur mit dem tatsächlichen Eintritt von Hilfebedürftigkeit, nicht bereits mit der (subjektiven) Erwartung einer Leistungsberechtigung oder einer Antragstellung hat der Gesetzgeber die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II und damit die Möglichkeit einer Kürzung der tatsächlichen KdU auf die bisherigen KdU iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbunden. Die Klägerin konnte jedoch im Monat der Eingehung des neuen Mietverhältnisses (Juni 2007) ihren gesamten Lebensunterhalt tatsächlich aus eigenem Einkommen bestreiten. Nur hierauf kommt es an. Insofern hat der Senat bereits zur zeitlichen Dauer der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen ("Verteilzeitraum") entschieden, dass es bei einer die Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat bewirkenden Änderung nicht mehr gerechtfertigt ist, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 31). Es handele sich um einen Zufluss vor erneuter - vergleichbar der ersten - Antragstellung und dem "Wiedereintritt" von Hilfebedürftigkeit (BSGE aaO). Entsprechend ist auch der SGB II-Leistungsempfänger, der seine Hilfebedürftigkeit für einen Monat (zB durch Erwerbstätigkeit) überwunden hat, hinsichtlich der Übernahme angemessener KdU nach der Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht anders als derjenige zu behandeln, der erstmalig hilfebedürftig wird(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009).

23

4. Scheidet die Anwendbarkeit der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mithin aus, sind die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung in dem hier streitigen Zeitraum zu übernehmen. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abstellt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit im Grundsatz die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Aussage des LSG zur Angemessenheit der Kosten der von der Klägerin neu angemieteten Wohnung ausreichende tatsächliche Feststellungen zu Grunde liegen (vgl zB BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 19). Eine Absenkung der tatsächlichen Kosten für KdU auf angemessene Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist jedenfalls schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II trifft.

24

Nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (vgl hierzu im Einzelnen BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28). Der Klägerin fehlte es im streitigen Zeitraum jedenfalls an der subjektiven Möglichkeit der Kostensenkung iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden ist, dass die Kosten der von ihr angemieteten Wohnung in A unangemessen hoch sind und welche Mietkosten angemessen sind.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere einen Kooperationsplan abschließen. Im Rahmen der vorrangigen Selbsthilfe und Eigenverantwortung sollen erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen eigene Potenziale nutzen und Leistungen anderer Träger in Anspruch nehmen.

(2) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

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Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2012 wird zurückgewiesen, soweit der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. März 2006 aufgehoben hat.

Im Übrigen wird das bezeichnete Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung von SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2007.

2

Die 1958 geborene Klägerin lebte seit Oktober 2004 mit Herrn S. (im Folgenden "S") zusammen, den sie in ihrem Erstantrag zur Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 15.10.2004 als ihren Lebensgefährten bezeichnet hatte. Die Klägerin erzielte Erwerbseinkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung, S bis Ende 2005 aus einer Angestelltentätigkeit. Sein Einkommen war jeweils im Folgemonat fällig. Für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligte der Beklagte weiterhin Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 26.10.2005). Von dem Gesamtbedarf setzte er ein anrechenbares monatliches Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von 51,82 Euro sowie des S in Höhe von 797,82 Euro ab und bewilligte monatliche Leistungen in Höhe von 344,36 Euro (davon für die Klägerin in Höhe von 231,18 Euro).

3

Die Beschäftigung von S endete zum 31.12.2005. Auf sein Konto wurde am 5.12.2005 ein Betrag in Höhe von 1482,59 Euro (Verwendungszweck "Lohn- und Gehalt 11.2005") sowie am 19.12.2005 ein weiterer Betrag in Höhe von 23 838,11 Euro (Verwendungszweck "Lohn- und Gehalt 12.2005") gutgeschrieben. Hiervon hatte der Beklagte zunächst keine Kenntnis. Ab Januar 2006 erhielt S für die Dauer von 780 Kalendertagen Alg I in Höhe von monatlich 787,80 Euro. Nach Eingang des Alg-Bescheids bei dem Beklagten im Januar 2006 hörte dieser die Klägerin dazu an, dass S im Januar 2006 zwei Einkommen (Arbeitsentgelt und Arbeitslosengeld) erhalten habe und daher Leistungen zu Unrecht bezogen worden seien (Schreiben vom 31.3.2006). Hierzu erklärte S, er habe im Januar 2006 keine zwei Einkommen erzielt, sein letzter Verdienst sei am 19.12.2005 ausgezahlt worden. Sodann bewilligte der Beklagte unter Berücksichtigung des Alg I für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis 31.3.2006 SGB II-Leistungen in Höhe von 354,58 Euro, der Klägerin davon in Höhe von 236,19 Euro (Änderungsbescheid vom 31.3.2006). Auf den Fortzahlungsantrag vom 7.4.2006 wurden vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 404,95 Euro (davon für die Klägerin in Höhe von 261,48 Euro) unter Berücksichtigung eines anrechenbaren monatlichen Erwerbseinkommens der Klägerin sowie des Alg I von S festgesetzt (Bescheid vom 24./25.4.2006). Wegen der Anhebung der Regelleistungen ab 1.7.2006 erhöhte der Beklagte die monatlichen Leistungen für die Klägerin auf 274,48 Euro (Änderungsbescheid vom 13.5.2006). Für den weiteren Bewilligungszeitraum vom 1.10.2006 bis 31.3.2007 bewilligte er auf der Grundlage eines Fortzahlungsantrags vom 12.9.2006 weiterhin SGB II-Leistungen unter Anrechnung der Einkünfte (Bescheid vom 14.9.2006).

4

Im Juni 2006 gingen bei dem Beklagten die geforderten Kontoauszüge von S für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.1.2006 ein, nach weiterer Anforderung am 26.9.2006 die Gehaltsabrechnung von S für Dezember 2005. Hieraus ergab sich, dass S neben seinem Lohn für Dezember 2005 in Höhe von 1079,86 Euro auch eine Abfindung in Höhe von 33 406,75 Euro brutto (= 22 758,25 Euro netto) erhalten hatte. Auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 9.1.2007 zu einem unrechtmäßigen Leistungsbezug in Höhe von 4434,09 Euro in der Zeit vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 und einer möglichen Erstattung teilte die Klägerin mit, ihr Lebensgefährte habe seine Unterlagen, auch die Papiere über die Abfindung, persönlich vorgelegt. Die bewilligten Leistungen seien verbraucht.

5

Der Beklagte hob die Entscheidung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X ab dem 1.12.2005 ganz auf und ordnete die sofortige Vollziehung der Erstattung an. Wegen der Einkommensverhältnisse des Lebensgefährten sei die Klägerin nicht hilfebedürftig gewesen, weil im Dezember 2005 das Einkommen von November/Dezember 2005 angerechnet und ab Januar 2006 die Abfindung, aufgeteilt auf 15 Monate in Höhe von monatlich 1517,22 Euro, als Einkommen berücksichtigt werde (Bescheid vom 31.1.2007). Den Widerspruch wies der Beklagte mit der Begründung zurück, dass die Klägerin erst im Juni 2006 durch Vorlage der Kontoauszüge den Erhalt einer Abfindung und das zusätzliche Erwerbseinkommen des Partners im Dezember 2005 angezeigt habe. Wegen dieses Einkommens sei die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 aufzuheben. Es seien Leistungen in Höhe von 4434,09 Euro zu erstatten (Widerspruchsbescheid vom 11.12.2007).

6

Das SG hat den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 aufgehoben (Urteil vom 8.6.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Rücknahme vorlägen, weil der Aufhebungs- und Rückerstattungsbescheid sowohl hinsichtlich des Adressaten als auch inhaltlich zu unbestimmt sei und eine geltungserhaltende Reduktion ausscheide.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hat der Beklagte die von ihm eingelegte Berufung teilweise zurückgenommen, soweit die Erstattungsforderung einen Betrag in Höhe von 2808,27 Euro (Leistungsanteil für S) überschreite und dessen Leistungsanteil geltend gemacht werde. Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit sie sich nicht durch Berufungsrücknahme des Beklagten erledigt hat (Urteil vom 19.9.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage der Aufhebung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 sei § 48 Abs 1 S 1 und 2 SGB X, weil durch die zusätzliche Lohnzahlung für den laufenden Monat und die Abfindungszahlung im Dezember 2005 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei. Die Klägerin und S bildeten eine Bedarfsgemeinschaft. Dessen Einkommen sei daher auch bei dem Leistungsanspruch der Klägerin zu berücksichtigen; dies führe zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit ab 1.12.2005. Das sich aus den Lohnzahlungen für November und Dezember ergebende Einkommen von S übersteige den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft. Ab Januar 2006 sei neben dem Alg I die im Dezember zugeflossene Abfindungszahlung mit einem monatlichen Teilbetrag anzurechnen. Die vom Beklagten vorgenommene Festlegung des Verteilzeitraums auf 15 Monate begegne keinen Bedenken. Der "Aggregatzustand" der nach Antragstellung zugeflossenen Abfindung habe sich nicht dadurch verändert, dass im Zuflussmonat auch ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit entfallen sei. Allein die vorgezogene Auszahlung des Dezemberlohns begründe keine derart geänderten Verhältnisse, die eine "Umwandlung" der einmaligen Einnahme in Vermögen rechtfertigen könne. Eine echte "Überwindung" der Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Erwerbseinkommen liege nicht vor. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ihre Angabe, bereits im Januar 2006 sei eine Mitteilung über die Abfindungszahlung erfolgt, sei nicht nachvollziehbar. Mit der Einreichung von Kontoauszügen des Partners im April 2006 sei durch eine Manipulation der Kontostände offensichtlich versucht worden, den Erhalt der Abfindung zu verschleiern. Erstmals aus den am 1.6.2006 beim Beklagten eingegangenen Kontoauszügen sei die Zahlung der Nettoabfindung in Höhe von 23 838,11 Euro ersichtlich gewesen. Der Vortrag der Klägerin, über die genauen Einnahmen ihres Partners keine Kenntnis gehabt zu haben, widerspreche ihrem erstinstanzlichen Vorbringen zur Mitteilung der Abfindung bereits im Januar 2006. Es habe sich aufgrund ihrer Kenntnis vom Kauf eines neuen Pkw sowie einer neuen Küche Anfang 2006 mit Barzahlung durch ihren Partner aufdrängen müssen, dass dieser über zusätzliche Einnahmen verfügt habe. Rechtsgrundlage der Aufhebung für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.3.2007 sei § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X. Die rechtswidrigen Leistungsbewilligungen für diesen Zeitraum hätten auf Angaben beruht, die die Klägerin mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Der angefochtene Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 werde hinsichtlich der Aufhebung und der Erstattungsforderung dem Bestimmtheitserfordernis wie auch dem Anhörungserfordernis gerecht. Die Revision sei zuzulassen. Klärungsbedürftig sei, ob eine einmalige Einnahme auch dann weiterhin als Einkommen zu berücksichtigen sei, wenn die Hilfebedürftigkeit für einen Monat nur wegen des Zuflusses von zwei Monatsentgelten aus derselben Beschäftigung (und ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme) beseitigt werde.

8

Mit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, nach der Rechtsprechung des BSG werde der Verteilzeitraum dann unterbrochen, wenn für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit - ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme - entfalle (Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R). Ihr Lebensgefährte habe Arbeitsentgelt erhalten, welches die Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat aufgehoben habe, ohne dass die Abfindung dabei eine Rolle gespielt habe. Die Vorhersehbarkeit einer möglichen Hilfebedürftigkeit für den Folgemonat sei keine Voraussetzung für die weitere Behandlung der Abfindung als Einkommen. Entscheidend sei das Zuflussprinzip, welches stringent anzuwenden sei.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 8. Juni 2010 zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er bezieht sich auf die Ausführungen des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie die Aufhebung der laufenden Bewilligung von SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.3.2006 betrifft. Insofern hat das LSG die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu Recht abgewiesen. Wegen der Erstattungsforderung des Beklagten für diesen Zeitraum ist die Revision im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden konnte, in welcher Höhe die Erstattung für diese Zeit rechtmäßig ist. Auch soweit der Beklagte die Bewilligungsbescheide für die weiter streitigen Zeiträume vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 und 1.10.2006 bis 31.3.2007 aufgehoben hat und die Erstattung der SGB II-Leistungen begehrt, ist die Revision im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

13

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007, mit dem der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Klägerin ab 1.12.2005 in vollem Umfang aufgehoben und die Erstattung der ihr vom 1.12.2005 bis 31.3.2007 erbrachten Leistungen verlangt. Durch seine Erklärungen im Berufungsverfahren hat der Beklagte die Berufung gegen das zusprechende Urteil des SG zurückgenommen, soweit der angefochtene Bescheid die Aufhebung und Erstattung des Individualanspruchs von S betrifft (vgl hierzu BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16). Gegen den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Entgegen der Ansicht des LSG enthielt der Ausgangsbescheid vom 31.1.2007 auch bereits eine Erstattungsverfügung und wahrt insgesamt das Bestimmtheitserfordernis. Bezogen auf die Klägerin ist er auch formell rechtmäßig.

14

2. Der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung durch den Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist eine ordnungsgemäße Anhörung vorausgegangen. Nach § 24 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies sind alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, dh auf die sich die Verwaltung auch gestützt hat (BSGE 69, 247 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4 S 9; vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 15, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 9.1.2007 zu dem Einkommenszufluss bei S im Dezember 2005 und zu der beabsichtigten Anrechnung, auch der Abfindung - aufgeteilt auf 15 Monate - für die Zeit ab 1.1.2006, angehört. Er hat ihr vorgehalten, eine Überzahlung verursacht zu haben, indem sie eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in ihren Verhältnissen nicht angezeigt habe. Schließlich umfasste das Anhörungsschreiben vom 9.1.2007 die Erstattungsforderung, indem der Beklagte darauf hinwies, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2007 Alg II in Höhe von 4434,09 Euro zu Unrecht bezogen und diesen Betrag zu erstatten habe. Hiermit eröffnete er in hinreichendem Umfang die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den objektiven und subjektiven Merkmalen der maßgebenden Rechtsgrundlagen für die Aufhebungsentscheidung.

15

3. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt das Bestimmtheitserfordernis nach § 33 Abs 1 SGB X, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz der Entscheidung als auch auf den Adressaten des Verwaltungsaktes (BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - RdNr 18; BSGE 108, 289 ff = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31). Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsaktes, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 16, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 26; BSG SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr 38).

16

Nach diesen Maßstäben geht aus dem angefochtenen Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 hinreichend bestimmt hervor, dass der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen ab 1.12.2005 ausschließlich gegenüber der Klägerin in vollem Umfang aufheben wollte. Dies lässt sich - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - seiner Adressierung, seinem Verfügungssatz sowie seiner Begründung entnehmen. Diese betreffen - ohne Erwähnung der Bedarfsgemeinschaft oder des S - jeweils nur die Klägerin. Der Bestimmtheit eines Aufhebungsbescheides steht insoweit nicht entgegen, dass er nur an ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gerichtet ist, wenn die Auslegung - wie hier - ergibt, dass nur dieses Mitglied in Anspruch genommen werden soll (vgl BSG SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 16 f). Ebenso ist das Maß der Aufhebung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont für die Klägerin erkennbar auf den Zeitraum ab 1.12.2005 und eine Aufhebung sämtlicher Bewilligungen in vollem Umfang festgelegt. Zwar hat der Beklagte in der "Betreff-Zeile" des Bescheides vom 31.1.2007 nur die den jeweiligen Bewilligungsabschnitt insgesamt regelnden Bescheide vom 26.10.2005, 25.4.2006 und 14.9.2006 aufgeführt. Aus dem Inhalt der weiteren Begründung des Bescheides ergibt sich jedoch für den objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die Änderungsbescheide vom 31.3.2006 und 13.5.2006 erfasst sein sollten, die für jeweils kürzere Zeiträume innerhalb der jeweiligen Bewilligungsabschnitte geringfügig höhere Leistungen festlegten. Einer näheren Differenzierung nach Monaten sowie nach dem Umfang der Aufhebung bezüglich der Leistungsarten (Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung) bedurfte es hier wegen der vollumfänglichen Aufhebung nicht, weil für die Klägerin erkennbar war, welche Bezugsmonate von der Aufhebung in vollem Umfang betroffen waren (vgl BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 2 RdNr 16).

17

Der Bescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist auch bezüglich der Erstattungsforderung hinreichend bestimmt. Der Beklagte hat bereits durch die Angabe einer Erstattungsforderung in der "Betreffzeile" des Bescheides vom 31.1.2007 sowie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erstattung eine Regelung iS von § 31 SGB X getroffen. Zwar ist die Höhe der zu erstattenden Beträge nicht bereits in diesem Bescheid, sondern erst im Widerspruchsbescheid genannt. Nach den vom LSG zutreffend gewürdigten Einzelfallumständen ist dies jedoch für die Annahme einer Regelung iS des § 31 SGB X sowie auch für die Bestimmtheit der Erstattungsforderung unschädlich, weil zur Höhe der Erstattungsforderung insbesondere auf den Inhalt des Anhörungsschreibens vom 9.1.2007 und die vorangegangenen Bewilligungsbescheide zurückgegriffen werden konnte.

18

4. a) Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit Bescheid vom 26.10.2005 für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.3.2006 bewilligten Leistungen ist hier § 40 SGB II, § 330 Abs 3 SGB III, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist - ohne Ausübung von Ermessen - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Bezogen auf den Bewilligungsbescheid vom 26.10.2005 ist erst nach dessen Bekanntgabe der Zufluss der doppelten Entgeltzahlung sowie der Abfindung an S erfolgt, sodass unter Berücksichtigung der maßgebenden objektiven tatsächlichen Verhältnisse, die bei Erlass des Bewilligungsbescheides vorgelegen haben (vgl nur BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - juris RdNr 16 mwN), eine wesentliche Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden soll, eingetreten ist. Die wesentliche Änderung lag hier darin, dass die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und damit eine Anspruchsvoraussetzung für die bewilligten SGB II-Leistungen mit dem Zufluss dieser Beträge ab Dezember 2005 bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31.3.2006 entfallen ist (vgl für die Zeit ab 1.4.2006 unter 6).

19

b) Zwar konnte die Klägerin ihren von dem Beklagten zutreffend ermittelten Bedarf nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen decken. Sie gehörte aber im gesamten hier streitigen Zeitraum einer Bedarfsgemeinschaft mit S an. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II(idF des Gesetzes vom 30.7.2004 - BGBl I 2014) als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt. Das LSG hat nach Würdigung der vorliegenden Tatsachen das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft positiv festgestellt. Es hat die erforderlichen Kriterien für das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft überprüft und diese im Ergebnis bejaht, indem es in der Art des Zusammenlebens der Klägerin und S eine Partnerschaft, eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sowie ein gegenseitiges Einstehen bejaht hat. Neben der auch von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellung einer Partnerschaft sah das LSG das erforderliche Einstehen aufgrund der Kontoauszüge des S bestätigt, woraus eine finanzielle Unterstützung der Klägerin ersichtlich war. Ferner wohnten die Klägerin und S seit Oktober 2004 in der gemeinsamen Wohnung (vgl zur auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft zuletzt BSGE 111, 250 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 32). Das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft führt nach § 9 Abs 2 S 1 SGB II dazu, dass bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen sind.

20

Für den Monat Dezember 2005 entfiel die Hilfebedürftigkeit der Klägerin bereits wegen des Zuflusses der Lohnzahlungen an S für November 2005 am 5.12.2005 und für Dezember 2005 am 19.12.2005. Diese stellten Einkommen iS von § 11 SGB II dar, welches als laufende Einnahme gemäß § 2 Abs 2 S 1 Alg II-V für den Monat zu berücksichtigen ist, in dem es zufließt. Bereits das auf den Gesamtbedarf der Klägerin und S anrechenbare Einkommen aus der Lohnzahlung für November 2005 betrug 1104,45 Euro. Auch unter Heranziehung des vom LSG zutreffend ermittelten Gesamtbedarfs von 1095,26 Euro ergibt sich ein Wegfall der Hilfebedürftigkeit der Klägerin in vollem Umfang.

21

c) Auch die weitere vollständige Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 (sowie des Änderungsbescheides vom 31.3.2006) bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts am 31.3.2006 ist rechtmäßig. Die am 19.12.2005 mit einem Nettobetrag in Höhe von 22 758,25 Euro zugeflossene Abfindung ist anrechenbares Einkommen iS von § 11 SGB II. Zu Abfindungszahlungen haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG bereits entschieden, dass für diese vom tatsächlichen Zufluss auszugehen ist und es sich nicht um von der Anrechnung ausgenommene zweckbestimmte Einnahmen nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II handelt(vgl BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr 24, RdNr 15, BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R - juris RdNr 18).

22

d) Der Verteilzeitraum, in dem das Einkommen aus der Abfindung zu berücksichtigen war, erstreckte sich unter voller Anrechnung auf den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG bleibt eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungsabschnitt hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Der Aggregatzustand der Einnahme verändert sich nicht durch eine neue Antragstellung. Das Einkommen mutiert nicht gleichsam zu Vermögen (vgl nur BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 20). Die konkrete Verteilung wird normativ durch § 2 Abs 3 Alg II-V in der Fassung vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) bestimmt. Hiernach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend davon ist nach S 2 der Regelung eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen, dh monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag, anzusetzen (§ 2 Abs 3 S 3 Alg II-V). Als unbestimmter Rechtsbegriff ist der einzelfallbezogen zu bestimmende angemessene Zeitraum der Verteilung ausfüllungsbedürftig und unterliegt uneingeschränkter richterlicher Kontrolle. Zulässige Sachgesichtspunkte, die für die Angemessenheit einer Verteilung, die Belassung eines (geringfügigen) Anspruchs auf SGB II-Leistungen bei der Anrechnung und die zeitliche Dauer des Verteilzeitraums maßgebend sein können, sind die Höhe der einmaligen Einnahme, der mögliche Bewilligungszeitraum sowie der Umstand, ob der Hilfebedürftige durch die Höhe des festgesetzten monatlichen Teilbetrags seinen Krankenversicherungsschutz behalten kann (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 29). Zwar liegt grundsätzlich ein Regelfall mit einem Erfordernis zur Aufteilung nach § 2 Abs 3 S 3 Alg II-V vor, wenn der über den SGB II-Bezug vermittelte Krankenversicherungsschutz bei voller Berücksichtigung der Einnahme für mindestens einen Monat entfallen würde. Sind indes - wie hier - höhere Beträge im Streit, welche die Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft bei prognostischer Betrachtung auf längere Dauer - hier konkret für einen Zeitraum von über einem Jahr - entfallen ließen, ist eine vollständige Anrechnung ohne Belassung von SGB II-Leistungen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Ein solcher Fall liegt hier vor.

23

Allerdings ist der Verteilzeitraum nach der Rechtslage bis zum 31.3.2011 auf ein Jahr, dh hier auf den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006, zu beschränken. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit dem am 1.4.2011 in Kraft getretenen § 11 Abs 3 S 2 SGB II nF(BGBl I 453) den "Verteilzeitraum" zeitlich eindeutig auf einen Zeitraum von sechs Monaten mit einer nachfolgend nur möglichen Berücksichtigung noch vorhandener Beträge als Vermögen eingegrenzt hat (vgl BT-Drucks 17/3404 S 94), können keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32). Zu der bis dahin geltenden Rechtslage hat das BSG eine Verteilung über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinaus im Einzelfall als angemessen angesehen, ist jedoch nicht über den Zeitabschnitt von zwölf Monaten hinausgegangen (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32; sa BVerfG Beschluss vom 7.4.2010 - 1 BvR 688/10). Dies berücksichtigt, dass eine Erstreckung über den im Gesetz angelegten maximalen Bewilligungszeitraum von zwölf Monaten (§ 41 SGB II) hinaus Leistungsbezieher mit hohen einmaligen Einnahmen unbillig lange von der Möglichkeit einer Vermögensbildung ausnehmen würde.

24

e) Die Bestimmung eines Verteilzeitraums und die Anrechnung der einmaligen Einnahme auf denselben entfällt hier auch nicht deshalb, weil die Abfindung in einem Monat zufloss, in dem bereits aufgrund der vorhergehenden Entgeltzahlungen an S die Hilfebedürftigkeit entfallen war. Soweit das LSG auf die Entscheidung des Senats vom 30.9.2008 (B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15) Bezug genommen hat, lag ein (abweichender) Sachverhalt zugrunde, weil sich die für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse erst nach Beginn des Verteilzeitraums durch einen Steuerklassenwechsel mit einem höheren monatlichen Nettoeinkommen sowie Wohngeld verändert haben konnten. Die als mögliche Konsequenz diskutierte Unterbrechung des Verteilzeitraums wegen Überwindung der Hilfebedürftigkeit für einen Monat erfasst die vorliegende Konstellation nicht, weil die Hilfebedürftigkeit der Klägerin und S allein im Dezember 2005, also zeitlich bereits vor dem Beginn des Verteilzeitraums wegen der Abfindung im Januar 2006, unterbrochen war. Unabhängig hiervon liegt auch keine Überwindung der Hilfebedürftigkeit vor. Allein die Tatsache, dass die erhöhte Lohnzahlung für November 2005 aus dem Arbeitsverhältnis als einem Dauerrechtsverhältnis zu einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit nur in diesem Monat führte, begründete keine geänderten Verhältnisse, die eine "Umwandlung" der einmaligen Einnahme in Vermögen zu rechtfertigen vermögen. Es lag keine echte "Überwindung" der Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Erwerbseinkommen vor, weil es sich um ein bloßes Aussetzen der Hilfebedürftigkeit wegen einer höheren Lohnzahlung und einen vom Normalverlauf abweichenden Auszahlungsvorgang ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse handelte.

25

f) Der vollständigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 für den bis zum 31.3.2006 laufenden Bewilligungsabschnitt steht auch nicht entgegen, dass die Abfindungszahlung ausweislich der Feststellungen des LSG "für den Kauf eines neuen Pkw sowie einer neuen Küche Anfang 2006 durch ihren Partner" verwendet worden ist. Nähere Angaben zum Umfang des Verbrauchs der Abfindung und zum Zeitpunkt der Anschaffungen fehlen. Für den Bewilligungsabschnitt bis zum 31.3.2006 ist dies jedoch irrelevant. Die Aufhebung der laufenden Bewilligung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X erfolgt schon deshalb, weil nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 26.10.2005 und während des laufenden Bewilligungsabschnitts Einkommen tatsächlich zugeflossen ist ("erzielt" im Sinne einer wesentlichen Änderung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X), zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stand und daher im Verteilzeitraum zu berücksichtigen war. Bereits hierin lag die wesentliche Änderung, die dazu führte, dass der Beklagte den Bewilligungsbescheid unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen nicht oder nicht wie geschehen hätte erlassen dürfen (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 44). Ein späterer Verbrauch als weiteres Ausgabeverhalten des Hilfebedürftigen während des Verteilzeitraums ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Insofern hat der 14. Senat zu Recht betont, dass bei der Anwendung des § 48 SGB X - wegen Nichtanzeige der zugeflossenen Einnahme - mit Wirkung für die Vergangenheit nicht eine aktuelle Bedarfslage ungedeckt blieb - also eine Hilfebedürftigkeit tatsächlich bestand, sondern erst nach Aufhebung der Bewilligung bezogen auf die Vergangenheit und Rückforderung und daher regelmäßig und auch hier erst künftig eine Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Grundsicherung entstehe(vgl BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 15).

26

5. Ausgehend von einer rechtmäßigen Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 vermochte der Senat anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend zu entscheiden, in welcher Höhe die Erstattungsforderung für diesen Zeitraum rechtmäßig ist. Gemäß § 40 Abs 2 S 1 SGB II in der bis zum 31.3.2006 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) sind - abweichend von § 50 SGB X - 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 S 1 Nr 1 und S 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. S 1 gilt nicht in Fällen des § 45 Abs 2 S 3 SGB X(§ 40 Abs 2 S 2 SGB II). Bis zum 31.3.2006 war eine Rückausnahme von der nur reduziert möglichen Rückforderung von Unterkunftskosten bei einer Aufhebung nach § 48 Abs 1 S 2 SGB X gesetzlich nicht vorgesehen. Eine ohnehin nur in engen Grenzen mögliche analoge Anwendung einer Regelung zum Nachteil von Leistungsberechtigen (vgl BSG Urteil des Senats vom 23.8.2012 - B 4 AS 32/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 61 RdNr 24 mwN) scheidet schon deshalb aus, weil die Bezugnahme auf § 48 Abs 1 S 2 SGB X aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom 15.10.2003 (vgl BT-Drucks 15/1728 S 190; BT-Drucks 15/1749 S 33) aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Drucks 15/1516 = BT-Drucks 15/1638 S 18) gestrichen worden ist (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 40 RdNr 723, Stand 6/2012).

27

Für den Aufhebungszeitraum vom 1.12.2005 bis 31.3.2006 ist die Erstattungsforderung daher um den in § 40 Abs 2 S 1 SGB II genannten Anteil zu reduzieren. Insofern sind noch Feststellungen des LSG zu den in den aufgehobenen Bewilligungsbescheiden vom 26.10.2005 und 31.3.2006 berücksichtigten (nicht den tatsächlichen) Unterkunftsbedarfen (Aubel in jurisPK-SGB II, § 40 RdNr 135, Stand 12/2012) sowie zur Höhe der für die Heizungs- und Warmwasserversorgung angesetzten Kosten erforderlich.

28

6. a) Soweit die Aufhebung der Bewilligungsbescheide und die Erstattung für die weiter streitigen Bewilligungsabschnitte vom 1.4.2006 bis 30.9.2006 und 1.10.2006 bis 31.3.2007 betroffen ist, ist die Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

29

Grundlage für die Rücknahme dieser Bescheide ist § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 2 SGB III iVm § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X. Wegen der für einen angemessenen Verteilzeitraum zu berücksichtigenden einmaligen Einnahme aus der Abfindungszahlung können diese Bescheide nur von Beginn an rechtswidrig sein. Einer Rücknahme nach § 45 SGB X steht nicht schon entgegen, dass der Beklagte den Bescheid vom 31.1.2007 auf § 48 SGB X gestützt hat. Da der angefochtene Bescheid in seinem Verfügungssatz nicht geändert worden ist und die Rücknahme nur mit einer anderen Rechtsgrundlage begründet wird, sind die Voraussetzungen einer Umdeutung nach § 43 SGB X hier nicht zu prüfen(vgl BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 42 S 138; BSG SozR 3-1300 § 24 Nr 21 S 61). Ein Austausch der Rechtsgrundlage aus dem Bescheid des Beklagten vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 ist möglich, weil nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - wegen § 330 Abs 2 SGB III - gleichfalls ohne Ermessensausübung - mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dies ist hier der Fall (vgl hierzu unter d).

30

b) Bezogen auf eine Rücknahme nach § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB X fehlt es aber an tatsächlichen Feststellungen dazu, ob die mit dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2007 aufgehobenen Bewilligungsbescheide vom 24./25.4.2006 und 13.5.2006 (Bewilligungsabschnitt vom 1.4.2006 bis 30.9.2006) und vom 14.9.2006 (Bewilligungsabschnitt vom 1.10.2006 bis 31.3.2007) objektiv anfänglich rechtswidrig iS des § 45 SGB X waren. Dies war der Fall, wenn der Klägerin Leistungen bewilligt worden sind, obwohl sie aufgrund der Abfindungszahlung über noch ausreichend bedarfsdeckendes Einkommen verfügte, also nicht hilfebedürftig war. Zwar spricht hierfür die normative Verteilregelung des § 2 Abs 3 S 3 Alg II-V, die grundsätzlich vorsieht, dass eine einmalige Einnahme - unabhängig vom Ablauf eines Bewilligungsabschnitts und einer erneuten Antragstellung über den angemessenen Zeitraum von zwölf Monaten als oberste Grenze - zu verteilen und weiterhin zu berücksichtigen ist.

31

Aufgrund der rechtlichen Ausgangslage bei § 45 SGB X ist jedoch zu prüfen, ob die von der Klägerin bei den erneuten Antragstellungen am 7.4.2006 und 12.9.2006 angegebene Hilfebedürftigkeit wegen des Nichtvorhandenseins von Mitteln zur Deckung des Lebensunterhalts dennoch tatsächlich gegeben war, weil hier ein (zwischenzeitlicher) Verbrauch der zugeflossenen Mittel geltend gemacht wird. Waren die Mittel aus der Abfindung tatsächlich und unwiederbringlich verbraucht, standen "bereite Mittel" also bei den erneuten Bewilligungen tatsächlich - auch nicht als Restbeträge - zur Verfügung, erweisen sich diese nicht als anfänglich rechtswidrig iS von § 45 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X. Insofern haben die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der nur normativen und als Berechnungsgrundlage zu verstehenden Regelung des § 2 Abs 3 Alg II-V den Vorrang(Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, RdNr 9 zu § 11; aA LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.4.2010 - L 3 AS 79/08 - und LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 15.4.2011 - L 13 AS 333/10 - RdNr 34 f; vgl hierzu auch BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 16 f mit Verweis auf § 34 SGB II). Ist nach weiteren Feststellungen des LSG eine anfängliche Rechtswidrigkeit der bezeichneten Bewilligungsbescheide zu bejahen, ist weiter zu prüfen, ob - nach Ablauf des zwölfmonatigen Verteilzeitraums zum 31.12.2006 - ein ggf noch vorhandener Betrag aus der Abfindung als zu berücksichtigendes Vermögen die Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligung auch für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.3.2007 rechtfertigen konnte. Auch insofern müssten allerdings die formellen Voraussetzungen (§ 24 SGB X) zu bejahen sein.

32

c) Das LSG wird also zu prüfen haben, ob, in welcher Höhe und wann die Abfindungszahlung für die Anschaffung eines Pkw sowie einer Küche bereits Anfang 2006 verwendet und daher (auch) etwaige Restbeträge aus der Abfindung bei der Antragstellung und Bewilligung im April 2006 bzw September 2006 nicht mehr vorhanden waren und auch nicht realisiert werden konnten. Insofern liegt die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer anfänglichen Rechtswidrigkeit - nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts - zwar grundsätzlich bei der Behörde. Es dürfte aber eine Beweislastumkehr zu erwägen sein. Diese hat das BSG zB für tatsächliche Fallgestaltungen anerkannt, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl insgesamt BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; auch BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5). Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben dies vor allem bei unterlassenen Angaben zu Vermögenswerten bei der Antragstellung angenommen (BSGE 96, 238, 245 f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 10/06 R).

33

d) Kommt das LSG nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine anfängliche Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Bewilligungsbescheide vorlag, wird es davon ausgehen können, dass diese auf Angaben beruhte, die die Klägerin als Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dem gleichzustellen ist eine vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassene Mitteilung von wesentlichen Änderungen in den Verhältnissen, welche kausal zu der Leistungsbewilligung geführt hat (vgl zuletzt Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 13 RdNr 22, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

34

Auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, dass weder die Klägerin noch S die Zahlung der Abfindung vor Erlass der Bewilligungsbescheide vom 24./25.4.2006 und 14.9.2006 mitgeteilt haben. Hierzu wären sie jedoch verpflichtet gewesen, weil die Zahlung der Abfindung erkennbar eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen bewirkt hat. Das LSG hat zutreffend erst die Vorlage der Lohn- und Gehaltsabrechnung zum 26.9.2006 als maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Beklagten hinsichtlich der einmaligen Einnahme in Form der Abfindung angesehen. Vor diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte nur bruchstückhafte Informationen über einen generellen Geldzufluss erhalten, ohne dass sich aus diesen die Zahlung einer einmaligen Einnahme hat erkennen lassen. Der Klägerin ist schließlich zumindest der Schuldvorwurf eines grob fahrlässigen Handelns zu machen. Den Antragsunterlagen zum Bewilligungsabschnitt ab dem 1.4.2006 waren die - vom LSG als manipuliert bewerteten - Kontoauszüge von S ua für den Monat Dezember 2005 beigefügt, die einen unzutreffenden Kontostand in Höhe von nur 959,73 Euro anstatt von 6959,73 Euro enthielten. Die unrichtige Angabe wirkte sich sowohl auf den Bewilligungsbescheid vom 24./25.4.2006 als auch auf denjenigen vom 14.9.2006 aus, weil die Angabe aus April 2006 bis zur Vorlage der Lohn- und Gehaltsabrechnung am 26.9.2006 "fortwirkte".

35

7. Die Höhe der Erstattungsforderung ist von der weiteren Sachaufklärung des LSG zur Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung abhängig. Das LSG hat zu Recht die bereits mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 13.9.2006 für Juni bis September 2006 zurückgeforderten Leistungen in Höhe von 62,80 Euro berücksichtigt. Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008.

2

Die im Jahre 1980 geborene Klägerin durchlief bis 10.1.2006 eine Ausbildung zur Köchin und bewohnte während dieser Zeit eine 25,8 qm große Einzimmerwohnung in D (monatliche Grundmiete in Höhe von 118 Euro zuzüglich einer Vorauszahlung für Betriebs-, Heiz- und Warmwasserbereitungskosten). Nach Beendigung ihrer Ausbildung bezog sie Alg, zuletzt bis zum 26.1.2007 in Höhe von 7,68 Euro täglich. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daneben bzw im Anschluss ab dem 11.1.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt bis August 2007 in Höhe von 521,54 Euro.

3

Während des Leistungsbezugs nach dem SGB II schloss die Klägerin am 24.4.2007 einen vom 1.5.2007 bis 30.9.2007 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Köchin in dem von ihrer Wohnung elf Kilometer entfernt liegenden A Die erste Lohnzahlung in Höhe von 1200 Euro brutto (892,32 Euro netto) erhielt sie am 10.6.2007. Auf Grund einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 13.6.2007 war die Klägerin in der Zeit vom 16.6.2007 bis 30.9.2007 nur noch als Beiköchin mit einem monatlichen Bruttolohn von 1000 Euro beschäftigt. Für Juni 2007 erhielt sie einen Bruttolohn in Höhe von 1104,74 Euro (836,09 Euro netto) und für Juli 2007 in Höhe von 1000 Euro brutto (771,59 Euro netto), fällig jeweils am 10. des Folgemonats. Die Beklagte hob die laufende Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung zum 1.6.2007 auf (Bescheid vom 9.5.2007).

4

Nach einer Wohnungsbesichtigung (6.6.2007) vereinbarte die Klägerin am 29.6.2007 mit Wirkung zum 1.10.2007 mit der A AG einen Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 39,96 qm und einer Warmmiete von 326 Euro monatlich (Grundmiete in Höhe von 216 Euro, Heizungs- und Warmwasserbereitungskostenvorauszahlung in Höhe von 60 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro). Am 21.9.2007 zog sie in die neue Wohnung um.

5

Den wegen der Änderung ihres Arbeitsvertrags bereits zuvor gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 lehnte die Beklagte für die Zeit vom 19. bis 30.6.2007 ab, bewilligte ihr aber als KdU für den Monat Juli 2007 55,12 Euro und für August bis Oktober 2007 jeweils 109,15 Euro monatlich (Bescheide vom 11.7.2007). Nach Beendigung der Beschäftigung bewilligte die Beklagte für Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 113,15 Euro und für die Zeit vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 in Höhe von 523,54 Euro monatlich. Der Berechnung der KdU legte die Beklagte jeweils die tatsächlichen Aufwendungen für die ehemalige Wohnung der Klägerin in D in Höhe von 176,54 Euro monatlich zu Grunde (Bescheide vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2008).

6

Das SG Stralsund hat die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008 verurteilt, "der Klägerin für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten in Höhe monatlich von 326 Euro zu bewilligen" (Urteil des SG vom 10.2.2009). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 3.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte dürfe die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten nicht auf die Aufwendungen für die vorherige Wohnung der Klägerin in D beschränken. Die Höhe der Mietkosten für die Wohnung in A seien angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Dem stehe nicht entgegen, dass es an der Einholung einer Zusicherung vor Abschluss des neuen Mietvertrags gemangelt habe, weil diese keine Voraussetzung für die Übernahme höherer angemessener KdU sei. Andererseits schließe das Fehlen einer Zusicherung als solcher auch eine Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht aus. Einer Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II stehe jedoch die fehlende Hilfebedürftigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des neuen Mietvertrages im Juni 2007 entgegen. Da die Leistungen nach dem SGB II nur bei Hilfebedürftigkeit gewährt würden, setze auch § 22 Abs 1 und 2 SGB II eine solche grundsätzlich voraus. Durch den Abschluss des Mietvertrags sei die Klägerin schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen. Der "Umzug" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei grundsätzlich mit Abschluss des Mietvertrages ins Werk gesetzt worden, weil sie hierdurch "ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt" gewesen sei. Nicht entscheidend sei, dass die Klägerin sowohl zum Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns am 1.10.2007 als auch bei ihrem tatsächlichen Umzug am 21.9.2007 im Leistungsbezug gestanden habe. Dies eröffne keinen Raum für die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. In § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II erkenne der Gesetzgeber an, dass es auf den "Abschluss des Vertrags" ankomme.

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Der Gesetzgeber gehe in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II explizit von einem "Umzug", nicht - wie in § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II - vom "Abschluss eines Vertrags" aus. Damit habe er eine andere zeitliche Anknüpfung gewählt. Zudem sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der jetzigen Fassung zu einer Zeit eingefügt worden, als § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II bereits existiert habe. Die unterschiedliche zeitliche Anknüpfung rechtfertige sich daraus, dass das SGB II grundsätzlich eine nur vorübergehende Hilfebedürftigkeit unterstelle. Bei Abschluss des Mietvertrages könne in vielen Fällen noch nicht abgeschätzt werden, ob bei dem tatsächlichen Umzug Hilfebedürftigkeit (noch) vorliege oder nicht. Vereinbare jemand den Mietvertrag zu einer Zeit, in welcher er nicht in den Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II falle, sei es grundsätzlich nicht unbillig, auf den Zeitpunkt des Umzugs abzustellen. Der Betroffene müsse sich darüber im Klaren sein, wie er seine Verpflichtungen erfüllen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - bei Vertragsabschluss bereits "subjektive Hilfebedürftigkeit" gegeben bzw für die Zeit des tatsächlichen Umzugs bereits objektive Hilfebedürftigkeit abzusehen gewesen sei. Mit ihrer Antragstellung am 19.6.2007 habe die Klägerin dokumentiert, dass sie selbst von einer Hilfebedürftigkeit ausgegangen sei.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenbug-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 10. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Die Klägerin führt aus, das Verhältnis von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei so zu verstehen, dass § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II die Voraussetzungen normiere, unter denen es möglich sei, umzugsbedingte höhere KdU zu beanspruchen. Beide Vorschriften müssten im Zusammenhang gesehen werden, wobei es entscheidend auf den Vertragsschluss ankomme. Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung in eine subjektive und eine objektive Hilfebedürftigkeit sei nicht überzeugend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008. Zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nicht ein(siehe nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30). Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf Leistungen für KdU beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R, RdNr 18; BSG Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7, RdNr 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine solche handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19 ff; siehe auch BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/0AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9, RdNr 13).

13

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung in A Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Eine Begrenzung der von der Beklagten zu erbringenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf die (niedrigeren) Mietkosten für die bisherige Wohnung in D folgt weder aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (3.) noch aus § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (4.).

14

3.a) Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der KdU nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen nicht vor, weil die Klägerin zwar bei ihrem Umzug, nicht jedoch bei Eingehen des Mietverhältnisses hilfebedürftig war. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung ab dem 1.8.2006 bestimmt: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann dahinstehen, ob ein Umzug der Klägerin innerhalb des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG stattfand (zu diesem Erfordernis für die Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vgl BSG Urteil vom 1.6.2010, B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zur Übertragbarkeit der vom BSG entwickelten Konkretisierungen zum räumlichen Vergleichsmaßstab auf ländliche Gebiete siehe Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven in DGST, Praktikerleitfäden, 2010, S 86) und ob der konkrete Umzug der Klägerin von D nach A iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erforderlich war. Die Vorschrift kommt jedenfalls nur dann zur Anwendung, wenn eine Hilfebedürftigkeit desjenigen gegeben ist, der die Übernahme höherer als der bisherigen Unterkunftskosten begehrt. Dies folgt daraus, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 5 Abs 2 Satz 1 SGB II) iS einer Leistungsberechtigung nur bei Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II besteht(BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30). Auch soweit Leistungseinschränkungen oder die Beachtung von besonderen Obliegenheiten durch den Hilfebedürftigen betroffen sind (vgl § 31 SGB II), verknüpft das SGB II dies mit dem Bestehen von Hilfebedürftigkeit iS des SGB II. Diese Grundsätze sind daher auch im Rahmen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anwendbar. An einer Hilfebedürftigkeit im maßgeblichen Zeitraum des Eingehens des Mietverhältnisses mangelt es jedoch vorliegend.

15

Aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könnte zwar - entsprechend dem Vorbringen der Beklagten - geschlossen werden, dass es auf das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit (nur) zum eigentlichen Zeitpunkt des Umzugs ankommt (b). Der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II (c) und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (e) sowie der Sinn und Zweck der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (d) belegen jedoch, dass der Begriff des "Umzugs" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in einem weiteren Sinne zu verstehen ist und entscheidend auf den Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), war die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unter Berücksichtigung ihres bereinigten Einkommens jedoch nicht hilfebedürftig.

16

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II knüpft die Übernahme von KdU in Höhe der bisher zu tragenden tatsächlichen Aufwendungen zunächst daran, dass sich die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen. Besteht im eigentlichen Umzugszeitpunkt objektiv keine Hilfebedürftigkeit, darf eine Begrenzung der Kostenübernahme nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bei einer später entstehenden Hilfebedürftigkeit nicht erfolgen(vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009; Berlit in LPK SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 51). In diesen Fallgestaltungen wird typisierend davon ausgegangen, dass der Hilfebedürftige die Mietaufwendungen aus eigenen Mitteln tragen kann. Darüber hinaus bringt der Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aber auch ein allgemeines Kausalitätserfordernis zwischen einem Umzug und einem Anstieg der Unterkunftskosten zum Ausdruck. Dies spricht dafür, unter dem Begriff des "Umzugs" neben dem eigentlichen Umzug auch die dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen zu verstehen. Der tatsächliche Akt des Umzugs allein führt in der Regel nicht zu höheren Mietaufwendungen. Die Höhe der Mietzahlungen ist vielmehr abhängig von der durch den Mietvertrag begründeten Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses. Allerdings fallen der Abschluss des Mietvertrags und der Umzug bzw der Beginn des Mietverhältnisses in den seltensten Fällen zusammen. Besteht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit, ist darauf abzustellen, ob Hilfebedürftigkeit auch bei Begründung der rechtlichen Verpflichtung zur Erbringung von ggf höheren als der bisherigen Aufwendungen vorlag.

17

c) Für dieses Ergebnis spricht in zweierlei Hinsicht auch der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Auch hier wird auf den Abschluss des Mietvertrags abgestellt; die Zusicherung soll vor seinem Abschluss eingeholt werden. Der Verknüpfung beider Vorschriften kann nicht entgegengehalten werden, dass das Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II keine (weitere) Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme höherer Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 27). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sind höhere KdU vielmehr schon dann zu tragen, wenn - objektiv - auch die künftigen höheren KdU gleichfalls angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind und es sich um einen erforderlichen Umzug handelt. § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II kommt aber die Funktion zu, vor einem Umzug zu klären, ob die höheren KdU übernommen werden(Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.8 RdNr 57a, Stand September 2007; vgl auch BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29). Die Regelung dient damit zugleich jedoch auch dem Schutz des Hilfebedürftigen vor den weitreichenden Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, die in der nur gekürzten Übernahme der tatsächlich angemessenen KdU ohne Übergangsfrist bestehen.

18

Die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung trifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aber nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die die Unterkunft wechseln wollen(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 27.2.2009 - L 12 AS 3990/08 - juris RdNr 19; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 62). Insofern hat der Gesetzgeber mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II gerade keine Obliegenheit vor dem tatsächlichen Eintritt der Hilfebedürftigkeit, etwa bereits mit Antragstellung(vgl hierzu §§ 60 ff SGB I) oder einem anderen tatsächlichen Ereignis (vgl etwa § 37 SGB III), geschaffen, sondern die Verpflichtung zur Einholung einer Zusicherung mit dem Status eines "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen" verbunden (vgl auch zur allgemeinen Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Schaffung von Verpflichtungen vor Eintritt des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, S 91 ff). Diese zeitliche Abgrenzung vermeidet zugleich Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich ein potentiell Leistungsberechtigter bei einem Wohnungswechsel mit dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ins Benehmen setzen muss.

19

d) Der zuvor dargelegte Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II zeigt, dass auch die Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur den bei Eingehens des Mietverhältnisses bereits Hilfebedürftigen treffen sollen. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/1410 S 23) sollten die KdU auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, wenn Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Entsprechend ist der Senat davon ausgegangen, dass mit der Regelung dem Leistungsmissbrauch eine Grenze gesetzt und Kostensteigerungen für Leistungen der KdU innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden sollte (vgl hierzu näher BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Missbrauchs- und Steuerungsgedanke greift jedoch nur, wenn der Grundsicherungsträger auch steuernd über die Möglichkeit eines Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II tätig werden kann. Die Obliegenheit des Hilfebedürftigen zur Einholung einer Zusicherung und die hiermit korrespondierende Zusicherungsverpflichtung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzen jedoch eine Hilfebedürftigkeit bereits bei Eingehen des Mietverhältnisses voraus.

20

e) Auch nach dem systematischen Zusammenhang zwischen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ist auf das Bestehen von Hilfebedürftigkeit zum Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen, wenn nicht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit bereits entfallen war. Sowohl nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II als auch nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernimmt der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Aufwendungen für KdU nur eingeschränkt. Während § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II mit seiner ihm gleichwohl innewohnenden Schutzfunktion(vgl hierzu BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) die Tragung der die angemessenen Aufwendungen übersteigenden KdU im Sinne eines flexiblen, von Zumutbarkeitserwägungen abhängigen Verfahrens regelt, enthält § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen solchen befristeten und differenzierten Bestandsschutz, obwohl es sich auch bei den höheren Kosten noch um angemessene Aufwendungen handeln muss. Vom Regelungs- und Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II erfasst sind grundsätzlich solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wohnen bzw deren Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - zB durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 23).

21

Der Senat hat bereits entschieden, dass die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II auch Anwendung findet, wenn ein Leistungsberechtigter kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine Wohnung anmietet, deren Kosten unangemessen hoch sind. Auch dann setzt eine Begrenzung der Leistungserbringung auf die angemessenen Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II regelmäßig voraus, dass eine Aufforderung zur Kostensenkung vorliegt, die dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus der Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft verschafft(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 17 mwN). Nur für den Ausnahmefall, dass jemand bösgläubig, also zurechenbar sowohl in Kenntnis des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezugs als auch unangemessener tatsächlicher KdU einen Mietvertrag über eine "Luxuswohnung" abschließt, brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom Grundsicherungsträger übernommen zu werden (BSG aaO, RdNr 17). Einen geringeren "Bestandsschutz" braucht ein erst zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) Hilfebedürftiger, der - ohne hilfebedürftig zu sein (siehe hierzu näher 3f) -, eine neue Wohnung anmietet, die zwar teurer als die alte ist, sich aber ggf noch im Bereich der Angemessenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hält, nicht hinzunehmen. Erweist sich die Wohnung bei Wiedereintritt der Hilfebedürftigkeit nach näherer Prüfung durch den Grundsicherungsträger als nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, bleibt es für eine Begrenzung der Übernahme der KdU durch den Grundsicherungsträger bei dem Erfordernis der Kostensenkungsaufforderung bzw anderweitiger Kenntnis des Hilfebedürftigen von der Unangemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im maßgeblichen Vergleichsraum.

22

f) Zwar ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie den neuen Mietvertrag nur wenige Tage nach ihrem erneuten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 unterschrieben hat und die (subjektive) Erwartung haben konnte, dass sie nach Änderung des Arbeitsvertrags (erneut) hilfebedürftig werden würde. Rechtliche Konsequenzen hat dies jedoch nicht, weil bei der Klägerin nicht - wie dies allerdings ansonsten zumeist der Fall sein dürfte - bereits mit Antragstellung auch eine Hilfebedürftigkeit vorlag. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 37 SGB II) ist insoweit ein leistungskonstituierender Akt, dem (nur) die Bedeutung zukommt, dass Leistungen (frühestens) ab Antragstellung zustehen, soweit die Leistungsvoraussetzungen zum Antragszeitpunkt gegeben sind (BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BT-Drucks 15/1516 S 62). Nur mit dem tatsächlichen Eintritt von Hilfebedürftigkeit, nicht bereits mit der (subjektiven) Erwartung einer Leistungsberechtigung oder einer Antragstellung hat der Gesetzgeber die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II und damit die Möglichkeit einer Kürzung der tatsächlichen KdU auf die bisherigen KdU iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbunden. Die Klägerin konnte jedoch im Monat der Eingehung des neuen Mietverhältnisses (Juni 2007) ihren gesamten Lebensunterhalt tatsächlich aus eigenem Einkommen bestreiten. Nur hierauf kommt es an. Insofern hat der Senat bereits zur zeitlichen Dauer der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen ("Verteilzeitraum") entschieden, dass es bei einer die Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat bewirkenden Änderung nicht mehr gerechtfertigt ist, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 31). Es handele sich um einen Zufluss vor erneuter - vergleichbar der ersten - Antragstellung und dem "Wiedereintritt" von Hilfebedürftigkeit (BSGE aaO). Entsprechend ist auch der SGB II-Leistungsempfänger, der seine Hilfebedürftigkeit für einen Monat (zB durch Erwerbstätigkeit) überwunden hat, hinsichtlich der Übernahme angemessener KdU nach der Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht anders als derjenige zu behandeln, der erstmalig hilfebedürftig wird(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009).

23

4. Scheidet die Anwendbarkeit der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mithin aus, sind die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung in dem hier streitigen Zeitraum zu übernehmen. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abstellt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit im Grundsatz die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Aussage des LSG zur Angemessenheit der Kosten der von der Klägerin neu angemieteten Wohnung ausreichende tatsächliche Feststellungen zu Grunde liegen (vgl zB BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 19). Eine Absenkung der tatsächlichen Kosten für KdU auf angemessene Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist jedenfalls schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II trifft.

24

Nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (vgl hierzu im Einzelnen BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28). Der Klägerin fehlte es im streitigen Zeitraum jedenfalls an der subjektiven Möglichkeit der Kostensenkung iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden ist, dass die Kosten der von ihr angemieteten Wohnung in A unangemessen hoch sind und welche Mietkosten angemessen sind.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 wird geändert und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 werden insgesamt zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind für alle Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Strittig ist nur noch für Januar 2007 die Höhe des vom beklagten Jobcenter den Klägern zu zahlenden Arbeitslosengeldes II (Alg II) im Hinblick auf die Berücksichtigung von Zahlungen des Klägers zu 2 auf Unterhaltsrückstände als Absetzbetrag von seinem Erwerbseinkommen.

2

Die Klägerin zu 1, geboren im Jahr 1973, und der Kläger zu 2, geboren im Jahr 1966, lebten zusammen in einem Haushalt mit den Kindern der Klägerin Lisa, geboren am 28.9.1992, und Laura, geboren am 1.8.1996. Beide Kinder erhielten jeweils monatlich 257 Euro Unterhalt und 154 Euro Kindergeld. Monatlich waren für die Unterkunft zu zahlen 287,68 Euro Grundmiete, 100,84 Euro Betriebskosten sowie 93,12 Euro Heizkosten - ohne Warmwasserbereitung. Der Kläger hatte monatlich ein Erwerbseinkommen von 960 Euro brutto und 746,90 Euro netto sowie Ausgaben für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von 21,05 Euro und Fahrkosten von 64,60 Euro. Außerdem leistete er monatlich Zahlungen auf einen Unterhaltstitel in Höhe von 269 Euro in dieser Höhe sowie weitere 150 Euro auf Rückstände von ebenfalls titulierten Unterhaltsforderungen ihm gegenüber aus der Vergangenheit.

3

Der Beklagte bewilligte den Klägern für Januar 2007 insgesamt 690,67 Euro Alg II (für die Klägerin 339,75 Euro, für den Kläger 350,92 Euro) und berücksichtigte dabei die Regelleistungen, jeweils ein Viertel der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sowie Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung (für die Klägerin: 35,79 Euro, für den Kläger: 51,13 Euro; Bewilligungsbescheid vom 11.1.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.4.2007; Widerspruchsbescheid vom 24.4.2007).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die auf höheres Alg II gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.4.2009). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufungen der Kläger den Beklagten verurteilt, für Januar bis September 2007 weiteres Alg II, davon für Januar 2007 an die Klägerin weitere 59,98 Euro und den Kläger weitere 48,81 Euro, zu zahlen, und ihre weitergehenden Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 7.12.2011). Zur Begründung hat es neben der rechnerischen Herleitung der Beträge als für das Ergebnis entscheidend ausgeführt, dass die Zahlungen des Klägers auf die Unterhaltsrückstände als Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch in der damaligen Fassung (SGB II aF) zu berücksichtigen seien, weil nach dem Wortlaut der Vorschrift die Absetzung nicht auf die laufenden Unterhaltszahlungen begrenzt sei, der Sinn der Regelung ebenfalls für diese Auslegung spreche und die Zahlungen auch nicht mit einer freiwilligen Schuldentilgung vergleichbar seien.

5

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung des § 11 Abs 2 SGB II aF, weil es sich bei der Zahlung auf Unterhaltsrückstände um die Tilgung von Schulden handeln würde, nicht aber um laufende Unterhaltszahlungen.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 zu ändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 insgesamt zurückzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben auf Vorschlag des Senats sich hinsichtlich der im Revisionsverfahren ursprünglich ebenfalls umstrittenen Monate Februar bis September 2007 dem Ausgang des Verfahrens hinsichtlich des Monats Januar 2007 unterworfen sowie einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das Urteil des LSG vom 7.12.2011 ist zu ändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG vom 8.4.2009 sind insgesamt zurückzuweisen. Denn weder die Klägerin noch der Kläger haben für Januar 2007 einen Anspruch auf höheres Alg II als ihnen der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden in Höhe von 339,75 Euro für die Klägerin und von 350,92 Euro für den Kläger bewilligt hat.

10

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die aufgrund des Teilvergleichs zwischen den Beteiligten auf den Monat Januar 2007 beschränkte Überprüfung der Verurteilung des Beklagten durch das LSG zur Zahlung von weiteren 59,98 Euro an die Klägerin und weiteren 48,81 Euro an den Kläger, einschließlich der entsprechenden Änderungen des Urteils des SG und der Bescheide des Beklagten. Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, insbesondere ist die Revision des Beklagten zulässig, ebenso die Klagen und Berufungen der Kläger. Aufgrund des von allen Beteiligten erklärten Einverständnisses kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

11

Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und vom LSG zugesprochenen Anspruch auf höhere Leistungen sind §§ 19 ff iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3376, im Folgenden: SGB II aF). Denn in Rechtstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden. Die Grundvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, werden von den Klägern erfüllt, ebenso wenig liegt ein Ausschlusstatbestand(vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II) vor. Strittig ist nur das Ausmaß ihrer Hilfebedürftigkeit und damit die Höhe ihrer Ansprüche auf Alg II.

12

Die Kläger haben keine höheren Ansprüche auf Alg II als die ihnen vom Beklagten bewilligten 339,75 Euro für die Klägerin und 350,92 Euro für den Kläger, weil sie nur jeweils einen Anspruch auf 326,04 Euro haben, wie sich aus der Verteilung nach § 9 Abs 2 SGB II(dazu 4.) ihres zu berücksichtigenden Einkommens von insgesamt 214,51 Euro (dazu 3.) auf ihren jeweiligen Bedarf von 431,41 Euro (dazu 2.) und den ihrer Bedarfsgemeinschaft angehörenden Tochter Lisa in Höhe von 15,41 Euro (dazu 1.) ergibt. Ob sie zu berücksichtigendes Vermögen nach § 12 SGB II haben, kann angesichts dessen dahingestellt bleiben.

13

1. Die Klägerin und der Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft, weil sie, wie dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen entnommen werden kann, in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zusammenleben (vgl § 7 Abs 3 Nr 1, 3 SGB II aF).

14

Die Tochter Laura der Klägerin ist nicht Mitglied dieser Bedarfsgemeinschaft, weil sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen decken kann (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Denn ihr Bedarf aus 207 Euro Regelleistung plus anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 120,41 Euro (287,68 Euro Grundmiete plus 100,84 Euro Betriebskosten plus 93,12 Euro Heizkosten - ohne Warmwasserbereitung - ergibt 481,64 Euro, dividiert nach dem Kopfteilprinzip durch vier) liegt unter ihrem zu berücksichtigenden Einkommen von 381 Euro, berechnet aus den 257 Euro Unterhalt plus 154 Euro Kindergeld, bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622, im Folgenden: Alg II-V 2004), sodass sogar ein Kindergeldüberhang von 53,59 Euro verbleibt.

15

Die Tochter Lisa der Klägerin ist hingegen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Kläger, weil sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen nicht decken kann (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Denn ihr Bedarf aus 276 Euro Regelleistung plus anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 120,41 Euro liegt über ihrem zu berücksichtigenden Einkommen von 381 Euro, berechnet aus den 257 Euro Unterhalt plus 154 Euro Kindergeld, bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Alg II-V 2004(BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 20 ff), sodass eine Deckungslücke von 15,41 Euro verbleibt.

16

2. Der Bedarf der Kläger errechnet sich mit jeweils 431,41 Euro, bestehend aus 311 Euro Regelleistung nach § 20 Abs 3 SGB II aF und 120,41 Euro anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Einen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II haben sie jeweils nicht, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat.

17

Denn die den Klägern vom Beklagten gewährten Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II sind Teil des vorliegend umstrittenen Alg II(vgl nur Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache B 14 AS 65/12 R mwN). Ein Anspruch auf einen solchen Mehrbedarf ist für die Kläger zu verneinen, da die bei ihnen bestehenden Erkrankungen Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus Typ I als Ernährung Vollkost bedingen und der Kostenaufwand für diese mit dem in der Regelleistung enthaltenen Ernährungsanteil zu decken ist (vgl die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge von 2008 und die entsprechenden Ausführungen im zuvor genannten Urteil des Senats). Besondere Umstände des Einzelfalles, die eine andere Bewertung nach sich ziehen könnten, sind vom LSG nicht festgestellt worden; von den Beteiligten sind keine dahingehenden Rügen erhoben worden.

18

3. Bei den Klägern ist ein Einkommen von insgesamt 214,51 Euro zu berücksichtigen.

19

Das Einkommen der Klägerin von 23,59 Euro ergibt sich aus dem Kindergeldüberhang ihrer Tochter Laura in Höhe von 53,59 Euro (vgl § 11 Abs 1 Satz 1, 3 SGB II aF), bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Alg II-V 2004.

20

Beim Kläger ist ein Erwerbseinkommen von 190,92 Euro zu berücksichtigen. Dieser Betrag ergibt sich ausgehend von seinem Nettoeinkommen von 746,90 Euro, wenn es um die einkommensbezogenen Absetzbeträge von insgesamt 286,98 Euro (dazu a) und die Zahlung auf den titulierten laufenden Unterhalt (dazu b) bereinigt wird (746,90 - 286,98 - 269 = 190,92 Euro). Seine Zahlung auf die Unterhaltsrückstände ist jedoch - entgegen dem Urteil des LSG - nicht von seinem Erwerbseinkommen abzusetzen (dazu c). Dem steht die Rechtsprechung zu den "bereiten Mitteln" nicht entgegen (dazu d).

21

a) Die einkommensbezogenen Absetzbeträge des Klägers errechnen sich ausgehend von seinem Nettoeinkommen von 746,90 Euro mit insgesamt 286,98 Euro wie folgt: Anstelle des Grundfreibetrags nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF ist ein Freibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 3 SGB II aF von 130,98 Euro anzusetzen, weil der Kläger nach den Feststellungen des LSG zu berücksichtigende monatliche Aufwendungen nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3, 5 SGB II aF iVm § 3 Alg II-V 2004 in Höhe von 130,98 Euro hatte (Versicherungspauschale 30 Euro, Kfz-Haftpflichtversicherung 21,05 Euro, Werbungskostenpauschale 15,33 Euro, Fahrkosten 64,60 Euro), plus 140 Euro Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II aF sowie 16 Euro Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 2 SGB II aF, weil das Bruttoeinkommen 960 Euro betrug.

22

b) Außerdem sind - unstreitig - die laufenden Unterhaltszahlungen von 269 Euro pro Monat abzusetzen (vgl § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF), weil es sich um eine Zahlung auf eine entsprechende titulierte Forderung handelt.

23

c) Die Zahlung des Klägers in Höhe von weiteren 150 Euro auf Rückstände aus ebenfalls titulierten Unterhaltsforderungen ihm gegenüber aus der Vergangenheit ist jedoch - entgegen dem Urteil des LSG - nicht als Absetzbetrag von seinem Erwerbseinkommen zu berücksichtigen.

24

Das LSG hat hinsichtlich dieses Betrags ebenfalls die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF bejaht, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht auf die laufenden Unterhaltszahlungen begrenzt sei und eine teleologische Einschränkung der Vorschrift in dem Sinne, dass Unterhaltsrückstände nicht erfasst sein sollten, weil es sich um Schulden handele, nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift(Hinweis auf BT-Drucks 16/1410 S 20) nicht gerechtfertigt sei, vielmehr habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten bis zu dem in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrag nicht als "bereites" und damit als einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehe, auch wenn noch keine Pfändung zugunsten eines Unterhaltsgläubigers erfolgt sei.

25

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Wortlaut des früheren, im strittigen Zeitraum geltenden § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF, der mit dem heutigen § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 7 SGB II identisch ist, lautet: "Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag" und bezieht sich auf den einleitenden Satzteil "Vom Einkommen sind abzusetzen". Dem LSG ist zuzubilligen, dass dem Wortlaut der Norm nicht entnommen werden kann, ob es sich um laufende Unterhaltsverpflichtungen handeln muss oder ggf auch Schulden für die Vergangenheit umfasst sein können. Entscheidend ist jedoch, und darüber geht das LSG hinweg, dass nach dem Wortlaut nur Aufwendungen bis zur Höhe des in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrags abgesetzt werden können, nicht aber darüber hinausgehende, nicht titulierte Beträge (BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35). Dem vom LSG festgestellten Unterhaltstitel entsprechen nur die vom Kläger erbrachten Aufwendungen für die - laufenden - Unterhaltszahlungen in Höhe von 269 Euro, die auch als Absetzbetrag bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt wurden. Die vom Kläger begehrte und vom LSG bejahte Absetzung seiner Zahlungen von weiteren 150 Euro für Unterhaltsrückstände geht gerade über diesen titulierten Betrag pro Monat hinaus.

26

Für diese an dem Unterhaltstitel und dem in ihm bezeichneten Betrag orientierte Auslegung streiten auch der Sinn und Zweck dieses Absetzbetrags, der einerseits bezogen ist auf die nach dem Monatsprinzip des SGB II (§ 41 SGB II) zu berechnenden Einnahmen der leistungsberechtigten Person und andererseits auf die ebenfalls nach Monaten berechneten Unterhaltsverpflichtungen sowie das den Leistungen nach dem SGB II ebenso wie den Unterhaltszahlungen zugrunde liegende Ziel, den aktuellen Lebensbedarf der betroffenen Personen zu sichern. Dies folgt auch aus der Gesetzesbegründung, die auszugsweise lautet: "Mit der Einfügung von Nummer 7 wird geregelt, dass Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, den Betroffenen nicht als 'bereites', d. h. einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehen" (BT-Drucks 16/1410 S 20). Auch hierin wird der aktuelle Bezug zu dem titulierten Betrag zur Befriedigung des Unterhaltsbedarfs deutlich. Aus diesem gemeinsamen Ziel sowohl der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als auch der Zahlung von Unterhalt, die Existenz der betroffenen Personen in bestimmten Zeitabschnitten zu sichern, wird deutlich, dass eine Auslegung, die eine Zahlung auf Schulden für die Vergangenheit miteinbezieht, die nicht von dem aktuell fälligen Titel umfasst sind, über das gesetzgeberische Ziel hinausgeht, zumal die Berücksichtigung von Aufwendungen zur Erfüllung titulierter gesetzlicher Unterhaltspflichten im Ergebnis bewirkt, dass die Unterhaltspflicht mittelbar vom Jobcenter getragen wird. Aus diesen Überlegungen folgt auch, dass entgegen der Auffassung des LSG eine Gleichstellung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände mit laufenden Unterhaltszahlungen grundsätzlich nicht möglich ist, weil sich beide Zahlungsziele grundlegend unterscheiden. Laufende Zahlungen dienen der Befriedigung des aktuellen Bedarfs, während Zahlungen auf Unterhaltsrückstände zunächst die Vergangenheit betreffen, auch wenn diese in aller Regel Auswirkungen auf die Gegenwart hat.

27

Aus systematischen Gründen spricht gegen eine Berücksichtigung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände als Absetzbetrag, dass als Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen zu berücksichtigen sind und Ausnahmen nur für bestimmte Einnahmen und bestimmte Absetzbeträge gemacht werden (vgl § 11 SGB II aF; §§ 11 bis 11b SGB II nF). Angesichts dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses bedarf das Eingreifen einer Ausnahme einer klaren gesetzlichen Rechtsgrundlage (den Ausnahmecharakter betonend auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11b RdNr 257 ff). Zudem ist zu beachten, dass das SGB II die Übernahme von Schulden nur ausnahmsweise vorsieht, nämlich zur Sicherung der Unterkunft, aber auch dann in der Regel nur darlehensweise (§ 22 Abs 5 SGB II aF, § 22 Abs 8 SGB II nF; vgl zur grundsätzlichen Verneinung der Übernahme von Schulden schon die Gesetzesbegründung zum Entwurf des SGB II in BT-Drucks 15/1516 S 56 sowie: BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14; Söhngen in Juris-PK SGB II, § 11b RdNr 16). Dies folgt aus dem Zweck der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, in einer aktuellen Notlage das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum zu sichern (vgl § 1 Abs 1 SGB II nF). Die durch die Berücksichtigung einer Zahlung auf Unterhaltsschulden als Absetzbetrag von den Einnahmen bewirkte mittelbare Übernahme von solchen Schulden durch das Jobcenter ist damit nicht in Einklang zu bringen.

28

Aus der Vorschrift des § 170 Strafgesetzbuch (StGB) über die Strafbarkeit bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht folgt nichts Anderes, weil diese voraussetzt, dass der Betreffende "sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht" und auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit erfüllt ist(Fischer, StGB, 60. Aufl 2013, § 170 RdNr 8 ff). Dass eine Person, die neben ihrem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als sog Aufstocker erhält, diese Tatbestandsmerkmale erfüllt, ist von weiteren Voraussetzungen abhängig, nicht aber die automatische Folge einer Nichtzahlung auf Unterhaltsrückstände, wenn die laufenden Unterhaltspflichten erfüllt werden.

29

Die Regelung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF trägt im Übrigen durch ihre Bezugnahme auf den in dem Unterhaltstitel festgelegten Betrag auch Gründen der Verwaltungspraktikabilität Rechnung, weil durch die Vorlage des Titels und des Nachweises der Zahlung der Absetzbetrag relativ einfach zu bestimmen ist(BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35, RdNr 16). Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn über den titulierten Betrag hinausgehende Zahlungen auf Unterhaltsrückstände als Abzugsbetrag berücksichtigt werden, wie es nach der Entscheidung des LSG der Fall wäre.

30

d) Die Zahlung der 150 Euro auf die Unterhaltsrückstände führt auch nicht aufgrund der Rechtsprechung zu Einkommen als "bereiten Mitteln" zu einer entsprechenden Verringerung des zu berücksichtigenden Einkommens. Diese Rechtsprechung bezieht sich vielmehr auf die Berücksichtigung von fiktiven Einnahmen, insbesondere in Fallkonstellationen, in denen den Anspruchstellern eine größere einmalige Einnahme zugeflossen war, die nach den jeweiligen normativen Vorgaben auf mehrere Monate aufzuteilen war und letztlich in den jeweiligen Monaten eine fiktive Einkommensanrechnung erfolgte (vgl § 2 Abs 3 Alg II-V 2004, heute § 11 Abs 3 SGB II nF; vgl BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 47; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62), oder wenn bestimmte Einkommensteile zB gepfändet waren und von daher von vornherein nicht zur Verfügung standen (BSG vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 19: Pfändung; BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 22: Einbehaltung eines Betriebskostenguthabens). Vorliegend ist jedoch nicht die Berücksichtigung einer fiktiven oder den Klägern grundsätzlich von vornherein nicht zur Verfügung stehenden Einnahme umstritten, sondern ein Absetzbetrag von einem realen Einkommenszufluss im jeweiligen Monat, also letztlich die Berücksichtigung einer bestimmten mangels Pfändung nicht zwingenden Einkommensverwendung.

31

Auch die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF geht davon aus, dass es sich bei den zufließenden Einnahmen grundsätzlich um bereite Mittel handelt, solange keine Pfändung erfolgt ist(ebenso BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35, RdNr 21) und hat gerade mit dieser Begründung den weiteren Absetzbetrag wegen der erbrachten laufenden Unterhaltszahlungen bis zur titulierten Höhe geschaffen.

32

4. Der Anspruch der Klägerin und des Klägers auf jeweils 326,04 Euro Alg II im Januar 2007 errechnet sich aus ihren Gesamtbedarfen von jeweils 431,41 Euro plus dem Restbedarf der ihrer Bedarfsgemeinschaft angehörenden Tochter Lisa in Höhe von 15,41 Euro und der anteilsmäßigen Verteilung ihres zu berücksichtigenden Einkommens von insgesamt 214,51 Euro nach § 9 Abs 2 SGB II.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für Juni 2007.

2

Die Klägerin zu 1 (geboren 1979) und der Kläger zu 5 (geboren 1975) waren verheiratet. Die Klägerin zu 3 (geboren am 1997) und der Kläger zu 4 (geboren 2000) sind ihre gemeinsamen Kinder, die Klägerin zu 2 (geboren 1994) ist nur ein Kind der Klägerin zu 1. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 sind Eigentümer einer 105 qm großen, selbst genutzten Wohnung, zu deren Finanzierung sie drei Darlehen aufnahmen, die im Jahr 2007 mit etwa 100 000 Euro valutierten. Für die ersten beiden Darlehen waren im Juni 2007 Schuldzinsen in Höhe von 354,33 Euro und 109,38 Euro sowie für das dritte, ein zinsloses Darlehen, nur ein jährlicher Verwaltungskostenbeitrag von 71,78 Euro neben der Tilgung zu zahlen. Im Jahr 2007 betrugen die Grundsteuer für die Eigentumswohnung 454,02 Euro, die Schornsteinfegergebühr 51,96 Euro, monatlich aufzubringen waren für Wasser und Abwasser 78 Euro, eine Wohngebäudeversicherung 29,06 Euro und die Gasheizung mit Warmwasserbereitung ein Abschlag von 80 Euro. Der Kläger zu 5 hatte zwei Lebensversicherungen, die am 1.6.2007 Rückkaufswerte von 2641,00 Euro bei einer Beitragsleistung von 3435,82 Euro und von 2393,89 Euro bei einer Beitragsleistung von 4591,95 Euro hatten und von denen die Letztere zur Sicherung eines Darlehens abgetreten waren. Die Klägerin zu 1, die im Juni 2007 keine Erwerbseinkünfte hatte, erhielt für die drei in ihrem Haushalt lebenden Kinder Kindergeld in Höhe von 462 Euro monatlich. Der Vater der Klägerin zu 2 zahlte im Jahr 2007 monatlich einen Unterhalt von 71 Euro.

3

Seit dem 1.1.2005 bezog die Klägerin zu 1 zusammen mit den Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters (nachfolgend einheitlich Beklagter). Aufgrund eines Antrags der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 bewilligte der Beklagte ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 in Höhe von zuletzt 883,78 Euro für April und 907,78 Euro für Mai 2007 (Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 14.2.2007).

4

Der Kläger zu 5 war vom 25.3.2004 bis zum 11.4.2007 inhaftiert und zog nach der Haftentlassung wieder in die eheliche Wohnung. Bei seiner Haftentlassung erhielt er insgesamt 2734,42 Euro ausgezahlt, davon 2277 Euro Überbrückungsgeld, 418,77 Euro Eigengeld, 38,65 Euro Hausgeld nach §§ 51, 52, 47 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Ihm wurde Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt und ua 1014,90 Euro im Juni 2007 ausgezahlt. Am 12.4.2007 stellte der Kläger zu 5 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten, am 20.4.2007 die Klägerin zu 1 einen Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 1.6.2007.

5

Der Beklagte hob die Bewilligung für April 2007 teilweise und für Mai 2007 ganz auf und lehnte den Fortzahlungsantrag ab 1.6.2007 ab (Bescheid vom 25.4.2007). Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das Einkommen des Klägers zu 5 - dem Alg und dem von der Justizvollzugsanstalt ausgezahlten Betrag in Höhe von 2734,42 Euro, der auf einen angemessenen Zeitraum von sechs Monaten zu verteilen sei, - gedeckt. Nachdem hinsichtlich der Höhe der Leistungen für April noch ein Änderungsbescheid ergangen war, wurden die Widersprüche der Kläger zurückgewiesen (Widerspruchsbescheide vom 8.6.2007 und 4.9.2007). Ab dem 1.11.2007 zahlte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Seit dem 29.11.2009 leben die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 getrennt.

6

Gegen beide Widerspruchsbescheide wurden Klagen erhoben, die vom Sozialgericht (SG) miteinander verbunden und abgewiesen wurden (Urteil vom 8.12.2009). Im Berufungsverfahren ist die Familienkasse nach § 75 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen worden, außerdem haben sich die Beteiligten für die Monate April, Mai und Juli bis Oktober 2007 verglichen. Hinsichtlich der allein strittig gebliebenen Leistungen für Juni 2007 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2012) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 habe als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, deren Mitglieder auch die dem Haushalt angehörenden, minderjährigen Kinder ohne ausreichendes Einkommen und Vermögen, die Klägerin zu 3 und der Kläger zu 4 als gemeinsame Kinder sowie die Klägerin zu 2 als Tochter der Klägerin zu 1 gewesen seien. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das anzurechnende Einkommen vollständig gedeckt gewesen. Der Bedarf habe sich monatlich auf 1386,19 Euro belaufen und zusammengesetzt aus den Regelleistungen für die Kläger, abzüglich des Kindergeldes und des Unterhalts bei dem jeweiligen Kind, sowie den Aufwendungen für die Unterkunft von 614,58 Euro und die Heizung von 61,61 Euro. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf habe nicht bestanden. Der Betrag für die Unterkunft setze sich zusammen aus den Schuldzinsen für die Darlehen in Höhe von 354,33 und 109,38 Euro, zzgl der anteiligen Verwaltungskosten für das dritte Darlehen von (71,58 : 12 =) 5,97 Euro, die monatlichen Nebenkosten bestehend aus der anteiligen Grundsteuer (454,02 : 12 =) 37,84 Euro, der Wohngebäudeversicherung von 29,06 Euro, dem Wasser und Abwasser von 78 Euro und den anteiligen Schornsteinfegergebühren (51,96 : 12 =) 4,33 Euro. Die Tilgungsleistungen seien nicht zu berücksichtigen. Bei der Klägerin zu 2 sei noch das über der Regelleistung liegende Einkommen von 18 Euro abzuziehen.

7

Dieser Bedarf sei durch das zu berücksichtigende Einkommen aus dem um die Versicherungspauschale bereinigten Alg in Höhe von 984,90 Euro und einer anteiligen einmaligen Einnahme in Höhe von 569,25 Euro, insgesamt 1554,15 Euro, gedeckt. Der Betrag von 569,25 Euro ergebe sich aus dem am 11.4.2007 ausgezahlten Überbrückungsgeld in Höhe von 2277 Euro, das als weiteres Einkommen zu berücksichtigen und auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 aufzuteilen sei. Der Kläger zu 5 habe zwar erst am 12.4.2007 einen Leistungsantrag beim Beklagten gestellt, jedoch sei der Fortzahlungsantrag der Klägerin zu 1 vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 nach § 38 SGB II auch als Leistungsantrag des Klägers zu 5 zu werten, weil er sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch bis zu seiner Haftentlassung am 11.4.2007 eine Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 gebildet habe. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 seien verheiratet gewesen und hätten nicht dauernd getrennt gelebt, ihre Trennung sei erst im April 2009 erfolgt. Die gesetzliche Vermutung der Bevollmächtigung der Klägerin zu 1 sei auch nicht widerlegt, die langjährige Strafhaft des Klägers zu 5 stehe dem nicht entgegen, ebenso wenig sein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II. Für die Vermutung des § 38 SGB II spreche auch, dass das Hinzukommen eines weiteren Mitglieds zur Bedarfsgemeinschaft Auswirkungen auf die Leistungsansprüche der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe. Das Übergangsgeld sei als Einkommen zu berücksichtigen, da es kein privilegiertes Einkommen iS des § 11 SGB II sei, zumal es den Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts des Haftentlassenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Haftentlassung habe. Das Übergangsgeld sei auf die Zeit vom 1.5. bis 31.8.2007 zu verteilen, weil die Leistungen für April 2007 schon am 11.4.2007 ausgezahlt gewesen seien. Das Ende des Verteilzeitraums folge aus der im September erfolgten Nachzahlung des Wohngeldes in Höhe von 1200 Euro, die zusammen mit dem Alg des Klägers zu 5 den Bedarf für September und Oktober 2007 gedeckt habe. Krankenversicherungsschutz für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft habe aufgrund des Alg-Bezugs des Klägers zu 5 bestanden.

8

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügen die Kläger, weder das Übergangsgeld, das auch nicht pfändbar sei, noch das Eigen- oder Hausgeld, das der Kläger zu 5 am 11.4.2007 erhalten habe, seien als Einkommen zu berücksichtigen. Die Gelder seien ihm vor seiner Antragstellung am 12.4.2007 zugeflossen. Der Kläger zu 5 sei aufgrund seiner Strafhaft kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der anderen Kläger gewesen und erst mit seiner Haftentlassung und Rückkehr in den Haushalt am 11.4.2007 in die Bedarfsgemeinschaft aufgenommen worden. Davon sei auch der Beklagte ausgegangen und damit sei die Vermutungsregelung des § 38 SGB II widerlegt. Im Übrigen wirke sich die Vermutung belastend aus und führe zu einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht (Art 2 Abs 1 Grundgesetz ) des Klägers zu 5, sodass er hierüber eine Mitteilung seitens des Beklagten habe erhalten müssen. Bei den Aufwendungen für die Unterkunft seien auch die Tilgungsleistungen zu berücksichtigen.

9

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2012 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Juni 2007 ohne Anrechnung der dem Kläger zu 5 am 11. April 2007 ausgezahlten 2734,42 Euro zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Kläger gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.9.2012 ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

13

1. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und von SG und LSG sowie dem Beklagten verneinten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Juni 2007 sind hinsichtlich der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 §§ 19 ff iVm § 7 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung aufgrund des Gesetzes vom 20.4.2007 (BGBl I 554 - im Folgenden: SGB II aF), denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden; hinsichtlich der Klägerinnen zu 2 und 3 sowie des Klägers zu 4 sind es §§ 28, 19 ff SGB II aF.

14

Die Grundvoraussetzungen - bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit und ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland -, um die genannten Leistungen zu erhalten (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II), erfüllten die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 5 im Juni 2007, ebenso wenig lag ein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II), wie sich aus den Feststellungen des LSG ergibt.

15

2. Die Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 kann jedoch aufgrund der derzeitigen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, eine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt des mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs 1, 2 SGB II aF).

16

Zur Beurteilung dieser Voraussetzung fehlen ausreichende Feststellungen zu den Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft, um zunächst deren Bedarf zu ermitteln (dazu 3.), sowie zu dem zu berücksichtigenden Vermögen der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 5 (dazu 8.). Wenn auch bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens der Kläger (dazu 4.), grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das dem Kläger zu 5 im April 2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld in diesem Monat Einkommen war (dazu 5.), ist es jedoch im Juni 2007 nicht als Einkommen zu berücksichtigen (dazu 6.), ebenso wenig das Eigengeld und das Hausgeld (dazu 7.).

17

Dass die Kläger im Juni 2007 eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und folgt unmittelbar aus § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a, Nr 4 SGB II für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 5 als nicht getrennt lebende Ehegatten sowie die Kläger zu 2, 3 und 4 als deren ihrem Haushalt angehörende, unverheiratete Kinder vor Vollendung des 25. Lebensjahres, die ihren Bedarf nicht selbst decken können (wegen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 5 vgl nur BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10).

18

3. Wie hoch der Bedarf der Kläger für Juni 2007 war, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden, zumal seine Ausführungen zu den Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II teilweise nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) übereinstimmen.

19

Bei den Aufwendungen für die Unterkunft sind, da die Kläger in einer selbst genutzten Eigentumswohnung leben, die Schuldzinsen zu übernehmen, nicht aber - entgegen der Ansicht der Revision - die Tilgungsleistungen, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, weil die Kläger im Juni 2007 nicht ein "kleines Restdarlehen" im Sinne der Rechtsprechung des Senats zu tilgen hatten (vgl Urteile vom 28.2.2010 - B 14 AS 74/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 31, vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R -, vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48), sondern nach den Feststellungen des LSG circa 100 000 Euro.

20

Dem LSG kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es einen weiteren Betrag von 71,58 Euro pro Jahr als Verwaltungskosten für das dritte Darlehen festgestellt und davon ein Zwölftel berücksichtigt hat. Das gleiche gilt für die Grundsteuer in Höhe von 454,02 Euro und die Schornsteinfegergebühren in Höhe von 51,96 Euro, bei denen es sich nach den Ausführungen des LSG um Jahresbeträge handelt und die das LSG mit einem Zwölftel berücksichtigt hat.

21

Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatsweise zu erfolgen hat, wenn auch zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Grundsteuer auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen, zumal der ggf erhebliche finanzielle Bedarf aufgrund der Grundsteuer gerade dann zu tragen ist, wenn sie fällig wird (BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 14).

22

Es ist aufzuklären, ob einer dieser Jahresbeträge gerade im Juni 2007 angefallen ist, dann ist er als Aufwendung für die Unterkunft in diesem Monat (voll) zu berücksichtigen, andernfalls nicht, auch nicht anteilig.

23

4. Als im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen der Kläger kommt - neben dem Kindergeld und der Unterhaltszahlung - nach den Feststellungen des LSG nur das dem Kläger zu 5 gezahlte Alg, nicht aber ein Teil des Überbrückungsgeldes, Eigengeldes oder Hausgeldes in Betracht.

24

Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach anderen Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.

25

Das Alg des Klägers zu 5, das am 29.6.2007 in Höhe von 1014,90 Euro auf das Konto der Klägerin zu 1 gezahlt wurde und mangels weiterer Absetzbeträge nur um die Versicherungspauschale gemäß § 3 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622 - Alg II-V) von 30 Euro zu bereinigen ist, ist in Höhe von 984,90 Euro als ein solches Einkommen zu berücksichtigen.

26

Der dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 bei seiner Haftentlassung ausgezahlte Betrag von insgesamt 2734,42 Euro, der sich zusammensetzte aus 2277 Euro Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG, 418,77 Euro Eigengeld nach § 53 StVollzG, 38,65 Euro Hausgeld nach § 47 StVollzG ist nicht (anteilig) als Einkommen im Juni 2007 zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Überbrückungsgeld als Einnahme anzusehen und nicht als Vermögen, aber entgegen der Ansicht des Beklagten und der Vorinstanzen ist es nicht im Juni 2007 als Einkommen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für das Eigengeld und das Hausgeld, obwohl hinsichtlich der einzelnen Beträge entsprechend ihrer verschiedenen Rechtsgrundlagen und der ihrer sich daraus ergebenden rechtlichen Einordnung zu differenzieren ist.

27

Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist von Folgendem auszugehen: Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte(modifizierte Zuflusstheorie: BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 185/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 42 RdNr 10). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (zB Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (zB Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn mit früherem Einkommen Vermögen angespart wurde, zB bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf das Ersparte bei dessen Auszahlung eine unzulässige erneute Bewertung als Einkommen wäre (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 16 RdNr 17 zu einer Zinsgutschrift; Gegenbeispiel: Einkommensteuererstattung: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18).

28

5. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld war zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigendes Einkommen und kein Vermögen.

29

Das Überbrückungsgeld wird seitens der Justizverwaltung aus den Bezügen des Gefangenen gebildet, in dem diese, soweit sie ihm nicht als Hausgeld zur Verfügung stehen, einem für das Überbrückungsgeld gebildeten Konto zugeführt werden; es soll den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern (§ 51 Abs 1 StVollzG). Die Höhe des Überbrückungsgeldes setzt die Justizverwaltung fest und sie soll nach der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 51 StVollzG das "Vierfache des Regelsatzes nach dem BSHG" nicht unterschreiten, aufgrund der Umstände des Einzelfalls kann ein höherer Betrag festgesetzt werden(abgedruckt zB von Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl 2012, bei § 51). Das Überbrückungsgeld soll ein gewisses "Polster" bilden, um die Wiedereingliederung des Gefangenen in das normale Leben zu erleichtern (Däubler/Galli, aaO, § 51 RdNr 1), weswegen es auch dem Pfändungsschutz unterliegt (§ 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG). Vor der Haftentlassung und Auszahlung durch die Justizverwaltung kann der Gefangene über das Geld nicht verfügen (vgl zur ausnahmsweise vorherigen Inanspruchnahme nach "Gestattung" durch die Justizverwaltung § 51 Abs 3 StVollzG, Arloth, StVollzG, 3. Aufl 2011, § 51 RdNr 10).

30

Ausgehend von dieser zwangsweisen Einbehaltung eines Teils der Bezüge des Gefangenen und seiner mangelnden Verfügungsmacht über das Überbrückungsgeld vor seiner Auszahlung am Tag seiner Entlassung ist von der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Einkommen und Vermögen nicht abzuweichen, wovon das LSG in Übereinstimmung mit anderen LSG und der Literatur zu Recht ausgegangen ist (vgl LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, K § 11 RdNr 256; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Das Überbrückungsgeld-Konto ist nicht einem Sparbuch vergleichbar, auf dem mit bereits erlangten Einkünften, von dem Gefangenen ein gezielter "Vermögensaufbau" betrieben wurde, vielmehr stand dieser Teil seiner Bezüge dem Gefangenen nie zur Verfügung.

31

Zur Bestimmung der für die Abgrenzung maßgeblichen Antragstellung (vgl § 37 SGB II aF sowie oben unter 4.) ist nicht auf den Antrag des Klägers zu 5 am 12.4.2007 abzustellen, weil er schon vor dem 11.4.2007 - dem Tag seiner Haftentlassung und dem Einzug in die eheliche Wohnung - eine Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern zu 1 bis 4 bildete. Diese Bedarfsgemeinschaft hatte - vertreten nach § 38 SGB II durch die Klägerin zu 1 - im November 2006 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt, der zu dem Bewilligungsbescheid vom 21.11.2006 für die Zeit vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 führte.

32

Angesichts des Urteils des LSG und des Revisionsvorbringens der Kläger ist zunächst klarzustellen, dass die Antragstellung der Klägerin zu 1 auch den Kläger zu 5 umfasste, wie sich aus § 38 Satz 2 SGB II aF ergibt, der lautet: "Leben mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige in einer Bedarfsgemeinschaft, gilt diese Vermutung zugunsten desjenigen, der die Leistungen beantragt." Gründe, warum diese Vermutung widerlegt sein soll, sind keine zu erkennen. Entgegen den Ausführungen der Revision steht die Strafhaft des Klägers zu 5 seiner Mitgliedschaft in einer Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 nicht entgegen, sondern führt nur zu einem Leistungsausschluss seinerseits nach § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II aF. Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Art 2 Abs 1 GG vor, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern § 38 Satz 2 SGB II aF ein Eingriff in dieses Grundrecht beinhalten könnte. Die Vorschrift gibt dem Kläger zu 5 keine Rechtspflicht auf und die Nichtgewährung einer staatlichen Leistung ist kein Grundrechtseingriff, da nicht die abwehrrechtliche Dimension der Grundrechte betroffen ist (vgl nur BVerfG Beschluss vom 29.5.2013 - 1 BvR 1083/09 - RdNr 10 mwN).

33

Auf die Vermutung des § 38 SGB II wegen der Antragstellung der Klägerin zu 1 in Bezug auf den Kläger zu 5 kommt es jedoch nicht entscheidend an, sondern auf die Antragstellung der Klägerin zu 1 als solcher und die Bedarfsgemeinschaft zwischen ihr und dem Kläger zu 5. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG bilden Eheleute, solange sie nicht getrennt leben, auch wenn der Ehegatte einer nach dem SGB II leistungsberechtigten Person selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen kann, weil er zB Altersrentner ist oder eine schwerstpflegebedürftige Person in einem Pflegeheim, eine Bedarfsgemeinschaft und das Einkommen zB des Altersrentners ist auf den Bedarf der leistungsberechtigten Person anzurechnen (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 2/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 4; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30; BSG Urteil vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - vorgesehen für SozR, Pflegeheimfall). Dass zwischen der Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 5 eine Bedarfsgemeinschaft auch während dessen Strafhaft bestand, folgt aus den Feststellungen des LSG, das ein Getrenntleben des Ehepaars erst ab April 2009 festgestellt und ausführlich begründet, während der Zeit der Strafhaft verneint hat. Auf die von den Klägern angeführte möglicherweise gegenteilige Auffassung des Beklagten kommt es nicht an, da diese keine das Gericht bindende Tatbestandswirkung entfaltet.

34

Andere Gründe, die gegen eine Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes im April 2007 als Einkommen sprechen, liegen nicht vor. Insbesondere ist es keine zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II aF, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre, weil sie einem anderen Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dient. Vielmehr hat das Überbrückungsgeld denselben in § 51 Abs 1 Satz 1 StVollzG festgeschriebenen Zweck, denn es soll "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten … sichern"(vgl BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 94/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 46 RdNr 17 ff; LSG Baden-Württemberg vom 24.4.2009 - L 12 AS 5623/08; LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2010 - L 7 AS 107/09; LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.5.2010 - L 13 AS 105/09; vgl zur Literatur nur: Geiger in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, K § 11a RdNr 10; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand der Einzelkommentierung 6/2010, § 11a RdNr 205; Klaus in Gemeinschaftskommentar zum SGB II, Stand der Einzelkommentierung 3/2013, § 11a RdNr 118 f; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11a RdNr 20). Aus dem von der Revision angeführten Umstand, dass das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs 4 Satz 1 StVollzG unpfändbar ist, folgt nichts anderes, zumal es hiervon in § 51 Abs 5 Satz 1 StVollzG eine Ausnahme für die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen von Kindern und Ehegatten nach § 850d Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung gibt, die letztlich das obige Ergebnis - Einsatz des Überbrückungsgeldes als Einkommen für diese Personen im Rahmen des SGB II - bestätigt.

35

6. Das dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlte Überbrückungsgeld ist jedoch nicht als einmalige Einnahme auf den Juni 2007 zu verteilen.

36

Nach dem damals geltenden § 2 Abs 3 Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, und "sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen". Die Länge des so genannten Verteilzeitraums war damals nicht geregelt (vgl zB BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 28 ff gegen eine Begrenzung auf den Bewilligungsabschnitt), mittlerweile ist er vom Gesetzgeber auf sechs Monate begrenzt worden (§ 11 Abs 3 SGB II idF vom 13.5.2011, BGBl I 850). Zur Bestimmung des vom Verordnungsgeber genannten "angemessenen Zeitraums" ist auf die vom Gesetzgeber in § 51 Abs 1 StVollzG angegebene Zweckbestimmung für das Überbrückungsgeld zurückzugreifen, "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern" zu sollen. Angesichts der Offenheit der Verordnung einerseits und der exakten Zeitangabe im Gesetz andererseits kann das "angemessen" bei der Verteilung von Überbrückungsgeld aus systematischen Gründen und aufgrund der Normenhierarchie hier für einen Verteilzeitraum - anders als in anderen Konstellationen (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 76/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 27 RdNr 19 mwN) - nur mit "vier Wochen" konkretisiert werden.

37

Demgegenüber rechtfertigen weder die Erwägungen des LSG, das aufgrund späterer Einnahmen der Kläger abweichend von dem Beklagten keinen Verteilzeitraum von sechs, sondern vier Monaten annimmt, noch andere Entscheidungen, die einen abweichenden Zeitraum für die Verteilung vornehmen, ein anderes Ergebnis (vgl LSG Sachsen-Anhalt vom 26.1.2012 - L 2 AS 192/09 - RdNr 43: für eine Anrechnung auf "wenigstens auf zwei Monate" aufgrund der dortigen Sachlage). Ein solches Ergebnis (vgl LSG Rheinland-Pfalz vom 15.5.2012 - L 3 AS 87/10 - RdNr 37 ff) kann auch nicht aus allgemeinen Überlegungen für einen Verteilzeitraum, wie insbesondere die Gewährleistung von Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung, hergeleitet werden, weil dieser durch eine Nichtverteilung des Überbrückungsgeldes nicht zwingend entfällt, wie der vorliegende Fall zeigt. Ebenso wenig wirft eine Aufteilung des Überbrückungsgeldes auf die ggf zwei Monate, in die die vier Wochen fallen, spezifische Probleme auf. Die am jeweiligen Einzelfall orientierten unterschiedlichen Ergebnisse der LSG sprechen im Gegenteil vielmehr für eine allgemeine, auf der Rechtsgrundlage für die entsprechende Leistung beruhende Auslegung im obigen Sinne.

38

7. Die dem Kläger zu 5 am 11.4.2007 ausgezahlten 418,77 Euro Eigengeld nach § 52 StVollzG sind ebenfalls kein im Juni 2007 zu berücksichtigendes Einkommen.

39

Mangels Zufluss im Juni 2007 kommt eine Berücksichtigung als Einkommen nur in Betracht, wenn es sich bei dem Eigengeld um eine einmalige Einnahme iS des § 2 Abs 3 Alg II-V handelt, die dem Kläger zu 5 vorher zugeflossen und auf die Folgemonate zu verteilen ist.

40

Bei der rechtlichen Beurteilung des Eigengeldes ist zu beachten, dass es "die Bezüge des Gefangenen sind, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden" (§ 52 StVollzG), auf dem Eigengeldkonto auch das vom Gefangenen eingebrachte Geld gutzuschreiben ist (§ 83 StVollzG) und er über das Eigengeld grundsätzlich frei verfügen kann - von bestimmten Beschränkungen abgesehen, wie zB innerhalb der Anstalt für Einkäufe (vgl § 22 StVollzG) oder einer Sperrung, bis das Überbrückungsgeld die festgesetzte Höhe erreicht hat (§ 83 Abs 2 Satz 3 StVollzG; vgl Arloth, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3; Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, aaO, § 52 RdNr 3 ff). Dies spricht gegen einen Zufluss des Eigengeldes am 11.4.2007, sondern möglicherweise früher. Entscheidend ist jedoch, dass angesichts eines Betrags von 418,77 Euro keine Gründe für eine Verteilung auf mehrere Monate zu erkennen sind.

41

Entsprechendes gilt für das Hausgeld nach § 47 StVollzG, weil dieses dem Gefangenen schon während seiner Inhaftierung zur freien Verfügung steht und der am 11.4.2007 ausgezahlte Betrag sich nur auf 38,65 Euro belief.

42

8. Schließlich wird das LSG zu ermitteln haben, inwieweit einer Hilfebedürftigkeit der Kläger im Juni 2007 zu berücksichtigendes Vermögen entgegenstand (vgl §§ 9, 12 SGB II), weil dem Urteil des LSG insoweit keine abschließenden Feststellungen zu entnehmen sind.

43

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Vom Einkommen abzusetzen sind

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge
a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3,
7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag,
8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
Bei der Verteilung einer einmaligen Einnahme nach § 11 Absatz 3 Satz 4 sind die auf die einmalige Einnahme im Zuflussmonat entfallenden Beträge nach den Nummern 1, 2, 5 und 6 vorweg abzusetzen.

(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.

(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die

1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen,
3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder
4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
Bei der Anwendung des Satzes 1 Nummer 3 gilt das Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes als Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, tritt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 an die Stelle des Betrages nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches der Betrag von 250 Euro monatlich. Sofern die unter Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen die in § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 bis 5 genannten Leistungen, Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 10 Absatz 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes erhalten, ist von diesen Leistungen für die Absetzbeträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag in Höhe von mindestens 100 Euro abzusetzen, wenn die Absetzung nicht bereits nach Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 1 erfolgt ist. Satz 4 gilt auch für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben.

(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich

1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent,
2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und
3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
Anstelle des Betrages von 1 200 Euro tritt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1 500 Euro. In den Fällen des Absatzes 2b ist Satz 2 Nummer 1 nicht anzuwenden.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Absatz 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Absatz 5 sind gesondert zu beantragen.

(2) Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück. Wird ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen einzelnen Monat gestellt, in dem aus Jahresabrechnungen von Heizenergiekosten oder aus der angemessenen Bevorratung mit Heizmitteln resultierende Aufwendungen für die Heizung fällig sind, wirkt dieser Antrag, wenn er bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt wird, auf den Ersten des Fälligkeitsmonats zurück. Satz 3 gilt nur für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2023 gestellt werden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juli 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind Ansprüche der Kläger auf höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), insbesondere auf Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG, im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zur Überprüfung bestandskräftiger Bescheide für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.5.2007.

2

Der Kläger zu 1 und seine Ehefrau, die Klägerin zu 2, sowie ihre 1990, 1992, 1996 und 2005 geborenen Kinder, die Kläger zu 3 bis 6, sind ägyptische Staatsangehörige; sie hielten sich zunächst aufgrund von Duldungen in Deutschland auf, bevor im Oktober 2005 die Klägerin zu 3 und im Oktober 2007 die übrigen Kläger eine Aufenthaltserlaubnis erhielten. Von 1992 bis 31.5.2007 bezogen die Kläger Grundleistungen nach § 3 AsylbLG; ab 1.6.2007 stellten sie ihren Lebensunterhalt ausschließlich aus eigenen Mitteln sicher.

3

Die von den Klägern im November 2009 gestellten Anträge auf Überprüfung der früheren Bewilligungsbescheide und nachträgliche Gewährung von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2005 lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Bedürftigkeit der Kläger sei zumindest seit Juni 2007 weggefallen; dies verhindere eine rückwirkende Leistungserbringung über § 44 SGB X(Bescheid vom 12.5.2010; Widerspruchsbescheid vom 29.9.2010). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.1.2011; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.7.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Gewährung von höheren Leistungen für die Vergangenheit stehe der zwischenzeitlich eingetretene Bedürftigkeitswegfall der Kläger entgegen. Sie hätten wegen ausreichenden Einkommens seit Juni 2007 keine Leistungen nach dem AsylbLG, dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) oder dem SGB XII mehr erhalten. Der Umstand, dass die zuvor bezogenen Grundleistungen verfassungswidrig zu niedrig gewesen seien, ändere an der fehlenden Gegenwärtigkeit der Notlage nichts.

4

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung des § 44 SGB X. Sie sind der Ansicht, der Aktualitätsgrundsatz dürfe nicht angewandt werden. Die nach § 3 AsylbLG gewährten Grundleistungen seien ihrer Höhe nach evident unzureichend und verfassungswidrig gewesen, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden habe. Dies begründe einen Ausnahmefall von der Rechtsprechung des Senats, wonach bereits bei einem temporären Wegfall der Bedürftigkeit ein Anspruch auf rückwirkende Leistungserbringung nicht in Betracht komme. Wegen des zwischenzeitlichen Umzugs der Kläger zu 3 und 4 müsse im Übrigen die Stadt F beigeladen werden.

5

Die Kläger haben sinngemäß schriftsätzlich beantragt,
das Urteil des LSG und den Gerichtsbescheid des SG sowie den Bescheid vom 12.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Rücknahme entgegenstehender Bescheide für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.5.2007 höhere Leistungen zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

7

Er hält die Entscheidung des LSG in der Sache für zutreffend, ist jedoch der Ansicht, wegen des Wohnortwechsels der Kläger zu 3 und 4 müsse ein Beklagtenwechsel vorgenommen werden, weil nach § 44 Abs 3 SGB X mittlerweile die Stadt F für den Erlass des Rücknahmebescheides zuständig sei.

Entscheidungsgründe

8

Die Revisionen sind im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Ob die Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Ansprüche auf höhere Leistungen in Form von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG oder unter Berücksichtigung des sog Meistbegünstigungsgrundsatzes von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG besitzen, kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht entschieden werden.

9

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.9.2010 (§ 95 SGG), mit dem es der Beklagte abgelehnt hat, den Klägern rückwirkend höhere Leistungen nach dem AsylbLG zu bewilligen und zu zahlen. Dagegen wenden sich die Kläger mit kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen nach § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4, § 56 SGG(vgl nur BSG SozR 4-3520 § 3 Nr 3 RdNr 10), wobei auch im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X - wie vorliegend - ein Grundurteil nach § 130 SGG möglich wäre(BSG aaO). Ggf wird das LSG dafür jedoch die vom Beklagten abzuändernden bestandskräftigen Bewilligungsbescheide zu ermitteln haben, die den streitbefangenen Zeitraum betreffen.

10

Grundlage für den Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide über die Ablehnung höherer als der bewilligten Leistungen im streitbefangenen Zeitraum ist § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, der gemäß § 9 Abs 3 AsylbLG auch im Asylbewerberleistungsrecht Anwendung findet. Danach ist ein unanfechtbarer Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb ua Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Nach § 44 Abs 3 SGB X entscheidet, nachdem der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, über die Rücknahme die (mittlerweile) zuständige Behörde.

11

Entgegen der Ansicht der Beteiligten bedeutet dies jedoch weder, dass wegen eines Umzugs der Kläger zu 3 und 4 die Stadt F beizuladen (§ 75 Abs 2 SGG) wäre, noch, dass ein Beklagtenwechsel stattgefunden hätte. Welche Behörde der juristischen Person als Rechtsträger für den Erlass des begehrten Verwaltungsakts zuständig wäre, ist insoweit ohne Bedeutung. Soweit eine Behörde - wie vorliegend - das Landratsamt O oder die Stadt F bei einem Umzug der Kläger zu 3 und 4 als Organ mehrerer Rechtsträger tätig wird bzw würde, ist für die Beurteilung der Passivlegitimation (materiellrechtliche Verpflichtung) und des richtigen Beklagen maßgebend, wessen Aufgabe (des Landes, des Landkreises oder des Stadtkreises) erfüllt wird (vgl nur Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl 2012, § 78 RdNr 6 mwN). Dies ist vorliegend eine solche des beklagten Landes; in Baden-Württemberg gilt nicht das Behördenprinzip (siehe dazu § 70 Nr 3 SGG).

12

Eine andere Frage ist, ob das Landratsamt O für den Erlass der ablehnenden Bescheide örtlich zuständig war und welche rechtlichen Konsequenzen sich aus einer fehlenden örtlichen Zuständigkeit ergäben. Würde es an einer solchen fehlen, wäre eine Aufhebung des ablehnenden Bescheides allein wegen des Verstoßes gegen die Vorschriften der örtlichen Zuständigkeit gleichwohl nicht gerechtfertigt, weil die Verletzung der örtlichen Zuständigkeit die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg, der hier zur Anwendung gelangt, weil § 42 SGB X mangels ausdrücklichen Verweises in § 9 Abs 3 AsylbLG nicht anwendbar ist; vgl dazu nur Groth in juris Praxiskommentar -SGB XII, § 9 AsylbLG RdNr 14). Sollte der Ablehnungsbescheid in der Sache richtig sein, hätte ein Verstoß allein gegen die Vorschriften der örtlichen Zuständigkeit keinerlei Einfluss auf die Sache, weil § 44 Abs 1 und 4 SGB X eine gebundene Entscheidung vorsieht. Sachlich zuständig für die Durchführung des AsylbLG und somit auch für die in diesem Zusammenhang zu treffenden Entscheidungen nach § 44 SGB X dürfte jedenfalls nach § 10 AsylbLG iVm § 1 Nr 2 und § 2 Abs 1, Abs 2 Nr 3 und Abs 4 Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes Baden-Württemberg (FlüAG) vom 11.3.2004 (Gesetzblatt für das Land Baden-Württemberg 99) sowie § 15 Abs 1 Nr 2 Landesverwaltungsgesetz Baden-Württemberg(in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Verwaltungsstruktur in der Form vom 14.10.2008 erhalten hat - GBl 313) die jeweilige untere Verwaltungsbehörde des Landes als untere Aufnahmebehörde sein. Allerdings ist die örtliche und damit auch die sachliche Zuständigkeit insoweit nicht nachvollziehbar, als es an tatsächlichen Feststellungen des LSG zu § 10a Abs 1 AsylbLG (Verteilung) fehlt. Ggf wird dies nachzuholen sein.

13

Ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte und Zahlung höherer Leistungen vorliegen, kann anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Der Senat hat jedoch bereits mit Urteil vom 20.12.2012 (B 7 AY 4/11 R - SozR 4-3520 § 3 Nr 3) entschieden, eine Nachzahlung monatsweiser Leistungen - wie hier - komme für den Fall nicht in Betracht, dass die Bedürftigkeit dauerhaft oder temporär, also zumindest für einen Monat, entfallen sei; dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das BVerfG durch Urteil vom 18.7.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, BGBl I 1715 f = SozR 4-3520 § 3 Nr 2) entschieden habe, die Geldleistungen des § 3 AsylbLG seien evident zu niedrig(BSG aaO). Im vorliegenden Verfahren ist nichts vorgetragen, was nicht bereits in dieser Entscheidung ausführlich gewürdigt ist.

14

Der Wegfall der Bedürftigkeit der Kläger lässt sich nicht abschließend beurteilen. Den Feststellungen des LSG ist hierzu lediglich zu entnehmen, dass die Kläger ab Juni 2007 keine Leistungen nach dem AsylbLG, dem SGB XII oder dem SGB II mehr bezogen haben. Erforderlich ist jedoch eine Prüfung der Bedürftigkeit; dass die Kläger keine Leistungen mehr bezogen haben, hat keine rechtliche Bedeutung. Dabei misst sich die Bedürftigkeit unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 (aaO) für Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) bis 31.12.2010 an dem dort normierten - wenn auch verfassungswidrig zu niedrigen - Bedarf (Senatsurteil vom 20.12.2012, aaO, RdNr 16). Es ist jedoch bereits unklar, welche Regelungen insoweit überhaupt zur Anwendung kommen. Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Leistungssystemen (SGB II, SGB XII, AsylbLG) ist nämlich anhand des jeweiligen Aufenthaltsstatus und der Erwerbsfähigkeit zu beurteilen (BSG, aaO, RdNr 17), wozu Feststellungen ebenfalls fehlen.

15

Sollte die Bedürftigkeit nicht entfallen sein, wäre der zum 1.4.2011 ins SGB XII eingefügte § 116a SGB XII nicht analog anwendbar(vgl zur analogen Anwendung dieser Norm das Senatsurteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 6/12 R). Denn § 116a SGB XII, der für die Rücknahme eines rechtswidrigen nichtbegünstigenden Verwaltungsaktes § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X dahin modifiziert, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr für die Gewährung rückwirkender Leistungen tritt, wäre auch im Sozialhilferecht nicht anwendbar, weil er aufgrund der Übergangsregelung des § 136 SGB XII(in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung) nicht auf Anträge Anwendung findet, die - wie hier - vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind (BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 23).

16

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), insbesondere auf sog Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG statt der erbrachten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) für die Zeit vom 1.1.2005 bis 29.2.2008.

2

Der 1982 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger; er lebt mit seinen Eltern und seiner Schwester in einer Wohnung in R Bis zum 29.2.2008 hat er monatliche Leistungen nach § 3 AsylbLG durch die Beklagte erhalten; mit Wirkung ab 1.3.2008 "stellte" die Beklagte die Leistungsgewährung wegen fehlender Bedürftigkeit aufgrund Einkommens des Vaters "ein" (Bescheid vom 3.3.2008). Danach war der Kläger von April 2008 bis 18.6.2010 beschäftigt und erzielte (nach den Feststellungen des Landessozialgerichts ) ein Nettoeinkommen in schwankender Höhe zwischen 571,63 Euro und 901,76 Euro. Nach dem Ende der Beschäftigung erhielt er zunächst wegen einer eingetretenen Sperrzeit statt Arbeitslosengeld (Alg) Alg II nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und erst nach Ablauf der Sperrzeit Alg nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in Höhe von 16,14 Euro kalendertäglich. Der Kläger ist (nach den Feststellungen des LSG) "zwischenzeitlich" im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis (aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland) nach § 23 Abs 1 Aufenthaltsgesetz.

3

Auf einen im März 2009 gestellten Antrag, nachträglich Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) zu gewähren, bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1.1.2005 bis 29.2.2008 weitere Leistungen (nur) in Höhe von 32 Euro monatlich (insgesamt 1216 Euro); einen weiter gehenden Anspruch lehnte sie wegen eines fehlenden Nachholbedarfs ab (Bescheid vom 26.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 9.9.2009). Die auf höhere bzw auf Analog-Leistungen gerichtete Klage ist erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.10.2010; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.5.2011).

4

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, ein Anspruch auf nachträgliche Gewährung von Analog-Leistungen statt der bestandskräftig zugestandenen Grundleistungen bestehe in Anwendung des § 44 SGB X unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht. Ein Nachzahlungsanspruch ergebe sich nur bei fortbestehender Notlage; diese sei bei einem temporären oder auf Dauer eingetretenen Wegfall der Bedürftigkeit - wie beim Kläger wegen der ab April 2008 in der Beschäftigung erzielten Verdienste - zu verneinen. Ohne Bedeutung sei, dass die Bewilligung überhaupt von Leistungen durch die Beklagte damit nicht im Einklang stehe. Auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Grundleistung könne der Kläger seinen Anspruch ebenfalls nicht stützen; eine Verfassungswidrigkeit der Grundleistungen (§ 3 AsylbLG)könne sich überhaupt nicht auswirken.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 44 SGB X. Zwar sei nach der Rechtsprechung des BSG eine Nachzahlung in der Regel abzulehnen, wenn die Bedürftigkeit zwischenzeitlich entfallen sei. Ein Regelfall sei aber aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verneinen; denn die gewährten Grundleistungen seien verfassungswidrig zu niedrig bemessen gewesen, um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten. Außerdem habe die Beklagte mit der nachträglichen Leistungsgewährung - wenn auch in geringerer Höhe - den Anspruch dem Grunde nach bereits anerkannt, sodass das Entfallen der Bedürftigkeit überhaupt nicht mehr geprüft werden dürfe. Die Rechtsprechung des BSG enthalte zudem Wertungswidersprüche.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben sowie den Bescheid vom 26.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.9.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung entgegenstehender Bescheide für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 29.2.2008 höhere Leistungen zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Ob der Kläger für den streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf höhere Leistungen in Form von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG bzw von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG besitzt, kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) nicht entschieden werden.

10

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 26.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.9.2009 (§ 95 SGG), soweit die Beklagte darin die Bewilligung höherer Leistungen unter entsprechender Änderung bestandskräftiger Bescheide abgelehnt hat. Gegen jenen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG(vgl nur BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 9), wobei auch im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X - wie vorliegend - ein Grundurteil nach § 130 SGG möglich wäre(BSGE 88, 299, 300 = SozR 3-4300 § 137 Nr 1). Ggf wird das LSG dafür jedoch die von der Beklagten abzuändernden bestandskräftigen Bewilligungsbescheide zu ermitteln haben, die den streitbefangenen Zeitraum betreffen.

11

Es ist bereits nicht sicher nachvollziehbar, dass die Beklagte gemäß § 9 Abs 3 AsylbLG iVm § 44 Abs 3 SGB X(vgl dazu BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 25 RdNr 13: keine Anwendung auf Verbandszuständigkeit) für die Abänderung der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide und die daraus resultierende Leistungsgewährung zuständig ist. Sachlich zuständig für die Durchführung des AsylbLG sind nach § 10 Satz 1 AsylbLG iVm § 1 Abs 1 Satz 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 29.11.1994 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1087) grundsätzlich die Gemeinden; die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 10a AsylbLG. Danach ist zuständig diejenige Gemeinde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist; (nur) im Übrigen (bei fehlender Verteilung bzw Zuweisung) ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält (§ 10a Abs 1 Satz 1 und 2 AsylbLG). Der Kläger wohnt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten; den Feststellungen des LSG ist indes nicht zu entnehmen, ob er dorthin auch verteilt oder zugewiesen worden ist. Zwar spricht vieles für eine Zuständigkeit der Beklagten, in tatsächlicher Hinsicht nachvollziehbar ist es jedoch für den Senat nicht.

12

Ähnlich ist die Situation, soweit es die Voraussetzungen des § 44 SGB X betrifft. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG lassen - wenn auch hier vieles dafür spricht - jedenfalls nicht mit letzter Sicherheit beurteilen, ob die Bedürftigkeit des Klägers nach dem 29.2.2008 entfallen ist. Wäre dies der Fall, müsste die Beklagte nach der Rechtsprechung des Senats (dazu später) höhere Leistungen als die bewilligten überhaupt nicht erbringen, sodass auch keine höheren als die nachträglich bewilligten Leistungen zustehen. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte mit dieser Bewilligung einen Anspruch auf Analog-Leistungen nicht bereits dem Grunde nach anerkannt. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Senats und des BSG, dass bei einem Streit um die Höhe der Leistungen alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach zu prüfen sind; denn in Bindung erwächst lediglich der Verfügungssatz über die Leistungsbewilligung selbst, nicht die Begründung dafür bzw tragende Elemente (vgl nur im Ergebnis BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22; grundlegend und allgemein BSGE 75, 235 ff = SozR 3-4100 § 100 Nr 5 mwN).

13

Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, der nach § 9 Abs 3 AsylbLG anwendbar ist, ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen (hier: Leistungen nach dem AsylbLG) zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich nach den Feststellungen des LSG nicht beurteilen; dies wäre jedoch nicht erforderlich, wenn, wovon das LSG ausgegangen ist, die Bedürftigkeit des Klägers nach dem streitbefangenen Zeitraum entfallen ist.

14

Hierzu hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 9.6.2011 (SozR 4-1300 § 44 Nr 22) unter Fortführung seiner Rechtsprechung für das Sozialhilferecht (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20) ausgeführt, es genüge für einen Anspruch auf rückwirkende Erbringung von Leistungen über § 44 SGB X auch nach dem AsylbLG nicht, dass bei Erlass der bestandskräftigen Verwaltungsakte Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden seien. Unter Berücksichtigung des § 44 Abs 4 SGB X ("nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs", hier das AsylbLG) müsse vielmehr den Besonderheiten des jeweiligen Leistungsrechts Rechnung getragen und berücksichtigt werden, dass die Leistungen nach dem AsylbLG ebenso wie die Sozialhilfe nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienten(BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 13) und deshalb für zurückliegende Zeiten nur dann zu erbringen seien, wenn die Leistungen ihren Zweck noch erfüllen könnten (vgl hierzu auch BSGE 101, 49 ff RdNr 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Da dies nur der Fall ist, wenn die Bedürftigkeit fortbesteht, also nicht temporär oder auf Dauer entfallen ist, scheidet eine Nachzahlung im Verfahren nach § 44 SGB X bei Wegfall der Bedürftigkeit grundsätzlich aus(BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 20; BSGE 104, 213 ff RdNr 21 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20). Bei zu erbringenden Monatsleistungen - wie hier entweder nach dem SGB II, SGB XII oder dem AsylbLG (dazu später) - genügt ein Entfallen für einen Monat (vgl zum Monatsprinzip: §§ 19 ff SGB II, §§ 27 ff SGB XII, § 3 AsylbLG).

15

Soweit der Kläger der oben bezeichneten Rechtsprechung des Senats Wertungswidersprüche und einen Verstoß gegen Art 19 Abs 4 Grundgesetz (GG) vorwirft, sind diese Gesichtspunkte bereits ausführlich in den kritisierten Urteilen berücksichtigt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat hinsichtlich des Normverständnisses des Senats und der modifizierten Anwendung der Norm keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvR 1263/11 -, juris RdNr 14 ff).

16

Soweit sich der Kläger schließlich darauf beruft, die Rechtsprechung des Senats erfasse nur den Regelfall, ein solcher liege hier jedoch wegen der verfassungswidrig zu niedrigen Geldleistungen nach dem AsylbLG nicht vor, kann dem ebenso wenig gefolgt werden; insbesondere kann dies nicht aus dem Urteil des BVerfG vom 18.7.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, Bundesgesetzblatt I 1715 ff) abgeleitet werden. In dieser Entscheidung hat das BVerfG sogar ausdrücklich eine Rückwirkung der von ihm selbst geschaffenen Übergangsregelung für höhere Geldleistungen in Form von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG auf Leistungszeiträume ab dem 1.1.2011 begrenzt (RdNr 139); die vom Kläger begehrte Leistung betrifft jedoch ausschließlich den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 29.2.2008. Zudem hat das BVerfG ausdrücklich klargestellt, dass eine Anwendung des § 44 SGB X in Bezug auf die Unvereinbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe der Grundleistungen mit dem GG bis Ende Juli 2012 ausgeschlossen sei(BVerfG aaO) und damit verfassungsrechtlich nicht geboten ist. Die vom Kläger vorrangig geltend gemachten Analog-Leistungen, die nach den Vorschriften des SGB XII erbracht werden, werden von der Entscheidung des BVerfG ohnedies nicht berührt. Sie sind in entsprechender Anwendung des SGB XII zu erbringen und damit höher als die Geldleistungen nach § 3 AsylbLG.

17

Die Beantwortung der Frage, ob die Bedürftigkeit des Klägers im Anschluss an den streitbefangenen Zeitraum zumindest zeitweise (für einen Monat) weggefallen ist, ist abhängig vom Aufenthaltsstatus des Klägers, der die Anwendung des SGB II, SGB XII oder des AsylbLG determiniert (§ 7 Abs 1 SGB II, § 23 Abs 2 SGB XII, § 1 AsylbLG); daraus ergibt sich auch der Maßstab für die Bedürftigkeit. Mit anderen Worten: Solange der Kläger die Voraussetzungen des § 1 AsylbLG erfüllte, unterfiel er wegen der Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 SGB II bzw des § 23 Abs 2 SGB XII weder dem System des SGB II noch dem des SGB XII; ab dem Zeitpunkt, ab dem die Voraussetzungen des § 1 AsylbLG nicht mehr vorlagen, beurteilt sich die Bedürftigkeit bei Erwerbsfähigkeit - was wohl der Fall war, aber ebenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht beurteilt werden kann - nach den Vorschriften des SGB II, bei fehlender Erwerbsfähigkeit denen des SGB XII. Letzteres würde auch gelten, wenn die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG für die Gewährung von Analog-Leistungen vorlägen. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die Bedürftigkeit des Klägers nach allen drei Regelungssystemen entfallen wäre. Selbst wenn die Entscheidung des LSG im Ergebnis richtig sein dürfte, so enthält sie doch keine eigenen Feststellungen über die Kosten der Unterkunft, zu dem für Freibeträge aus Erwerbseinkommen maßgeblichen Bruttoeinkommen, zu den berufsbedingten Aufwendungen und absetzbaren Versicherungen. Die Angabe, welche Bedarfe die Beklagte ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat, ersetzt diese Feststellungen nicht.

18

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. August 2010 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro zu zahlen.

Wegen der Ansprüche auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum von Juni 2010 bis November 2010 streitig.

2

Die 1970 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie bewohnte seit 2004 in H eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 48 qm in einem 1900 errichteten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 300 qm, die mit einem Gasetagenheizofen beheizt wurde. Die Zubereitung des Warmwassers erfolgte nicht über diese Heizung. Sie zahlte an die Vermieterin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro monatlich und an das Energieversorgungsunternehmen eine Vorauszahlung für die Belieferung mit Gas in Höhe von 127 Euro monatlich (insgesamt 330,64 Euro monatlich), die das beklagte Jobcenter als Leistungen für Unterkunft und Heizung zunächst vollständig bewilligte.

3

Mit Schreiben vom 29.1.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die Prüfung der Heizkosten habe ergeben, dass diese mit einem Jahresverbrauch in Höhe von 399,7 kWh pro qm unangemessen hoch seien, und wies sie darauf hin, dass - sollte sie sich nicht bemühen, die Heizkosten zu senken - ab dem 1.6.2009 nur noch die als angemessenen angesehenen Kosten für einen jährlichen Verbrauch von 148 kWh pro qm übernommen werden würden. Tatsächlich senkte er die Leistungen nach Juni 2009 zunächst nicht ab.

4

Im Anschluss an die Vorlage der Jahresabrechnung 2009, aus der sich ein nur wenig niedrigerer Verbrauch (etwa 395 kWh pro qm und Jahr) ergab, teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.2.2010 mit, die Kosten seien nach wie vor unangemessen hoch, worauf sie - die Klägerin - bereits mit Schreiben vom 29.1.2009 hingewiesen worden sei. Zur Prüfung, ob die Heizkosten - wie von ihr vorgetragen - baubedingt so hoch seien, werde der Bedarfsermittlungsdienst die Wohnung in Augenschein nehmen. Bei dieser Besichtigung im März 2010 stellte der Bedarfsermittlungsdienst des Beklagten fest, es handele sich um eine unterkellerte Wohnung im Erdgeschoss, die Außenwände seien nicht gedämmt und die Fenster nur teilweise isolierverglast.

5

Für die Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 bewilligte der Beklagte neben der Regelleistung Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,18 Euro monatlich, nämlich neben der Bruttokaltmiete in Höhe von 203,64 Euro lediglich noch 48,54 Euro für Heizkosten (Bescheid vom 21.4.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).

6

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben, wonach in der innegehabten Wohnung nach dem "Bundesweiten Heizspiegel" ein jährlicher Wärmeverbrauch von 10 032 kWh und nach der Richtlinie 2067 des Vereins Deutscher Ingenieure ein jährlicher Wärmeverbrauch von 12 921 kWh zu erwarten sei. Das SG hat daraufhin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010 Leistungen für Heizkosten in der Zeit vom 1.6.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von monatlich 67,93 Euro unter Beachtung der bereits hierfür bewilligten Leistungen zu gewähren" (Urteil vom 13.10.2011). Es sei von einem angemessenen jährlichen Verbrauch von 10 032 kWh im Jahr (= 209 kWh im Jahr je qm) auszugehen, sodass sich unter Orientierung an den Preisen des bisherigen Energieversorgungsunternehmens der tenorierte Betrag (<209 kWh/12 Monate x 6,62 Cent/kWh> / 100 x 48 qm zuzüglich 12,59 Euro Grundkosten pro Monat) ergebe.

7

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, "dass der Beklagte verurteilt wird, (…) Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.6.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von monatlich 271,57 Euro zu bewilligen" (Urteil vom 14.5.2012). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit das SG lediglich über die Höhe der Heizkosten entschieden habe, sei dies unzulässig und der Tenor entsprechend zu ändern gewesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu als das SG zugesprochen habe. Ihr Anspruch belaufe sich auf monatlich 203,64 Euro Kosten der Unterkunft und 67,50 Euro Heizkosten. Aufgrund des Verbots der reformatio in peius verbleibe es aber - ausgehend von dem vom SG errechneten Heizkostenbetrag in Höhe von monatlich 67,93 Euro - bei zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 271,57 Euro. Wegen der Bestimmung der angemessenen Heizkosten sei mangels kommunalem Heizspiegel der "Bundesweite Heizspiegel" heranzuziehen und zwar aus Gründen der Rechtssicherheit der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichte Heizspiegel 2010. Etwaige Nachforderungen bei zu niedrig bemessenen Werten des bisherigen Heizspiegels könne der Leistungsberechtigte bei dem Leistungsträger gesondert geltend machen. Weil die Wohnung der Klägerin mit einer Etagenheizung beheizt werde, sei es gerechtfertigt, den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen. Daher ergäben sich monatlich angemessene Heizkosten in Höhe von 67,50 Euro (= 50 qm vervielfältigt mit 16,20 Euro/qm geteilt durch 12 Monate). Die von der Klägerin begehrte Übernahme der tatsächlichen - unangemessen hohen - Heizkostenvorauszahlungen scheide demgegenüber aus. Eine Übernahme komme insbesondere nicht aufgrund des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in Betracht, weil der Beklagte die Klägerin wirksam zur Senkung der Heizkosten aufgefordert habe.

8

Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Die Klägerin rügt die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, unter Zugrundelegung des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei ein Wärmeverbrauch von 13 000 kWh je Jahr angemessen und der Berechnung zugrunde zu legen. Im Übrigen habe das LSG zu Unrecht den Heizspiegel 2010 herangezogen. Es hätte vielmehr den Heizspiegel 2011, der die Werte des Abrechnungsjahres 2010 enthalte, zugrunde legen müssen, der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits bekannt gewesen sei.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 59,07 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu zahlen sowie die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2012 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13. Oktober 2011 abzuändern, soweit er verurteilt wurde, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung monatlich von 271,57 Euro für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 zu bewilligen, und die Klage auch insofern abzuweisen
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

12

Er rügt ebenfalls die Verletzung von § 22 Abs 1 SGB II und macht geltend, das LSG habe bei der Berechnung zu Unrecht eine Wohnfläche von 50 qm und nicht die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt. Richtigerweise ergäben sich Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 268,44 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 64,80 Euro Heizkosten). Er - der Beklagte - sei durch das Urteil des LSG auch beschwert, weil die Leistungsverpflichtung durch das zweitinstanzliche Urteil zu seinen Lasten erweitert worden sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 169 Sozialgerichtsgesetz). Für die Zeit ab dem 1.9.2010 ist die zulässige Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Es fehlen ausreichende Feststellungen um beurteilen zu können, ob der Klägerin angesichts der offensichtlich überhöhten Energiekosten die Kostensenkung insbesondere durch einen Umzug in eine insgesamt kostengünstigere Wohnung möglich und zuzumuten war. Für den vorangehenden Zeitraum vom 1.6.2010 bis 31.8.2010 besteht ein Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro monatlich schon deshalb, weil der Beklagte nach Aufforderung zur Kostensenkung mit Schreiben vom 17.2.2010 jedenfalls vor dem 1.9.2010 zur entsprechenden Absenkung der Leistungen nicht berechtigt war. Insoweit kann der Senat in der Sache entscheiden (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

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1. Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Die aufgrund der Zulassung durch das LSG statthafte Revision kann wie jedes Rechtsmittel zulässig nur in dem Umfang eingelegt werden, in dem der jeweilige Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist. Maßgebend für die Beschwer ist der Inhalt der Entscheidung, soweit er der Rechtskraft fähig ist, also der Tenor, zu dessen Auslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl BSGE 43, 1, 3 = SozR 1500 § 131 Nr 4).

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An einer solchen Beschwer durch das Urteil des LSG fehlt es hier für den Beklagten. Das LSG hat den Tenor des SG zwar geändert und den Beklagten zu einer einheitlichen Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung verurteilt, weil es sich nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts ( vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f) bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um einen einheitlichen Streitgegenstand handele. Eine Erweiterung der Leistungsverpflichtung gegenüber der Entscheidung des SG durch das Urteil des LSG liegt in der Korrektur des Tenors aber nicht. Da bereits das SG zu Leistungen verurteilt hat, die insgesamt 19,39 Euro monatlich höher sind als die von dem Beklagten ursprünglich bewilligten, hat das LSG den der Rechtskraft fähigen Inhalt der Entscheidung nicht zu dessen Lasten erweitert. Soweit der Beklagte schließlich mit seiner Revision einwendet, dass der Klägerin lediglich ein geringerer Gesamtbetrag zustünde, ist das Urteil des SG insoweit bereits in Rechtskraft erwachsen und bindet die Beteiligten (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Beklagte hat trotz des teilweisen Unterliegens vor dem SG nicht selbst Berufung eingelegt, sondern lediglich beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

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2. Die zulässige Revision der Klägerin hat den Bescheid des Beklagten vom 21.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.5.2010 zum Gegenstand, mit dem der Beklagte der Klägerin im streitigen Zeitraum ua Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von lediglich monatlich 252,18 Euro (203,64 Euro Bruttokaltmiete und 48,54 Euro Heizkosten) bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG) und macht höhere Leistungen geltend. Sie hat den Streitgegenstand dabei zulässigerweise auf die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f). Nachdem der Beklagte das Urteil des SG nicht mit der Berufung angegriffen hat, sind nur noch die über 271,57 Euro (monatlich) hinausgehenden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,07 Euro im Streit.

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3. Die Klägerin, die nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) im streitigen Zeitraum zum leistungsberechtigten Personenkreis iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl I 554) gehört, hat nach § 19 Satz 1 SGB II(in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706) iVm § 22 Abs 1 SGB II(in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917) Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II).Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut und Systematik der Norm, wie der Senat bereits im Einzelnen dargelegt hat(stRspr seit BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen.

18

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Wegen der Aufwendungen der Unterkunft sind vorliegend alle berücksichtigungsfähigen Kosten der Klägerin, nämlich die Miete einschließlich der kalten Betriebskosten als "tatsächliche Aufwendungen" vom Beklagten in voller Höhe von 203,64 Euro erbracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unangemessen hoch wären, ergeben sich nicht.

19

b) Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

20

aa) Als berücksichtigungsfähige Kosten insoweit macht die Klägerin die monatlichen Abschlagszahlungen gegenüber ihrem Energieversorgungsunternehmen in Höhe von 127 Euro geltend. Weitere berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nicht ersichtlich. Im streitigen Zeitraum gehörten entsprechend den normativen Vorgaben in § 20 Abs 1, § 22 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) die Kosten für die Erzeugung von Warmwasser nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung.

21

bb) Eine getrennte Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen für Heizung von denen der Unterkunft folgt neben den dargelegten rechtlichen Überlegungen zumindest derzeit aus praktischen Gründen, die einer einheitlichen Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und also der Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze entgegenstehen. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, dh für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maßgeblichen Wohnungsmarkt am Wohnort der Klägerin nicht vor, wie sich aus den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen des Beklagten ergibt.Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze, wie ihn der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit den Kosten für einen Energieverbrauch von 148 kWh pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche beschrieben hat, würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 RdNr 171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen.

22

cc) Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festlegung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Der Senat hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt ( BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Trotz der Kritik insbesondere der Herausgeber des Heizspiegels an der von der Rechtsprechung aus diesen Werten abgeleiteten Funktion für das SGB II (vgl die Stellungnahme der co2online gGmbH vom 12.10.2012 unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegelkampagne/hartz-iv/index.html), hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten; dementsprechend ist die Rechtsprechung des BSG in der Folge vom Gesetzgeber nicht korrigiert worden. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich.

23

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne "im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen", folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast.

24

Gegen die Heranziehung des Heizspiegels zur Bestimmung des Grenzwertes kann vorliegend nicht eingewandt werden, dass Wohnungen, die nicht durch eine zentrale Heizungsanlage, sondern durch Heizöfen beheizt werden, vom Heizspiegel nicht erfasst werden (so aber Cottmann/Hillebrand, info also 2011, 28). Mit dem Grenzwert soll nur ermittelt werden, ob von einem Heizkostenverbrauch ausgegangen werden muss, der vom Verbraucher üblicherweise als überhöht angesehen wird (vgl bereits BSG aaO RdNr 23). Dabei können als "Standardverhältnisse" durchaus die Werte für die drei am weitesten verbreiteten Energieträger bei einer zentralen Beheizung herangezogen werden.

25

dd) Im vorliegenden Fall ist der maßgebliche Grenzwert überschritten. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden muss, neigt der Senat wie das LSG dazu, bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, zugunsten der Hilfebedürftigen den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Gas (215 kWh pro qm x 50 = 10750 kWh) ist vorliegend - bei einem Gesamtverbrauch der Klägerin von nahezu 19 000 kWh pro Jahr und Kosten von etwa 1500 Euro im Jahr - in jedem Fall überschritten.

26

ee) Das Überschreiten des Grenzwertes hat zunächst zur Folge, dass die Klägerin die Gründe dafür vorbringen muss, dass ihre Aufwendungen im Einzelfall gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Personenbedingte Gründe (zB Bettlägerigkeit eines Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft, Zugehörigkeit kleiner Kinder zur Bedarfsgemeinschaft oä), die die Rechtsprechung bislang in erster Linie als erheblich angesehen hat (BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 25; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 28), sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

27

Der ungünstige energetische Standard einer Wohnung, den die Klägerin geltend macht und den die innegehabte Wohnung hier nach den Feststellungen des Gutachters (auch) ausweist, ist für sich genommen kein Grund im Einzelfall, der den Träger der Grundsicherung zur dauerhaften Übernahme von hohen Heizkosten als "angemessene" Aufwendungen verpflichtet. Soweit der Senat ein "unwirtschaftliches Heizverhalten" als Anknüpfungspunkt für eine Pflicht zur Kostensenkung angesehen hat, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass nur "unvernünftiges", objektiv nicht begründbares Verhalten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers eine Pflicht zur Kostensenkung nach sich zieht. Auch unangemessen hohe (und damit unwirtschaftliche) Kosten, die der hilfebedürftige Leistungsempfänger nicht beeinflussen kann, berechtigten den Träger der Grundsicherung im Grundsatz nicht anders als bei überhöhten Unterkunftskosten Kostensenkungsmaßnahmen einzufordern.

28

c) Stellen sich die tatsächlich wegen der Heizung anfallenden Aufwendungen damit auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin im Einzelfall als unangemessen hoch dar, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt (vgl zur Kostensenkungsobliegenheit grundlegend BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29 und im Anschluss etwa Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 14/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 28; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 14; BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 14). Dies ergibt sich - auch wegen der bis zum 31.12.2010 nicht ausdrücklich genannten Aufwendungen für die Heizung (vgl Urteil des Senats vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 = Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18) - aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen sind, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

29

aa) Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz eines vorangegangenen Hinweises (hier vom 29.1.2009) eine maßgebliche Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht. Denn eine Kostensenkung durch Energieeinsparung ist dann entweder vom hilfebedürftigen Leistungsberechtigten nicht ernsthaft gewollt (und kann aber vom Träger der Grundsicherung nicht im Einzelfall "kontrolliert" und durchgesetzt werden) oder ist in der Wohnung aufgrund gebäude- und/oder wohnungsspezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen oder macht Investitionen vor allem des Vermieters notwendig, die der hilfebedürftige Leistungsberechtigte als Mieter nicht erzwingen kann (und die überdies zu einer Erhöhung der Miete führen können).

30

Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Nur ein Wohnungswechsel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann, ist das von dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger geforderte "wirtschaftliche Verhalten". Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Gegenüber dem grundsätzlich schützenswerten individuellen Interesse des hilfebedürftigen Leistungsempfängers am Verbleib in seiner Wohnung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an deren Aufgabe nur für den Fall eines wirtschaftlich sinnvollen Umzuges. Stehen auf dem in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarkt keine Wohnungen zur Verfügung, in denen von dem Träger der Grundsicherung insgesamt niedrigere Kosten aufzubringen sind, bleibt es der Entscheidung des Einzelnen überlassen, ob er weiterhin in einer Wohnung, die entsprechende Nachteile eines ungünstigen energetischen Standards mit sich bringt, aus anderen Gründen (etwa wegen ihrer Lage oder ihres Zuschnitts) verbleiben will. Ein ungünstiger energetischer Standard der Wohnung bleibt insofern bei Prüfung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht unbeachtlich.

31

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat durch die Neuregelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II zum 1.1.2011 (mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ) bestätigt. Danach muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Auch wenn im Gesetzgebungsverfahren andere Beispielsfälle zur Diskussion standen (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98), bestätigt Satz 4 in der neuen Fassung die Möglichkeit eines zusammenfassenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der gesamten Bruttowarmkosten (so auch Berlit in Münder, SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 92; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 RdNr 166), ohne dass über die Einzelheiten der Regelung, die vorliegend unmittelbar noch nicht zur Anwendung kommt, zu entscheiden wäre.

32

Im vorliegenden Fall wird das LSG nach Zurückverweisung also zu prüfen haben, welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Beklagte nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im Ausgangspunkt auf die vom Beklagten in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen) Heizkosten zurückgegriffen werden. Jedenfalls vorliegend erscheinen diese mit rund 1 Euro pro qm und Monat insbesondere im Vergleich mit Durchschnittskosten aus den Betriebskostenübersichten des Deutschen Mieterbundes (0,84 Euro Kosten für Heizung im Bundesdurchschnitt für das der streitigen Kostensenkung vorangegangene Abrechnungsjahr 2009) nicht unrealistisch niedrig. Die Werte des Heizspiegels, die nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln, sind bei dieser Prüfung nicht heranzuziehen.

33

Ergibt sich - was vorliegend angesichts der recht geringen Bruttokaltmiete möglich ist -, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin diese Vergleichskosten nicht übersteigen, sind der Klägerin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen. Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen, wenn im maßgeblichen Vergleichsraum Wohnungen zu diesem Gesamtpreis zur Verfügung stehen, wofür der Beklagte die materielle Beweislast trägt. Bei zutreffender Ermittlung eines abstrakt angemessenen Wertes für die Unterkunftskosten kann zwar davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dieser abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46). Solange aber ein Umzug wegen der Höhe der Kosten der Heizung notwendig wird und die vom Beklagten als angemessen angesehenen Heizkosten (mangels entsprechend differenzierter Datenerhebung) einen abstrakt angemessenen Wert nicht wiedergeben, kann diese Vermutung nicht gelten. Es bleibt (ähnlich wie dies § 22a SGB II in der seit dem 1.4.2011 geltenden Fassung vorgibt) dem kommunalen Träger überlassen, eine Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen oder entsprechende Wohnungen nachzuweisen.

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bb) Für die Zeit bis zum 31.8.2010 besteht ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (mithin in Höhe von weiteren 59,07 Euro monatlich), sodass die Revision der Klägerin insoweit in der Sache erfolgreich war. Erst mit dem 1.9.2010 war das einer Kostensenkung durch den Träger der Grundsicherung vorausgehende Kostensenkungsverfahren abgeschlossen; während der sechs vorangegangenen Monate war der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, die Kosten entsprechend den Vorgaben im Schreiben vom 29.1.2009 und vom 17.2.2010 zu senken. In dieser Zeit waren die tatsächlichen Kosten zu zahlen; erst danach kann der Beklagte - das Vorliegen der übrigen, oben dargelegten Voraussetzungen unterstellt - die Kosten rechtmäßig auf die angemessene Höhe senken.

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Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, aus dem nach der Rechtsprechung beider Senate (über den Wortlaut hinaus) neben der Obliegenheit zur Kostensenkung auch folgt, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Kosten ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das den Hilfebedürftigen in die Lage versetzt, diesen Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen(vgl insbesondere zur Kostensenkungsaufforderung wegen der Aufwendungen für Heizung BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - FEVS 60, 490 - Juris RdNr 22 und BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45 RdNr 18 mwN ).

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Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen genügte die am 29.1.2009 ausgesprochene Aufforderung zur Senkung der Kosten für die vorliegend streitige Absenkung ab dem 1.6.2010 nicht. Dies liegt schon deshalb nahe, weil eine Kostensenkung vorrangig durch Energieeinsparungen bei jährlicher Abrechnung der entsprechenden Kosten durch ein Energieversorgungsunternehmen nicht innerhalb von sechs Monaten realisierbar ist und es angezeigt erscheinen könnte, wegen der Kostensenkung durch Einsparung von Energie (die wegen der Regelung in § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II aF§ 22 abs 3 sgb ii> jedenfalls dem Träger der Grundsicherung zugutekommt) regelmäßig einen längeren Zeitraum zur Änderung des Verbrauchsverhaltens zuzubilligen. Eine abschließende Entscheidung braucht hierüber aber nicht zu erfolgen, denn jedenfalls hat der Beklagte die zum 1.6.2009 angekündigte Absenkung von Kosten der Heizung nicht durchgeführt. Da auf die erste Kostensenkungsaufforderung hin über längere Zeit hinweg gleichwohl die Kosten der Unterkunft und Heizung vollständig übernommen worden sind, durfte allein auf Grundlage dieser Kostensenkungsaufforderung eine Absenkung nicht mehr erfolgen (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 21).

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Erst mit der Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 ist damit das für den vorliegend streitigen Zeitraum maßgebliche Kostensenkungsverfahren eingeleitet worden. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte inhaltlich auf die Anforderungen zur Kostensenkung im Schreiben vom 29.1.2009 Bezug genommen hat und das Schreiben vom 17.2.2010 weitergehende Hinweise nicht enthält. Es brauchten die weiteren Möglichkeiten zur Kostensenkung - insbesondere auch eine ggf bestehende Verpflichtung zum Wohnungswechsel - nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Der Klägerin war zuzumuten, die notwendigen Entscheidungen auf der Grundlage der bis dahin erteilten Hinweise zu treffen und verbliebende Zweifel durch entsprechende Rückfragen zu klären (vgl bereits BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15).

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Die Kostensenkungsaufforderung vom 17.2.2010 setzte damit eine Frist zur Senkung von Kosten innerhalb der folgenden sechs Monate in Gang. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, weshalb die mit der erneuten Kostensenkungsaufforderung ausgelöste Frist vorliegend nur verkürzt gelten sollte. Da eine Kostensenkung durch Energieeinsparung sich entgegen den Erwartungen des Beklagten nicht hatte realisieren lassen, musste der Klägerin - wollte sie einer Absenkung von Leistungen entgehen - andere Möglichkeiten der Kosteneinsparung prüfen. Insbesondere ein von ihr ggf zu erwartender Wohnungswechsel bedarf aber eines erneuten zeitlichen Vorlaufs, für den sechs Monate ohne Weiteres notwendig erscheinen.

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4. Das LSG wird abschließend ggf über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.