Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 14. Sept. 2010 - 2 B 210/10

bei uns veröffentlicht am14.09.2010

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Juni 2010 – 10 L 557/10 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, türkischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im August 2007 in die Bundesrepublik ein und suchte zunächst erfolglos um die Anerkennung als Asylberechtigter nach. (vgl. Ablehnungsbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27.8.2007 – 5271345-163 –, Blatt 9 der Ausländerakte (AA), mit dem der Asylantrag und der Antrag auf Anerkennung als Flüchtling jeweils als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, und das die Klage gegen die letztgenannte Entscheidung abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5.6.2008 – 6 K 1124/07 –) Im Dezember 2007 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und beantragte im gleichen Monat die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Im Mai 2008 wurde zunächst die Abschiebung des Antragstellers, der sich zuvor im Besitz einer Aufenthaltsgestattung für Asylsuchende befunden hatte, ausgesetzt (Duldung). Im Juli 2008 wurde ihm eine bis September 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis zur Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilt. Mit Blick auf den gestellten Verlängerungsantrag wurden ihm seit September 2008 zunächst Fiktionsbescheinigungen ausgestellt.

Im November 2008 erklärte die Ehefrau gegenüber dem Antragsgegner, dass sie seit Oktober 2008 von ihrem Ehemann getrennt lebe.

Von November 2008 bis Anfang Januar 2009 wurde der Antragsteller stationär in einer Klinik für Psychiatrie – Psychotherapie wegen „paranoid-halluzinatorischer Symptomatik“ behandelt. (vgl. das ärztliche Attest des SHG-Klinikums Merzig, Blatt 182 der AA, wonach der Antragsteller dort seit dem 18.11.2008 stationär behandelt wurde) Nach seiner Entlassung aus der Klinik wurde er ambulant wegen einer „schweren depressiven Störung“ und einer posttraumatischen Belastungsstörung sowohl psychopharmakologisch als auch psychotherapeutisch weiter behandelt. (vgl. das ärztliche Attest des SHG-Klinikums Merzig vom 6.4.2009, Blatt 253 der AA, wonach die „unglückliche Ehesituation“, die durch die beantragte Scheidung aufgelöst werden sollte, einen „wesentlichen destabilisierenden Faktor“ bildete, und das ergänzende Attest vom 3.8.2009, Blatt 319 der AA, wonach eine „Rückbildung der Symptome“ vorlag, allerdings für den Fall der Rückführung in die Türkei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine drastische Verschlechterung seiner psychischen Situation … bis hin zur Suizidalität“ befürchtet wurde)

Im Februar 2009 beantragte der Antragsteller beim Amtsgericht Saarlouis die Ehescheidung aus Härtegründen, da seine Ehefrau ein außereheliches Liebesverhältnis zu einer anderen Frau unterhalte und ihm den Zutritt zur gemeinsamen Wohnung verweigere. Außerdem sei er wegen seiner Herkunft ständig von seiner rechtsradikal eingestellten Schwägerin und deren Ehemann angefeindet worden. Die Ehefrau beantragte ebenfalls die Scheidung und machte geltend, die vom Antragsteller angegebenen Gründe für die Zerrüttung der Ehe seien „zum größten Teil nicht korrekt wiedergegeben“. Die Ehe wurde im Oktober 2009 geschieden. (vgl.  AG Saarlouis, Urteil vom 13.10.2009 – 20 F 85/09 S –, Blatt 376 der AA)

Durch Bescheid vom 13.10.2009 lehnte der Antragsgegner die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers ab, forderte ihn zur Ausreise auf und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung wurde insbesondere das Vorliegen der Härtefallvoraussetzungen für die Erteilung eines eheunabhängigen Aufenthaltstitels trotz Nichterreichens der Mindestbestandszeit der Ehe verneint. Dass sich ein Partner einer anderen Liebesbeziehung zuwende, komme in einer Vielzahl von Ehen vor und begründe keine besondere Situation. Eine ausreichende medizinische Versorgung bei der Behandlung der psychischen Folgen der Trennung für den Antragsteller sei auch in der Türkei gewährleistet. Vorbehalte gegen homosexuelle Menschen träfen nicht ihn, da er nicht zu dieser Personengruppe gehöre. Die angeblich rechtsradikale Gesinnung der Schwägerin und ihres Ehemannes habe seine Frau nicht gehindert, die Ehe mit ihm einzugehen.

Im März 2010 wurde ein vom Antragsteller unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme zielstaatsbezogen gestellter Wiederaufgreifensantrag unter Hinweis auf eine verfristete Geltendmachung und zusätzlich die ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten in der Türkei abgelehnt. (vgl. Ablehnungsbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.3.2010 – 5404047-163 –, Blatt 387 der AA) Die dagegen erhobene Klage ist beim Verwaltungsgericht unter der Geschäftsnummer 6 K 277/10 anhängig. Ein Eilrechtsschutzantrag blieb erfolglos. (vgl. Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 9.6.2010 – 6 L 555/10 -)

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (vgl. Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 31.3.2010 – L 28.834 –, Blatt 396 der AA) hat der Antragsteller im Mai 2010 Klage – 10 K 537/10 – auch gegen den Ablehnungsbescheid des Antragsgegners erhoben. Am 9.6.2010 hat er mit Blick auf seine für den 10.6.2010 beabsichtigte Abschiebung beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag durch Beschluss vom 9.6.2010 – 10 L 557/10 – zurückgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller am 23.6.2010 die vorliegende Beschwerde eingelegt.

Die vorgesehene Abschiebung fand nicht statt, da der Antragsteller am 9.6.2010 wegen einer „schweren depressiven Symptomatik mit fortbestehender Suizidalität“ in das SHG-Klinikum A-Stadt aufgenommen wurde, wo er bis 27.8.2010 erneut stationär behandelt wurde. (vgl. die ärztlichen Atteste des SHG-Klinikums Merzig vom 9.6.2010, Blatt 41 der Gerichtsakte, und vom 21.6.2010, Blatt 44 der Gerichtsakte, wo die voraussichtliche Behandlungsdauer mit „mindestens 4 bis 6 Wochen“ angegeben wird) Seit seiner Entlassung wird die Behandlung in der Tagesklinik des Klinikums fortgesetzt. (vgl. ärztliche Atteste des SHG-Klinikums Merzig vom 27.8.2010, Blatt 139 der Gerichtsakte, und vom 7.9.2010, Blatt 149 der Gerichtsakte)

II.

Mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9.6.2010 – 10 L 557/10 –, durch den sowohl die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13.10.2009 (Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, Abschiebungsandrohung) als auch die Gewährung von Abschiebungsschutz abgelehnt wurden, wendet sich der Antragsteller nur noch gegen die Ablehnung seines auf „Aussetzung der Abschiebung“ gerichteten Anordnungsbegehrens. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Im Beschwerdeverfahren beruft sich der Antragsteller auf bei ihm diagnostizierte schwere psychische Erkrankungen, zu deren Nachweis er mehrere ärztliche Atteste der behandelnden Ärzte des SHG-Klinikums A-Stadt vorgelegt hat. Er macht sinngemäß geltend, hieraus ergebe sich ein Anspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung im Sinne von § 60a II AufenthG.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, durch das der Prüfungsumfang des Senats gemäß § 146 IV 6 VwGO festgelegt wird, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis zu bleiben. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 I 1 VwGO.

Die Abschiebung eines Ausländers ist gemäß § 60a II 1 AufenthG auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Zu den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen, die die Annahme einer rechtlichen Unmöglichkeit in diesem Sinne gebieten können, zählt insbesondere Art. 2 II 1 GG. Ist folglich die Gesundheit des Abzuschiebenden so angegriffen, dass das ernsthafte Risiko besteht, unmittelbar durch die Abschiebung werde der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, liegt Reiseunfähigkeit vor, es sei denn, dass effektive Schutzmaßnahmen getroffen werden können.

Davon, dass der Antragsteller reiseunfähig in diesem Sinne ist und damit ein Abschiebehindernis vorliegt, kann derzeit trotz der vorgelegten ärztlichen Atteste nicht ausgegangen werden.

Ausweislich des ärztlichen Attestes der behandelnden Klinik vom 24.6.2010, in die der Antragsteller am 9.6.2010 stationär aufgenommen worden war, leidet dieser an einer „schweren depressiven Episode mit fortbestehender Selbstmordgefährdung und Angstsymptomatik vor dem Hintergrund einer reduzierten emotionalen Belastbarkeit im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung während seines Militärdienstes in der türkischen Offensive“. Der angekündigte Abschiebetermin vom 10.6.2010 habe bei ihm zur Entwicklung einer permanenten psychomotorischen Unruhe und panischen Angst, abgeholt und abgeschoben zu werden, geführt. Die Bilder aus seinen Militäreinsätzen in der Türkei mit Folter sowie Suizid eines seiner Kollegen, der sich beim Militär erhängt habe, seien retraumatisierend in diesem Zusammenhang gekommen und hätten die Suizidwünsche im Sinne von Nachahmeffekten verschärft. Die depressiv-ängstliche Symptomatik mit Stimmungsschwankungen, reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit, partiellem Verlust der affektiven Steuerungsfähigkeit, Interessenverlust, Denkstörungen mit Ambivalenz sowie Versagens- und Schuldideen bestehe fort. Es zeigten sich weiterhin ausgeprägte Krankheitssymptome mit Schlafstörungen sowie auch am Tage auftretenden flashbacks-Phänomenen und Nachhallerinnerungen in Form von wiederholtem Erleben der grausamen Szenen aus dem Kurdenkampf. Klinisch trete eine übermäßige Schreckhaftigkeit mit vegetativer Übererregbarkeit und Schlafstörungen auf. Akute Selbstgefährdung liege derzeit nicht vor, jedoch weiterhin latente Suizidgedanken. Die Gefahr der Suizidalität sei weiterhin gegeben – einerseits infolge der schweren depressiven Symptomatik, andererseits durch die Konfrontation mit potentiell dramatisierenden Situationen bzw. erneuten traumatisierenden Erlebnissen. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Behandlung fortgeführt werden müsse, um einer erneuten depressiven Dekompensation mit akuter Suizidalität vorzubeugen. Die Beendigung der Therapie zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde das bislang Erreichte gefährden und die Gefahr einer Verschlimmerung beinhalten. Ein durch Abschiebung erzwungener Abbruch der Behandlung würde nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand und der klinischen Erfahrung zur Reaktualisierung der Suizidgefährdung führen. Aus fachpsychiatrischer Sicht sei auf die Sicherstellung des Bleiberechts für den schwer erkrankten Patienten zur Überwindung der Behandlungsresistenz und zur Vorbeugung einer erneuten Verschlimmerung mit Selbstmordgefährdung zu drängen.

Im ärztlichen Attest des SHG-Klinikums vom 6.8.2010 ist ausgeführt, dass sich der psychische Zustand des Antragstellers trotz komplexer Behandlung nicht wesentlich gebessert habe. Auch der massive Haarausfall des Antragstellers könne nur seiner aktuellen Belastung zugeschrieben werden. Negativ beeinflusst werde der Genesungsvorgang dadurch, dass der Antragsteller der „Retraumatisierung durch eine 2-wöchentliche Verlängerung der Duldung ausgesetzt“ sei. Um einer Chronifizierung der Erkrankung vorzubeugen, sei eine „längerfristige Entscheidung in der Frage der Aufenthaltserlaubnis des Patienten von enormer Bedeutung“.

Im ärztlichen Attest des Klinikums vom 27.8.2010 wird die in der ersten Zeit der stationären Behandlung erstellte Diagnose bestätigt und im Wesentlichen mitgeteilt, dass der Antragsteller nach Ausdehnung der gestuften Belastungserprobungen auf den außerklinischen Bereich am 27.8.2010 zur Weiterbehandlung in die Tagesklinik habe entlassen werden können.

Die vorgelegten Atteste belegen eine schwere psychische Erkrankung des Antragstellers, die aber, wie das letztgenannte Attest zeigt, durch die rund 11-wöchige stationäre Behandlung so erheblich gebessert werden konnte, dass seine Behandlung nunmehr in der Tagesklinik fortgesetzt werden kann. Zu der im vorliegenden Eilverfahren allein maßgeblichen Frage, ob durch die Abschiebung selbst der Gesundheitszustand des Antragstellers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert würde, enthält dieses Attest indes keine Aussage; Gleiches gilt für das – vor dem Hintergrund der nicht streitgegenständlichen Forderung des Antragsgegners nach einem persönlichen Erscheinen des Antragstellers zum Zwecke der Verlängerung seiner Duldung vorgelegte - ärztliche Attest vom 7.9.2010, nach dem der Antragsteller „infolge des akuten und komplexen komorbiden Krankheitsbildes … aus gesundheitlichen Gründen“ nicht in der Lage ist, Angelegenheiten der Regelung seiner Aufenthaltsrechte selbständig zu besorgen, insbesondere die Ausländerbehörde derzeit persönlich aufzusuchen. Es ist daher eine weitere Klärung der „Reisefähigkeit“ des Antragstellers im vorgenannten Sinne erforderlich, und zwar angesichts seiner besonderen schwer zu beurteilenden gesundheitlichen Situation durch seine Begutachtung durch den Amtsarzt. In ständiger Rechtsprechung misst der Senat der amtsärztlichen Begutachtung, die in der Regel eine Untersuchung des Betroffenen und je nach den Umständen die Hinzuziehung von Fachärzten umfasst, die sachangemessen erforderliche institutionelle Fachlichkeit, Objektivität und Unabhängigkeit zu, die sie regelmäßig zur Heranziehung bei der Entscheidung über derartige Fragestellungen geeignet macht. (Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.12.2003 – 2 W 71/03 -) Dass auch der Antragsgegner, der seit der Kenntniserlangung von der stationären Aufnahme des Antragstellers erkennbar keine weiteren aufenthaltsbeendenden Maßnahmen mehr betreibt, eine weitere Klärung für erforderlich hält, geht bereits aus seinem Schriftsatz vom 12.7.2010 hervor, in dem er mitgeteilt hat, dass er eine Untersuchung des Antragstellers durch einen medizinischen Sachverständigen veranlassen und bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Untersuchung die Abschiebung vorübergehend aussetzen und – abhängig vom Ergebnis der Untersuchung – über die weitere Aussetzung der Abschiebung entscheiden werde. Wie der Antragsgegner am 1.9.2010 telefonisch gegenüber dem Senat angekündigt hat und dem Antragsteller durch Verfügung vom 3.9.2010 mitgeteilt wurde, soll diese Untersuchung durch den Amtsarzt vorgenommen werden. Der Antragsteller, der eine entsprechende Untersuchung bereits unter dem 16.12.2009 angeregt hatte, wird daher im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 82 I AufenthG für die gebotene amtsärztliche Begutachtung seine Ärzte unverzüglich von ihrer Schweigepflicht zu entbinden haben. Über das Ergebnis der Untersuchung hat der Antragsgegner den Antragsteller unverzüglich zu unterrichten.

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass – bei ansonsten gegebener Reisefähigkeit - eine Suizidalität nach der Rechtsprechung des Senats einer Abschiebung dann nicht entgegensteht, wenn die erforderlichen Schutzmaßnahmen vom Antragsgegner, dem insoweit eine Garantenstellung zukommt, (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.12.2003 – 2 W 71/03 -) ergriffen werden. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 9.5.2007 – 2 B 191/07- und vom 30.4.2008 – 2 B 214/08 -;  vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, § 60a AufenthG, Rdnr. 48 f.; Huber, Aufenthaltsgesetz, 2010, § 60a AufenthG, Rdnr. 8) Die Maßnahmen, die nach Kenntnis des Senats der ständigen Praxis des Antragsgegners entsprechen und der Senat bisher als erforderlich, aber auch als ausreichend angesehen hat, bestehen in der Überprüfung der Reisefähigkeit des Ausländers unmittelbar vor der Abschiebung, ärztliche Begleitung während der Abschiebung und Inempfangnahme des Selbstmordgefährdeten durch einen Arzt im Heimatland, der über weitere Maßnahmen entscheidet und sie veranlasst. Diese Maßnahmen hat der Antragsgegner für den Fall der Abschiebung des Antragstellers, die vom Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung abhängt, auch im vorliegenden Eilverfahren zugesagt. Die bisherigen Erfahrungen des Senates mit dem Antragsgegner geben keinerlei Veranlassung, an dessen diesbezüglicher Zuverlässigkeit zu zweifeln.

Die Bedenken des Antragstellers hinsichtlich des von ihm namentlich genannten Arztes, dessen Heranziehung im Rahmen der Schutzmaßnahmen er befürchtet, vermag der Senat schon deshalb nicht zu teilen, weil die wohl negativen Erfahrungen seines Prozessbevollmächtigten mit dieser Person nicht mitgeteilt werden und auch ansonsten hier nicht bekannt sind. Soweit der Antragsteller rügt, dass der genannte Arzt in Rheinland-Pfalz und dem Saarland bei Abschiebungen tätig und lediglich als „freiwilliges Mitglied“ bei der Ärztekammer des Saarlandes gemeldet sei, tritt eine „Unzuverlässigkeit“ des Arztes angesichts der Regelungen des SHKG jedenfalls nicht offen zu Tage. Zwar sind Pflichtmitglieder dieser Ärztekammer nach § 2 I SHKG alle zur Berufsausübung berechtigten Ärzte, die im Saarland ihren Beruf ausüben. Dies gilt aber offensichtlich nur für die ausschließlich im Saarland Tätigen. So können bei gelegentlicher oder vorübergehender Berufsausübung in einem anderen Bundesland gemäß § 2 II SHKG Mitglieder von der Mitgliedschaft entbunden werden, wenn sie der dort zuständigen Kammer angehören. Schließlich können Mitglieder, die ihre berufliche Tätigkeit in ein anderes Bundesland verlegen und dort ihre Hauptwohnung nehmen, gemäß § 2 III SHKG freiwillige Mitglieder ihrer Kammer bleiben. Es ist dem Antragsteller anheimgestellt, dem Antragsgegner oder der Ärztekammer unmittelbar konkrete Einzelheiten über Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit des genannten Arztes anzuzeigen.

Da der Antragsgegner selbst aufenthaltsbeendende Maßnahmen von dem Ergebnis der noch ausstehenden ärztlichen Untersuchung des Antragstellers, die vorliegend durch den Amtsarzt zu veranlassen ist, abhängig gemacht hat, ist nach allem völlig offen, ob dem Antragsteller in absehbarer Zeit eine Abschiebung droht. Mit Blick hierauf ist die begehrte einstweilige Anordnung derzeit auch nicht erforderlich und ein Anordnungsgrund nicht vorhanden.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 II VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 II, 53 III, 52 II, 47 GKG, wobei im vorliegenden Eilverfahren eine Halbierung des in Ansatz zu bringenden Auffangstreitwerts gerechtfertigt ist.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 14. Sept. 2010 - 2 B 210/10

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 14. Sept. 2010 - 2 B 210/10

Referenzen - Gesetze

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 14. Sept. 2010 - 2 B 210/10 zitiert 5 §§.

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Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Juni 2016 - 6 K 277/10

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 09. Mai 2007 - 2 B 191/07

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Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25. April 2007 – 2 L 588/07 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird für das Bes
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 14. Sept. 2010 - 2 B 210/10.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Dez. 2013 - A 9 K 3150/13

bei uns veröffentlicht am 10.12.2013

Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe   1 Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner beim Verwaltungsgericht Karlsruhe im Verfahren A 9 K 3149/13 erhobenen K

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Tenor

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Bezirksamtes Z über das vom Beklagten eingeleitete Remonstrationsverfahren gegen die Bescheinigung vom 11. Juni 2015 zu § 7h EStG die Wohneinheit betreffen ausgesetzt.

Gründe

1

Die von der Gemeinde ausgestellte Bescheinigung, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.v. § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind, hat Bindungswirkung für das Finanzamt (BFH- Urteil vom 22. Oktober 2014 X R 15/13 Rdnr. 17 f. zit. nach dem Schriftsatz der Klägerseite vom 15 Juni 2016). Sie hat deshalb rechtlichen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts im vorliegenden Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2000-2010 für die Eigentumswohnung. Das entsprechende Verwaltungsverfahren wurde mit dem Schreiben des Beklagten vom 8. September 2015 in Gang gebracht und ist mit dem Schreiben des Bezirksamtes Z auch noch nicht abgeschlossen, da daraus - abgesehen von der fehlenden Rechtsmittelbelehrung – kein Tenor zu ersehen ist. Das Gericht hält deshalb die Aussetzung nach § 74 der Finanzgerichts-ordnung (FGO) für zweckmäßig.


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25. April 2007 – 2 L 588/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25.4.2007 – 2 L 588/07 -, mit dem ihr Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, zurückgewiesen wurde, ist nicht begründet.

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, durch die der Prüfungsumfang des Senats gemäß § 146 IV 6 VwGO festgelegt wird, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis zu bleiben. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Abschiebung in die Niederlande unmöglich im Sinne des § 60a II AufenthG ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss kann vollinhaltlich Bezug genommen werden. Die Richtigkeit dieser Entscheidung wird auch nicht durchgreifend durch die Beschwerdebegründung der Antragstellerin, die keine neuen Tatsachen enthält, in Frage gestellt.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die Reichweite des Schutzes aus Art. 2 II 1 GG verkannt hat. Der Antragsgegner hat angesichts der durch ärztliche Gutachten belegten Selbstmordgefährdung der Antragstellerin, die aber ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Landkreises Saarlouis vom 30.3.2007 gleichwohl körperlich und seelisch reisefähig ist, Vorsorgemaßnahmen (ärztliche Betreuung und Sicherheitsbegleitung) ab Beginn des Abschiebungsvorgangs angekündigt. Mit diesen Schutzmaßnahmen ist aller Voraussicht nach zu verhindern, dass sie einen Versuch der Selbsttötung im Rahmen der Abschiebung unternimmt; dies wird auch von der Antragstellerin selbst in der Beschwerdebegründung nicht in Abrede gestellt.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass "eine wesentliche Gefahr für den Gesundheitszustand eintritt bzw. auch unmittelbar vor der Abschiebung gegeben ist", kann die damit wohl angesprochene Gefahr, dass sie nach Kenntnisnahme von der vorliegenden Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in der Zeit bis zum Beginn der Abschiebung einen Suizidversuch unternimmt, bewältigt werden, wenn ihre Prozessbevollmächtigte, die nicht nur Interessenvertreterin, sondern auch Organ der Rechtspflege ist, ihr die Entscheidung des Senats in einer Weise – etwa unter Hinzuziehung ärztlichen Beistandes - übermittelt, die diesem Gefährdungstatbestand Rechnung trägt (Vgl. OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 8.10.2003 - 2 W 5/03 – und vom 13.11.2003 – 2 W 69/03 -), und ggf. zusammen mit dem Ehemann der Antragstellerin für weitere Betreuung sorgt.

Der Schutz der Antragstellerin endet auch entgegen ihrer Annahme nicht mit der Überstellung an die Niederlande, denn der aufnehmende Staat gewährleistet, wie der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 7.5.2007 ausdrücklich auf Anfrage des Senats bestätigt hat, auf der Grundlage der amtsärztlichen Stellungnahme vom 30.3.2007 eine ärztliche Inempfangnahme. Danach wird es in der Kompetenz des dortigen medizinischen Dienstes liegen, ggf. notwendige Maßnahmen in die Wege zu leiten.

Ihrer Abschiebung steht auch nicht die vorgetragene Sorge der Antragstellerin für ihre Kinder entgegen. Da die Familie nach Aktenlage zusammen in die Niederlande abgeschoben werden soll, kann davon ausgegangen werden, dass ihre Kinder während der Abschiebung ggf. auch von ihrem Ehemann – eventuell unterstützt durch die Sicherheitsbegleitung – betreut werden.

Mit der erneut vorgetragenen Befürchtung der Antragstellerin, dass sie von den Niederlanden aus in ihr Heimatland abgeschoben werde, hat sich das Verwaltungsgericht bereits auseinandergesetzt.

Die Beschwerde war nach allem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 II VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 63 II, 47, 53 III, 52 I, II GKG 2004.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.