Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 E 532/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 7. April 2014 in der Fassung des Beschlusses vom 5. Mai 2014 geändert.
Der Klägerin wird für das Klageverfahren erster Instanz auch insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt, als sie begehrt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts I. vom 12. Dezember 2013 zu verpflichten, ihr einen Kontoauszug über das unter der Steuernummer geführte Steuerkonto für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2012 zu erteilen, aus dem sich die Art der Steuerschulden, Umbuchungen, Fälligkeit und Tilgung der Abgabenforderungen sowie etwaige Vollstreckungsaufträge ergeben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Gerichtsgebühr nach Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Klägerin hat nur teilweise Erfolg. Sie ist begründet, soweit das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Teil des Klagebegehrens versagt hat (dazu 1.). Soweit sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts wendet, ist die Beschwerde unbegründet (dazu 2.).
31. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht versagt, soweit mit der Klage die Erteilung eines Kontoauszugs über das Steuerkonto des Insolvenzschuldners für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 begehrt wird. Die Rechtsverfolgung bietet auch insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 116 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO).
4Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzbegehrens darf dabei nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatsachenfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.
5Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u. a. - BVerfGE 81, 347, juris Rn. 26, sowie vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, 1060, juris, Rn. 20 ff.
6Gemessen daran bietet die Klage insgesamt hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der geltend gemachte Anspruch ist auch bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 nicht mit einer die Versagung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden Sicherheit nach § 5 Abs. 4 IFG NRW ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn die Information der Antragstellerin bereits zur Verfügung gestellt worden ist oder wenn sich die Antragstellerin die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die erste Alternative regelt ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass die Information bereits - ggf. auch durch eine andere Behörde - zur Verfügung gestellt worden ist.
7Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12.
8Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der betreffende Antrag auf Informationszugang gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal zuvor gewährt hat. Die Regelung dürfte aber - zumindest analog - auch dann anwendbar sein, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
9Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 5 Rn. 649.
10Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es allerdings grundsätzlich nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt allenfalls dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt.
11Nach diesen Grundsätzen spricht nach Aktenlage mehr dagegen, dass § 5 Abs. 4 IFG NRW im vorliegenden Fall eingreift. Der bloße Umstand, dass die Buchhaltung des Insolvenzschuldners in dem fraglichen Zeitraum von einer Steuerberaterin geführt worden ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Klägerin als Insolvenzverwalterin über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt. Sie hat ausdrücklich vorgetragen, die Steuerberaterin habe die von ihr erstellte Buchhaltung bis heute nicht an die Klägerin herausgegeben. Die Klägerin ist auch nicht verpflichtet, sich vorrangig an die Steuerberaterin zu wenden, da diese keine „allgemein zugängliche Quelle“ im Sinne von § 5 Abs. 4 IFG NRW darstellt. Aus diesem Grund geht auch ein privatrechtlicher Anspruch nach § 97 InsO gegen den Insolvenzschuldner dem hier geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen nicht vor. Die Steuerberaterin hat nach Angaben der Klägerin im Übrigen telefonisch erklärt, dass der Insolvenzschuldner seinerzeit ihren Aufforderungen, Buchführungsunterlagen einzureichen, nur unzureichend nachgekommen war, weshalb sie das Mandat in der Folgezeit niedergelegt habe. Demgegenüber stützt sich die Annahme des Beklagten, der Klägerin lägen die gewünschten steuerlichen Informationen bereits vollständig vor, auf eine bloße Vermutung.
12Die Klage hat auch im Übrigen - d. h. hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen für den begehrten Informationszugang und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen - hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insoweit wird ebenso wie hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO) auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
132. Die Klägerin kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht beanspruchen. Gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO ist einem mittellosen Beteiligten, sofern wie vor dem Verwaltungsgericht eine anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben ist (§ 67 Abs. 1 und 2 VwGO), auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beizuordnen, wenn eine rechtsanwaltliche Vertretung erforderlich erscheint. Dies ist der Fall, wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht imstande sein, seine Rechte sachgerecht wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen zu veranlassen.
14Vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 124/03 -, NJW 2003, 3136, juris, Rn. 3; Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 121 Rn. 5.
15Abweichend davon darf ein Insolvenzverwalter, der selbst Volljurist ist, Aufgaben, die er ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht selbst wahrnehmen kann, auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstandenen Auslagen aus der Masse entnehmen.
16Vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - IX ZB 130/05 -, MDR 2006, 1310, juris, Rn. 6 m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 31. August 2012 - 8 E 355/12 -, Abdruck S. 6.
17Sind in einer höheren Instanz bereits Musterverfahren anhängig, reicht es aus verfassungsrechtlicher Sicht aus, wenn dem Betroffenen nach Ergehen der Musterentscheidung noch alle prozessualen Möglichkeiten offenstehen, umfassenden gerichtlichen Schutz zu erlangen. Eine anwaltliche Vertretung ist in diesem Fall nicht erforderlich, solange ein Betreiben des eigenen Verfahrens in zumutbarer Weise zurückgestellt oder ruhend gestellt werden kann.
18Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. November 2009 ‑ 1 BvR 2455/08 -, NJW 2010, 988, juris, Rn. 10 f.
19Ausgehend davon ist der Klägerin gegenwärtig kein Rechtsanwalt beizuordnen.
20Der Senat hat mit Urteil vom 15. Juni 2011 entschieden, dass ein Insolvenzverwalter nach § 4 Abs. 1 IFG NRW von der Finanzverwaltung Auskünfte über steuerliche Verhältnisse des Insolvenzschuldners verlangen kann und insbesondere § 30 AO dem nicht entgegensteht.
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162, juris, vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 970, juris.
22Mit Blick auf die hiergegen von Finanzämtern in zahlreichen beim Senat anhängigen Verfahren erhobenen ausführlichen Einwände hat der Senat durch Beschlüsse vom 25. Juni 2015 in vier Verfahren die Berufung zugelassen, um die aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit § 30 AO weiter zu klären (8 A 1032/14, 8 A 1073/14, 8 A 1074/14 und 8 A 1126/14). Es kann daher nicht - mehr - davon ausgegangen werden, dass die sich in diesem Zusammenhang auch vorliegend entscheidungserheblich stellenden Rechtsfragen abschließend geklärt wären.
23Gleichwohl ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Klageverfahren nicht erforderlich, weil es in zumutbarer Weise ruhend gestellt werden kann, bis in einem der in der Berufungsinstanz anhängigen Musterverfahren eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
24Vgl. bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juni 2015 - 8 E 277/15 -, und vom 26. Juni 2015 - 8 E 276/15 - sowie - 8 E 336/15 - (nicht veröffentlicht).
25Für das Beschwerdeverfahren fällt gemäß Nr. 5502 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz eine Festgebühr an. Da die Beschwerde nur teilweise erfolglos bleibt, hat der Senat die Gerichtsgebühr auf die Hälfte ermäßigt. Die Kostenentscheidung im Übrigen folgt aus § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
26Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 E 532/14
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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.
(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.
(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen.
(3) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat.
(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.
(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.
(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.
(3) Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.
Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag
- 1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen; - 2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung nach Satz 1 dienen regelmäßig Ergebnisse der Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter.
(2) Der Antragsteller soll über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens informiert werden.
(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.
(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er
- 1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm - a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen, - b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit, - c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
- 2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
- 3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.
(3) Den Amtsträgern stehen gleich
- 1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs), - 1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen, - 2.
amtlich zugezogene Sachverständige, - 3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit
- 1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient, - 1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient, - 1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient, - 2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist, - 2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist, - 2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient, - 2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen, - 2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist, - 3.
die betroffene Person zustimmt, - 4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse - a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder - b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
- 5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn - a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen, - b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder - c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.
(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.
(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.
(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.
(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.
(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.
(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.
(11) Wurden geschützte Daten
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen teilweise geändert. Der Tenor wird wie folgt neu gefasst:
„Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Finanzamts B. vom 18. März 2010 und seiner Einspruchsentscheidung vom 16. September 2010 verpflichtet, dem Kläger
1. unter Vorlage geeigneter Nachweise, insbesondere von Kontoauszügen, Auskunft darüber zu erteilen, ob und in welcher Höhe Zahlungen der Beigeladenen seit dem 1. November 2007 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Finanzamt B. eingegangen sind,
2. Auskunft zu erteilen, welche Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Beigeladene seit dem 1. November 2007 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergriffen worden sind,
3. mitzuteilen, wann das Finanzamt von dem Insolvenzantrag über das Vermögen der Beigeladenen erfahren hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen der Kläger zu 1/6 und der Beklagte zu 5/6. Mehrkosten, die durch die Anrufung des Finanzgerichts entstanden sind, trägt der Beklagte allein. Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beigeladenen die Erteilung steuerlicher Auskünfte durch das Finanzamt B. (nachfolgend: Finanzamt).
3Über das Vermögen der Beigeladenen, der C. Tief- und Straßenbau GmbH, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 1. Juli 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter für die Insolvenzschuldnerin bestellt. Er beantragte mit Schreiben vom 16. März 2010 beim Finanzamt unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz, ihm Auskunft darüber zu erteilen,
4a) ob und in welcher Höhe das Finanzamt unter der Steuernummer X oder einer anderen Steuernummer Zahlungen der C. Tief- und Straßenbau GmbH seit dem 1. November 2007 erhalten habe,
5b) welche Vollstreckungsmaßnahmen das Finanzamt gegen die Insolvenzschuldnerin im Hinblick auf vorgenannte Zahlungen ergriffen habe,
6c) wann das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Insolvenzantrag der Insolvenzschuldnerin erfahren habe.
7Mit Bescheid vom 18. März 2010 teilte das Finanzamt mit, die angeforderten Auskünfte könnten im Hinblick auf § 5 Abs. 4 IFG NRW nicht erteilt werden. Der Kläger könne sich alle Informationen, auf die er als Insolvenzverwalter zugreifen könne, vom Schuldner selbst beschaffen. Er habe Zugriff auf die komplette Buchführung und die Kontoauszüge des Insolvenzschuldners, wonach aus Anmeldungen/Bescheiden und Zahlungsein- und -ausgängen problemlos die geforderten Informationen entnommen werden könnten. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
8Mit Anwaltsschreiben vom 29. März 2010 wiederholte der Kläger sein Auskunftsbegehren unter Fristsetzung. Er wies darauf hin, die begehrten Auskünfte seien zu erteilen, da ihm als Insolvenzverwalter diese Informationen nicht zur Verfügung stünden. Er könne sie auch nicht in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen.
9Nach einer weiteren Erinnerung teilte das Finanzamt dem Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2010 mit, der Einspruch sei zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keine Begründung vorgelegt, weshalb er die begehrten Auskünfte benötige. Es sei davon auszugehen, dass er sich die Prüfung von Anfechtungsmöglichkeiten gemäß § 129 ff. Insolvenzordnung (InsO) erleichtern wolle. Das Finanzamt sei nicht verpflichtet, die Voraussetzungen eines gegen sich gerichteten Anfechtungsanspruchs zu ermitteln und dem künftigen Anspruchsgegner mitzuteilen. Einem Auskunftsanspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder stehe § 30 Abgabenordnung (AO) als Bundesrecht entgegen. Der Kläger möge binnen vier Wochen mitteilen, ob er seinen Einspruch zurücknehme.
10Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 2010 eine erneute Frist für die Auskunftserteilung gesetzt hatte, lehnte das Finanzamt mit Schreiben vom 19. Mai 2010 die Erteilung der angeforderten Auskünfte unter Hinweis auf das Schreiben vom 7. Mai 2010 wiederum ab und bat, die Rücknahme des Rechtsbehelfs zu prüfen. Mit Schreiben vom 22. Juni 2010 wiederholte das Finanzamt diese Aufforderung. Der Kläger forderte das Finanzamt mit Schreiben vom 26. August 2010 nochmals unter Fristsetzung zur Erteilung der erbetenen Informationen auf.
11Mit Einspruchsentscheidung vom 16. September 2010 wies das Finanzamt den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18. März 2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, das IFG NRW sei gegenüber der Abgabenordnung subsidiär. Die Abgabenordnung regele als speziellere Rechtsmaterie die Frage des Akteneinsichtsrechts abschließend. Auch ein Anspruch auf Akteneinsicht nach der Abgabenordnung im Ermessenswege sei nicht gegeben. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach Klage beim Finanzgericht Köln erhoben werden könne.
12Der Kläger hat am 15. Oktober 2010 Klage beim Finanzgericht erhoben. Das Finanzgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 11. Juni 2013 an das Verwaltungsgericht Aachen verwiesen. Der Kläger hat geltend gemacht, er benötige die begehrten Auskünfte zur Prüfung insolvenzrechtlicher Anfechtungsansprüche gemäß §§ 129 ff. InsO. Er habe Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im anfechtungsrelevanten Zeitraum Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber der Insolvenzschuldnerin vorgenommen habe, die ggf. anfechtbar wären.
13Der Kläger hat beantragt,
14das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide des Finanzamts B. vom 16. September 2010 und 19. Mai 2010 zu verpflichten,
15- 16
1. unter Vorlage geeigneter Nachweise, insbesondere von Kontoauszügen, Auskunft darüber zu erteilen, ob und in welcher Höhe Zahlungen der C. Tief- und Straßenbau GmbH seit dem 1. November 2007 bei dieser eingegangen sind;
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2. Auskunft zu erteilen, welche Vollstreckungsmaßnahmen gegen die C. Tief- und Straßenbau GmbH seit dem 1. November 2007 ergriffen worden sind;
- 18
3. mitzuteilen, wann sie von der Zahlungsunfähigkeit der C. Tief- und Straßenbau GmbH bzw. dem Insolvenzantrag erfahren hat.
Der Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2014 ergangenes Urteil stattgegeben. Die geltend gemachten Ansprüche seien nach § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet. Die Antworten auf alle Fragen des Klägers seien beim Finanzamt vorhanden. Das Finanzamt müsse die Akten lediglich sichten und die Daten in eine Antwort auf die Fragen übertragen. Die begehrten Informationen seien dem Kläger weder bereits zur Verfügung gestellt worden, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Der Informationszugang werde nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW durch die Vorschriften der Abgabenordnung zum Akteneinsichtsrecht der am steuerlichen Verwaltungsverfahren Beteiligten ausgeschlossen. § 30 AO stehe einer Preisgabe steuerlicher Informationen über die Insolvenzschuldnerin an den Insolvenzverwalter nicht entgegen. Diese Fragen seien in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.
22Mit Beschlüssen vom 25. Juni 2015 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil zugelassen und die Insolvenzschuldnerin zum Verfahren beigeladen. Dem Geschäftsführer der Beigeladenen wurde Gelegenheit gegeben, zum Klagebegehren Stellung zu nehmen.
23Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, dem begehrten Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. Aus der Rechtsprechung des Senats und aus kompetenzrechtlichen Erwägungen (vgl. Art. 31 GG) folge, dass § 30 AO als bundesrechtliche Vorschrift über die Begrenzung des Zugangs zu amtlichen Informationen auch gegenüber Ansprüchen aus § 4 Abs. 1 IFG NRW einen eigenständigen Ausschlussgrund darstelle. Zumindest stehe die Vorschrift einem Informationsanspruch über § 6 Buchst. a Var. 5 IFG NRW entgegen, weil ein das Steuergeheimnis verletzender Informationszugang die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung beeinträchtige.
24Ausgehend davon schließe § 30 AO die Erteilung der begehrten Informationen hier aus. Diese unterfielen dem Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 1 und 2 AO. Entgegen der Rechtsprechung des Senats könne eine Verletzung des § 30 AO nicht mit der Begründung verneint werden, die begehrten Informationen seien dem Insolvenzverwalter gegenüber nicht geheimhaltungsbedürftig, weil der Schuldner dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO alle ihm möglichen Auskünfte über von ihm gezahlte Steuern erteilen müsse. Der Schutz des Steuergeheimnisses stehe nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Geheimhaltungsbedürftigkeit. Dies belege schon § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO, der bei Zustimmung des Betroffenen - dem Paradefall einer fehlenden Geheimhaltungsbedürftigkeit - eine ausdrückliche Durchbrechung des Steuergeheimnisses vorsehe. Die Voraussetzungen, unter denen steuerliche Informationen offenbart werden dürfen, seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Eine Offenbarungsbefugnis sei danach nicht gegeben. Das streitgegenständliche Informationszugangsbegehren diene nicht der Erfüllung steuerlicher Pflichten der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, sondern der Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Insoweit handele der Kläger nicht als Beteiligter eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens. Die Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Betroffener in diesem Sinne sei die Beigeladene, nicht der Kläger. Der klagende Insolvenzverwalter werde weder als steuerlicher Vertreter der Insolvenzschuldnerin noch in Wahrnehmung ihrer Interessen tätig. Das IFG NRW sei auch kein Gesetz im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, das die Offenbarung ausdrücklich zulasse. Es befreie nur von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, nicht aber von besonderen Geheimhaltungsvorschriften. Auch die §§ 80 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 InsO seien keine solchen Gesetze.
25Ein Anspruch auf die begehrten Informationen gegen einen Dritten zähle nicht zu den gesetzlich geregelten Offenbarungsvoraussetzungen. Würden vom Schutzbereich des Steuergeheimnisses solche Informationen ausgenommen, hinsichtlich derer dem Anspruchsteller ein gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Auskunftsanspruch zustehe, wären damit weitreichende Rechtsunsicherheiten und eine erhebliche Relativierung des Steuergeheimnisses verbunden. Der Finanzverwaltung würde die von ihr kaum zu bewältigende Aufgabe übertragen, in zahlreichen Einzelfällen und ohne ein entsprechendes Aufklärungsinstrumentarium über das Bestehen und die Reichweite verschiedener gesetzlicher Auskunftsansprüche im Verhältnis Dritter zueinander zu entscheiden. Auch ein Umkehrschluss aus § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO bestätige, dass drittgerichtete Auskunftsansprüche keine Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigten. Danach reiche es nicht aus, dass der Anspruchsteller die Zustimmung des Betroffenen erzwingen könnte. Vielmehr müsse die Zustimmung zuvor im dafür vorgesehenen Verfahren - hier nach § 98 InsO - durchgesetzt werden. Es stehe nicht fest, dass die jeweils in Rede stehenden Informationen stets auch i. S. v. § 97 InsO das Insolvenzverfahren beträfen. Dies sei etwa bei Informationen zu verneinen, die das insolvenzfreie Vermögen beträfen. Im kontradiktorischen Verfahren nach § 98 InsO, das für die zwangsweise Durchsetzung der geschuldeten Auskünfte und Mitwirkungshandlungen vorgesehen sei, werde dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt. Werde dem Anspruch nach § 97 InsO demgegenüber im Rahmen eines Informationsantrags des Insolvenzschuldners an das Finanzamt Rechnung getragen, würden die Rechte des Betroffenen in unzulässiger Weise verkürzt. Zugleich würde den Amtsträgern der Finanzverwaltung ein erhebliches Strafbarkeitsrisiko aufgebürdet, da die unbefugte Offenbarung eines Steuergeheimnisses nach § 355 StGB strafbar sei. Die vom Senat vorgenommene Beiladung ändere nichts daran, dass die Beteiligung des Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht gesichert sei. Der Schutzzweck des § 97 InsO bliebe auch ohne einen unmittelbaren Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt gewahrt. Das gelte selbst dann, wenn der Insolvenzschuldner bzw. dessen Geschäftsführer nicht greifbar sei. Bei juristischen Personen könne analog § 29 BGB ein Notgeschäftsführer bzw. Notvorstand bestellt werden. Klagen und Beschlüsse könnten im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden.
26Der Beklagte sei - entgegen der im Urteilstenor unter Nr. 3 ausgesprochenen Verpflichtung - auch nicht verpflichtet mitzuteilen, wann das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit der Beigeladenen erfahren habe. Während die Frage nach dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Insolvenzantrag eine objektive, tatsachenbezogene Information betreffe, sei das Auskunftsbegehren hinsichtlich der Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit auf die rechtliche Bewertung von beim Finanzamt vorhandenen Informationen gerichtet. Dies sei vom Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen nicht mehr gedeckt.
27Der Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 19. März 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Kläger beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. In der mündlichen Verhandlung hat sein Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich die geltend gemachten Auskunftsansprüche nur auf Informationen bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezögen.
32Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 24. November 2015 verwiesen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
35Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn diese ist mit der ‑ öffentlich zugestellten - Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
36Die zulässige Berufung des Beklagten ist überwiegend nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen zu Recht stattgegeben. Die Neufassung des Tenors trägt insoweit im Wesentlichen nur der begrenzten zeitlichen Reichweite des geltend gemachten Informationsanspruchs Rechnung, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist.
37Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO stand aufgrund der Verweisung durch das Finanzgericht Köln schon für das Verwaltungsgericht bindend fest (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Sie ist auch vom Senat nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Im Übrigen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Einsicht in die den Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO nicht erfasst wird und deshalb im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist.
38Vgl. zu § 4 des früheren Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris; BFH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris.
39Die Klage ist zulässig. Insbesondere wahrt die am 15. Oktober 2010 beim Finanzgericht erhobene Klage in jedem Fall die Klagefrist. Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 und 2 JustG NRW i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO bedurfte es vor Erhebung der Verpflichtungsklage keiner Nachprüfung der ablehnenden Entscheidung in einem Vorverfahren. Ausgehend davon war die Klage innerhalb eines Jahres nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 18. März 2010, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, zu erheben (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Selbst wenn mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 16. September 2010 eine neue Klagefrist in Gang gesetzt worden sein sollte, wäre auch diese vorliegend eingehalten. Für die Beurteilung der Fristwahrung ist dabei jedenfalls auf den Klageeingang beim unzuständigen Finanzgericht abzustellen, da die Wirkungen der Rechtshängigkeit gemäß § 17b Abs. 1 Satz 2 GVG nach der Verweisung bestehen bleiben.
40Vgl. Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 17b GVG Rn. 6 f.
41Die Klage ist überwiegend auch begründet. Der Bescheid des Finanzamts vom 18. März 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 16. September 2010 sind überwiegend rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der begehrten steuerlichen Auskünfte im Wesentlichen zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Nur soweit er Auskunft über den Zeitpunkt begehrt, zu dem das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit der Beigeladenen erfahren hat, ist die Klage unbegründet.
42Der Anspruch folgt im vorgenannten Umfang aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW -) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806) in der Fassung vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) (1.). Der Anspruch ist nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen (2.). Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein (3.). Dem Anspruch stehen auch weder der Schutz personenbezogener Daten gemäß § 9 IFG NRW (4.) noch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen (5.).
431. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 IFG NRW sind für den überwiegenden Teil des geltend gemachten Anspruchs erfüllt. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Der Kläger ist auch in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine natürliche Person und somit anspruchsberechtigt.
44OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542 = juris, zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (Bund); Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 22 f. m. w. N.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 20, zu § 4 Abs. 1 Satz 1 InfFrG RP; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2010 ‑ 7 B 28.10 -, juris Rn. 6 f.; siehe auch § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO.
45Als untere Landesbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Landesorganisationsgesetz - LOG NRW - ist das Finanzamt Behörde gemäß § 2 Abs. 1 IFG NRW und daher Anspruchsgegner (vgl. auch §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz ‑ FVG -).
46Die mit den Klageanträgen begehrten, unstreitig in dienstlichem Zusammenhang erlangten (vgl. § 3 IFG NRW) Informationen sind bei dem Finanzamt ganz überwiegend im Sinne von § 4 Abs. 1 IFG NRW „vorhanden“. Vorhanden sind solche Informationen, die Bestandteil der Verwaltungsunterlagen sind. Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht, und sie ist nicht gehalten, begehrte Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren. Eine inhaltliche Aufbereitung der vorhandenen Informationen durch die Behörde kann mit dem Informationsanspruch nicht verlangt werden. Soweit sie die Antworten auf gestellte Fragen aus den vorhandenen Unterlagen lediglich mittels einer reinen Übertragungsleistung heraussuchen muss, ist dies dagegen vom Informationsanspruch umfasst.
47Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 4 Rn. 396; sowie zu § 1 Abs. 1 IFG Bund: BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, BVerwGE 151, 1 = juris Rn. 37.
48Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht das „Vorhandensein“ der begehrten Informationen überwiegend zu Recht bejaht. Die Zahlungen der Beigeladenen auf Steuerschulden (Klageantrag zu 1.) und diesbezüglich ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen (Klageantrag zu 2.) sind in jedem Fall den Steuerverfahrensakten der Beigeladenen vollständig zu entnehmen; sie dürften sich regelmäßig bereits aus den Steuerkontoauszügen ergeben, deren Zurverfügungstellung zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs dann schon genügt. Gleiches gilt im Ergebnis für den Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt von dem Insolvenzeröffnungsantrag erfahren hat. Denn der Beklagte hat selbst nicht in Abrede gestellt, dass sich diese Information aus den Steuerverfahrensakten betreffend die Beigeladene ergibt.
49Soweit der Kläger darüber hinaus Auskunft über den Zeitpunkt begehrt, zu dem das Finanzamt von der Zahlungsunfähigkeit der Beigeladenen erfahren hat, ist die Klage hingegen unbegründet. Diese „Information“ ist nach den dargestellten Grundsätzen kein tauglicher Gegenstand eines Informationszugangsbegehrens. Die Annahme einer - für die Prüfung von Anfechtungsrechten nach §§ 129 ff. InsO bedeutsamen - Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit ist regelmäßig keine schlichte Tatsache, sondern das Ergebnis einer komplexen rechtlichen Bewertung. Das gilt auch unabhängig von § 130 Abs. 2 InsO, weil bereits die Zahlungsunfähigkeit selbst ein konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriff ist (§ 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO).
50Vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03 -, NZI 2007, 36 = juris.
51Es ist nicht anzunehmen, dass das Finanzamt diese rechtliche Bewertung, die für steuerliche Zwecke nicht von Bedeutung ist, selbst vornimmt und das Ergebnis dann in den Akten vermerkt. Die Existenz eines derartigen Vermerks ist mit der Berufungsbegründung auch zumindest sinngemäß bestritten worden. Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass das Finanzamt eine derartige Bewertung auf seinen Informationsantrag hin vornimmt. Eine somit allenfalls in Betracht kommende Einsichtnahme in die Steuerakten der Beigeladenen, um dort entsprechende Hinweise zu finden, hat der Kläger nicht beantragt.
522. Der Anspruch ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Danach treten die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Darunter sind bereichsspezifische Gesetze des Bundes oder des Landes zu verstehen, die einen Informationsanspruch regeln.
53Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 11.
54Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend - sei es identisch, sei es abweichend - regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.
55Wenn spezialgesetzliche Regelungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb im Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung.
56Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 29 ff. m. w. N.
57In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat in seinem grundlegenden Urteil vom 15. Juni 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Informationsanspruch der vorliegend geltend gemachten Art nicht durch besondere Rechtsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen ist. Die insolvenzrechtlichen bzw. auf das Insolvenzverfahren bezogenen Vorschriften über Auskunftsansprüche nach §§ 97, 101 InsO bzw. § 242 BGB weisen keinen mit dem Informationsfreiheitsgesetz NRW identischen sachlichen Regelungsgegenstand auf. Sie sind in Bezug auf Auskunftsansprüche des Insolvenzverwalters deshalb auch nicht abschließend.
58Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 34 f.; Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 7, vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, ZIP 2011, 41 = juris Rn. 8.
59Der Anspruch ist auch nicht durch die „absichtsvolle Nichtregelung“ eines Akteneinsichtsrechts für das steuerliche Verwaltungsverfahren in der Abgabenordnung ausgeschlossen. Selbst wenn trotz zwischenzeitlichen Inkrafttretens der verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze der Länder und insbesondere nach Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vom 5. September 2005 (BGBl. I, S. 2722) bis heute von einem absichtsvollen Regelungsverzicht der Abgabenordnung mit Sperrwirkung für einen Informationsfreiheitsanspruch auszugehen wäre, würde diese „Nichtregelung“ jedenfalls den Informationsanspruch eines Insolvenzverwalters zum Zweck der Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbeständen nicht ausschließen. Die - unterstellte - „absichtsvolle Nichtregelung“ der Abgabenordnung auf der einen Seite und der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters zum Zwecke der Anfechtung auf der anderen Seite erfassen unterschiedliche Personengruppen bzw. Rechtsverhältnisse; ein Informationsanspruch würde dem Schutzzweck der Spezialregelung nicht grundsätzlich zuwider laufen.
60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 56 ff.; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 8 ff.
61Der Gesetzgeber hat sich beim Erlass der Abgabenordnung nur mit der Frage befasst (und diese verneint), ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll.
62Vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.
63Beteiligter in diesem Sinne ist der Steuerpflichtige oder sein steuerlicher Vertreter (vgl. §§ 78 Nr. 1, 359 AO). Verlangt jedoch ein Insolvenzverwalter - wie hier der Kläger - Auskünfte, um anfechtbare Zahlungen auf Steuerschulden zu ermitteln, handelt er nicht gemäß §§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO, 155 Abs. 1 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO zur Insolvenzmasse gezogen werden sollen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Finanzamt.
64OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 63 f., sowie nachgehend BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 9, jeweils unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 58/06 -, ZIP 2009, 1823 = juris Rn. 9, und BFH, Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 201/10 -, ZIP 2011, 1376 = juris Rn. 13.
65Informationsansprüche mit der vorgenannten Zielrichtung kann der Kläger als Insolvenzverwalter auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen stützen.
66An dieser - höchstrichterlich bestätigten - Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der hiergegen vereinzelt erhobenen Kritik,
67vgl. etwa Nitschke, DÖV 2014, 1049 ff.; Bartone, jurisPR-SteuerR 13/2012 Anm. 4, C. IV.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 92; anders auch FG Rh.-Pf., Urteil vom 15. Juni 2011 - 1 K 1776/10 -, juris Rn. 15 ff.,
68fest. Unter anderem ist eingewandt worden, dass es sich bei der Erteilung einer derartigen Auskunft aus der Perspektive des Finanzamts um ein Tätigwerden in einem laufenden Steuerverfahren handele, da sich das Insolvenzverfahren für dieses als Teil des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenordnung darstelle.
69Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1050; ders., ZInsO 2014, 2388 f.; Bartone, a. a. O.; siehe auch OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 873 = juris Rn. 42; a. A. - kein laufendes Steuerverfahren -: OVG Berlin-Bbg., Beschlüsse vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 4 f., und vom 4. September 2014 - OVG 12 N 84.13 -, NVwZ-RR 2015, 10 = juris, jeweils zu § 2 Abs. 4 des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes - AIG.
70Auf diese Frage kommt es nach dem nordrhein-westfälischen Recht jedoch nicht an. Die Zuordnung des Gegenstands der Auskunft zu einem laufenden Steuerverfahren hindert nicht daran, bei der Beantwortung der hier allein entscheidenden Frage, inwieweit die Abgabenordnung (möglicherweise) eine abschließende Regelung darstellt, maßgeblich auf die Zielrichtung des Auskunftsbegehrens und die verfahrensrechtliche Stellung des Antragstellers als (insoweit) Nichtbeteiligter abzustellen. Ob die Abgabenordnung in Bezug auf Anträge Beteiligter in einem laufenden Besteuerungsverfahren Sperrwirkung entfaltet,
71dazu vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 41 f.,
72ist hier somit nicht entscheidungserheblich.
73Von den dargelegten Grundsätzen geht im Ergebnis inzwischen auch der Bundesfinanzhof aus. Er hat sich in dem Streit um die Rechtswegfrage mit Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris, der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen, wonach ein Anspruch wie der hier geltend gemachte weder im Steuerrechtsverhältnis des Insolvenzschuldners wurzelt noch sonst maßgeblich abgabenrechtlich geprägt ist.
74Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris Rn. 3 ff.; ebenso FG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2012 - 15 K 874/10 AO -, BeckRS 2012, 95547.
75Entgegen der Auffassung von Nitschke (a. a. O.) ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. März 2013 - II R 17/11 - nichts anderes; dieses bestätigt vielmehr die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Danach hat eine Auskunft, die der Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrt, einen hinreichenden Bezug zum Steuerrechtsverhältnis nur dann, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten oder mit der Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen benötigt wird. An einer solchen Verwurzelung der Auskunft im Steuerrechtsverhältnis fehlt es hingegen, wenn sie allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden begehrt wird.
76Vgl. BFH, Urteil vom 19. März 2013 - II R 17/11 -, BFHE 240, 497 = juris Rn. 13-22.
77Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof ungeachtet dessen gelangt, dass sich das Begehren aus der Perspektive des Finanzamts auf ein laufendes Verfahren in Steuersachen beziehen mag. Seine Entscheidung ist auch nicht dahin zu verstehen, dass das Begehren des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Speicherkontenauszugs oder sonstiger steuerlicher Auskünfte selbst dann von § 34 Abs. 3 AO erfasst wäre, wenn damit erkennbar allein die Ermittlung anfechtbarer Zahlungen bezweckt wird.
78So aber Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1051, unter Bezugnahme auf Rn. 14 des Urteils.
79Der allgemeinen Aussage, wonach dem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 InsO i. V. m. § 34 Abs. 3 und 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (Steuerpflichtigen) zu erfüllen hat, das Recht zustehe, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, lässt sich dies nicht entnehmen. Hierbei war noch nicht vorausgesetzt, dass das Auskunftsbegehren - wie später festgestellt - im entschiedenen Fall allein der Ermittlung von Insolvenzanfechtungsgründen diente. Dass Insolvenzverwalter auf Auskünfte mit dieser Zielrichtung nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (bei Fehlen eines einschlägigen Informationsfreiheitsgesetzes) keinen Anspruch haben, kann damit nicht auf einen bewussten Ausschluss in der Abgabenordnung zurückgeführt werden.
80Im Übrigen bestätigt auch die in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz, dass der Gesetzgeber der Abgabenordnung nicht jegliches Informationszugangsrecht zu den bei der Finanzverwaltung vorhandenen (Steuer-)Akten ausschließen wollte. Die Abgabenordnung wurde auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG erlassen, der den Bundesgesetzgeber u. a. ermächtigt, das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren zu regeln. Zum Verfahren in diesem Sinne zählt indessen der voraussetzungslose und unabhängig von einem anhängigen Verwaltungsverfahren bestehende, eigenständige Anspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder nicht. Eine Sperrwirkung kommt den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung folglich jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu.
81BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 15. Oktober 2007 - 7 B 9.07 - NWVBl. 2008, 59 = juris Rn. 9 sowie Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, DVBl. 2012, 176 = juris Rn. 17; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 91 AO Rn. 28 f.; Schmittmann, NZI 2013, 709; Winterfeld, NVwZ 2013, 816; Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 42 (Sperrwirkung - nur - für Anträge Beteiligter in einem laufenden Steuerverfahren); a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 Rn. 92, sowie der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt, vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 3 = juris Rn. 50.
82Auch das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO geht einem Informationszugangsanspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 IFG NRW nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW vor. Das folgt bereits daraus, dass § 30 AO nicht den Zugang zu amtlichen Informationen regelt, sondern dessen Begrenzung. Er ist deshalb erst auf der Ebene der Ausschlussgründe von Bedeutung (dazu s. u.).
83Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 70 ff. m. w. N.; für das Bankgeheimnis: OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 55 ff.
843. Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn die Information dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist oder wenn sich der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die erste Alternative regelt ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass die Information bereits - ggf. auch durch eine andere Behörde - zur Verfügung gestellt worden ist.
85Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12.
86Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der Antrag auf Information gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal zuvor gewährt hat. Die Regelung dürfte aber - zumindest analog - auch dann anwendbar sein, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
87Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 5 Rn. 649; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 134.
88Dabei ist es grundsätzlich allerdings nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt allenfalls dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt.
89Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 8 E 532/14 -, ZIP 2015, 1943 = juris Rn. 9.
90Hiervon ausgehend steht § 5 Abs. 4 IFG NRW dem Informationsbegehren nicht entgegen. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (Abdruck S. 7, 2. Absatz, bis S. 8, 1. Absatz), denen der Beklagte im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist.
914. Der Anspruch ist nicht wegen des Schutzes personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen. Personenbezogene Daten sind nach der auch hier anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.
92Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 9 Rn. 954, 957, OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 93 ff.
93Das Auskunftsverlangen des Klägers ist nicht auf derartige personenbezogene Daten gerichtet, sondern auf Angaben über Kontostände bzw. Zahlungen einer juristischen Person - der Beigeladenen - an den Beklagten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass damit eine Zuordnung zu bestimmten natürlichen Personen (etwa dem Geschäftsführer, Arbeitnehmern oder Dritten) verbunden wäre, sind weder substantiiert geltend gemacht noch sonst erkennbar.
94Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass derartige Angaben zu natürlichen Personen innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft dem Insolvenzverwalter gegenüber keinen Schutz genießen, soweit er darlegen kann, dass er diese Angaben für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Insolvenzverfahrens mit namentlicher Zuordnung kennen muss. Der Insolvenzschuldner ist dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse auskunftspflichtig (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Auskunftspflicht kann sich im Einzelfall auf die den Gesellschaftern oder dritten Personen zuzuordnenden Daten erstrecken. Soweit der Insolvenzverwalter dies dargelegt hat, ist ihm der Informationszugang regelmäßig nach § 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW auch zu den personenbezogenen Daten zu gewähren. Überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen stehen dem nicht entgegen. Die Mitteilung personenbezogener Angaben Dritter an den Insolvenzverwalter stellt nur eine geringfügige Beeinträchtigung ihrer Rechte dar. Gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter dürfen die ihnen zugänglich gemachten Daten nur verwerten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist. Das Insolvenzgericht stellt bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderungen, zu denen nicht nur ihre fachliche Qualifikation, sondern auch ihre Integrität gehört. Dies bietet eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aus dem Insolvenzverfahren bekannt werdenden Informationen tatsächlich einer vertraulichen Behandlung unterliegen.
95Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005- IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 ff., 22.
96Fehlt es an entsprechenden Darlegungen des Insolvenzverwalters, ist zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden kann; andernfalls ist die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (§ 10 Abs. 1 IFG NRW).
975. Entgegen der Auffassung des Beklagten werden die Bediensteten des Finanzamts durch die Verpflichtung zur Herausgabe der Jahreskontoauszüge an den Kläger auch nicht gezwungen, das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO zu verletzen. Der Senat hat im Urteil vom 15. Juni 2011 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung ausgeführt, das Steuergeheimnis werde nicht berührt; denn die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht.
98OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 99.
99Hieran ist auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände festzuhalten. Es kann offen bleiben, ob § 30 AO vorliegend - ggf. i. V. m. § 6 Abs. 1 Buchst. a IFG NRW - als zwingende Anspruchsgrenze zu berücksichtigen ist (dazu a). Die begehrten Auskünfte unterfallen in sachlicher Hinsicht zwar dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses. Sie unterliegen gegenüber dem Insolvenzverwalter aber nicht der Geheimhaltung (dazu b).
100a) Ob § 30 AO einem Informationsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW überhaupt entgegengehalten werden kann, muss nicht abschließend entschieden werden.
101Dieser Frage kann im Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen allerdings Bedeutung zukommen, weil hier - anders als durch § 3 Nr. 4 IFG Bund - besondere Amtsgeheimnisse wie das Steuergeheimnis nicht als eigenständiger Ablehnungsgrund übernommen worden sind. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 8 IFG NRW) und von personenbezogenen Daten (§ 9 IFG NRW) deckt den Geltungsbereich des § 30 AO bezogen sowohl auf den Schutzgegenstand als auch auf die Schutzintensität nicht vollständig ab. Das gilt etwa für den Schutz steuerlicher Daten juristischer Personen, der von § 9 IFG NRW nicht gewährleistet ist. Auch sind die Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9 IFG NRW aufgrund der offener gefassten Abwägungsklauseln (§§ 8 Satz 3, 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW) leichter überwindbar als das Steuergeheimnis (vgl. etwa § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). § 6 Satz 1 Buchst. a IFG NRW, wonach die öffentliche Sicherheit, zu deren Schutzgütern die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung zählt, schließt diese Lücke nur, wenn § 30 AO zu den vorliegend zu beachtenden Rechtsnormen zählt.
102Gegen eine Berücksichtigung des Steuergeheimnisses als zwingend zu beachtende Grenze eines Anspruchs nach § 4 IFG NRW ist eingewandt worden, in Bezug auf einen informationsfreiheitsrechtlichen Anspruch seien die Informationsfreiheitsgesetze die spezielleren Gesetze. § 30 AO als allgemeine, fachgebietsunabhängige und generalklauselartige Regelung über den Umgang mit Steuerdaten trete demgegenüber als lex generalis zurück. Diese Regelung sei nur insoweit zu berücksichtigen, als dies im Rahmen der im Informationsfreiheitsgesetz NRW normierten Ablehnungsgründe möglich sei. Diese böten einen hinreichend effektiven, vergleichbaren Schutz.
103Vgl. Korn, DÖV 2012, 232, 238, sowie zum Bankgeheimnis OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 ‑ 15 A 1997/12 -, juris Rn. 78 ff., jeweils unter Berufung auf das Senatsurteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 65, 72.
104Diese Prämisse trifft - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - im Hinblick auf das Steuergeheimnis jedoch nicht uneingeschränkt zu. Der Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts, ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch des Insolvenzverwalters, der anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen will, werde vom Regelungsbereich der Abgabenordnung nicht umfasst,
105vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 970 = juris,
106dürfte sich im Ergebnis nicht auf das Steuergeheimnis als Ausschlussgrund erstrecken. Die bundesrechtliche Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses misst sich nach ihrer konkreten Ausgestaltung auch und gerade bei der Geltendmachung eines derartigen Informationsanspruchs Geltung bei. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 AO dürfen Verhältnisse, die Amtsträgern in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, offenbart werden, wenn dies der Durchführung eines derartigen Verfahrens dient. Danach soll das Steuergeheimnis - soweit nicht andere Offenbarungsbefugnisse bestehen - grundsätzlich gerade dann eingreifen, wenn mit einer Information über steuerliche Verhältnisse ein anderer, nicht steuerverfahrensbezogener Zweck verfolgt wird.
107Dass der Bundesgesetzgeber damit seine aus Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG folgende Gesetzgebungskompetenz überschritten hätte, ist nicht zu erkennen. Denn der Zweck des Steuergeheimnisses, der u. a. darin besteht, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen,
108vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113 = juris Rn. 17,
109dürfte es rechtfertigen, diese Sachverhalte in der durch § 30 AO geregelten Weise gegen steuerverfahrensfremde Auskunftsansprüche abzusichern. Bei dieser Sichtweise ist der Landesgesetzgeber wegen des Vorrangs des Bundesrechts nicht befugt, über die Grenze des § 30 AO hinausreichende Auskunftsansprüche zu normieren. Für eine uneingeschränkte Verbindlichkeit des Steuergeheimnisses im vorliegenden Zusammenhang spricht nicht zuletzt, dass es sich bei diesem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um einen grundrechtlich geschützten Lebensbereich von hoher Bedeutung handelt.
110Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 ‑ 20 F 21.10 -, DVBl. 2011, 1092 = juris Rn. 12, m. w. N.
111Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil § 30 AO - wie im Folgenden dargelegt wird - jedenfalls nicht verletzt ist.
112b) Die begehrten Auszüge aus Steuerkonten unterfallen zunächst in sachlicher Hinsicht dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 1 und 2 AO. Es handelt sich um Verhältnisse eines anderen - hier der insolventen Beigeladenen -, die dem das Informationsersuchen bearbeitenden Amtsträger in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen oder aus einem der anderen in § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c AO bezeichneten Anlässe bekannt geworden sind. Ein „anderer“ kann dabei auch eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft sein, deren Verhältnisse ebenso nach § 30 Abs. 1 und 2 AO geschützt sind wie diejenigen natürlicher Personen.
113Vgl. Rüsken, in: Klein, Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014, § 30 Rn. 1; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 14.
114In seiner abgrenzenden Funktion ist das Merkmal „eines anderen“ dahin zu verstehen, dass es jede von dem Amtsträger verschiedene Person erfasst. Ein Verständnis dahingehend, dass damit zu dem Adressaten der Offenbarung abgegrenzt werden soll,
115unklar Rüsken, a. a. O., Rn. 44 ff.; sowie Drüen, a. a. O., Rn. 14, 16,
116liegt nach der sprachlichen Fassung des § 30 AO fern. Dass die Mitteilung steuerlicher Verhältnisse an den Betroffenen selbst mangels Geheimhaltungsbedürftigkeit unstreitig keine Verletzung des Steuergeheimnisses darstellt,
117vgl. etwa Drüen, a. a. O., Rn. 16,
118kann daher wohl nicht an diesem Merkmal festgemacht werden. Dies beruht vielmehr entweder auf einer teleologisch einschränkenden Auslegung des in § 30 Abs. 2 AO umschriebenen Gegenstands des Steuergeheimnisses oder aber auf einem erweiterten Verständnis des § 30 Abs. 4 Satz 3 AO, der in seinem primären Anwendungsbereich die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung an Dritte erfassen dürfte.
119Ebenso wie gegenüber demjenigen, um dessen steuerliche Verhältnisse es geht, sind die vorliegend begehrten Jahreskontoauszüge über die insolvente Beigeladene auch gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht geheimhaltungsbedürftig. Damit wird - anders als der Beklagte meint - keine ungeschriebene Durchbrechung des Steuergeheimnisses geschaffen, sondern lediglich die dem Steuergeheimnis von vornherein immanente Voraussetzung aktiviert, wonach es um steuerliche Daten anderer als des Betroffenen selbst gehen muss.
120Die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der hier betroffenen steuerlichen Unterlagen ist auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so dass er als nunmehr „Betroffener“ im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO das Finanzamt von der Beachtung des Steuergeheimnisses selbst entbinden kann. Für die - hier begehrte - Herausgabe steuerlicher Daten des Insolvenzschuldners an ihn selbst bedarf es einer solchen Entbindung ebensowenig wie wenn der Insolvenzschuldner diese beantragte.
121Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:
122Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO). Er hat zum einen als Vermögensverwalter der Insolvenzschuldnerin deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und ist insoweit einem gesetzlichen Vertreter gleichgestellt (§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO). Diese Pflicht ist hier allerdings - wie oben ausgeführt - nicht berührt, da der Kläger im Interesse der Masse und damit der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger tätig wird und nicht zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Beigeladenen. Der Insolvenzverwalter hat zum anderen aufgrund seiner Bestellung in Bezug auf die Insolvenzmasse ein Amt inne, kraft dessen er über die Insolvenzmasse verfügt. Insoweit ist er weder Organ der insolventen Gesellschaft noch vertritt er den Schuldner. Vielmehr ist er Inhaber eines privaten Amtes und als solcher Rechtspflegeorgan, dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht.
123Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 -, NVwZ 2006, 599 = juris Rn. 8.
124Der Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter erstreckt sich auch auf Geschäftsgeheimnisse und steuerliche Daten, soweit dies für die ordnungsgemäße Verwaltung der Insolvenzmasse und die Insolvenzabwicklung erforderlich ist. Bei der gebotenen nicht rein steuerverfahrensinternen, sondern an der gesamten Rechtsordnung orientierten Betrachtung steht die zuvor dem Insolvenzschuldner zukommende materielle Dispositionsbefugnis über die begehrten Jahreskontoauszüge (jedenfalls) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter zu. Er hat gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 101 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein können. Die Informationserteilung ist für den Schuldner nicht vermeidbar, auch wenn ihm die zu erteilenden Informationen persönlich oder finanziell nachteilig sein können. Darüber hinaus hat er den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Mitwirkungspflicht umfasst die Verpflichtung, das Finanzamt vom Steuergeheimnis zu befreien.
125Vgl. Jungmann, in: K. Schmidt (Hrsg.), Insolvenzordnung, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23; Voß, in: Graf-Schlicker (Hrsg.), Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7.
126Im Rahmen von § 97 InsO entfällt der Schutz persönlicher Daten Dritter, soweit eine Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter für eine wirksame Durchsetzung der Gläubigerrechte erforderlich ist.
127Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 f.
128Über seine eigenen Verhältnisse muss der Schuldner nach § 97 Abs. 1 Satz 2 InsO (hier i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO) sogar Tatsachen offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Diese weitgehende Regelung zeigt, dass dem Schuldner selbst in Bezug auf höchstpersönliche Rechtspositionen mehr abverlangt wird, als dies außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Fall ist.
129Vgl. Gröner/Lang, Die höchstpersönlichen Rechte des Schuldners in der Insolvenz, in: Luxenburger/Birkenheier (Hrsg.), Opuscula honoraria für Egon Müller, Saarbrücken 2003, S. 90, 95 (im Internet abrufbar).
130Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung geht den Geheimhaltungsinteressen des Insolvenzschuldners danach grundsätzlich vor.
131Hieraus folgt die Berechtigung des Insolvenzverwalters, Finanzbehörden anstelle des Insolvenzschuldners die gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO erforderliche Zustimmung zu erteilen, anderen durch das Steuergeheimnis geschützte Kenntnisse zu offenbaren.
132Vgl. zutreffend Wimmer-Amend, in: Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2014, § 80 InsO Rn. 36.
133Insoweit geht die Verfügungsbefugnis über die steuerlichen Daten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über; aus demselben Grund steht auch einer Kenntnisnahme durch ihn selbst nichts entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Kenntnisnahme im Interesse der Masse erforderlich ist.
134Vgl. Gröner/Lang, a. a. O., S. 96; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.; ähnlich Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29 zum Bankgeheimnis; ders., WM 2009, 241, 245 f.; Herchen, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, § 98 Rn. 22; siehe auch AG Duisburg, NZI 2000, 606; a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 108; FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37.
135Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Fallgestaltung grundsätzlich gegeben: Es liegt im Interesse der verwalteten Insolvenzmasse bzw. der Gesamtheit der Gläubiger, dass der Verwalter die Steuerkontoauszüge des Schuldners auf anfechtbare Zahlungen an das Finanzamt prüft und sich daraus ergebende Anfechtungsrechte ausübt.
136Dass das Verfügungsrecht über derartige auf die Insolvenzmasse bezogene Geheimnisse mit der Verfügungsbefugnis über das Vermögen selbst auf den Insolvenzverwalter übergeht, bestätigt auch die verwaltungsgerichtliche Praxis zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen insolventer Gesellschaften. Dies zeigt sich vor allem bei Akteneinsichtsbegehren Dritter in Unterlagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die bei der Aufsicht über die Geschäfte insolvent gewordener Gesellschaften angefallen sind. Dabei erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelmäßig keine Beiladung des insolventen Unternehmens. Die Befugnis, etwaige fortbestehende berechtigte Interessen des betroffenen Unternehmens an der Nichtverbreitung bestimmter Informationen geltend zu machen, erkennen die Verwaltungsgerichte vielmehr regelmäßig dem zum Verfahren beigeladenen Insolvenzverwalter zu.
137Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 2012 ‑ 20 F 3.12 -, juris Rn. 10 f., und vom 12. April 2013 - 20 F 6.12 -, juris Rn. 12; Hess. VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 27 F 1730/10 -, juris Rn. 7 ff.; Urteil vom 29. November 2013 ‑ 6 A 1426/13 -, ESVGH 64, 137 = juris Rn. 82; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 - 2 K 84.13 -, juris Rn. 28.
138Die Besorgnis, die Rechtsprechung des Senats führe dazu, dass das Steuergeheimnis entgegen allgemeiner Auffassung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren auch für den sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter i. S. v. § 22 Abs. 2 InsO nicht mehr gelte,
139vgl. Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1052; ders., ZInsO 2014, 2388, 2389,
140ist unbegründet. Der Senat hat den Übergang der Geheimnisherrschaft auf den Verwalter nicht allein mit dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO begründet, der gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO bereits dem - „starken“ wie „schwachen“ - vorläufigen Insolvenzverwalter zusteht. Entscheidend ist vielmehr der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter (§ 80 InsO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).
141So auch Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.
142Der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter bleibt danach darauf verwiesen, die Zustimmung des Insolvenzschuldners ggf. nach §§ 97 Abs. 2, 98 InsO oder im Klagewege durchzusetzen.
143Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2014 (AEAO, Nr. 4.5), wonach ein Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters nach einem einschlägigen Informationsfreiheitsgesetz zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO nur besteht, wenn der Schuldner zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Hieran ist der Senat mangels Rechtsnormqualität nicht gebunden. Gleiches gilt für andere Verwaltungsvorschriften, etwa Verfügungen der Oberfinanzdirektionen.
144Die vom Beklagten in diesem und zahlreichen weiteren Verfahren erhobenen Einwände gegen die obergerichtlich inzwischen als gefestigt anzusehende Rechtsprechung, wonach § 30 AO einer Offenbarung von Steuerkontoauszügen eines Insolvenzschuldners an dessen Insolvenzverwalter nicht entgegensteht,
145vgl. neben dem zitierten Senatsurteil: OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 ‑ OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 12 ff.; OLG Rostock, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 U 6/14 -, NZI 2015, 627 = juris Rn. 25; sowie sämtliche dem Senat bekannten neueren Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte; zum Sozialgeheimnis vgl. auch OVG Rh.-Pf., Urteile vom 12. Februar 2010 ‑ 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 31, und vom 23. April 2010 - 10 A 10091/10 -, ZIP 2010, 1091 = juris Rn. 30; Hamb. OVG, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z -, ZInsO 2012, 989 = juris Rn. 20; a. A. noch FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37,
146stellen jene ebenfalls nicht durchgreifend in Frage.
147Das Finanzamt wird weder mit unzumutbaren, „fachfremden“ Prüfungspflichten belastet, noch verletzt der unmittelbare Zugriff auf die beim Finanzamt vorliegenden Steuerunterlagen durch den Insolvenzverwalter hier Rechte der Insolvenzschuldnerin auf rechtliches Gehör. Die Insolvenzschuldnerin wurde vom Senat beigeladen und konnte sich äußern. Unabhängig davon spricht im vorliegenden Fall nichts dafür, dass die streitgegenständlichen Informationen über die steuerlichen Verhältnisse der Beigeladenen nicht insgesamt auch im Sinne von § 97InsO das Insolvenzverfahren betreffen. Die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO betrifft alle das Verfahren betreffenden rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse und ist grundsätzlich weit auszulegen.
148Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 =juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 15. April 2010 ‑ IX ZB 175/09 -, juris Rn. 9.
149Sie umfasst insbesondere auch Auskünfte zu vom Schuldner geleisteten Steuerzahlungen sowie entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen und erstreckt sich deshalb insbesondere regelmäßig auf dessen Steuerkontoauszüge, ohne dass es einer aufwändigen Prüfung durch das Finanzamt bedarf. Zwar trifft der Hinweis des Beklagten zu, dass insolvenzfreies Vermögen nach wohl überwiegender Auffassung von der Auskunftspflicht nach § 97 InsO nicht umfasst ist.
150Vgl. Jungmann, in: Karsten Schmidt (Hrsg.), InsO, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 9; mit Einschränkungen auch Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7; a. A. Kayser, in: Kreft (Hrsg.), InsO, 5. Aufl. 2008, § 97 Rn. 11.
151Hierunter fallen vom Verwalter freigegebene Vermögensgegenstände, die es grundsätzlich auch bei juristischen Personen geben kann.
152Vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03 -, BGHZ 163, 32 = juris Rn. 5 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 = juris Rn. 16 ff.
153Insolvenzfreies Vermögen unterliegt definitionsgemäß nicht (mehr) der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters.
154Vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03 -, ZInsO 2006, 260 = juris Rn. 6 f. und 15; BFH, Urteil vom 13. April 2011 - II R 49/09 -, BFHE 234, 97 = juris Rn. 16.
155Der Kläger hat jedoch auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Beigeladene über kein insolvenzfreies Vermögen verfügt. Mangels jeden Anhaltspunkts für eine Betroffenheit eigener Rechte bedurfte es daher vorliegend nicht der - vorsorglich beschlossenen - Beiladung der Insolvenzschuldnerin.
156Unabhängig vom Streitfall weist der Senat darauf hin, dass bei Vorhandensein von insolvenzfreiem Vermögen Anträge von Insolvenzverwaltern auf Zugang zu Steuerkontoauszügen des Insolvenzschuldners in der Regel dahin auszulegen sein werden, dass sie sich nur auf die die Insolvenzmasse betreffenden Kontoauszüge beziehen. Eine Unterscheidung dürfte insoweit problemlos möglich sein, denn die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass nach Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse für diese gegebenenfalls eine neue Steuernummer angelegt werde.
157Soweit steuerliche Unterlagen - wovon nach dem unter 4. Ausgeführten hier nicht auszugehen ist - personenbezogene Daten Dritter enthalten, die im Einzelfall von dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO erfasst sind, liegt in der Herausgabe an den Insolvenzverwalter durch Amtsträger des Finanzamts nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Verletzung des Steuergeheimnisses. Die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO bezieht sich zwar nur auf das Vermögen der insolventen Gesellschaft. Ungeachtet dessen umfasst diese Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse akzessorisch aber auch derartige den Gesellschaftern oder Dritten zuzuordnende Daten, soweit der Insolvenzverwalter sie für eine sachgerechte Verwaltung der Insolvenzmasse und Wahrung der Gläubigerrechte kennen muss und er dies gegenüber der Finanzverwaltung dargelegt hat.
158Die vom Beklagten angeführte Gefahr einer Strafbarkeit seiner Amtsträger wegen Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 355 StGB vermag der Senat nach alledem nicht zu erkennen. Diese können sich auf eine nahezu einhellige obergerichtliche Rechtsprechung berufen, wonach die Herausgabe der Steuerkontoauszüge an den Insolvenzverwalter nicht „unbefugt“ i. S. v. § 30 Abs. 2 AO, § 355 Abs. 1 StGB ist.
159Die Entscheidung ist schließlich entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf jedweden Auskunftsanspruch -
160vgl. etwa BFH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VII R 77/84 -, BFHE 149, 387 = juris Rn. 17 -
161zu übertragen. Der Insolvenzverwalter ist nicht allein aufgrund des Auskunftsanspruchs nach § 97 InsO als verfügungsbefugt über die begehrten steuerlichen Daten anzusehen, sondern weil ihm darüber hinaus die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht (s. o.).
162Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VwGO. Mehrkosten, die durch die Klageerhebung beim Finanzgericht Köln entstanden sind, waren dem Beklagten aufzuerlegen, weil der Kläger durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung des Finanzamts veranlasst worden ist, den Finanzrechtsweg zu beschreiten. In einem solchen Fall geht § 155 Abs. 4 VwGO als Spezialregelung § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG vor.
163Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1994 - 1 DB 21.94 -, juris Rn. 9; BT-Drs. 11/7030, S. 38.
164Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat und sich insbesondere auch nicht dem mit einer Antragstellung verbundenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
165Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
166Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des § 30 AO grundsätzliche Bedeutung hat.
Tenor
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erste Absatz des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:
„Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts L. vom 7. Dezember 2012 verpflichtet, gemäß dem Antrag des Klägers vom 4. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Beigeladene gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (in Form von Kopien) zu erteilen.“
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beigeladenen die Erteilung steuerlicher Auskünfte durch das Finanzamt L. (nachfolgend: Finanzamt).
3Über das Vermögen der Beigeladenen, der L. L. + Einrichtung GmbH, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 3. Mai 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter für die Insolvenzschuldnerin bestellt. Er beantragte am 4. Dezember 2012 beim Finanzamt, ihm gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW Kontoauszüge aller dort geführten Steuerarten betreffend die Insolvenzschuldnerin für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 zu übersenden. Dabei teilte er mit, er benötige die Information, um die wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuarbeiten.
4Mit Bescheid vom 7. Dezember 2012, der dem Kläger nach eigenen Angaben am 10. Dezember 2012 zugegangen ist, lehnte das Finanzamt die Übersendung der begehrten Informationen ab. Zur Begründung führte es aus, der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt. Er lasse nicht erkennen, inwieweit der Kläger sich die begehrten Informationen auf andere, zumutbare Weise aus für ihn zugänglichen Quellen beschaffen könne (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Dem Antrag fehle es zudem an einer einzelfallbezogenen Begründung. Die vom Kläger gesetzte Frist von zwei Wochen sei unangemessen kurz.
5Der Kläger hat am 10. Januar 2013 Klage erhoben. Er hat sich zur Begründung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 - bezogen. Danach werde der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW vorliegend nicht durch andere Auskunftsregelungen im Sinne des § 4 Abs. 2 IFG NRW ausgeschlossen. Auch der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greife nicht ein. Weder habe ihm das Finanzamt die begehrten Informationen bereits zur Verfügung gestellt, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Die Buchführung des Insolvenzschuldners sei ungeordnet und unvollständig. Das Steuergeheimnis stehe der Auskunftserteilung nicht entgegen.
6Der Kläger hat beantragt,
7das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts L. vom 7. Dezember 2012 zu verpflichten, gemäß dem Antrag des Klägers vom 4. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin (die L. L. + Einrichtung GmbH, AG Köln HRB 41554, - AG Köln, Az. 73 IN 662/10 -) gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 (in Form von Kopien) zu erteilen.
8Der Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er hat geltend gemacht, der Anspruch sei nach § 5 Abs. 4 IFG NRW ausgeschlossen. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm die begehrten Unterlagen nicht vorliegen. Dem Auskunftsbegehren stehe auch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. § 30 AO sei nicht im Rahmen von § 9 IFG NRW zu prüfen, sondern gehe als bundesrechtliche Regelung im Sinne des Art. 31 GG den Regelungen der § 6 ff. IFG NRW vor. Die Offenbarungsgründe hinsichtlich vom Steuergeheimnis erfasster Daten seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Keiner dieser Ausnahmetatbestände liege hier vor. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass aufgrund des Anspruchs des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner aus § 97 InsO eine Offenbarungsbefugnis der Finanzverwaltung gegenüber dem Insolvenzverwalter bestehe. Dies sei jedoch zweifelhaft und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
11Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. April 2014 stattgegeben. Der geltend gemachte Anspruch sei nach § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Abgabenordnung keine bereichsspezifische Sonderregelung des Informationszugangs enthalte, die den Informationsanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausschließe. Die begehrten Informationen seien dem Kläger weder bereits zur Verfügung gestellt worden, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Dem Informationsanspruch stehe auch nicht das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO entgegen. Das Steuergeheimnis werde hier nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nicht berührt, weil die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht unterlägen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlange der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO) und habe gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein könnten. Der Informationsanspruch sei auch nicht nach § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen, da Gegenstand des Auskunftsverlangens keine personenbezogenen Daten seien. Jedenfalls seien diese Informationen dem Insolvenzverwalter gegenüber von vornherein nicht geheimhaltungsbedürftig.
12Mit Beschlüssen vom 25. Juni 2015 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil zugelassen und die Insolvenzschuldnerin zum Verfahren beigeladen. Dem Geschäftsführer der Beigeladenen wurde Gelegenheit gegeben, zu dem Klagebegehren Stellung zu nehmen.
13Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, dem begehrten Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. Aus der Rechtsprechung des Senats und aus kompetenzrechtlichen Erwägungen (vgl. Art. 31 GG) folge, dass § 30 AO als bundesrechtliche Vorschrift über die Begrenzung des Zugangs zu amtlichen Informationen auch gegenüber Ansprüchen aus § 4 Abs. 1 IFG NRW einen eigenständigen Ausschlussgrund darstelle. Zumindest stehe die Vorschrift einem Informationsanspruch über § 6 Buchst. a Var. 5 IFG NRW entgegen, weil ein das Steuergeheimnis verletzender Informationszugang die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung beeinträchtige.
14Ausgehend davon schließe § 30 AO die Erteilung der begehrten Informationen hier aus. Diese unterfielen dem Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 1 und 2 AO. Entgegen der Rechtsprechung des Senats könne eine Verletzung des § 30 AO nicht mit der Begründung verneint werden, die begehrten Informationen seien dem Insolvenzverwalter gegenüber nicht geheimhaltungsbedürftig, weil der Schuldner dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO alle ihm möglichen Auskünfte über von ihm gezahlte Steuern erteilen müsse. Der Schutz des Steuergeheimnisses stehe nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Geheimhaltungsbedürftigkeit. Dies belege schon § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO, der bei Zustimmung des Betroffenen - dem Paradefall einer fehlenden Geheimhaltungsbedürftigkeit - eine ausdrückliche Durchbrechung des Steuergeheimnisses vorsehe. Die Voraussetzungen, unter denen steuerliche Informationen offenbart werden dürfen, seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Eine Offenbarungsbefugnis sei danach nicht gegeben. Das streitgegenständliche Informationszugangsbegehren diene nicht der Erfüllung steuerlicher Pflichten der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, sondern der Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Insoweit handele der Kläger nicht als Beteiligter eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens. Die Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Betroffener in diesem Sinne sei die Beigeladene, nicht der Kläger. Der klagende Insolvenzverwalter werde weder als steuerlicher Vertreter der Insolvenzschuldnerin noch in Wahrnehmung ihrer Interessen tätig. Das IFG NRW sei auch kein Gesetz im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, das die Offenbarung ausdrücklich zulasse. Es befreie nur von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, nicht aber von besonderen Geheimhaltungsvorschriften. Auch die §§ 80 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 InsO seien keine solchen Gesetze.
15Ein Anspruch auf die begehrten Informationen gegen einen Dritten zähle nicht zu den gesetzlich geregelten Offenbarungsvoraussetzungen. Würden vom Schutzbereich des Steuergeheimnisses solche Informationen ausgenommen, hinsichtlich derer dem Anspruchsteller ein gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Auskunftsanspruch zustehe, wären damit weitreichende Rechtsunsicherheiten und eine erhebliche Relativierung des Steuergeheimnisses verbunden. Der Finanzverwaltung würde die von ihr kaum zu bewältigende Aufgabe übertragen, in zahlreichen Einzelfällen und ohne ein entsprechendes Aufklärungsinstrumentarium über das Bestehen und die Reichweite verschiedener gesetzlicher Auskunftsansprüche im Verhältnis Dritter zueinander zu entscheiden. Auch ein Umkehrschluss aus § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO bestätige, dass drittgerichtete Auskunftsansprüche keine Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigten. Danach reiche es nicht aus, dass der Anspruchsteller die Zustimmung des Betroffenen erzwingen könnte. Vielmehr müsse die Zustimmung zuvor im dafür vorgesehenen Verfahren - hier nach § 98 InsO - durchgesetzt werden. Es stehe nicht fest, dass die jeweils in Rede stehenden Informationen stets auch i. S. v. § 97 InsO das Insolvenzverfahren beträfen. Dies sei etwa bei Informationen zu verneinen, die das insolvenzfreie Vermögen beträfen. Im kontradiktorischen Verfahren nach § 98 InsO, das für die zwangsweise Durchsetzung der geschuldeten Auskünfte und Mitwirkungshandlungen vorgesehen sei, werde dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt. Werde dem Anspruch nach § 97 InsO demgegenüber im Rahmen eines Informationsantrags des Insolvenzschuldners an das Finanzamt Rechnung getragen, würden die Rechte des Betroffenen in unzulässiger Weise verkürzt. Zugleich würde den Amtsträgern der Finanzverwaltung ein erhebliches Strafbarkeitsrisiko aufgebürdet, da die unbefugte Offenbarung eines Steuergeheimnisses nach § 355 StGB strafbar sei. Die vom Senat vorgenommene Beiladung ändere nichts daran, dass die Beteiligung des Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht gesichert sei. Der Schutzzweck des § 97 InsO bliebe auch ohne einen unmittelbaren Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt gewahrt. Das gelte selbst dann, wenn der Insolvenzschuldner bzw. dessen Geschäftsführer nicht greifbar sei. Bei juristischen Personen könne analog § 29 BGB ein Notgeschäftsführer bzw. Notvorstand bestellt werden. Klagen und Beschlüsse könnten im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden.
16Der Beklagte beantragt,
17das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. April 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. In der mündlichen Verhandlung hat sein Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich der geltend gemachte Auskunftsanspruch nur auf Informationen bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe.
21Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Auch hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 24. November 2015 verwiesen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn diese ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Neufassung des Tenors trägt lediglich der begrenzten zeitlichen Reichweite des geltend gemachten Informationsanspruchs Rechnung, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist.
26Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist vom Senat nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Im Übrigen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Einsicht in die den Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO nicht erfasst wird und deshalb im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist.
27Vgl. zu § 4 des früheren Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris; BFH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris.
28Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Finanzamts L. vom 7. Dezember 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der begehrten steuerlichen Auskünfte zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29Der Anspruch folgt aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW -) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806) in der Fassung vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) (1.). Der Anspruch ist nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen (2.). Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein (3.). Dem Anspruch stehen auch weder der Schutz personenbezogener Daten gemäß § 9 IFG NRW (4.) noch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen (5.).
301. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 IFG NRW sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Der Kläger ist auch in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine natürliche Person und somit anspruchsberechtigt.
31OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542 = juris, zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (Bund); Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 22 f. m. w. N.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 20, zu § 4 Abs. 1 Satz 1 InfFrG RP; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 6 f.; siehe auch § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO.
32Als untere Landesbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Landesorganisationsgesetz - LOG NRW - ist das Finanzamt Behörde im Sinne des § 2 Abs. 1 IFG NRW und daher Anspruchsgegner (vgl. auch §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz - FVG -).
33Die begehrten Informationen - Jahreskontoauszüge aller bei dem Finanzamt geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffung des Insolvenzverfahrens - hat das Finanzamt unstreitig im dienstlichen Zusammenhang erlangt (vgl. § 3 IFG NRW). Der konkret gestellte Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW.
342. Der Anspruch ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Danach treten die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Darunter sind bereichsspezifische Gesetze des Bundes oder des Landes zu verstehen, die einen Informationsanspruch regeln.
35Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 11.
36Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend - sei es identisch, sei es abweichend - regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.
37Wenn spezialgesetzliche Regelungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb im Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung.
38Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 29 ff. m. w. N.
39In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat in seinem grundlegenden Urteil vom 15. Juni 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Informationsanspruch der vorliegend geltend gemachten Art nicht durch besondere Rechtsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen ist. Die insolvenzrechtlichen bzw. auf das Insolvenzverfahren bezogenen Vorschriften über Auskunftsansprüche nach §§ 97, 101 InsO bzw. § 242 BGB weisen keinen mit dem Informationsfreiheitsgesetz NRW identischen sachlichen Regelungsgegenstand auf. Sie sind in Bezug auf Auskunftsansprüche des Insolvenzverwalters deshalb auch nicht abschließend.
40Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 34 f.; Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 7, vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, ZIP 2011, 41 = juris Rn. 8.
41Der Anspruch ist auch nicht durch die „absichtsvolle Nichtregelung“ eines Akteneinsichtsrechts für das steuerliche Verwaltungsverfahren in der Abgabenordnung ausgeschlossen. Selbst wenn trotz zwischenzeitlichen Inkrafttretens der verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze der Länder und insbesondere nach Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vom 5. September 2005 (BGBl. I, S. 2722) bis heute von einem absichtsvollen Regelungsverzicht der Abgabenordnung mit Sperrwirkung für einen Informationsfreiheitsanspruch auszugehen wäre, würde diese „Nichtregelung“ jedenfalls den Informationsanspruch eines Insolvenzverwalters zum Zweck der Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbeständen nicht ausschließen. Die - unterstellte - „absichtsvolle Nichtregelung“ der Abgabenordnung auf der einen Seite und der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters zum Zwecke der Anfechtung auf der anderen Seite erfassen unterschiedliche Personengruppen bzw. Rechtsverhältnisse; ein Informationsanspruch würde dem Schutzzweck der Spezialregelung nicht grundsätzlich zuwider laufen.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 56 ff.; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 8 ff.
43Der Gesetzgeber hat sich beim Erlass der Abgabenordnung nur mit der Frage befasst (und diese verneint), ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll.
44Vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.
45Beteiligter in diesem Sinne ist der Steuerpflichtige oder sein steuerlicher Vertreter (vgl. §§ 78 Nr. 1, 359 AO). Verlangt jedoch ein Insolvenzverwalter - wie hier der Kläger - Auskünfte, um anfechtbare Zahlungen auf Steuerschulden zu ermitteln, handelt er nicht gemäß §§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO, 155 Abs. 1 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO zur Insolvenzmasse gezogen werden sollen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Finanzamt.
46OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 63 f., sowie nachgehend BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 9, jeweils unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 58/06 -, ZIP 2009, 1823 = juris Rn. 9, und BFH, Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 201/10 -, ZIP 2011, 1376 = juris Rn. 13.
47Informationsansprüche mit der vorgenannten Zielrichtung kann der Kläger als Insolvenzverwalter auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen stützen.
48An dieser - höchstrichterlich bestätigten - Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der hiergegen vereinzelt erhobenen Kritik,
49vgl. etwa Nitschke, DÖV 2014, 1049 ff.; Bartone, jurisPR-SteuerR 13/2012 Anm. 4, C. IV.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 92; anders auch FG Rh.-Pf., Urteil vom 15. Juni 2011 - 1 K 1776/10 -, juris Rn. 15 ff.,
50fest. Unter anderem ist eingewandt worden, dass es sich bei der Erteilung einer derartigen Auskunft aus der Perspektive des Finanzamts um ein Tätigwerden in einem laufenden Steuerverfahren handele, da sich das Insolvenzverfahren für dieses als Teil des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenordnung darstelle.
51Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1050; ders., ZInsO 2014, 2388 f.; Bartone, a. a. O.; siehe auch OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 873 = juris Rn. 42; a. A. - kein laufendes Steuerverfahren -: OVG Berlin-Bbg., Beschlüsse vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 4 f., und vom 4. September 2014 - OVG 12 N 84.13 -, NVwZ-RR 2015, 10 = juris, jeweils zu § 2 Abs. 4 des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes - AIG.
52Auf diese Frage kommt es nach dem nordrhein-westfälischen Recht jedoch nicht an. Die Zuordnung des Gegenstands der Auskunft zu einem laufenden Steuerverfahren hindert nicht daran, bei der Beantwortung der hier allein entscheidenden Frage, inwieweit die Abgabenordnung (möglicherweise) eine abschließende Regelung darstellt, maßgeblich auf die Zielrichtung des Auskunftsbegehrens und die verfahrensrechtliche Stellung des Antragstellers als (insoweit) Nichtbeteiligter abzustellen. Ob die Abgabenordnung in Bezug auf Anträge Beteiligter in einem laufenden Besteuerungsverfahren Sperrwirkung entfaltet,
53dazu vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 41 f.,
54ist hier somit nicht entscheidungserheblich.
55Von den dargelegten Grundsätzen geht im Ergebnis inzwischen auch der Bundesfinanzhof aus. Er hat sich in dem Streit um die Rechtswegfrage mit Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris, der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen, wonach ein Anspruch wie der hier geltend gemachte weder im Steuerrechtsverhältnis des Insolvenzschuldners wurzelt noch sonst maßgeblich abgabenrechtlich geprägt ist.
56Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris Rn. 3 ff.; ebenso FG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2012 - 15 K 874/10 AO -, BeckRS 2012, 95547.
57Entgegen der Auffassung von Nitschke (a. a. O.) ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. März 2013 - II R 17/11 - nichts anderes; dieses bestätigt vielmehr die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Danach hat eine Auskunft, die der Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrt, einen hinreichenden Bezug zum Steuerrechtsverhältnis nur dann, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten oder mit der Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen benötigt wird. An einer solchen Verwurzelung der Auskunft im Steuerrechtsverhältnis fehlt es hingegen, wenn sie allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden begehrt wird.
58Vgl. BFH, Urteil vom 19. März 2013 - II R 17/11 -, BFHE 240, 497 = juris Rn. 13-22.
59Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof ungeachtet dessen gelangt, dass sich das Begehren aus der Perspektive des Finanzamts auf ein laufendes Verfahren in Steuersachen beziehen mag. Seine Entscheidung ist auch nicht dahin zu verstehen, dass das Begehren des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Speicherkontenauszugs selbst dann von § 34 Abs. 3 AO erfasst wäre, wenn damit erkennbar allein die Ermittlung anfechtbarer Zahlungen bezweckt wird.
60So aber Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1051, unter Bezugnahme auf Rn. 14 des Urteils.
61Der allgemeinen Aussage, wonach dem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 InsO i. V. m. § 34 Abs. 3 und 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (Steuerpflichtigen) zu erfüllen hat, das Recht zustehe, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, lässt sich dies nicht entnehmen. Hierbei war noch nicht vorausgesetzt, dass das Auskunftsbegehren - wie später festgestellt - im entschiedenen Fall allein der Ermittlung von Insolvenzanfechtungsgründen diente. Dass Insolvenzverwalter auf Auskünfte mit dieser Zielrichtung nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (bei Fehlen eines einschlägigen Informationsfreiheitsgesetzes) keinen Anspruch haben, kann damit nicht auf einen bewussten Ausschluss in der Abgabenordnung zurückgeführt werden.
62Im Übrigen bestätigt auch die in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz, dass der Gesetzgeber der Abgabenordnung nicht jegliches Informationszugangsrecht zu den bei der Finanzverwaltung vorhandenen (Steuer-)Akten ausschließen wollte. Die Abgabenordnung wurde auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG erlassen, der den Bundesgesetzgeber u. a. ermächtigt, das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren zu regeln. Zum Verfahren in diesem Sinne zählt indessen der voraussetzungslose und unabhängig von einem anhängigen Verwaltungsverfahren bestehende, eigenständige Anspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder nicht. Eine Sperrwirkung kommt den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung folglich jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu.
63BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 15. Oktober 2007 - 7 B 9.07 - NWVBl. 2008, 59 = juris Rn. 9 sowie Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, DVBl. 2012, 176 = juris Rn. 17; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 91 AO Rn. 28 f.; Schmittmann, NZI 2013, 709; Winterfeld, NVwZ 2013, 816; Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 42 (Sperrwirkung - nur - für Anträge Beteiligter in einem laufenden Steuerverfahren); a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 Rn. 92, sowie der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt, vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 3 = juris Rn. 50.
64Auch das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO geht einem Informationszugangsanspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 IFG NRW nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW vor. Das folgt bereits daraus, dass § 30 AO nicht den Zugang zu amtlichen Informationen regelt, sondern dessen Begrenzung. Er ist deshalb erst auf der Ebene der Ausschlussgründe von Bedeutung (dazu s. u.).
65Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 70 ff. m. w. N.; für das Bankgeheimnis: OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 55 ff.
663. Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn die Information dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist oder wenn sich der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die erste Alternative regelt ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass die Information bereits - ggf. auch durch eine andere Behörde - zur Verfügung gestellt worden ist.
67Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12.
68Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der Antrag auf Information gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal zuvor gewährt hat. Die Regelung dürfte aber - zumindest analog - auch dann anwendbar sein, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
69Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 5 Rn. 649; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 134.
70Dabei ist es grundsätzlich allerdings nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt allenfalls dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt.
71Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 8 E 532/14 -, ZIP 2015, 1943 = juris Rn. 9.
72Hiervon ausgehend steht § 5 Abs. 4 IFG NRW dem Informationsbegehren nicht entgegen. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (Abdruck S. 6, 2. Absatz), denen der Beklagte im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist.
734. Der Anspruch ist nicht wegen des Schutzes personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen. Personenbezogene Daten sind nach der auch hier anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.
74Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 9 Rn. 954, 957, OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 93 ff.
75Das Auskunftsverlangen des Klägers ist nicht auf derartige personenbezogene Daten gerichtet, sondern auf Angaben über Kontostände bzw. Zahlungen einer juristischen Person - der Beigeladenen - an den Beklagten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass damit eine Zuordnung zu bestimmten natürlichen Personen (etwa dem Geschäftsführer, Arbeitnehmern oder Dritten) verbunden wäre, sind weder substantiiert geltend gemacht noch sonst erkennbar.
76Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass derartige Angaben zu natürlichen Personen innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft dem Insolvenzverwalter gegenüber keinen Schutz genießen, soweit er darlegen kann, dass er diese Angaben für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Insolvenzverfahrens mit namentlicher Zuordnung kennen muss. Der Insolvenzschuldner ist dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse auskunftspflichtig (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Auskunftspflicht kann sich im Einzelfall auf die den Gesellschaftern oder dritten Personen zuzuordnenden Daten erstrecken. Soweit der Insolvenzverwalter dies dargelegt hat, ist ihm der Informationszugang regelmäßig nach § 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW auch zu den personenbezogenen Daten zu gewähren. Überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen stehen dem nicht entgegen. Die Mitteilung personenbezogener Angaben Dritter an den Insolvenzverwalter stellt nur eine geringfügige Beeinträchtigung ihrer Rechte dar. Gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter dürfen die ihnen zugänglich gemachten Daten nur verwerten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist. Das Insolvenzgericht stellt bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderungen, zu denen nicht nur ihre fachliche Qualifikation, sondern auch ihre Integrität gehört. Dies bietet eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aus dem Insolvenzverfahren bekannt werdenden Informationen tatsächlich einer vertraulichen Behandlung unterliegen.
77Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 ff., 22.
78Fehlt es an entsprechenden Darlegungen des Insolvenzverwalters, ist zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden kann; andernfalls ist die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (§ 10 Abs. 1 IFG NRW).
795. Entgegen der Auffassung des Beklagten werden die Bediensteten des Finanzamts durch die Verpflichtung zur Herausgabe der Jahreskontoauszüge an den Kläger auch nicht gezwungen, das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO zu verletzen. Der Senat hat im Urteil vom 15. Juni 2011 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung ausgeführt, das Steuergeheimnis werde nicht berührt; denn die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht.
80OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 99.
81Hieran ist auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände festzuhalten. Es kann offen bleiben, ob § 30 AO vorliegend - ggf. i. V. m. § 6 Abs. 1 Buchst. a IFG NRW - als zwingende Anspruchsgrenze zu berücksichtigen ist (dazu a). Die begehrten Kontoauszüge unterfallen in sachlicher Hinsicht zwar dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses. Sie unterliegen gegenüber dem Insolvenzverwalter aber nicht der Geheimhaltung (dazu b).
82a) Ob § 30 AO einem Informationsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW überhaupt entgegengehalten werden kann, muss nicht abschließend entschieden werden.
83Dieser Frage kann im Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen allerdings Bedeutung zukommen, weil hier - anders als durch § 3 Nr. 4 IFG Bund - besondere Amtsgeheimnisse wie das Steuergeheimnis nicht als eigenständiger Ablehnungsgrund übernommen worden sind. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 8 IFG NRW) und von personenbezogenen Daten (§ 9 IFG NRW) deckt den Geltungsbereich des § 30 AO bezogen sowohl auf den Schutzgegenstand als auch auf die Schutzintensität nicht vollständig ab. Das gilt etwa für den Schutz steuerlicher Daten juristischer Personen, der von § 9 IFG NRW nicht gewährleistet ist. Auch sind die Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9 IFG NRW aufgrund der offener gefassten Abwägungsklauseln (§§ 8 Satz 3, 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW) leichter überwindbar als das Steuergeheimnis (vgl. etwa § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). § 6 Satz 1 Buchst. a IFG NRW, wonach die öffentliche Sicherheit, zu deren Schutzgütern die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung zählt, schließt diese Lücke nur, wenn § 30 AO zu den vorliegend zu beachtenden Rechtsnormen zählt.
84Gegen eine Berücksichtigung des Steuergeheimnisses als zwingend zu beachtende Grenze eines Anspruchs nach § 4 IFG NRW ist eingewandt worden, in Bezug auf einen informationsfreiheitsrechtlichen Anspruch seien die Informationsfreiheitsgesetze die spezielleren Gesetze. § 30 AO als allgemeine, fachgebietsunabhängige und generalklauselartige Regelung über den Umgang mit Steuerdaten trete demgegenüber als lex generalis zurück. Diese Regelung sei nur insoweit zu berücksichtigen, als dies im Rahmen der im Informationsfreiheitsgesetz NRW normierten Ablehnungsgründe möglich sei. Diese böten einen hinreichend effektiven, vergleichbaren Schutz.
85Vgl. Korn, DÖV 2012, 232, 238, sowie zum Bankgeheimnis OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 ‑ 15 A 1997/12 -, juris Rn. 78 ff., jeweils unter Berufung auf das Senatsurteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 65, 72.
86Diese Prämisse trifft - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - im Hinblick auf das Steuergeheimnis jedoch nicht uneingeschränkt zu. Der Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts, ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch des Insolvenzverwalters, der anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen will, werde vom Regelungsbereich der Abgabenordnung nicht umfasst,
87vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 970 = juris,
88dürfte sich im Ergebnis nicht auf das Steuergeheimnis als Ausschlussgrund erstrecken. Die bundesrechtliche Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses misst sich nach ihrer konkreten Ausgestaltung auch und gerade bei der Geltendmachung eines derartigen Informationsanspruchs Geltung bei. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 AO dürfen Verhältnisse, die Amtsträgern in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, offenbart werden, wenn dies der Durchführung eines derartigen Verfahrens dient. Danach soll das Steuergeheimnis - soweit nicht andere Offenbarungsbefugnisse bestehen - grundsätzlich gerade dann eingreifen, wenn mit einer Information über steuerliche Verhältnisse ein anderer, nicht steuerverfahrensbezogener Zweck verfolgt wird.
89Dass der Bundesgesetzgeber damit seine aus Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG folgende Gesetzgebungskompetenz überschritten hätte, ist nicht zu erkennen. Denn der Zweck des Steuergeheimnisses, der u. a darin besteht, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen,
90vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 ‑ 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113 = juris Rn. 17,
91dürfte es rechtfertigen, diese Sachverhalte in der durch § 30 AO geregelten Weise gegen steuerverfahrensfremde Auskunftsansprüche abzusichern. Bei dieser Sichtweise ist der Landesgesetzgeber wegen des Vorrangs des Bundesrechts nicht befugt, über die Grenze des § 30 AO hinausreichende Auskunftsansprüche zu normieren. Für eine uneingeschränkte Verbindlichkeit des Steuergeheimnisses im vorliegenden Zusammenhang spricht nicht zuletzt, dass es sich bei diesem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um einen grundrechtlich geschützten Lebensbereich von hoher Bedeutung handelt.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 ‑ 20 F 21.10 -, DVBl. 2011, 1092 = juris Rn. 12, m. w. N.
93Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil § 30 AO - wie im Folgenden dargelegt wird - jedenfalls nicht verletzt ist.
94b) Die begehrten Auszüge aus Steuerkonten unterfallen zunächst in sachlicher Hinsicht dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 1 und 2 AO. Es handelt sich um Verhältnisse eines anderen - hier der insolventen Beigeladenen -, die dem das Informationsersuchen bearbeitenden Amtsträger in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen oder aus einem der anderen in § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c AO bezeichneten Anlässe bekannt geworden sind. Ein „anderer“ kann dabei auch eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft sein, deren Verhältnisse ebenso nach § 30 Abs. 1 und 2 AO geschützt sind wie diejenigen natürlicher Personen.
95Vgl. Rüsken, in: Klein, Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014, § 30 Rn. 1; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 14.
96In seiner abgrenzenden Funktion ist das Merkmal „eines anderen“ dahin zu verstehen, dass es jede von dem Amtsträger verschiedene Person erfasst. Ein Verständnis dahingehend, dass damit zu dem Adressaten der Offenbarung abgegrenzt werden soll,
97unklar Rüsken, a. a. O., Rn. 44 ff.; sowie Drüen, a. a. O., Rn. 14, 16,
98liegt nach der sprachlichen Fassung des § 30 AO fern. Dass die Mitteilung steuerlicher Verhältnisse an den Betroffenen selbst mangels Geheimhaltungsbedürftigkeit unstreitig keine Verletzung des Steuergeheimnisses darstellt,
99vgl. etwa Drüen, a. a. O., Rn. 16,
100kann daher wohl nicht an diesem Merkmal festgemacht werden. Dies beruht vielmehr entweder auf einer teleologisch einschränkenden Auslegung des in § 30 Abs. 2 AO umschriebenen Gegenstands des Steuergeheimnisses oder aber auf einem erweiterten Verständnis des § 30 Abs. 4 Satz 3 AO, der in seinem primären Anwendungsbereich die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung an Dritte erfassen dürfte.
101Ebenso wie gegenüber demjenigen, um dessen steuerliche Verhältnisse es geht, sind die vorliegend begehrten Jahreskontoauszüge über die insolvente Beigeladene auch gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht geheimhaltungsbedürftig. Damit wird - anders als der Beklagte meint - keine ungeschriebene Durchbrechung des Steuergeheimnisses geschaffen, sondern lediglich die dem Steuergeheimnis von vornherein immanente Voraussetzung aktiviert, wonach es um steuerliche Daten anderer als des Betroffenen selbst gehen muss.
102Die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der hier betroffenen steuerlichen Unterlagen ist auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so dass er als nunmehr „Betroffener“ im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO das Finanzamt von der Beachtung des Steuergeheimnisses selbst entbinden kann. Für die - hier begehrte - Herausgabe steuerlicher Daten des Insolvenzschuldners an ihn selbst bedarf es einer solchen Entbindung ebensowenig wie wenn der Insolvenzschuldner diese beantragte.
103Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:
104Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO). Er hat zum einen als Vermögensverwalter der Insolvenzschuldnerin deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und ist insoweit einem gesetzlichen Vertreter gleichgestellt (§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO). Diese Pflicht ist hier allerdings - wie oben ausgeführt - nicht berührt, da der Kläger im Interesse der Masse und damit der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger tätig wird und nicht zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Beigeladenen. Der Insolvenzverwalter hat zum anderen aufgrund seiner Bestellung in Bezug auf die Insolvenzmasse ein Amt inne, kraft dessen er über die Insolvenzmasse verfügt. Insoweit ist er weder Organ der insolventen Gesellschaft noch vertritt er den Schuldner. Vielmehr ist er Inhaber eines privaten Amtes und als solcher Rechtspflegeorgan, dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 -, NVwZ 2006, 599 = juris Rn. 8.
106Der Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter erstreckt sich auch auf Geschäftsgeheimnisse und steuerliche Daten, soweit dies für die ordnungsgemäße Verwaltung der Insolvenzmasse und die Insolvenzabwicklung erforderlich ist. Bei der gebotenen nicht rein steuerverfahrensinternen, sondern an der gesamten Rechtsordnung orientierten Betrachtung steht die zuvor dem Insolvenzschuldner zukommende materielle Dispositionsbefugnis über die begehrten Jahreskontoauszüge (jedenfalls) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter zu. Er hat gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 101 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein können. Die Informationserteilung ist für den Schuldner nicht vermeidbar, auch wenn ihm die zu erteilenden Informationen persönlich oder finanziell nachteilig sein können. Darüber hinaus hat er den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Mitwirkungspflicht umfasst die Verpflichtung, das Finanzamt vom Steuergeheimnis zu befreien.
107Vgl. Jungmann, in: K. Schmidt (Hrsg.), Insolvenzordnung, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23; Voß, in: Graf-Schlicker (Hrsg.), Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7.
108Im Rahmen von § 97 InsO entfällt der Schutz persönlicher Daten Dritter, soweit eine Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter für eine wirksame Durchsetzung der Gläubigerrechte erforderlich ist.
109Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 f.
110Über seine eigenen Verhältnisse muss der Schuldner nach § 97 Abs. 1 Satz 2 InsO (hier i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO) sogar Tatsachen offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Diese weitgehende Regelung zeigt, dass dem Schuldner selbst in Bezug auf höchstpersönliche Rechtspositionen mehr abverlangt wird, als dies außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Fall ist.
111Vgl. Gröner/Lang, Die höchstpersönlichen Rechte des Schuldners in der Insolvenz, in: Luxenburger/Birkenheier (Hrsg.), Opuscula honoraria für Egon Müller, Saarbrücken 2003, S. 90, 95 (im Internet abrufbar).
112Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung geht den Geheimhaltungsinteressen des Insolvenzschuldners danach grundsätzlich vor.
113Hieraus folgt die Berechtigung des Insolvenzverwalters, Finanzbehörden anstelle des Insolvenzschuldners die gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO erforderliche Zustimmung zu erteilen, anderen durch das Steuergeheimnis geschützte Kenntnisse zu offenbaren.
114Vgl. zutreffend Wimmer-Amend, in: Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2014, § 80 InsO Rn. 36.
115Insoweit geht die Verfügungsbefugnis über die steuerlichen Daten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über; aus demselben Grund steht auch einer Kenntnisnahme durch ihn selbst nichts entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Kenntnisnahme im Interesse der Masse erforderlich ist.
116Vgl. Gröner/Lang, a. a. O., S. 96; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.; ähnlich Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29 zum Bankgeheimnis; ders., WM 2009, 241, 245 f.; Herchen, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, § 98 Rn. 22; siehe auch AG Duisburg, NZI 2000, 606; a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 108; FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37.
117Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Fallgestaltung grundsätzlich gegeben: Es liegt im Interesse der verwalteten Insolvenzmasse bzw. der Gesamtheit der Gläubiger, dass der Verwalter die Steuerkontoauszüge des Schuldners auf anfechtbare Zahlungen an das Finanzamt prüft und sich daraus ergebende Anfechtungsrechte ausübt.
118Dass das Verfügungsrecht über derartige auf die Insolvenzmasse bezogene Geheimnisse mit der Verfügungsbefugnis über das Vermögen selbst auf den Insolvenzverwalter übergeht, bestätigt auch die verwaltungsgerichtliche Praxis zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen insolventer Gesellschaften. Dies zeigt sich vor allem bei Akteneinsichtsbegehren Dritter in Unterlagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die bei der Aufsicht über die Geschäfte insolvent gewordener Gesellschaften angefallen sind. Dabei erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelmäßig keine Beiladung des insolventen Unternehmens. Die Befugnis, etwaige fortbestehende berechtigte Interessen des betroffenen Unternehmens an der Nichtverbreitung bestimmter Informationen geltend zu machen, erkennen die Verwaltungsgerichte vielmehr regelmäßig dem zum Verfahren beigeladenen Insolvenzverwalter zu.
119Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 2012 ‑ 20 F 3.12 -, juris Rn. 10 f., und vom 12. April 2013 - 20 F 6.12 -, juris Rn. 12; Hess. VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 27 F 1730/10 -, juris Rn. 7 ff.; Urteil vom 29. November 2013 ‑ 6 A 1426/13 -, ESVGH 64, 137 = juris Rn. 82; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 - 2 K 84.13 -, juris Rn. 28.
120Die Besorgnis, die Rechtsprechung des Senats führe dazu, dass das Steuergeheimnis entgegen allgemeiner Auffassung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren auch für den sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter i. S. v. § 22 Abs. 2 InsO nicht mehr gelte,
121vgl. Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1052; ders., ZInsO 2014, 2388, 2389,
122ist unbegründet. Der Senat hat den Übergang der Geheimnisherrschaft auf den Verwalter nicht allein mit dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO begründet, der gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO bereits dem - „starken“ wie „schwachen“ - vorläufigen Insolvenzverwalter zusteht. Entscheidend ist vielmehr der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter (§ 80 InsO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).
123So auch Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.
124Der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter bleibt danach darauf verwiesen, die Zustimmung des Insolvenzschuldners ggf. nach §§ 97 Abs. 2, 98 InsO oder im Klagewege durchzusetzen.
125Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2014 (AEAO, Nr. 4.5), wonach ein Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters nach einem einschlägigen Informationsfreiheitsgesetz zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO nur besteht, wenn der Schuldner zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Hieran ist der Senat mangels Rechtsnormqualität nicht gebunden. Gleiches gilt für andere Verwaltungsvorschriften, etwa Verfügungen der Oberfinanzdirektionen.
126Die vom Beklagten in diesem und zahlreichen weiteren Verfahren erhobenen Einwände gegen die obergerichtlich inzwischen als gefestigt anzusehende Rechtsprechung, wonach § 30 AO einer Offenbarung von Steuerkontoauszügen eines Insolvenzschuldners an dessen Insolvenzverwalter nicht entgegensteht,
127vgl. neben dem zitierten Senatsurteil: OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 12 ff.; OLG Rostock, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 U 6/14 -, NZI 2015, 627 = juris Rn. 25; sowie sämtliche dem Senat bekannten neueren Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte; zum Sozialgeheimnis vgl. auch OVG Rh.-Pf., Urteile vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 31, und vom 23. April 2010 - 10 A 10091/10 -, ZIP 2010, 1091 = juris Rn. 30; Hamb. OVG, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z -, ZInsO 2012, 989 = juris Rn. 20; a. A. noch FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37,
128stellen jene ebenfalls nicht durchgreifend in Frage.
129Das Finanzamt wird weder mit unzumutbaren, „fachfremden“ Prüfungspflichten belastet, noch verletzt der unmittelbare Zugriff auf die beim Finanzamt vorliegenden Steuerunterlagen durch den Insolvenzverwalter hier Rechte der Insolvenzschuldnerin auf rechtliches Gehör. Die Insolvenzschuldnerin wurde vom Senat beigeladen und konnte sich äußern. Unabhängig davon spricht im vorliegenden Fall nichts dafür, dass die streitgegenständlichen Informationen über die steuerlichen Verhältnisse der Beigeladenen nicht insgesamt auch im Sinne von § 97 InsO das Insolvenzverfahren betreffen. Die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO betrifft alle das Verfahren betreffenden rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse und ist grundsätzlich weit auszulegen.
130Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 =juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09 -, juris Rn. 9.
131Sie umfasst insbesondere auch Auskünfte zu vom Schuldner geleisteten Steuerzahlungen sowie entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen und erstreckt sich deshalb regelmäßig auf dessen Steuerkontoauszüge, ohne dass es einer aufwändigen Prüfung durch das Finanzamt bedarf. Deren Inhalt ist - wie der vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren beispielhaft vorgelegte Klartextauszug bestätigt - im Wesentlichen beschränkt auf die Dokumentation von Steuerrückständen sowie Zeitpunkt und Höhe der hierauf verwendeten Zahlungen. Zwar trifft der Hinweis des Beklagten zu, dass insolvenzfreies Vermögen nach wohl überwiegender Auffassung von der Auskunftspflicht nach § 97 InsO nicht umfasst ist.
132Vgl. Jungmann, in: Karsten Schmidt (Hrsg.), InsO, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 9; mit Einschränkungen auch Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7; a. A. Kayser, in: Kreft (Hrsg.), InsO, 5. Aufl. 2008, § 97 Rn. 11.
133Hierunter fallen vom Verwalter freigegebene Vermögensgegenstände, die es grundsätzlich auch bei juristischen Personen geben kann.
134Vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03 -, BGHZ 163, 32 = juris Rn. 5 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 = juris Rn. 16 ff.
135Insolvenzfreies Vermögen unterliegt definitionsgemäß nicht (mehr) der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters.
136Vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03 -, ZInsO 2006, 260 = juris Rn. 6 f. und 15; BFH, Urteil vom 13. April 2011 - II R 49/09 -, BFHE 234, 97 = juris Rn. 16.
137Der Kläger hat jedoch auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Beigeladene über kein insolvenzfreies Vermögen verfügt. Mangels jeden Anhaltspunkts für eine Betroffenheit eigener Rechte bedurfte es daher vorliegend nicht der - vorsorglich beschlossenen - Beiladung der Insolvenzschuldnerin.
138Unabhängig vom Streitfall weist der Senat darauf hin, dass bei Vorhandensein von insolvenzfreiem Vermögen Anträge von Insolvenzverwaltern auf Zugang zu Steuerkontoauszügen des Insolvenzschuldners in der Regel dahin auszulegen sein werden, dass sie sich nur auf die die Insolvenzmasse betreffenden Kontoauszüge beziehen. Eine Unterscheidung dürfte insoweit problemlos möglich sein, denn die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass nach Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse für diese gegebenenfalls eine neue Steuernummer angelegt werde.
139Soweit steuerliche Unterlagen - wovon nach dem unter 4. Ausgeführten hier nicht auszugehen ist - personenbezogene Daten Dritter enthalten, die im Einzelfall von dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO erfasst sind, liegt in der Herausgabe an den Insolvenzverwalter durch Amtsträger des Finanzamts nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Verletzung des Steuergeheimnisses. Die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO bezieht sich zwar nur auf das Vermögen der insolventen Gesellschaft. Ungeachtet dessen umfasst diese Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse akzessorisch aber auch derartige den Gesellschaftern oder Dritten zuzuordnende Daten, soweit der Insolvenzverwalter sie für eine sachgerechte Verwaltung der Insolvenzmasse und Wahrung der Gläubigerrechte kennen muss und er dies gegenüber der Finanzverwaltung dargelegt hat.
140Die vom Beklagten angeführte Gefahr einer Strafbarkeit seiner Amtsträger wegen Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 355 StGB vermag der Senat nach alledem nicht zu erkennen. Diese können sich auf einhellige obergerichtliche Rechtsprechung berufen, wonach die Herausgabe der Steuerkontoauszüge an den Insolvenzverwalter nicht „unbefugt“ i. S. v. § 30 Abs. 2 AO, § 355 Abs. 1 StGB ist.
141Die Entscheidung ist schließlich entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf jedweden Auskunftsanspruch -
142vgl. etwa BFH, Urteil vom 10. Februar 1987- VII R 77/84 -, BFHE 149, 387 = juris Rn. 17 -
143zu übertragen. Der Insolvenzverwalter ist nicht allein aufgrund des Auskunftsanspruchs nach § 97 InsO als verfügungsbefugt über die begehrten steuerlichen Daten anzusehen, sondern weil ihm darüber hinaus die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht (s. o.).
144Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat und sich insbesondere auch nicht dem mit einer Antragstellung verbundenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
145Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
146Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des § 30 AO grundsätzliche Bedeutung hat.
Tenor
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erste Absatz des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:
„Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts L. vom 3. Januar 2013 verpflichtet, gemäß dem Antrag des Klägers vom 11. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Beigeladene gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (in Form von Kopien) zu erteilen.“
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beigeladenen die Erteilung steuerlicher Auskünfte durch das Finanzamt L.
3Über das Vermögen der Beigeladenen, der U. GmbH, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 1. Juli 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter für die Insolvenzschuldnerin bestellt. Er beantragte am 11. Dezember 2012 beim Finanzamt C., ihm gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW Kontoauszüge aller dort geführten Steuerarten betreffend die Insolvenzschuldnerin für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 zu übersenden. Dabei teilte er mit, er benötige die Information, um die wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuarbeiten.
4Mit Bescheid vom 3. Januar 2013, der am 4. Januar 2013 zur Post gegeben wurde und dem Kläger nach eigenen Angaben am 7. Januar 2013 zugegangen ist, lehnte das Finanzamt L. (nachfolgend Finanzamt), an das der Antrag zuständigkeitshalber weitergeleitet worden war, die Übersendung der begehrten Informationen ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass ihm die Informationen nicht bereits anderweitig vorlägen und er sich diese auch nicht in zumutbarer Weise aus für ihn zugänglichen Quellen beschaffen könne (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Zudem stehe § 30 AO der Übersendung der begehrten Kontoauszüge entgegen. Eine Offenbarungsbefugnis liege nicht vor; insbesondere könne der Insolvenzverwalter die Zustimmung des Betroffenen gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO nicht an dessen Stelle erteilen. Diese könne entgegen der Auffassung des OVG NRW auch nicht durch die allgemeine Auskunftspflicht des Insolvenzschuldners nach § 97 bzw. § 101 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter ersetzt werden. Es zähle nicht zu den Aufgaben der Finanzverwaltung festzustellen, ob und welche Auskunftsansprüche dem Insolvenzverwalter gegen den Insolvenzschuldner nach § 97 InsO zustehen. Auch in der Insolvenz verbleibe die höchstpersönliche Befugnis zur Befreiung der Finanzbehörden vom Steuergeheimnis beim bisherigen Vertretungsorgan, ungeachtet dessen, dass ihm keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens mehr zustehe.
5Der Kläger hat am 6. Februar 2013 Klage erhoben. Er hat sich zur Begründung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 - bezogen. Danach werde der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW vorliegend nicht durch andere Auskunftsregelungen im Sinne des § 4 Abs. 2 IFG NRW ausgeschlossen. Auch der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greife nicht ein. Weder habe ihm das Finanzamt die begehrten Informationen bereits zur Verfügung gestellt, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Die Buchführung des Insolvenzschuldners sei ungeordnet und unvollständig. Das Steuergeheimnis stehe der Auskunftserteilung nicht entgegen. Der Kläger sei als Insolvenzverwalter in Bezug auf § 30 AO sowie § 9 Abs. 1 IFG NRW kein Dritter, gegenüber dem die steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin der Geheimhaltung bedürften.
6Der Kläger hat beantragt,
7das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts L. vom 3. Januar 2013 zu verpflichten, gemäß dem Antrag des Klägers vom 11. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin (U. GmbH (AG Köln HRB 52830), ‑ AG Köln, 75 IN 220/10 -) gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 (in Form von Kopien) zu erteilen.
8Der Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Er hat geltend gemacht, der Anspruch sei nach § 5 Abs. 4 IFG NRW ausgeschlossen. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm die begehrten Unterlagen nicht vorliegen. Dem Auskunftsbegehren stehe auch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. § 30 AO sei nicht im Rahmen von § 9 IFG NRW zu prüfen, sondern gehe als bundesrechtliche Regelung im Sinne des Art. 31 GG den Regelungen der §§ 6 ff. IFG NRW vor. Die Offenbarungsgründe hinsichtlich vom Steuergeheimnis erfasster Daten seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Keiner dieser Ausnahmetatbestände liege hier vor. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass aufgrund des Anspruchs des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner aus § 97 InsO eine Offenbarungsbefugnis der Finanzverwaltung gegenüber dem Insolvenzverwalter bestehe. Dies sei jedoch zweifelhaft und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
11Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 27. März 2014 stattgegeben. Der geltend gemachte Anspruch sei nach § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Abgabenordnung keine bereichsspezifische Sonderregelung des Informationszugangs enthalte, die den Informationsanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausschließe. Die begehrten Informationen seien dem Kläger weder bereits zur Verfügung gestellt worden, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Dem Informationsanspruch stehe auch nicht das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO entgegen. Die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht, so dass das Steuergeheimnis insoweit nicht berührt werde. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein könnten. Dem Schutzzweck des § 97 InsO liefe es zuwider, wenn sich der Schuldner im vorliegenden Zusammenhang auf das Steuergeheimnis berufen könnte bzw. wenn - wie hier - die Zustimmung des Insolvenzschuldners nicht eingeholt werden könne, weil er nicht greifbar sei, und sich das Finanzamt zum Nachteil der (anderen) Insolvenzgläubiger auf das Steuergeheimnis berufen könnte.
12Mit Beschlüssen vom 25. Juni 2015 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil zugelassen und die Insolvenzschuldnerin zum Verfahren beigeladen. Dem Geschäftsführer der Beigeladenen wurde Gelegenheit gegeben, zu dem Klagebegehren Stellung zu nehmen.
13Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, dem begehrten Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. Aus der Rechtsprechung des Senats und aus kompetenzrechtlichen Erwägungen (vgl. Art. 31 GG) folge, dass § 30 AO als bundesrechtliche Vorschrift über die Begrenzung des Zugangs zu amtlichen Informationen auch gegenüber Ansprüchen aus § 4 Abs. 1 IFG NRW einen eigenständigen Ausschlussgrund darstelle. Zumindest stehe die Vorschrift einem Informationsanspruch über § 6 Buchst. a Var. 5 IFG NRW entgegen, weil ein das Steuergeheimnis verletzender Informationszugang die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung beeinträchtige.
14Ausgehend davon schließe § 30 AO die Erteilung der begehrten Informationen hier aus. Diese unterfielen dem Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 1 und 2 AO. Entgegen der Rechtsprechung des Senats könne eine Verletzung des § 30 AO nicht mit der Begründung verneint werden, die begehrten Informationen seien dem Insolvenzverwalter gegenüber nicht geheimhaltungsbedürftig, weil der Schuldner dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO alle ihm möglichen Auskünfte über von ihm gezahlte Steuern erteilen müsse. Der Schutz des Steuergeheimnisses stehe nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Geheimhaltungsbedürftigkeit. Dies belege schon § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO, der bei Zustimmung des Betroffenen - dem Paradefall einer fehlenden Geheimhaltungsbedürftigkeit - eine ausdrückliche Durchbrechung des Steuergeheimnisses vorsehe. Die Voraussetzungen, unter denen steuerliche Informationen offenbart werden dürfen, seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Eine Offenbarungsbefugnis sei danach nicht gegeben. Das streitgegenständliche Informationszugangsbegehren diene nicht der Erfüllung steuerlicher Pflichten der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, sondern der Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Insoweit handele der Kläger nicht als Beteiligter eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens. Die Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Betroffener in diesem Sinne sei die Beigeladene, nicht der Kläger. Der klagende Insolvenzverwalter werde weder als steuerlicher Vertreter der Insolvenzschuldnerin noch in Wahrnehmung ihrer Interessen tätig. Das IFG NRW sei auch kein Gesetz im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, das die Offenbarung ausdrücklich zulasse. Es befreie nur von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, nicht aber von besonderen Geheimhaltungsvorschriften. Auch die §§ 80 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 InsO seien keine solchen Gesetze.
15Ein Anspruch auf die begehrten Informationen gegen einen Dritten zähle nicht zu den gesetzlich geregelten Offenbarungsvoraussetzungen. Würden vom Schutzbereich des Steuergeheimnisses solche Informationen ausgenommen, hinsichtlich derer dem Anspruchsteller ein gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Auskunftsanspruch zustehe, wären damit weitreichende Rechtsunsicherheiten und eine erhebliche Relativierung des Steuergeheimnisses verbunden. Der Finanzverwaltung würde die von ihr kaum zu bewältigende Aufgabe übertragen, in zahlreichen Einzelfällen und ohne ein entsprechendes Aufklärungsinstrumentarium über das Bestehen und die Reichweite verschiedener gesetzlicher Auskunftsansprüche im Verhältnis Dritter zueinander zu entscheiden. Auch ein Umkehrschluss aus § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO bestätige, dass drittgerichtete Auskunftsansprüche keine Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigten. Danach reiche es nicht aus, dass der Anspruchsteller die Zustimmung des Betroffenen erzwingen könnte. Vielmehr müsse die Zustimmung zuvor im dafür vorgesehenen Verfahren - hier nach § 98 InsO - durchgesetzt werden. Es stehe nicht fest, dass die jeweils in Rede stehenden Informationen stets auch i. S. v. § 97 InsO das Insolvenzverfahren beträfen. Dies sei etwa bei Informationen zu verneinen, die das insolvenzfreie Vermögen beträfen. Im kontradiktorischen Verfahren nach § 98 InsO, das für die zwangsweise Durchsetzung der geschuldeten Auskünfte und Mitwirkungshandlungen vorgesehen sei, werde dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt. Werde dem Anspruch nach § 97 InsO demgegenüber im Rahmen eines Informationsantrags des Insolvenzschuldners an das Finanzamt Rechnung getragen, würden die Rechte des Betroffenen in unzulässiger Weise verkürzt. Zugleich würde den Amtsträgern der Finanzverwaltung ein erhebliches Strafbarkeitsrisiko aufgebürdet, da die unbefugte Offenbarung eines Steuergeheimnisses nach § 355 StGB strafbar sei. Die vom Senat vorgenommene Beiladung ändere nichts daran, dass die Beteiligung des Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht gesichert sei. Der Schutzzweck des § 97 InsO bliebe auch ohne einen unmittelbaren Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt gewahrt. Das gelte selbst dann, wenn der Insolvenzschuldner bzw. dessen Geschäftsführer nicht greifbar sei. Bei juristischen Personen könne analog § 29 BGB ein Notgeschäftsführer bzw. Notvorstand bestellt werden. Klagen und Beschlüsse könnten im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden.
16Der Beklagte beantragt,
17das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. In der mündlichen Verhandlung hat sein Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich der geltend gemachte Auskunftsanspruch nur auf Informationen bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe.
21Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 24. November 2015 verwiesen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn diese ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
25Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Neufassung des Tenors trägt lediglich der begrenzten zeitlichen Reichweite des geltend gemachten Informationsanspruchs Rechnung, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist.
26Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist vom Senat nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Im Übrigen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Einsicht in die den Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO nicht erfasst wird und deshalb im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist.
27Vgl. zu § 4 des früheren Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris; BFH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris.
28Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Finanzamts L. vom 3. Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der begehrten steuerlichen Auskünfte zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
29Der Anspruch folgt aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW -) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806) in der Fassung vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) (1.). Der Anspruch ist nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen (2.). Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein (3.). Dem Anspruch stehen auch weder der Schutz personenbezogener Daten gemäß § 9 IFG NRW (4.) noch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen (5.).
301. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 IFG NRW sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Der Kläger ist auch in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine natürliche Person und somit anspruchsberechtigt.
31OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542 = juris, zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (Bund); Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 22 f. m. w. N.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 20, zu § 4 Abs. 1 Satz 1 InfFrG RP; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2010 ‑ 7 B 28.10 -, juris Rn. 6 f.; siehe auch § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO.
32Als untere Landesbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Landesorganisationsgesetz - LOG NRW - ist das Finanzamt Behörde im Sinne des § 2 Abs. 1 IFG NRW und daher Anspruchsgegner (vgl. auch §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz - FVG -).
33Die begehrten Informationen - Jahreskontoauszüge aller bei dem Finanzamt geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens - hat das Finanzamt unstreitig im dienstlichen Zusammenhang erlangt (vgl. § 3 IFG NRW). Der konkret gestellte Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW.
342. Der Anspruch ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Danach treten die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Darunter sind bereichsspezifische Gesetze des Bundes oder des Landes zu verstehen, die einen Informationsanspruch regeln.
35Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 11.
36Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend - sei es identisch, sei es abweichend - regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.
37Wenn spezialgesetzliche Regelungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb im Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung.
38Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 29 ff. m. w. N.
39In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat in seinem grundlegenden Urteil vom 15. Juni 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Informationsanspruch der vorliegend geltend gemachten Art nicht durch besondere Rechtsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen ist. Die insolvenzrechtlichen bzw. auf das Insolvenzverfahren bezogenen Vorschriften über Auskunftsansprüche nach §§ 97, 101 InsO bzw. § 242 BGB weisen keinen mit dem Informationsfreiheitsgesetz NRW identischen sachlichen Regelungsgegenstand auf. Sie sind in Bezug auf Auskunftsansprüche des Insolvenzverwalters deshalb auch nicht abschließend.
40Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 34 f.; Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 7, vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, ZIP 2011, 41 = juris Rn. 8.
41Der Anspruch ist auch nicht durch die „absichtsvolle Nichtregelung“ eines Akteneinsichtsrechts für das steuerliche Verwaltungsverfahren in der Abgabenordnung ausgeschlossen. Selbst wenn trotz zwischenzeitlichen Inkrafttretens der verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze der Länder und insbesondere nach Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vom 5. September 2005 (BGBl. I, S. 2722) bis heute von einem absichtsvollen Regelungsverzicht der Abgabenordnung mit Sperrwirkung für einen Informationsfreiheitsanspruch auszugehen wäre, würde diese „Nichtregelung“ jedenfalls den Informationsanspruch eines Insolvenzverwalters zum Zweck der Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbeständen nicht ausschließen. Die - unterstellte - „absichtsvolle Nichtregelung“ der Abgabenordnung auf der einen Seite und der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters zum Zwecke der Anfechtung auf der anderen Seite erfassen unterschiedliche Personengruppen bzw. Rechtsverhältnisse; ein Informationsanspruch würde dem Schutzzweck der Spezialregelung nicht grundsätzlich zuwider laufen.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 56 ff.; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 8 ff.
43Der Gesetzgeber hat sich beim Erlass der Abgabenordnung nur mit der Frage befasst (und diese verneint), ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll.
44Vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.
45Beteiligter in diesem Sinne ist der Steuerpflichtige oder sein steuerlicher Vertreter (vgl. §§ 78 Nr. 1, 359 AO). Verlangt jedoch ein Insolvenzverwalter - wie hier der Kläger - Auskünfte, um anfechtbare Zahlungen auf Steuerschulden zu ermitteln, handelt er nicht gemäß §§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO, 155 Abs. 1 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO zur Insolvenzmasse gezogen werden sollen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Finanzamt.
46OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 63 f., sowie nachgehend BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 9, jeweils unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 58/06 -, ZIP 2009, 1823 = juris Rn. 9, und BFH, Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 201/10 -, ZIP 2011, 1376 = juris Rn. 13.
47Informationsansprüche mit der vorgenannten Zielrichtung kann der Kläger als Insolvenzverwalter auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen stützen.
48An dieser - höchstrichterlich bestätigten - Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der hiergegen vereinzelt erhobenen Kritik,
49vgl. etwa Nitschke, DÖV 2014, 1049 ff.; Bartone, jurisPR-SteuerR 13/2012 Anm. 4, C. IV.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 92; anders auch FG Rh.-Pf., Urteil vom 15. Juni 2011 - 1 K 1776/10 -, juris Rn. 15 ff.,
50fest. Unter anderem ist eingewandt worden, dass es sich bei der Erteilung einer derartigen Auskunft aus der Perspektive des Finanzamts um ein Tätigwerden in einem laufenden Steuerverfahren handele, da sich das Insolvenzverfahren für dieses als Teil des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenordnung darstelle.
51Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1050; ders., ZInsO 2014, 2388 f.; Bartone, a. a. O.; siehe auch OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 873 = juris Rn. 42; a. A. - kein laufendes Steuerverfahren -: OVG Berlin-Bbg., Beschlüsse vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 4 f., und vom 4. September 2014 - OVG 12 N 84.13 -, NVwZ-RR 2015, 10 = juris, jeweils zu § 2 Abs. 4 des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes - AIG.
52Auf diese Frage kommt es nach dem nordrhein-westfälischen Recht jedoch nicht an. Die Zuordnung des Gegenstands der Auskunft zu einem laufenden Steuerverfahren hindert nicht daran, bei der Beantwortung der hier allein entscheidenden Frage, inwieweit die Abgabenordnung (möglicherweise) eine abschließende Regelung darstellt, maßgeblich auf die Zielrichtung des Auskunftsbegehrens und die verfahrensrechtliche Stellung des Antragstellers als (insoweit) Nichtbeteiligter abzustellen. Ob die Abgabenordnung in Bezug auf Anträge Beteiligter in einem laufenden Besteuerungsverfahren Sperrwirkung entfaltet,
53dazu vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 41 f.,
54ist hier somit nicht entscheidungserheblich.
55Von den dargelegten Grundsätzen geht im Ergebnis inzwischen auch der Bundesfinanzhof aus. Er hat sich in dem Streit um die Rechtswegfrage mit Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris, der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen, wonach ein Anspruch wie der hier geltend gemachte weder im Steuerrechtsverhältnis des Insolvenzschuldners wurzelt noch sonst maßgeblich abgabenrechtlich geprägt ist.
56Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris Rn. 3 ff.; ebenso FG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2012 - 15 K 874/10 AO -, BeckRS 2012, 95547.
57Entgegen der Auffassung von Nitschke (a. a. O.) ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. März 2013 - II R 17/11 - nichts anderes; dieses bestätigt vielmehr die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Danach hat eine Auskunft, die der Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrt, einen hinreichenden Bezug zum Steuerrechtsverhältnis nur dann, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten oder mit der Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen benötigt wird. An einer solchen Verwurzelung der Auskunft im Steuerrechtsverhältnis fehlt es hingegen, wenn sie allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden begehrt wird.
58Vgl. BFH, Urteil vom 19. März 2013 - II R 17/11 -, BFHE 240, 497 = juris Rn. 13-22.
59Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof ungeachtet dessen gelangt, dass sich das Begehren aus der Perspektive des Finanzamts auf ein laufendes Verfahren in Steuersachen beziehen mag. Seine Entscheidung ist auch nicht dahin zu verstehen, dass das Begehren des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Speicherkontenauszugs selbst dann von § 34 Abs. 3 AO erfasst wäre, wenn damit erkennbar allein die Ermittlung anfechtbarer Zahlungen bezweckt wird.
60So aber Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1051, unter Bezugnahme auf Rn. 14 des Urteils.
61Der allgemeinen Aussage, wonach dem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 InsO i. V. m. § 34 Abs. 3 und 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (Steuerpflichtigen) zu erfüllen hat, das Recht zustehe, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, lässt sich dies nicht entnehmen. Hierbei war noch nicht vorausgesetzt, dass das Auskunftsbegehren - wie später festgestellt - im entschiedenen Fall allein der Ermittlung von Insolvenzanfechtungsgründen diente. Dass Insolvenzverwalter auf Auskünfte mit dieser Zielrichtung nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (bei Fehlen eines einschlägigen Informationsfreiheitsgesetzes) keinen Anspruch haben, kann damit nicht auf einen bewussten Ausschluss in der Abgabenordnung zurückgeführt werden.
62Im Übrigen bestätigt auch die in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz, dass der Gesetzgeber der Abgabenordnung nicht jegliches Informationszugangsrecht zu den bei der Finanzverwaltung vorhandenen (Steuer-)Akten ausschließen wollte. Die Abgabenordnung wurde auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG erlassen, der den Bundesgesetzgeber u. a. ermächtigt, das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren zu regeln. Zum Verfahren in diesem Sinne zählt indessen der voraussetzungslose und unabhängig von einem anhängigen Verwaltungsverfahren bestehende, eigenständige Anspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder nicht. Eine Sperrwirkung kommt den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung folglich jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu.
63BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 15. Oktober 2007 - 7 B 9.07 - NWVBl. 2008, 59 = juris Rn. 9 sowie Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, DVBl. 2012, 176 = juris Rn. 17; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 91 AO Rn. 28 f.; Schmittmann, NZI 2013, 709; Winterfeld, NVwZ 2013, 816; Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 42 (Sperrwirkung - nur - für Anträge Beteiligter in einem laufenden Steuerverfahren); a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 Rn. 92, sowie der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt, vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 3 = juris Rn. 50.
64Auch das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO geht einem Informationszugangsanspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 IFG NRW nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW vor. Das folgt bereits daraus, dass § 30 AO nicht den Zugang zu amtlichen Informationen regelt, sondern dessen Begrenzung. Er ist deshalb erst auf der Ebene der Ausschlussgründe von Bedeutung (dazu s. u.).
65Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 70 ff. m. w. N.; für das Bankgeheimnis: OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 55 ff.
663. Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn die Information dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist oder wenn sich der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die erste Alternative regelt ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass die Information bereits - ggf. auch durch eine andere Behörde - zur Verfügung gestellt worden ist.
67Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12.
68Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der Antrag auf Information gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal zuvor gewährt hat. Die Regelung dürfte aber - zumindest analog - auch dann anwendbar sein, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
69Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 5 Rn. 649; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 134.
70Dabei ist es grundsätzlich allerdings nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt allenfalls dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt.
71Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 8 E 532/14 -, ZIP 2015, 1943 = juris Rn. 9.
72Hiervon ausgehend steht § 5 Abs. 4 IFG NRW dem Informationsbegehren nicht entgegen. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (Abdruck S. 6 Mitte bis S. 7 Mitte), denen der Beklagte im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist.
734. Der Anspruch ist nicht wegen des Schutzes personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen. Personenbezogene Daten sind nach der auch hier anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.
74Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 9 Rn. 954, 957, OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 93 ff.
75Das Auskunftsverlangen des Klägers ist nicht auf derartige personenbezogene Daten gerichtet, sondern auf Angaben über Kontostände bzw. Zahlungen einer juristischen Person - der Beigeladenen - an den Beklagten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass damit eine Zuordnung zu bestimmten natürlichen Personen (etwa dem Geschäftsführer, Arbeitnehmern oder Dritten) verbunden wäre, sind weder substantiiert geltend gemacht noch sonst erkennbar.
76Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass derartige Angaben zu natürlichen Personen innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft dem Insolvenzverwalter gegenüber keinen Schutz genießen, soweit er darlegen kann, dass er diese Angaben für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Insolvenzverfahrens mit namentlicher Zuordnung kennen muss. Der Insolvenzschuldner ist dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse auskunftspflichtig (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Auskunftspflicht kann sich im Einzelfall auf die den Gesellschaftern oder dritten Personen zuzuordnenden Daten erstrecken. Soweit der Insolvenzverwalter dies dargelegt hat, ist ihm der Informationszugang regelmäßig nach § 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW auch zu den personenbezogenen Daten zu gewähren. Überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen stehen dem nicht entgegen. Die Mitteilung personenbezogener Angaben Dritter an den Insolvenzverwalter stellt nur eine geringfügige Beeinträchtigung ihrer Rechte dar. Gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter dürfen die ihnen zugänglich gemachten Daten nur verwerten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist. Das Insolvenzgericht stellt bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderungen, zu denen nicht nur ihre fachliche Qualifikation, sondern auch ihre Integrität gehört. Dies bietet eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aus dem Insolvenzverfahren bekannt werdenden Informationen tatsächlich einer vertraulichen Behandlung unterliegen.
77Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 ff., 22.
78Fehlt es an entsprechenden Darlegungen des Insolvenzverwalters, ist zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden kann; andernfalls ist die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (§ 10 Abs. 1 IFG NRW).
795. Entgegen der Auffassung des Beklagten werden die Bediensteten des Finanzamts durch die Verpflichtung zur Herausgabe der Jahreskontoauszüge an den Kläger auch nicht gezwungen, das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO zu verletzen. Der Senat hat im Urteil vom 15. Juni 2011 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung ausgeführt, das Steuergeheimnis werde nicht berührt; denn die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht.
80OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 99.
81Hieran ist auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände festzuhalten. Es kann offen bleiben, ob § 30 AO vorliegend - ggf. i. V. m. § 6 Abs. 1 Buchst. a IFG NRW - als zwingende Anspruchsgrenze zu berücksichtigen ist (dazu a). Die begehrten Kontoauszüge unterfallen in sachlicher Hinsicht zwar dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses. Sie unterliegen gegenüber dem Insolvenzverwalter aber nicht der Geheimhaltung (dazu b).
82a) Ob § 30 AO einem Informationsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW überhaupt entgegengehalten werden kann, muss nicht abschließend entschieden werden.
83Dieser Frage kann im Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen allerdings Bedeutung zukommen, weil hier - anders als durch § 3 Nr. 4 IFG Bund - besondere Amtsgeheimnisse wie das Steuergeheimnis nicht als eigenständiger Ablehnungsgrund übernommen worden sind. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 8 IFG NRW) und von personenbezogenen Daten (§ 9 IFG NRW) deckt den Geltungsbereich des § 30 AO bezogen sowohl auf den Schutzgegenstand als auch auf die Schutzintensität nicht vollständig ab. Das gilt etwa für den Schutz steuerlicher Daten juristischer Personen, der von § 9 IFG NRW nicht gewährleistet ist. Auch sind die Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9 IFG NRW aufgrund der offener gefassten Abwägungsklauseln (§§ 8 Satz 3, 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW) leichter überwindbar als das Steuergeheimnis (vgl. etwa § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). § 6 Satz 1 Buchst. a IFG NRW, wonach die öffentliche Sicherheit, zu deren Schutzgütern die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung zählt, schließt diese Lücke nur, wenn § 30 AO zu den vorliegend zu beachtenden Rechtsnormen zählt.
84Gegen eine Berücksichtigung des Steuergeheimnisses als zwingend zu beachtende Grenze eines Anspruchs nach § 4 IFG NRW ist eingewandt worden, in Bezug auf einen informationsfreiheitsrechtlichen Anspruch seien die Informationsfreiheitsgesetze die spezielleren Gesetze. § 30 AO als allgemeine, fachgebietsunabhängige und generalklauselartige Regelung über den Umgang mit Steuerdaten trete demgegenüber als lex generalis zurück. Diese Regelung sei nur insoweit zu berücksichtigen, als dies im Rahmen der im Informationsfreiheitsgesetz NRW normierten Ablehnungsgründe möglich sei. Diese böten einen hinreichend effektiven, vergleichbaren Schutz.
85Vgl. Korn, DÖV 2012, 232, 238, sowie zum Bankgeheimnis OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 ‑ 15 A 1997/12 -, juris Rn. 78 ff., jeweils unter Berufung auf das Senatsurteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 65, 72.
86Diese Prämisse trifft - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - im Hinblick auf das Steuergeheimnis jedoch nicht uneingeschränkt zu. Der Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts, ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch des Insolvenzverwalters, der anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen will, werde vom Regelungsbereich der Abgabenordnung nicht umfasst,
87vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 970 = juris,
88dürfte sich im Ergebnis nicht auf das Steuergeheimnis als Ausschlussgrund erstrecken. Die bundesrechtliche Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses misst sich nach ihrer konkreten Ausgestaltung auch und gerade bei der Geltendmachung eines derartigen Informationsanspruchs Geltung bei. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 AO dürfen Verhältnisse, die Amtsträgern in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, offenbart werden, wenn dies der Durchführung eines derartigen Verfahrens dient. Danach soll das Steuergeheimnis - soweit nicht andere Offenbarungsbefugnisse bestehen - grundsätzlich gerade dann eingreifen, wenn mit einer Information über steuerliche Verhältnisse ein anderer, nicht steuerverfahrensbezogener Zweck verfolgt wird.
89Dass der Bundesgesetzgeber damit seine aus Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG folgende Gesetzgebungskompetenz überschritten hätte, ist nicht zu erkennen. Denn der Zweck des Steuergeheimnisses, der u. a. darin besteht, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen,
90vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 ‑ 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113 = juris Rn. 17,
91dürfte es rechtfertigen, diese Sachverhalte in der durch § 30 AO geregelten Weise gegen steuerverfahrensfremde Auskunftsansprüche abzusichern. Bei dieser Sichtweise ist der Landesgesetzgeber wegen des Vorrangs des Bundesrechts nicht befugt, über die Grenze des § 30 AO hinausreichende Auskunftsansprüche zu normieren. Für eine uneingeschränkte Verbindlichkeit des Steuergeheimnisses im vorliegenden Zusammenhang spricht nicht zuletzt, dass es sich bei diesem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um einen grundrechtlich geschützten Lebensbereich von hoher Bedeutung handelt.
92Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 ‑ 20 F 21.10 -, DVBl. 2011, 1092 = juris Rn. 12, m. w. N.
93Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil § 30 AO - wie im Folgenden dargelegt wird - jedenfalls nicht verletzt ist.
94b) Die begehrten Auszüge aus Steuerkonten unterfallen zunächst in sachlicher Hinsicht dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 1 und 2 AO. Es handelt sich um Verhältnisse eines anderen - hier der insolventen Beigeladenen -, die dem das Informationsersuchen bearbeitenden Amtsträger in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen oder aus einem der anderen in § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c AO bezeichneten Anlässe bekannt geworden sind. Ein „anderer“ kann dabei auch eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft sein, deren Verhältnisse ebenso nach § 30 Abs. 1 und 2 AO geschützt sind wie diejenigen natürlicher Personen.
95Vgl. Rüsken, in: Klein, Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014, § 30 Rn. 1; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 14.
96In seiner abgrenzenden Funktion ist das Merkmal „eines anderen“ dahin zu verstehen, dass es jede von dem Amtsträger verschiedene Person erfasst. Ein Verständnis dahingehend, dass damit zu dem Adressaten der Offenbarung abgegrenzt werden soll,
97unklar Rüsken, a. a. O., Rn. 44 ff.; sowie Drüen, a. a. O., Rn. 14, 16,
98liegt nach der sprachlichen Fassung des § 30 AO fern. Dass die Mitteilung steuerlicher Verhältnisse an den Betroffenen selbst mangels Geheimhaltungsbedürftigkeit unstreitig keine Verletzung des Steuergeheimnisses darstellt,
99vgl. etwa Drüen, a. a. O., Rn. 16,
100kann daher wohl nicht an diesem Merkmal festgemacht werden. Dies beruht vielmehr entweder auf einer teleologisch einschränkenden Auslegung des in § 30 Abs. 2 AO umschriebenen Gegenstands des Steuergeheimnisses oder aber auf einem erweiterten Verständnis des § 30 Abs. 4 Satz 3 AO, der in seinem primären Anwendungsbereich die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung an Dritte erfassen dürfte.
101Ebenso wie gegenüber demjenigen, um dessen steuerliche Verhältnisse es geht, sind die vorliegend begehrten Jahreskontoauszüge über die insolvente Beigeladene auch gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht geheimhaltungsbedürftig. Damit wird - anders als der Beklagte meint - keine ungeschriebene Durchbrechung des Steuergeheimnisses geschaffen, sondern lediglich die dem Steuergeheimnis von vornherein immanente Voraussetzung aktiviert, wonach es um steuerliche Daten anderer als des Betroffenen selbst gehen muss.
102Die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der hier betroffenen steuerlichen Unterlagen ist auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so dass er als nunmehr „Betroffener“ im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO das Finanzamt von der Beachtung des Steuergeheimnisses selbst entbinden kann. Für die - hier begehrte - Herausgabe steuerlicher Daten des Insolvenzschuldners an ihn selbst bedarf es einer solchen Entbindung ebensowenig wie wenn der Insolvenzschuldner diese beantragte.
103Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:
104Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO). Er hat zum einen als Vermögensverwalter der Insolvenzschuldnerin deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und ist insoweit einem gesetzlichen Vertreter gleichgestellt (§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO). Diese Pflicht ist hier allerdings - wie oben ausgeführt - nicht berührt, da der Kläger im Interesse der Masse und damit der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger tätig wird und nicht zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Beigeladenen. Der Insolvenzverwalter hat zum anderen aufgrund seiner Bestellung in Bezug auf die Insolvenzmasse ein Amt inne, kraft dessen er über die Insolvenzmasse verfügt. Insoweit ist er weder Organ der insolventen Gesellschaft noch vertritt er den Schuldner. Vielmehr ist er Inhaber eines privaten Amtes und als solcher Rechtspflegeorgan, dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2006 ‑ 6 C 21.05 ‑, NVwZ 2006, 599 = juris Rn. 8.
106Der Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter erstreckt sich auch auf Geschäftsgeheimnisse und steuerliche Daten, soweit dies für die ordnungsgemäße Verwaltung der Insolvenzmasse und die Insolvenzabwicklung erforderlich ist. Bei der gebotenen nicht rein steuerverfahrensinternen, sondern an der gesamten Rechtsordnung orientierten Betrachtung steht die zuvor dem Insolvenzschuldner zukommende materielle Dispositionsbefugnis über die begehrten Jahreskontoauszüge (jedenfalls) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter zu. Er hat gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 101 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein können. Die Informationserteilung ist für den Schuldner nicht vermeidbar, auch wenn ihm die zu erteilenden Informationen persönlich oder finanziell nachteilig sein können. Darüber hinaus hat er den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Mitwirkungspflicht umfasst die Verpflichtung, das Finanzamt vom Steuergeheimnis zu befreien.
107Vgl. Jungmann, in: K. Schmidt (Hrsg.), Insolvenzordnung, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23; Voß, in: Graf-Schlicker (Hrsg.), Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7.
108Im Rahmen von § 97 InsO entfällt der Schutz persönlicher Daten Dritter, soweit eine Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter für eine wirksame Durchsetzung der Gläubigerrechte erforderlich ist.
109Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 f.
110Über seine eigenen Verhältnisse muss der Schuldner nach § 97 Abs. 1 Satz 2 InsO (hier i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO) sogar Tatsachen offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Diese weitgehende Regelung zeigt, dass dem Schuldner selbst in Bezug auf höchstpersönliche Rechtspositionen mehr abverlangt wird, als dies außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Fall ist.
111Vgl. Gröner/Lang, Die höchstpersönlichen Rechte des Schuldners in der Insolvenz, in: Luxenburger/Birkenheier (Hrsg.), Opuscula honoraria für Egon Müller, Saarbrücken 2003, S. 90, 95 (im Internet abrufbar).
112Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung geht den Geheimhaltungsinteressen des Insolvenzschuldners danach grundsätzlich vor.
113Hieraus folgt die Berechtigung des Insolvenzverwalters, Finanzbehörden anstelle des Insolvenzschuldners die gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO erforderliche Zustimmung zu erteilen, anderen durch das Steuergeheimnis geschützte Kenntnisse zu offenbaren.
114Vgl. zutreffend Wimmer-Amend, in: Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2014, § 80 InsO Rn. 36.
115Insoweit geht die Verfügungsbefugnis über die steuerlichen Daten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über; aus demselben Grund steht auch einer Kenntnisnahme durch ihn selbst nichts entgegen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Kenntnisnahme im Interesse der Masse erforderlich ist.
116Vgl. Gröner/Lang, a. a. O., S. 96; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.; ähnlich Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29 zum Bankgeheimnis; ders., WM 2009, 241, 245 f.; Herchen, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, § 98 Rn. 22; siehe auch AG Duisburg, NZI 2000, 606; a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 108; FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37.
117Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Fallgestaltung grundsätzlich gegeben: Es liegt im Interesse der verwalteten Insolvenzmasse bzw. der Gesamtheit der Gläubiger, dass der Verwalter die Steuerkontoauszüge des Schuldners auf anfechtbare Zahlungen an das Finanzamt prüft und sich daraus ergebende Anfechtungsrechte ausübt.
118Dass das Verfügungsrecht über derartige auf die Insolvenzmasse bezogene Geheimnisse mit der Verfügungsbefugnis über das Vermögen selbst auf den Insolvenzverwalter übergeht, bestätigt auch die verwaltungsgerichtliche Praxis zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen insolventer Gesellschaften. Dies zeigt sich vor allem bei Akteneinsichtsbegehren Dritter in Unterlagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die bei der Aufsicht über die Geschäfte insolvent gewordener Gesellschaften angefallen sind. Dabei erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelmäßig keine Beiladung des insolventen Unternehmens. Die Befugnis, etwaige fortbestehende berechtigte Interessen des betroffenen Unternehmens an der Nichtverbreitung bestimmter Informationen geltend zu machen, erkennen die Verwaltungsgerichte vielmehr regelmäßig dem zum Verfahren beigeladenen Insolvenzverwalter zu.
119Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 2012 ‑ 20 F 3.12 -, juris Rn. 10 f., und vom 12. April 2013 - 20 F 6.12 -, juris Rn. 12; Hess. VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 27 F 1730/10 -, juris Rn. 7 ff.; Urteil vom 29. November 2013 ‑ 6 A 1426/13 -, ESVGH 64, 137 = juris Rn. 82; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 - 2 K 84.13 -, juris Rn. 28.
120Die Besorgnis, die Rechtsprechung des Senats führe dazu, dass das Steuergeheimnis entgegen allgemeiner Auffassung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren auch für den sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter i. S. v. § 22 Abs. 2 InsO nicht mehr gelte,
121vgl. Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1052; ders., ZInsO 2014, 2388, 2389,
122ist unbegründet. Der Senat hat den Übergang der Geheimnisherrschaft auf den Verwalter nicht allein mit dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO begründet, der gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO bereits dem - „starken“ wie „schwachen“ - vorläufigen Insolvenzverwalter zusteht. Entscheidend ist vielmehr der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter (§ 80 InsO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).
123So auch Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.
124Der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter bleibt danach darauf verwiesen, die Zustimmung des Insolvenzschuldners ggf. nach §§ 97 Abs. 2, 98 InsO oder im Klagewege durchzusetzen.
125Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2014 (AEAO, Nr. 4.5), wonach ein Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters nach einem einschlägigen Informationsfreiheitsgesetz zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO nur besteht, wenn der Schuldner zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Hieran ist der Senat mangels Rechtsnormqualität nicht gebunden. Gleiches gilt für andere Verwaltungsvorschriften, etwa Verfügungen der Oberfinanzdirektionen.
126Die vom Beklagten in diesem und zahlreichen weiteren Verfahren erhobenen Einwände gegen die obergerichtlich inzwischen als gefestigt anzusehende Rechtsprechung, wonach § 30 AO einer Offenbarung von Steuerkontoauszügen eines Insolvenzschuldners an dessen Insolvenzverwalter nicht entgegensteht,
127vgl. neben dem zitierten Senatsurteil: OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 12 ff.; OLG Rostock, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 U 6/14 -, NZI 2015, 627 = juris Rn. 25; sowie sämtliche dem Senat bekannten neueren Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte; zum Sozialgeheimnis vgl. auch OVGRh.-Pf., Urteile vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 31, und vom 23. April 2010 - 10 A 10091/10 -, ZIP 2010, 1091 = juris Rn. 30; Hamb. OVG, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z -, ZInsO 2012, 989 = juris Rn. 20; a. A. noch FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37,
128stellen jene ebenfalls nicht durchgreifend in Frage.
129Das Finanzamt wird weder mit unzumutbaren, „fachfremden“ Prüfungspflichten belastet, noch verletzt der unmittelbare Zugriff auf die beim Finanzamt vorliegenden Steuerunterlagen durch den Insolvenzverwalter hier Rechte der Insolvenzschuldnerin auf rechtliches Gehör. Die Insolvenzschuldnerin wurde vom Senat beigeladen und konnte sich äußern. Unabhängig davon spricht im vorliegenden Fall nichts dafür, dass die streitgegenständlichen Informationen über die steuerlichen Verhältnisse der Beigeladenen nicht insgesamt auch im Sinne von § 97InsO das Insolvenzverfahren betreffen. Die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO betrifft alle das Verfahren betreffenden rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse und ist grundsätzlich weit auszulegen.
130Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 =juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09 -, juris Rn. 9.
131Sie umfasst insbesondere auch Auskünfte zu vom Schuldner geleisteten Steuerzahlungen sowie entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen und erstreckt sich deshalb regelmäßig auf dessen Steuerkontoauszüge, ohne dass es einer aufwändigen Prüfung durch das Finanzamt bedarf. Deren Inhalt ist - wie der vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren beispielhaft vorgelegte Klartextauszug bestätigt - im Wesentlichen beschränkt auf die Dokumentation von Steuerrückständen sowie Zeitpunkt und Höhe der hierauf verwendeten Zahlungen. Zwar trifft der Hinweis des Beklagten zu, dass insolvenzfreies Vermögen nach wohl überwiegender Auffassung von der Auskunftspflicht nach § 97 InsO nicht umfasst ist.
132Vgl. Jungmann, in: Karsten Schmidt (Hrsg.),InsO, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 9; mit Einschränkungen auch Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7; a. A. Kayser, in: Kreft (Hrsg.), InsO, 5. Aufl. 2008, § 97 Rn. 11.
133Hierunter fallen vom Verwalter freigegebene Vermögensgegenstände, die es grundsätzlich auch bei juristischen Personen geben kann.
134Vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03 -, BGHZ 163, 32 = juris Rn. 5 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 = juris Rn. 16 ff.
135Insolvenzfreies Vermögen unterliegt definitionsgemäß nicht (mehr) der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters.
136Vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03 -, ZInsO 2006, 260 = juris Rn. 6 f. und 15; BFH, Urteil vom 13. April 2011 - II R 49/09 -, BFHE 234, 97 = juris Rn. 16.
137Der Kläger hat jedoch auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Beigeladene über kein insolvenzfreies Vermögen verfügt. Mangels jeden Anhaltspunkts für eine Betroffenheit eigener Rechte bedurfte es daher vorliegend nicht der - vorsorglich beschlossenen - Beiladung der Insolvenzschuldnerin.
138Unabhängig vom Streitfall weist der Senat darauf hin, dass bei Vorhandensein von insolvenzfreiem Vermögen Anträge von Insolvenzverwaltern auf Zugang zu Steuerkontoauszügen des Insolvenzschuldners in der Regel dahin auszulegen sein werden, dass sie sich nur auf die die Insolvenzmasse betreffenden Kontoauszüge beziehen. Eine Unterscheidung dürfte insoweit problemlos möglich sein, denn die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass nach Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse für diese gegebenenfalls eine neue Steuernummer angelegt werde.
139Soweit steuerliche Unterlagen - wovon nach dem unter 4. Ausgeführten hier nicht auszugehen ist - personenbezogene Daten Dritter enthalten, die im Einzelfall von dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO erfasst sind, liegt in der Herausgabe an den Insolvenzverwalter durch Amtsträger des Finanzamts nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Verletzung des Steuergeheimnisses. Die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO bezieht sich zwar nur auf das Vermögen der insolventen Gesellschaft. Ungeachtet dessen umfasst diese Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse akzessorisch aber auch derartige den Gesellschaftern oder Dritten zuzuordnende Daten, soweit der Insolvenzverwalter sie für eine sachgerechte Verwaltung der Insolvenzmasse und Wahrung der Gläubigerrechte kennen muss und er dies gegenüber der Finanzverwaltung dargelegt hat.
140Die vom Beklagten angeführte Gefahr einer Strafbarkeit seiner Amtsträger wegen Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 355 StGB vermag der Senat nach alledem nicht zu erkennen. Diese können sich auf einhellige obergerichtliche Rechtsprechung berufen, wonach die Herausgabe der Steuerkontoauszüge an den Insolvenzverwalter nicht „unbefugt“ i. S. v. § 30 Abs. 2 AO, § 355 Abs. 1 StGB ist.
141Die Entscheidung ist schließlich entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf jedweden Auskunftsanspruch -
142vgl. etwa BFH, Urteil vom 10. Februar 1987 ‑ VII R 77/84 -, BFHE 149, 387 = juris Rn. 17 -
143zu übertragen. Der Insolvenzverwalter ist nicht allein aufgrund des Auskunftsanspruchs nach § 97 InsO als verfügungsbefugt über die begehrten steuerlichen Daten anzusehen, sondern weil ihm darüber hinaus die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht (s. o.).
144Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat und sich insbesondere auch nicht dem mit einer Antragstellung verbundenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
145Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
146Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des § 30 AO grundsätzliche Bedeutung hat.
Tenor
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erste Absatz des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:
„Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Finanzamts L. vom 17. Dezember 2012 verpflichtet, gemäß dem Antrag des Klägers vom 3. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Beigeladene gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (in Form von Kopien) zu erteilen.“
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beigeladenen die Erteilung steuerlicher Auskünfte durch das Finanzamt L. (nachfolgend: Finanzamt).
3Über das Vermögen der Beigeladenen, der U.-T. GmbH & Co. KG, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 18. November 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter für die Insolvenzschuldnerin bestellt. Er beantragte am 3. Dezember 2012 beim Finanzamt, ihm gemäß § 4 Abs. 1 IFG NRW Kontoauszüge aller dort geführten Steuerarten betreffend die Insolvenzschuldnerin für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 zu übersenden. Dabei teilte er mit, er benötige die Information, um die wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuarbeiten.
4Mit Bescheid vom 17. Dezember 2012, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde und dem Kläger am 19. Dezember 2012 zugegangen ist, lehnte das Finanzamt die Übersendung der begehrten Informationen ab. Zur Begründung führte es aus, der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt. Ein Insolvenzverwalter habe keinen allgemeinen Auskunftsanspruch gegenüber der Finanzverwaltung. Da der geltend gemachte Auskunftsanspruch auch zur Vorbereitung eines möglichen Anfechtungsprozesses dienen könnte, handele er nicht ausschließlich in seiner Eigenschaft als steuerlicher Berater und Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO, sondern um die Insolvenzmasse anzureichern. Insofern sei er im vorliegenden Verfahren Dritter im Sinne von § 30 AO, so dass die Offenbarung der Verhältnisse des Insolvenzschuldners ohne eine entsprechende Befugnis das Steuergeheimnis verletzen würde. An einer solchen Befugnis fehle es hier. Die Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor. Sie könne auch weder durch die Zustimmung des Insolvenzverwalters noch durch dessen Auskunftsanspruch gegen den Insolvenzschuldner aus § 97 InsO ersetzt werden.
5Der Kläger hat am 21. Januar 2013 Klage erhoben. Er hat sich zur Begründung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 - bezogen. Danach werde der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW vorliegend nicht durch andere Auskunftsregelungen im Sinne des § 4 Abs. 2 IFG NRW ausgeschlossen. Auch der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greife nicht ein. Weder habe ihm das Finanzamt die begehrten Informationen bereits zur Verfügung gestellt, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Das Steuergeheimnis stehe der Auskunftserteilung nicht entgegen. Der Kläger sei als Insolvenzverwalter in Bezug auf § 30 AO kein Dritter, gegenüber dem die steuerlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin der Geheimhaltung bedürften. Mit dem Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter gehe eine Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Insolvenzschuldnerin einher, das - wie § 97 InsO klarstelle - ebenfalls auf den Insolvenzverwalter übergehe.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids des Finanzamts L. vom 17. Dezember 2012, Az. 217/5862/0864 XXV, gemäß dem Antrag des Klägers vom 3. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin (U.-T. GmbH & Co KG (AG Köln HRA 28080), ‑ AG Köln, 75 IN 475/11 -) gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 (in Form von Kopien) zu erteilen,
8hilfsweise festzustellen, dass durch den Bescheid des Finanzamts L. vom 17. Dezember 2012, Az. 217/5862/0864 XXV, kein Rechtsverhältnis begründet wurde, und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger gemäß dem Antrag vom 3. Dezember 2012 Auskunft über die bei dem Finanzamt L. in Bezug auf die Insolvenzschuldnerin (U.-T. GmbH & Co KG (AG Köln HRA 28080), - AG Köln, 75 IN 475/11 -) gespeicherten Informationen durch Herausgabe von Jahreskontenauszügen aller bei dem Finanzamt L. geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis einschließlich 2011 (in Form von Kopien) zu gewähren.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat geltend gemacht, der Anspruch sei nach § 5 Abs. 4 IFG NRW ausgeschlossen. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm die begehrten Unterlagen nicht vorliegen. Dem Auskunftsbegehren stehe auch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. § 30 AO sei nicht im Rahmen von § 9 IFG NRW zu prüfen, sondern gehe als bundesrechtliche Regelung im Sinne des Art. 31 GG den Regelungen der § 6 ff. IFG NRW vor. Die Offenbarungsgründe hinsichtlich vom Steuergeheimnis erfasster Daten seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Keiner dieser Ausnahmetatbestände liege hier vor. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass aufgrund des Anspruchs des Insolvenzverwalters gegen den Insolvenzschuldner aus § 97 InsO eine Offenbarungsbefugnis der Finanzverwaltung gegenüber dem Insolvenzverwalter bestehe. Dies sei jedoch zweifelhaft und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Jedenfalls stehe § 9 Abs. 1 IFG NRW der Auskunftserteilung entgegen, da das Begehren auch personenbezogene Daten Dritter, z. B. der Gesellschafter, betreffe.
12Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. April 2014 stattgegeben. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch sei nach § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Abgabenordnung keine bereichsspezifische Sonderregelung des Informationszugangs enthalte, die den Informationsanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausschließe. Die begehrten Informationen seien dem Kläger weder bereits zur Verfügung gestellt worden, noch könne er sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (§ 5 Abs. 4 IFG NRW). Dem Informationsanspruch stehe auch nicht das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO entgegen. Die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht, so dass das Steuergeheimnis insoweit nicht berührt werde. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein könnten. Der Informationsanspruch sei auch nicht nach § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen, da Gegenstand des Auskunftsverlangens keine personenbezogenen Daten seien. Jedenfalls seien derartige Informationen dem Insolvenzverwalter gegenüber von vornherein nicht geheimhaltungsbedürftig.
13Mit Beschlüssen vom 25. Juni 2015 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil zugelassen und die Insolvenzschuldnerin zum Verfahren beigeladen. Dem Geschäftsführer der Beigeladenen wurde Gelegenheit gegeben, zum Klagebegehren Stellung zu nehmen.
14Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, dem begehrten Informationszugang nach § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen. Aus der Rechtsprechung des Senats und aus kompetenzrechtlichen Erwägungen (vgl. Art. 31 GG) folge, dass § 30 AO als bundesrechtliche Vorschrift über die Begrenzung des Zugangs zu amtlichen Informationen auch gegenüber Ansprüchen aus § 4 Abs. 1 IFG NRW einen eigenständigen Ausschlussgrund darstelle. Zumindest stehe die Vorschrift einem Informationsanspruch über § 6 Buchst. a Var. 5 IFG NRW entgegen, weil ein das Steuergeheimnis verletzender Informationszugang die öffentliche Sicherheit in Gestalt der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung beeinträchtige.
15Ausgehend davon schließe § 30 AO die Erteilung der begehrten Informationen hier aus. Diese unterfielen dem Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 1 und 2 AO. Entgegen der Rechtsprechung des Senats könne eine Verletzung des § 30 AO nicht mit der Begründung verneint werden, die begehrten Informationen seien dem Insolvenzverwalter gegenüber nicht geheimhaltungsbedürftig, weil der Schuldner dem Insolvenzverwalter nach § 97 InsO alle ihm möglichen Auskünfte über von ihm gezahlte Steuern erteilen müsse. Der Schutz des Steuergeheimnisses stehe nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt einer Geheimhaltungsbedürftigkeit. Dies belege schon § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO, der bei Zustimmung des Betroffenen - dem Paradefall einer fehlenden Geheimhaltungsbedürftigkeit - eine ausdrückliche Durchbrechung des Steuergeheimnisses vorsehe. Die Voraussetzungen, unter denen steuerliche Informationen offenbart werden dürfen, seien in § 30 Abs. 4 bis 6 AO abschließend geregelt. Eine Offenbarungsbefugnis sei danach nicht gegeben. Das streitgegenständliche Informationszugangsbegehren diene nicht der Erfüllung steuerlicher Pflichten der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, sondern der Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Insoweit handele der Kläger nicht als Beteiligter eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens. Die Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Betroffener in diesem Sinne sei die Beigeladene, nicht der Kläger. Der klagende Insolvenzverwalter werde weder als steuerlicher Vertreter der Insolvenzschuldnerin noch in Wahrnehmung ihrer Interessen tätig. Das IFG NRW sei auch kein Gesetz im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, das die Offenbarung ausdrücklich zulasse. Es befreie nur von der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, nicht aber von besonderen Geheimhaltungsvorschriften. Auch die §§ 80 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 InsO seien keine solchen Gesetze.
16Ein Anspruch auf die begehrten Informationen gegen einen Dritten zähle nicht zu den gesetzlich geregelten Offenbarungsvoraussetzungen. Würden vom Schutzbereich des Steuergeheimnisses solche Informationen ausgenommen, hinsichtlich derer dem Anspruchsteller ein gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Auskunftsanspruch zustehe, wären damit weitreichende Rechtsunsicherheiten und eine erhebliche Relativierung des Steuergeheimnisses verbunden. Der Finanzverwaltung würde die von ihr kaum zu bewältigende Aufgabe übertragen, in zahlreichen Einzelfällen und ohne ein entsprechendes Aufklärungsinstrumentarium über das Bestehen und die Reichweite verschiedener gesetzlicher Auskunftsansprüche im Verhältnis Dritter zueinander zu entscheiden. Auch ein Umkehrschluss aus § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO bestätige, dass drittgerichtete Auskunftsansprüche keine Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigten. Danach reiche es nicht aus, dass der Anspruchsteller die Zustimmung des Betroffenen erzwingen könnte. Vielmehr müsse die Zustimmung zuvor im dafür vorgesehenen Verfahren - hier nach § 98 InsO - durchgesetzt werden. Es stehe nicht fest, dass die jeweils in Rede stehenden Informationen stets auch i. S. v. § 97 InsO das Insolvenzverfahren beträfen. Dies sei etwa bei Informationen zu verneinen, die das insolvenzfreie Vermögen beträfen. Im kontradiktorischen Verfahren nach § 98 InsO, das für die zwangsweise Durchsetzung der geschuldeten Auskünfte und Mitwirkungshandlungen vorgesehen sei, werde dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt. Werde dem Anspruch nach § 97 InsO demgegenüber im Rahmen eines Informationsantrags des Insolvenzschuldners an das Finanzamt Rechnung getragen, würden die Rechte des Betroffenen in unzulässiger Weise verkürzt. Zugleich würde den Amtsträgern der Finanzverwaltung ein erhebliches Strafbarkeitsrisiko aufgebürdet, da die unbefugte Offenbarung eines Steuergeheimnisses nach § 355 StGB strafbar sei. Die vom Senat vorgenommene Beiladung ändere nichts daran, dass die Beteiligung des Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht gesichert sei. Der Schutzzweck des § 97 InsO bliebe auch ohne einen unmittelbaren Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt gewahrt. Das gelte selbst dann, wenn der Insolvenzschuldner bzw. dessen Geschäftsführer nicht greifbar sei. Bei juristischen Personen könne analog § 29 BGB ein Notgeschäftsführer bzw. Notvorstand bestellt werden. Klagen und Beschlüsse könnten im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden.
17Der Beklagte beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. April 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
19Der Kläger beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. In der mündlichen Verhandlung hat sein Prozessbevollmächtigter klargestellt, dass sich der geltend gemachte Auskunftsanspruch nur auf Informationen bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehe.
22Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 24. November 2015 verwiesen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn diese ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
26Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Neufassung des Tenors trägt lediglich der begrenzten zeitlichen Reichweite des geltend gemachten Informationsanspruchs Rechnung, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist.
27Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist vom Senat nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG). Im Übrigen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Einsicht in die den Schuldner betreffenden steuerlichen Unterlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes von der abdrängenden Sonderzuweisung in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO nicht erfasst wird und deshalb im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen ist.
28Vgl. zu § 4 des früheren Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes: BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris; BFH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris.
29Die Klage ist begründet. Der Bescheid des Finanzamts L. vom 17. Dezember 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der begehrten steuerlichen Auskünfte zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30Der Anspruch folgt aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW -) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806) in der Fassung vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) (1.). Der Anspruch ist nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen (2.). Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein (3.). Dem Anspruch stehen auch weder der Schutz personenbezogener Daten gemäß § 9 IFG NRW (4.) noch das Steuergeheimnis nach § 30 AO entgegen (5.).
311. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 IFG NRW sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Der Kläger ist auch in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter eine natürliche Person und somit anspruchsberechtigt.
32OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542 = juris, zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (Bund); Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 22 f. m. w. N.; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 20, zu § 4 Abs. 1 Satz 1 InfFrG RP; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 6 f.; siehe auch § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO.
33Als untere Landesbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Landesorganisationsgesetz - LOG NRW - ist das Finanzamt Behörde im Sinne des § 2 Abs. 1 IFG NRW und daher Anspruchsgegner (vgl. auch §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 2 Finanzverwaltungsgesetz - FVG -).
34Die begehrten Informationen - Jahreskontoauszüge aller bei dem Finanzamt geführten Steuerarten für die Veranlagungszeiträume von 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens - hat das Finanzamt unstreitig im dienstlichen Zusammenhang erlangt (vgl. § 3 IFG NRW). Der konkret gestellte Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 IFG NRW.
352. Der Anspruch ist nicht durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen. Danach treten die Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen zurück, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen. Darunter sind bereichsspezifische Gesetze des Bundes oder des Landes zu verstehen, die einen Informationsanspruch regeln.
36Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 11.
37Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, sind nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen, die denselben Sachverhalt abschließend - sei es identisch, sei es abweichend - regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist.
38Wenn spezialgesetzliche Regelungen für einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb im Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung.
39Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 29 ff. m. w. N.
40In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat in seinem grundlegenden Urteil vom 15. Juni 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Informationsanspruch der vorliegend geltend gemachten Art nicht durch besondere Rechtsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW ausgeschlossen ist. Die insolvenzrechtlichen bzw. auf das Insolvenzverfahren bezogenen Vorschriften über Auskunftsansprüche nach §§ 97, 101 InsO bzw. § 242 BGB weisen keinen mit dem Informationsfreiheitsgesetz NRW identischen sachlichen Regelungsgegenstand auf. Sie sind in Bezug auf Auskunftsansprüche des Insolvenzverwalters deshalb auch nicht abschließend.
41Vgl. näher OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 34 f.; Beschluss vom 28. Juli 2008 - 8 A 1548/07 -, ZIP 2008, 1542, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Mai 2010 - 7 B 28.10 -, juris Rn. 7, vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, ZIP 2011, 41 = juris Rn. 8.
42Der Anspruch ist auch nicht durch die „absichtsvolle Nichtregelung“ eines Akteneinsichtsrechts für das steuerliche Verwaltungsverfahren in der Abgabenordnung ausgeschlossen. Selbst wenn trotz zwischenzeitlichen Inkrafttretens der verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze der Länder und insbesondere nach Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vom 5. September 2005 (BGBl. I, S. 2722) bis heute von einem absichtsvollen Regelungsverzicht der Abgabenordnung mit Sperrwirkung für einen Informationsfreiheitsanspruch auszugehen wäre, würde diese „Nichtregelung“ jedenfalls den Informationsanspruch eines Insolvenzverwalters zum Zweck der Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbeständen nicht ausschließen. Die - unterstellte - „absichtsvolle Nichtregelung“ der Abgabenordnung auf der einen Seite und der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters zum Zwecke der Anfechtung auf der anderen Seite erfassen unterschiedliche Personengruppen bzw. Rechtsverhältnisse; ein Informationsanspruch würde dem Schutzzweck der Spezialregelung nicht grundsätzlich zuwider laufen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 56 ff.; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 8 ff.
44Der Gesetzgeber hat sich beim Erlass der Abgabenordnung nur mit der Frage befasst (und diese verneint), ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll.
45Vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 f.
46Beteiligter in diesem Sinne ist der Steuerpflichtige oder sein steuerlicher Vertreter (vgl. §§ 78 Nr. 1, 359 AO). Verlangt jedoch ein Insolvenzverwalter - wie hier der Kläger - Auskünfte, um anfechtbare Zahlungen auf Steuerschulden zu ermitteln, handelt er nicht gemäß §§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO, 155 Abs. 1 InsO in Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners und um dessen Rechte zu wahren. Er ist vielmehr im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger tätig, zu deren Gunsten Zahlungen des Insolvenzschuldners im Wege der Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO zur Insolvenzmasse gezogen werden sollen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Finanzamt.
47OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 63 f., sowie nachgehend BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 9, jeweils unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 58/06 -, ZIP 2009, 1823 = juris Rn. 9, und BFH, Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 201/10 -, ZIP 2011, 1376 = juris Rn. 13.
48Informationsansprüche mit der vorgenannten Zielrichtung kann der Kläger als Insolvenzverwalter auf das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen stützen.
49An dieser - höchstrichterlich bestätigten - Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der hiergegen vereinzelt erhobenen Kritik,
50vgl. etwa Nitschke, DÖV 2014, 1049 ff.; Bartone, jurisPR-SteuerR 13/2012 Anm. 4, C. IV.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 92; anders auch FG Rh.-Pf., Urteil vom 15. Juni 2011 - 1 K 1776/10 -, juris Rn. 15 ff.,
51fest. Unter anderem ist eingewandt worden, dass es sich bei der Erteilung einer derartigen Auskunft aus der Perspektive des Finanzamts um ein Tätigwerden in einem laufenden Steuerverfahren handele, da sich das Insolvenzverfahren für dieses als Teil des Vollstreckungsverfahrens der Abgabenordnung darstelle.
52Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1050; ders., ZInsO 2014, 2388 f.; Bartone, a. a. O.; siehe auch OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 873 = juris Rn. 42; a. A. - kein laufendes Steuerverfahren -: OVG Berlin-Bbg., Beschlüsse vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 4 f., und vom 4. September 2014 - OVG 12 N 84.13 -, NVwZ-RR 2015, 10 = juris, jeweils zu § 2 Abs. 4 des brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes - AIG.
53Auf diese Frage kommt es nach dem nordrhein-westfälischen Recht jedoch nicht an. Die Zuordnung des Gegenstands der Auskunft zu einem laufenden Steuerverfahren hindert nicht daran, bei der Beantwortung der hier allein entscheidenden Frage, inwieweit die Abgabenordnung (möglicherweise) eine abschließende Regelung darstellt, maßgeblich auf die Zielrichtung des Auskunftsbegehrens und die verfahrensrechtliche Stellung des Antragstellers als (insoweit) Nichtbeteiligter abzustellen. Ob die Abgabenordnung in Bezug auf Anträge Beteiligter in einem laufenden Besteuerungsverfahren Sperrwirkung entfaltet,
54dazu vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 41 f.,
55ist hier somit nicht entscheidungserheblich.
56Von den dargelegten Grundsätzen geht im Ergebnis inzwischen auch der Bundesfinanzhof aus. Er hat sich in dem Streit um die Rechtswegfrage mit Beschluss vom 8. Januar 2013 - VII ER-S 1/12 -, juris, der Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen, wonach ein Anspruch wie der hier geltend gemachte weder im Steuerrechtsverhältnis des Insolvenzschuldners wurzelt noch sonst maßgeblich abgabenrechtlich geprägt ist.
57Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 B 2.12 -, NZI 2012, 1020 = juris Rn. 3 ff.; ebenso FG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2012 - 15 K 874/10 AO -, BeckRS 2012, 95547.
58Entgegen der Auffassung von Nitschke (a. a. O.) ergibt sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. März 2013 - II R 17/11 - nichts anderes; dieses bestätigt vielmehr die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Danach hat eine Auskunft, die der Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrt, einen hinreichenden Bezug zum Steuerrechtsverhältnis nur dann, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten oder mit der Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen benötigt wird. An einer solchen Verwurzelung der Auskunft im Steuerrechtsverhältnis fehlt es hingegen, wenn sie allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden begehrt wird.
59Vgl. BFH, Urteil vom 19. März 2013 - II R 17/11 -, BFHE 240, 497 = juris Rn. 13-22.
60Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof ungeachtet dessen gelangt, dass sich das Begehren aus der Perspektive des Finanzamts auf ein laufendes Verfahren in Steuersachen beziehen mag. Seine Entscheidung ist auch nicht dahin zu verstehen, dass das Begehren des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Speicherkontenauszugs selbst dann von § 34 Abs. 3 AO erfasst wäre, wenn damit erkennbar allein die Ermittlung anfechtbarer Zahlungen bezweckt wird.
61So aber Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1051, unter Bezugnahme auf Rn. 14 des Urteils.
62Der allgemeinen Aussage, wonach dem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 InsO i. V. m. § 34 Abs. 3 und 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (Steuerpflichtigen) zu erfüllen hat, das Recht zustehe, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, lässt sich dies nicht entnehmen. Hierbei war noch nicht vorausgesetzt, dass das Auskunftsbegehren - wie später festgestellt - im entschiedenen Fall allein der Ermittlung von Insolvenzanfechtungsgründen diente. Dass Insolvenzverwalter auf Auskünfte mit dieser Zielrichtung nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (bei Fehlen eines einschlägigen Informationsfreiheitsgesetzes) keinen Anspruch haben, kann damit nicht auf einen bewussten Ausschluss in der Abgabenordnung zurückgeführt werden.
63Im Übrigen bestätigt auch die in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz, dass der Gesetzgeber der Abgabenordnung nicht jegliches Informationszugangsrecht zu den bei der Finanzverwaltung vorhandenen (Steuer-)Akten ausschließen wollte. Die Abgabenordnung wurde auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG erlassen, der den Bundesgesetzgeber u. a. ermächtigt, das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren zu regeln. Zum Verfahren in diesem Sinne zählt indessen der voraussetzungslose und unabhängig von einem anhängigen Verwaltungsverfahren bestehende, eigenständige Anspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder nicht. Eine Sperrwirkung kommt den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung folglich jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu.
64BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 1268 = juris Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 15. Oktober 2007 - 7 B 9.07 - NWVBl. 2008, 59 = juris Rn. 9 sowie Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, DVBl. 2012, 176 = juris Rn. 17; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 91 AO Rn. 28 f.; Schmittmann, NZI 2013, 709; Winterfeld, NVwZ 2013, 816; Schl.-H. OVG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, NVwZ 2013, 810 = juris Rn. 42 (Sperrwirkung - nur - für Anträge Beteiligter in einem laufenden Steuerverfahren); a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 Rn. 92, sowie der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt, vgl. OVG LSA, Urteil vom 23. April 2014 - 3 L 319/13 -, NVwZ-RR 2015, 3 = juris Rn. 50.
65Auch das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO geht einem Informationszugangsanspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 IFG NRW nicht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW vor. Das folgt bereits daraus, dass § 30 AO nicht den Zugang zu amtlichen Informationen regelt, sondern dessen Begrenzung. Er ist deshalb erst auf der Ebene der Ausschlussgründe von Bedeutung (dazu S. u.).
66Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 70 ff., m. w. N.; für das Bankgeheimnis: OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 55 ff.
673. Der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 IFG NRW greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn die Information dem Antragsteller bereits zur Verfügung gestellt worden ist oder wenn sich der Antragsteller die Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die erste Alternative regelt ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass die Information bereits - ggf. auch durch eine andere Behörde - zur Verfügung gestellt worden ist.
68Vgl. LT-Drs. 13/1311, S. 12.
69Damit ist zwar in erster Linie gemeint, dass die öffentliche Stelle, bei der der Antrag auf Information gestellt worden ist, oder eine andere öffentliche Stelle dem Antragsteller den Zugang zu den begehrten Informationen schon einmal zuvor gewährt hat. Die Regelung dürfte aber - zumindest analog - auch dann anwendbar sein, wenn der Antragsteller aus anderen Gründen tatsächlich bereits über die Informationen verfügt. Das folgt aus ihrem Sinn und Zweck, unnötigen Aufwand für die öffentlichen Stellen zu vermeiden.
70Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 5 Rn. 649; OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 - 15 A 1997/12 -, juris Rn. 134.
71Dabei ist es grundsätzlich allerdings nicht Aufgabe des Antragstellers darzulegen, dass er über die begehrten Informationen nicht bereits verfügt. Vielmehr handelt es sich um einen Ablehnungsgrund, für dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Darlegungs- und Beweislast trägt, der sich darauf beruft, mithin der Beklagte. Eine Verschiebung der Darlegungslast auf den Antragsteller kommt allenfalls dann in Betracht, wenn konkrete, über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits vollständig verfügt.
72Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 8 E 532/14 -, ZIP 2015, 1943 = juris Rn. 9.
73Hiervon ausgehend steht § 5 Abs. 4 IFG NRW dem Informationsbegehren nicht entgegen. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (Abdruck S. 6, vorletzter Absatz), denen der Beklagte im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist.
744. Der Anspruch ist nicht wegen des Schutzes personenbezogener Daten gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen. Personenbezogene Daten sind nach der auch hier anwendbaren Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.
75Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 9 Rn. 954, 957, OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 93 ff.
76Das Auskunftsverlangen des Klägers ist nicht auf derartige personenbezogene Daten gerichtet, sondern auf Angaben über Kontostände bzw. Zahlungen einer rechtsfähigen Personengesellschaft - der Beigeladenen - an den Beklagten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass damit eine Zuordnung zu bestimmten natürlichen Personen verbunden wäre, sind weder substantiiert geltend gemacht noch sonst erkennbar. Im erstinstanzlichen Verfahren ist lediglich pauschal behauptet worden, von dem Auskunftsbegehren seien vorliegend auch Verhältnisse Dritter betroffen. Beispielhaft sind in diesem Zusammenhang die Offenlegung von Drittschuldnern sowie Sonderbetriebseinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafter angesprochen worden (Klageerwiderung S. 5). In der Berufungsbegründung haben die Vertreter des Beklagten diesen Vortrag jedoch weder fallbezogen konkretisiert noch überhaupt wieder aufgegriffen; auf Nachfrage des Senats ist in der mündlichen Verhandlung im Gegenteil klargestellt worden, dass Angaben zum Sonderbetriebsvermögen bzw. zu Sonderbetriebsausgaben und ‑einnahmen der Gesellschafter in Steuerkontoauszügen der Personengesellschaft unmittelbar nicht vorhanden sind.
77Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass derartige Angaben zu natürlichen Personen innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft dem Insolvenzverwalter gegenüber keinen Schutz genießen, soweit er darlegen kann, dass er diese Angaben für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Insolvenzverfahrens mit namentlicher Zuordnung kennen muss. Der Insolvenzschuldner ist dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse auskunftspflichtig (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Auskunftspflicht kann sich im Einzelfall auf die den Gesellschaftern oder dritten Personen zuzuordnenden Daten erstrecken. Soweit der Insolvenzverwalter dies dargelegt hat, ist ihm der Informationszugang regelmäßig nach § 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW auch zu den personenbezogenen Daten zu gewähren. Überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen stehen dem nicht entgegen. Die Mitteilung personenbezogener Angaben Dritter an den Insolvenzverwalter stellt nur eine geringfügige Beeinträchtigung ihrer Rechte dar. Gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter dürfen die ihnen zugänglich gemachten Daten nur verwerten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen im Insolvenzverfahren obliegenden Aufgaben notwendig ist. Das Insolvenzgericht stellt bei der Auswahl des Insolvenzverwalters hohe persönliche Anforderungen, zu denen nicht nur ihre fachliche Qualifikation, sondern auch ihre Integrität gehört. Dies bietet eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aus dem Insolvenzverfahren bekannt werdenden Informationen tatsächlich einer vertraulichen Behandlung unterliegen.
78Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 - IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 ff., 22.
79Fehlt es an entsprechenden Darlegungen des Insolvenzverwalters, ist zu prüfen, ob dem Antrag auf Informationszugang nach Abtrennung oder Schwärzung der personenbezogenen Daten stattgegeben werden kann; andernfalls ist die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (§ 10 Abs. 1 IFG NRW).
805. Entgegen der Auffassung des Beklagten werden die Bediensteten des Finanzamts durch die Verpflichtung zur Herausgabe der Jahreskontoauszüge an den Kläger auch nicht gezwungen, das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO zu verletzen. Der Senat hat im Urteil vom 15. Juni 2011 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung ausgeführt, das Steuergeheimnis werde nicht berührt; denn die in der Akte der Insolvenzschuldnerin enthaltenen Informationen unterlägen zumindest dem Insolvenzverwalter gegenüber keiner Geheimhaltungspflicht.
81OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 99.
82Hieran ist auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände festzuhalten. Es kann offen bleiben, ob § 30 AO vorliegend - ggf. i. V. m. § 6 Abs. 1 Buchst. a IFG NRW - als zwingende Anspruchsgrenze zu berücksichtigen ist (dazu a). Die begehrten Kontoauszüge unterfallen in sachlicher Hinsicht zwar dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses. Sie unterliegen gegenüber dem Insolvenzverwalter aber nicht der Geheimhaltung (dazu b).
83a) Ob § 30 AO einem Informationsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW überhaupt entgegengehalten werden kann, muss nicht abschließend entschieden werden.
84Dieser Frage kann im Geltungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen allerdings Bedeutung zukommen, weil hier - anders als durch § 3 Nr. 4 IFG Bund - besondere Amtsgeheimnisse wie das Steuergeheimnis nicht als eigenständiger Ablehnungsgrund übernommen worden sind. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 8 IFG NRW) und von personenbezogenen Daten (§ 9 IFG NRW) deckt den Geltungsbereich des § 30 AO bezogen sowohl auf den Schutzgegenstand als auch auf die Schutzintensität nicht vollständig ab. Das gilt etwa für den Schutz steuerlicher Daten juristischer Personen, der von § 9 IFG NRW nicht gewährleistet ist. Auch sind die Ablehnungsgründe nach §§ 8, 9 IFG NRW aufgrund der offener gefassten Abwägungsklauseln (§§ 8 Satz 3, 9 Abs. 1 Buchst. e IFG NRW) leichter überwindbar als das Steuergeheimnis (vgl. etwa § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). § 6 Satz 1 Buchst. a IFG NRW, wonach die öffentliche Sicherheit, zu deren Schutzgütern die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung zählt, schließt diese Lücke nur, wenn § 30 AO zu den vorliegend zu beachtenden Rechtsnormen zählt.
85Gegen eine Berücksichtigung des Steuergeheimnisses als zwingend zu beachtende Grenze eines Anspruchs nach § 4 IFG NRW ist eingewandt worden, in Bezug auf einen informationsfreiheitsrechtlichen Anspruch seien die Informationsfreiheitsgesetze die spezielleren Gesetze. § 30 AO als allgemeine, fachgebietsunabhängige und generalklauselartige Regelung über den Umgang mit Steuerdaten trete demgegenüber als lex generalis zurück. Diese Regelung sei nur insoweit zu berücksichtigen, als dies im Rahmen der im Informationsfreiheitsgesetz NRW normierten Ablehnungsgründe möglich sei. Diese böten einen hinreichend effektiven, vergleichbaren Schutz.
86Vgl. Korn, DÖV 2012, 232, 238, sowie zum Bankgeheimnis OVG NRW, Urteil vom 2. Juni 2015 ‑ 15 A 1997/12 -, juris Rn. 78 ff., jeweils unter Berufung auf das Senatsurteil vom 15. Juni 2011 ‑ 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 65, 72.
87Diese Prämisse trifft - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - im Hinblick auf das Steuergeheimnis jedoch nicht uneingeschränkt zu. Der Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts, ein gegenüber dem Finanzamt geltend gemachter Informationsanspruch des Insolvenzverwalters, der anschließend einen Anfechtungsanspruch durchsetzen will, werde vom Regelungsbereich der Abgabenordnung nicht umfasst,
88vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53.11 -, DVBl. 2012, 970 = juris,
89dürfte sich im Ergebnis nicht auf das Steuergeheimnis als Ausschlussgrund erstrecken. Die bundesrechtliche Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses misst sich nach ihrer konkreten Ausgestaltung auch und gerade bei der Geltendmachung eines derartigen Informationsanspruchs Geltung bei. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. Abs. 4 Nr. 1 AO dürfen Verhältnisse, die Amtsträgern in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, offenbart werden, wenn dies der Durchführung eines derartigen Verfahrens dient. Danach soll das Steuergeheimnis - soweit nicht andere Offenbarungsbefugnisse bestehen - grundsätzlich gerade dann eingreifen, wenn mit einer Information über steuerliche Verhältnisse ein anderer, nicht steuerverfahrensbezogener Zweck verfolgt wird.
90Dass der Bundesgesetzgeber damit seine aus Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG folgende Gesetzgebungskompetenz überschritten hätte, ist nicht zu erkennen. Denn der Zweck des Steuergeheimnisses, der u. a. darin besteht, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte zu fördern, um eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen,
91vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 ‑ 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113 = juris Rn. 17,
92dürfte es rechtfertigen, diese Sachverhalte in der durch § 30 AO geregelten Weise gegen steuerverfahrensfremde Auskunftsansprüche abzusichern. Bei dieser Sichtweise ist der Landesgesetzgeber wegen des Vorrangs des Bundesrechts nicht befugt, über die Grenze des § 30 AO hinausreichende Auskunftsansprüche zu normieren. Für eine uneingeschränkte Verbindlichkeit des Steuergeheimnisses im vorliegenden Zusammenhang spricht nicht zuletzt, dass es sich bei diesem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um einen grundrechtlich geschützten Lebensbereich von hoher Bedeutung handelt.
93Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 ‑ 20 F 21.10 -, DVBl. 2011, 1092 = juris Rn. 12, m. w. N.
94Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil § 30 AO - wie im folgenden dargelegt wird - jedenfalls nicht verletzt ist.
95b) Die begehrten Auszüge aus Steuerkonten unterfallen zunächst in sachlicher Hinsicht dem Schutzbereich des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 1 und 2 AO. Es handelt sich um Verhältnisse eines anderen - hier der insolventen Beigeladenen -, die dem das Informationsersuchen bearbeitenden Amtsträger in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen oder aus einem der anderen in § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c AO bezeichneten Anlässe bekannt geworden sind. Ein „anderer“ kann dabei auch eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft sein, deren Verhältnisse ebenso nach § 30 Abs. 1 und 2 AO geschützt sind wie diejenigen natürlicher Personen.
96Vgl. Rüsken, in: Klein, Abgabenordnung, 12. Aufl. 2014, § 30 Rn. 1; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 14.
97In seiner abgrenzenden Funktion ist das Merkmal „eines anderen“ dahin zu verstehen, dass es jede von dem Amtsträger verschiedene Person erfasst. Ein Verständnis dahingehend, dass damit zu dem Adressaten der Offenbarung abgegrenzt werden soll,
98unklar Rüsken, a. a. O., Rn. 44 ff.; sowie Drüen, a. a. O., Rn. 14, 16,
99liegt nach der sprachlichen Fassung des § 30 AO fern. Dass die Mitteilung steuerlicher Verhältnisse an den Betroffenen selbst mangels Geheimhaltungsbedürftigkeit unstreitig keine Verletzung des Steuergeheimnisses darstellt,
100vgl. etwa Drüen, a. a. O., Rn. 16,
101kann daher wohl nicht an diesem Merkmal festgemacht werden. Dies beruht vielmehr entweder auf einer teleologisch einschränkenden Auslegung des in § 30 Abs. 2 AO umschriebenen Gegenstands des Steuergeheimnisses oder aber auf einem erweiterten Verständnis des § 30 Abs. 4 Satz 3 AO, der in seinem primären Anwendungsbereich die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung an Dritte erfassen dürfte.
102Ebenso wie gegenüber demjenigen, um dessen steuerliche Verhältnisse es geht, sind die vorliegend begehrten Jahreskontoauszüge über die insolvente Beigeladene auch gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht geheimhaltungsbedürftig. Damit wird - anders als der Beklagte meint - keine ungeschriebene Durchbrechung des Steuergeheimnisses geschaffen, sondern lediglich die dem Steuergeheimnis von vornherein immanente Voraussetzung aktiviert, wonach es um steuerliche Daten anderer als des Betroffenen selbst gehen muss.
103Die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der hier betroffenen steuerlichen Unterlagen ist auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so dass er als nunmehr „Betroffener“ im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO das Finanzamt von der Beachtung des Steuergeheimnisses selbst entbinden kann. Für die - hier begehrte - Herausgabe steuerlicher Daten des Insolvenzschuldners an ihn selbst bedarf es einer solchen Entbindung ebensowenig wie wenn der Insolvenzschuldner diese beantragte.
104Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Überlegungen:
105Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO). Er hat zum einen als Vermögensverwalter der Insolvenzschuldnerin deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und ist insoweit einem gesetzlichen Vertreter gleichgestellt (§ 34 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 AO). Diese Pflicht ist hier allerdings - wie oben ausgeführt - nicht berührt, da der Kläger im Interesse der Masse und damit der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger tätig wird und nicht zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Beigeladenen. Der Insolvenzverwalter hat zum anderen aufgrund seiner Bestellung in Bezug auf die Insolvenzmasse ein Amt inne, kraft dessen er über die Insolvenzmasse verfügt. Insoweit ist er weder Organ der insolventen Gesellschaft noch vertritt er den Schuldner. Vielmehr ist er Inhaber eines privaten Amtes und als solcher Rechtspflegeorgan, dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 -, NVwZ 2006, 599 = juris Rn. 8.
107Der Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter erstreckt sich auch auf Geschäftsgeheimnisse und steuerliche Daten, soweit dies für die ordnungsgemäße Verwaltung der Insolvenzmasse und die Insolvenzabwicklung erforderlich ist. Bei der gebotenen nicht rein steuerverfahrensinternen, sondern an der gesamten Rechtsordnung orientierten Betrachtung steht die zuvor dem Insolvenzschuldner zukommende materielle Dispositionsbefugnis über die begehrten Jahreskontoauszüge (jedenfalls) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter zu. Er hat gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 101 InsO), mithin auch über alle Umstände, die für die Beurteilung von Gläubigerforderungen bedeutsam sein können. Die Informationserteilung ist für den Schuldner nicht vermeidbar, auch wenn ihm die zu erteilenden Informationen persönlich oder finanziell nachteilig sein können. Darüber hinaus hat er den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Mitwirkungspflicht umfasst die Verpflichtung, das Finanzamt vom Steuergeheimnis zu befreien.
108Vgl. Jungmann, in: K. Schmidt (Hrsg.), Insolvenzordnung, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23; Voß, in: Graf-Schlicker (Hrsg.), Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7.
109Im Rahmen von § 97 InsO entfällt der Schutz persönlicher Daten Dritter, soweit eine Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter für eine wirksame Durchsetzung der Gläubigerrechte erforderlich ist.
110Vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ IX ZB 62/04 -, BGHZ 162, 187 = juris Rn. 18 f.
111Über seine eigenen Verhältnisse muss der Schuldner nach § 97 Abs. 1 Satz 2 InsO (hier i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO) sogar Tatsachen offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Diese weitgehende Regelung zeigt, dass dem Schuldner selbst in Bezug auf höchstpersönliche Rechtspositionen mehr abverlangt wird, als dies außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Fall ist.
112Vgl. Gröner/Lang, Die höchstpersönlichen Rechte des Schuldners in der Insolvenz, in: Luxenburger/Birkenheier (Hrsg.), Opuscula honoraria für Egon Müller, Saarbrücken 2003, S. 90, 95 (im Internet abrufbar).
113Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Insolvenzabwicklung geht den Geheimhaltungsinteressen des Insolvenzschuldners danach grundsätzlich vor.
114Hieraus folgt die Berechtigung des Insolvenzverwalters, Finanzbehörden anstelle des Insolvenzschuldners die gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO erforderliche Zustimmung zu erteilen, anderen durch das Steuergeheimnis geschützte Kenntnisse zu offenbaren.
115Vgl. zutreffend Wimmer-Amend, in: Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2014, § 80 InsO Rn. 36.
116Insoweit geht die Verfügungsbefugnis über die steuerlichen Daten des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über; aus demselben Grund steht auch einer Kenntnisnahme durch ihn selbst nichts entgegen. Dies gilt jedenfalls, soweit es im Interesse der Masse erforderlich ist.
117Vgl. Gröner/Lang, a. a. O., S. 96; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.; ähnlich Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29 zum Bankgeheimnis; ders., WM 2009, 241, 245 f.; Herchen, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, § 98 Rn. 22; siehe auch AG Duisburg, NZI 2000, 606; a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lfg. 07.2015, § 30 AO Rn. 108; FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37.
118Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Fallgestaltung grundsätzlich gegeben: Es liegt im Interesse der verwalteten Insolvenzmasse bzw. der Gesamtheit der Gläubiger, dass der Verwalter die Steuerkontoauszüge des Schuldners auf anfechtbare Zahlungen an das Finanzamt prüft und sich daraus ergebende Anfechtungsrechte ausübt.
119Dass das Verfügungsrecht über derartige auf die Insolvenzmasse bezogene Geheimnisse mit der Verfügungsbefugnis über das Vermögen selbst auf den Insolvenzverwalter übergeht, bestätigt auch die verwaltungsgerichtliche Praxis zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen insolventer Gesellschaften. Dies zeigt sich vor allem bei Akteneinsichtsbegehren Dritter in Unterlagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die bei der Aufsicht über die Geschäfte insolvent gewordener Gesellschaften angefallen sind. Dabei erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelmäßig keine Beiladung des insolventen Unternehmens. Die Befugnis, etwaige fortbestehende berechtigte Interessen des betroffenen Unternehmens an der Nichtverbreitung bestimmter Informationen geltend zu machen, erkennen die Verwaltungsgerichte vielmehr regelmäßig dem zum Verfahren beigeladenen Insolvenzverwalter zu.
120Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. August 2012 ‑ 20 F 3.12 -, juris Rn. 10 f., und vom 12. April 2013 - 20 F 6.12 -, juris Rn. 12; Hess. VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 27 F 1730/10 -, juris Rn. 7 ff.; Urteil vom 29. November 2013 ‑ 6 A 1426/13 -, ESVGH 64, 137 = juris Rn. 82; VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 - 2 K 84.13 -, juris Rn. 28.
121Die Besorgnis, die Rechtsprechung des Senats führe dazu, dass das Steuergeheimnis entgegen allgemeiner Auffassung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren auch für den sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter i. S. v. § 22 Abs. 2 InsO nicht mehr gelte,
122vgl. Nitschke, DÖV 2014, 1049, 1052; ders., ZInsO 2014, 2388, 2389,
123ist unbegründet. Der Senat hat den Übergang der Geheimnisherrschaft auf den Verwalter nicht allein mit dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO begründet, der gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO bereits dem - „starken“ wie „schwachen“ - vorläufigen Insolvenzverwalter zusteht. Entscheidend ist vielmehr der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter (§ 80 InsO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).
124So auch Stephan, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 97 Rn. 28/29; Uhlenbruck, NZI 2002, 401, 402 f.
125Der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter bleibt danach darauf verwiesen, die Zustimmung des Insolvenzschuldners ggf. nach §§ 97 Abs. 2, 98 InsO oder im Klagewege durchzusetzen.
126Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2014 (AEAO, Nr. 4.5), wonach ein Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters nach einem einschlägigen Informationsfreiheitsgesetz zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO nur besteht, wenn der Schuldner zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Hieran ist der Senat mangels Rechtsnormqualität nicht gebunden. Gleiches gilt für andere Verwaltungsvorschriften, etwa Verfügungen der Oberfinanzdirektionen.
127Die vom Beklagten in diesem und zahlreichen weiteren Verfahren erhobenen Einwände gegen die obergerichtlich inzwischen als gefestigt anzusehende Rechtsprechung, wonach § 30 AO einer Offenbarung von Steuerkontoauszügen eines Insolvenzschuldners an dessen Insolvenzverwalter nicht entgegensteht,
128vgl. neben dem zitierten Senatsurteil: OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 12 ff.; OLG Rostock, Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 U 6/14 -, NZI 2015, 627 = juris Rn. 25; sowie sämtliche dem Senat bekannten neueren Entscheidungen nordrhein-westfälischer Verwaltungsgerichte; zum Sozialgeheimnis vgl. auch OVG Rh.-Pf., Urteile vom 12. Februar 2010 - 10 A 11156/09 -, NZI 2010, 357 = juris Rn. 31, und vom 23. April 2010 - 10 A 10091/10 -, ZIP 2010, 1091 = juris Rn. 30; Hamb. OVG, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z -, ZInsO 2012, 989 = juris Rn. 20; a. A. noch FG Rh.-Pf., Urteil vom 24. November 2009 - 1 K 1752/07 -, ZIP 2010, 892 = juris Rn. 37,
129stellen jene ebenfalls nicht durchgreifend in Frage.
130Das Finanzamt wird weder mit unzumutbaren, „fachfremden“ Prüfungspflichten belastet, noch verletzt der unmittelbare Zugriff auf die beim Finanzamt vorliegenden Steuerunterlagen durch den Insolvenzverwalter hier Rechte der Insolvenzschuldnerin auf rechtliches Gehör. Die Insolvenzschuldnerin wurde vom Senat beigeladen und konnte sich äußern. Unabhängig davon spricht im vorliegenden Fall nichts dafür, dass die streitgegenständlichen Informationen über die steuerlichen Verhältnisse der Beigeladenen nicht insgesamt auch im Sinne von § 97 InsO das Insolvenzverfahren betreffen. Die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO betrifft alle das Verfahren betreffenden rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse und ist grundsätzlich weit auszulegen.
131Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. August 2014 - OVG 12 N 36.14 -, ZInsO 2014, 2174 = juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 15. April 2010 - IX ZB 175/09 -, juris Rn. 9.
132Sie umfasst insbesondere auch Auskünfte zu vom Schuldner geleisteten Steuerzahlungen sowie entsprechenden Vollstreckungsmaßnahmen und erstreckt sich deshalb regelmäßig auf dessen Steuerkontoauszüge, ohne dass es einer aufwändigen Prüfung durch das Finanzamt bedarf. Deren Inhalt ist - wie der vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren beispielhaft vorgelegte Klartextauszug bestätigt - im Wesentlichen beschränkt auf die Dokumentation von Steuerrückständen sowie Zeitpunkt und Höhe der hierauf verwendeten Zahlungen. Zwar trifft der Hinweis des Beklagten zu, dass insolvenzfreies Vermögen nach wohl überwiegender Auffassung von der Auskunftspflicht nach § 97 InsO nicht umfasst ist.
133Vgl. Jungmann, in: Karsten Schmidt (Hrsg.), InsO, 18. Aufl. 2013, § 97 Rn. 9; mit Einschränkungen auch Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 97 Rn. 7; a. A. Kayser, in: Kreft (Hrsg.), InsO, 5. Aufl. 2008, § 97 Rn. 11.
134Hierunter fallen vom Verwalter freigegebene Vermögensgegenstände, die es grundsätzlich auch bei juristischen Personen und Personengesellschaften geben kann.
135Vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03 -, BGHZ 163, 32 = juris Rn. 5 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 7 C 22.03 -, BVerwGE 122, 75 = juris Rn. 16 ff.
136Insolvenzfreies Vermögen unterliegt definitionsgemäß nicht (mehr) der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters.
137Vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03 -, ZInsO 2006, 260 = juris Rn. 6 f. und 15; BFH, Urteil vom 13. April 2011 - II R 49/09 -, BFHE 234, 97 = juris Rn. 16.
138Der Kläger hat jedoch auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich versichert, dass die Beigeladene über kein insolvenzfreies Vermögen verfügt. Mangels jeden Anhaltspunkts für eine Betroffenheit eigener Rechte bedurfte es daher vorliegend nicht der - vorsorglich beschlossenen - Beiladung der Insolvenzschuldnerin.
139Unabhängig vom Streitfall weist der Senat darauf hin, dass bei Vorhandensein von insolvenzfreiem Vermögen Anträge von Insolvenzverwaltern auf Zugang zu Steuerkontoauszügen des Insolvenzschuldners in der Regel dahin auszulegen sein werden, dass sie sich nur auf die die Insolvenzmasse betreffenden Kontoauszüge beziehen. Eine Unterscheidung dürfte insoweit problemlos möglich sein, denn die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass nach Freigabe von Gegenständen aus der Insolvenzmasse für diese gegebenenfalls eine neue Steuernummer angelegt werde.
140Soweit steuerliche Unterlagen - wovon nach dem unter 4. Ausgeführten hier nicht auszugehen ist - personenbezogene Daten Dritter enthalten, die im Einzelfall von dem Auskunftsanspruch nach § 97 InsO erfasst sind, liegt in der Herausgabe an den Insolvenzverwalter durch Amtsträger des Finanzamts nach Auffassung des Senats ebenfalls keine Verletzung des Steuergeheimnisses. Die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO bezieht sich zwar nur auf das Vermögen der insolventen Gesellschaft. Ungeachtet dessen umfasst diese Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse akzessorisch aber auch derartige den Gesellschaftern oder Dritten zuzuordnende Daten, soweit der Insolvenzverwalter sie für eine sachgerechte Verwaltung der Insolvenzmasse und Wahrung der Gläubigerrechte kennen muss und er dies gegenüber der Finanzverwaltung dargelegt hat.
141Die vom Beklagten angeführte Gefahr einer Strafbarkeit seiner Amtsträger wegen Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 355 StGB vermag der Senat nach alledem nicht zu erkennen. Diese können sich auf einhellige obergerichtliche Rechtsprechung berufen, wonach die Herausgabe der Steuerkontoauszüge an den Insolvenzverwalter nicht „unbefugt“ i. S. v. § 30 Abs. 2 AO, § 355 Abs. 1 StGB ist.
142Die Entscheidung ist schließlich entgegen der Annahme des Beklagten nicht auf jedweden Auskunftsanspruch -
143vgl. etwa BFH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VII R 77/84 -, BFHE 149, 387 = juris Rn. 17 -
144zu übertragen. Der Insolvenzverwalter ist nicht allein aufgrund des Auskunftsanspruchs nach § 97 InsO als verfügungsbefugt über die begehrten steuerlichen Daten anzusehen, sondern weil ihm darüber hinaus die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zusteht (s. o.).
145Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt hat und sich insbesondere auch nicht dem mit einer Antragstellung verbundenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
146Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
147Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des § 30 AO grundsätzliche Bedeutung hat.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.