Finanzgericht Hamburg Urteil, 04. März 2014 - 3 K 175/13

bei uns veröffentlicht am04.03.2014

Tatbestand

A.

1

Die Beteiligten streiten um die Haftung der Klägerin für Lohnsteuer bezüglich einer von dem beklagten Finanzamt (FA) angenommenen Geschäftsführervergütung.

I.

2

1. Die klagende GmbH wurde mit notariell beurkundetem Vertrag vom ... 2006 (Akte Allgemeines -AllgA- Bl. 4 ff.) gegründet. ... Gesellschafter waren die Fa. A sowie Herr und Frau B. Der Sitz der Klägerin befand sich in Hamburg. Zum Geschäftsführer wurde Herr C, wohnhaft D, F, bestellt (AllgA Bl. 40).

3

2. Am 04.05.2010 fand bei der Klägerin eine den Prüfungszeitraum 01.09.2006 bis 31.12.2009 betreffende Lohnsteuer-Außenprüfung statt.

4

Die Lohnsteuer-Außenprüferin traf in ihrem Betriebsprüfungsbericht vom 23.05.2011 folgende Feststellungen (Arbeitgeberakte -ArbgA- Bl. 118 ff.):

5

"Herr C ist angestellter Geschäftsführer der E GmbH. Gesellschaftsanteile besitzt er nicht. Herr C ist Arbeitnehmer gem. § 19 EStG in Verbindung mit § 1 LStDV.

6

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag bezüglich seiner Tätigkeit existiert nicht. Es erfolgt auch keine regelmäßige monatliche Gehaltszahlung.

7

Herrn C wird jedoch vom Arbeitgeber eine Kreditkarte zur Verfügung gestellt, mit der er, neben geschäftlichen Ausgaben, auch private Kosten begleichen kann. Belastungen für diese privaten Aufwendungen werden über das Verrechnungskonto des Geschäftsführers verbucht. Das Verrechnungskonto wurde in 2006 mit 1.194,- €, in 2007 mit 14.542,- €, in 2008 mit 30.373,- € und in 2009 mit 58.582,- € belastet.

8

Eine Verzinsung des negativen Verrechnungskontos wurde vorgenommen, ein Ausgleich durch private Mittel des Geschäftsführers erfolgte nicht.

9

Eine Belastung auf einem Verrechnungskonto steht dem Ausgleich durch private Zahlungsmittel nicht gleich. Es handelt sich dabei lediglich um den buchmäßigen Ausweis einer Forderung der Gesellschaft an ihren Geschäftsführer. Ein tatsächlicher Mittelabfluss bei dem Geschäftsführer gem. des Abflussprinzips des § 11 EStG erfolgt hiermit keineswegs.

10

Einen Darlehensvertrag über die zur Verfügung gestellten Mittel gibt es nicht. Sicherheitsleistungen wurden vom Geschäftsführer nicht gestellt, Bestimmungen über Laufzeit und Tilgung wurden nicht getroffen.

11

Die Herrn C zur Verfügung gestellten Mittel stellen Arbeitslohn im Sinne des § 2 LStDV dar. Sie fließen ihm im Rahmen seines Dienstverhältnisses zu. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden und ob sie vertraglich vereinbart wurden.

12

Einem fremden Dritten würde der Arbeitgeber keine Firmenkreditkarte für Privatausgaben zur Verfügung stellen. Herr C erhält diesen Vorteil vom Arbeitgeber, da er als Geschäftsführer für die E GmbH tätig ist.

13

Die erfolgte Verzinsung des negativen Verrechnungskontos ist unerheblich, da Herr C kein Gesellschafter der E GmbH ist und somit auch keine verdeckte Gewinnausschüttung möglich ist.

14

Im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung erfolgt eine Nachversteuerung der, über die Firmenkreditkarte zur Verfügung gestellten Mittel, die für private Zwecke verwendet wurden.

15

Herr C hat seinen festen Wohnsitz im Ausland. Er verfügt jedoch über eine Wohnung im Inland, die er zeitweilig aufsucht.

16

Eine Lohnsteuerkarte von Herrn C konnte nicht vorgelegt werden. (...)"

17

3. Das FA erließ daraufhin am 06.06.2011 einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit von September 2006 bis Dezember 2009, mit dem es die Klägerin gem. § 42d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wegen Lohnsteuer in Höhe von insgesamt 20.102,00 € sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 1.071,61 € in Anspruch nahm. Beigefügt war der Prüfungsbericht vom 23.05.2011. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin wurde damit begründet, dass sie Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe, ein Haftungsausschluss nicht vorliege und sie sich damit einverstanden erklärt habe (Rechtsbehelfsakte -RbA- Bl. 2).

II.

18

1. Die Klägerin legte gegen den Bescheid am 24.06.2011 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Prüfungsfeststellungen trügen die angeordnete Haftung als Arbeitgeberin für nicht abgeführte Lohnsteuer nicht. Herr C sei als Geschäftsführer zum Organ der Gesellschaft bestellt und vertrete damit unmittelbar die Gesellschaft. Die organschaftliche Stellung eines Geschäftsführers begründe kein Anstellungsverhältnis. Vielmehr sei die organschaftliche Stellung von einem etwaigen Anstellungsverhältnis strikt zu trennen. Die Außenprüferin habe festgestellt, dass kein Anstellungsvertrag vorliege und Herr C von der Klägerin keine regelmäßigen Gehaltszahlungen erhalten habe.

19

Sie, die Klägerin, könne nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen in der Anlage zum Prüfungsbericht die Behauptung aufgestellt werde, Herr C sei "angestellter" Geschäftsführer.

20

Herr C beziehe weder Arbeitslohn gemäß § 1 Abs. 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) noch bestehe ein Dienstverhältnis zu der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 2 LStDV. Herr C sei nicht in die geschäftliche Organisation der Klägerin eingebunden, sondern erteile als Organ der Klägerin selbst die Weisungen. Das Darlehen der Gesellschaft stelle keinen Arbeitslohn dar. Herr C sei nicht Arbeitnehmer und beziehe daher keinen Arbeitslohn. Die Gewährung eines Darlehens stelle auch keine Einnahme dar, da Herrn C aufgrund der Rückzahlungsverpflichtung kein Vermögen zufließe.

21

2. a) In einem Aktenvermerk vom 18.07.2011 nahm die Lohnsteuer-Außenprüferin zu dem Einspruch Stellung und führte dabei u. a. aus, Herr C sei als Geschäftsführer Organ der Gesellschaft und könne in dieser Position die Gesellschaft vertreten. Weiter führte sie aus: "Lohnsteuerrechtlich ist ein Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft Arbeitnehmer. Leistungen, die er aufgrund seiner Tätigkeit erhält, stellen Arbeitslohn dar und sind der Lohnversteuerung zu unterwerfen" (RbA Bl. 14).

22

b) Mit Schreiben vom 04.03.2013 wies das FA die Klägerin darauf hin, dass grundsätzlich bei Geschäftsführern einer GmbH zwischen der Organstellung im Außenverhältnis und ggf. arbeitsrechtlichen Verbindungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft im Innenverhältnis zu unterscheiden sei. Gem. § 1 Abs. 2 LStDV liege ein Dienstverhältnis vor, wenn ein Beschäftigter dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Unabhängig von arbeits- oder sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen könne steuerrechtlich ein Arbeitsverhältnis angenommen werden, wenn geschäftsführende Organe den Beschlüssen und Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hätten (RbA Bl. 15). Zur Klärung des Sachverhalts bat das FA um Übersendung des Darlehensvertrags sowie ggf. von Belegen über Rückzahlungen. Die Klägerin reichte die angeforderten Unterlagen trotz entsprechender Erinnerung nicht ein.

23

c) Mit Einspruchsentscheidung vom 02.07.2013 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und nahm zur Begründung auf das Schreiben vom 04.03.2013 Bezug.

III.

24

Mit der am 05.08.2013 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin.

25

Sie trägt zur Begründung vor (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 1 ff., 34 ff.):

26

Herr C sei kein Arbeitnehmer, so dass sie keine Lohnsteuer abzuführen habe. Das FA habe keine Feststellungen getroffen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ein Arbeitsverhältnis vorliege. Herr C unterliege keinen Anwesenheits- und Berichtspflichten und sei in keine Organisation eingebunden. Er sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit als Organ der Klägerin vollkommen frei. Soweit das FA in seinem Schreiben vom 04.03.2013 ausgeführt habe, ein Arbeitsverhältnis könne angenommen werden, wenn geschäftsführende Organe den Beschlüssen und Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten hätten, hänge dies "vollkommen in der Luft". Das FA habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass Herr C Beschlüsse der Gesellschafterversammlung auszuführen habe und den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterworfen sei.

27

Jenseits der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers bestünden keine vertraglichen Regelungen zwischen ihr, der Klägerin, und Herrn C über die Ausübung seiner Tätigkeit und deren Vergütung. Aus diesem Fehlen schriftlicher Vereinbarungen über die Tätigkeit des Geschäftsführers ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Arbeitnehmerstellung; vielmehr schließe das Fehlen besonders geregelter Weisungsbefugnisse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwingend aus. Entgegen der Ansicht des FA gebe es keine wesentlichen Tatsachen, die nach dem "Gesamtbild der Verhältnisse" eine Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers begründen könnten.

28

Die gewährten Darlehen stellten keinen Arbeitslohn dar, da sie nicht als Gegenleistung oder sonst im Zusammenhang mit einer Leistung des Geschäftsführers gewährt worden seien. Die Darlehen seien verzinslich und würden in der Bilanz der Klägerin als Forderungen ausgewiesen.

29

Im Übrigen seien die Zweifel am Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auch zu ihren, der Klägerin, Gunsten bei der Entschließung über die Haftungsinanspruchnahme zu berücksichtigen gewesen, da vorrangig die Veranlagung des vermeintlichen Arbeitnehmers vorzunehmen sei.

30

Die Klägerin beantragt,

31

den Haftungsbescheid vom 06.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.07.2013 aufzuheben.

32

Das FA beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Das FA ist der Auffassung, der Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung sei rechtmäßig, und nimmt zur Begründung auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung sowie das Schreiben vom 04.03.2013 Bezug.

35

Ergänzend macht das FA unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geltend, dass für die im Streitfall relevante Frage das "Gesamtbild der Verhältnisse" maßgeblich sei, die Klägerin aber wesentliche Tatsachen, die für ein Gesamtbild erforderlich seien, nicht mitteile, obwohl sie zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhaltes verpflichtet sei. Die Darlegung von Einzelheiten zur Gestaltung und Durchführung der umfangreichen Aktivitäten einschließlich der Übernahme von erheblicher Verantwortung durch den Geschäftsführer sei erforderlich, da die Klägerin schriftliche Verträge nicht vorlegen könne bzw. bislang nicht vorgelegt habe.

36

Dabei spreche das Fehlen schriftlicher Vereinbarungen für die Arbeitnehmerstellung des Geschäftsführers. Wer als Arbeitnehmer ohne schriftlichen oder aufgrund eines unwirksamen Arbeitsvertrages tätig werde, könne sich stets auf das Zustandekommen eines faktischen Arbeitsvertrages berufen, wonach ihm u. a. ein Anspruch auf angemessene Entlohnung zustehe. Im Falle eines Dienstvertrages sei es für den Auftragnehmer erheblich schwieriger, beim Fehlen von schriftlichen Vereinbarungen seine Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend zu machen.

37

Gegen die Qualifizierung der Zahlungen als Darlehensverbindlichkeit spreche, dass entgegen der unter Kaufleuten gängigen Praxis die Höhe des gewährten Betrages, die Fälligkeit und die Höhe des Zinssatzes schriftlich nicht vereinbart worden seien. Für die Qualifizierung als Arbeitslohn sei die Tatsache zu werten, dass Herr C in Deutschland nicht als Steuerpflichtiger geführt werde. Das müsste er aber, wenn es sich bei seiner Tätigkeit um eine selbständige handeln würde, da er in diesem Fall Unternehmer im Sinne des § 2 UStG wäre.

IV.

38

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22.01.2014 der Einzelrichterin übertragen (FGA Bl. 46).

39

Auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins am 12.11.2013 (FGA Bl. 39 ff.) sowie der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2014 (FGA Bl. 55 ff.) wird Bezug genommen.

40

Dem Gericht haben ein Band Arbeitgeberakten, ein Band Körperschaftsteuerakten, ein Band Gewerbesteuerakten, ein Band Umsatzsteuerakten, ein Band Betriebsprüfungsakten, ein Band Bilanz- und Bilanzberichtsakten, ein Band Rechtsbehelfsakten sowie ein Band Akten Allgemeines (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

B.

41

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

42

Die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin mit dem Haftungsbescheid vom 06.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.07.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), da das FA das ihm zustehende Ermessen mangels vollständiger Sachverhaltsermittlung nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat.

43

1. Nach § 5, § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach § 42d EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Bei der Inanspruchnahme als Haftungsschuldner gem. § 191 Abs. 1 AO i. V. m. § 42d EStG handelt es sich um eine zweigliedrige Ermessensentscheidung. Das FA hat zunächst zu prüfen, ob in der Person, die es heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift des § 42d EStG erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des FA an, ob und wenn es als Haftenden in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitungen, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar. Das Gericht ist dabei nicht befugt, eigenes Ermessen anstelle des Ermessens der Finanzverwaltung auszuüben. Aus diesem Grund ist eine Ermessensentscheidung nur dann als rechtmäßig anzusehen, wenn das Finanzamt den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt hat. Daraus folgt umgekehrt, dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art, die nach dem Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen wären, außer Acht lässt. Merkmale des Haftungstatbestandes müssen demnach bei der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO dann berücksichtigt und für diesen Zweck einwandfrei und erschöpfend ermittelt werden, wenn sie nach dem Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift für die Ermessensausübung von Bedeutung sind (BFH-Beschlüsse vom 15.05.2013 VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543; vom 14.05.2013 VII R 36/12, BFH/NV 2013, 1905; BFH-Urteile vom 11.03.2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579; vom 13.06.1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4; Urteil des FG Hamburg vom 02.11.2010 1 K 82/08, EFG 2011, 598). Daher ist die im Rahmen der Haftung nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung wegen nicht ausreichender Ermittlung bzw. Berücksichtigung des zutreffenden Sachverhalts auch in solchen Fällen fehlerhaft, in denen das Ermittlungsdefizit nicht nur Fragen des Entschließungs- und Auswahlermessens des FA im engeren Sinne betrifft, sondern sich auf bestimmte Tatbestandsmerkmale der Haftungsvorschrift bezieht (BFH-Urteil vom 12.12.1996 VII R 53/96, BFH/NV 1997, 386).

44

Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Das Finanzamt muss bei dieser Entscheidung seiner Pflicht zur einwandfreien und erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung und zur Auswertung des bekannten bzw. erkennbaren Sachverhaltes nachgekommen sein. Die Ermittlungspflicht des FA wird dabei durch die dem Steuerpflichtigen gem. § 90 AO auferlegte Mitwirkungspflicht begrenzt (BFH-Urteil vom 31.01.2002 VII B 312/00, BFH/NV 2002, 889).

45

2. Gemessen hieran ist die Ermessensentscheidung des FA in dem Haftungsbescheid vom 06.06.2011 vorliegend fehlerhaft, weil das FA den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt insbesondere hinsichtlich der Frage der Arbeitgebereigenschaft der Klägerin sowie der Arbeitnehmerschaft des Geschäftsführers Herrn C unzureichend ermittelt hat.

46

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft diese Tätigkeit selbständig oder unselbständig ausübt, ist vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalls und nicht auf dessen organschaftliche Stellung abzustellen (BFH-Urteil vom 20.10.2010 VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585).

47

Bei Vertretern juristischer Personen ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis. Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, hängt auch nicht vom Umfang der Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers im Innenverhältnis (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG) ab, sondern richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.2010 VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585; vom 14.05.2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912; vom 10.03.2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730).

48

Nach der Rechtsprechung des BFH gibt es zahlreiche Kriterien (Indizien), die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Für eine nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs und die Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen. Für persönliche Selbständigkeit hingegen sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.2010 VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585; vom 25.06.2009 V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom 10.03.2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730).

49

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Umsatz-, die Einkommen- und die Gewerbesteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 LStDV). Ob die Tätigkeit des Geschäftsführers arbeitsrechtlich oder sozialversicherungsrechtlich als nichtselbständige Tätigkeit bewertet würde, ist nicht erheblich, da dort ggf. andere Kriterien ausschlaggebend sein können (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 10.11.2006 1 K 15/06, EFG 2007, 766).

50

b) Vorliegend hat das FA keine hinreichenden Feststellungen zu den maßgeblichen Kriterien getroffen. Aus dem Vermerk der Lohnsteueraußenprüferin geht hervor, dass sie davon ausging, weitere Feststellungen nicht treffen zu müssen, da sie der Ansicht war, dass bereits aus der Geschäftsführerstellung die Arbeitnehmereigenschaft folge. In dem Schreiben vom 04.03.2013 ging das FA zwar auf die notwendige Unterscheidung zwischen Organstellung einerseits und arbeitsrechtlichen Verbindungen andererseits ein und forderte zur Klärung Kopien des Darlehensvertrags sowie Belege über Rückzahlungen an; als diese Unterlagen nicht eingereicht wurden, stellte es jedoch keine weiteren Sachverhaltsermittlungen an.

51

Soweit sich das FA darauf beruft, die Klägerin sei zunächst im Rahmen ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht zur Darlegung von Einzelheiten zur Gestaltung und Durchführung der Aktivitäten des Geschäftsführers verpflichtet, ist ihm nicht zu folgen. Zwar hat die Klägerin diesbezüglich keine Angaben gemacht. Allerdings ist festzuhalten, dass die Klägerin zumindest während der Lohnsteuer-Außenprüfung und im Einspruchsverfahren nicht aufgefordert wurde, sich zu den einzelnen Kriterien der Selbständigkeit/Unselbständigkeit zu äußern. In dem Schreiben vom 04.03.2013 wurde sie lediglich zur Einreichung des Darlehensvertrages - obwohl die Lohnsteuer-Außenprüferin bereits in ihrem Bericht vom 23.05.2011 festgesellt hatte, dass ein schriftlicher Darlehensvertrag nicht existiere (oben A.I.2.) - sowie von Belegen über die Rückzahlung aufgefordert (oben A.II.3.b)).

52

Durch die fehlenden Angaben seitens der Klägerin entfiel jedoch nicht die Pflicht des FA, den haftungsrelevanten Sachverhalt aufzuklären. Das FA besitzt die Erst- und Letztverantwortung für die Sachverhaltsaufklärung, und zwar unabhängig von der Erfüllung der Mitwirkungspflicht durch den Steuerpflichtigen. Es muss daher die ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung ausschöpfen. Zwar gilt der in § 88 AO normierte Untersuchungsgrundsatz nicht unbeschränkt, sondern wird durch die gesetzlichen Mitwirkungspflichten des Beteiligten aus §§ 90 ff. AO eingeschränkt. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht führt jedoch nur zu einer Reduzierung des Beweismaßes, das heißt, die Finanzbehörde darf sich mit einem geringeren Grad an Überzeugung begnügen. Das Beweismaß kann sich dann auf eine "größtmögliche Wahrscheinlichkeit" verringern (vgl. BFH-Urteile vom 06.02.2007 X B 136/06, juris; vom 22.09.2004 III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160). Vorliegend ist die Feststellung des FA, Herr C sei Arbeitnehmer der Klägerin, in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte für eine Unselbständigkeit des Geschäftsführers aber nicht einmal bei der Anwendung eines verringerten Beweismaßes möglich. Denn dieses erlaubt nur, einen geringeren Maßstab an die Überzeugungsbildung anzulegen, aber nicht, Feststellungen ohne entsprechende Tatsachengrundlage zu treffen.

53

c) Aus diesen Grundsätzen folgt, dass der angefochtene Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung bereits deshalb aufzuheben ist, weil sich das FA in seiner Entscheidung nicht mit der Arbeitgebereigenschaft der Klägerin bzw. der Arbeitnehmereigenschaft von Herrn C hinreichend auseinandergesetzt hat. Es ist davon auszugehen, dass das FA sein Entschließungsermessen von der Arbeitgebereigenschaft der Klägerin bzw. der Arbeitnehmereigenschaft von Herrn C abhängig gemacht hat. Die unzureichende Sachverhaltsermittlung hatte somit auf die Ermessensentscheidung des FA unmittelbaren Einfluss.

II.

54

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

55

2. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 04. März 2014 - 3 K 175/13

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Bundesfinanzhof Urteil, 20. Okt. 2010 - VIII R 34/08

bei uns veröffentlicht am 20.10.2010

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus der Tätigkeit für eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter-Geschäftsführ

Referenzen

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.

(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

(1)1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gilt § 38a Absatz 1 Satz 2 und 3 und § 40 Absatz 3 Satz 2.5Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(2)1Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.2Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.3Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.4Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.5§ 42 der Abgabenordnung bleibt unberührt.6Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Absatz 1, § 5) bleiben unberührt.

(1) Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.

(2) Zum Arbeitslohn gehören auch

1.
Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis;
2.
Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen. Bezüge, die ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten oder seines Rechtsvorgängers beruhen, gehören nicht zum Arbeitslohn, es sei denn, daß die Beitragsleistungen Werbungskosten gewesen sind;
3.
Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Voraussetzung ist, daß der Arbeitnehmer der Zukunftssicherung ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt. Ist bei einer Zukunftssicherung für mehrere Arbeitnehmer oder diesen nahestehende Personen in Form einer Gruppenversicherung oder Pauschalversicherung der für den einzelnen Arbeitnehmer geleistete Teil der Ausgaben nicht in anderer Weise zu ermitteln, so sind die Ausgaben nach der Zahl der gesicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen. Nicht zum Arbeitslohn gehören Ausgaben, die nur dazu dienen, dem Arbeitgeber die Mittel zur Leistung einer dem Arbeitnehmer zugesagten Versorgung zu verschaffen;
4.
Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer oder seinem Rechtsnachfolger als Ersatz für entgangenen oder entgehenden Arbeitslohn oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden;
5.
besondere Zuwendungen, die auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines früheren Dienstverhältnisses gewährt werden, zum Beispiel Zuschüsse im Krankheitsfall;
6.
besondere Entlohnungen für Dienste, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet werden, wie Entlohnung für Überstunden, Überschichten, Sonntagsarbeit;
7.
Lohnzuschläge, die wegen der Besonderheit der Arbeit gewährt werden;
8.
Entschädigungen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses.

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.

(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Der Arbeitgeber haftet

1.
für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat,
3.
für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird,
4.
für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Absatz 3a der Dritte zu übernehmen hat.

(2) Der Arbeitgeber haftet nicht, soweit Lohnsteuer nach § 39 Absatz 5 oder § 39a Absatz 5 nachzufordern ist und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen des § 38 Absatz 4 Satz 2 und 3 und des § 41c Absatz 4.

(3)1Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.2Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen.3Der Arbeitgeber kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird.4Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,

1.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,
2.
wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat.2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat.

(4)1Für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bedarf es keines Haftungsbescheids und keines Leistungsgebots, soweit der Arbeitgeber

1.
die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder
2.
nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.
2Satz 1 gilt entsprechend für die Nachforderung zu übernehmender pauschaler Lohnsteuer.

(5) Von der Geltendmachung der Steuernachforderung oder Haftungsforderung ist abzusehen, wenn diese insgesamt 10 Euro nicht übersteigt.

(6)1Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist, zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Absatz 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt, neben dem Arbeitgeber.2Der Entleiher haftet nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.3Der Entleiher haftet ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte.4Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist.5Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.6Der Entleiher darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht; § 219 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.7Ist durch die Umstände der Arbeitnehmerüberlassung die Lohnsteuer schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 Prozent des zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer anzunehmen, solange der Entleiher nicht glaubhaft macht, dass die Lohnsteuer, für die er haftet, niedriger ist.8Die Absätze 1 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.9Die Zuständigkeit des Finanzamts richtet sich nach dem Ort der Betriebsstätte des Verleihers.

(7) Soweit der Entleiher Arbeitgeber ist, haftet der Verleiher wie ein Entleiher nach Absatz 6.

(8)1Das Finanzamt kann hinsichtlich der Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer anordnen, dass der Entleiher einen bestimmten Teil des mit dem Verleiher vereinbarten Entgelts einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs notwendig ist; Absatz 6 Satz 4 ist anzuwenden.2Der Verwaltungsakt kann auch mündlich erlassen werden.3Die Höhe des einzubehaltenden und abzuführenden Teils des Entgelts bedarf keiner Begründung, wenn der in Absatz 6 Satz 7 genannte Prozentsatz nicht überschritten wird.

(9)1Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn ein Dritter nach § 38 Absatz 3a dessen Pflichten trägt.2In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber.3Soweit die Haftung des Dritten reicht, sind der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.4Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden; Absatz 4 gilt auch für die Inanspruchnahme des Dritten.5Im Fall des § 38 Absatz 3a Satz 2 beschränkt sich die Haftung des Dritten auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat; der maßgebende Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat.6In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 7 ist als Haftungsschuld der Betrag zu ermitteln, um den die Lohnsteuer, die für den gesamten Arbeitslohn des Lohnzahlungszeitraums zu berechnen und einzubehalten ist, die insgesamt tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer übersteigt.7Betrifft die Haftungsschuld mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen.8In den Fällen des § 38 Absatz 3a ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld zuständig.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Der Arbeitgeber haftet

1.
für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat,
3.
für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird,
4.
für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Absatz 3a der Dritte zu übernehmen hat.

(2) Der Arbeitgeber haftet nicht, soweit Lohnsteuer nach § 39 Absatz 5 oder § 39a Absatz 5 nachzufordern ist und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen des § 38 Absatz 4 Satz 2 und 3 und des § 41c Absatz 4.

(3)1Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.2Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen.3Der Arbeitgeber kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird.4Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,

1.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,
2.
wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat.2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat.

(4)1Für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bedarf es keines Haftungsbescheids und keines Leistungsgebots, soweit der Arbeitgeber

1.
die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder
2.
nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.
2Satz 1 gilt entsprechend für die Nachforderung zu übernehmender pauschaler Lohnsteuer.

(5) Von der Geltendmachung der Steuernachforderung oder Haftungsforderung ist abzusehen, wenn diese insgesamt 10 Euro nicht übersteigt.

(6)1Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist, zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Absatz 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt, neben dem Arbeitgeber.2Der Entleiher haftet nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.3Der Entleiher haftet ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte.4Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist.5Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.6Der Entleiher darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht; § 219 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.7Ist durch die Umstände der Arbeitnehmerüberlassung die Lohnsteuer schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 Prozent des zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer anzunehmen, solange der Entleiher nicht glaubhaft macht, dass die Lohnsteuer, für die er haftet, niedriger ist.8Die Absätze 1 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.9Die Zuständigkeit des Finanzamts richtet sich nach dem Ort der Betriebsstätte des Verleihers.

(7) Soweit der Entleiher Arbeitgeber ist, haftet der Verleiher wie ein Entleiher nach Absatz 6.

(8)1Das Finanzamt kann hinsichtlich der Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer anordnen, dass der Entleiher einen bestimmten Teil des mit dem Verleiher vereinbarten Entgelts einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs notwendig ist; Absatz 6 Satz 4 ist anzuwenden.2Der Verwaltungsakt kann auch mündlich erlassen werden.3Die Höhe des einzubehaltenden und abzuführenden Teils des Entgelts bedarf keiner Begründung, wenn der in Absatz 6 Satz 7 genannte Prozentsatz nicht überschritten wird.

(9)1Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn ein Dritter nach § 38 Absatz 3a dessen Pflichten trägt.2In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber.3Soweit die Haftung des Dritten reicht, sind der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.4Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden; Absatz 4 gilt auch für die Inanspruchnahme des Dritten.5Im Fall des § 38 Absatz 3a Satz 2 beschränkt sich die Haftung des Dritten auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat; der maßgebende Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat.6In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 7 ist als Haftungsschuld der Betrag zu ermitteln, um den die Lohnsteuer, die für den gesamten Arbeitslohn des Lohnzahlungszeitraums zu berechnen und einzubehalten ist, die insgesamt tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer übersteigt.7Betrifft die Haftungsschuld mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen.8In den Fällen des § 38 Absatz 3a ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld zuständig.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war alleiniger Anteilseigner und Vorstand der … AG. Wegen Umsatzsteuer und Säumniszuschlägen, die die AG dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) schuldete, nahm das FA den Kläger mit Bescheid vom 28. Februar 2007 in Haftung.

2

In dem über das Vermögen der AG eröffneten Insolvenzverfahren stimmte das FA am 14. Juni 2007 dem inzwischen rechtskräftigen Insolvenzplan zu, wonach die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % ihrer Forderungen befriedigt werden sollten.

3

Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben bis auf geringfügige Reduzierungen der Haftungssumme erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 905 veröffentlicht.

4

Der Kläger begründet seine Revision damit, dass der Haftungsbescheid angesichts der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan gegen Treu und Glauben verstoße. Durch die Inanspruchnahme werde die mit dem Insolvenzplan verfolgte Sanierung des Unternehmens unmöglich gemacht. Denn bei der Insolvenzschuldnerin handele es sich zwar rechtlich um eine AG, tatsächlich aber um ein kleines Einzelunternehmen, das entscheidend von seiner Person abhänge, weil er nicht nur alleiniger Gesellschafter und Vorstand, sondern darüber hinaus als Ingenieur auch die tragende Kraft des Unternehmens sei. Mit seiner Inanspruchnahme werde letztlich vernichtend auf die AG zugegriffen, was durch den Insolvenzplan gerade habe verhindert werden sollen. Der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) liege der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass von der Inanspruchnahme Dritter --hier des Klägers-- keine negativen Auswirkungen auf Durchführung und Verwirklichung des Insolvenzplans ausgehen solle. Damit, aber auch mit der Zustimmung des FA zum Insolvenzplan, sei in der besonderen Gestaltung des Falles die Inanspruchnahme des Alleingesellschafters unvereinbar - ein krasser Fall des venire contra factum proprium.

5

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

6

Das FA schließt sich dem FG-Urteil an und beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der insolvenzrechtlich begründete Teilerlass der planunterworfenen Steuerforderung sei einer auch dem weiteren Gesamtschuldner zugutekommenden Erfüllung der Steuerschuld i.S. des § 44 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nicht gleichzusetzen. Auch aus § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO ergebe sich, dass der Insolvenzplan keinen Einfluss auf die Haftung des Klägers habe.

7

Ergänzend betont das FA, der Kläger müsse sich an der von ihm gewählten Rechtsform für das Unternehmen festhalten lassen. Es habe sich mit seiner Zustimmung zum Insolvenzplan für die AG nicht zugleich verpflichtet, auf den Haftungsanspruch gegen den Kläger zu verzichten. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, da im Verhältnis zum Haftungsschuldner kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Im Übrigen sei eine Privilegierung des Haftungsschuldners bei verschuldensabhängiger Haftung --wie im Streitfall nach §§ 69, 34 AO-- dem Gesetz fremd.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

9

Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

10

1. Es ist nicht streitig und auch nicht zweifelhaft, dass der Kläger die Haftungsvoraussetzungen der §§ 69, 34 AO dem Grunde und der Höhe nach erfüllt.

11

2. Entgegen der Auffassung des Klägers steht seiner Inanspruchnahme als Haftungsschuldner auch nicht entgegen, dass das FA dem Insolvenzplan für die AG zugestimmt hat.

12

a) Nach § 254 Abs. 1 InsO treten mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein. Im Streitfall sollen die Gläubiger mit einer Quote von 0,5 % befriedigt werden. Der damit vereinbarte Erlass von 99,5 % der Forderung des FA wirkt nur zwischen den Planbeteiligten. Ausdrücklich bestimmt § 254 Abs. 2 Satz 1 InsO, dass die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner durch den Plan nicht berührt werden. Das entspricht der früheren Rechtslage nach § 82 Abs. 2 der Vergleichsordnung und § 193 Satz 2 der Konkursordnung (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19. Mai 2011 IX ZR 222/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1380).

13

b) Die mit dem Insolvenzplan bewirkte (teilweise) Befreiung der Schuldnerin von ihrer Steuerschuld führt nicht zu einem Erlöschen der Steuerforderung i.S. des § 47 AO (BGH-Urteil in HFR 2011, 1380). Sie berührt nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Sie ist kein "Erlass" und steht deshalb der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners nicht nach § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO entgegen. Denn diese Vorschrift will verhindern, dass ein dem Steuerschuldner gewährter Erlass dadurch wirtschaftlich zunichte gemacht wird, dass der an seiner Stelle in Anspruch genommene Haftungsschuldner bei jenem Regress nimmt. Diese Gefahr besteht im Allgemeinen nicht, wenn über das Vermögen des Steuerschuldners ein Insolvenzverfahren anhängig ist oder gewesen ist.

14

c) Entgegen der Auffassung des Klägers gebieten auch die von ihm hervorgehobenen "Besonderheiten des Sachverhalts" nicht, ihn von der Haftung für die Steuer- und Abgabenschulden der AG freizustellen.

15

aa) Aus dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung kann der Kläger nicht ableiten, dass das FA von seiner Haftungsinanspruchnahme absehen müsse, wenn es mit der Zustimmung zum Insolvenzplan dem mit dieser insolvenzrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit verfolgten Ziel der Unternehmenssanierung Rechnung trägt. Einen eine Auflösung gebietenden Wertungswiderspruch zwischen dem die Insolvenzordnung prägenden Schuldnerschutz und den Haftungsvorschriften der Abgabenordnung gibt es nicht. Denn die Insolvenzordnung beschränkt --wie oben schon dargestellt-- die Rechtswirkungen des Insolvenzplans ausdrücklich auf die Planbeteiligten und lässt die anderweitig geregelte Inanspruchnahme der Mitschuldner --zu denen die Haftungsschuldner zählen-- ausdrücklich unberührt (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO). Wie aus der sog. Regresssperre des § 254 Abs. 2 Satz 2 InsO, die ausdrücklich den Schuldner schützt, ein allgemeiner Rechtsgedanke abzuleiten sein könnte, jedwede Inanspruchnahme Dritter sei zu unterlassen, die negative Auswirkungen auf die Durchführung des Insolvenzplans haben könnte, erschließt sich dem Senat nicht.

16

bb) Auch mit einem auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Anspruch auf Schutz seines Vertrauens in den im Insolvenzplan vereinbarten Teilerlass des FA kann der Kläger die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids nicht begründen. Abgesehen von den vom FA und FG dagegen vorgebrachten Argumenten ist ein solches Vertrauen bei einem wegen schuldhafter Verletzung seiner steuerlichen Pflichten als gesetzlicher Vertreter nach §§ 69, 34 AO Haftenden angesichts der eindeutigen Rechtslage (§ 254 Abs. 2 Satz 1 InsO) grundsätzlich nicht schützenswert.

17

cc) Besonderheiten des Einzelfalles sind regelmäßig im Rahmen der vom FA zu treffenden Ermessensentscheidung über die Haftungsinanspruchnahme gemäß § 191 Abs. 1 AO --ggf. noch in der Einspruchsentscheidung-- zu berücksichtigen. Die gerichtliche Prüfung dieser Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 Satz 1 FGO darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

18

In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art, die nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen wären, außer Acht lässt. Merkmale des Haftungstatbestandes ebenso wie außertatbestandliche Gesichtspunkte müssen demnach bei der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift für die Ermessensausübung von Bedeutung sind (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1996 VII R 53/96, BFH/NV 1997, 386, m.w.N.).

19

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das FG die Entscheidung des FA nicht beanstandet, obwohl dieses den vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen der Haftungsinanspruchnahme auf die Sanierung der AG keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat. Der Senat kann offenlassen, inwieweit solche Auswirkungen bei der Entscheidung über die verschuldensabhängige Haftung nach §§ 69, 34 AO überhaupt beachtlich sein können. Denn weder dem Vorbringen des Klägers noch den Feststellungen des FG ist zu entnehmen, dass das FA die vom Kläger hervorgehobenen besonderen Umstände des Sachverhalts --dass der Kläger faktisch ein Einzelunternehmen geführt habe und seine Haftungsinanspruchnahme deshalb die mit dem Insolvenzplan beabsichtigte Sanierung der AG vereitele-- nicht erkannt hat. Aus den Erwägungen des FA wird vielmehr deutlich, dass ihm die faktischen Auswirkungen der Inanspruchnahme des Klägers auf die Sanierung der AG sehr wohl bewusst waren. Auch hat der Senat keine Zweifel, dass die Entscheidung, gleichwohl an der Haftungsinanspruchnahme festzuhalten, nicht als venire contra factum proprium zu beanstanden ist, sondern auf sachgerechten und plausiblen Erwägungen beruht. Wie sich aus der Einspruchsentscheidung und ergänzend dem Beklagtenvorbringen vor dem FG sinngemäß entnehmen lässt, argumentiert das FA zutreffend, dass es allein in der Gestaltungsfreiheit des Klägers gelegen habe, sein Unternehmen als AG und damit als eigenständige Rechtsperson --auch hinsichtlich der Rechtswirkungen eines Insolvenzplans-- zu führen. Der Kläger kann nicht einerseits den Vorteil der sich aus der Rechtsform der AG ergebenden Haftungsbeschränkung in Anspruch nehmen, gleichwohl andererseits insolvenzrechtlich wie der persönlich haftende Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (§ 227 Abs. 2 InsO) von der Schuldbefreiung seiner Gesellschaft durch den Insolvenzplan profitieren wollen. Ein korrekturbedürftiger Ermessensfehler des FA ist darin nicht zu erkennen.

Tatbestand

1

I. Der Ehemann der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) betrieb bis zum 31. Dezember 2007 ein Unternehmen für Abwasserdienstleistungen. Im Jahresabschluss wies er Anlagegüter (u.a. einen Spülbohrwagen) aus und ermittelte einen Aufgabegewinn unter Abzug eines Aufgabeerlöses in Höhe von 1.500 €.

2

Seit dem 1. Januar 2008 unterhält die Klägerin ein Unternehmen für Abwasserdienstleistungen. Nach ihrer Gewinnermittlung legte sie im Jahr 2008 Wirtschaftsgüter mit einem Wert von 1.500 € (u.a. einen gebrauchten Spülbohrwagen mit 1.300 €) in ihr Unternehmen ein.

3

Wegen Umsatzsteuerschulden des Betriebs ihres Ehemannes aus dem Jahr 2007 nahm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 12. April 2010 gemäß § 191 i.V.m. § 75 der Abgabenordnung (AO) "beschränkt auf den Bestand des übernommenen Vermögens i.H.v. 1.500 €" in Anspruch.

4

Mit ihrem --erfolglosen-- Einspruch und der Klage bestritt die Klägerin im Wesentlichen, den Betrieb ihres Ehemannes übernommen zu haben.

5

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Zwar lägen im Streitfall die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 Satz 1 AO vor. Denn das Unternehmen des Ehemannes sei zum 1. Januar 2008 im Ganzen auf die Klägerin übertragen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens mit einem Wert von mindestens 1.500 € auf die Klägerin übergegangen und die Klägerin sei in die Lage versetzt worden, das Unternehmen in seiner bisherigen Form weiterzuführen. Der Haftungsbescheid und die ihn bestätigende Einspruchsentscheidung seien aber aufzuheben, weil ihr Erlass ermessensfehlerhaft gewesen sei. Das FA könne daraus nicht die Vollstreckung gegen die Klägerin betreiben. Ihre Haftung beschränke sich gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 AO auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Von der Klägerin seien im Rahmen der Unternehmensübereignung aber nur unpfändbare Gegenstände übernommen worden. Der Spülbohrwagen, das übernommene Werkzeug und das Notebook seien für die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit der Klägerin erforderlich i.S. des § 811 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung (ZPO). Auch Kundenstamm und Firma des Unternehmens des Ehemannes könnten nicht gepfändet werden.

6

Mit seiner Revision macht das FA zusammengefasst geltend, eine etwaige Unpfändbarkeit der übernommenen Gegenstände könne einer Haftung nach § 75 AO nicht entgegenstehen. Sie könne zwar im Rahmen einer nachfolgenden Vollstreckung eine Rolle spielen, jedoch nicht zu einer Ermessenswidrigkeit der Haftungsinanspruchnahme führen. Das folge schon daraus, dass sich die Haftung nach § 75 AO entsprechend derjenigen nach § 74 AO auch auf das --nach Betriebsübernahme für ggf. veräußerte Vermögensgegenstände erworbene-- Surrogat erstrecke.

7

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Haftungsbescheid ist rechtmäßig.

10

1. Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 AO für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden.

11

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG erfüllt. Denn die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens des Ehemannes sind zum 1. Januar 2008 im Wert von mindestens 1.500 € auf die Klägerin übertragen worden und bei den weitaus höheren Steuerschulden des übernommenen Betriebs handelt es sich im Wesentlichen um die Umsatzsteuer des Jahres 2007.

12

2. Im Haftungsbescheid wurde die Haftung auch ausdrücklich auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt, wie es § 75 Abs. 1 Satz 2 AO erfordert. Wie der Senat bereits entschieden hat, reicht dieser Hinweis im Haftungsbescheid aus, eine genaue Bezeichnung der Haftungsgegenstände ist nicht geboten (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 73-74/91, BFH/NV 1993, 215; vom 2. November 2007 VII S 24/07 (PKH), BFH/NV 2008, 333; auch Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118). Abgesehen davon bezeichnet das FA in der Einspruchsentscheidung die haftenden Gegenstände und den Haftungsumfang hinreichend deutlich, indem es die übertragenen Anlagegüter und deren Wert bei Einlage in den Betrieb der Klägerin mit 1.500 € benennt.

13

3. Nicht zu folgen vermag der Senat allerdings der Auffassung des FG, die Heranziehung der Klägerin sei ermessensfehlerhaft, weil der Haftungsbescheid wegen Unpfändbarkeit der haftenden Gegenstände für das FA "ohne Nutzen" sei.

14

a) Zum einen könnte der "Nutzen" eines Haftungsbescheids bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 75 AO allenfalls dann eine Rolle spielen, wenn die Inhaftungnahme wegen nicht hinnehmbarer nachteiliger Folgen für den in Anspruch Genommenen missbräuchlich oder schikanös wäre und damit den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen Verfehlung der angemessenen Mittel-Zweck-Relation verletzte (zur Unverhältnismäßigkeit eines Insolvenzantrags vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2005 VII B 180/04, BFH/NV 2005, 1002, m.w.N.; zur uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2005 VII B 97/04, BFH/NV 2005, 2255, und Senatsurteil vom 17. Mai 2011 VII R 40/10, BFHE 233, 567, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2011, 247). Dafür gibt es im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte. Der "Nutzen" des Haftungsbescheids für den Fiskus liegt in der Sicherung der betrieblichen Ressourcen des übergebenen Unternehmens für die sich auf diesen Betrieb gründenden Steuerschulden (Senatsurteil vom 11. Mai 1993 VII R 86/92, BFHE 171, 27, BStBl II 1993, 700). Demgegenüber bewirkte die Inhaftungnahme keinen Eingriff in eine Rechtsposition der Betriebsübernehmerin, der Klägerin, der vom Zweck des § 75 AO nicht mehr gedeckt wäre. Denn sie haftet nur mit den Gegenständen, die im früheren Betrieb vorhanden waren. Auf die mögliche Unpfändbarkeit der übergegangenen Vermögensgegenstände im Betrieb ihres Ehemannes i.S. des § 295 AO, § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, kann sie sich nicht berufen, da dieser Pfändungsschutz personenbezogen ist. Denn danach sind nur "bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen", die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände nicht der Pfändung unterworfen.

15

b) Zum anderen ist ein Fehlgebrauch des dem FA bei der Inanspruchnahme der Klägerin gemäß § 75 i.V.m. § 191 Abs. 1 AO eingeräumten Ermessens nicht ersichtlich.

16

Offensichtlich berührt die vermeintliche Nutzlosigkeit des Haftungsbescheids nicht Gesichtspunkte, die unmittelbar das Entschließungsermessen betreffen. Es ist regelmäßig ermessensgerecht, den Übernehmer in Haftung zu nehmen, wenn die Betriebssteuern --wie vorliegend-- beim Übergeber nicht beigetrieben werden können (vgl. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 75 AO Rz 111). Allerdings sind nach der Rechtsprechung auch Merkmale des Haftungstatbestandes --ebenso wie außertatbestandliche Gesichtspunkte-- bei der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO zu berücksichtigen und demgemäß für diesen Zweck einwandfrei und erschöpfend zu ermitteln, jedoch nur dann, wenn sie nach dem Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift für die Ermessensausübung von Bedeutung sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1996 VII R 53/96, BFH/NV 1997, 386).

17

Entgegen der Auffassung des FG (und des FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Dezember 2002  7 K 86/00, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2003, 662) ist die Frage der Pfändbarkeit der übertragenen Vermögensgegenstände gemäß § 295 AO, § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kein solcher Gesichtspunkt. Auch dem vom FG für seine Rechtsauffassung zitierten Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. August 2010  11 K 245/09 (EFG 2010, 2064), in dem es auf die Pfändbarkeit der übernommenen Vermögensgegenstände nicht ankam, weil gar kein "übernommenes Vermögen" vorhanden war, ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen.

18

Gegenstände, die im früheren Unternehmen unpfändbar waren, müssen nicht auch im übernehmenden Betrieb zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlich sein. Und selbst zunächst unpfändbare Gegenstände können im Fall ihrer Veräußerung zur Erfüllung des Haftungsanspruchs beitragen. Denn die Gegenleistung oder der Ersatz für weggegebene oder sonst aus dem Betrieb ausgeschiedene Gegenstände, das Surrogat, ist von der Haftung nach § 75 AO umfasst (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage in § 74 AO Senatsurteil vom 22. November 2011 VII R 63/10, BFHE 235, 126, BStBl II 2012, 223; Beschluss vom 21. Februar 1996 VII B 243/95, BFH/NV 1996, 661, m.w.N.).

19

Ob die haftenden Gegenstände im Einzelfall unpfändbar sind, ist zu prüfen, wenn die Klägerin die Haftungssumme nicht entrichtet, so dass die Vollstreckung aus dem Haftungsbescheid durch Pfändung (§ 281 AO) in die übertragenen Gegenstände ansteht. Sind die Voraussetzungen der §§ 295 AO, 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erfüllt, liegt ein Vollstreckungshindernis vor. Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids, der die Grundlage der Vollstreckung bildet (§ 249 AO), wird davon nicht berührt.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus der Tätigkeit für eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.

2

Der Kläger erzielte im Streitjahr 1994 als Gesellschafter-Geschäftsführer verschiedener GmbH's Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem war er einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern der W-GmbH (W). Anstellungsverträge der W mit ihren Geschäftsführern bestanden im Streitjahr nicht; der Kläger hatte indes --ebenso wie sein Mitgeschäftsführer-- einen Beratungsvertrag mit der W geschlossen. Diese am 5. Juli 1992 geschlossene Vereinbarung lautete wie folgt:

3

§ 1 Vertragsgegenstand

Herr K. wird die Finanztechnik beratend begleiten und seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich zum Wohle der Gesellschaft einbringen.

Im Bereich der Vermietung wird Herr K. ebenfalls beratend und unterstützend eingreifen.

4

§ 2 Vergütung

Für diese Beratungstätigkeit erhält Herr K. monatlich DM 10.000 zzgl. MwSt.

Die Vergütung ist zum 5. des laufenden Monats fällig oder kann einem Verrechnungskonto gutgeschrieben werden.

5

§ 3 Laufzeit

Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit einer Frist von 1 Monat zum jeweiligen Quartalsende gekündigt werden.

6

§ 4 Sonstiges

Sollte sich der Arbeitsaufwand verändern, wird die obige Vergütung entsprechend erhöht oder verringert.

7

Unter Bezugnahme auf diese Vereinbarung erteilte der Kläger der W unter dem 10. Oktober 1995 eine Rechnung über insgesamt 345.000 DM, die sich auf die Beratungstätigkeit in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1994 bezog und von W bezahlt wurde.

8

In seiner Einkommensteuererklärung deklarierte er diese Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit in Höhe von 310.500 DM (Betriebseinnahme 345.000 DM ./. Betriebsausgaben in Höhe von pauschal 10 v.H. = 34.500 DM) nach. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Kläger gebeten hatte, nähere Angaben zu der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu machen, reichte der Kläger den mit der W geschlossenen Vertrag sowie seine Honorarabrechnung vom 10. Oktober 1995 ein.

9

Im Einkommensteuerbescheid 1994 und in dem hier strittigen Gewerbesteuermessbescheid für 1994 legte das FA einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 414.000 DM zugrunde. Später reduzierte das FA im Anschluss an eine Außenprüfung den Gewerbeertrag auf 345.000 DM und erließ unter dem 9. Juni 1999 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr.

10

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1246 veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 2006  15 K 20285/04 statt. Zur Begründung führte das FG an, es sei von einer nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers auszugehen.

11

Am 10. Oktober 2008 hat das FA einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1994 erlassen und den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 300.000 DM reduziert, nachdem sich im Verlaufe des Revisionsverfahrens herausgestellt hatte, dass ein Teilbetrag von 45.000 DM des vom Kläger vereinnahmten Honorars erst im Veranlagungszeitraum 1995 zugeflossen war.

12

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die erforderliche Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit nicht anhand des Gesamtbilds des Streitfalls und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Merkmale vorgenommen. Dem zwischen dem Kläger und der W abgeschlossenen Beratervertrag fehlten sämtliche Elemente, die das Wesen nichtselbständiger Tätigkeit ausmachten; der Charakter als Arbeitsverhältnis ergebe sich auch nicht aus anderen Umständen.

13

Das FA beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 12. Dezember 2006 15 K 20285/04 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision des FA ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

1. Das Urteil ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil ihm der nach dem Änderungsbescheid vom 10. Oktober 2008 nicht mehr existierende frühere Bescheid zugrunde lag (Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, m.w.N.).

17

Gleichwohl bedürfte es allein aus diesem Grund keiner Zurückverweisung nach § 127 FGO, weil der nach § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Änderungsbescheid keine neuen Streitpunkte enthält (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 IX R 55/03, BFH/NV 2004, 656). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nach den Feststellungen des Senats auch nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind. Den vom FA gerügten Verfahrensmangel hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; er sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

18

Die vom FG getroffenen Feststellungen bilden daher unverändert die Grundlage für die Entscheidung des Senats mit der Folge, dass der ursprüngliche Revisionsantrag in Fällen wie dem vorliegenden schon von Gerichts wegen an die veränderte Prozesslage anzupassen ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

19

2. Die Auffassung des FG, der Kläger habe mit den Honoraren aus seiner Beratertätigkeit für die W Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

20

a) Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245; vom 25. Juni 2009 V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom 23. April 2009 VI R 81/06, BFHE 225, 33; vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912; vom 2. Dezember 2005 VI R 16/03, BFH/NV 2006, 544; vom 10. März 2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730; vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255; vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661, jeweils m.w.N.). Hierzu hat der BFH u.a. in den Urteilen in BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873 sowie in BFHE 144, 215, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, wobei diese Aufgabe in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt und vom Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar ist.

21

Für eine nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen. Für persönliche Selbständigkeit hingegen sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung.

22

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe- und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. September 2005 IV A 5 -S 7104- 19/05, BStBl I 2005, 936, m.w.N.). Dabei kommt der jeweiligen sozial- und arbeits- oder steuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu; eine rechtliche Bindung besteht aber nicht.

23

b) Den vorstehend genannten Kriterien genügt das Urteil der Vorinstanz nicht. Zwar nimmt das FG zutreffend an, dass die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen sind. Für die hier zu beurteilende Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft geht das FG indes davon aus, dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer ergeben, stets unselbständig tätig ist und dass außerhalb des Geschäftsführungsbereichs aufgrund gesonderter Abmachung nur dann selbständige Leistungen vereinbart werden können, wenn sich diese inhaltlich und formal von der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe unterscheiden (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255; vom 24. August 1994 XI R 74/93, BFHE 176, 75, BStBl II 1995, 150). Bereits mit Urteil in BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730 hat der BFH diese Rechtsprechung aber aufgegeben und deutlich gemacht, dass bei Vertretern juristischer Personen zu unterscheiden ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis (z.B. Bundesarbeitsgericht --BAG--, Urteil vom 26. Mai 1999  5 AZR 664/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 3731, m.w.N.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., Anhang zu § 6 Rz 1; Marsch-Barner/Diekmann in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 3. Aufl., § 43 Rz 3; Michalski-Tebben, GmbHG, § 6 Rz 2). Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag (z.B. BAG-Urteil in NJW 1999, 3731, m.w.N.). Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, hängt auch nicht vom Umfang der Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers im Innenverhältnis (vgl. § 37 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) ab, sondern richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit (ebenso BAG-Urteil in NJW 1999, 3731). Abzustellen ist deshalb auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalles und nicht auf dessen organschaftliche Stellung.

24

c) Das FG ist bei seiner Entscheidung von anderen Grundsätzen ausgegangen; die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG die erforderliche Gesamtwürdigung selbst vornehmen muss.

25

aa) Bei der von ihm vorzunehmenden Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls wird das FG im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen haben, dass der zwischen dem Kläger und der W geschlossene Vertrag vom 5. Juli 1992 bereits seinem Wortlaut nach nicht als Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu werten ist. Der Regelung sind weder Aussagen zu festen Arbeitszeiten, zu persönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Klägers zu entnehmen, noch enthält der Vertrag Bestimmungen hinsichtlich etwaiger Urlaubsansprüche des Klägers, etwaiger Ansprüche auf sonstige Sozialleistungen und Fortzahlung der Bezüge noch zur Vergütung von Überstunden oder anderweitiger Ansprüche oder Pflichten, die auf eine Eingliederung in den Betrieb hindeuten.

26

Die von den Vertragsparteien gewählte Formulierung in § 1 des Vertrages (Vertragsgegenstand) deutet ebenfalls nicht darauf hin, dass der Kläger Weisungen unterworfen war. Ebenso wenig entspricht die in § 2 des Vertrages getroffene Honorarabsprache, wonach die Vergütung zum 5. des laufenden Monats fällig ist oder einem Verrechnungskonto gutgeschrieben werden kann, dem üblichen Bild eines Arbeits- oder Anstellungsvertrages, der in der Regel die Zahlung des Arbeitsentgeltes zu festen Terminen auf ein vom Arbeitnehmer zu bestimmendes Konto vorsieht. Nämliches gilt für die Vereinbarung, dass die dem Kläger zustehende Vergütung bei Änderung des Arbeitsaufwandes entsprechend zu erhöhen oder zu verringern ist. Diese Umstände sprechen eher für als gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers.

27

bb) Weiter wird das FG zu beachten haben, dass seine Auffassung, die vom Kläger geschuldeten "Beratungsleistungen" hätten unmittelbar der Verwirklichung des Geschäftszwecks der GmbH gedient und ließen sich inhaltlich nicht von den Pflichten unterscheiden, die der Kläger kraft seiner Organstellung zu erfüllen habe, mit den in erster Instanz festgestellten Tatsachen nicht in Einklang steht. Das FG lässt bei dieser Würdigung außer Acht, dass der Kläger ausweislich des Beratungsvertrages vom 5. Juli 1992 lediglich dazu verpflichtet war, die W in den Bereichen Finanztechnik und Vermietung zu beraten und zu unterstützen und dabei seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich einzubringen. Zwar liegt es auf der Hand, dass der Geschäftsführer einer GmbH kraft seiner Organstellung verpflichtet ist, die Finanzierung und Liquidität "seiner" GmbH sicherzustellen. Allein darauf beschränken sich die Aufgaben eines Geschäftsführers indes nicht. Dieser hat vielmehr in vollem Umfang auch die laufende Geschäftsführung der GmbH wahrzunehmen (vgl. u.a. §§ 35, 41, 42a GmbHG). Über den eng umgrenzten Bereich "Beratung und Unterstützung bei Finanztechnik und Vermietung" geht das erheblich hinaus.

28

Die Würdigung des FG ist im Übrigen schon deshalb lücken- und damit rechtsfehlerhaft, weil ein konkreter Umfang der (erforderlichen) Geschäftsführungstätigkeit des Klägers für die W nach den bisherigen Feststellungen des FG nicht erkennbar ist. Dem vorinstanzlichen Urteil ist weder zu entnehmen, welchen Unternehmensgegenstand die W hatte, noch welchen Umfang und welche Größenordnung das Unternehmen besaß. Nach Kapitalisierungsgrad, Umsatzhöhe, Anzahl der Arbeitnehmer und der getätigten Geschäfte etc. können sich für GmbH-Geschäftsführer je nach Einzelfall aus der Organstellung hinsichtlich der laufenden Geschäfte unterschiedliche Verpflichtungen ergeben.

29

cc) Ferner hätte das FG zu beachten, dass auch die Beteiligungsquote des Klägers an der W Anlass geben kann, dessen Tätigkeit als selbständige zu beurteilen. GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 544). Auch wenn diese Einordnung auf sozialrechtlichen Überlegungen beruht (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 1994  12 RK 72/92, NJW 1994, 2974), die für die steuerrechtliche Einstufung einer Tätigkeit als selbständig oder nichtselbständig keine Bindungswirkung besitzen, kann die Beteiligungsquote im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zumindest als Indiz herangezogen werden. Aus dem FG-Urteil ist indes lediglich erkennbar, dass der Kläger einer von zwei Gesellschaftern der W ist. Zur Höhe seiner Beteiligung hat das FG keine Aussagen getroffen.

30

dd) Das FG hat --aus seiner Sicht folgerichtig-- keine endgültigen tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.S. des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG) erzielt hat. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung als auch Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit verneinen, wird es dieser Frage nachgehen und insbesondere prüfen müssen, ob der Kläger eine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat.

(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind.

(2) Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder daß die Zustimmung der Gesellschafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus der Tätigkeit für eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er war, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.

2

Der Kläger erzielte im Streitjahr 1994 als Gesellschafter-Geschäftsführer verschiedener GmbH's Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem war er einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern der W-GmbH (W). Anstellungsverträge der W mit ihren Geschäftsführern bestanden im Streitjahr nicht; der Kläger hatte indes --ebenso wie sein Mitgeschäftsführer-- einen Beratungsvertrag mit der W geschlossen. Diese am 5. Juli 1992 geschlossene Vereinbarung lautete wie folgt:

3

§ 1 Vertragsgegenstand

Herr K. wird die Finanztechnik beratend begleiten und seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich zum Wohle der Gesellschaft einbringen.

Im Bereich der Vermietung wird Herr K. ebenfalls beratend und unterstützend eingreifen.

4

§ 2 Vergütung

Für diese Beratungstätigkeit erhält Herr K. monatlich DM 10.000 zzgl. MwSt.

Die Vergütung ist zum 5. des laufenden Monats fällig oder kann einem Verrechnungskonto gutgeschrieben werden.

5

§ 3 Laufzeit

Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann mit einer Frist von 1 Monat zum jeweiligen Quartalsende gekündigt werden.

6

§ 4 Sonstiges

Sollte sich der Arbeitsaufwand verändern, wird die obige Vergütung entsprechend erhöht oder verringert.

7

Unter Bezugnahme auf diese Vereinbarung erteilte der Kläger der W unter dem 10. Oktober 1995 eine Rechnung über insgesamt 345.000 DM, die sich auf die Beratungstätigkeit in der Zeit vom 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1994 bezog und von W bezahlt wurde.

8

In seiner Einkommensteuererklärung deklarierte er diese Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit in Höhe von 310.500 DM (Betriebseinnahme 345.000 DM ./. Betriebsausgaben in Höhe von pauschal 10 v.H. = 34.500 DM) nach. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Kläger gebeten hatte, nähere Angaben zu der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu machen, reichte der Kläger den mit der W geschlossenen Vertrag sowie seine Honorarabrechnung vom 10. Oktober 1995 ein.

9

Im Einkommensteuerbescheid 1994 und in dem hier strittigen Gewerbesteuermessbescheid für 1994 legte das FA einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 414.000 DM zugrunde. Später reduzierte das FA im Anschluss an eine Außenprüfung den Gewerbeertrag auf 345.000 DM und erließ unter dem 9. Juni 1999 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr.

10

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1246 veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 2006  15 K 20285/04 statt. Zur Begründung führte das FG an, es sei von einer nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers auszugehen.

11

Am 10. Oktober 2008 hat das FA einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1994 erlassen und den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 300.000 DM reduziert, nachdem sich im Verlaufe des Revisionsverfahrens herausgestellt hatte, dass ein Teilbetrag von 45.000 DM des vom Kläger vereinnahmten Honorars erst im Veranlagungszeitraum 1995 zugeflossen war.

12

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die erforderliche Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit nicht anhand des Gesamtbilds des Streitfalls und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Merkmale vorgenommen. Dem zwischen dem Kläger und der W abgeschlossenen Beratervertrag fehlten sämtliche Elemente, die das Wesen nichtselbständiger Tätigkeit ausmachten; der Charakter als Arbeitsverhältnis ergebe sich auch nicht aus anderen Umständen.

13

Das FA beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 12. Dezember 2006 15 K 20285/04 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision des FA ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

1. Das Urteil ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil ihm der nach dem Änderungsbescheid vom 10. Oktober 2008 nicht mehr existierende frühere Bescheid zugrunde lag (Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, m.w.N.).

17

Gleichwohl bedürfte es allein aus diesem Grund keiner Zurückverweisung nach § 127 FGO, weil der nach § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Änderungsbescheid keine neuen Streitpunkte enthält (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 IX R 55/03, BFH/NV 2004, 656). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nach den Feststellungen des Senats auch nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind. Den vom FA gerügten Verfahrensmangel hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; er sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

18

Die vom FG getroffenen Feststellungen bilden daher unverändert die Grundlage für die Entscheidung des Senats mit der Folge, dass der ursprüngliche Revisionsantrag in Fällen wie dem vorliegenden schon von Gerichts wegen an die veränderte Prozesslage anzupassen ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43).

19

2. Die Auffassung des FG, der Kläger habe mit den Honoraren aus seiner Beratertätigkeit für die W Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

20

a) Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245; vom 25. Juni 2009 V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom 23. April 2009 VI R 81/06, BFHE 225, 33; vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912; vom 2. Dezember 2005 VI R 16/03, BFH/NV 2006, 544; vom 10. März 2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730; vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255; vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661, jeweils m.w.N.). Hierzu hat der BFH u.a. in den Urteilen in BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873 sowie in BFHE 144, 215, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, wobei diese Aufgabe in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt und vom Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar ist.

21

Für eine nichtselbständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen. Für persönliche Selbständigkeit hingegen sprechen Selbständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung.

22

Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe- und die Umsatzsteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. September 2005 IV A 5 -S 7104- 19/05, BStBl I 2005, 936, m.w.N.). Dabei kommt der jeweiligen sozial- und arbeits- oder steuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu; eine rechtliche Bindung besteht aber nicht.

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b) Den vorstehend genannten Kriterien genügt das Urteil der Vorinstanz nicht. Zwar nimmt das FG zutreffend an, dass die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen sind. Für die hier zu beurteilende Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft geht das FG indes davon aus, dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft zu folgen hat, die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer ergeben, stets unselbständig tätig ist und dass außerhalb des Geschäftsführungsbereichs aufgrund gesonderter Abmachung nur dann selbständige Leistungen vereinbart werden können, wenn sich diese inhaltlich und formal von der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe unterscheiden (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255; vom 24. August 1994 XI R 74/93, BFHE 176, 75, BStBl II 1995, 150). Bereits mit Urteil in BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730 hat der BFH diese Rechtsprechung aber aufgegeben und deutlich gemacht, dass bei Vertretern juristischer Personen zu unterscheiden ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis (z.B. Bundesarbeitsgericht --BAG--, Urteil vom 26. Mai 1999  5 AZR 664/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 3731, m.w.N.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., Anhang zu § 6 Rz 1; Marsch-Barner/Diekmann in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 3. Aufl., § 43 Rz 3; Michalski-Tebben, GmbHG, § 6 Rz 2). Bestellung und Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftliche Rechtsakte, durch die gesetzliche und satzungsgemäße Kompetenzen übertragen oder entzogen werden. Dagegen ist die Anstellung zum Zweck des Tätigwerdens als Vertretungsorgan regelmäßig ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag (z.B. BAG-Urteil in NJW 1999, 3731, m.w.N.). Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, hängt auch nicht vom Umfang der Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers im Innenverhältnis (vgl. § 37 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) ab, sondern richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Tätigkeit (ebenso BAG-Urteil in NJW 1999, 3731). Abzustellen ist deshalb auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalles und nicht auf dessen organschaftliche Stellung.

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c) Das FG ist bei seiner Entscheidung von anderen Grundsätzen ausgegangen; die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG die erforderliche Gesamtwürdigung selbst vornehmen muss.

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aa) Bei der von ihm vorzunehmenden Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls wird das FG im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen haben, dass der zwischen dem Kläger und der W geschlossene Vertrag vom 5. Juli 1992 bereits seinem Wortlaut nach nicht als Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu werten ist. Der Regelung sind weder Aussagen zu festen Arbeitszeiten, zu persönlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Klägers zu entnehmen, noch enthält der Vertrag Bestimmungen hinsichtlich etwaiger Urlaubsansprüche des Klägers, etwaiger Ansprüche auf sonstige Sozialleistungen und Fortzahlung der Bezüge noch zur Vergütung von Überstunden oder anderweitiger Ansprüche oder Pflichten, die auf eine Eingliederung in den Betrieb hindeuten.

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Die von den Vertragsparteien gewählte Formulierung in § 1 des Vertrages (Vertragsgegenstand) deutet ebenfalls nicht darauf hin, dass der Kläger Weisungen unterworfen war. Ebenso wenig entspricht die in § 2 des Vertrages getroffene Honorarabsprache, wonach die Vergütung zum 5. des laufenden Monats fällig ist oder einem Verrechnungskonto gutgeschrieben werden kann, dem üblichen Bild eines Arbeits- oder Anstellungsvertrages, der in der Regel die Zahlung des Arbeitsentgeltes zu festen Terminen auf ein vom Arbeitnehmer zu bestimmendes Konto vorsieht. Nämliches gilt für die Vereinbarung, dass die dem Kläger zustehende Vergütung bei Änderung des Arbeitsaufwandes entsprechend zu erhöhen oder zu verringern ist. Diese Umstände sprechen eher für als gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers.

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bb) Weiter wird das FG zu beachten haben, dass seine Auffassung, die vom Kläger geschuldeten "Beratungsleistungen" hätten unmittelbar der Verwirklichung des Geschäftszwecks der GmbH gedient und ließen sich inhaltlich nicht von den Pflichten unterscheiden, die der Kläger kraft seiner Organstellung zu erfüllen habe, mit den in erster Instanz festgestellten Tatsachen nicht in Einklang steht. Das FG lässt bei dieser Würdigung außer Acht, dass der Kläger ausweislich des Beratungsvertrages vom 5. Juli 1992 lediglich dazu verpflichtet war, die W in den Bereichen Finanztechnik und Vermietung zu beraten und zu unterstützen und dabei seine persönlichen Kontakte im Bankenbereich einzubringen. Zwar liegt es auf der Hand, dass der Geschäftsführer einer GmbH kraft seiner Organstellung verpflichtet ist, die Finanzierung und Liquidität "seiner" GmbH sicherzustellen. Allein darauf beschränken sich die Aufgaben eines Geschäftsführers indes nicht. Dieser hat vielmehr in vollem Umfang auch die laufende Geschäftsführung der GmbH wahrzunehmen (vgl. u.a. §§ 35, 41, 42a GmbHG). Über den eng umgrenzten Bereich "Beratung und Unterstützung bei Finanztechnik und Vermietung" geht das erheblich hinaus.

28

Die Würdigung des FG ist im Übrigen schon deshalb lücken- und damit rechtsfehlerhaft, weil ein konkreter Umfang der (erforderlichen) Geschäftsführungstätigkeit des Klägers für die W nach den bisherigen Feststellungen des FG nicht erkennbar ist. Dem vorinstanzlichen Urteil ist weder zu entnehmen, welchen Unternehmensgegenstand die W hatte, noch welchen Umfang und welche Größenordnung das Unternehmen besaß. Nach Kapitalisierungsgrad, Umsatzhöhe, Anzahl der Arbeitnehmer und der getätigten Geschäfte etc. können sich für GmbH-Geschäftsführer je nach Einzelfall aus der Organstellung hinsichtlich der laufenden Geschäfte unterschiedliche Verpflichtungen ergeben.

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cc) Ferner hätte das FG zu beachten, dass auch die Beteiligungsquote des Klägers an der W Anlass geben kann, dessen Tätigkeit als selbständige zu beurteilen. GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 544). Auch wenn diese Einordnung auf sozialrechtlichen Überlegungen beruht (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juni 1994  12 RK 72/92, NJW 1994, 2974), die für die steuerrechtliche Einstufung einer Tätigkeit als selbständig oder nichtselbständig keine Bindungswirkung besitzen, kann die Beteiligungsquote im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zumindest als Indiz herangezogen werden. Aus dem FG-Urteil ist indes lediglich erkennbar, dass der Kläger einer von zwei Gesellschaftern der W ist. Zur Höhe seiner Beteiligung hat das FG keine Aussagen getroffen.

30

dd) Das FG hat --aus seiner Sicht folgerichtig-- keine endgültigen tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.S. des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG) erzielt hat. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung als auch Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit verneinen, wird es dieser Frage nachgehen und insbesondere prüfen müssen, ob der Kläger eine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat.

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.

(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.