Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 01. Feb. 2018 - 5 Sa 357/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0201.5Sa357.17.00
bei uns veröffentlicht am01.02.2018

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20. Juli 2017, Az. 8 Ca 544/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1989 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2013 bei dem Beklagten als Kurierfahrer beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 01.08.2013 haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und einen monatlichen Nettolohn von € 1.600,00 vereinbart. Tatsächlich zahlte der Beklagte den gesetzlichen Mindestlohn von zuletzt € 8,84 brutto pro Arbeitsstunde und eine Verpflegungspauschale. Der Beklagte beschäftigt 13 Arbeitnehmer in Vollzeit.

3

Am Morgen des 09.03.2017 meldete sich der Kläger mit Rückenschmerzen arbeitsunfähig krank. Der behandelnde Arzt stellte ihm am 09.03.2017 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 15.03.2017, später eine Folgebescheinigung bis 24.03.2017 aus. Mit Schreiben vom 09.03.2017 erteilte der Auftraggeber des Beklagten, der Paketdienst G., dem Kläger mit sofortiger Wirkung ein Haus- und Hofverbot für das Depot in Mannheim sowie sämtliche anderen Betriebsstätten von G.. Ebenfalls mit Schreiben vom 09.03.2017 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Im Kündigungsschreiben heißt es:

4

"Sehr geehrter Herr A.,

5

nachdem Sie gestern erneut extrem aggressiv gegenüber den Mitfahrern waren, einen Mitarbeiter unserer Firma massiv bedroht haben und Ihre Handgreiflichkeiten nicht im Griff hatten, hat unser Auftraggeber, die Firma G., mit heutigem Datum Ihnen ein Hausverbot ausgesprochen. Aus diesem Grund sehen wir uns gezwungen Ihnen Ihr o.g. Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung fristlos zu kündigen.

6

Hiermit erinnern wir Sie, dass wir Sie mehrmals wegen Ihrer Aggression ermahnt haben.

7

Bitte denken Sie daran sich unverzüglich bei der Arbeitsagentur zu melden.

8

Hochachtungsvoll (Unterschrift)"

9

Gegen die am 11.03.2017 zugegangene Kündigung hat der Kläger am 31.03.2017 Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei am 08.03.2017 von seinem Arbeitskollegen F. bedroht und geschubst worden. Von ihm selbst seien keinerlei Aggressionen oder Tätlichkeiten ausgegangen. Das Hausverbot des Paketdienstes G. sei daher unberechtigt. Der Beklagte sei verpflichtet, ihn anderweitig einzusetzen. Aufgrund des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Krankmeldung und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung sei davon auszugehen, dass die Kündigung eine Rache des Beklagten für die Krankmeldung sei.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

11

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 09.03.2017, ihm zugegangen am 11.03.2017, nicht beendet worden ist.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat vorgetragen, der Paketdienst G. sei sein einziger Auftraggeber. Im Paketzentrum der G. sei es am 08.03.2017 zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen. Der Kläger sei gegen seinen Arbeitskollegen F. in brutaler Weise vorgegangen. Er habe den Kläger nach dem Vorfall gedrängt, sich bei G. und dem Mitarbeiter zu entschuldigen. Dies habe der Kläger rundweg abgelehnt. Der Kläger sei seit geraumer Zeit wiederholt aggressiv, beleidigend und auch tätlich gegenüber Kunden und Kollegen geworden, so dass er mehrfach von ihm und seiner Ehefrau abgemahnt worden sei. So habe es Beschwerden über den Kläger am 15., 19. und 21.09. sowie am 17.10.2016 gegeben. Nach jedem dieser Vorwürfe sei mit dem Kläger Rücksprache gehalten und er darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein solches Verhalten auf Dauer nicht hinnehmbar sei.

15

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat der Klage mit Urteil vom 20.07.2017 stattgegeben und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, eine Tätlichkeit gegenüber einem Arbeitskollegen sei nach § 626 Abs. 1 BGB grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur Kündigung abzugeben. Der Beklagte habe versäumt, im Einzelnen darzulegen, wie sich die Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Arbeitskollegen - von ihrer Entstehung bis zur Tätlichkeit - zugetragen hat. Der Beklagte habe den Vorfall vom 08.03.2017 weder konkret dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die Erteilung des Hausverbots durch den Paketdienst G. stelle noch keinen Kündigungsgrund dar. Der Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb G. das Hausverbot erteilt habe. Außerdem sei er nicht auf den Einwand des Klägers eingegangen, dass der Paketdienst G. nicht sein einziger Auftraggeber sei. So sei unklar, ob er den Kläger nicht im Rahmen eines anderen Kurierauftrags einsetzen könne. Eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB komme nicht in Betracht, denn es fehle an der hinreichenden Darlegung eines Kündigungsgrundes. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

16

Gegen das am 24.07.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 02.08.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 25.10.2017 verlängerten Begründungsfrist mit einem am 24.10.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

17

Er macht geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe er die Gründe für die fristlose Kündigung ausreichend genug vorgetragen. Zunächst sei auf den Inhalt des Kündigungsschreibens vom 09.03.2017 hinzuweisen. Er habe im Kündigungsschreiben ausgeführt, dass der Kläger am 08.03.2017 erneut aggressiv gegenüber einem Arbeitskollegen aufgetreten sei. Der Kläger habe den Kollegen massiv bedroht, was zeige, dass er seine Handgreiflichkeiten nicht im Griff habe. Aufgrund dieser Tätlichkeit sei vom Paketdienst G. das Hausverbot erteilt worden. Nachdem der Kläger diese Darstellung bestritten habe, habe er unter Benennung des Zeugen F. vorgetragen, dass dieser in brutaler Weise vom Kläger attackiert worden sei. Ferner habe er seine Ehefrau als Zeugin für diesen Vorgang benannt. Er habe außerdem vorgetragen, dass er versucht habe, das Hausverbot aufheben zu lassen und den Kläger bedrängt habe, sich beim Paketdienst G. und dem dortigen Mitarbeiter zu entschuldigen, was der Kläger rundweg abgelehnt habe, so dass die Kündigung gerade auch in diesem Zusammenhang unumgänglich gewesen sei. Auch für dieses Verhalten habe er seine Ehefrau als Zeugin benannt. Er habe auch vorgetragen, dass die Mitarbeiter B. und F. gegen den Kläger Strafanzeige wegen Körperverletzung und weiterer Delikte erstattet hätten. Vor dem Hintergrund dieses Sachvortrags und seinen Beweisangeboten könne die Entscheidung des Arbeitsgerichts keinen Bestand haben. Da ihm nur ein einziger Auftraggeber zur Verfügung stehe, sei ihm ein Festhalten am Arbeitsvertrag unzumutbar.

18

Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

19

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.07.2017, Az. 8 Ca 544/17, abzuändern und die Klage abzuweisen.

20

Der Kläger beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er bestreitet erneut, dass der Paketdienst G. der einzige Auftraggeber des Beklagten sei. Ihm sei bekannt, dass der Beklagte auch für die Spedition GE. aus C-Stadt tätig sei.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Der Beklagte hat - gerade noch - ausreichend dazu vorgetragen, in welchen Punkten das angefochtene Urteil aus seiner Sicht fehlerhaft ist. Er setzt sich mit der tragenden Argumentation des Arbeitsgerichts, er habe die Kündigungsgründe nicht substantiiert dargelegt, auseinander. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann nicht verlangt werden.

II.

25

In der Sache hat die Berufung des Beklagten keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 09.03.2017 weder fristlos noch ordentlich aufgelöst worden ist. Die Berufungskammer schließt sich den sorgfältig begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts an und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Angriffe der Berufung rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

26

1. Die außerordentliche Kündigung vom 09.03.2017 ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund zur Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB.

27

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern grundsätzlich geeignet sind, einen wichtigen Grund zur Kündigung zu bilden. Der tätliche Angriff auf einen Arbeitskollegen ist eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Der Arbeitgeber ist nicht nur allen Arbeitnehmern verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind, sondern hat auch ein eigenes Interesse daran, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen beeinträchtigt wird und nicht durch Verletzungen Arbeitskräfte ausfallen (BAG 18.09.2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 20 ff., LAG Rheinland-Pfalz 14.07.2015 - 6 Sa 22/15 - Rn. 34 mwN).

28

Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes (BAG 17.03.2016 - 2 AZR 110/15 - Rn. 32). Danach hat der Beklagte die dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzung substantiiert darzulegen. Wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, genügt es nicht, pauschal und schlagwortartig zu behaupten, der Kläger sei am 08.03.2017 "extrem aggressiv" gewesen, er habe einen Mitarbeiter "massiv bedroht" und seine "Handgreiflichkeiten nicht im Griff" gehabt. Trotz dieser deutlichen Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts hat der Beklagte den konkreten Ablauf der Ereignisse vom 08.03.2017 auch in zweiter Instanz nicht ansatzweise vorgetragen. Der bloße Verweis auf den Wortlaut des Kündigungsschreibens vom 09.03.2017 reicht nicht aus. Auch die Behauptung, der Kläger habe den Arbeitskollegen F. "in brutaler Weise attackiert", ist völlig unsubstantiiert. Der Berufungskammer ist eine Überprüfung der Behauptung des Beklagten unmöglich, weil dieser noch nicht einmal erläutert, was sich konkret zugetragen haben soll.

29

Die Berufungskammer ist nicht verpflichtet, die vom Beklagten benannten Zeugen zu vernehmen. Wird ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsache fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist dieser Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Gem. § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 25.03.2015 - 5 AZR 368/13 - Rn. 23 mwN). Danach waren die Beweisantritte des Beklagten unbeachtlich, denn er hat, wie bereits ausgeführt, den Geschehensablauf vom 08.03.2017 nicht ansatzweise dargelegt.

30

b) Das vom Paketdienst G. am 09.03.2017 verhängte Haus- und Hofverbot rechtfertigt die fristlose Kündigung nicht. Zwar ist der Kläger aufgrund des ihm erteilten Haus- und Hofverbots, wenn nicht tatsächlich, so doch rechtlich gehindert, das Betriebsgelände von G. in Mannheim sowie sämtliche anderen Betriebsstätten des Paketdienstes G. zu betreten, um dort die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (Pakete sortieren und scannen, Pakete ins Fahrzeug laden, abgeholte Pakete ins Depot zurückbringen). Der Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass es ihm nicht möglich und nicht zumutbar ist, den Kläger auf einem anderen zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz einzusetzen.

31

Wenn ein Auftraggeber bzw. Kunde des Arbeitgebers ein Hausverbot verhängt, ist eine differenzierte Betrachtungsweise geboten. Liegt dem Hausverbot ein Verhalten des Arbeitnehmers zugrunde, das an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur Kündigung darzustellen, kann der Umstand, dass ein derartiges Verhalten zu Einsatzschwierigkeiten geführt hat, im Wege der Interessenabwägung erschwerend zu Lasten des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. Beruht das Hausverbot nicht auf einer derart gewichtigen Pflichtverletzung, kann eine hierdurch entstandene Drucksituation nur in besonderen Ausnahmefällen eine fristlose Kündigung rechtfertigen (BAG 18.09.2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 39).

32

Vorliegend haben die Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart, dass der Kläger als Kurierfahrer im Raum Weinheim beschäftigt wird. In § 2 des Vertrags hat sich der Beklagte vorbehalten, dem Kläger auch an einem anderen Ort eine andere oder eine zusätzliche Tätigkeit zu übertragen, wenn dies aus betrieblichen Gründen geboten erscheint. Der Kläger hat sich auf eine andere Beschäftigungsmöglichkeit im Rahmen von Kurierfahrten für die Spedition GE. aus C-Stadt berufen. Diese Spedition soll dem Beklagten ebenfalls Aufträge erteilen. Auf diesen Vortrag ist der Beklagte überhaupt nicht eingegangen. Es kann daher nicht überprüft werden, ob es ihm möglich ist, den Kläger anderweitig einzusetzen. Da der Beklagte auch den Geschehensablauf vom 08.03.2017 nicht ansatzweise dargelegt hat, kann nicht festgestellt werden, ob es ihm zumutbar ist, dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen.

33

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch eine ordentliche Kündigung beendet worden ist. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Kündigung vom 09.03.2017 auch als ordentliche Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial nicht gerechtfertigt und damit unwirksam ist. Eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann zwar in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist (BAG 25.10.2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 21 mwN).

34

Im Streitfall ist zwar von einer derartigen Sachlage auszugehen. Der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 09.03.2017 ließ für den Kläger den unbedingten Beendigungswillen des Beklagten erkennen. Jedoch fehlt es auch mit Blick auf die ordentliche Kündigung an substantiiertem Sachvortrag des Beklagten, der es erlauben würde, das Vorliegen eines kündigungsrelevanten Fehlverhaltens des Klägers zu beurteilen. Auch dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt.

III.

35

Der Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

36

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 01. Feb. 2018 - 5 Sa 357/17

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. November 2014 - 10 Ca 350/14 - teilweise wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20. Januar 2014, zugegangen am 21. Januar 2014, nicht mit sofortiger Wirkung, sondern zum 28. Februar 2014 aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Parteien je zur Hälfte.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1974 geborene, ledige und 3 Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15. Oktober 2012 bei der Beklagten, einem Logistikunternehmen mit ca. 1.900 Beschäftigten am Standort K, ab 25. Oktober 2012 als Versandmitarbeiter im Bereich Problem Solve/Support beschäftigt, zuletzt zu einem Bruttomonatsgehalt von ca. 2.300,00 Euro. In seiner Funktion war der Kläger Ansprechpartner für Hilfestellungen bei Problemen von Kollegen beispielsweise beim Einpacken oder Versenden der Ware.

3

Am 09. Januar 2014 gerieten der Kläger und seine damalige Lebensgefährtin - und seit Juli 2014 nunmehrige Verlobte - N B, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Mitarbeiterin der Beklagten war und sich noch in der Probezeit befand, während der gemeinsamen Fahrt mit dem Auto zur Frühschicht über eine Verspätung in Streit. Auf dem Betriebsparkplatz der Beklagten kam es in der Folge zwischen dem Kläger und der Zeugin B zu einer tätlichen Auseinandersetzung, deren Einzelheiten, erstinstanzlich zwischen den Parteien insgesamt umstritten waren, insbesondere, was den Ablauf der Konfrontation betrifft. Nach vom Arbeitsgericht durchgeführter Beweisaufnahme ist zwischen den Parteien im Berufungsverfahren unstreitig, dass der Mitarbeiter der Beklagten O, der sich wie die anliefernden LKW-Fahrer G und D in einiger Entfernung des hell beleuchteten Parkplatzes befand, gehört hat, wie der Kläger und die Zeugin B laut stritten, und dann beobachtet hat, dass der Kläger die Zeugin B gegen ein Auto stieß, so dass diese hörbar auf die Motorhaube des Fahrzeuges fiel. Der Zeuge O griff verbal in die Auseinandersetzung ein. Zuletzt verließ die Zeugin B das Betriebsgelände der Beklagten mit ihrem Fahrzeug. Am 10. Januar 2014 führte die Beklagte mit dem Kläger unter Teilnahme seines direkten Vorgesetzten, einer Mitarbeiterin der Personalabteilung, eines Betriebsratsmitglieds und eines weiteren Mitarbeiters ein Gespräch zum Vorgang vom Vortag, in dem der Kläger die Auffassung vertrat, ein Eingreifen des Zeugen sei nicht geboten gewesen.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Januar 2014, dem Kläger zugegangen am 21. Januar 2014, außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Zeitpunkt. Zuvor hatte sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat mit Anhörungsbogen vom 14. Januar 2014 (Bl. 57 ff. d. A.) angehört. Der Betriebsrat hat der Kündigung am 17. Januar 2014 widersprochen.

5

Der Kläger hat am beim Arbeitsgericht Koblenz am 22. Januar 2014 Kündigungsschutzklage erhoben.

6

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Sachverhalt werde von der Beklagten falsch dargestellt. Die Zeugin B habe ihm am 09. Januar 2014 unzutreffend eine Verspätung angelastet und sich Sorgen wegen der Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis gemacht, ohne dass er ihr das habe ausreden können. Im Zuge des Streits habe die Zeugin B ihn gegen den Hals geschlagen, woraufhin er ihr einen abwehrenden leichten - unterhalb einer Ohrfeige zu gewichtenden - Stoß versetzt habe, der genügt habe, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, weshalb sie auf der Bordsteinkante des Fußweges umgeknickt und seitlich auf ein parkendes Auto gefallen sei. Ein Eingreifen des Mitarbeiters O sei nicht geboten gewesen. Die von der Beklagten behauptete Krankmeldung der Zeugin B vom 09. und 10. Januar 2014 werde bestritten; auch sei diese nicht von dem Vorfall mitgenommen gewesen. Er habe entgegen der Behauptung der Beklagten nicht die Krankenhotline angerufen und sich als die Zeugin B ausgegeben, es sei ihm auch nicht erinnerlich, dass er der Zeugin Rache androht und angekündigt habe, er werde dafür sorgen, dass sie ihren Arbeitsplatz verliere. Auch habe er keinen Zucker in den Tank ihres Fahrzeugs geschüttet. Die Zeugin B leide unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und habe ihn in der Vergangenheit bereits zu Unrecht mit Strafanzeigen überzogen, wobei er vom Vorwurf der Freiheitsberaubung frei gesprochen worden sei. Selbst wenn die Behauptungen der Beklagten zuträfen, sei eine Abmahnung nicht entbehrlich gewesen.

7

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

8

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20. Januar 2014, zugegangen am 21. Januar 2014, nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die nach Anhörung des Betriebsrats vom 14. Januar 2014 ausgesprochene Kündigung sei wirksam. Am 09. Januar 2014 habe sich der während der Fahrt aufgetretene Streit zwischen Zeugin B und dem Kläger zugespitzt, als dieser der Zeugin ins Lenkrad gegriffen habe. Sowohl der Zeuge O, als auch die LKW-Fahrer G und D hätten auf dem Betriebsparkplatz lautstarkes Geschrei des Klägers vernommen und beobachtet, wie der Kläger, der die Zeugin lautstark und in aggressivem Tonfall angeschrien habe, die Zeugin ohne ersichtlichen Anlass so stark gestoßen habe, dass sie gegen ein geparktes Auto gefallen sei. Der Zivilcourage zeigende Mitarbeiter O habe sofort versucht zu beschwichtigen, worauf hin die Zeugin zunächst in ihr Auto geeilt, jedoch wieder ausgestiegen sei, nachdem der Kläger sich zu ihr gesetzt habe. Die Zeugin habe sich an diesem Tag und am Folgetag krank gemeldet. Im Gespräch vom 10. Januar 2014 habe der Kläger sich nicht einsichtig gezeigt. In der Folge habe die Zeugin B das Angebot, die Schicht zur Vermeidung von Begegnungen mit dem Kläger zu wechseln, angenommen. Am 13. Januar 2014 und ein weiteres Mal in der gleichen Woche habe jemand bei der Krankenhotline der Beklagten angerufen, sich als die Zeugin B ausgegeben und behauptet, sie wolle kündigen. Am 15. Januar 2014 habe die Zeugin eine Autopanne erlitten, weil ihr jemand Zucker in den Tank geschüttet habe. Als Veranlasser komme nur der Kläger in Betracht, zumal er der Zeugin bereits nach dem Vorfall auf dem Parkplatz angekündigt habe, er werde sich rächen und dafür sorgen, dass sie ihr Arbeitsverhältnis verliere. Zum Racheansinnen des Klägers passe es im Übrigen auch, dass er der zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus befindlichen Zeugin per SMS ein Foto des von der Beklagten letztlich an die Zeugin gerichteten Kündigungsschreibens gesendet habe mit dem Kommentar, er habe nun sein Ziel erreicht. Die Zeugin, die nach eigenen Angaben drei Strafanzeigen gegen den Kläger gestellt habe und deren Erkrankung bestritten werde, sei mittlerweile aus dem Unternehmen ausgeschieden, weil sie die Vorfälle so mitgenommen hätten. Einer vorherigen Abmahnung habe es vor Kündigungsausspruch nicht bedurft, da dem Kläger habe klar sein müssen, dass sie Handgreiflichkeiten gegenüber den Mitarbeitern nicht dulden werde. Auch die Interessenabwägung müsse angesichts der fehlenden Einsicht des Klägers und der betrieblichen Auswirkungen von Tätlichkeiten zwischen Mitarbeitern zu ihren Gunsten ausgehen. Im Übrigen werde das Verhalten des Klägers von verschiedenen Mitarbeitern als sehr bedrohlich und aggressiv empfunden.

12

Das Arbeitsgericht hat aufgrund Beschlusses vom 10. Juli 2014 am 20. November 2014 Beweis erhoben zu den Behauptungen der Beklagten zum pflichtwidrigen Verhalten des Klägers vom 09. Januar 2014 durch Vernehmung des Zeugen O. Die Zeugin B hat als Verlobte des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 108 ff. d. A. verwiesen. Auf die Vernehmung der Zeugen G und D hat die Beklagte für die 1. Instanz verzichtet.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. November 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 20. Januar 2014 habe das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund aufgelöst. Ein tätlicher Angriff unter Arbeitskollegen zähle zu den an sich geeigneten außerordentlichen Kündigungsgründen und zwar wegen Beeinträchtigung der betrieblichen Zusammenarbeit und der Auswirkungen auf die übrigen Arbeitnehmer unabhängig davon, wer die Auseinandersetzung angezettelt habe. Der Zeuge O habe ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger die Zeugin B - nicht im Rahmen einer Abwehrbewegung - gegen ein Auto geschleudert habe und sie infolgedessen auf die Motorhaube eines Fahrzeuges geprallt sei. Auch habe der Zeuge die Reaktion der Zeugin, im Anschluss zu ihrem Auto zu laufen, als Fluchtbewegung wahrgenommen. Die gesamte Zeugenaussage belege, dass die Beklagte dem Kläger keinesfalls nur eine Bagatelle vorwerfe. Auch die vorzunehmende Interessenabwägung gehe trotz der anzuerkennenden Unterhaltspflichten des Klägers und seinem Interesse am Erhalt des Arbeitsplatzes als wirtschaftliche Grundlage für die Unterhaltsverpflichtungen angesichts der nachgewiesen schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers zu seinen Lasten aus, ohne dass es einer vorherigen Abmahnung bedurft habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 118 - 122 d. A. verwiesen.

14

Der Kläger hat mit am 26. Januar 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 21. Januar 2015 beantragt, ihm Prozesskostenhilfe für eine gegen das ihm am 05. Januar 2015 zugestellte Urteil gerichtete Berufung zu bewilligen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger mit Beschluss vom 09. April 2015 Prozesskostenhilfe einstweilen ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Der Beschluss ist dem Klägervertreter am 15. April 2015 zugestellt worden.

15

Der Kläger hat mit am 24. April 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 23. April 2015 Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt und diese zugleich begründet.

16

Der Kläger macht zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags und seiner Berufung nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 23. April 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 157 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
er habe sich wegen bestehender Mittellosigkeit innerhalb der Frist zur Berufungseinlegung darauf beschränken müssen, ein Prozesskostenhilfegesuch einzureichen, da sein Prozessbevollmächtigter nicht bereits gewesen sei, die Berufung trotz Bedürftigkeit einzulegen und zu begründen. Mit der Zustellung des Prozesskostenhilfebewilligungsbeschlusses am 15. April 2015 sei das Hindernis beseitigt und er hole die schuldlos versäumte Prozesshandlung nach. Das Arbeitsgericht habe - auch wenn man, was er weiter bestreite, eine einseitig von ihm ausgehende Aggression unterstelle - sowohl den privaten Charakter der Auseinandersetzung verkannt, als auch, dass die Klägerin, die keine Strafanzeige erstattet habe, sich keine nennenswerten Verletzungen zugezogen habe, sie nicht zum Arzt gegangen sei und auch nicht deswegen krankgeschrieben gewesen sei. Vielmehr habe sie ihm verziehen und man sei wieder versöhnt, sei verlobt und wolle heiraten. Auch am Auto habe es keine Beschädigungen gegeben. All das habe das Arbeitsgericht bei der erforderlichen Abwägung der beiderseitigen Interessen überhaupt nicht bzw. fehlerhaft bewertet. Auch sei keine Störung im Betriebsablauf ersichtlich. Die Zeugin habe bald darauf weiter gearbeitet und sei aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausgeschieden. Kein unmittelbarer oder mittelbarer Arbeitskollege habe etwas von dem Vorfall mitbekommen und auch der Zeuge O sei unbeeindruckt gewesen. Demgegenüber habe das Arbeitsverhältnis für ihn nach längerer Arbeitslosigkeit auch angesichts seiner geringen Qualifikation und der Unterhaltspflicht für seine Kinder eine erhebliche Bedeutung. Es sei der Beklagten auch zuzumuten gewesen, ihn abzumahnen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, zumal die Zeugin B auch versetzt worden sei.

17

Der Kläger beantragt,

18

1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. November 2014 - Az.: 10 Ca 350/14 - , zugestellt am 05. Januar 2015, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 20. Januar 2014 nicht aufgelöst worden ist.

19

2. dem Kläger wegen Versäumung der Frist für die Berufung und die Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt das von der Beklagten angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 02. Juni 2015, auf den Bezug genommen wird (Bl. 177 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,
das Arbeitsverhältnis sei durch die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung fristlos beendet worden. Das Gericht habe zu Recht eine Tätlichkeit unter Arbeitskollegen als an sich geeigneten Kündigungsgrund betrachtet. Der Zeuge O habe bei seiner Vernehmung widerspruchsfrei geschildert, dass er habe beobachten können, wie der Kläger die Zeugin B nach einer verbalen Auseinandersetzung gegen ein Auto geschleudert habe. Die Tatsache, dass sie danach zum Auto gelaufen sei, habe er als Fluchtbewegung wahrgenommen. Auch die Interessenabwägung habe das Gericht zutreffend vorgenommen. Es sei unerheblich, ob die Zeugin nicht schwer verletzt worden sei, dass sie - aus dahingestellten Gründen - keine Strafanzeige erstattet habe und dem Kläger offenbar verziehen habe. Entscheidend sei allein, dass der Kläger in nicht banalem Ausmaß gewalttätig geworden sei. Die Beeinträchtigung des Betriebsablaufs ergebe sich allein aus der Zugehörigkeit der beiden Arbeitnehmer zum Betrieb desselben Arbeitgebers. Jedenfalls der Zeuge O und die beiden Spediteure seien Zeugen des Vorfalls gewesen. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, weil dem Kläger habe klar sein müssen, dass er bei einer derart groben Pflichtverletzung sein Arbeitsverhältnis riskiere.

23

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

24

Die zulässige Berufung ist in der Sache nur teilweise erfolgreich.

I.

25

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statthafte Berufung ist zulässig.

26

1. Der Zulässigkeit der Berufung steht eine Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist nach § 66 Abs. 1 ArbGG nicht entgegen, da dem Kläger gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

27

1.1. Das durch Bedürftigkeit begründete Unvermögen einer Partei, einen Rechtsanwalt mit der notwendigen Vertretung zur Vornahme von fristwahrenden Prozesshandlungen zu beauftragen, begründet eine unverschuldete Versäumung von Rechtsmittelfristen, wenn die Partei alles in ihren Kräften stehende und ihr Zumutbare getan hat, um die Frist zu wahren. Demgemäß besteht ein Wiedereinsetzungsgrund dann, wenn die Partei ein vollständiges Gesuch um Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist beim zuständigen Gericht anbringt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 06. Dezember 2011 - 3 Sa 354/11 - Rn. 27; 13. Januar 2011 - 10 Sa 445/10 - Rn. 29, jeweils zitiert nach juris; Zöller - Greger ZPO 30. Aufl. § 233 Rn. 23 "Prozesskostenhilfe" mwN).

28

1.2. Vorliegend sind die dargelegten Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO gegeben. Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Januar 2015 am 26. Januar 2015 und damit innerhalb der Berufungsfrist beim Landesarbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragt und eine erneute Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Wiedereinsetzungsantrag, Berufungseinlegung und gleichzeitige -begründung mit Schriftsatz vom 23. April 2015 sind nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 09. April 2015, zugestellt am 15. April 2015, erfolgt. Nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat der Kläger damit gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die versäumten Prozesshandlungen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 ZPO) nachgeholt.

29

2. Anderweitige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht, insbesondere hat der Kläger sich in der Berufungsbegründung hinreichend mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandergesetzt.

II.

30

Die Berufung des Klägers ist nur teilweise begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 20. Januar 2014 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht außerordentlich mit sofortiger Wirkung, sondern unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 28. Februar 2014 beendet. Das erstinstanzliche Urteil unterlag insoweit unter teilweiser Zurückweisung der Berufung der Abänderung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

31

1. Die Berufung ist im Hinblick auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die außerordentliche Kündigung in der Sache erfolgreich. Die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. Januar 2014, die der Kläger fristgemäß nach § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat, hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung beendet, da es an einem außerordentlichen Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

32

1.1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar war oder nicht (BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 265/14 - Rn. 14; 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13 - Rn. 39; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 16; jeweils zitiert nach juris).

33

1.2. Gemessen hieran geht die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass das Verhalten des Klägers gegenüber der damals ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Zeugin B auf dem Betriebsparkplatz der Beklagten am 09. Januar 2014 einen an sich zur außerordentlichen Kündigung geeigneten Grund darstellt.

34

1.2.1. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern sind grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur Kündigung zu bilden. Der tätliche Angriff auf einen Arbeitskollegen ist eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Der Arbeitgeber ist nicht nur allen Arbeitnehmern verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind, sondern hat auch ein eigenes Interesse daran, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen beeinträchtigt wird und nicht durch Verletzungen Arbeitskräfte ausfallen. Der Arbeitgeber darf auch berücksichtigen, wie es sich auf das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer auswirkt, wenn er von einer Kündigung absieht. Insoweit handelt es sich noch um Folgen des Fehlverhaltens, für das der Arbeitnehmer einzustehen hat (vgl. insgesamt BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 20, mwN, zitiert nach juris). Für die Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers an einem ungestörten Betriebsablauf und die durch das gezeigte Verhalten indizierte zukünftige Gefährdung schutzwürdiger Rechtsgüter anderer Arbeitnehmer ist es - soweit nicht eine Notwehrlage bestanden hat - regelmäßig unerheblich, wer den ersten Schlag ausführt und welche Handlung ggf. zu einer Körperverletzung führt (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 25, aaO).

35

1.2.2. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen O steht fest, dass der Kläger am 09. Januar 2014 vor der Frühschicht auf dem Betriebsparkplatz der Beklagten gegenüber seiner ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Lebensgefährtin handgreiflich wurde, indem er sie so gegen ein Auto schleuderte, dass sie auf die Motorhaube eines geparkten Autos prallte. Der Stoß des Klägers war keine Abwehrbewegung und nicht durch eine gegen den Kläger gerichtete Handgreiflichkeit veranlasst. Im Anschluss ist die Zeugin B nach Wahrnehmung des Zeugen O in einer Art Fluchtbewegung zu ihrem Auto gelaufen. Der Kläger hat weder das erstinstanzliche Beweisverfahren, noch die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts konkret mit der Berufung angegriffen. Allein die Tatsache, dass er in der Berufungsinstanz das Vorliegen einer einseitigen Aggression seinerseits weiter bestritten hat, genügt nicht, um Fehler des erstinstanzlichen Gerichts bei Beweiserhebung oder Beweiswürdigung aufzuzeigen. Derartige Fehler sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.

36

1.2.3. In Ergebnis und Begründung zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass es sich beim festgestellten Verhalten des Klägers um eine erhebliche Pflichtverletzung handelt, die als an sich geeigneter Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht kommt. Die Berufungskammer macht sich zur Vermeidung von Wiederholungen die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (Entscheidungsgründe B, Bl. 6 f. = Bl. 120 f. d. A.) zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Angriffe der Berufung vermögen nicht, in der ersten Stufe der Prüfung das Vorliegen eines an sich geeigneten Kündigungsgrundes in Zweifel zu ziehen. Weder die Tatsache, dass die Zeugin B keine Strafanzeige erstattet hat, noch dass nennenswerte Verletzungen nicht ersichtlich waren und eine Beschädigung des Fahrzeuges durch den Sturz nicht eingetreten ist, vermochten zu negieren, dass der Kläger die Zeugin unter Verletzung ihrer persönlichen Selbstbestimmung tätlich angegriffen hat. Auch wenn die Zeugin B und der Kläger offenbar in einen Streit verwickelt waren, kann nicht außer Betracht bleiben, dass es der Kläger war, der - ohne dass nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts eine Notwehrsituation gegeben gewesen wäre - die Beherrschung verloren hat und gegenüber seiner Lebensgefährtin gewalttätig wurde. Dass der Vorfall auf dem Betriebsparkplatz stattfand und zudem vom Zeugen O als Mitarbeiter der Beklagten und den beiden anliefernden LKW-Fahrern G und D beobachtet wurde, ist zuletzt nicht mehr streitig. Darauf, dass es sich hierbei nicht um unmittelbare oder mittelbare Kollegen des Klägers handelte, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

37

1.3. Obgleich dem Kläger eine erhebliche Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, erweist sich die außerordentliche Kündigung der Beklagten in Anbetracht der erforderlichen Interessenabwägung im Einzelfall als unverhältnismäßig. Der Beklagten war die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten.

38

1.3.1. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen.

39

a) Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Im Vergleich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung in Betracht. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 21, zitiert nach juris; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15 mwN, jeweils zitiert nach juris).

40

b) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 22; 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 47; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16; aaO).

41

1.3.2. Entgegen der Auffassung der Berufung war die Beklagte vorliegend nicht auf den vorrangigen Ausspruch einer Abmahnung zu verweisen.

42

a) Bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung regelmäßig keiner Abmahnung (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 22; 31. März 1993 - 2 AZR 492/92 - Rn. 41). Denn der Arbeitnehmer weiß von vornherein, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten missbilligt. Dies gilt uneingeschränkt bei schweren Tätlichkeiten (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 22, aaO).

43

b) Gemessen hieran stellte der Ausspruch einer Abmahnung gegenüber dem Kläger für die Beklagte selbst dann kein milderes Mittel im Verhältnis zur Kündigung dar, wenn man vorliegend keine schwere Tätlichkeit annimmt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Zeugin B bleibende Verletzungen durch den Stoß des Klägers nicht davongetragen hat, war der Beklagten die Hinnahme des Vorfalls für den Kläger erkennbar nicht zuzumuten. Der Kläger hat anlässlich des Geschehens vom 09. Januar 2014 die Kontrolle über sein Verhalten verloren und gegenüber der Zeugin B, die nicht nur seine Lebensgefährtin, sondern zum damaligen Zeitpunkt auch seine Arbeitskollegin war, körperliche Gewalt angewendet. Er musste wissen, dass die Beklagte einen derartigen Vorfall unter Betriebsangehörigen auf dem Betriebsgelände bereits zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufs nicht durch den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses tolerieren kann. Hinzu kommt, dass das Geschehen nicht nur vom Zeugen O, sondern auch von den beiden Lieferanten der Beklagten G und D beobachtet worden ist und damit geeignet war, das Ansehen der Beklagten aufgrund der - vermeintlichen - Verhältnisse in ihrem Betrieb zu schädigen. Soweit der Kläger sich im Berufungsverfahren auf eine fehlende konkrete Wiederholungsgefahr für die vorliegende Beziehungsstreitigkeit berufen hat, vermochte die Berufungskammer der Argumentation nicht zu folgen. Es kann hierbei dahinstehen, dass der Kläger selbst in der Berufungsbegründung eingeräumt hat, dass bei Beziehungsvorfällen eher eine Wiederholungsgefahr gegeben sei. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger sogar gegenüber einer ihm nahe stehenden Person wie seiner Lebensgefährtin Grenzen überschritten hat und tätlich wurde, musste die Beklagte nicht davon ausgehen, dass eine Abmahnung die Wiederholung eines vergleichbaren Vorfalls gegenüber Kollegen dauerhaft verhindert hätte.

44

1.3.3. Die weitere Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergibt jedoch, dass der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten war und sich damit der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung als milderes Mittel erweist. Zwar ist zu Gunsten der Beklagten im Rahmen der Interessenabwägung ihre Verpflichtung zum Schutz ihrer Mitarbeiter, ihr potentieller Ansehensverlust und die Auswirkungen auf den betrieblichen Ablauf ebenso zu berücksichtigen wie das offenbar vorhandene Aggressionspotential des Klägers. Allerdings kann nicht außer Betracht bleiben, dass der körperliche Angriff auf die Zeugin B zwar deren Selbstbestimmung beeinträchtigt hat, jedoch die Auswirkungen der Tat nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts jedenfalls kein solches Ausmaß angenommen haben, dass die Zeugin sich nicht in der Lage gesehen hätte, dem Kläger zu verzeihen. Zu Gunsten des Klägers war weiterhin zu werten, dass der Anlass für die Auseinandersetzung mit der Zeugin B im privaten Bereich lag und nur mittelbar mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stand. Bewertet man schließlich die Unterhaltspflichten des Klägers gegenüber seinen drei Kindern zu seinen Gunsten, ergibt eine Gesamtschau, dass es der Beklagten, auch wenn ihr ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzubilligen ist, zuzumuten war, die bis 28. Februar 2014 währende ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Eine unmittelbare Gefährdung der Zeugin B durch den unter dem Eindruck der Kündigung stehenden Kläger war nicht zuletzt angesichts der von der Beklagten in die Wege geleiteten Versetzung der Zeugin nicht zu befürchten. Damit schloss die ordentliche Kündigung als mildere Reaktionsmöglichkeit der Beklagten die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung aus.

45

2. Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom 20. Januar 2014 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden, kommt es darauf an, ob es durch die hilfsweise von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet worden ist. Die Kündigung vom 20. Januar 2014 ist als ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG und hat das Arbeitsverhältnis in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB zum 28. Februar 2014 beendet. Die weitergehende Berufung des Klägers blieb erfolglos.

46

2.1. Die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten, auf deren Betrieb unzweifelhaft gemäß § 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, ist sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG.

47

2.1.1. Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers „bedingt“, wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommen als mildere Mittel insbesondere Versetzung und Abmahnung in Betracht (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 13; 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 24; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, jeweils zitiert nach juris).

48

2.1.2. Ausgehend hiervon ist die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt. Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern - wie vorliegend - können einen ausreichenden Grund zumindest für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung darstellen (vgl. BAG 24. Oktober 1996 - 2 AZR 900/95 - Rn. 14, zitiert nach juris). Die Ergreifung eines milderen Mittels - etwa in Form einer Abmahnung - kam für die Beklagte vorliegend nicht in Betracht. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen unter II 1.3.2. und II 1.3.3. verwiesen. Inwieweit eine Versetzung des Klägers künftige Vertragstreue hätte bewirken sollen, ist nicht ersichtlich.

49

2.2. Die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 20. Januar 2014 ist nicht aus sonstigen Gründen unwirksam. Insbesondere ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, nachdem die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat, der der Kündigung am 17. Januar 2014 widersprochen hat, mit Anhörungsbogen vom 14. Januar 2014 ordnungsgemäß durch die vollständige Mitteilung des für ihren Kündigungsentschluss maßgeblichen Sachverhaltes angehört hat. Dass die Beklagte aus ihrer Sicht dem Betriebsrat bewusst eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsdarstellung unterbreitet hätte, ist nicht ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht geltend gemacht.

B.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

51

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. November 2014 - 3 Sa 239/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Klägerin erklärten außerordentlichen Kündigung und wechselseitige Zahlungsansprüche.

2

Die Klägerin ist die deutsche Tochtergesellschaft einer Aktiengesellschaft türkischen Rechts, von der sie Teppiche und Auslegware bezieht. Der Beklagte war bei der Klägerin als Vertriebsleiter Europa beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 3. August 2004 lautet:

        

„…    

        

§ 7 Sonstige Leistungen, Entschädigung und Abfindung

        

a) Die Gesellschaft erstattet … [dem Beklagten] die Aufwendungen, die ihm in der Ausübung seiner Aufgaben entstehen, einschließlich Reise- und Bewirtungskosten, im Rahmen der jeweils steuerlich zulässigen Höchstgrenzen. [Der Beklagte] muss seine Auslagen belegen, soweit üblicherweise Belege erteilt werden. Im übrigen reichen Eigenbelege aus (…).

        

b) [Der Beklagte] hat einen Anspruch auf die Gestellung eines Pkw der gehobenen Mittelklasse. Er darf den Pkw auch privat nutzen. …“

3

In einem unter dem 6. Juli 2009 abgeschlossenen Abwicklungsvertrag vereinbarten die Parteien nach vorangegangener Kündigung der Klägerin ua. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2009 und die Zahlung einer Abfindung iHv. 740.000,00 Euro. Die Rückgabe des Firmenfahrzeuges an die Klägerin sollte unverzüglich nach Erhalt der gesamten Abfindung erfolgen. Einen Teilbetrag der im Abwicklungsvertrag vereinbarten Abfindung iHv. 290.000,00 Euro erhielt der Beklagte bereits am 8. Juli 2009.

4

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14. Juli 2009, dem Beklagten am 16. Juli 2009 zugegangen, erneut und ohne Einhaltung einer Frist. Dieser erstattete am 16. Juli 2009 Strafanzeige gegen zwei Mitarbeiter der türkischen Muttergesellschaft wegen Bedrohung und Nötigung. Das ihm überlassene Firmenfahrzeug gab der Beklagte der Klägerin am 18. März 2010 zurück.

5

Die Klägerin hat die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 für wirksam gehalten. Der Beklagte habe in großem Umfang einen Spesenbetrug begangen, in rechtsmissbräuchlicher Weise den Abwicklungsvertrag abgeschlossen und eine unberechtigte Strafanzeige gegen Vertreter der Muttergesellschaft der Klägerin gestellt. Der Beklagte habe Ausgaben im fünfstelligen Bereich zulasten des Firmenkontos getätigt, ohne diese zu belegen. Die ihm überlassene Firmenkreditkarte sei im August 2008 iHv. 1.000,00 Euro für den Erwerb privater Bekleidung eingesetzt worden. Im Juli 2006 habe der Beklagte eine Zahlung iHv. 22.000,00 Euro an die in Aserbaidschan ansässige A und im August 2008 eine weitere Zahlung über 28.592,00 Euro an die schweizer Gesellschaft I AG veranlasst. Für beide Geschäftsvorfälle könne nach den vorhandenen Unterlagen keine Gegenleistung festgestellt werden. Die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 sei jedenfalls als Verdachtskündigung wirksam. Der Zahlungsantrag umfasse die Rückzahlung der gezahlten Teilabfindung iHv. 290.000,00 Euro, der an die A sowie I AG geleisteten Zahlungen sowie eine Nutzungsausfallentschädigung iHv. 5.309,70 Euro für die verspätete Rückgabe des Firmenfahrzeuges.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 345.901,70 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 290.000,00 Euro seit dem 15. Juli 2009 und aus 55.901,70 Euro seit dem 27. Oktober 2009 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und - soweit im vorliegenden Verfahren von Bedeutung - im Wege der Widerklage beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten eine Abfindung in Höhe von 740.000,00 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 290.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen.

8

Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

9

Der Beklagte hat behauptet, er habe sämtliche Ausgaben gegenüber der Assistentin der Geschäftsführung abgerechnet. Nicht belegte Ausgaben seien nicht von ihm veranlasst worden. Er habe im August 2008 einen Einkaufsgutschein iHv. 1.000,00 Euro erworben, den er im Rahmen der „Kundenpflege“ den Geschäftsführern eines in Belgien ansässigen Kunden überlassen habe. Die Zahlung an die A sei als Gegenleistung für die Erstellung einer Marktanalyse erfolgt, die I AG habe eine Werbebroschüre gefertigt. Er habe die Strafanzeige erst nach Zugang der Kündigung vom 14. Juli 2009 erstattet. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in Zusammenhang mit dem Abschluss des Abwicklungsvertrags liege nicht vor.

10

Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin insoweit zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat nach einer teilweise im Wege der Rechtshilfe erfolgten Beweisaufnahme die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

A. Die Revision ist nicht wegen Vorliegens eines absoluten Revisionsgrundes nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 547 Nr. 3 ZPO im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Voraussetzungen des § 547 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat das gegen den ehrenamtlichen Richter S gerichtete Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Die Rechtmäßigkeit dieser dem Teilurteil des Berufungsgerichts vorausgehenden (Zwischen-)Entscheidung ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

13

Nach § 557 Abs. 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts nicht die dem Endurteil vorausgegangenen unanfechtbaren Entscheidungen. Zu diesen gehört eine nach § 49 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 7 ArbGG unanfechtbare Entscheidung über ein im Berufungsverfahren angebrachtes Ablehnungsgesuch. Eine inzidente Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts über ein Ablehnungsgesuch im Rahmen einer Revision gegen die unter Mitwirkung der erfolglos abgelehnten Richter getroffene Hauptentscheidung ist danach ausgeschlossen (BGH 30. November 2006 - III ZR 93/06 - Rn. 4; zum Verfahren nach § 92 ArbGG: BAG 20. Januar 2009 - 1 ABR 78/07 - Rn. 20). Ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, kann dahinstehen. Die Klägerin hat in der Revisionsbegründung keine darauf bezogenen Tatsachen vorgetragen.

14

B. Das Landesarbeitsgericht hat die auf Zahlung von 345.901,70 Euro gerichtete Klage zu Recht als unbegründet angesehen. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der dem Beklagten vorfristig gewährten Teilabfindung (290.000,00 Euro), der von ihm veranlassten Zahlungen an die A (22.000,00 Euro) und die I AG (28.592,00 Euro) sowie auf eine Nutzungsausfallentschädigung für den Pkw (5.309,70 Euro) besteht nicht.

15

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach der im Abwicklungsvertrag vom 6. Juli 2009 getroffenen Vereinbarung mit Ablauf des 31. Juli 2009 geendet. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 14. Juli 2009 für unwirksam gehalten und eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten in Bezug auf den zu diesem Zeitpunkt bereits ausgezahlten Abfindungsteilbetrag von 290.000,00 Euro verneint.

16

1. Die - rechtzeitig angegriffene - außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit ihrem Zugang beendet. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass - soweit sie von der Klägerin auf tatsächlich begangene Pflichtverletzungen des Beklagten gestützt wird - zu diesem Zeitpunkt kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen hat.

17

a) Nach der genannten Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 21).

18

b) Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 22).

19

c) Einer solchen eingeschränkten Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung stand. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landesarbeitsgericht die Grundsätze über die Darlegungslast des kündigenden Teils nicht verkannt.

20

aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die von der Klägerin behaupteten Abrechnungsbetrugshandlungen des Beklagten in Bezug auf die ihm zu erstattenden Aufwendungen seien als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB „an sich“ geeignet, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Gleiches gilt für die gegenüber Mitarbeitern der Muttergesellschaft der Klägerin - aus ihrer Sicht nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen - erstattete Strafanzeige und das behauptete kollusive Zusammenwirken des Beklagten mit dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin bei Abschluss des Abwicklungsvertrags.

21

bb) Das Berufungsgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes im Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint.

22

(1) Seine Würdigung, der Beklagte habe aufgrund der entsprechenden mehrjährigen Handhabung davon ausgehen dürfen, eine konkrete Belegabrechnung werde trotz der gegenteiligen arbeitsvertraglichen Vereinbarung von der Klägerin nicht mehr verlangt, hält sich im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums und lässt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen. An einer darauf bezogenen zulässigen Verfahrensrüge der Klägerin fehlt es gleichermaßen.

23

(2) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihren Vorwurf, der Beklagte habe am 21. August 2008 die ihm dienstlich zur Verfügung gestellte Kreditkarte für den Erwerb privater Bekleidung genutzt, nicht bewiesen, ist ebenso frei von Rechtsfehlern. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen in Bezug auf die Verletzung von Verfahrensrecht bei der Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter sowie der Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens sind jedenfalls unbegründet.

24

(a) Die Klägerin hat die von ihr behauptete Verletzung des Öffentlichkeitsgebots (§ 169 GVG) bei der Beweisaufnahme durch das ersuchte belgische Gericht nicht ausreichend dargelegt.

25

(aa) Die Durchführung einer Beweisaufnahme durch den ersuchten Richter richtet sich im Bereich der Europäischen Union (Ausnahme: Dänemark) nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (- EG-BewVO - ABl. L 174 vom 27. Juni 2001 S. 1). Für ihre Durchführung gelten aufgrund der Verweisung in § 363 Abs. 3 Satz 2 ZPO die §§ 1072, 1073 ZPO. Entspricht die von einer ausländischen Behörde vorgenommene Beweisaufnahme den für das Prozessgericht geltenden Gesetzen, kann daraus, dass sie nach den ausländischen Gesetzen mangelhaft ist, kein Einwand entnommen werden (§ 369 ZPO).

26

(bb) Die Klägerin stützt den behaupteten Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot auf den Umstand, dass die ihren Prozessbevollmächtigten begleitende Rechtspraktikantin den Sitzungssaal auf Anweisung des ersuchten Richters während der Beweisaufnahme nicht betreten durfte. Die Revision legt aber nicht dar, dass die Rechtspraktikantin nach den Normen der EG-BewVO im konkreten Fall an der Beweisaufnahme teilnehmen durfte. Ob ihr Prozessbevollmächtigter darüber hinaus verpflichtet gewesen wäre, die aus ihrer Sicht unzutreffende Verfahrensweise des belgischen Gerichts gegenüber diesem zu beanstanden, kann daher dahinstehen. Daneben läge auch nach nationalem Verfahrensrecht kein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot vor. Die Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter wird von § 169 Satz 1 GVG nicht erfasst(Zöller/Lückemann ZPO 30. Aufl. § 169 GVG Rn. 9).

27

(b) Soweit die Revision beanstandet, die Klägerin habe vor dem belgischen Gericht keine Fragen an die Zeugen stellen dürfen, ist ihre Verfahrensrüge unzulässig. Sie hat nicht dargetan, dass die Handhabung des ersuchten Richters gegen das nach Art. 10 Abs. 2 EG-BewVO für die Erledigung des Ersuchens anwendbare belgische Verfahrensrecht verstößt. Zudem hat sie keine zulässigen Fragen formuliert, die sie an die Zeugen gerichtet hätte oder konkrete erläuterungsbedürftige Punkte aufgezeigt.

28

(c) Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe in der Übergabe des Geschenkgutscheins an die Geschäftspartner der Klägerin zu Unrecht keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nach § 299 Abs. 2 StGB gesehen, genügt ihr Vorbringen in der Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Die Klägerin legt nicht dar, aus welchen Gründen die tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts gegen § 286 ZPO verstößt. Dazu genügt der pauschale Hinweis auf ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 5. Juli 2011 allein nicht. Es wird in der Revisionsbegründung nicht ausgeführt, dass der dort gehaltene Vortrag unstreitig geblieben ist. Ebenso wird nicht erkennbar, auf welche Weise sich die Klägerin den von ihr stets bestrittenen Vortrag des Beklagten über die Verwendung der 1.000,00 Euro zumindest hilfsweise zu Eigen gemacht haben will.

29

(3) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch die vom Beklagten verantworteten Zahlungen an die A iHv. 22.000,00 Euro und an die I AG von 28.592,00 Euro nicht als Grund für die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 angesehen.

30

(a) Die Klägerin hat sich zur Rechtfertigung ihrer außerordentlichen Kündigung darauf berufen, der Beklagte habe Zahlungen an die A und die I AG veranlasst, ohne dass diesen eine Gegenleistung für die Klägerin zugrunde gelegen habe. Der Beklagte hat dies bestritten und vorgetragen, die A habe eine Marktanalyse für die Klägerin durchgeführt und die I AG eine Produktpräsentation für eine Geschäftspartnerin erstellt, die dieser im Rahmen der geschäftlichen Beziehungen zur Verfügung gestellt worden sei.

31

(b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe die von ihr aufgestellte Behauptung, den von der A und der I AG ausgestellten Rechnungen habe keine Gegenleistung gegenüber gestanden, nicht bewiesen, ist frei von revisiblen Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat insbesondere die Grundsätze über die sekundäre Behauptungslast nicht verkannt oder zulasten der Klägerin fehlerhaft angewandt.

32

(aa) Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Den Arbeitgeber trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Allerdings kann den Arbeitnehmer schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes eine sekundäre Darlegungslast treffen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber als primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des fraglichen Geschehensablaufs steht, während der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sachnähe die wesentlichen Tatsachen kennt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer gehalten sein, dem Arbeitgeber durch nähere Angaben weiteren Sachvortrag zu ermöglichen. Kommt er in einer solchen Prozesslage seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt das tatsächliche Vorbringen des Arbeitgebers - soweit es nicht völlig „aus der Luft gegriffen“ ist - iSv. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Dabei dürfen an die sekundäre Behauptungslast des Arbeitnehmers keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie dient lediglich dazu, es dem kündigenden Arbeitgeber als primär darlegungs- und beweispflichtiger Partei zu ermöglichen, weitere Nachforschungen anzustellen und sodann substanziiert zum Kündigungsgrund vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten (BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 41).

33

(bb) Danach hatte zunächst die Klägerin die dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit den Zahlungen an die A und die I AG darzulegen. Es scheint schon fraglich, ob das Landesarbeitsgericht überhaupt zugunsten der Klägerin die Grundsätze über die sekundäre Darlegungspflicht des Beklagten heranziehen durfte. Die Klägerin hat sich nach der Ablösung ihres vormaligen Geschäftsführers B zur Rechtfertigung der Kündigung auf den Hinweis beschränkt, Unterlagen über die Dienstleistungen der vorgenannten Firmen seien bei ihr nicht vorhanden und Herr B habe auf Nachfrage mitgeteilt, er habe keine Kenntnis von den fraglichen Geschäftsvorfällen. Allein das Nichtvorhandensein von Belegen über geschäftliche Beziehungen zur A und I AG zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung belegt nicht, dass es diese nicht gegeben hat. Die Zahlungen an die vorgenannten Firmen waren Gegenstand des Geschäftsbetriebs der Klägerin. Diese konnte nach ihr vorliegenden Unterlagen bei den mit der Buchführung betrauten Personen sowie den rechnungsausstellenden Firmen weitere Nachforschungen anstellen. Dies kann indes dahinstehen. Aufgrund des vom Beklagten gehaltenen Vortrags über die Auftragsvergabe und -abwicklung war die Klägerin zu weiteren Nachforschungen in der Lage. Eines weitergehenden Vortrags des Beklagten bedurfte es jedenfalls im Entscheidungszeitpunkt des Berufungsgerichts nicht mehr. Der frühere Geschäftsführer der Klägerin hat im Rahmen seiner Aussage angegeben, die Geschäftsvorfälle mit der A und der I AG seien ihm erinnerlich. Dem ist die Klägerin nicht gegenbeweislich entgegengetreten. Da sich die vertraglichen Beziehungen zu den vorgenannten Firmen nicht außerhalb des Geschäftsbetriebs der Klägerin vollzogen haben, oblag dieser wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Gegenleistung.

34

(cc) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts lässt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind jedenfalls unbegründet.

35

(aaa) Dies gilt zunächst für die von der Revision angebrachte Rüge, das Landesarbeitsgericht habe dem im Schriftsatz vom 20. Juni 2011 enthaltenen Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen Y nicht entsprochen. Die in das Wissen dieses Zeugen gestellten Tatsachen waren nach dem Entscheidungsweg des Landesarbeitsgerichts nicht beweisbedürftig. Dieses hat die Aussage des früheren Geschäftsführers B, deren Glaubhaftigkeit der Zeuge Y mit seiner Aussage infrage stellten sollte, als unergiebig angesehen.

36

(bbb) Das Landesarbeitsgericht musste auch nicht den von der Klägerin benannten Zeuge Am vernehmen, um der Klägerin die Möglichkeit zu geben, „auch nur ansatzweise den eigenen Vortrag substanziieren zu können“. Eine mit diesem Ziel durchgeführte Beweisaufnahme wäre auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinausgelaufen. Die Revision zeigt keine greifbaren Anhaltspunkte auf, auf deren Grundlage die Klägerin zumindest hätte vermuten dürfen, dass der Zeuge Auskunft über Tatsachen geben kann, die für die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zur Firma A im Jahr 2006 von Bedeutung sind.

37

(ccc) Die weiteren gerügten Verfahrensmängel hat der Senat geprüft und sie nicht als durchgreifend erachtet (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO).

38

2. Die außerordentliche Kündigung vom 14. Juli 2009 ist auch mangels eines wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB unwirksam, soweit sie von der Klägerin auf den Verdacht von schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Beklagten gestützt wird.

39

a) Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn starke, auf objektive Tatsachen gründende Verdachtsmomente vorliegen, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 21).

40

b) Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung mangels Vorliegens eines dringenden Tatverdachts für unwirksam gehalten. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände seien zu pauschal, um einen solchen zu begründen oder würden von ihr auf nicht beweisbare Vermutungen gestützt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Auch die Klägerin zeigt in der Revisionsbegründung einen solchen nicht auf. Vielmehr weist der Beklagte in seiner Revisionserwiderung zu Recht darauf hin, dass auch das Verhalten der Klägerin, die sich nach Abschluss des Abwicklungsvertrags unstreitig „auf die Suche nach Kündigungsgründen gemacht“ hat, die Annahme rechtfertigen könnte, sie habe absichtlich Zahlungsvorgänge mit ausländischen Gesellschaften ausgewählt, um dem Beklagten eine darauf bezogene Rechtfertigung zu erschweren. Dies schließt gleichermaßen die Dringlichkeit eines gegenüber dem Beklagten bestehenden Tatverdachts aus.

41

3. Die außerordentliche Kündigung der Klägerin ist auch nicht wegen der am 16. Juli 2009 vom Beklagten erstatteten Strafanzeige und der Umstände, die zum Abschluss des Abwicklungsvertrags geführt haben, gerechtfertigt. Die darauf bezogene tatrichterliche Würdigung lässt einen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts nicht erkennen. Gegenteiliges macht auch die Klägerin in der Revisionsbegründung nicht mehr geltend.

42

II. Das Landesarbeitsgericht hat nach den vorstehenden Ausführungen eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückgewähr der von der Klägerin an die A (22.000,00 Euro) und die I AG (28.592,00 Euro) gezahlten Beträge sowie einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung iHv. 5.309,70 Euro zutreffend verneint. Darauf bezogene Rügen hat die Revision nicht erhoben.

43

C. Die Revision der Klägerin ist auch in Bezug auf die vom Beklagten mit der Widerklage verfolgten Ansprüche unbegründet. Dies betrifft zunächst seinen auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 14. Juli 2009 gerichteten Feststellungsantrag. Dieser erweist sich ebenso als begründet wie der Antrag zu 2., der auf die Zahlung der restlichen, im Abwicklungsvertrag vom 6. Juli 2009 vereinbarten Abfindungssumme gerichtet ist.

44

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Sieg    

                 

Der Zeugenbeweis wird durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16. Januar 2013 - 3 Sa 744/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Mai 2012 - 15 Ca 144/12 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1967 geborene Kläger war vom 12. Februar 2007 bis zum 4. März 2008 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Monteur beschäftigt. Der Kläger erhielt von Februar bis April 2007 einen Bruttostundenlohn einschließlich Zulage von 8,20 Euro, ab Mai 2007 bis Februar 2008 von 8,80 Euro.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 6. Februar 2007 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Vertragsgegenstand/Tarifanwendung

        

…       

        

4. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag). Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen des dann einschlägigen Tarifwerks. Für den Fall, dass ein Firmentarifvertrag abgeschlossen wird gilt dessen Inhalt. Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages. Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch. Ausgenommen hiervon ist § 12 (Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen) dieses Vertrages; diese Regelung wirkt konstitutiv. Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

        

…       

        

§ 4 Vergütung

        

…       

        

5. Die Vergütung wird monatlich nachträglich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer anzugebendes Konto überwiesen. …

        

…       

        

§ 12 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

        

1. Beide Parteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

        

2. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.“

4

Im Streitzeitraum 12. Februar 2007 bis 13. Februar 2008 wurde der Kläger folgenden Entleihern überlassen:

        

-       

12. Februar bis 5. April 2007 der Firma M

        

-       

9. bis 13. April 2007 der Firma R

        

-       

24. April bis 20. Juli 2007 der Firma W

        

-       

23. Juli bis 3. August 2007 der Firma G

        

-       

22. August bis 13. September 2007 der Firma E

        

-       

7. bis 11. Januar 2008 der Firma Ri

        

-       

14. bis 17. Januar 2008 der Firma B

        

-       

28. Januar bis 13. Februar 2008 der Firma Ma

5

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung im Dezember 2010 hat der Kläger mit der am 28. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage - zunächst im Wege der Stufenklage - von der Beklagten Auskunft über die Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer verlangt. In der zweiten Stufe hat er unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt begehrt, das - entsprechend der von der Beklagten zu erteilenden Auskunft - die Entleiherinnen im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben sollen. Hilfsweise hat er einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt. Im Berufungsverfahren hat er allein diesen in reduzierter Höhe weiterverfolgt und vorgetragen, nach den zwischenzeitlich von den Entleiherinnen erteilten Auskünften seien vergleichbare Stammarbeitnehmer nach „Tarif“ vergütet worden. Lege man die jeweils gezahlten Tariflöhne zugrunde, könne er Differenzvergütung in Höhe von 4.229,71 Euro beanspruchen. Hiervon habe er erst mit Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP Kenntnis erhalten. Bis dahin habe er auf die Wirksamkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge vertrauen dürfen. Es sei ihm deshalb nicht zumutbar gewesen, die Forderungen innerhalb der dreimonatigen Ausschlussfrist geltend zu machen und bei der zu erwartenden Ablehnung ein mit einem nicht unerheblichen Kostenrisiko verbundenes Arbeitsgerichtsverfahren einzuleiten. Im Übrigen könne sich die Beklagte nicht auf die Ausschlussfrist berufen, weil sie gegen ihre nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 NachwG bestehende Pflicht verstoßen habe, die Höhe des Arbeitsentgelts der Stammarbeitnehmer auszuweisen.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.229,71 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2010 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, mögliche Ansprüche seien jedenfalls nach § 12 Arbeitsvertrag verfallen. Sie bestreite, dass die Entleiherinnen vergleichbaren Stammarbeitnehmern die vom Kläger seiner Berechnung zugrunde gelegten Tariflöhne gezahlt hätten. Welche Tätigkeiten er bei den einzelnen Entleiherinnen ausgeübt habe, sei seinem Vortrag nicht zu entnehmen. Die Überlassung als Monteur besage nichts über die vom Kläger tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten und die Stammarbeitnehmern hierfür geleistete Vergütung. Etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem Zahlungsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet.

10

I. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständlichen Zeiten der Überlassung das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherinnen ihren Stammarbeitnehmern gewährten. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge(vgl. dazu im Einzelnen BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 12 ff., BAGE 144, 306).

11

II. Der Kläger hat aber die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht substantiiert dargelegt.

12

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist deshalb ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249).

13

2. Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist der Leiharbeitnehmer.

14

a) Seiner Darlegungslast kann der Leiharbeitnehmer zunächst dadurch genügen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Denn die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen. Es obliegt dann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden. Gelingt es dem Verleiher, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249; 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 22).

15

b) Die Höhe der Vergütung vergleichbarer Stammarbeitnehmer ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden.

16

aa) Der Kläger hat sich zwar bezogen auf die einzelnen Überlassungen auf von den Entleiherinnen erteilte Auskünfte berufen, diese sind jedoch unzulänglich.

17

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies nicht schon deshalb anzunehmen, weil darin nicht auf vergleichbare Stammarbeitnehmer Bezug genommen wird. Die Rechtswirkungen einer Auskunft nach § 13 AÜG hängen nicht davon ab, ob der Entleiher vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Gibt es beim Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, muss der Entleiher dem Leiharbeitnehmer auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsbedingungen für ihn gölten, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (vgl. 19. Februar 2014 - 5 AZR 1046/12 - Rn. 31, 33).

18

(2) Die bei hypothetischer Betrachtung für den Kläger geltenden Arbeitsbedingungen können den von ihm im Rechtsstreit wiedergegebenen Auskünften nicht entnommen werden. Aus ihnen ergibt sich nicht, welche Tarifverträge die jeweiligen Entleiherinnen im Überlassungszeitraum angewendet haben und wie der Kläger danach einzugruppieren gewesen wäre. Es kann deshalb nicht nachvollzogen und überprüft werden, welches Arbeitsentgelt der Kläger erzielt hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit bei den Entleiherinnen angestellt worden wäre. Die Beklagte konnte sich deshalb auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränken. Der Vortrag des Klägers war und ist nicht weiter einlassungsfähig.

19

bb) Angesichts der unzulänglichen Auskünfte hätte der Kläger zur Darlegung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt alle für dessen Berechnung erforderlichen Tatsachen vortragen müssen.

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(1) Stützt sich der Leiharbeitnehmer im Prozess nicht auf eine - ausreichende - Auskunft nach § 13 AÜG, muss er zur Darlegung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt alle für dessen Berechnung erforderlichen Tatsachen vortragen, soweit diese sich nicht aus der Auskunft ergeben. Dazu gehören vorrangig die Benennung eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers und das diesem vom Entleiher gewährte Arbeitsentgelt. Beruft sich der Leiharbeitnehmer - alternativ - auf ein allgemeines Entgeltschema, hat er dieses konkret zu benennen, seinen Inhalt vorzutragen und darzulegen, dass ein solches im Betrieb des Entleihers im Überlassungszeitraum tatsächlich Anwendung fand und wie er danach fiktiv einzugruppieren gewesen wäre (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 23).

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(2) Auch diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers nicht. Vergleichbare Stammarbeitnehmer hat er nicht konkret benannt. Er hat lediglich behauptet, bei den Entleiherinnen sei „Tariflohn“ gezahlt worden, ohne konkret vorzutragen, welche Tarifverträge und damit welches allgemeine Entgeltschema von den einzelnen Entleiherinnen im jeweiligen Überlassungszeitraum angewendet worden wäre. Es ist deshalb nicht ersichtlich, wie der Kläger fiktiv einzugruppieren gewesen wäre.

22

(3) Der Kläger hatte nach dem Verfahrensverlauf ausreichend Gelegenheit und Veranlassung, seinen Sachvortrag zu präzisieren und zu ergänzen. Die Beklagte hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 13. Januar 2011 und in der Berufungserwiderung vom 15. Oktober 2012 ausdrücklich beanstandet, der Sachvortrag des Klägers sei nicht hinreichend substantiiert. Es ist schon deshalb nicht geboten, die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem Kläger eine Ergänzung seines Sachvortrags zu ermöglichen.

23

(4) Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ist auch nicht im Hinblick auf den vom Kläger für einzelne Überlassungszeiträume angebotenen Zeugenbeweis geboten. Den fehlenden Sachvortrag konnte er hierdurch nicht ersetzen. Die Beweisantritte des Klägers waren - unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Beweisantritts - bereits deshalb unzulässig, weil die Vernehmung von Zeugen einen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte. Wird ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsache fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, ist dieser Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung aufgrund dieses unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts zu unterbleiben (BAG 15. Dezember 1999 - 5 AZR 566/98 - zu II 2 a aa der Gründe). Danach waren die Beweisantritte des Klägers unbeachtlich, denn er hat, wie bereits ausgeführt, die Höhe des Vergleichsentgelts nicht substantiiert dargelegt.

24

III. Die Klage ist zudem unbegründet, weil die Ansprüche des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 12 Arbeitsvertrag verfallen sind. Der Kläger war zwar nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP, die auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sind, einzuhalten (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 35, BAGE 144, 306; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 14). Jedoch musste er die in § 12 Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist beachten.

25

1. Diese Klausel, bei der es sich nach der nicht angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt (§ 305 Abs. 1 BGB), enthält eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung. Das folgt schon aus dem grundsätzlichen Vorrang einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40, BAGE 144, 306). Eine abweichende anderweitige Regelung haben die Parteien nicht getroffen. Sie haben im Gegenteil in § 1 Nr. 4 Satz 7 Arbeitsvertrag ausdrücklich festgehalten, § 12 Arbeitsvertrag solle konstitutiv wirken. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren Regelungen in § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag. Diese sehen zwar an sich vor, dass eine ausdrücklich in den Vertrag aufgenommene Regelung nicht in jedem Falle eigenständige Bedeutung habe und bei sich widersprechenden Regelungen die tariflichen Bestimmungen maßgeblich sein sollten, es sei denn, der Arbeitsvertrag enthielte eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung. Das führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 12 Arbeitsvertrag. Denn die Kollisionsregeln in § 1 Nr. 4 Arbeitsvertrag setzen - für den durchschnittlichen Vertragspartner des Klauselverwenders erkennbar - voraus, dass auf arbeitsvertraglicher Ebene überhaupt eine in Bezug genommene tarifliche und eine ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommene Regelung Anwendung finden und kollidieren können. Das ist vorliegend nicht der Fall. Wegen der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge geht die Bezugnahmeklausel insgesamt ins Leere: Die in Bezug genommenen Tarifverträge können auf arbeitsvertraglicher Ebene keine Wirkung entfalten, damit sind die dazugehörigen Kollisionsregeln hinfällig (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 16).

26

2. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist weder intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) noch unangemessen benachteiligend (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

27

a) Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48 f., BAGE 144, 306). Die Einschränkung der Rechtsfolge in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung einzuhalten, führt nicht zur Intransparenz der Klausel. Sie hält den Arbeitnehmer nicht davon ab, alle erforderlichen Schritte zur Verhinderung des Untergangs eines Anspruchs zu unternehmen, sondern entlastet ihn, wenn er jene trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ergreifen konnte (vgl. BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 20; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 23).

28

b) Die Ausschlussfristenregelung lässt dem Gläubiger eine faire Chance, seine Ansprüche durchzusetzen. Eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ reicht nach dem Wortlaut der Klausel aus und ermöglicht es auch dem Leiharbeitnehmer, der die Entgeltregelung für vergleichbare Stammarbeitnehmer noch nicht im Einzelnen kennt, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist sich für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt zu sichern(vgl. dazu im Einzelnen BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 50 ff., BAGE 144, 306).

29

3. Der Kläger hat die Ausschlussfrist nicht eingehalten. Er hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, der mit der Überlassung entsteht und ratierlich zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 42, BAGE 144, 306), erstmals mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

30

a) Der Anspruchsverfall war nicht nach § 12 Nr. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Danach bestehen Ansprüche fort, wenn der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die dreimonatige Geltendmachungsfrist einzuhalten. Ein derartiger Ausnahmefall liegt nicht vor.

31

Die bloße Unkenntnis über das Bestehen eines Anspruchs oder die objektiv unzutreffende rechtliche Würdigung der arbeitsvertraglichen Klausel, mit der der Verleiher von der nach § 9 Nr. 2 AÜG eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, reicht für eine Verhinderung im Sinne von § 12 Nr. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag nicht aus. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gestaltung und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers (BAG 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 25 f.; vgl. auch - zur Verjährung - BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 25, BAGE 144, 322; 24. September 2014 - 5 AZR 506/12 - Rn. 30).

32

Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich der im Rechtlichen irrende Arbeitnehmer von kompetenter Stelle eine falsche Rechtsauskunft oder unzutreffenden Rechtsrat erhalten hätte (vgl. zur nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage in einem solchen Falle ErfK/Kiel 15. Aufl. § 5 KSchG Rn. 17 mwN). Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen.

33

b) Dem Verfall steht § 12 Nr. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 56, BAGE 144, 306).

34

4. Die Berufung der Beklagten auf die in § 12 Arbeitsvertrag geregelte Ausschlussfrist ist nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie aus dem NachwG folgende Pflichten missachtet hätte.

35

a) Eine Verpflichtung der Beklagten zum Nachweis der Höhe des Stammarbeitnehmern der Entleiherinnen gezahlten Entgelts ergibt sich weder aus dem Nachweisgesetz noch aus dem AÜG. Nach § 2 Abs. 1 NachwG sind dem Leiharbeitnehmer nur die Vertragsbedingungen, darunter die Höhe des Entgelts(§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG), als die in seinem Vertragsverhältnis zum Verleiher geltenden Bedingungen nachzuweisen. Eine Pflicht des Verleihers, die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Entleiherbetriebs nachzuweisen, ist auch im AÜG nicht normiert. Das AÜG unterscheidet zwischen „Vertragsbedingungen“, die das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Verleiher betreffen, und „Arbeitsbedingungen“, die in der Rechtssphäre zwischen Entleiher und Stammarbeitnehmern gelten. Diese Unterscheidung wird vom Gesetz in dem System der aufeinander abgestimmten Informations-, Dokumentations- und Auskunftspflichten im Dreiecksverhältnis Entleiher/Verleiher/Leiharbeitnehmer konsequent umgesetzt. § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG bestimmt zwar ergänzende Nachweispflichten im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, diese betreffen aber nur das Vertragsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 16 ff., BAGE 137, 249). Die Vergleichsmöglichkeit zwischen den Leistungen des Verleihers und den nach dem Gleichbehandlungsgebot zustehenden Leistungen wird für den Leiharbeitnehmer durch den allein gegenüber dem Entleiher bestehenden und gerichtlich einklagbaren gesetzlichen Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG gewährleistet(vgl. BAG 24. April 2014 - 8 AZR 1081/12 - Rn. 18).

36

b) Zudem begründet eine Verletzung von Nachweispflichten für sich genommen den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht (vgl. BAG 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - zu III 3 b der Gründe, BAGE 101, 75; 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - Rn. 30). Ein individueller Rechtsmissbrauch der Beklagten ist nicht ersichtlich. Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihn bei Abschluss des Arbeitsvertrags bewusst über die Entgelthöhe getäuscht hätte oder durch unredliches Verhalten den Vertragsschluss, insbesondere die Vereinbarung der in § 1 Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge, herbeigeführt hätte.

37

5. Mit der Obliegenheit, Ansprüche auf Differenzvergütung nach Maßgabe von § 12 Arbeitsvertrag schriftlich geltend zu machen, wurden für den Kläger keine den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen erschwerenden, im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 GG stehenden Kostenbarrieren aufgestellt.

38

Die ausschließlich zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfrist sieht keine Obliegenheit vor, Ansprüche im Fall der Ablehnung innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend zu machen.

39

IV. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Feldmeier    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Juli 2011 - 11 Sa 758/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1954 geborene Kläger war seit September 2002 bei dem beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er erhielt ein monatliches Bruttoentgelt iHv. 3.740,00 Euro.

3

Im Jahr 2003 wurde er mit Strafbefehl wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Das beklagte Land erteilte ihm eine Abmahnung. Diese wurde im Februar 2007 gemäß der sog. Tilgungsverordnung aus der Personalakte entfernt.

4

Am 29. August 2008 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren. Nachdem das beklagte Land Kenntnis von der Anklageschrift erhalten hatte, suspendierte es den Kläger vom Dienst und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung. Dieser ließ sich dahin ein, das von der Staatsanwaltschaft eingeholte Sachverständigengutachten zur Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin - eines achtjährigen Mädchens - sei unzureichend, nach Einholung eines weiteren Gutachtens könne nicht mit der Eröffnung des Hauptverfahrens gerechnet werden.

5

Nach Anhörung des Personalrats kündigte das beklagte Land das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis am 17. September 2008 außerordentlich fristlos. Zur Begründung wies es darauf hin, dass das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen aufgrund der dem Kläger vorgeworfenen Straftaten zerstört sei.

6

Der Kläger hat fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben und die Ansicht vertreten, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung habe zu keiner Zeit vorgelegen. Die Zeugin sei nicht glaubwürdig.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 17. September 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, ihn über den 17. September 2008 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, es habe sich auf die strafrechtliche Wertung der Staatsanwaltschaft verlassen dürfen. Da diese von einem hinreichenden Tatverdacht iSv. § 170 StPO ausgehe, sei zugleich auch ein ausreichend erhärteter Verdacht gegeben, der eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB rechtfertige. Durch den Verdacht, der Kläger habe sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen, sei sein Vertrauen in diesen nachhaltig zerstört. Ggf. sei die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche umzudeuten und zumindest als solche wirksam.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit im Einvernehmen mit den Parteien bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Nachdem die Jugendschutzkammer des Landgerichts die Eröffnung des Hauptverfahrens nach Einholung eines weiteren Gutachtens mangels Glaubwürdigkeit der einzigen Zeugin abgelehnt hatte, hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

11

I. Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung des beklagten Landes vom 17. September 2008 nicht aufgelöst worden.

12

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

13

a) Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 16; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9).

14

b) Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (vgl. BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 17; 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - Rn. 30, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5).

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c) Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 18; 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9). Deshalb besteht regelmäßig keine Rechtfertigung für die Aussetzung eines Kündigungsschutzprozesses bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Strafverfahrens, in dem der Kündigungsvorwurf auf seine strafrechtliche Relevanz hin geprüft wird (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - aaO).

16

d) Im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung begangen, allenfalls verstärken (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 25; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, BAGE 137, 54; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 711). Sie können im Übrigen bei der Frage Bedeutung gewinnen, zu welchem Zeitpunkt eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden soll, und deshalb für die Einhaltung der Zweiwochenfrist von Bedeutung sein (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - aaO). Allein auf eine den dringenden Tatverdacht bejahende Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden als solche kann die Verdachtskündigung deshalb nicht gestützt werden. Ebenso wie bei der Kündigung wegen einer aus Sicht des Arbeitgebers erwiesenen Tat, bei der eine strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen nicht ausreicht, die Kündigung zu rechtfertigen, sind die Gerichte für Arbeitssachen auch bei der Verdachtskündigung gehalten, den Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess im Rahmen des Parteivorbringens selbst aufzuklären und zu bewerten (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 26; 18. November 1999 - 2 AZR 852/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 12). Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden, selbst wenn sie von Gesetzes wegen einen dringenden Tatverdacht voraussetzen sollten, sind nicht geeignet, Tatsachenvortrag der Parteien des Zivilprozesses zu ersetzen. Der wegen eines dringenden Tatverdachts kündigende Arbeitgeber hat im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen vielmehr bestimmte Tatsachen darzulegen, die unmittelbar als solche den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei eines bestimmten, die Kündigung rechtfertigenden Verhaltens dringend verdächtig. Zu diesem Zweck ist es ihm zwar unbenommen, sich Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden zu eigen zu machen und sie im Arbeitsgerichtsprozess - zumindest durch Bezugnahme - als eigene Behauptungen vorzutragen. Es genügt aber nicht, anstelle von unmittelbar verdachtsbegründenden Tatsachen lediglich den Umstand vorzutragen, auch die Strafverfolgungsbehörden gingen von einem Tatverdacht aus. Weder vermag sich der Prozessgegner darauf sachgerecht einzulassen noch vermögen auf dieser Grundlage die Gerichte für Arbeitssachen das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der ausgesprochenen (Verdachts-)Kündigung selbstständig zu beurteilen. Auch brächte sich der Arbeitgeber auf diese Weise selbst um die Möglichkeit, den Arbeitnehmer durch substantiierten Tatsachenvortrag gem. § 138 Abs. 2 ZPO zur substantiierten Erwiderung zu veranlassen und ggf. aus den Regelungen in § 138 Abs. 3, Abs. 4 ZPO prozessualen Nutzen zu ziehen.

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2. Danach fehlt es im Streitfall an den Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB. Das beklagte Land hat keine verdachtsbegründenden konkreten Tatsachen dargelegt.

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a) Das beklagte Land geht allerdings zu Recht davon aus, dass ein Verhalten, wie es dem Kläger im Rahmen der Anklage zur Last gelegt wurde, auch als außerdienstliches Verhalten „an sich“ ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Lehrers sein kann. Aus ihm ergeben sich begründete Zweifel an der Eignung für die arbeitsvertraglich geschuldete pädagogische Tätigkeit, die geeignet sein können, eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen (so auch SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 643 u. 697; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 85; APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 80b).

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b) Das beklagte Land hat jedoch seine Annahme, der Kläger sei der ihm seitens der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Tat dringend verdächtig, allein mit der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft und der dieser zugrunde liegenden Beurteilung begründet. Es hat - über die Tatsache der Anklageerhebung hinaus - keinerlei Umstände vorgetragen, welche einen dringenden Tatverdacht rechtfertigen könnten. Es hat sich den von der Staatsanwaltschaft ermittelten Sachverhalt auf Befragen des Senats ausdrücklich nicht zu eigen gemacht. Damit fehlt es an substantiiertem Sachvortrag, der eine eigene Bewertung der den Verdacht begründenden Tatsachen durch die Gerichte für Arbeitssachen nach Maßgabe zivilprozessualer Grundsätze ermöglichen würde.

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3. Die Kündigung ist auch als ordentliche Kündigung nicht wirksam. Sie ist nicht sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

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a) Allerdings kann eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn das dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist(BAG 23. Oktober 2008 - 2 AZR 388/07 - Rn. 33 mwN, AP BGB § 626 Nr. 217 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 23). Bei feststehendem Sachverhalt kann dies auch noch in der Revisionsinstanz erfolgen (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 39 ff., AP BGB § 626 Nr. 230 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 31). Im Streitfall ist von einer derartigen Sachlage auszugehen. Der Inhalt des Kündigungsschreibens ließ für den Kläger den unbedingten Beendigungswillen des beklagten Landes erkennen. Der Kläger musste davon ausgehen, dass es diesem darauf ankam, sich möglichst bald von ihm zu trennen. Besondere Umstände, die den Schluss zuließen, das beklagte Land habe mit der Kündigung ausschließlich die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollen, und die damit der von ihm in der Revisionsinstanz ausdrücklich begehrten Umdeutung entgegenstünden, hat der Kläger nicht aufgezeigt (vgl. dazu BAG 15. November 2001 - 2 AZR 310/00 - zu B I 2 c der Gründe mwN, AP BGB § 140 Nr. 13 = EzA BGB § 140 Nr. 24).

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b) Auch mit Blick auf die ordentliche Kündigung fehlt es jedoch an Sachvortrag des beklagten Landes, der es erlauben würde, das Vorliegen eines dringenden Verdachts kündigungsrelevanten Verhaltens des Klägers selbstständig zu beurteilen.

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II. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Landesarbeitsgericht hat ihn zutreffend dahingehend verstanden, dass er auf eine Beschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtet ist. Dieser ist rechtskräftig abgeschlossen.

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III. Die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO das beklagte Land zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    F. Löllgen    

        

    Bartz    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.