Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 07. Juni 2016 - M 26 K 15.2333

bei uns veröffentlicht am07.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Gericht: VG München

Aktenzeichen: M 26 K 15.2333

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

vom 7. Juni 2016

26. Kammer

Sachgebiets-Nr. 250

Hauptpunkte:

Rundfunkbeitrag (Wohnungsbeitrag)

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

Bayerischer Rundfunk Anstalt des öffentlichen Rechts Juristische Direktion Rundfunkplatz 1, 80300 München

- Beklagter -

wegen Rundfunkbeitrag

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 26. Kammer,

durch den Richter am Verwaltungsgericht als Einzelrichter

am 7. Juni 2016

folgenden

Gerichtsbescheid:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung (Nr. II des Urteils) ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen.

Aufgrund des einmaligen Meldedatenabgleichs gemäß § 14 Abs. 9 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag RBStV wurde der Kläger mit sog. Mailings vom Juni 2013, Juli 2014, August 2013 und Dezember 2013 um Auskunft der rundfunkrelevanten Daten gebeten. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, teil ihm der Beklagte mit Schreiben vom Januar 2014 mit, dass er rückwirkend zum Januar 2013 unter der Beitragsnummer als beitragspflichtiger Wohnungsinhaber (sog. Wohnungsbeitrag) angemeldet wurde.

Am 1. Juni 2014 setzte der Beklagte per Gebühren-/Beitragsbescheid gegenüber dem Kläger für den Zeitraum Januar 2013 bis einschließlich März 2014 einen Betrag von a... Euro fest, bestehend aus b... Euro Rundfunkbeiträgen und c... Euro Säumniszuschlag/Kosten.

Mit Schreiben vom Juni 2014 (Eingang beim Beklagten 20. Juni 2014) legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.

Am 1. Oktober 2014 erließ der Beklagte für den Zeitraum April 2014 bis einschließlich September 2014 einen weiteren Festsetzungsbescheid in Höhe von d... Euro, bestehend aus 2 x e... Euro (jeweils vierteljährlich fälligen) Rundfunkbeiträgen und c... Euro Säumniszuschlag/Kosten.

Ein Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid findet sich nicht in den vorgelegten Behördenakten des Beklagten. Der Kläger trägt insofern aber vor, dass er auch gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2014 Widerspruch erhoben habe. Dazu legte er im Rahmen des Verwaltungsgerichtsverfahrens einen Einlieferungsbeleg für ein Einschreiben mit Rückschein der Deutschen Post vom Oktober 2014 (Sendungsnummer ...) sowie den vom Zusteller ausgefüllten Rückschein vor, wonach das Einschreiben dem Beklagten am 28. Oktober 2014 zugestellt wurde.

Am 2. Januar 2015 erließ der Beklagte für den Zeitraum Oktober 2014 bis einschließlich Dezember 2014 einen weiteren Festsetzungsbescheid in Höhe von f... Euro, bestehend aus e... Euro Rundfunkbeiträgen und c... Euro Säumniszuschlag/Kosten.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom Januar 2015 Widerspruch beim Beklagten (Eingang bei diesem 27. Januar 2015) ein.

Mit Bescheid vom 17. April 2015 wies der Beklagte die Widersprüche vom 15. Juni 2014 und 26. Januar 2015 zurück. Zur Erläuterung führte er an, dass der seit 1. Januar 2013 geltende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag RBStV eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen sei. Er sei vereinbar mit höherrangigem Recht. Der Gesetzgeber hätte die erforderliche Regelungskompetenz gehabt, da es sich nicht um eine Steuer, sondern um einen in Zuständigkeit der Bundesländer liegenden Beitrag handle.

Die Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich sei bundesweit durch eine Vielzahl von Gerichten bereits bestätigt wurden, so u. a. auch vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH, Entscheidung vom 5. Mai 2014 Vf. 8-VII-12; Vf. 24-VII-12 juris).

Die gemäß § 2 Abs. 1 RBStV typisierend an das Innehaben einer Wohnung anknüpfende Beitragspflicht sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, Art. 118 Abs. 1 Bayerische Verfassung BV und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz GG Die damit eingeräumte Nutzungsmöglichkeit bzw. der daraus resultierende Vorteil rechtfertige den typisierend erhobenen Beitrag ohne dass es auf das tatsächliche Vorhandensein bzw. die tatsächliche Nutzung eines Rundfunkempfangsgeräts ankäme. Auch die einheitliche Höhe des Beitrags ohne Unterscheidung anhand von Geräteklasse sei sachlich gerechtfertigt.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verletze auch nicht die (negative) Informationsfreiheit. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof verneine hier schon einen Eingriff in den Schutzbereich, jedenfalls sei dieser aber gerechtfertigt. Weder folge aus dem Grundrecht auf positive Informationsfreiheit ein Anspruch auf kostenlosen Zugang zu Informationen, noch sei erkennbar, inwieweit das Recht auf negative Informationsfreiheit durch eine Beitragspflicht tangiert sein soll.

Die informelle Selbstbestimmung werde durch die Anzeige- und Nachweispflichten nach § 8 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 RBStV, das Auskunftsrecht gegenüber Dritten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und den einmaligen Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV nicht verletzt (BayVerfGH a. a. O.).

Auch ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 101 Abs. 1 BV bzw. Art. 2 Abs. 1 GG oder der Eigentumsfreiheit, Art. 103 Abs. 1 BV bzw. Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht erkennbar.

Eine Programmkritik vermöge nichts an der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags zu ändern und führe nicht zur Entbindung von der Beitragspflicht (BVerfG, Urteil vom 25.März 2014 1 BvF 1/11 NVzW 2014, 867).

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Beklagten mit Einwurfeinschreiben am 21. Mai 2015 erneut zugestellt, nachdem das zunächst gewählte Einschreiben mit Rückschein laut Behördenakten nicht von der betreffenden Postfiliale abgeholt wurde.

Mit seiner bei Gericht am Juni 2015 eingegangenen Klage vom Juni 2015 beantragte der Kläger:

1. die Aufhebung der Bescheide vom 01.06.2014 […], vom 01.10.2014 […] und vom 02.01.2015 […],

2. die Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages RBStV in Form des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 15. bis 21. Dezember 2010 festzustellen, da dieser gegen das Grundgesetz sowie gegen das europaweit geltende Recht verstößt

3. festzustellen, dass aus vorgenanntem Grund in Punkt 2 zwischen dem Kläger und dem Beklagten kein Beitragsverhältnis besteht, welches eine Beitragspflicht des Klägers begründet

4. die Aufhebung des vom Beklagten geforderten Säumniszuschlages.

Zur Klagebegründung vertieft der Kläger seine bereits im Rahmen des Widerspruchverfahrens angelegte Argumentation: Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verstoße gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen die Religions- und Gewissensfreiheit. Auch in die freie Entfaltung der Persönlichkeit werde verfassungswidrig eingegriffen, weil Bürger, die keinen Fernseher besitzen, dennoch gezwungen würden, auch Fernsehen zu finanzieren. Institutionell fehle es an der demokratischen Legitimation und an der politischen Neutralität, was sich auch an der 2014 getroffenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Teilverfassungswidrigkeit des ZDF-Staatsvertrages zeige (BVerfG, Urteil vom 25. März 2014, Az. 1 BvF 1/11 juris). Der Rundfunkbeitrag sei zudem materiell-rechtlich als Steuer zu klassifizieren und verletze die Privatautonomie („Vertrag zulasten Dritter“).

In europarechtlicher Hinsicht sei ein Verstoß gegen die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 (in der aufgrund Richtlinie 2007/65/EG geänderten Fassung) zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit RL 89/552/EWG gegeben. Zudem werde europarechtswidrig nicht von der in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 bezüglich des Ortes der Dienstleistung gemachten Möglichkeit der Verschlüsselung Gebrauch gemacht, um eine adäquatere Form der Finanzierung zu ermöglichen. Unbestellte Waren und Dienstleistungen seien gemäß der Richtlinie 97/7/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz -Fernabsatzrichtlinie nicht zu bezahlen. Der Rundfunkbeitrag stelle zudem eine „unmittelbare Diskriminierung innerhalb der EU“ dar.

Die Kontrollmöglichkeiten der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) seien unangemessen; der Wohnungsbegriff verstoße gegen die Normklarheit; der Rundfunkbeitrag sei eine „grobe Verletzung der moralischen sowie ethischen Werte“ des Klägers und verletze dessen negative Informationsfreiheit.

Die Bescheide des Beklagten seien zudem formfehlerhaft und damit unwirksam, insbesondere da sie einen Säumniszuschlag enthalten würden, ohne dass der Kläger - mangels vorangegangenem Bescheid in Verzug geraten sein könne.

In Bezug auf die zwischenzeitlich ergangene (Grundsatz-)Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016 (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016, Az. 6 C 6.15 juris) merkt der Kläger an, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gar nicht für die Entscheidung zuständig gewesen sei, da diese verfassungsrechtlicher Natur sei. In der Sache habe das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise verkannt, dass in mehrfacher Hinsicht ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, beispielsweise weil Alleinwohnende gegenüber Mehrpersonenhaushalten grob unzulässig ungleich behandelt würden.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015 beantragt der Beklagte,

die Klage abzuweisen

und verweist auf seine im Widerspruchsbescheid vom 17. April 2015 getätigte Argumentation. Die Klageanträge Nr. 1 und 4 seien zudem bereits teilweise, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2014 richten, unzulässig, und im Übrigen unbegründet. Die Klageanträge Nr. 2 und 3 seien ebenfalls bereits unzulässig.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015 einer Entscheidung per Gerichtsbescheid und der Übertragung auf den Einzelrichter zugestimmt. Der Kläger wurde mit gerichtlichem Schreiben vom Mai 2016 zur Entscheidung per Gerichtsbescheid gehört und widersprach dieser mit Schreiben vom Mai 2016. Bereits mit Schreiben vom Juni 2015 hatte er eine Übertragung auf den Einzelrichter abgelehnt. Mit Beschluss vom 6. Juni 2016 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen. Wegen des weiteren Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichts- und die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheids ergehen (§ 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung VwGO -).

Die Klage hat keinen Erfolg, weil sie teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.

1. Die Klage ist in ihren Anträgen Nr. 1 und 4 unzulässig und in Nr. 2 und 3 zulässig.

1.1 Die Klage ist in ihren Klageanträgen Nr. 2 und 3 unzulässig, § 43 Abs. 1 und 2 VwGO.

Soweit der Kläger in seinem Antrag Nr. 2 die Feststellung der Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages begehrt, ist die Klage bereits unstatthaft gemäß § 43 Abs. 1 VwGO. Im Rahmen der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage werden die Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht sowie die Rechtmäßigkeit der herangezogenen Rechtsgrundlage inzident bzw. als Vorfrage geprüft. Auch die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung selbst (Klageantrag Nr. 3) ist Gegenstand der Anfechtungsanträge, die insoweit wegen ihrer Gestaltungswirkung vorrangig sind. Ein darüber hinausgehendes, isoliertes (Feststellungs-)Interesse des Klägers ist nicht erkennbar (vgl. zum Ganzen Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Auflage 2014, § 43 Rn. 9 m. w. N.).

1.2 Die Klage ist in ihren Klageanträgen Nr. 2 und 3 zulässig, auch soweit sie sich gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2014 richtet. Zwar findet sich kein entsprechender Widerspruch des Klägers in den Behördenakten; durch den vom Kläger vorgelegten Rückschein (...) ist aber nach Würdigung des Gerichts jedenfalls dem Anschein nach bewiesen, dass der Kläger auch gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2014 Widerspruch eingelegt hat. Grundsätzlich obliegt es dem Widerspruchsführer, den Zugang bei der Behörden nachzuweisen, vgl. dazu § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In der Behördenakte findet sich aber der vom Kläger behauptete Widerspruch nicht. Dennoch ist das Gericht vorliegend gemäß den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (vgl. dazu ausführlich VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2015 2 S 1516/14 juris) überzeugt, dass der Kläger zum Zweck des Widerspruchs am Oktober 2014 ein Schreiben abgesandt hat, das dem Beklagten am 28. Oktober 2014 (und damit fristgemäß, § 70 Abs. 1 Satz 1VwGO) zugegangen ist. Denn der Kläger hat gegen den früheren wie den späteren der vorliegend verfahrensgegenständlichen Bescheide rechtzeitig Widerspruch erheben. Er hat den Beleg für ein Einschreiben an den Beklagten sowie einen Rückschein vorgelegt, der bestätigt, dass sein Schreiben am 28. Oktober 2014 beim Beklagten zugestellt wurde. Alle dies spricht in einer Zusammenschau dafür, dass der Kläger tatsächlich und fristgerecht Widerspruch erhoben hat. Da über diesen nach wie vor nicht entschieden wurde, handelt es sich insoweit um eine (mittlerweile) zulässige Untätigkeitsklage, vgl. § 75 Satz 1 und 2 VwGO.

1.3 Eine Auslegung seines Klagebegehrens gemäß § 88 VwGO i. V. m. den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch) ergibt, dass der Kläger in seinen Klageanträgen Nr. 1 und 4 gegen die beiden Bescheide vom 1. Juni 2014 und 2. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 17. April 2015 vorgehen will.

2. Soweit die Klage in den Anträgen Nr. 1 und 4 zulässig ist, ist sie aber unbegründet. Die beiden Bescheide vom 1. Juni 2014 und 2. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 17. April 2015 und der Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat den Kläger rechtmäßig zu Rundfunkbeiträgen herangezogen.

2.1 Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258], § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566], hier maßgeblich zuletzt geändert durch Art. 6 Nr. 8 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 7.6.2011). Im privaten Bereich war im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) für 2013/2014 ein Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 EUR pro Monat zu entrichten. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).

2.2 Verfassungsrechtliche Einwendungen gegen den Rundfunkbeitragsstaats sind nicht durchgreifend.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 15. Mai 2014 auf zwei Popularklagen hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof VfGHG) u. a. entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist (Entscheidung vom 15. Mai 2014 Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 juris). Die Norm verstoßt nicht gegen die Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen (Rn. 62). Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, die zu regeln in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Sie ist sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe hat den Charakter einer Vorzugslast; dem steht nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich wird mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).

Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit wird nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) ist ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Widerspruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt ist (Rn. 68). Der Freistaat Bayern hat mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 GG Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Unter der Prämisse, dass der Rundfunkbeitrag seiner Zweckbestimmung nach darauf beschränkt ist sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion als Grundversorgung in der gegenwärtigen Rundfunkordnung ungeschmälert erfüllen kann, hat er keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte (Rn. 83 f.). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich sind verhältnismäßig (Rn. 97).

Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoßt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlegt, hat er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht ist die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet wird. Durch den Wohnungsbegriff werden verschiedene Lebenssachverhalte von dem allein lebenden „Medienverweigerer“ über die „typische Familie“ bis hin zur „medienaffinen“ Wohngemeinschaft normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdecken und die vorbehaltlich der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen des § 4 RBStV unausweichlich ist. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruht auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und ist auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff.). Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen können, sind in Anbetracht der Höhe der Rundfunkbeitragspflicht nicht besonders intensiv und halten sich angesichts der in § 4 RBStV vorgesehenen Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren (Rn. 110).

Wegen der weiteren Einzelheiten und Begründungen wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 verwiesen.

Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung unmittelbar nur die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung überprüft. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit sich die mit den jeweiligen Normen der Bayerischen Verfassung korrespondierenden Regelungen des Grundgesetzes von diesen dermaßen unterscheiden sollten, dass mit der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nicht zugleich feststünde, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch nicht gegen die übereinstimmenden Normen des Grundgesetzes verstößt (vgl. Art. 142 GG). Ergänzend ist anzumerken, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Prüfung bei Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie von der Antragspartei nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (Rn. 60).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18. März 2016 (s.o.) diese Linie bestätigt und den Rundfunkbeitrag im privaten Bereich ebenfalls als verfassungs- bzw. rechtmäßig eingestuft. Die vom Kläger insofern erhobenen Einwände vermögen nicht zu überzeugen, zumal sie pauschal und weitgehend unsubstantiiert sind, während sich das Bundesverwaltungsgericht umfassend mit den vom Kläger angesprochenen Aspekten auseinandergesetzt hat. So hat es sich beispielsweise mit dem vom Kläger vorgebrachten Argument, dass allein in einer Wohnung lebende Beitragsschuldner gegenüber einer Mehrheit von Beitragsschuldnern, die gemeinsam in einer Wohnung leben, gleichheitswidrig benachteiligt würden, auseinandergesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht sieht darin keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG: Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung benachteiligt die alleinigen Inhaber einer Wohnung nicht gleichheitswidrig gegenüber Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung leben (Leitsatz Nr. 6). Zwar käme ein „Pro-Kopf-Beitrag“ als personenbezogener Maßstab anstelle des derzeitigen Wohnungsbeitrags in Betracht und hätte auch eine Absenkung des Beitrags für alleinige Inhaber einer Wohnung zur Folge (Rn. 45). Dennoch durften die Landesgesetzgeber den vorliegenden wohnungsbezogenen Verteilungsmaßstab für die Erhebung des Rundfunkbeitrags festlegen, weil ein personenbezogener Maßstab („Pro-Kopf-Beitrag“) einen größeren Ermittlungsaufwand notwendig macht (Rn. 48). Gerade weil es sich bei der Erhebung des Rundfunkbeitrages um ein monatlich wiederkehrendes Massengeschäft handelt, das Millionen gleichgelagerter Sachverhalte betrifft, kommt dem Interesse an einem einfach und praktikabel zu handhabenden Maßstab für die Erhebung ein besonderes Gewicht zu (Rn. 47). Nach alledem ist die wohnungsbezogene Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht zu beanstanden, zumal der höheren Belastung alleinwohnender oder alleinerziehender Personen durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag die Entlastung von familiären Haushaltsgemeinschaften mit mehreren Erwachsenen gegenübersteht (Rn. 48).

2.3 Auch Verstöße gegen europarechtliche Vorgaben mit der Folge des Anwendungsvorrangs des Europarechts sind nicht gegeben. Vgl. dazu zunächst ebenfalls die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 15. Mai 2014 und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016, insbesondere zur Frage der Erfordernis eines Feststellungsverfahrens gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV. Die Richtlinie 89/552/EWG (Fernsehrichtlinie) soll u. a. eine freie Empfangbarkeit von bestimmten Rundfunkprogrammen innerhalb Europas gewährleisten, vgl. etwa Art. 2 Abs. 1 RL 89/552/EWG. Inwieweit diese freie Empfangbarkeit durch die Erhebung von Rundfunkbeiträgen gefährdet sein soll, ist nicht erkennbar. Gleiches gilt für eine Ungleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen ein besonderes oder allgemeines Diskriminierungsverbot (Art. 18 Abs. 1 AEUV). Auch die Fernabsatzrichtlinie die primär für den Verbraucherschutz im zivilrechtlichen Kaufvertragsrecht konzipiert ist führt zu keinem anderen Ergebnis. Inwieweit die Nichtverschlüsselung des ausgestrahlten Programms mit dem Argument einer „adäquateren Finanzierung“ die konkrete Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtswidrig machen soll, kann der Kläger nicht überzeugend darlegen.

2.4 Die Ausführungen des Klägers zur fehlenden politischen Neutralität und zur fehlenden demokratischen Legitimierung vermögen ebenfalls nicht zu überzeugen; zudem bleibt offen, welche konkrete rechtliche Konsequenz der Kläger daraus für das vorliegende Verfahren ableiten will. Gleiches gilt für die vom Kläger monierte zweckfremde Verwendung von Rundfunkleistungen und die seiner Ansicht nach fehlenden Kontrollmöglichkeiten der KEF. Die Rundfunkanstalten in Deutschland genießen einerseits die grundgesetzlich garantierte Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Anstalten unterliegen aber andererseits im Rahmen der Gewaltenteilung der staatlichen Gesetzgebung sowie einer parlamentarischen wie gerichtlichen Kontrolle.

Infolge der Zustimmung des Bayerischen Landtags zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ergibt sich die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags unmittelbar kraft Landesrechts. Beim Rundfunkbeitragsstaatsvertrag handelt sich weder um einen zivilrechtlichen Vertrag zulasten Dritter, noch um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.e.S. bzw. i. S. v. Art. 58 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz.

2.5 Damit ist der Kläger als Inhaber einer Wohnung gemäß §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 bis 3 RBStV zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich verpflichtet. Gründe für eine Befreiung oder Ermäßigung gemäß § 4 RBStV sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

2.6 Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge Rundfunkbeitragssatzung vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 1. Januar 2013 (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3; § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 455,52 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

...

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 07. Juni 2016 - M 26 K 15.2333

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Referenzen - Gesetze

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 07. Juni 2016 - M 26 K 15.2333 zitiert 25 §§.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

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Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungen der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses Grundgesetzes Grundrechte gewährleisten.

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Freiburg Entscheidung, 06. Juni 2018 - 9 K 2599/18

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen.2 Er wohnte von August 2013 bis zum 24.6.2014 in einer Wohnung „Am x, Waiblin

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 2014 - 2 K 2957/12 - wird, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beklagte wendet sich gegen die teilweise Aufhebung von Entwässerungsgebühren.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Flurstücksnummer 79/3 in der ... in Mannheim. In dem viergeschossigen bebauten Anwesen befinden sich im Erdgeschoß zwei Imbissbetriebe, in den weiteren drei Geschossen jeweils zwei Wohnungen.
Mit „Forderungsbescheid der Stadt Mannheim über Entwässerungsgebühren für das Grundstück: ... Mannheim, 1.OG - Vertragskonto-Nr. ... - Bescheid-Nr. ...“ vom 05.07.2008 forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 Entwässerungsgebühren in Höhe von 6.288,20 EUR. Die Beklagte teilte mit, die Entwässerungsgebühren würden durch die MVV Energie AG Mannheim [im Folgenden MVV] im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim eingezogen.
Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass die Schmutzwassergebühr sich nach dem Verbrauch an Brauchwasser pro Kubikmeter berechne, die Niederschlagswassergebühr entweder aus den Quadratmetern entwässerter Fläche und Jahr oder als Zuschlag zur Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter Brauchwasser. Die Brauchwassermenge entspreche bei Wasserbezug von der MVV der Frischwassermenge. Die Verbrauchsermittlung ergebe im Falle des Klägers für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 einen Verbrauch von Frischwasser in Höhe von 2.374 m³ sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 in Höhe von 360 m³. Hiervon ausgehend errechneten sich unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Schmutzwasser von 1,58 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 4.319,72 EUR sowie unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes für Niederschlagswasser von 0,72 EUR/m³ eine Schmutzwassergebühr in Höhe von 1.968,48 EUR. Ferner führte die Beklagte aus, der Bescheid ergehe unter Vorbehalt, falls zwischen der letzten und dieser Jahresverbrauchsabrechnung ein Wasserzähler neu gesetzt worden sei.
Der Bescheid enthielt folgende Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diesen Forderungsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim einlegen. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.“
Mit Schreiben vom 05.07.2008 erstellte die MVV unter der Vertragskontonummer ... sowie der Rechnungsnummer ... dem Kläger für den Zeitraum vom 23.06.2007 bis 01.07.2008 eine Jahresabrechnung und berechnete an „Leistungen von MVV Energie AG“ u.a. für Wasser einen Betrag in Höhe von 6.049,66 EUR sowie für „Leistungen der Stadt Mannheim“ u.a. für Entwässerung einen Betrag in Höhe von 8.288,20 EUR. Insgesamt wurde inklusive der Leistungen für Strom und Abfallwirtschaft ein Betrag von 7.986,01 EUR gefordert.
Die MVV teilte im Einzelnen mit, der Frischwasserverbrauch habe für die Zeit vom 23.06.2007 bis 01.04.2008 (Zählernummer ...357) 2.374 m³ betragen sowie für die Zeit vom 02.04.2008 bis 01.07.2008 (Zählernummer ...180) 360 m³. Zur Information wies sie darauf hin, dass der Wasserverbrauch mit dem vorigen Abrechnungszeitraum (993 m³ Wasser an 353 Tagen) verglichen worden sei und der Kläger im aktuellen Abrechnungszeitraum 159,17 Prozent mehr Wasser verbraucht habe. Fragen zur Abrechnung würden durch Mitarbeiter im Servicecenter oder im MVV Kundenzentrum beantwortet.
Mit Schreiben vom 21.07.2008, eingegangen bei der MVV am 23.07.2008, wandte sich der Kläger an das Kundenzentrum der MVV mit dem Betreff „Einspruch gegen Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ und teilte mit, er „lege Widerspruch ein gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 7.986,01 EUR die Vertragskontonummer ... betreffend“. Der Verbrauch von 2.734 m³ Frischwasser liege außerhalb jeder Realität. Dies würde eine Verdreifachung des bisherigen Verbrauches bedeuten. Im fraglichen Zeitraum sei keine Nutzungsänderung im Haus erfolgt. Ebenso habe es keinerlei Leitungsdefekte gegeben. Jedoch sei zum 01.04.2008 ein Austausch der Wasseruhr erfolgt. Die Funktionstüchtigkeit könne laut MVV nicht mehr überprüft werden, da das Gerät inzwischen der Verschrottung zugeführt worden sei; die Funktionstüchtigkeit müsse jedoch unbedingt angezweifelt werden. Die Beobachtung des aktuellen Wasserzählers in der vergangenen Woche habe einen mittleren Tagesverbrauch von circa 3 m³ ergeben. Dieser Wert ergebe hochgerechnet auf ein Jahr einen Verbrauch von 1095 m³, was mit den Verbrauchswerten in den beiden zurückliegenden Jahren in etwa vergleichbar wäre. Er bitte, den Verbrauch auf Grund der Verbrauchswerte in der Vergangenheit zu schätzen und die Forderungen für Frischwasser, Abwasser und Niederschlagswasser neu zu berechnen. Ferner bitte er „um Weiterleitung dieses Schreibens an die entsprechenden Stellen sowie eine Bestätigung des Eingangs“.
Die MVV antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 01.08.2008 „zu dem entstandenen Wasserverbrauch“ und erläuterte dessen Ermittlung. Der Zählerstand des Wasserzählers ...357 zum 22.06.2007 sei geschätzt worden. Es sei zu vermuten, dass der Verbrauch für die letzte Rechnung zu niedrig geschätzt worden und insoweit ein Teil der Verbrauchsmenge der aktuellen Rechnung entstanden sei.
10 
Im Folgenden wandte sich der Kläger telefonisch an die MVV und teilte mit, es gehe um den Widerspruch zur letzten Jahresabrechnung (Vermerk der MVV vom 08.08.2008). Es liege ein hoher Wasserverbrauch vor. Er habe den Wasserverbrauch jeden Tag beobachtet und einen Verbrauch von 3 m³ am Tag festgestellt. Die MVV wies mit Schreiben vom 26.08.2008 zur Erklärung des verhältnismäßig hohen Wasserverbrauchs (nochmals) auf die vorangegangene, vermutlich zu geringe Ermittlung des Wasserverbrauchs hin. Ferner listete sie tabellarisch die (im Durchschnitt schwankenden) Verbräuche seit 16.07.2004 auf und führte aus, dass hierfür verschiedene Gründe maßgeblich sein könnten, etwa jahreszeitlich bedingte Schwankungen, geänderte Mieterstrukturen und/oder geändertes Verbrauchsverhalten.
11 
Der Anwalt des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.09.2008 mit, sein Mandant habe bereits gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Zur weiteren Begründung verweise er auf sein heutiges Schreiben an die MVV unter Bezugnahme auf dessen Inhalt. Des Weiteren werde gegen den Bescheid eingewandt, dass die Kostenansätze für die Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr nicht nachvollziehbar seien. Es werde beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Um Stellungnahme werde bis zum 26.09.2008 gebeten.
12 
Auf die Mitteilung der MVV vom 13.10.2008 mahnte die Beklagte beim Kläger den offenen Betrag in Höhe von 3.509,81 EUR aus dem „Bescheid Nr. ... der MVV vom 05.07.2008“ mit Schreiben vom 17.11.2008 an. Die MVV verklagte den Kläger erfolgreich in dem beim Amtsgericht Mannheim unter dem Aktenzeichen ... geführten Verfahren auf die Zahlung der Kosten für die Versorgung mit Strom und Wasser; die unter dem Aktenzeichen ... beim Landgericht Mannheim eingelegte Berufung nahm der Kläger zurück. In der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung ist ausgeführt, die vom Kläger erhobenen Einwände eines ungewöhnlich hohen Verbrauchs sowie der fehlenden Eichung des Zählers berechtigten diesen nicht zur Zahlungsverweigerung gemäß § 30 AVBWasserV. Denn relevant sei nur eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit, wofür ein hoher Verbrauch alleine nicht ausreiche. Die Fehlerhaftigkeit des Zählers wäre (zuvor) geltend zu machen und festzustellen gewesen (§§ 19, 21 II AVBWasserV).
13 
Die Beklagte ließ sich über diese Vorgänge von der MVV unterrichten. Unter dem 08.03.2011 wurde der Beklagten das an die MVV gerichtete Widerspruchsschreiben des Klägers vom 21.07.2008 weitergeleitet.
14 
Unter dem 08.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Widerspruch vom 21.07.2008 gegen den Forderungsbescheid der Stadt Mannheim liege vor. Es werde um Mitteilung gebeten, ob angesichts der gegenüber der MVV unstreitig gestellten Forderungen der Widerspruch aufrecht erhalten und die Erteilung eines Widerspruchsbescheids beantragt werde. Dies bejahte der Kläger (Schreiben vom 12.04.2011) und machte geltend, die angesetzte Brauchwassermenge sei ebenso zu beanstanden wie die Koppelung der Niederschlagswassergebühr an die Menge des Brauch- und Schmutzwassers. Mit weiteren Schreiben vom 23.03.2012 informierte die Beklagte den Kläger über die rechtlichen Grundlagen der Entwässerungsgebühren und wies hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs auf das zwischenzeitlich abgeschlossene zivilgerichtliche Verfahren hin. Da trotz Aufforderung und Mahnung keine Zahlung erfolgt sei, werde der Vorgang zur Betreibung an die Stadtkämmerei abgegeben.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012, dem Klägervertreter am 18.10.2012 zugegangen, wies die Beklagte den Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig zurück. Der Widerspruch sei - wie sich auch aus der dem Bescheid vom 05.07.2008 beigefügten Rechtsmittelbelehrung ergebe - bei der Behörde, welche den Bescheid erlassen hat, zu erheben. Hierfür genüge das Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV, welcher im Übrigen die Behördeneigenschaft fehle, nicht. Das Schreiben vom 15.09.2008 sei demgegenüber zwar zutreffend adressiert, jedoch verfristet gewesen.
16 
Der Kläger beantragte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2012, eingegangen bei der Beklagten am 31.10.2012, wegen der Versäumnis der Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte zugleich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch ein. Er gab an, er habe mit einem am 22.07.2008 zur Post gegebenen Schreiben vom 21.07.2008 an die Beklagte gegen den Bescheid vom 05.07.2008 Widerspruch eingelegt. Vom fehlenden Zugang bei der Beklagten habe er keine Kenntnis gehabt. Beigefügt war eine unter dem 29.10.2012 abgegebene eidesstattliche Versicherung des Klägers mit entsprechendem Inhalt sowie eine Mehrfertigung des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008. In diesem wird unter dem Betreff „Einspruch gegen die Jahresabrechnung 08 - Vertragskontonummer ...“ Widerspruch „gegen den ergangenen Forderungsbescheid vom 05.07.2008 in Höhe von 4.015,10 EUR“ eingelegt, um Weiterleitung an die „entsprechenden Stellen“ sowie um Eingangsbestätigung gebeten.
17 
Mit Bescheid vom 08.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung ab. Gemäß § 110 Abs. 3 AO i.V.m. § 3 KAG könne die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, wenn - wie vorliegend - seit dem Ende der versäumten Frist ein Jahr vergangen sei. Ein Fall höherer Gewalt sei weder geltend gemacht noch ersichtlich. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 08.11.2012 traf die Beklagte keine förmliche Entscheidung.
18 
Mit seiner am 19.11.2012 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 05.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 aufzuheben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er habe bereits mit Schreiben vom 21.07.2008 gegenüber der Beklagten Widerspruch eingelegt. Unabhängig davon sei auch der gegenüber der MVV unter dem 21.07.2008 eingelegte Widerspruch „gegen deren Jahresabrechnung und Bescheid“ als rechtzeitiger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten zu behandeln. Es habe der MVV als Vertreterin der Beklagten oblegen, das an sie gerichtete Schreiben an die Beklagte weiter zu leiten. Mit ihrem Schreiben vom 08.03.2011 habe die Beklagte zudem bestätigt, dass ihr sein Widerspruch vorliege. Soweit die Beklagte bei der Berechnung der Gebühren für Niederschlagswasser als Berechnungsgrundlage den aus dem Frischwasserverbrauch errechneten Abwasserverbrauch zu Grunde lege, sei dies - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg mit Urteil vom 11.03.2010 entschieden habe - rechtswidrig. Ferner sei die zu Grunde gelegte Frischwassermenge nicht verbraucht worden. Der Zählerstand sei unzutreffend übermittelt worden, eine Überprüfung des Zählers habe - obwohl er sich umgehend nach Zugang der Jahresabrechnung an die MVV gewandt habe -wegen der zwischenzeitlichen Verwertung des Zählers nicht mehr veranlasst werden können. Der berechnete Frischwasserverbrauch sei auszuschließen. Es habe weder ein geändertes Nutzungsverhalten, Wasserschäden, Installationsmängel, Reparaturen o.ä. gegeben. Hiernach sei der Anscheinsbeweis für eine fehlerhafte Ermittlung und/oder Übertragung des Zählerstands erbracht.
19 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13.02.2014 nach durchgeführter mündlicher Verhandlung entschieden, die zulässige Klage sei begründet, soweit eine über 2.020,10 EUR hinausgehende Abwassergebühr erhoben werde. Die Klage sei - trotz verfristeten Widerspruchs und Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - zulässig, da der Kläger insoweit einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seitens der Beklagten habe. Die Beklagte habe einen Anspruch auf Sachprüfung nicht mehr ablehnen können.
20 
Zunächst sei festzustellen, dass der Kläger die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids vom 05.07.2008 versäumt habe, da er trotz fehlerfreier Rechtsbehelfsbelehrung gegen den von der MVV namens der Beklagten übersandten Gebührenbescheid verspätet Widerspruch erhoben habe. Der Zusatz „Eigenbetrieb Stadtentwässerung, Collinistr. 1, 68161 Mannheim“ sei nicht in erheblicher Weise geeignet, von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten. Denn auch der rechtsunkundige Adressat könne erkennen, dass er sich an die Beklagte wenden müsse, um dort Widerspruch einzulegen. Das Schreiben des Klägers vom 21.07.2007 an die Beklagte wahre die Frist nicht, da ein solches Schreiben bei der Beklagten nicht angekommen sei bzw. der Zugang jedenfalls nicht nachweisbar sei. Das bei der MVV eingegangene Schreiben vom 21.07.2007 könne bei der insoweit gebotenen formalen Betrachtung der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die MVV sei als Verwaltungshelferin nicht zur Behandlung von Widersprüchen ermächtigt. Es ergebe sich auch keine andere Beurteilung daraus, dass die Beklagte mit 50,1 % die Mehrheit der Anteile an der MVV halte, da die MVV hinsichtlich der Entgegennahme von Widersprüchen weder selbst Behörde noch Teil einer anderen Behörde sei. Schließlich wahre auch das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 an die Beklagte - worin sinngemäß eine eigene wirksame Widerspruchserhebung bei der Beklagten gesehen werden könne - die Widerspruchsfrist nicht.
21 
Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren, da der Wiedereinsetzungsantrag wohl zu spät gestellt sein dürfte. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO könne nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies - was wohl zu verneinen sei - vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei.
22 
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei die Widerspruchsbehörde, wenn nicht Rechte anderer entgegenstünden, regelmäßig ermächtigt, auch über einen erheblich verspäteten Widerspruch sachlich zu entscheiden. Ein Widerspruchführer habe insoweit einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung. Sei das Ermessen der Widerspruchsbehörde auf Grund der Besonderheiten des Verfahrensablaufs in der Weise eingeschränkt, dass - wie vorliegend - nur eine materielle Entscheidung rechtmäßig wäre, nicht dagegen eine Abweisung als unzulässig wegen Verspätung, so erwachse der Ablehnungsbescheid nicht in Bestandskraft. Ermessensfehlerhaft sei die Ablehnung einer Sachentscheidung jedenfalls dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten die Erwartung des Widerspruchsführers hervorgerufen habe, es werde noch zur Sache entschieden, was vor allem dann gelte, wenn der Behörde ein rechtsunkundiger und nicht in Verwaltungsverfahren erfahrener Bürger gegenüberstehe. In solchen Fällen sei es wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben angebracht, von einem eingeschränkten Ermessen auszugehen. Die Beklagte habe über mehrere Jahre die Gelegenheit nicht genutzt, den Kläger bzw. seinen Anwalt auf die Zulässigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie habe mit der MVV in Kontakt gestanden und mit dieser korrespondiert, ohne die Verfristung des Widerspruchs zu thematisieren. Unabhängig davon erscheine das Verhalten der Beklagten in der Gesamtschau einer Reihe weiterer Umstände treuwidrig und ermessensfehlerhaft: Auf die im Schreiben vom 15.09.2008 enthaltene Bitte zur Stellungnahme sei keine Reaktion in irgendeiner Form erfolgt. Der Kläger habe fristgerecht (wenn auch adressiert an die MVV) einen Widerspruch erhoben, welcher bei der (vom Kläger erbetenen) Weiterleitung durchaus hätte fristgerecht bei der Beklagten ankommen können. Die dortige Reklamation sei hinsichtlich der Frischwasserabrechnung an richtiger Stelle erfolgt; die Abwassergebührenrechnung knüpfe an den Frischwasserverbrauch an.
23 
Die sonach zulässige Klage sei teilweise begründet. Hinsichtlich der Schmutzwassergebühr sei der Gebührenbescheid der Beklagten teilweise rechtswidrig, da der Bezug der zugrunde gelegten Wassermenge nicht nachgewiesen sei. Infolgedessen habe die Beklagte die Schmutzwassermenge zu schätzen bzw. nach Erfahrungswerten zu ermitteln gehabt. Ziehe man grundsätzlich in Anlehnung an die Methodik der Beklagten einen Zweijahreszeitraum heran, sei vorliegend in Abweichung hiervon (Zeitraum vom 05.07.2006 bis zum 01.04.2008) der zuletzt brauchbare Wert (Zeitraum vom 06.08.2005 bis zum 22.06.2007) anzusetzen, wonach sich ein mittlerer Tagesverbrauch von 2,82 m³ bezogen auf einen Zeitraum von 284 Tagen sowie als Resultat ein Betrag in Höhe von 1.265,39 EUR (2,82 x 284 x 1,58 EUR) ergebe.
24 
Soweit es um die Niederschlagswassergebühr gehe, sei das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 -zu berücksichtigen, wonach ein - vorliegend zur Anwendung gebrachter - einheitlicher Frischwassermaßstab unzulässig sei. Die Beklagte habe von der Möglichkeit der Heilung im Wege des Erlasses einer neuen, rückwirkend zum 01.07.1983 in Kraft gesetzten Abwassersatzung Gebrauch gemacht. Die Vergleichsberechnung nach dem Maßstab der gesplitteten Abwassergebühr ergebe Niederschlagswassergebühren in Höhe von 185,91 EUR (224 m² x 0,81 EUR [§ 16 i.V.m. Anlage 2 Abs. 1 AbwS], hochgerechnet auf den streitgegenständlichen Zeitraum von 374 Tagen).
25 
Gegen das ihr am 27.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte den am 17.03.2014 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangenen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 01.08.2014 die Berufung zugelassen.
26 
Unter dem 10.10.2014 hat die Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Die Klage sei unzulässig, da der Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 05.07.2008 - wenn überhaupt - dann allenfalls nach Ergehen des Widerspruchbescheids und damit verspätet mit Schreiben vom 31.10.2012 eingelegt worden sei. Der ebenfalls mit Schreiben vom 31.10.2012 gestellte Wiedereinsetzungsantrag sei durch Bescheid vom 08.11.2012 im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. Zu einer Wiedereinsetzung in Bezug auf ein überhaupt niemals abgesandtes (sondern nachträglich „konstruiertes“) Widerspruchsschreiben könne eine Verpflichtung zur Wiedereinsetzung nicht bestehen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, sei nicht glaubhaft. In dem Schreiben vom 15.09.2008 sei nur von einem Widerspruch die Rede; für zwei Schreiben gebe es keinen vernünftigen und einleuchtenden Grund. Insbesondere belege die Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen sehr plastisch, dass die Gesamtproblematik in nur einem Widerspruchsschreiben habe abgearbeitet werden sollen. Schließlich scheine es verwunderlich, dass der Kläger jahrelang mit der MVV über den Frischwasserbezug verhandelt und gestritten habe, wenn er gleichzeitig auch Widerspruch bei der Beklagten eingelegt haben wolle. Sonstige Wiedereinsetzungsgründe seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Verlust einer Briefsendung komme zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „höhere Gewalt“ in Betracht; diese Rechtsprechung beziehe sich aber lediglich auf die bis zum Jahr 2005 geltende Rechtslage bezüglich der Deutschen Post. Im Übrigen habe der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass der vorliegende Fall dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27/03 - entschiedenen Fall vergleichbar sei. Würde man das Rechtsanwaltsschreiben vom 15.09.2008 als Widerspruch werten, sei keinerlei Wiedereinsetzungsgrund ersichtlich bzw. geltend gemacht.
27 
Nachdem die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorlägen, bestehe - wie der Senat mit Urteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - entschieden habe - kein Raum mehr für Ermessenserwägungen. Davon unbesehen liege keine Ermessensreduktion auf Null zur sachlichen Verbescheidung vor. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten weder als Ausgangs- noch als Widerspruchsbehörde bei dem Kläger die Erwartung hervorgerufen bzw. (aktiv) einen Rechtsschein gesetzt, es werde noch zur Sache entschieden. Eine Verpflichtung, den Eingang eines Widerspruchs zu bestätigen oder Hinweise auf Zulässigkeitsbedenken mitzuteilen, bestehe nicht. Der rechtzeitige Eingang sowie ggf. eine Nachfrage diesbezüglich seien Sache des Klägers.
28 
Es könne sich auch nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - aus einer Gesamtschau der Besonderheiten des Einzelfalls eine Treuwidrig- und damit Ermessensfehlerhaftigkeit einer Berufung auf die Verfristung des Widerspruchs ergeben. Aus der Nichtreaktion auf das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 sei kein derartiger Rückschluss möglich, zumal dem Anwalt die Erhebung einer Untätigkeitsklage offen gestanden habe. Die (bislang gerichtlich nicht beanstandete Art der) Rechnung der MVV und der Forderungsbescheid der Beklagten unterschieden sich ebenso hinreichend voneinander wie die im Forderungsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung einerseits sowie der in der Rechnung enthaltene Hinweis auf die Auskunft zu abrechnungstechnischen Fragen andererseits. Das Risiko der rechtzeitigen Widerspruchseinlegung bei der zuständigen Stelle trage der Widerspruchsführer. Zu einer Weiterleitung sei die MVV (mangels Behördeneigenschaft) nicht verpflichtet. Es sei nach der mit der MVV getroffenen Rahmenvereinbarung nicht Sache der MVV, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen, woran auch die Tatsache nichts ändere, dass die Beklagte Mehrheitsaktionärin der MVV sei. Die zweistufige Verfahrensweise, die Stelle, welche bereits über die erforderlichen Daten hinsichtlich des Frischwasserverbrauchs verfüge, mit der Berechnung, Ausfertigung und Versendung von Gebührenbescheiden etc. zu beauftragen, sei eine gängige und jahrelang praktizierte und dem Kläger bekannte Verfahrensweise, welche vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 3 und 4 KAG vorgesehen sei.
29 
Abschließend hat die Beklagte - unter Bezug auf die Begründung im Widerspruchsbescheid - darauf hingewiesen, dass die Klage unbegründet sei und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abwassergebühren zutreffend unter Berücksichtigung der zählermäßig erfassten und abgelesenen Frischwassermenge errechnet worden seien.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.02.2014 - 2 K 2957/12 -, soweit hierin der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012 teilweise aufgehoben wurde, zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
32 
Der Kläger beantragt unter Verweis auf seinen bisherigen Vortrag,
33 
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
34 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
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aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
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bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
86 
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
88 
Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
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Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
90 
b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
91 
Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
92 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
93 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 10. Dezember 2015
95 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
96 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
35 
Die Berufung ist zulässig.
36 
Die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist gewahrt und das angefochtene Urteil in der Berufungsschrift hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO bezeichnet. Auch die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt. Die Begründung muss danach einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die von der Beklagten übermittelte Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen, enthält insbesondere den erforderlichen Antrag.
II.
37 
Die Berufung ist auch begründet.
38 
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht der Klage teilweise stattgegeben. Die Klage ist bereits unzulässig, da es an der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens fehlt.
39 
Streitgegenständlich ist der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2012. Mit dem Bescheid vom 05.07.2008 hat die Beklagte endgültig die Entwässerungsgebühren festgesetzt, denn der im Bescheid vom 05.07.2008 ausgesprochene Vorläufigkeitsvermerk bei Zählerwechsel im Vorabrechnungszeitraum ist nicht einschlägig. Wie sich aus dem Schreiben der MVV vom 26.08.2008 ergibt, betrug der vor dem Bezugszeitraum liegende Vorabrechnungszeitraum 353 Tage und begann somit im Juni 2006. In dem Zeitraum von Juni 2004 bis April 2008 kam es zu keinem Zählertausch, mithin ist die im Bescheid vom 05.07.2008 getroffene Festsetzung endgültig.
40 
Gegen den Bescheid vom 05.07.2008 hat der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch erhoben (s. hierzu 1.). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. hierzu 2.) noch einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über eine Entscheidung in der Sache trotz Verfristung (s. hierzu 3.). Mangels ordnungsgemäß durchgeführten Vorverfahrens ist die Klage daher unzulässig.
41 
1. Der Widerspruch (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG i.V.m. § 68 VwGO) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides einzulegen (§ 70 Abs. 1 VwGO). Diese Frist beginnt nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nur, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist.
42 
Die danach maßgebliche Frist (dazu a) ist weder durch die an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 21.07.2008 (dazu b) und vom 15.09.2008 (dazu c) noch durch das an die MVV gerichtete Schreiben vom 21.07.2008 gewahrt (dazu d).
43 
a) Die maßgebliche Frist zur Erhebung des Widerspruchs im vorliegenden Fall beträgt einen Monat. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Folge, dass für die Einlegung des Widerspruchs die Jahresfrist in Lauf gesetzt worden wäre. § 58 Abs. 1 VwGO verlangt für eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Betroffene über „die Verwaltungsbehörde“, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den „Sitz“ und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Diesen Anforderungen genügt die hier in Frage stehende Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten trotz des Hinweises, dass der Widerspruch bei dem „Eigenbetrieb Stadtentwässerung" der Stadt Mannheim zu erheben ist.
44 
Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Dies trifft auch zu, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (BVerwG, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77.78 - juris Rn. 23). Rechtsbehelfsbelehrungen haben nicht die Aufgabe, dem Betroffenen bis nahezu an die Bevormundung alle eigenen Überlegungen bezüglich der Art seines weiteren Vorgehens abzunehmen, sondern es ist sachgerecht, den Betroffenen - entsprechend seiner Stellung als eines von der Verfassung mit Freiheitsgrundrechten ausgestatteten Staatsbürgers - Verantwortung tragen zu lassen. Die Belehrung über Rechtsbehelfe ist „für den geschäfts- und prozeßfähigen Bürger bestimmt und nicht an einer unmündigen Person zu orientieren, die sich nicht zu helfen weiß“ (BVerwG, Urteil vom 27.2.1976 - IV C 74.74 - juris Rn. 21). Sie hat nur den Sinn und Zweck, die Rechtsunkenntnis des Betroffenen in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beseitigen (BVerwG, Urteil vom 09.11.1966 - V C 196.65 - juris Rn. 20).
45 
Der Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ ist weder generell geeignet, den Betroffenen von der Einlegung eines Widerspruchs abzuhalten noch erschwert er dem Betroffenen die Einlegung des Widerspruchs in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Zum einen will der Kläger nach seinen eigenen Angaben bei der Stadt Mannheim, Eigenbetrieb Stadtentwässerung, unter dem 21.07.2008 einen Widerspruch eingelegt haben. Zum anderen hätte der Kläger bei der Stadt Mannheim als der Behörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, schriftlich Widerspruch mit oder ohne Verwendung des Zusatzes „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ einlegen können. Durch die Hinzufügung „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ wird ihm (und wurde ihm im vorliegenden Fall auch rein tatsächlich) die Einlegung des Rechtsbehelfs nicht erschwert. Hätte der Kläger - wie in der Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls zutreffend (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO) aufgeführt - zur Niederschrift bei der Behörde Widerspruch einlegen wollen, so bestünde zwar die Möglichkeit, dass sich der Kläger durch den Hinweis auf den „Eigenbetrieb Stadtentwässerung“ gehindert gesehen hätte, den Widerspruch bei anderen Stellen der Stadt Mannheim einzulegen. Der Hinweis ist jedoch nicht generell geeignet, ihn von der Einlegung des Widerspruchs abzuhalten bzw. ihm dies zu erschweren. Denn auch der rechtsunkundige Adressat einer derartigen Belehrung kann erkennen, dass er sich zur Einlegung des Widerspruchs (letztlich) an die Stadt Mannheim wenden muss. Besondere Hindernisse für die Lokalisierung (BVerwG, Urteil vom 23.08.1990 - 8 C 30.88 - juris Rn. 12), die eine Einlegung des Widerspruchs erschweren könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
46 
Der vorliegende Bescheid vom 05.07.2008 gilt als schriftlicher Verwaltungsakt, welcher durch die Post übermittelt wird, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bei Übermittlung im Inland als bekannt gegeben. Das Datum der Aufgabe zur Post ist vorliegend aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich. Es spricht einiges dafür, bei - wie vorliegend - maschinell erstellten Schreiben im Wege des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass diese am Tag des Erstelldatums zur Post gegeben wurden (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 140. EL, § 122 AO Rn. 50). Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 08.08.2008 abgelaufen. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger mit dem an die Beklagte unter dem 21.07.2008 gerichteten Schreiben deutlich gemacht hat, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt der Bescheid vom 05.07.2008 bekannt (gegeben worden) war. Danach wäre die Rechtsbehelfsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 108 AO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 21.08.2008 abgelaufen.
47 
b) Das an die Beklagte adressierte Schreiben vom 21.07.2008 ist (überhaupt) nicht bei der Beklagten eingegangen und sonach nicht fristwahrend.
48 
Der Widerspruch ist als einseitige, amtsempfangsbedürftige Willenserklärung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, welche den Verwaltungsakt erlassen hat. Das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.07.2008 ist - vorbehaltlich einer Aufgabe zur Post - jedenfalls nicht bei der Beklagten angekommen. Ein entsprechender Eingang ist bei der Beklagten nicht verzeichnet worden und dementsprechend den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten nicht zu entnehmen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe das Schreiben an die Beklagte vom 21.07.2008 zusammen mit seinem Schreiben an die MVV zur Post aufgegeben. Dies genügt jedoch nicht - auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises - für die Annahme eines Zugangs.
49 
Die Regeln des Beweises des ersten Anscheins sind im Verwaltungsprozess grundsätzlich anwendbar (BVerwG, Urteil vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 - juris Rn. 18; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl, § 108 Rn. 18 m.w.N.). Der Beweis des ersten Anscheins kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (BVerwG, aaO).
50 
In Zusammenhang mit § 70 VwGO ist zu beachten, dass der Nachweis des Zugangs dem Widerspruchsführer obliegt. Falls dieser Nachweis als Anscheinsbeweis durch den Nachweis der Postaufgabe als erbracht angesehen und von der zuständigen Behörde verlangt würde, sie solle den „ersten Anschein“ durch den (in der Regel gar nicht zu führenden) Beweis der negativen Möglichkeit, dass ihr die Sendung nicht zugegangen sei, entkräften, würde die vom Widerspruchsführer zu beweisende Erhebung des Widerspruchs durch den bloßen Nachweis der Absendung des Widerspruchs ersetzt. Der Widerspruch würde dann - entgegen §§ 69, 70 VwGO - mit der Aufgabe zur Post als erhoben gelten und das Vorverfahren damit beginnen. Dies bedeutete eine normativ ungewollte Verkehrung des Zugangsnachweises bzw. des Nachweises der Erhebung des Widerspruchs, welche im Übrigen weder sachlich gerechtfertigt noch notwendig erscheint, da es dem Widerspruchsführer zwanglos möglich ist, den ihm obliegenden Beweis des Zugangs durch die Wahl entsprechender Versendungsformen sicherzustellen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, ist es nicht unbillig, wenn er die volle Gefahr trägt, dass sein Widerspruch bei der zuständigen Behörde nicht fristwahrend eingeht oder er den Zugang nicht beweisen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.10.2005 - 3 Nc 37/05 - juris Rn. 8; ThürOVG, Beschluss vom 07.02.2011 - 2 ZKO 621/09 - juris Rn. 9).
51 
Darüber hinaus kann der Nachweis des Zugangs bei Postsendungen nicht mittels eines an die Aufgabe zur Post anknüpfenden Anscheinsbeweises erbracht werden (Schenke, aaO). Denn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kommt es (auch außerhalb von Poststreiks u.ä.) immer wieder vor, dass abgeschickte Briefe, sogar Einschreiben, den Empfänger nicht erreichen. Sonach gibt es lediglich eine mehr oder minder hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass abgesendete Briefe auch ankommen. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten des Verlaufs erfahrungsgemäß in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1996 - VIII ZR 150/95 - juris Rn. 18). Sonach kann aus der vom Kläger in der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 behaupteten (im Einzelnen - hinsichtlich Beförderungsunternehmen, Beförderungsart, Aufgabeort und Aufgabe(uhr) zeit - nicht näher konkretisierten) Aufgabe zur Post (vgl. dazu auch unten 2b) jedenfalls nicht auf den Zugang geschlossen werden.
52 
c) Das Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 wahrt ebenfalls nicht die maßgebliche Widerspruchsfrist. Denn es ist - unabhängig davon, ob diesem ein (selbstständiger) Widerspruch zu entnehmen ist - am 17.09.2008 bei der Beklagten eingegangen und damit außerhalb der maßgeblichen Widerspruchsfrist.
53 
d) Auch das unter dem 21.07.2008 an die MVV adressierte und bei dieser am 23.07.2008 eingegangene Schreiben des Klägers wahrt - unabhängig davon, ob diesem mit hinreichender Bestimmtheit ein Widerspruch gegen den Forderungsbescheid vom 05.07.2008 zu entnehmen ist - nicht die Widerspruchsfrist.
54 
Der Widerspruch ist erhoben, wenn er der zuständigen Behörde zugeht, d.h. mit Wissen und Wollen des Widerspruchsführers in den Verfügungsbereich der Behörde gelangt. Die Einlegung eines Widerspruchs bei einem (zur Entgegennahme des Widerspruchs weder ermächtigten noch verpflichteten) Verwaltungshelfer stellt keine wirksame und fristgerechte Erhebung des Widerspruchs in diesem Sinne dar. Die MVV kann (insoweit) als Verwaltungshelferin der Beklagten nicht - auch nicht auf Grund einer Duldung oder eines gesetzten Anscheins seitens der Beklagten - als Empfangsvertreterin oder als Empfangsbotin angesehen werden. Die Kenntnis der MVV ist der Beklagten demnach nicht zuzurechnen.
55 
Die MVV ist (hinsichtlich der Entgegennahme/Nichtweiterleitung des an sie gerichteten Schreibens vom 05.07.2008) als unselbstständige Verwaltungshelferin einzuordnen und besitzt keine Ermächtigung zur Entgegennahme von Widersprüchen im Sinne einer Empfangsvertreterschaft.
56 
Bei der Abwasserbeseitigung handelt es sich um eine kommunale Selbstverwaltungsaufgabe, die in der Befugnis wurzelt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft selbst zu regeln. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG werden die Kommunalabgaben auf Grund einer Satzung erhoben. Hierbei kann sich die Kommune als Hoheitsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch externer Hilfe bedienen und Dritte mit der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben betrauen. Gemäß § 2 Abs. 3 KAG kann die Satzung u.a. bestimmen, dass bei Gebühren und Beiträgen Dritte beauftragt werden können, diese Abgaben zu berechnen, Abgabenbescheide auszufertigen und zu versenden, Abgaben entgegenzunehmen und abzuführen, Nachweise darüber für den Abgabenberechtigten zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten dem Abgabenberechtigten mitzuteilen. In § 14 Abs. 3 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung - AbwS -) vom 28.06.1983 in der Fassung vom 07.02.2006 ist vorgesehen, dass die Beklagte einen Dritten - insoweit als Beliehenen - beauftragen kann, die Abwassergebühren gemäß den Bestimmungen dieser Satzung zu berechnen, die Gebührenbescheide auszufertigen und zu versenden, die Gebühren entgegenzunehmen und an die Stadt abzuführen, Nachweise darüber für die Stadt zu führen sowie die erforderlichen Daten zu verarbeiten und die verarbeiteten Daten der Beklagten mitzuteilen.
57 
Danach hat die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 KAG vorgesehenen Ermächtigung durch Satzung Gebrauch gemacht und die MVV als Dritten (im Rahmen des § 2 Abs. 3 KAG) mit den vorgenannten (abschließend aufgezählten) Aufgaben beauftragt. Ferner hat die Beklagte mit der MVV einen Vertrag vom 01.10.1998 geschlossen, nach dessen § 1 Ziffer 1 die MVV mit dem Einzug der Abwassergebühren „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ von der Beklagten beauftragt wird. § 1 Ziffer 2 des Vertrags stellt klar, dass die Sachherrschaft bei der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung - verbleibt und es nicht Sache der MVV ist, Entscheidungen über die zu berechnenden Gebühren zu treffen. Zu den Aufgaben der MVV gehört nach § 1 Ziffer 3 lit. b und c des Vertrags insbesondere das Erstellen der Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide sowie die Bekanntgabe der Bescheide und das Inkasso der Gebühren.
58 
Eine Ermächtigung zur Entgegennahme oder gar Behandlung von Widersprüchen gegen Gebührenfestsetzungs- und Forderungsbescheide ist (neben der Beauftragung zum Erstellen und zur Bekanntgabe von Gebührenbescheiden) weder in der Abwassersatzung noch in dem Vertrag vom 01.10.1998 vorgesehen. Denn die MVV ist „im Namen und für Rechnung der Stadt - Eigenbetrieb Stadtentwässerung -“ lediglich zum Inkasso (§ 1 Ziffern 1 und 3 lit. c Vertrag vom 01.10.1998) beauftragt bzw. gemäß § 14 Abs. 3 AbwS zur Entgegennahme der Gebühren, nicht jedoch zur Entgegennahme von Widersprüchen oder gar einer inhaltlichen Befassung mit einem Widerspruch. Mit dieser Beauftragung der MVV hält sich die Beklagte innerhalb der von § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen zur Beleihung, welcher in Zusammenhang mit Abgabenbescheiden neben dem Auftrag zu deren Ausfertigen und Versenden lediglich die weitere Möglichkeit der Beauftragung zur Entgegennahme der Abgaben vorsieht.
59 
Eine Empfangsvertreterschaft oder Empfangsbotenschaft scheidet demnach aus. Die Beklagte hat weder im Innenrechtsverhältnis zwischen ihr und der MVV im Vertrag vom 01.10.1998 noch im Außenrechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger in der Abwassersatzung eine Beauftragung und Ermächtigung der MVV zur Entgegennahme von Widersprüchen vorgenommen. Auch aus dem Auftreten der MVV gegenüber dem Kläger in Gestalt des von der MVV übermittelten Forderungsbescheids vom 05.07.2008 einerseits und der Rechnung der MVV vom 05.07.2008 andererseits ergibt sich nichts Gegenteiliges. Unabhängig davon, ob durch die Formulierung und Ausgestaltung von Forderungsbescheid und/oder Rechnung ein Anschein gesetzt wurde (s. dazu u.), die MVV sei in Zusammenhang mit Einwendungen hinsichtlich der Abwassergebühren zur Entgegennahme von Wissens- und/oder Willens-erklärungen ermächtigt, vermögen jedenfalls die Grundsätze der sog. Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht die durch § 2 Abs. 3 KAG gezogenen Grenzen rechtlich zulässiger Beleihung nicht zu erweitern bzw. außer Kraft zu setzen.
60 
Dies verstieße auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Neben dem Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen hinsichtlich von Aufgaben, Zuständigkeit und Vertretungsmacht ließe sich die Anerkennung der im Bereich des Zivilrechts entwickelten Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht im Bereich des öffentlichen Abgabenrechts nicht mit dem aus höherrangigem Recht ableitbaren Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbaren. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes wird im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seine Geltung ist jedoch u.a. in Art. 20 Abs. 3 GG vorausgesetzt. Die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht würden ihren Sinn verlieren, wenn nicht bereits die Verfassung selbst verlangen würde, dass staatliches Handeln in bestimmten Bereichen nur Rechtens ist, falls es durch ein förmliches Gesetz legitimiert wird (Burghart in Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 68. Lieferung 05/2015, Art. 20, Rn. 1026). Das Vorliegen einer gesetzlichen Ermächtigung ist ein unverzichtbares Merkmal der Beleihung (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.1969 - VII C 37.67 - juris Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., Einführung I Rn. 89a; Schmid in ZKF 1980, 178 ff.) und deren Abgrenzung zur Verwaltungshilfe. Von daher ist die Delegation und Mandatierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Zuständigkeiten nur durch einfachgesetzliche Grundlage möglich. Diesen Anforderungen genügen die durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht nicht. Daran kann auch die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der MVV nichts ändern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und ausgeführt hat.
61 
Im Übrigen fehlte es bereits an einem gesetzten Anschein dafür, dass Wissen oder Handlungen der MVV der Beklagten zurechenbar sein könnten oder sollten. Die MVV hat ausweislich des Forderungsbescheids die Entwässerungsgebühren „im Auftrag und auf Rechnung der Stadt Mannheim“ eingezogen. In der Rechnung vom 05.07.2008 sind die Entwässerungsgebühren ausdrücklich als „Leistungen der Stadt Mannheim“ (getrennt von den Leistungen der MVV) ausgewiesen. Der Forderungsbescheid vom 05.07.2008 enthält eine (richtige, s.o.) Widerspruchsbelehrung. Dem in der Rechnung zusätzlich angebrachten Hinweis auf die Möglichkeit zur Nachfrage bei der MVV vermag angesichts der insoweit klar und eindeutig formulierten, (nicht auf der Rechnung, sondern) auf dem Forderungsbescheid angebrachten Rechtsbehelfsbelehrung ebenso wenig ein Anschein entnommen werden, die MVV sei zur Entgegennahme von (inhaltlich an die Beklagte gerichteten) Widerspruchsschreiben ermächtigt, wie dem (unmittelbar der Rechtsbehelfsbelehrung folgenden) Hinweis in dem Forderungsbescheid vom 05.07.2008, die MVV handele im Auftrag und auf Rechnung, da dieser Hinweis sich lediglich auf den Einzug der Entwässerungsgebühren bezieht und nicht auf die (im Übrigen in der Rechtsbehelfsbelehrung eigens erläuterte) Entgegennahme von Widersprüchen.
62 
2. Dem Kläger ist mangels Vorliegen der Voraussetzungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ungeachtet der bescheidmäßigen Ablehnung der Wiedereinsetzung durch die Beklagte (dazu a) hat der Kläger nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass es ihm auf Grund höherer Gewalt unmöglich war, die Jahresfrist einzuhalten (dazu b). Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensfürsorge durch die Beklagte scheidet eine Wiedereinsetzung aus (dazu c).
63 
a) Dies ergibt sich jedoch nicht bereits aus dem Bescheid der Beklagten vom 08.11.2012, mit welchem diese den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung vom 31.10.2012 abgelehnt hat. Dabei kann zum einen dahinstehen, ob die Entscheidung über die Gewährung bzw. Versagung der Wiedereinsetzung ein selbstständiger (und der Bestandskraft fähiger) Verwaltungsakt ist oder nicht (wofür § 44a VwGO angeführt werden könnte, s. zum Meinungsstand Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 44a Rn. 5 sowie § 70 Rn. 12 jeweils m.w.N.), als auch, ob (jedenfalls im Falle der tatsächlich erfolgten Verbescheidung) die Wiedereinsetzung im Rahmen eines (von dem Rechtsmittelverfahren gegen die Sachentscheidung zu trennenden) eigenen Rechtsmittelverfahrens mittels einer Verpflichtungsklage erstritten werden kann oder muss (sog. zweistufiges Verfahren, s. hierzu BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 11/08 R - juris Rn. 24 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris). Jedenfalls ist die von der Beklagten im Bescheid vom 08.11.2012 (der gewählten Form nach) in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffene ablehnende Entscheidung über die Wiedereinsetzung nicht bindend geworden, da der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2012 hiergegen einen (bislang noch nicht verbeschiedenen) Widerspruch erhoben hat. Damit ist der Bescheid vom 08.11.2012 jedenfalls nicht bestandskräftig und steht - anders als möglicherweise im Falle seiner Bestandskraft (s. hierzu BSG, aaO, Rn. 22; gegen eine Bindung Schenke, aaO, § 70 Rn. 12) - einer Prüfung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Verfahren jedenfalls nicht entgegen. Ob (dann, wenn wie vorliegend eine Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts ergangen ist) der Anspruch auf Wiedereinsetzung in einem - bislang nicht durchgeführten - Rechtsmittelverfahren eigens erstritten werden müsste (mit der Folge, dass das Vorliegen eines Anspruchs auf Wiedereinsetzung bzw. die bescheidmäßige Ablehnung nicht Gegenstand dieses, sondern eines hiervon zu trennenden Rechtsmittelverfahrens ist bzw. sein kann, s. hierzu FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2007 - 4 K 4738/06 - juris Rn 14 f.), kann dahinstehen, da jedenfalls im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen.
64 
b) Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da diese durch Zeitablauf ausgeschlossen war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO). Denn dem Kläger war es nicht in Folge höherer Gewalt unmöglich, die (Jahres-)Frist einzuhalten. Dementsprechend war dem Kläger weder eine behördliche Wiedereinsetzung auf Antrag oder von Amts wegen noch eine Wiedereinsetzung durch das Gericht zu gewähren.
65 
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag - ggf. auch von Amts wegen, wie aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 4 AO folgt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 AO). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO).
66 
Die Wiedereinsetzung scheitert bereits an der Jahresfrist des § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m.§ 110 Abs. 3 AO. Vorliegend endete die Widerspruchsfrist (spätestens) am 21.08.2008 (s.o.). Der Kläger hat aber erst am 31.10.2012 die versäumte Rechtshandlung ausdrücklich nachgeholt und den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist gilt nur, wenn deren Wahrung infolge höherer Gewalt unmöglich war. Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall aber nicht erfüllt.
67 
Unter höherer Gewalt ist ein Ereignis zu verstehen, das auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerfG, Beschluss vom 16.10.2007 - 2 BvR 51/05 - juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 3 C 35.96 - juris Rn. 53). Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist enger als der Begriff „ohne Verschulden“ (s. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 AO). Dabei ist anerkannt, dass eine Fristversäumnis dem Betroffenen nicht angelastet werden darf, wenn er durch das Verhalten seines Gegners an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gehindert worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1969 - 6 C 56.65 - juris; Urteil vom 11.05.1979 - 6 C 70.78 - juris; Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - juris; Schenke, aaO, § 60 Rn. 28, § 58 Rn. 20). Gemessen an diesen Maßstäben sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer es dem Kläger infolge höherer Gewalt unmöglich war, Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO zu beantragen und die (nicht bzw. nicht wirksam erfolgte) Erhebung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.07.2008 nachzuholen. Es ist nicht (ausreichend) glaubhaft gemacht, dass der behauptete Verlust des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 auf dem Postweg den Kläger in diesem Sinne an der rechtzeitigen Erhebung des Widerspruchs gehindert hat.
68 
Ob der Verlust einer Briefsendung bei Beförderung durch die Deutsche Post grundsätzlich (noch) als ein Fall höherer Gewalt anzusehen ist (s. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27.03 - juris), kann dahinstehen, da der Kläger einen solchen Verlust jedenfalls weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch in der beigefügten eidesstaatlichen Versicherung vom 29.10.2012 hinreichend glaubhaft gemacht hat. Denn selbst ein innerhalb der Jahresfrist gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 2 AO nur Erfolg haben, wenn die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, substantiiert vorgetragen werden. Der Kläger macht insoweit geltend, dass er das (an die Beklagte adressierte) Widerspruchsschreiben vom 21.07.2008 (zusammen mit dem an die MVV gerichteten Schreiben vom 21.07.2008) zur Post gegeben habe. Weitere Angaben hat der Kläger nicht gemacht. Dem Kläger hätte es oblegen, die Tatsachen, aus welchen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Widerspruchsschreibens zur Post ergibt, vollständig vorzutragen und glaubhaft zu machen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO BFH, Beschluss vom 17.02.1987 - IV R 115/86; Urteil vom 21.02.1995 - VIII R 76/93; Beschluss vom 19.06.1996 - I R 13/96; Beschluss vom 26.02.1998 - III R 66/97; Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - jeweils juris). Dazu gehören substantiierte Angaben, wie z.B. zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (z.B. durch Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (BFH, Beschluss vom 03.01.1995 - VII B 134/94 - juris Rn. 4). Dies ist vorliegend weder in dem Wiedereinsetzungsantrag vom 31.10.2012 noch der eidesstattlichen Versicherung vom 29.10.2012 geschehen. Mit der bloßen Mitteilung, das Widerspruchsschreiben sei am 22.07.2008 zusammen mit einem anderen Schreiben zur Post gegeben worden, sind die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht ausreichend bezeichnet. Eine derartige pauschale Behauptung, ein Schreiben auf den Postweg gegeben zu haben, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
69 
Dies gilt umso mehr, als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen einen Wiedereinsetzungsgrund nicht hinreichend glaubhaft machen. Der nachträgliche Klägervortrag, er habe zusätzlich zu dem mit Schreiben vom 21.07.2008 bei der MVV eingelegten Widerspruch mit Schreiben gleichen Datums Widerspruch bei der Beklagten eingelegt, ist zweifelhaft. Denn in dem Schreiben vom 15.09.2008 ist zum einen nur von einem Widerspruch die Rede; zum anderen ist mit Blick auf die im Schreiben vom 21.07.2008 an die MVV enthaltene Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen nicht ohne Weiteres die Fertigung eines weiteren Schreibens gleichen Datums (mit unterschiedlichem Schriftbild) an die Beklagte nachvollziehbar. Zu diesem Komplex hätte es jedenfalls besonderer Erklärungen im Wiedereinsetzungsantrag bedurft.
70 
c) Auch der weiter vom Kläger geltend gemachte Umstand, er habe von der Verfristung des Widerspruchs erst mit Zusendung des Widerspruchs vom 16.10.2012 am 23.10.2012 erfahren und bereits mit Schreiben vom 15.08.2008 auf seinen zuvor eingelegten Widerspruch verwiesen (Schreiben vom 31.10.2012, eidesstaatliche Versicherung vom 29.10.2012), rechtfertigt nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Wiedereinsetzung. Es liegt kein Verhalten der Beklagten vor, welches den Kläger kausal im Rechtssinne an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert hat.
71 
Die Beklagte hat den Kläger nicht durch aktives Tun von der Einlegung des Widerspruchs abgehalten. Vielmehr war dem Bescheid vom 05.07.2008 eine richtige Rechtsmittelbelehrung beigefügt (s.o.). Der Kläger war sich - wie die von ihm behauptete Einlegung des Widerspruchs zeigt - offensichtlich der Notwendigkeit, förmlich gegen den Bescheid vom 05.07.2008 vorzugehen, bewusst.
72 
Ein (qualifiziertes) Unterlassen der Beklagten liegt nicht vor, denn es bestand weder eine entsprechende Pflicht zum Handeln in Gestalt einer sog. Verfahrensfürsorgepflicht noch ist der Irrtum des Klägers über den Zugang des Widerspruchs unvermeidbar gewesen.
73 
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO trifft die Körperschaft, welche die Abgabe erhebt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 KAG), die Pflicht, soweit erforderlich, den Beteiligten Auskunft über die ihnen zustehenden Rechte und die obliegenden Pflichten zu erteilen. Diese letztlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbare (s. König, AO, 3. Aufl., § 89 Rn. 1) sog. Verfahrensfürsorgepflicht verpflichtet die abgabenerhebende Körperschaft - wenn bereits ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist oder durch eine Erklärung oder einen Antrag eingeleitet wird - zur Beratung und Auskunft in Bezug auf das jeweilige Verfahren (König, aaO, Rn. 7). Hierbei ist zwischen selbstständigen Anträgen, welche ein Verfahren voraussetzungsgemäß einleiten, und unselbstständigen Anträgen, welche innerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens gestellt werden, zu unterscheiden. In aller Regel besteht eine behördliche Verpflichtung zur Anregung von Anträgen, welche offenkundig nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind, nur im Falle von unselbstständigen Anträgen. Zur Anregung sog. selbstständiger Anträge besteht eine behördliche Verpflichtung nur ausnahmsweise in einem laufenden Verfahren aufgrund einer besonderen Situation (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 28.01.1981 - 2 A 307/80 - juris). Hierbei wird die Behörde nur ausnahmsweise von Amts wegen tätig, im Übrigen nur auf Anfrage (König, aaO, Rn. 16). Je höher demnach die erkennbare oder gar offenkundige Fürsorgebedürftigkeit des Beteiligten ist, desto höher ist die behördliche Pflicht zur Beratung anzusetzen (Roser in Beermann/Gosch, AO/FGO, 116. Lieferung, § 89 Rn. 13).
74 
Zur Vermeidung einer ausufernden Inanspruchnahme der Verwaltung ist die behördliche Fürsorgepflicht auf solche Sachverhalte zu begrenzen, bei welchen sich eine Hinweispflicht aufdrängt. Neben der Offenkundigkeit ergibt sich eine weitere Begrenzung aus der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Erforderlichkeit. In zeitlicher Hinsicht richtet sich die Fürsorgepflicht ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht zu unverzüglichem Handeln besteht jedoch nicht (Roser, aaO, Rn. 19). Insbesondere kann grundsätzlich keine Verpflichtung angenommen werden, eingegangene Wissens- und/oder Willenserklärungen auf ihre Vollständigkeit, Richtigkeit unverzüglich zu (über-)prüfen und den Beteiligten hierüber zu unterrichten (BFH, Urteil vom 28.01.2014 - VII R 10/12 - juris Rn. 16), denn dies würde die behördliche Fürsorgepflicht in nicht angemessener Weise überspannen (FG Nürnberg, Urteil vom 16.09.2008 - II 241/2006 - juris Rn. 28 f.). Ebenso kann keine Pflicht zur Eingangsbestätigung angenommen werden (arg. e contr. § 2 KDVG, § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG).
75 
Ein (laufendes) Widerspruchsverfahren (welches einen Anknüpfungspunkt für eine behördliche Fürsorgepflicht der Beklagten geboten hätte) hat mit Blick auf das bei der Beklagten nicht angekommene Schreiben vom 21.07.2008 nicht vorgelegen. Der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltschaftlich vertretene - Kläger macht insoweit geltend, dass im Schreiben vom 15.09.2008 auf einen zuvor eingelegten Widerspruch Bezug genommen worden sei und die Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass zum einen (noch) kein Widerspruch anhängig sei und zum anderen, dass (bei Auslegung des Schreibens vom 15.09.2008 als eigenen Widerspruch) von einer Verfristung des Widerspruchs auszugehen sei.
76 
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze kann keine Verpflichtung der Beklagten angenommen werden, das Schreiben vom 15.09.2008 unverzüglich einer Prüfung auf eine mögliche Verfristung zu unterziehen und den Kläger (ungeachtet der Tatsache, dass in dem Schreiben vom 15.09.2008 keine entsprechend explizite Anfrage zum Eingang des behaupteten, bereits eingelegten Widerspruchs enthalten war) darauf hinzuweisen, dass (bislang noch) kein Widerspruch vorliege.
77 
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihn über den Nichtzugang des Widerspruchsschreibens in Unkenntnis gelassen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Höhere Gewalt liegt, wie oben dargelegt, nur vor, wenn die Behörde die Einhaltung der Frist verhindert hat. Dazu reicht eine bloße Untätigkeit in aller Regel nicht aus (BVerwG, Urteil vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 -juris).
78 
Selbst die Annahme einer Pflichtverletzung könnte jedoch nichts daran ändern, dass der Kläger selbst die ihm obliegende Sorgfalt bei der Einlegung des Widerspruchs nicht hat walten lassen. Der Kläger selbst hat trotz fehlender Eingangsbestätigung den Eingang des Schreibens vom 21.07.2008, in welchem eine solche Empfangsbestätigung ausdrücklich erbeten war, nicht in Zweifel gezogen. Hierbei wäre es dem Kläger ein Leichtes gewesen, sich durch (ausdrückliche) Nachfrage bei der Beklagten über den Zugang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 Klarheit zu verschaffen. Der Kläger hat - wie der Vermerk der MVV vom 08.08.2008 zeigt - telefonisch bei der MVV nachgefragt. Weshalb eine vergleichbare Nachfrage bei der Beklagten unterblieben ist bzw. ihm eine solche nicht abverlangbar war, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zumindest hätte es die dem Kläger obliegende Sorgfalt geboten, nachdem bereits einige Zeit seit der Einlegung des Widerspruchs vergangen war, sich vorsorglich um die Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen.
79 
Der Kläger hat es innerhalb der (in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a KAG i.V.m. § 110 Abs. 3 AO genannten) Jahresfrist nicht für erforderlich gehalten, sich nach dem Stand der Angelegenheit zu erkundigen, mithin beruht die Unkenntnis des Klägers über die ordnungsgemäße Erhebung des Widerspruchs nicht auf einem unabwendbaren Zufall, welcher die Annahme höherer Gewalt zu rechtfertigen vermag. Bei Anwendung der dem Kläger zumutbaren (äußersten) Sorgfalt wäre der (ursächliche) Irrtum über den nicht erfolgten Eingang des Widerspruchsschreibens vom 21.07.2008 (sowie über den zu spät erfolgten Eingang des Schreibens vom 15.09.2008) und damit der Irrtum über die Fristversäumnis vermeidbar gewesen. Die im Anwaltsschreiben vom 15.09.2008 unter Fristsetzung bis 26.09.2008 erbetene Stellungnahme bezog sich nicht eindeutig auf den fristgerechten Eingang des datumsmäßig nicht näher bezeichneten Widerspruchs des Klägers. Im Übrigen hätte dem Kläger auch diesbezüglich nach (erfolglosem) Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist eine Nachfrage oblegen.
80 
Auch aus der unterlassenen zeitnahen Übermittlung des bei der MVV eingelegten Widerspruchs an die Beklagte ergibt sich kein Wiedereinsetzungsgrund, der die Jahresfrist überspielen könnte. Abgesehen davon, dass insoweit allenfalls ein Pflichtverstoß der MVV - nicht der Beklagten - in Betracht käme, hat ein solcher - unterstellter - Verstoß den Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht daran gehindert, einen eigenen Widerspruch gegen die Beklagte zu verfassen; damit wäre jedenfalls eine Verhinderung an der Einlegung des Widerspruchs durch höhere Gewalt auszuschließen.
81 
3. Der Kläger hat kein (subjektives) Recht auf eine (ermessensfehlerfreie) behördliche Sachentscheidung bei - wie vorliegend - verfristetem Widerspruch gegen einen kommunalen Abgabenbescheid. Dies setzte eine dahingehende behördliche Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch voraus, welche (jedenfalls) im kommunalen Abgabenrecht nicht besteht (dazu a); darauf, ob grundsätzlich ein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung auf eine behördliche Sachentscheidung bei verfristetem Widerspruch besteht, was zu verneinen sein dürfte, kommt es daher nicht mehr an (dazu b).
82 
a) Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Norm beansprucht als Verhaltensnorm für den Beschwerten Beachtung, aber auch als Entscheidungsnorm für Behörden und Gerichte, welche gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an sie gebunden sind (BAG, Urteil vom 16.06.1998 - 5 AZR 728/97 - juris Rn. 33). Danach ergibt sich aus § 70 VwGO eine - dem Wortlaut nach uneingeschränkt zu beachtende - Frist von einem Monat. Im Gegensatz zu § 358 Satz 2 AO statuiert § 70 VwGO keine ausdrückliche (behördliche) Entscheidungsnorm, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen. Ob eine solche (ausdrückliche) Entscheidungsnorm verzichtbar ist, da sich diese „von selbst“ (so Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., § 70 Rn. 13) oder aber letztlich aus der Bindung der Behörde an Recht und Gesetz ergibt, ist nicht zwingend, denn es sind sowohl statuierte Verhaltensnormen ohne korrelierende Entscheidungsnormen oder auch nicht deckungsgleiche Verhaltens- und Entscheidungsnormen denkbar (s. hierzu Schilling, Rang und Geltung von Normen in gestuften Rechtsordnungen, 1994, § 3 A. III. 1 sowie § 7 B II. 4.). Denn eine Verhaltensnorm ist nicht in Frage gestellt, wenn eine Entscheidungsnorm von der Verhaltensnorm „abweicht“, falls sie eine Sanktion für die Nichterfüllung festsetzt (vorliegend die im Ermessen stehende Befugnis zur Zurückweisung des Widerspruchs als verfristet), nicht jedoch deren Erfüllung (kategorische Durchsetzung des Fristerfordernisses) anordnet (Schilling, aaO). Im Einzelnen:
83 
aa) Nach der ständigen (freilich umstrittenen, s. statt vieler Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 70 Rn. 9 ff. m.w.N.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine Verpflichtung der Widerspruchsbehörde, den verfristeten Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89; Urteil vom 07.01.1972 - IV C 61.69 - DVBl. 1972, 423; Urteil vom 04.08.1982 - 4 C 42.79 - juris Rn. 11; Urteil vom 28.10.1982 - 2 C 4.80 - juris Rn.10; Urteil vom 20.06.1988 - 6 C 24.87 - juris Rn. 9). Es stehe vielmehr im „freien Ermessen“ der Widerspruchsbehörde, einen unzulässigen Widerspruch in der Sache zu bescheiden, die „im Verwaltungsprozeß grundsätzlich nicht überprüft werden“ können (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Zur Begründung wird insoweit die Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde angeführt, welche durch die Versäumung der Widerspruchsfrist nicht berührt werde (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO). Die Widerspruchsfrist diene „vornehmlich dem Schutz der Behörde selbst“ (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO), weshalb es der Widerspruchsbehörde „frei“ stehe, den Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückzuweisen oder trotz des Fristablaufs in der Sache zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO). Die der Behörde eingeräumte Befugnis zur Sachentscheidung über einen verfristeten Widerspruch finde bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ihre Grenze, da der Dritte nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch die eingetretene Bestandskraft eine gesicherte Rechtsposition erlangt habe, für deren Entzug die §§ 68 ff. VwGO - mit Ausnahme der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine Rechtsgrundlage enthielten; vielmehr sei durch die Behörde eine Abänderung von Amts wegen gemäß §§ 48, 49 VwVfG zu prüfen (BVerwG, Urteil vom 04.08.1982, aaO).
84 
bb) Ob dieser Rechtsprechung insgesamt zu folgen ist, kann offen bleiben. Denn auch, wenn man ihr folgt, fehlt es vorliegend jedenfalls im Bereich des kommunalen Abgabenrechts an einer Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde.
85 
Ein (wie im Falle der Entscheidung über den verfristeten Widerspruch angenommenes) grundsätzlich freies bzw. offenes Ermessen unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl einer Bindung (BVerwG, Urteil vom 05.09.1966 - V C 175.65 - juris Rn. 13). Das freie Ermessen ist sehr weit und ergibt sich aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift (soweit dieser reicht). Grenzen ergeben sich (zudem aus höherrangigem Recht wie beispielsweise) aus Art. 3 GG (BVerwG, aaO). Das freie Ermessen hat sich innerhalb der durch das Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen zu halten (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 57.91 -NJW 1993, 1667, 1669). Die Begründung der Ermessensausübung ist in der Regel entbehrlich, da hierfür der Ausschluss oder die Begrenzung der Begründungspflicht aus dem Sinn und Zweck der das freie Ermessen einräumenden Vorschrift genügt (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993, aaO).
86 
Unter Berücksichtigung des Vorgesagten sind die - nicht in den §§ 68 ff. VwGO enthaltenen - Vorschriften, welche die (materielle) Bestandskraft und Abänderbarkeit von Verwaltungsakten regeln, in Bezug genommen. Zum einen wird die Widerspruchsbehörde das ihr zustehende - nur grundsätzlich -freie Ermessen, dann ggf. einschränkend auszuüben haben, falls dies durch höherrangige Rechtgrundsätze wie z.B. aus Art. 3 GG oder (in den Fällen von Verwaltungsakten mit Drittwirkung) Gründen des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten erscheint. Zum anderen enthalten die §§ 68 ff. VwGO keine Ermächtigung der Widerspruchsbehörde zur Abänderung des angefochtenen Verwaltungsakts, sondern setzen - was die Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten anbelangt - eine solche Befugnis voraus und lassen damit Raum für die - subsidiäre - Anwendung und Berücksichtigung des jeweiligen Verwaltungsverfahrensrechts. Die Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Sachentscheidung steht mithin mit der Befugnis zur Durchbrechung der (materiellen) Bestandskraft des Verwaltungsaktes in wechselseitigem Zusammenhang. In Ergänzung des in §§ 68 ff. VwGO als Sachurteilsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens (nicht abschließend) geregelten Widerspruchsverfahrens sind die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder heranzuziehen und - subsidiär - anwendbar.
87 
Die danach das Widerspruchsverfahren gemäß § 68 ff. VwGO ergänzenden Regelungen der §§ 172 ff., 367 Abs. 2 AO zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden führen zu einer eingeschränkten Sachherrschaft der Behörde. Die hierbei in § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 172 ff. AO für die Ausgangsbehörde gesetzgeberisch erfolgte Ausgestaltung der Durchbrechung der (materiellen) Bestandkraft ist auf das Handeln der Widerspruchsbehörde übertragbar, da sich dem Willen des Landesgesetzgebers insoweit eine Schlechterstellung des Widerspruchsführers nicht entnehmen lässt (Senatsurteil vom 30.11.1989, aaO, juris Rn. 20). Die §§ 169 Abs. 1 Satz 1, 172 ff. AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG enthalten für Abgabenbescheide besondere Regelungen. Abgabenbescheide unterliegen danach (gegenüber sonstigen Verwaltungsakten) einer besonderen (erhöhten) Bestandskraft (Senatsurteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 - juris Rn. 24; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.07.2012 - 9 S 569/11 - juris Rn. 30).
88 
Die ausdifferenzierten und sonach abschließenden Regelungen zur Durchbrechung der materiellen Bestandkraft von Abgabenbescheiden engen die uneingeschränkte Sachherrschaft der Behörde bei verfristetem Widerspruch in vergleichbarer Weise den Fällen bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung ein, in welchen ebenfalls eine eingeschränkte Sachherrschaft mit Blick auf die rechtlichen Wirkungen der Bestandkraft angenommen wird. Denn die Frage der Abänderbarkeit von Verwaltungsakten ist eine Frage des Verwaltungsverfahrensrechts, auf das hierbei (ergänzend) zurückzugreifen ist. Die für Abgabenbescheide einschlägigen, über § 3 KAG anwendbaren Vorschriften der §§ 172 ff. AO regeln die Durchbrechung der Bestandskraft und gelten - wie sich aus § 172 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt („soweit er nicht vorläufig oder unter Vorbehalt ergangen ist“) - nur für materiell bestandskräftige Bescheide, was deren formelle Bestandkraft voraussetzt. Bei verfristetem Widerspruch trifft die Widerspruchsbehörde über die Unanfechtbarkeit und damit formelle Bestandkraft eine Sachentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.01.1964 - VIII C 72.62 - DVBl. 1965, 89). Damit könnte die Widerspruchsbehörde über die Anwendbarkeit der §§ 172 ff. AO oder aber bei Ausübung freien Ermessens über die Nichtanwendbarkeit der über § 3 KAG anwendbaren Regelungen der AO, welche - wie z.B. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b AO (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2007 - II B 33/06 - juris Rn. 4) - einen zulässigen „Widerspruch“ (§ 3 Abs. 4 KAG) voraussetzen, disponieren.
89 
Durch die §§ 172 ff. AO ist eine Gesamtaufrollung (wie sie durch ein Widerspruchsverfahren bewirkt würde) nicht vorgesehen und lediglich eine sog. Punktberichtigung möglich (Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. Lieferung, Vorbemerkungen zu §§ 172-177 Rn. 2). § 173 Abs. 2 AO enthält eine Änderungssperre (Tipke/Kruse, aaO). Bei unzulässigem Widerspruch ist eine Verböserung des angefochtenen Abgabenbescheids ausgeschlossen (BFH, Urteil vom 09.08.2007 - VI R 7 /04 - juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ergibt sich aus dem im Bereich des Abgabenrechts nach § 3 KAG anwendbaren § 367 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Regelung des § 367 Abs. 2 Satz 2 AO ist nach dem oben Gesagten subsidiär zu §§ 68 ff. VwGO anwendbar und daher im Rahmen der Auslegung des § 70 VwGO bei der Bestimmung der Reichweite der (insoweit partiell im Bereich des kommunalen Abgabenrechts einzuschränkenden) Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde zu berücksichtigen. Weitere Einschränkungen ergeben sich durch die ebenfalls subsidiär als verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen zur Abänderbarkeit von Abgabenbescheiden anwendbaren Regelungen der §§ 172 ff. AO. Schließlich gebietet die letztlich im öffentlichen Interesse liegende erhöhte Bestandskraft von Abgabenbescheiden (bei der vorgelagerten freien Ermessensentscheidung über die formelle Bestandskraft) eine eingeschränkte Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung der formellen Bestandkraft. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte zu Recht den Widerspruch als verfristet zurückgewiesen.
90 
b) Unabhängig hiervon kann - ohne dass es noch tragend darauf ankommt -der Kläger von der Beklagten jedenfalls nicht - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer Sachentscheidung verlangen. Das ergibt sich bereits unmittelbar daraus, dass - wie gezeigt - im kommunalen Abgabenrecht ein Ermessen, sich über die Verfristung hinwegzusetzen, objektiv nicht eingeräumt ist. Darüber hinaus gilt auch für den Fall einer anzunehmenden objektiven Ermessensermächtigung im Sinn der oben dargelegten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidungsbefugnis bei verfristetem Widerspruch grundsätzlich zuzuerkennen ist, dass hieraus jedenfalls nicht auf ein dieser Sachentscheidungsbefugnis korrelierendes (subjektives) Recht auf ermessenfehlerfreie Entscheidung geschlossen werden kann. Denn zur Herleitung subjektiver Rechte wird nach der insoweit herrschenden, auch für die Herleitung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung maßgeblichen Schutznormtheorie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Interessen die maßgeblichen Rechtsnormen schützen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 40 Rn. 52). Nach dem Ansatz der vorgenannten Rechtsprechung ist Schutzzweck der Widerspruchsfrist (vornehmlich) das Interesse der Behörde. Der Widerspruchsbehörde soll es frei stehen (sog. freies Ermessen), sich entweder auf die Fristversäumnis zu berufen oder - ungeachtet der Fristversäumnis - eine Sachentscheidung zu treffen. Die (abgelaufene) Widerspruchsfrist dient jedoch nicht (zumindest auch) den Interessen des Widerspruchsführers, der nur vor Ablauf, jedoch nicht nach Ablauf der Widerspruchsfrist die sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen wahrt und damit einhergehend einen Anspruch auf eine Sachentscheidung besitzt. Mithin steht dem Widerspruchsführer (nach Ablauf der Widerspruchsfrist) gerade kein subjektives Recht zu - auch nicht in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Senatsurteil vom 25.06.1987 - 2 S 1960/84 - juris; a.A. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.10.1981 - 5 S 1387/80 - juris; Urteil vom 21.10.1992 - 6 S 1335/92 - juris Rn. 27; Urteil vom 14. Oktober 1991 - 8 S 623/91 - juris Rn. 26; Urteil vom 26. Oktober 1981 - 5 S 1387/80 - juris). Ein (über das Vorgesagte hinausgehendes) allgemeines subjektives öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung würde sich nicht ohne Weiteres mit der insoweit herrschenden Schutznormtheorie in Einklang bringen lassen.
91 
Ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung wäre im Übrigen mit der Offenheit bzw. Freiheit des insoweit angenommenen Ermessens (s.o.) ebenso unvereinbar wie der insoweit anerkannten Entbehrlichkeit der Begründung der Ermessenausübung (s.o.). Denn ein solcher Anspruch relativierte die Offenheit des Ermessens und wäre angesichts der fehlenden Begründungspflicht (vorbehaltlich von Evidenz) in aller Regel nicht (gerichtlich) überprüfbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.01.1964, aaO) und damit nicht auf Durchsetzbarkeit angelegt.
92 
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
93 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 10. Dezember 2015
95 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.268,10 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
96 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungen der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses Grundgesetzes Grundrechte gewährleisten.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.