Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Juni 2017 - 4 A 13/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0613.4A13.16.00
bei uns veröffentlicht am13.06.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich für ein Hotelzimmer.

2

Der Kläger ist seit dem 01.03.2006 melderechtlich wohnhaft unter der Anschrift … in …. Dies teilte die Meldebehörde dem Beklagten im Mai 2014 mit. Diese Adresse ist identisch mit dem Hotel …, von dessen Betreiberin (… GmbH) er Geschäftsführer ist. Der Kläger hält sich während der Wintermonate im Ausland auf, während der Saison hingegen - zumindest vorübergehend - in einem Zimmer des Hotels. Das Hotel soll mittlerweile seinen Betrieb eingestellt haben.

3

Das Hotel wird beim Beklagten eigenständig unter der Rundfunknummer 508 668 236 geführt und zu Rundfunkgebühren (bis 2012) bzw. -beiträgen (seit 2013) herangezogen. Entsprechende Klagen hiergegen blieben erfolglos (14 A 203/05, 4 A 96/11, 4 A 159/12).

4

Aufgrund der Mitteilung des Einwohnermeldeamtes meldete der Beklagte den Kläger nach entsprechender Information über seine private Beitragspflicht ab dem 01.01.2013 unter der Beitragsnummer 652 191 850 an.

5

Nachdem keine Zahlungen zu verzeichnen waren, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 01.04.2015 für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 30.09.2014 einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 377,58 € und für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 53,94 € sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von 8 € fest.

6

Hiergegen legte der Kläger am 15.04.2015 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe keinen Haushalt, er wohne im Hotel. Dort würden ebenfalls Beiträge kassiert. Er halte sich zeitweise im Ausland auf. In der Hauptsaison würde er im Hotel aushelfen und ein Hotelzimmer ohne Fernsehgerät nutzen.

7

Den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21.12.2015 begründete der Beklagte damit, dass der Kläger aufgrund der gesetzlichen Vermutung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) unter der übermittelten Meldeanschrift als Wohnungsinhaber angemeldet worden sei. Das im Hotel bewohnte Zimmer sei eine Wohnung im Sinne des RBStV. Nach der gesetzlichen Definition sei es ausreichend, dass die ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit zum Wohnen bzw. Schlafen geeignet sei. Es bedürfe für die Einordnung als Wohnung keines tatsächlichen Bewohnens. Ob und welche Rundfunkempfangsgeräte vorhanden seien und ob und welche Art von Rundfunk dort empfangen werde, sei unerheblich.

8

Der Kläger hat am 20.01.2016 Klage erhoben. Zur Begründung vertieft er seine bisherigen Argumente und führt ergänzend an, dass er in dem streitgegenständlichen Hotelzimmer keinen eigenständigen „Haushalt“ führe; insbesondere gebe es zum Beispiel keine Küche, keine eigenen Wasser- oder Stromzähler. § 3 Abs. 2 Nr. 5 RBStV könne entnommen werden, dass Raumeinheiten, die der vorübergehenden Unterbringung in Beherbergungsstätten dienten, insbesondere Hotel- und Gästezimmer, nicht als Wohnung gelten würden. Zudem sei das jeweils 1. Zimmer oder die 1. Wohnung für ihre zugehörige Betriebsstätte beitragsfrei (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 RBStV). Wenn überhaupt ein von dem Kläger genutztes Hotelzimmer als „Wohnung“ betrachtet würde, wäre diese auch hiernach von der Gebührenpflicht befreit. Zudem werde die Berechnung dem Grunde und der Höhe nach nicht anerkannt.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Bescheid des Beklagten vom 01.04.2015 und den Widerspruchsbescheid vom 21.12.2015 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Unter Vertiefung seines bisherigen Vortrags führt er ergänzend aus, dass gegen die Verfassungsgemäßheit des RBStV keine Bedenken bestünden. Die Tatsache, dass der Kläger in einem Hotelzimmer wohne, führe nicht dazu, dass die Beitragspflicht entfalle: der RBStV unterscheide zwischen dem privaten und dem nicht ausschließlich privaten Bereich, für den jeweils gesondert Beiträge anfallen würden. Das Zimmer sei nicht vom Wohnungsbegriff entbunden, nur weil es sich innerhalb einer Betriebsstätte befinde.

14

Mit Beschluss vom 19.06.2016 ist der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Bescheid des Beklagten vom 01.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages ist seit dem 01.01.2013 §§ 2, 3, 7, 10 Abs. 5 des 15. Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (i.V.m. dem Gesetz zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16.12.2011, GVOBl. SH 2011 Nr. 18, S. 345 ff), im folgenden RBStV.

17

An der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages hat das Gericht nach seiner ständigen Rechtsprechung – an der es festhält – keinen Zweifel (vgl. grundlegend VG Schleswig, U. v. 10.06.2015 - 4 A 105/14 -, juris). Die Verfassungsmäßigkeit des zum 01.01.2013 eingeführten Rundfunkbeitrags hat nach den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 13.05.2014 (VGH B 35/12 -, juris) und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15.05.2014 (Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12 -, jeweils zitiert nach juris) sowie zahlreichen Entscheidungen von Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten (vgl. auch OVG Schleswig, B. v. 06.03.2017 - 3 LA 40/16 -, juris) auch das Bundesverwaltungsgericht in mehreren Urteilen vom 18.03.2016 (u. a. BVerwG - 6 C 6.15 -, juris) und vom 07.12.2016 (BVerwG - 6 C 49/15 -, juris) festgestellt.

18

Der angefochtene Bescheid ist auch formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Beitragspflicht des Klägers nach § 2 Abs. 1 RBStV auch hinsichtlich des Zimmers im Hotel … vor.

19

Dieses Zimmer stellt eine Wohnung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV dar. Nach dieser Vorschrift ist eine Wohnung jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die (1.) zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und (2.) durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Definition des Begriffes der Wohnung für den Bereich des Rundfunkrechts, die an den Abgrenzungserfordernissen des Beitragsrechts ausgerichtet und in diesem Lichte auszulegen ist (LT-Drs. 17/1336, S. 44). Aus der Formulierung, dass die Raumeinheit zum Wohnen oder Schlafen lediglich geeignet sein muss, ergibt sich, dass ein tatsächliches Bewohnen nicht erforderlich ist und es auch nicht auf eine gewisse Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Bewohnens ankommt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll daher auch ein Ferien- oder Wochenendhaus eine Wohnung darstellen, selbst wenn es nur einmal im Jahr tatsächlich für einen Kurzurlaub aufgesucht und im Übrigen lediglich zur Nutzung bereitgehalten wird (LT-Drs. 17/1336, S. 45). In der Wohnung beanspruchen deren Inhaber den „inneren Wohnungsschutz“ als Mittelpunkt ihrer menschlichen Entfaltung und individuellen Persönlichkeitsgestaltung. Für die Anforderungen des Rundfunkrechts kann deshalb angenommen werden, dass Haushalt und Wohnung regelmäßig deckungsgleich sind. Es macht sich zunutze, dass der Begriff der Wohnung – anders als der Haushalt – objektiv formalisiert abgrenzbar ist. Auch das Innehaben einer Wohnung kann – anders als die Mitgliedschaft in einem Haushalt – anhand objektiver Kriterien abgegrenzt werden, in dem Mithilfe der in § 2 Abs. 2 Satz 2 formulierten Vermutungen auf vorhandene Rechtsinstitute des Melde- und des Mietrechts zurückgegriffen wird. Diese Anknüpfung hat überdies den Vorteil, dass zur Ermittlung und Abgrenzung des Tatbestandes regelmäßig keine Nachforschungen im privaten, grundrechtlich besonders geschützten Innenbereich erforderlich sind. Das Betreten der Wohnungen erübrigt sich (LT-Drs. 17/1336, S. 44 f.). Insoweit unterscheidet sich der Wohnungsbegriff des § 3 Abs. 1 RBStV sowohl von der allgemeinsprachlichen Wohnungsdefinition als auch vom – engeren – Wohnungsbegriff des Abgaben- oder Melderechts, der jeweils eine (zumindest zeitweilige) tatsächliche Wohnnutzung erfordert (vgl. Göhmann/Schneider/Siekmann in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 2 RBStV, Rn. 10 und § 3 RBStV, Rn. 10). Dass auch Gebäude zum nur gelegentlichen Aufenthalt wie etwa Gartenlauben grundsätzlich vom Wohnungsbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV erfasst sind, ergibt sich auch aus § 3 Abs. 1 Satz 3 RBStV. Danach „gelten“ Bauten im Sinne des § 3 BKleingG nicht als Wohnungen. Einer solchen Fiktionsnorm bedürfte es nicht, wenn solche Bauten schon nicht der Wohnungsdefinition nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RBStV unterfallen würden (vgl. VG Leipzig, U. v. 12.08.2016 – 1 K 1691/15 –, juris). Aus der Anknüpfung an die (abstrakte) Eignung zum Wohnen oder Schlafen ergibt sich außerdem, dass eine bestimmte Mindestgröße oder -ausstattung der Raumeinheit (etwa mit Bad oder Küche) nicht erforderlich ist. Eine Wohnung liegt nur dann nicht vor, wenn die Raumeinheit schon objektiv weder zum Schlafen noch zum Wohnen geeignet ist, etwa im Falle eines Rohbaus ohne Türen und Fenster (vgl. Göhmann/Schneider/Siekmann in: Hahn/Vesting, a. a. O., § 3 RBStV, Rn. 9 f.).

20

Diesen Voraussetzungen an eine Wohnung genügen die vom Kläger genutzten Hotelzimmer. Es handelt sich jeweils um ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheiten, die durch einen eigenen Eingang über den Hotelflur betretbar sind und sich der Kläger in einer solchen jedenfalls während der Sommermonate bis Ende September, teilweise auch bis Mitte Oktober, jährlich aufhält. Dies gilt für den hier streitigen Zeitraum (2013 und 2014), auch wenn das Hotel mittlerweile geschlossen sein soll. Der Kläger hat selbst vorgetragen, er nutze ein Hotelzimmer zum Schlafen, bevorzugt das Zimmer 401/318.

21

Ohne Erfolg macht der Kläger ferner geltend, dass die Beitragspflicht aufgrund der Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 5 RBStV entfalle. Dieser Ausnahmetatbestand, wonach Raumeinheiten, die der vorübergehenden Unterbringung in Beherbergungsstätten dienen, insbesondere Hotel- und Gästezimmer, nicht als Wohnung gelten, ist nicht einschlägig. Die Norm soll tatbestandliche Überschneidungen mit dem nicht privaten Bereich verhindern, d. h. es sollen solche Raumeinheiten ausgeklammert werden, die in der Betriebsstätte aufgehen (LT-Drs. 17/1336, S. 47). Das ist deshalb gerechtfertigt, weil bei den genannten Fallkonstellationen nicht das auf unbestimmte Dauer angelegte Wohnen an sich im Vordergrund steht. Im Vergleich zu klassischen Wohnungen dienen die genannten Raumeinheiten den dort untergebrachten Personen in deutlich geringerem Maße der individuellen Entfaltung in einer persönlichen Lebenssphäre, in die sie sich zurückziehen können. Bereits der Begriff der vorübergehenden Unterbringung macht deutlich, dass nur solche Raumeinheiten vom Wohnungsbegriff des Abs. 1 ausgenommen werden sollen, die der Beherbergung ständig wechselnder Gäste dienen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 23.09.2015 - 4 LA 230/15 -, juris; Göhmann/Schneider/Siekmann in: Hahn/Vesting, a. a. O., § 3 RBStV, Rn. 19, 31).

22

Vorliegend dienten die Hotelzimmer nicht als solche – i.S.e. zur vorübergehenden entgeltlichen Beherbergung überlassenen Raumeinheit –, sondern als Wohnung. Dies ergibt sich bereits aus der ununterbrochenen melderechtlichen Anmeldung des Klägers unter der Anschrift des Hotels … seit März 2006 und seines dort jährlich stattfindenden längerfristigen Aufenthalts über die Sommersaison als Geschäftsführer des Hotels. Hier besteht der alleinige Lebensmittelpunkt des Klägers für die Dauer seiner Anwesenheit in Deutschland. Dabei kommt es nach Ansicht des Gerichts auch nicht darauf an, ob das Hotelzimmer über einen Zeitraum von sechs Monaten dauerbewohnt war (wie der Beklagte in seiner Zwischenmitteilung vom 17.09.2015 angeführt hat). Die Rundfunkbeitragspflicht beginnt nach § 7 Abs. 1 RBStV mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat. Sachliche Gründe, die ein Abweichen hiervon rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist die Rundfunkbeitragspflicht für ein als Wohnung genutztes Hotelzimmer genauso zu beurteilen wie für jede andere Wohnung (vgl. VG Gera, U. v. 02.12.2016 – 3 K 99/16 Ge -, juris m.w.N.). In der zitierten Entscheidung des VG Gera wird weiter ausgeführt, dass bei Begründung einer Wohnung es nicht darauf ankommen könne, ob sich diese in einem Hotel(-zimmer) oder einem Mehr- bzw. Einfamilienhaus befinde. Dass dieses Ergebnis sachgerecht sei, ergebe sich bereits bei einem Vergleich mit einer außerhalb eines Hotels gelegenen Zweitwohnung. Auch für diese beginne die Rundfunkbeitragspflicht nach § 7 Abs. 1 RBStV im ersten Monat. Anlass für eine Privilegierung eines als Wohnung genutzten Hotelzimmers in dem Sinne, dass hierfür erst ab einer Dauervermietung von sechs Monaten der Rundfunkbeitrag anfalle, bestehe nicht. Etwas anderes ergebe sich vorliegend auch nicht daraus, dass der Kläger verschiedene Hotelzimmer bewohnt habe. Denn ein Wechsel der Hotelzimmer innerhalb eines Hotels lässt die Beitragspflicht für die Wohnung ebenso unberührt, wie ein entsprechender Wechsel der Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus oder aber mehrere Umzüge. Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Einzelrichterin an.

23

Inhaber einer Wohnung ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die (1.) dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder (2.) im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV). Nach diesen Regelungen besteht die Rundfunkbeitragspflicht nicht nur für die Hauptwohnung des Beitragsschuldners, sondern auch für eine Nebenwohnung. Die Beitragspflicht knüpft lediglich daran an, dass der Inhaber die Wohnung selbst bewohnt, was unter den genannten Voraussetzungen vermutet wird, ohne dabei zwischen Erst- und Zweitwohnung zu unterscheiden (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., juris). Da das Gesetz in § 2 Abs. 1 RBStV – anders als noch im Rundfunkgebührenrecht – nicht mehr zwischen Haupt-, Neben-, Zweit- oder Ferienwohnung unterscheidet, sondern generell für jede Wohnung einen Rundfunkbeitrag vorsieht, ist der Beklagte nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestimmung berechtigt, vom Kläger für die streitgegenständliche, von ihm genutzte alleinige Wohnung einen Rundfunkbeitrag zu erheben. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Kläger eine weitere Wohnung (auch ggf. im Ausland) neben seiner Hauptwohnung innehat und auch nicht darauf, wie lange oder wie oft er sich dort aufhält (vgl. VG München, U. v. 17.06.2015 - M 6b K 14.3465 -, juris).

24

Der Kläger hat die in § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV geregelten Vermutungstatbestände auch nicht widerlegt. Das Vorbringen des Klägers, das Hotel nur während der Saison vorübergehend genutzt zu haben, erlaubt nicht die Annahme, dass die auf den melderechtlichen Verhältnissen beruhende Vermutung, dass er die Wohnung zu Wohnzwecken genutzt hat, widerlegt ist. Die Behauptung des Klägers bestätigt vielmehr, dass er die Wohnung selbst bewohnt. Es liegt in der Natur einer weiteren Wohnung (neben zB auch einer solchen im Ausland), dass die dort gemeldeten Personen diese nicht ganzjährig und nicht einmal für den überwiegenden Zeitraum des Jahres nutzen (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., juris). Dies allein rechtfertigt nicht eine Veranlagung lediglich für die Zeiträume, in denen die weitere Wohnung tatsächlich genutzt wird. Denn das Rundfunkbeitragsrecht knüpft, wie bereits ausgeführt, generalisierend und typisierend an die Möglichkeit der Rundfunknutzung ohne Rücksicht auf die Art und Dauer des Wohnens oder das Vorhalten von Rundfunkempfangsgeräten an.

25

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Hotel für die vorgehaltenen Hotelzimmer gewerbliche Rundfunkbeiträge entrichtet und damit quasi „doppelt kassiert“ werde. Denn das Hotel entrichtet für die Wohnung des Klägers keinen Wohnungsbeitrag i.S.d. RBStV, sondern nur den Rundfunkbeitrag für die Betriebsstätte. Da das Beitragsverhältnis des Hotels das Beitragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten nicht berührt, ist es unerheblich, ob die von dem Kläger genutzte Wohnung bei der Berechnung des gewerblichen Rundfunkbeitrags des Hotels zutreffend berücksichtigt wurde oder nicht (vgl. VG Gera, a.a.O., juris m.w.N.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber die mögliche Beitragspflicht von privaten Wohnungsinhabern und Betriebsstätteninhabern nebeneinander gesehen. In der Gesetzesbegründung zu dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 RBStV zur nicht dauerhaften heim- oder anstaltsmäßigen Unterbringung hat er ausgeführt: „Ist dagegen ein grundsätzlich unbefristetes Wohnen der Raumeinheiten vorgesehen, begründen die Menschen dort also – wie in Behinderten- oder Altenwohnheimen – regelmäßig ihren Wohnsitz, werden sie damit beitragspflichtig. Unberührt bleibt auch insoweit die Möglichkeit einer Beitragspflicht des jeweiligen Betriebsstätteninhabers nach Maßgabe der §§ 5 und 6“ (LT-Drs 17/1336, S. 47).

26

Gleichermaßen kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 RBStV für Inhaber einer Betriebsstätte für jedes darin befindliche Hotel- und Gästezimmer erst ab der 2. Raumeinheit ein Beitrag zu leisten sei. Denn dieser Tatbestand, der nach der Gesetzesbegründung Kleinstvermieter entlasten soll, berührt ausschließlich das Beitragsverhältnis zwischen dem Hotel als Betriebsstätteninhaber und dem Beklagten.

27

Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV ist der Beklagte als Anstalt öffentlichen Rechts berechtigt, die rückständigen Rundfunkbeiträge durch Bescheid festzusetzen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Rundfunkbeiträge für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 waren bei Erlass des Beitragsbescheids trotz Fälligkeit gemäß § 7 Abs. 3 RBStV noch nicht gezahlt und damit rückständig. Gegen die festgesetzte Höhe ist ebenfalls nichts zu erinnern (vgl. § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatvertrages).

28

Auch hinsichtlich des Säumniszuschlags ist der Bescheid rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge sind erfüllt, wonach ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8 € fällig wird, soweit Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Juni 2017 - 4 A 13/16

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bundeskleingartengesetz - BKleingG | § 3 Kleingarten und Gartenlaube


(1) Ein Kleingarten soll nicht größer als 400 Quadratmeter sein. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden. (2) Im Kleingarten ist
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichterin - vom 06.06.2016 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 162,64 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1.

2

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) liegt nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung weist eine Rechtsstreitigkeit auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und i. S. d. Rechtseinheit einer Klärung bedarf (Kopp/Schenke, aaO, § 124 Rn. 10 mwN.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. September 2014 -7 LA 73/13-, zit. nach juris, Rn. 35; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. OVG Lüneburg, aaO).

3

Die Klägerin ist der Auffassung, die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich bereits daraus, dass die streitgegenständlichen Fragen auch die Auslegung von Gemeinschaftsrecht beträfen und sich die Frage nach einer Notwendigkeit ergebe, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

4

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat sich das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 18.03.2016 – 6 C 6/16 -, juris) mit der EU-Rechtskonformität auseinandergesetzt, so dass die Frage bereits höchstrichterlich geklärt ist. Einer weiteren Entscheidung im Berufungsverfahren bedarf es daher nicht.

2.

5

Die Darlegungen der Klägerin sind auch nicht geeignet, den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Für deren Vorliegen ist nach ständiger Rechtsprechung auch des beschließenden Senats erforderlich, dass ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung begehrt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Misserfolg (Schl.-H. OVG, Beschluss vom 5. Februar 2015 - 3 LA 34/14 -, zit. nach juris, Rn. 2 m. w. N.). Dabei müssen die Zweifel das Ergebnis der Entscheidung betreffen (Schl.-H. OVG aaO, ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7a).

6

Daran gemessen rechtfertigt das Zulassungsvorbringen der Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht.

7

Wie bereits höchstrichterlich entschieden, handelt es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer i. S. v. Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe, für welche die Gesetzgebungskompetenz aus der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie - hier das Rundfunkrecht - folgt (BVerwG aaO, Rn. 12).

8

Anders als die Klägerin meint, wird der Rundfunkbeitrag nicht - wie eine Steuer - voraussetzungslos erhoben. Nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV haben die Landesgesetzgeber die Rundfunkbeitragspflicht an das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Wohnung geknüpft, weil sie davon ausgingen, die Wohnung sei der typische Ort des Rundfunkempfangs (BVerwG aaO, Rn. 14).

9

Auch die übrigen Voraussetzungen des Steuerbegriffs liegen nicht vor: So wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt, sondern es ist weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen (BVerwG aaO, Rn. 15).

10

Soweit die Klägerin vorbringt, mit Blick auf das unabhängig von der tatsächlichen Nutzung ausgesendete Angebot des Beklagten als „Gegenleistung" für den Beitrag fehle es an einem individualisierten Verhältnis, was eine nicht individualisierte Gesamtfinanzierung und damit eine Steuer nahelege, verfängt das nicht.

11

Ein ausgleichspflichtiger individueller Vorteil entsteht nicht nur, wenn eine Leistung der öffentlichen Hand in Anspruch genommen, d. h. tatsächlich genutzt wird. Vielmehr kann bereits die Möglichkeit, ein Leistungsangebot zu nutzen, einen derartigen Vorteil darstellen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Nutzung nicht nur tatsächlich und rechtlich möglich, sondern darüber hinaus die Annahme berechtigt ist, dass der Personenkreis, dem die Nutzungsmöglichkeit offensteht, diese mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit weitestgehend in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG aaO, Rn. 27).

12

Kann der Einzelne frei darüber entscheiden, ob er eine Leistung in Anspruch nimmt, muss feststehen, dass die Mitglieder eines abgrenzbaren Personenkreises von der angebotenen Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen (BVerwG aaO, Rn. 28).

13

Demgegenüber stellt die Rundfunkempfangsmöglichkeit einen Vorteil dar, der Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden kann, weil nahezu alle von dieser Möglichkeit in ihrer Wohnung Gebrauch machen. Diese Annahme ist aufgrund des tatsächlichen Befunds berechtigt, dass Wohnungen weitestgehend mit Empfangsgeräten ausgestattet sind (BVerwG aaO, Rn. 29).

14

Unter Berücksichtigung dieser Prämissen greift der Einwand einer fehlenden Individualisierung nicht durch.

15

Überdies begegnet auch das Anknüpfen der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens keinen durchgreifenden Bedenken. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Abgrenzungskriterium der Wohnungsinhaberschaft sachlich gerechtfertigt.

16

Die Entscheidung der Landesgesetzgeber, die bisherige gerätebezogene Rundfunkgebührenpflicht durch die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht zu ersetzen, hält sich innerhalb des ihnen verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsspielraums.

17

Die tatsächliche Möglichkeit des Rundfunkempfangs setzt zwar selbstverständlich ein entsprechendes Empfangsgerät voraus. Das Innehaben einer Wohnung allein reicht nicht aus, Rundfunkprogramme zu empfangen. Der Gesetzgeber hat das Merkmal „Wohnung“ gewählt, weil mit ihm der Inhaber der Wohnung als der Beitragsschuldner unschwer festgestellt werden kann. Dahinter steht aber die Vorstellung, dass der Inhaber einer Wohnung zugleich Besitzer von Rundfunkempfangsgeräten ist. Die nahezu lückenlose Ausstattung der Wohnungen mit Empfangs-, insbesondere Fernsehgeräten lässt den Schluss zu, dass die überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber das Programmangebot typischerweise in ihrer Wohnung nutzt, dort jedenfalls Empfangsgeräte für eine auch mobile Nutzung außerhalb der Wohnung vorhält. Der Wechsel von dem Anknüpfungsmerkmal „Gerätebesitz“ zum Anknüpfungsmerkmal „Wohnung“ war sachlich gerechtfertigt, weil der Gebührentatbestand des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgeräts gegen den Willen des Gerätebesitzers nicht verlässlich festgestellt werden konnte und demzufolge die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts eine zunehmende „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ ermöglichte. Dadurch war jedenfalls ernstlich zweifelhaft geworden, ob die Rundfunkgebührenpflicht noch mit dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit der Abgabenpflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar war (BVerwG aaO, Rn. 32).

18

Es kann nicht entscheidend darauf ankommen, in welchem Umfang eine Nutzung des öffentlichen Rundfunks auch außerhalb der Wohnung durch mobile Empfangsgeräte erfolgt. Abgesehen davon, dass sich die hierfür maßgebenden Hör- und Sehgewohnheiten der Beitragspflichtigen, d. h. der zeitliche Umfang ihres Rundfunkempfangs, nicht verlässlich feststellen lässt, ist allein maßgeblich, dass der weitaus überwiegende Anteil der privaten Haushalte mit Fernsehgeräten, stationären oder mobilen Personal-Computern sowie Internetzugängen ausgestattet ist und daher eine überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber Empfangsgeräte typischerweise innerhalb der Wohnung nutzt oder zumindest vorhält. Dies rechtfertigt die Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 6. Oktober 2016 - 1 A 408/14 -, juris, Rn. 50).

19

Gemessen an diesen Maßgaben, die das saarländische OVG aufgestellt hat und denen sich der Senat anschließt, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

20

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt der Beitrag auch nicht gegen den Gleichheitssatz.

21

Die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers erstreckt sich auch auf den Verteilungsmaßstab. Differenzierungen können vor allem dann unterbleiben, wenn es um die Erfassung atypischer Sachverhalte geht, deren Feststellung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Ebenso ist eine Typisierung aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung von übermäßigen, mit Rechtsunsicherheit verbundenen Differenzierungsanforderungen zulässig, wenn die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (BVerwG aaO, Rn. 44 m. w. N.).

22

So liegt es letztlich auch hier. Die Heranziehung eines Wohnungsinhabers, der sich bewusst gegen Fernsehkonsum entschieden hat, ist Folge eines ausgesprochen seltenen Sonderfalls. Die mit ihr notwendig verbundene ungleiche Belastung einzelner Beitragszahler steht aber nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen, bei der Rundfunkbeitragspflicht zur Bewältigung eines Massenphänomens an das Tatbestandsmerkmal des „Innehabens einer Wohnung“ anzuknüpfen.

23

Im Übrigen verstößt die Rundfunkbeitragspflicht jedenfalls nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Informationsquellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Da nahezu jeder Beitragspflichtige über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verfügt, zielt die Rundfunkbeitragspflicht weder darauf ab noch ist sie wegen der Höhe des Beitrags objektiv geeignet, Interessenten von Informationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fernzuhalten. Soweit sie sich als Beschränkung des Zugangs zu anderen Informationsquellen auswirkt, ist dies hinzunehmen, um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten (BVerwG aaO, Rn. 50).

24

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

26

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

27

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt deutschlandweit eine Autovermietung. Mit Bescheiden vom 26. Juli 2013 und 7. August 2013 setzte der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2013 und vom 1. April bis zum 30. Juni 2013 für die Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge der Klägerin rückständige Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge in einer Gesamthöhe von 1 408 562,94 € fest.

2

Nachdem die Klägerin die festgesetzten Beiträge gezahlt hatte, hat sie Klage erhoben mit dem Ziel, die Beitragsbescheide aufzuheben und die Beiträge nebst Prozesszinsen zurückzuerhalten. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Berufungsurteil im Wesentlichen ausgeführt: Die Vorschriften über die Erhebung des Rundfunkbeitrags für Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Es handele sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine nichtsteuerliche Abgabe, deren Regelung in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle, weil er der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV diene und nicht in den allgemeinen staatlichen Haushalt fließe. Er werde auch nicht voraussetzungslos geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Er sei eine Vorzugslast, die durch die mit ihr verfolgten Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs legitimiert sei. Der abgabenbegründende Vorteil dürfe typisierend an das Innehaben einer Raumeinheit anknüpfen. Der Wechsel von der Rundfunkgebühr zum Beitrag sei durch die technische Entwicklung und das damit drohende strukturelle Erhebungsdefizit bei der Anknüpfung an das Bereithalten eines Empfangsgeräts veranlasst.

3

Seine besondere sachliche Rechtfertigung finde der Rundfunkbeitrag durch die Finanzierungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Erfüllung des Programmauftrags und durch seine Ausgleichsfunktion. Der Vorteilsausgleich beziehe sich auf den strukturellen Vorteil, den jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ziehe, und den individuellen Vorteil der Möglichkeit der Inanspruchnahme. Beide Vorteile rechtfertigten für sich die Erhebung des Beitrags. Dies gelte auch für den unternehmerischen Bereich, dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk spezifische, die Unternehmenszwecke fördernde Vorteile biete.

4

Die Beitragspflicht für Betriebsstätten mit ihrer stufenweise degressiven Staffelung und für Kraftfahrzeuge sei dem Grunde und der Höhe nach auch unter Berücksichtigung unterschiedlicher Strukturen im unternehmerischen Bereich hinreichend realitätsgerecht und ausreichend differenziert, um den beitragsauslösenden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgabepflichtigen untereinander angemessen zu verteilen. Die Belastung halte sich angesichts der mit ihr verfolgten Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs im Rahmen des Zumutbaren, auch soweit sich bei großen Betrieben insbesondere mit zahlreichen Betriebsstätten die Beiträge erheblich vervielfachten. Zudem sei der Rundfunkbeitrag nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung nicht auf die Erzielung von Überschüssen ausgerichtet.

5

Eine Verletzung des Gebots der Belastungsgleichheit durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens sei nicht gegeben. Durch die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Kontrollinstrumente sei die Nichtanzeige mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden. Vollzugsmängel könnten ein strukturelles Erhebungsdefizit nicht begründen.

6

Der Kraftfahrzeugbeitrag führe nicht zu einer systemwidrigen Mehrfachbelastung, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunkempfang in Kraftfahrzeugen dem nicht privaten Bereich spezifische Vorteile biete und dort in besonderer, die Unternehmenszwecke fördernder Weise genutzt werden könne, wie dies im Falle der Klägerin, bei denen der private oder gewerbliche Kunde regelmäßig Wert auf das Vorhandensein eines Radios im gemieteten Auto und auf die Möglichkeit des Rundfunkempfangs lege, offensichtlich sei. Hierbei handele es sich um einen sachlichen Grund, der den Unterschied zum Beitrag im privaten Bereich kennzeichne.

7

Dem Betriebsstättenbeitrag lägen keine unzutreffenden Annahmen über die Üblichkeit des Rundfunkempfangs in Betriebsstätten oder dessen Nutzen zugrunde. Ebenso wenig sei die Staffelung nach Beschäftigtenzahlen sachwidrig. Der Gesetzgeber habe hier einen Massenvorgang geregelt, der ihn zur Typisierung und Schaffung praktikabler Differenzierungen berechtige. Dementsprechend sei es sachgerecht, wenn der Gesetzgeber den möglichen Nutzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots nach der Zahl der Beschäftigten und nicht nach dem Umsatz oder dem Gewinn bemesse und davon ausgehe, dass der spezifische Programmvorteil nicht linear mit der Zahl der Beschäftigten steige, sondern ein kommunikativer Nutzen in Bezug auf den einzelnen Beschäftigten bei Zunahme der Beschäftigtenzahl typischerweise abnehme.

8

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt, mit der sie neben einem Verfahrensmangel vor allem geltend macht, dass es sich bei dem Beitrag um eine Zwecksteuer handele, weshalb den Ländern die Gesetzgebungskompetenz fehle. Die an Vorzugslasten zu stellenden Anforderungen seien nicht erfüllt. Die Erhebung einer Abgabe sei zwar sachlich durch die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerechtfertigt; es fehle dem Beitrag aber an der erforderlichen deutlichen Unterscheidung von der Steuer. Für die Rechtfertigung der Vorzugslast reiche die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit nach der Rechtsprechung des Senats zum Wohnungsbeitrag nicht aus. Es müsse die Annahme berechtigt sein, dass der Personenkreis, dem die Nutzungsmöglichkeit offenstehe, diese mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit weitestgehend in Anspruch nehme. Hierfür fehle es an belastbaren Ermittlungen der Üblichkeiten und Möglichkeiten des vorteilhaften Rundfunkempfangs in Betriebsstätten. Zudem müsse die Vorteilhaftigkeit der Rundfunknutzung für den Abgabepflichtigen hinterfragt werden.

9

Die Verfassungswidrigkeit der Beitragspflicht ergebe sich auch aus einem Verstoß gegen das Übermaßverbot und das Kostendeckungsprinzip. Die Erhebung von Vorzugslasten werde in Bezug auf den Nutzen durch das Äquivalenzprinzip und in Bezug auf die Höhe der Kosten des Leistungserbringers durch das Kostendeckungsprinzip begrenzt. Beide Prinzipien seien hier verletzt, weil das Beitragsaufkommen den Bedarf deutlich übersteige und der Gesetzgeber einen Vergleich des prognostizierten Aufkommens mit dem konkret ermittelten Bedarf unterlassen habe.

10

Die Beitragspflicht verletze ferner das Gebot der Belastungsgleichheit. Zum einen führten die Erhebungsregelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zu einem strukturellen Erhebungsdefizit, weil sie nicht die Gewähr für eine gleichmäßige Inanspruchnahme aller Beitragspflichtigen böten. Zum anderen seien der Betriebsstätten- und der Kraftfahrzeugbeitrag in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar.

11

Der Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern verteidigen das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht oder von Bestimmungen eines revisiblen Rundfunkstaatsvertrags (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 13 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags - RBStV -, § 48 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien, jeweils in der Fassung der Bekanntmachung des Fünfzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 7. Juni 2011, GVBl S. 258).

13

Die Beitragspflicht nach den §§ 5 ff. RBStV greift in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit der Beitragsschuldner ein. Der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG erfasst die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, auf die sich über Art. 19 Abs. 3 GG auch rechtsfähige Personenvereinigungen des Privatrechts wie die Klägerin berufen können. Daher können die Beitragsschuldner eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung und damit auch der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags für den nicht privaten Bereich verlangen.

14

Das berufungsgerichtliche Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensmangel (1.). Die angefochtenen Bescheide sind durch die Bestimmungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags gedeckt (2.). Der Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich ist eine nichtsteuerliche Abgabe, deren Erhebung von der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt ist (3.). Die Beitragserhebung ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt (4.). Sie stellt die Gegenleistung für den individuell zurechenbaren Vorteil dar, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können; dieser Vorteil wird durch die Anknüpfung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Betriebsstätte bzw. eines betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs verlässlich erfasst (5.). Die Landesgesetzgeber waren berechtigt, die von den nicht privaten Rundfunkteilnehmern erhobene frühere Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag zu ersetzen (6.). Es ist nicht aus Gründen der Belastungsgleichheit geboten, Inhaber von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen, in denen ein Rundfunkempfangsgerät nicht vorhanden ist, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien (7.). Das Beitragsaufkommen beachtet die Zweckbindung des Rundfunkbeitrags und verletzt weder das Übermaßverbot noch das Kostendeckungsprinzip (8.). Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im nicht privaten Bereich lässt ein strukturelles Erhebungsdefizit nicht erkennen (9.). Das Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit wird nicht durch die Ausgestaltung des Betriebsstättenbeitrags (10.), des Kraftfahrzeugbeitrags (11.) oder die Erhebung des sog. "Übergangsbeitrags" (12.) verletzt. Weitere verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen die Beitragserhebung bestehen nicht (13.).

15

1. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Die Einhaltung der daraus folgenden verfahrensmäßigen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Ein Verfahrensfehler in Gestalt eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz liegt nur dann vor, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt, etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht, aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:230516B7B47.15.0] - juris Rn. 16 m.w.N. und vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:090615B6B59.14.0] - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53).

16

Gemessen hieran lässt sich eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes durch das Berufungsgericht hinsichtlich der von der Klägerin in der Berufungsinstanz vorgetragenen Anteile nicht erfasster, beitragspflichtiger Betriebsstätten- und Kraftfahrzeuginhaber nicht feststellen. Einen dem Vortrag der Klägerin entsprechenden Akteninhalt hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und demzufolge auch nicht übergangen. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil zwar auf die Akten und damit auch auf den klägerischen Berufungsvortrag Bezug genommen. Hierdurch werden aber die mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Umstände nicht als Tatsachen festgestellt; die Feststellung beschränkt sich allein darauf, dass die Berufungsbegründung einen bestimmten Inhalt hat (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 137). Aus den vorgenannten Gründen hat das Berufungsgericht auch keine aktenwidrigen Tatsachen angenommen.

17

Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass Vollzugsmängel nicht geeignet sind, ein strukturelles Erhebungsdefizit und damit die Verfassungswidrigkeit der materiellen Beitragsnormen zu begründen. Anhand dieses Rechtssatzes hat es die Ausführungen der Klägerin dahingehend gewürdigt, dass sie nicht auf die Darlegung eines strukturellen Erhebungsdefizits, sondern von Vollzugsmängeln zielten. Diese Schlussfolgerung begegnet keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. Insoweit hat die Klägerin eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nicht substantiiert. Wenn sie meint, der Verwaltungsgerichtshof hätte die von ihr ermittelten Anteile nicht erfasster beitragspflichtiger Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge der Annahme eines strukturellen Erhebungsdefizits zugrunde legen müssen, handelt es sich um die Geltendmachung einer von dem Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs abweichenden Würdigung ihres Vortrags, welche dem materiellen Recht zuzuordnen ist.

18

Die Klägerin erachtet einen Verstoß gegen Denkgesetze als gegeben, soweit das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, dass der beabsichtigte Personalabbau beim Beitragsservice der Rundfunkanstalten keinen Vollzugsmangel begründe. Denn nach ihrer Auffassung ändere der beabsichtigte Personalabbau nichts an dem objektiven Befund, dass mit dem Verzicht auf Kontrollen das Entdeckungsrisiko schwinde. Indes ist das Berufungsgericht nicht von einem Verzicht auf Kontrollen aufgrund des Personalabbaus ausgegangen. Es hat lediglich in den Blick genommen, dass mit dem Übergang von der gerätebezogenen Gebührenpflicht auf die an Raumeinheiten anknüpfende Beitragspflicht Erleichterungen bei der Feststellung der Zahlungspflicht verbunden sind, die der Gesetzgeber zum Anlass für einen Abbau von Kontrollpersonal im privaten wie im nichtprivaten Bereich hat nehmen dürfen (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 11). Diese Schlussfolgerung lässt keinen Verstoß gegen Denkgesetze erkennen.

19

2. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RBStV ist im nicht privaten Bereich für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag nach Maßgabe der in Satz 2 festgelegten Staffelung zu entrichten. Danach bemisst sich die Höhe des zu leistenden Rundfunkbeitrags nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten und beträgt bis zu 180 Beiträge. Unbeschadet der Beitragspflicht für Betriebsstätten ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV jeweils ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu entrichten vom Inhaber eines Kraftfahrzeugs (Beitragsschuldner) für jedes zugelassene Kraftfahrzeug, das zu gewerblichen Zwecken oder einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit oder zu gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken des Inhabers genutzt wird; auf den Umfang der Nutzung zu diesen Zwecken kommt es nicht an; Kraftfahrzeuge sind Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Omnibusse; ausgenommen sind Omnibusse, die für den öffentlichen Personennahverkehr nach § 2 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs eingesetzt werden. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 RBStV ist ein Rundfunkbeitrag nach Satz 1 Nr. 2 nicht zu entrichten für jeweils ein Kraftfahrzeug für jede beitragspflichtige Betriebsstätte des Inhabers.

20

Betriebsstätte ist jede zu einem eigenständigen, nicht ausschließlich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fläche innerhalb einer Raumeinheit. Dabei gelten mehrere Raumeinheiten auf einem Grundstück oder auf zusammenhängenden Grundstücken, die demselben Inhaber zuzurechnen sind, als eine Betriebsstätte. Auf den Umfang der Nutzung zu den jeweiligen nicht privaten Zwecken sowie auf eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine steuerliche Veranlagung des Beitragsschuldners kommt es nicht an (§ 6 Abs. 1 RBStV). Inhaber der Betriebsstätte ist die natürliche oder juristische Person, die die Betriebsstätte im eigenen Namen nutzt oder in deren Namen die Betriebsstätte genutzt wird. Als Inhaber wird vermutet, wer für diese Betriebsstätte in einem Register, insbesondere Handels-, Gewerbe-, Vereins- oder Partnerschaftsregister eingetragen ist. Inhaber eines Kraftfahrzeugs ist derjenige, auf den das Kraftfahrzeug zugelassen ist (§ 6 Abs. 2 RBStV).

21

Die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung, die Betriebsstätte oder das Kraftfahrzeug innehat. Das Innehaben eines Kraftfahrzeugs beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem es auf den Beitragsschuldner zugelassen wird (§ 7 Abs. 1 RBStV). Die Beitragspflicht endet mit dem Ablauf des Monats, in dem das Innehaben der Wohnung, der Betriebsstätte oder des Kraftfahrzeugs durch den Beitragsschuldner endet, jedoch nicht vor dem Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist. Das Innehaben eines Kraftfahrzeugs endet mit dem Ablauf des Monats, in dem die Zulassung auf den Beitragsschuldner endet (§ 7 Abs. 2 RBStV). Die Beitragsschuldner haben die für die Beitragserhebung maßgebenden Umstände anzuzeigen (§ 8 RBStV). Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 RBStV). Rückständige Beiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt; die Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 RBStV).

22

Im hier maßgebenden Zeitraum betrug der Rundfunkbeitrag monatlich 17,98 € (§ 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags - RFinStV - in der Fassung der Bekanntmachung des 15. RÄStV vom 7. Juni 2011, GVBl S. 258). Dass das Verfahren, in dem die Höhe des Beitrags ermittelt wird, und deren Bestimmung nicht im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag selbst, sondern in dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelt ist, stellt den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsatz der Normenklarheit nicht in Frage (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:180316U6C6.15.0] - BVerwGE 154, 275 Rn. 8).

23

Die Voraussetzungen für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags durch die angefochtenen Bescheide liegen vor. Die Klägerin war im maßgebenden Zeitraum als Inhaberin der in den Bescheiden aufgeführten Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge Beitragsschuldnerin (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV). Die festgesetzten Beiträge waren rückständig (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV).

24

3. Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über Inhalt und Reichweite der Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich sind von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt. Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 29. April 2009 - 6 C 16.08 - BVerwGE 134, 1 Rn. 12). Der Senat hat bereits zum Rundfunkbeitrag im privaten Bereich entschieden, dass der Rundfunkbeitrag die Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht erfüllt. Die dort genannten Gründe beanspruchen auch Geltung für den Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich: Zum einen wird der Rundfunkbeitrag nach dem Regelungskonzept der §§ 5 und 6 RBStV nicht voraussetzungslos erhoben; die Landesgesetzgeber knüpften die Rundfunkbeitragspflicht an das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Betriebsstätte bzw. eines betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs, weil sie davon ausgingen, in diesen Raumeinheiten finde typischerweise Rundfunknutzung statt (vgl. unter 5.). Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt, sondern es ist nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 RStV weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 12 ff.).

25

4. Als nichtsteuerliche Abgabe bedarf der Rundfunkbeitrag einer besonderen verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Dieses Erfordernis trägt dem Ausnahmecharakter nichtsteuerlicher Abgaben Rechnung; es wird durch das Gebot der Belastungsgleichheit der Steuerpflichtigen nach Art. 3 Abs. 1 GG und durch die Kompetenzordnung der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG verfassungsrechtlich vorgegeben. Bundes- und Landesgesetzgeber könnten die abschließende Verteilung der steuerrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen und der Steuerertragshoheit nach Art. 105 ff. GG umgehen, wenn sie unter Berufung auf ihre Regelungszuständigkeit für eine Sachmaterie nach Art. 70 ff. GG unbeschränkt damit in Zusammenhang stehende nichtsteuerliche Abgaben erheben könnten (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9, 10, 11, 12/98 - BVerfGE 108, 1 <16 f.>; Beschluss vom 6. November 2012 - 2 BvL 51, 52/06 - BVerfGE 132, 334 Rn. 48).

26

Die Rechtfertigung folgt nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung aus der verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die zwangsläufig durch eine Finanzierungsgarantie ergänzt werden muss (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR 1586/89, 487/92 - BVerfGE 87, 181 <198 ff.>; Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <90 f.>, vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 - BVerfGE 119, 181 <217 ff.> und vom 25. März 2014 - 1 BvF 1, 4/11 - BVerfGE 136, 9 Rn. 39 sowie im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 16 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Länder die Finanzierung als deren verfassungsrechtlich angemessene Art dadurch sicherstellen, dass sie denjenigen Personen eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe auferlegen, die die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme nutzen können (BVerfG, Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <91> und vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 - BVerfGE 119, 181 <219>; s. auch BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 24). Zu diesem Zweck kann die Beitragspflicht ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten auf alle Rundfunkteilnehmer, d.h. auf Personen mit einer Rundfunkempfangsmöglichkeit, erstreckt werden (BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR 1586/89, 487/92 - BVerfGE 87, 181 <201>; Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <90 f.>; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 17).

27

5. Die verfassungsrechtlich erforderliche Rechtfertigung der Rundfunkbeitragspflicht nach §§ 5 und 6 RBStV setzt auch voraus, dass sie geeignet ist, den individuell zurechenbaren Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit auszugleichen. Der Rundfunkbeitrag muss als Vorzugslast ausgestaltet sein, die die Gegenleistung für die Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellt. Im nicht privaten Bereich ist der individuell zurechenbare Vorteil nach der Konzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags auf den Inhaber der Betriebsstätte und des betrieblich genutzten Kraftfahrzeugs bezogen zu beurteilen (unter a)). Diesen Vorteil durfte der Gesetzgeber den Inhabern auch zurechnen (unter b)).

28

a) Nach dem Willen der Länder soll der Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich denjenigen Vorteil einer Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abgelten, durch den die Inhaber der Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge in unternehmensspezifischer Weise profitieren (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 11, 17). Diese sind Schuldner des Rundfunkbeitrags im nicht privaten Bereich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV. Denn Schuldner einer Vorzugslast können nur Personen sein, denen die Leistung der öffentlichen Hand zugutekommt; auf die Größe des Personenkreises kommt es nicht an; er kann auch eine unbestimmte Vielzahl von Personen umfassen, sofern nur jeder einzelnen ein individueller Vorteil zugeordnet werden kann (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 26 m.w.N.).

29

Der individuelle Vorteil ist daher bezogen auf die Betriebsstätte und das betrieblich benutzte Kraftfahrzeug für den jeweiligen Inhaber zu bestimmen. Nur dessen unternehmensspezifischer Vorteil der Möglichkeit einer Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkempfangs ist abzugelten (sog. "kommunikativer Nutzen"; vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 17). Dieser besteht, wenn der Betriebsstätten- bzw. Kraftfahrzeuginhaber den Rundfunk nutzen kann, indem er entweder Informationen aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebot für den Betrieb beschafft bzw. betrieblich genutzte Gegenstände mit Empfangsgeräten für seine Beschäftigten oder Kunden ausstattet oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Unterhaltung oder Information seiner Beschäftigten bzw. Kunden einsetzt.

30

Dieses Regelungskonzept schließt es aus, die Beitragspflicht des Inhabers dem Grunde nach an den privatnützigen Empfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Beschäftigten mittels eigener Geräte am Arbeitsplatz zu knüpfen. Ein solcher Rundfunkempfang mittels eigener Geräte ist auch am Arbeitsplatz bereits durch die Beitragspflicht der Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als Wohnungsinhaber abgegolten. Denn der Gesetzgeber hat das Merkmal der "Wohnung" und die Beitragspflicht ihrer Inhaber gewählt, weil er davon ausgegangen ist, dass dieser Personenkreis zugleich Besitzer von Rundfunkempfangsgeräten ist. Die nahezu lückenlose Ausstattung der Wohnungen mit Empfangsgeräten lässt den Schluss zu, dass die überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber das Programmangebot typischerweise in ihrer Wohnung nutzt und dort jedenfalls Empfangsgeräte für eine auch mobile Nutzung außerhalb der Wohnung vorhält (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 13; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 32).

31

b) Der Gesetzgeber war berechtigt, mit der Anknüpfung an die Betriebsstätte und das betrieblich genutzte Kraftfahrzeug den abzugeltenden Vorteil deren Inhabern zuzurechnen. Seine Einschätzung, in diesen Raumeinheiten finde typischerweise eine Rundfunknutzung statt (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 17), beruht auf einer typisierenden Betrachtungsweise der Zurechenbarkeit des abzugeltenden Vorteils, die von seinem Gestaltungsspielraum gedeckt ist.

32

Nach der Rechtsprechung des Senats darf aus Gründen der Belastungsgleichheit der Steuerpflichtigen und der Geltungskraft der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. GG die steuerliche Belastung durch Vorzugslasten nur erhöht werden, wenn hierfür ein konkret nutzbarer Gegenwert geboten wird, der die zusätzliche Abgabenpflicht rechtfertigt. Dies ist bei der Möglichkeit, ein Leistungsangebot zu nutzen, der Fall, wenn die Nutzung nicht nur tatsächlich und rechtlich möglich, sondern darüber hinaus die Annahme berechtigt ist, dass der Personenkreis, dem die Nutzungsmöglichkeit offensteht, diese mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit weitestgehend in Anspruch nimmt. Kann der Einzelne frei darüber entscheiden, ob er eine Leistung in Anspruch nimmt, muss feststehen, dass die Mitglieder eines abgrenzbaren Personenkreises von der angebotenen Nutzungsmöglichkeit nahezu geschlossen Gebrauch machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 27 f., 32).

33

Hiernach stellt die Rundfunkempfangsmöglichkeit einen Vorteil dar, den der Gesetzgeber den Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen individuell zurechnen durfte. Denn der Gesetzgeber konnte davon ausgehen, dass diese Raumeinheiten nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten ausgestattet sind und von ihnen auch in unternehmensspezifischer Weise Gebrauch gemacht wird.

34

aa) Die gesetzgeberische Annahme, dass die Betriebsstätte typischer Ort des Rundfunkempfangs ist, beruht zunächst auf der Verbreitung von internetfähigen Personalcomputern (PC) in der inzwischen weit überwiegenden Zahl der Betriebsstätten. Nach den Angaben im Statistischen Jahrbuch 2015 des Statistischen Bundesamts hat der Anteil der Unternehmen mit internetfähigen PC durchschnittlich im Jahr 2013 87 v.H. und im Jahr 2014 89 v.H. betragen. Diese Angaben kann der Senat für seine Entscheidung auch ohne ausdrückliche berufungsgerichtliche Feststellung als allgemeinkundige Tatsachen heranziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 29).

35

Die Eignung von internetfähigen PC als Empfangsgeräte war schon unter der Geltung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags - RGebStV - in der Fassung des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 (GVBl S. 452) anerkannt. Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV genügten internetfähige PC den Anforderungen an ein Rundfunkempfangsgerät, weil es sich bei ihnen um technische Einrichtungen handelt, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunk geeignet sind. Ob ein Gerät zum Rundfunkempfang bestimmt ist, war nicht erheblich. Die Vorschrift stellte nicht auf die subjektive Zweckbestimmung eines Gerätes, sondern allein auf dessen objektive Eignung ab. Auf die Nutzungsgewohnheiten kam es in diesem Zusammenhang nicht an. Deshalb war es der Eigenschaft als Empfangsgerät auch nicht abträglich, wenn es über die Möglichkeit des Rundfunkempfangs hinaus weitere Verwendungen zuließ. Die Rundfunkgebührenpflicht durfte daher an den Besitz eines internetfähigen PC anknüpfen, auch wenn der Gesetzgeber aufgrund der wegen der Tragbarkeit und oftmals geringen Größe dieser Geräte zunehmend schwieriger werdenden Zurechenbarkeit zu einem Inhaber ohne dessen Mitwirkung gehalten war, die Entwicklung am Maßstab der Abgabengerechtigkeit zu beobachten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 17, 52).

36

Mit dem Übergang von der gerätebezogenen Gebühr auf die Beitragspflicht der Betriebsstätteninhaber hat der Gesetzgeber der besagten Zurechnungsproblematik in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen (vgl. unter 6.). Der Gesetzgeber hat die voranschreitende Verbreitung solcher Empfangsgeräte neben den herkömmlichen Empfangsgeräten bei den nicht privaten Rundfunkteilnehmern in den Blick nehmen und sich für die Betriebsstätte als ein diese Entwicklung erfassendes Anknüpfungsmerkmal entscheiden dürfen, um so das Gebot der Belastungsgleichheit zu gewährleisten. Auch im Rahmen der Beitragspflicht kommt es für die Abgeltung des unternehmensspezifischen Vorteils der Empfangsmöglichkeit allein auf die objektive Eignung von internetfähigen PC als Empfangsgeräte und nicht auf die Nutzungsgewohnheiten oder weitere Verwendungsmöglichkeiten an.

37

Neben den internetfähigen PC sind in den Betriebsstätten auch weitere internetfähige Empfangsgeräte wie betriebliche Smartphones und Tablets verbreitet; hinzu treten Hörfunk- und Fernsehgeräte, die ebenfalls in Betriebsstätten vorhanden sind. Hiervon konnte der Gesetzgeber aufgrund der damaligen Anmeldungen von Empfangsgeräten nicht privater Rundfunkteilnehmer nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag ausgehen. So wurden nach den statistischen und für den Senat berücksichtigungsfähigen Angaben des veröffentlichten Geschäftsberichts der Gebühreneinzugszentrale für das Jahr 2012 (S. 26) noch im Jahr 2012 vor dem Übergang auf den geräteunabhängigen Beitrag bei den nicht privaten Rundfunkteilnehmern durch den Beauftragtendienst 89 295 Hörfunkgeräte, 37 133 Fernsehgeräte und 9 723 neuartige Rundfunkgeräte zu- bzw. angemeldet und es belief sich der Bestand nicht privater Rundfunkteilnehmerkonten mit angemeldeten Empfangsgeräten Ende 2012 auf 2 957 097 Konten. In Kenntnis dieses Bestandes von Empfangsgeräten im nicht privaten Bereich hat der Gesetzgeber bewusst auf das Merkmal der Betriebsstätte als typischen Ort des Rundfunkempfangs abgestellt, weil er durch diese Bezugsgröße den Datenbestand der Gebühreneinzugszentrale für den nicht privaten Bereich weitgehend übernehmen und so Bürokratieaufwand vermeiden konnte (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 17). Diese Angaben rechtfertigen in ihrer Gesamtheit die Annahme, dass Empfangsgeräte - neuartige wie herkömmliche - in Betriebsstätten nahezu lückenlos verbreitet sind.

38

Dem Gesetzgeber war die Anknüpfung an das Merkmal der Betriebsstätteninhaberschaft nicht deshalb verwehrt, weil die neuartigen Empfangsgeräte wie internetfähige PC in der betrieblichen Praxis - anders als im privaten Bereich - vorrangig nicht zum Rundfunkempfang genutzt werden. Dieser Umstand steht der Eignung als Empfangsgerät nicht entgegen. Der Gesetzgeber konnte diesem Gesichtspunkt - auch im Vergleich zu der Beitragspflicht der Wohnungsinhaber, bei denen die Nutzung der Geräte für den Empfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedenfalls bei den herkömmlichen Geräten bestimmend ist - allein bei der Beitragshöhe Rechnung tragen, indem bei der ersten Stufe der Beitragsstaffelung lediglich ein Drittel des Rundfunkbeitrags und auf der zweiten Stufe ein Rundfunkbeitrag verlangt wird und auf diese Weise über 90 % der Betriebsstätten erfasst werden (vgl. unter 10.).

39

bb) Für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge ist eine hinreichende Verknüpfung der Beitragspflicht des Inhabers mit der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots anzuerkennen, weil nach den statistischen Angaben, die vom Senat als allgemeinkundige Tatsachen herangezogen werden können, in nahezu sämtlichen Fahrzeugen ein Autoradio eingebaut ist (vgl. Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Zahlen & Fakten 2014, Ausgabe 2015: PKW Ausstattung Radio, Bestand 2013: 97 %, Bestand 2014: 98 %; Neuwagen 2013: 98 %, Neuwagen 2014: 97 %, Gebrauchtwagen 2013: 95 %, Gebrauchtwagen 2014: 96 %).

40

6. Die Entscheidung der Landesgesetzgeber, die gerätebezogene Rundfunkgebührenpflicht durch die an Raumeinheiten anknüpfende Rundfunkbeitragspflicht und damit das sachnähere Merkmal des Bereithaltens eines Empfangsgeräts durch das Anknüpfen an Raumeinheiten zu ersetzen, hält sich wie im privaten Bereich (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 32 ff.) innerhalb des verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsspielraums. Der Wechsel von dem "Gerätebesitz" zur "Betriebsstätte" bzw. zum "Kraftfahrzeug" als Anknüpfungsmerkmal war sachlich gerechtfertigt, weil die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts eine zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" ermöglichte und dadurch auch im nicht privaten Bereich jedenfalls ernstlich zweifelhaft geworden war, ob die Rundfunkgebührenpflicht noch mit dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar war. Dieses Gebot verlangt gesetzliche Erhebungstatbestände, die eine strukturell gleichmäßige Belastung der Abgabepflichtigen sicherstellen, und deren Anwendung. Das durch Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebene Ziel des gleichen Belastungserfolgs wird dauerhaft verfehlt, wenn die Abgabe nur von denjenigen Abgabepflichtigen erhoben wird, die die hierfür erforderlichen Angaben freiwillig machen. Die Abgabepflicht darf faktisch nicht von der Bereitschaft abhängen, sie zu erfüllen (BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 32 m.w.N.).

41

Die gleichmäßige Erhebung der Rundfunkgebühr litt daran, dass der Gebührentatbestand des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgeräts gegen den Willen des Gerätebesitzers nicht verlässlich festgestellt werden konnte. Die Gebührenzahlung ließ sich dadurch vermeiden, dass ein Gerät nicht angezeigt wurde. Dies stellte zwar eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 RGStV). Das Risiko, belangt zu werden, war aber gering, weil die Rundfunkanstalten keine hinreichende Aufklärungsmöglichkeit besaßen. Zwar ist die Schutzwürdigkeit von Betriebs-, Geschäfts- oder Arbeitsräumen am Maßstab von Art. 13 Abs. 1 GG gemindert und die Landesgesetzgeber sind befugt, eine gesetzliche Grundlage für das Recht zum Betreten dieser Räumlichkeiten zu schaffen (vgl. zu den Anforderungen an eine solche Grundlage: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. April 2008 - 1 BvR 848/08 - NJW 2008, 2426). Jedoch hätte selbst bei Vorhandensein eines entsprechenden Betretungsrechts der nicht private Rundfunkteilnehmer einen Kontrollbesuch zunächst verwehren und damit Maßnahmen des Verwaltungszwangs erforderlich machen können. Hinzu traten die unüberwindbaren Schwierigkeiten, den Besitz multifunktionaler Empfangsgeräte (PC, Notebooks, Smartphones u.a.) festzustellen. Derartige Geräte, deren Verbreitung zunimmt, können in der Kleidung oder einer Tasche mitgeführt werden, ohne dass sie einem nicht privaten Rundfunkteilnehmer zugeordnet werden können. Aus diesem Grunde nahm die Bereitschaft, ein Gerät anzumelden, weiter ab (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 und 24-VII-12 - NJW 2014, 3215 Rn. 122; Kirchhof, Gutachten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Heidelberg, April 2010, S. 12 ff. und 48 ff.; Gall/Schneider, in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, RBStV, Vorbemerkung Rn. 2 ff.).

42

7. Die Rundfunkbeitragspflicht im nicht privaten Bereich nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV hat zwangsläufig zur Folge, dass auch Inhaber von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen beitragspflichtig sind, in deren Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen keine Empfangsgeräte vorhanden sind. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht sieht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in diesen Fällen nicht vor. Diese Ungleichbehandlung stellt keine gleichheitswidrige Benachteiligung dar, weil sie sachlich gerechtfertigt ist. Denn dem Gesetzgeber ist ein weitreichender Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber eröffnet, welche Sachverhalte er abgabenrechtlich unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleich behandelt. Er ist auch berechtigt, aus sachlichen Gründen von übermäßigen Differenzierungen abzusehen (Typisierungsbefugnis). Eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte muss sich realitätsgerecht an der allgemeinen Fallgestaltung orientieren. Je größer der zahlenmäßige Anteil einer atypischen Sachverhaltskonstellation ist und je stärker die Abweichungen ins Gewicht fallen, desto mehr spricht für ihre Berücksichtigung bei der Abgabenerhebung. Dagegen sprechende Gründe können sich insbesondere aus der Schwierigkeit der praktischen Erfassung ergeben. Der Gesetzgeber darf das Erhebungsverfahren auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit vereinfachen, um einen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand zu vermeiden. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der damit notgedrungen verbundenen Ungleichheit stehen müssen (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 50; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 34 f.).

43

Danach durften die Landesgesetzgeber die Rundfunkbeitragspflicht von Inhabern, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, als "kleineres Übel" in Kauf nehmen, um die zunehmende "Flucht aus der Rundfunkgebühr" zu beenden. Wie soeben unter 6. dargelegt, war die Ablösung der gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht durch die raumeinheitenbezogene Rundfunkbeitragspflicht sachgerecht, wenn nicht geboten, um die verfassungsrechtlich notwendige gleichmäßige Belastung aller Personen mit Rundfunkempfangsmöglichkeit zu gewährleisten. Dieses Ziel der Landesgesetzgeber könnte nicht erreicht werden, wenn Betriebsstätteninhaber aufgrund der Behauptung, nicht über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit zu verfügen, von der Beitragspflicht befreit werden müssten, sofern der Rundfunkanstalt der Nachweis des Gerätebesitzes nicht gelingt. Dies würde in der Sache eine Rückkehr zur gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht bedeuten, die die Landesgesetzgeber wegen des drohenden strukturellen Erhebungsdefizits aufgeben durften (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 37). Darüber hinaus handelt es sich bei den Betriebsstätten und beitragspflichtigen Kraftfahrzeugen, in denen keine Empfangsgeräte vorhanden sind, um eine sehr kleine Gruppe (vgl. unter 5.b)).

44

8. Vorzugslasten dürfen nur zur Finanzierung derjenigen Kosten erhoben werden, die einen sachlichen Zusammenhang mit der Gewährung des ausgleichspflichtigen Vorteils aufweisen. Die Einbeziehung anderer Kosten ist nicht durch den die Abgabenerhebung rechtfertigenden Zweck des Vorteilsausgleichs gerechtfertigt; sie verstößt gegen das Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG. Daher dürfen durch den Rundfunkbeitrag nur solche Kosten auf die Abgabepflichtigen umgelegt werden, die einen Zusammenhang mit der Erfüllung des Rundfunkauftrags, d.h. mit der Herstellung und Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme aufweisen (§ 1 RBStV, § 12 Abs. 1 RStV). Dies sind diejenigen Mittel, die die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ihrem Beitragsvorschlag zugrunde legt, d.h. für erforderlich hält, um die funktionsgerechte Finanzausstattung der Rundfunkanstalten sicherzustellen.

45

Durch das Beitragsaufkommen des Rundfunkbeitrags werden nur solche Kosten auf die Abgabepflichtigen umgelegt, die einen Zusammenhang mit der Erfüllung des Rundfunkauftrags aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 39 ff.). Eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips oder des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wegen der Höhe des tatsächlich erzielten Beitragsaufkommens oder des Fehlens einer gesetzgeberischen Prognose über das Beitragsaufkommen liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Die Landesgesetzgeber durften diejenige Beitragshöhe zugrunde legen, die die KEF für den hier maßgeblichen Zeitraum empfohlen hat. Einer eigenständigen Prognose der Landesgesetzgeber über das zu erwartende Beitragsaufkommen bedurfte es nicht. Das Verfahren zur Festsetzung der Beitragshöhe ist dreistufig ausgestaltet, bestehend aus Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten, Prüfung der Anmeldung und Bedarfsfeststellung durch die KEF sowie abschließender Festsetzung der Gebühr durch den Rundfunkgesetzgeber. Dieses Verfahren genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es den Rundfunkanstalten unter Wahrung ihrer Programmautonomie die zur Erfüllung des Rundfunkauftrags erforderlichen finanziellen Mittel sichert und Einflussnahmen des Staates auf die Programmgestaltung der Rundfunkanstalten wirksam ausschließt (BVerfG, Urteil vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05, 809, 830/06 - BVerfGE 119, 181 <222 ff.>).

46

Nach den bindenden Feststellungen im berufungsgerichtlichen Urteil hat die KEF in ihrem 18. Bericht (Dezember 2011) den Rundfunkanstalten trotz eines ungedeckten Finanzbedarfs für die erste Beitragsperiode 2013 bis 2016 von 304,1 Mio. € und angesichts bestehender Unsicherheiten die Festsetzung des Beitrags auf 17,98 €, statt auf den errechneten Betrag von 18,35 € empfohlen. Die KEF überprüft bei ihrer Empfehlung die finanziellen Vorstellungen der Rundfunkanstalten daraufhin, ob sie sich im Rahmen des Rundfunkauftrags halten, d.h. in Zusammenhang mit der Herstellung und Verbreitung der Programme stehen, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und diejenige der öffentlichen Haushalte berücksichtigen (§ 14 RStV; §§ 1 und 3 RFinStV).

47

Die empfohlene Höhe des Beitrags entsprach der bis Ende 2012 geltenden vollen Grund- und Fernsehgebühr. Die Empfehlung der KEF haben sich die Landesgesetzgeber zu Eigen gemacht, auch wenn sie schon vor der Veröffentlichung des 18. KEF-Berichts dem 15. RÄndStV und damit der in § 8 RFinStV entsprechend normierten Beitragshöhe zugestimmt haben. Denn die Gesetzgeber haben sich im Rahmen ihrer Zustimmungen vorbehalten, den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag nach Vorlage des 18. KEF-Berichts bis zum 1. Januar 2013 zu ändern, sollte die KEF zu einer von dem anvisierten Beitrag von 17,98 € abweichenden Empfehlung kommen (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 29). Der Erstellung eigener Prognosen seitens der Landesgesetzgeber über das voraussichtliche Beitragsaufkommen bedurfte es damit aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht, zumal etwaige Überschüsse nicht in den Rundfunkanstalten zweckungebunden verbleiben dürfen. Das Beitragsaufkommen ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 RFinStV gedeckelt. Nach Satz 2 sollen die Gesamterträge der Rundfunkanstalten aus Beiträgen und weiteren Einnahmen die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendigen Ausgaben und Aufwendungen decken. Folgerichtig bestimmt Satz 3, dass Überschüsse am Ende der (zweijährigen) Bedarfsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden. Mit Blick auf diese Vorgaben ist hinsichtlich des Beitragsaufkommens bei der gesetzlichen Festlegung der Beitragshöhe in der ersten Beitragsperiode angesichts des Modellwechsels und den insbesondere mit dem Meldedatenabgleich im privaten Bereich verbundenen Unsicherheiten ein weiter Prognosespielraum zuzuerkennen, dessen Ausübung mit der Anknüpfung des Beitrags an die Empfehlung der KEF keine Verletzung des Kostendeckungsprinzips und des Übermaßverbots erkennen lässt.

48

9. Das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Belastungsgleichheit verbietet im Steuerrecht eine Erhebungsregelung, welche die Gleichheit des Belastungserfolgs prinzipiell verfehlt. Der Gesetzgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen so aufeinander abzustimmen, dass ein strukturelles, dem Gesetzgeber zuzurechnendes Erhebungsdefizit der Abgabe nicht entsteht (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <268, 271 f.>). Diese Grundsätze sind auf das Rundfunkbeitragsrecht übertragbar (BVerwG, Urteile vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 32 und vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 52).

49

a) Hängt die Festsetzung der Beitragsschuld nach der gesetzlichen Konzeption - wie hier gemäß § 8 Abs. 1 und 4 RBStV - von der Mitwirkung des Beitragsschuldners ab, verlangt das Gebot der Belastungsgleichheit, dass die vom Beitragsschuldner geforderte Beitragsehrlichkeit durch hinreichende, die abgabenrechtliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten vom Gesetzgeber abgestützt wird. Insoweit bedarf im Erhebungsverfahren das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip (vgl. zum Steuerrecht BVerfG, Urteile vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <273> und vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <120 ff.>). Die Prüfung erfordert eine Gesamtbetrachtung der Erhebungsregelungen, die neben der Anzeigepflicht sämtliche gesetzlich vorgesehenen Kontrollinstrumente in den Blick nimmt.

50

b) Liegen den Rundfunkanstalten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von Angaben in der Erklärung eines Beitragspflichtigen vor, können sie nach § 8 Abs. 4 RBStV Nachweise über die ihnen mitgeteilten Daten verlangen (LT-Drs. BY 16/7001 S. 21; Lent, LKRZ 2013, 57 <58>). Darüber hinaus stehen den Rundfunkanstalten bei Anhaltspunkten für eine bestehende oder über die gemachten Angaben hinausgehende Beitragspflicht die in § 9 Abs. 1 RBStV enthaltenen Auskunfts- und Nachweisrechte zu. Diese Rechte können sie im Verwaltungszwangsverfahren durchsetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 6 RBStV).

51

c) Bestehen derartige Anhaltspunkte nicht, lässt sich der Wahrheitsgehalt der bei der Anmeldung oder Änderungsanzeige nach § 8 Abs. 1 und 4 RBStV anzugebenden Daten allein aus der Erklärung nicht erkennen. Doch sind derartige Erklärungen unter Praktikabilitätsgründen aus Sicht der Beitragspflichtigen und der Rundfunkanstalten im Massenverfahren zu billigen; sie fördern zwar nicht die Überprüfungsbereitschaft der Rundfunkanstalten, stehen aber einer weiteren Überprüfung auch nicht entgegen (ebenso zu entsprechend gestalteten Steuervordrucken BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <120>). In diesen Fällen wie auch für den Fall des Unterlassens einer gesetzlich vorgesehenen Anmeldung einer Betriebsstätte oder eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs haben die Rundfunkanstalten nach § 11 Abs. 4 Satz 1 RBStV die Befugnis, unter den Voraussetzungen seines Satzes 2 Daten bei öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen zu erheben. Die Regelung ermächtigt die Rundfunkanstalten für Zwecke der Beitragserhebung sowie zur Feststellung einer Beitragspflicht zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten zum einen aus öffentlichen Registern oder auf Grund von melderechtlichen Normen und zum anderen von Adressenankäufen privater Anbieter (LT-Drs. BY 16/7001 S. 23). Damit ist gewährleistet, dass die Rundfunkanstalten unabhängig von dem Willen des Beitragspflichtigen Kenntnis von Anhaltspunkten erlangen können, die auf eine Beitragspflicht bzw. auf eine Unvollständigkeit und Unrichtigkeit von Erklärungen hinweisen und damit Anlass geben, von den in § 8 Abs. 4 und § 9 Abs. 1 RBStV bestehenden Auskunfts- und Nachweisrechten Gebrauch zu machen. So können die Rundfunkanstalten bei Anhaltspunkten für eine unvollständige oder unzutreffende Anmeldung oder für verschwiegene Betriebsstätten insbesondere hinsichtlich der Anzahl sowohl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als auch der auf einen Betriebsstätteninhaber zugelassenen Kraftfahrzeuge entsprechende Nachweise vom Inhaber verlangen, die deren Anzahl belegen. Gerade der Adresskauf schließt hier die Lücke, die nach dem bisherigen Modell noch durch Vor-Ort-Kontrollen geschlossen werden sollte (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 23; siehe auch Bull, Rundfunkbeitrag und Datenschutz, 2011, S. 43 ff. zur Zulässigkeit der Datenerhebung bei nichtöffentlichen Stellen einschließlich Adresshändlern).

52

d) § 11 Abs. 4 RBStV findet auf natürliche und juristische Personen sowie Personenvereinigungen Anwendung. Zwar handelt es sich nach § 3 Abs. 1 BDSG bei "personenbezogenen Daten" um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), so dass die Verwendung des Begriffes in § 11 Abs. 4 Satz 1 RBStV allein hierauf zu beziehen sein könnte. Indes entspricht es dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Norm, sie auch auf juristische Personen und Personenvereinigungen anzuwenden. Die Regelung soll neben Adresskäufen eine Datenerhebung aus öffentlichen Registern oder auf Grund von melderechtlichen Vorschriften ermöglichen, um so Beitragsschuldner ermitteln zu können und Vor-Ort-Kontrollen zu vermeiden (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 23). Sie zielt auf die Gewährleistung des Gebots der Belastungsgleichheit ab, welches nur eingehalten werden kann, wenn sie sämtliche Beitragsschuldner unabhängig von ihrer Rechtsform erfasst. Da Daten juristischer Personen und Personenvereinigungen im Vergleich zu denjenigen der natürlichen Personen keine höhere Schutzwürdigkeit aufweisen, ist eine einschränkende, nur natürliche Personen erfassende Auslegung und Anwendung der Norm nicht geboten.

53

e) Die in § 11 Abs. 4 Satz 1 und 2 RBStV enthaltene Befugnis zur Datenerhebung ist auch geeignet, eine gleichmäßige Durchsetzung der Beitragspflicht zu gewährleisten. Die Norm ermöglicht die Erhebung gerade solcher Daten, die Rückschlüsse auf die Beitragspflicht insbesondere durch einen Abgleich mit dem vorhandenen Datenbestand an Beitragsschuldnern zulassen. Sie ist auf das Massenverfahren der Rundfunkbeitragspflicht abgestimmt. Eines von der Klägerin geforderten automatisierten Datenabgleichs wie im privaten Bereich bedarf es daneben nicht. Hinzu kommt, dass ein solcher Abgleich bei den Kfz-Zulassungsstellen ungeeignet wäre, weil dessen Ergebnis sämtliche Fahrzeuge eines Inhabers erfassen würde, ohne zwischen privater und nicht privater Nutzung von Kraftfahrzeugen zu unterscheiden. Ob ein Fahrzeug im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 RBStV eine Beitragspflicht begründet, bedürfte einer einzelfallbezogenen Prüfung, die mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Das Ergebnis eines solchen Datenabgleichs ließe also - anders als bei den Wohnungsinhabern der Meldedatenabgleich - keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Beitragspflicht zu. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Datenerhebung durch die Befugnis der Rundfunkanstalten nach § 10 Abs. 7 Satz 2 RBStV ergänzt wird, einzelne Tätigkeiten bei der Durchführung des Beitragseinzugs und der Ermittlung von Beitragsschuldnern auf Dritte zu übertragen. Damit bleibt die Möglichkeit von Vor-Ort-Kontrollen gewahrt. Zudem dürfen die Kfz-Zulassungsstellen den Rundfunkanstalten Auskunft zur Feststellung und Bestimmung von Halterdaten nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVG i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 1 StVG für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten erteilen, die derjenige Inhaber eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs begeht, der dieses nicht anzeigt (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 RBStV).

54

f) Soweit die Klägerin meint, aufgrund ihrer Berechnungen nicht erfasster Betriebsstätten und beitragspflichtiger Kraftfahrzeuge werde ein strukturelles Erhebungsdefizit erkennbar, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Denn der Gesetzgeber hat den Rundfunkanstalten alle gesetzlich erforderlichen Befugnisse an die Hand gegeben, die Beitragspflicht gleichmäßig zu vollziehen. Vollzugsdefizite, die sich insbesondere unmittelbar nach dem Modellwechsel zunächst noch ergeben, sind dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen und können daher nach der aufgezeigten bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ein strukturelles Erhebungsdefizit nicht begründen.

55

g) Nicht zu folgen ist ferner der Auffassung der Klägerin, ein strukturelles Defizit der Erhebungsregelungen sei auch deshalb gegeben, weil durch die Anwendung der §§ 8, 9 und 11 RBStV in die landesverfassungsrechtlich im Land Brandenburg, Freistaat Sachsen und Freistaat Thüringen normierten Datenschutzgrundrechte eingegriffen werde und die jeweiligen Eingriffe in den Zustimmungsgesetzen dieser Länder nicht entsprechend der ebenfalls landesverfassungsrechtlich verankerten Zitiergebote aufgeführt würden, sodass die Erhebungsregelungen nichtig seien.

56

Art. 11 der Verfassung des Landes Brandenburg - LV BB - vom 20. August 1992 (GVBl. S. 298), Art. 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen - VerfSN - vom 27. Mai 1992 (SächsGVBl. S. 243) und Art. 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Thüringen - ThürVerf - vom 25. Oktober 1993 (GVBl. S. 625) enthalten Datenschutzgrundrechte, in die durch die Befugnis zur Datenerhebung nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag eingegriffen wird. Damit ist der Anwendungsbereich der landesverfassungsrechtlich ebenfalls normierten Zitiergebote (Art. 5 Abs. 2 Satz 3 LV BB, Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VerfSN und Art. 42 Abs. 3 Satz 2 ThürVerf) grundsätzlich eröffnet, denn sie erfassen auch Datenschutzgrundrechte einschränkende Gesetze (vgl. Heintzen, NJ 1995, 288 <289>). Das Gesetz zu dem Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Verträge des Landes Brandenburg vom 9. Juni 2011 (GVBl. Nr. 9 S. 1), das Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung weiterer Gesetze vom 6. Dezember 2011 des Freistaates Sachsen (SächsGVBl. S. 638) und das Thüringer Gesetz zur Neuordnung der Rundfunkfinanzierung vom 30. November 2011 (GVBl. S. 479) nennen die Einschränkung des jeweiligen Datenschutzgrundrechts nicht. Hieraus folgt aber nicht die Nichtigkeit der Erhebungsregelungen in den genannten Ländern.

57

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei dem bundesrechtlichen Zitiergebot um eine Formvorschrift, die enger Auslegung bedarf, damit sie nicht zu einer leeren Förmlichkeit erstarrt und den die verfassungsmäßige Ordnung konkretisierenden Gesetzgeber in seiner Arbeit unnötig behindert. Das Zitiergebot soll lediglich ausschließen, dass neue, dem bisherigen Recht fremde Möglichkeiten des Eingriffs in Grundrechte geschaffen werden, ohne dass der Gesetzgeber darüber Rechenschaft legt und dies ausdrücklich zu erkennen gibt. Daher findet es keine Anwendung auf solche Gesetze, die bereits geltende Grundrechtsbeschränkungen unverändert oder mit geringen Abweichungen wiederholen (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1973 - 2 BvL 4/73 - BVerfGE 35, 185 <188 f.>).

58

Diese von der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erkannte Ausnahme vom Zitiergebot ist auf die landesverfassungsrechtlichen Zitiergebote übertragbar. Sie ist für Art. 5 Abs. 2 Satz 3 LV BB von der landesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt (vgl. BbgVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 2012 - 31/11 - LVerfGE 23, 101 <113>), und gilt auch für die in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VerfSN und Art. 42 Abs. 3 Satz 2 ThürVerf enthaltenen Zitiergebote. Das Bundesverwaltungsgericht kann diese irrevisiblen Normen ausnahmsweise auslegen, da die Vorinstanz deren Entscheidungserheblichkeit nicht erkannt und sie deshalb nicht angewandt hat und es auf sie nach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts ankommt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 116 m.w.N.). Demzufolge kann hier der Senat die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu der Ausnahme vom Zitiergebot bei der Wiederholung von Grundrechtseingriffen als Grundlage für die Auslegung der Reichweite der sächsischen und thüringischen Zitiergebote, die Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG wortgleich entsprechen, heranziehen (ebenso Heintzen, NJ 1995, 288<290>). Die im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag enthaltenen Befugnisse der Rundfunkanstalten sind nur mit geringen Abweichungen und Präzisierungen an die Stelle der bereits unter der Geltung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags vorhandenen, in § 4 Abs. 5 und 6 sowie § 8 RGStV normierten Kontrollinstrumente getreten, welche sich ebenfalls auf personenbezogene Daten der Abgabepflichtigen bezogen haben. Die Auskunfts- und Nachweisrechte sowie Datenerhebungsbefugnisse stellen aus diesem Grunde Wiederholungen bereits normierter Grundrechtsbeschränkungen dar, sodass die landesverfassungsrechtlichen Zitiergebote ausnahmsweise keine Anwendung finden.

59

10. Die Ausgestaltung des Betriebsstättenbeitrags verletzt nicht das in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltene abgabenrechtliche Gebot der Belastungsgleichheit (dazu unter a)). Weder stellt die Anknüpfung an die Betriebsstätte einen ungerechtfertigten Abgabentatbestand dar (unter b)) noch überschreitet der Gesetzgeber mit dem gewählten Abgabenmaßstab gemessen am abzugeltenden Vorteil seinen Gestaltungsspielraum (unter c)).

60

a) Das Gebot der Belastungsgleichheit verlangt gesetzliche Erhebungstatbestände, die eine strukturell gleichmäßige Belastung der Abgabepflichtigen sicherstellen, und deren Anwendung (vgl. unter 6.). Dem Gesetzgeber ist unter Beachtung dieses Gebots ein weitreichender Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber eröffnet, welche Sachverhalte er abgabenrechtlich unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleich behandelt. Er ist auch berechtigt, aus sachlichen Gründen von übermäßigen Differenzierungen abzusehen (Typisierungsbefugnis; vgl. hierzu im Einzelnen mit Nachweisen oben zu 7).

61

Es ist durch den Zweck einer Vorzugslast vorgegeben, dass sich die Verteilung des zu finanzierenden Aufwands auf die Abgabepflichtigen möglichst an dem individuellen Vorteil zu orientieren hat. Je größer der Vorteil des einzelnen, desto höher soll seine Belastung sein. Da die Vorteile, die durch eine Nutzungsmöglichkeit vermittelt werden, nicht exakt bemessen werden können, muss der Aufwand anhand eines Maßstabs verteilt werden, der Rückschlüsse auf die Häufigkeit und Intensität der tatsächlichen Nutzung zulässt. Die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers erstreckt sich auch auf den Verteilungsmaßstab. Differenzierungen können vor allem dann unterbleiben, wenn es um die Erfassung atypischer Sachverhalte geht, deren Feststellung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Ebenso ist eine Typisierung aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung von übermäßigen, mit Rechtsunsicherheit verbundenen Differenzierungsanforderungen zulässig, wenn die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668, 2104/10 - BVerfGE 137, 1 Rn. 50 ff.; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 44).

62

b) Im nicht privaten Bereich stellt sich der abzugeltende, unternehmensspezifische Vorteil vielgestaltiger als im privaten Bereich dar. Er kann sich auf die Erledigung betrieblicher Aufgaben ebenso wie auf die Unterhaltung oder Information der Beschäftigten und/oder der Kunden beziehen (vgl. unter 5.a)). Aufgrund dieser Vielgestaltigkeit des abzugeltenden Vorteils durfte der Gesetzgeber die Beitragspflicht dem Grunde nach an den Ort der Betriebsstätte als typischen Ort der Nutzung des Rundfunkempfangs (vgl. unter 5.b)) anknüpfen.

63

Auch wenn in den einzelnen Betriebsstätten der unternehmensspezifische Vorteil des Rundfunkempfangs unterschiedlich ausgeprägt ist, stellt der Abgabetatbestand noch einen sachgerechten Abgabegrund dar. Eine Abgabepflicht, die nicht nur an die Betriebsstätte, sondern auch an den jeweiligen Vorteil innerhalb einer Betriebsstätte anknüpfte, stellte einen Maßstab dar, der einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand nach sich zöge und sich im Bereich der Rundfunkfinanzierung als unpraktikabel erwiese. Denn wie im privaten Bereich können auch hier die Vorteile, die durch eine Nutzungsmöglichkeit vermittelt werden, nicht exakt bemessen werden. Anders als in denjenigen Bereichen des Abgabenrechts, in denen die Abgabetatbestände an messbare bzw. verbrauchsabhängige Einheiten anknüpfen können, ist die tatsächliche Nutzung und damit der jeweilige konkrete Nutzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand feststellbar. Dies konnten und durften die Länder zum Anlass nehmen, die Beitragspflicht dem Grunde nach nicht nach den tatsächlichen Vorteilen, Branchen oder Tätigkeitsbereichen differenzierend auszugestalten, sondern sie umfassend entsprechend der nahezu lückenlosen Verbreitung von Empfangsgeräten in den Betriebsstätten zu normieren. Die so gestaltete Beitragspflicht erweist sich bezogen auf die unternehmensspezifischen Vorteile als eine praktikable und dem Massenverfahren der Beitragserhebung Rechnung tragende Regelung der Vorteilsabgeltung.

64

c) Mit der Ausgestaltung der Beitragshöhe für Betriebsstätteninhaber hält sich der Gesetzgeber ebenfalls innerhalb seines Gestaltungsspielraums. Die degressive Staffelung der Beitragshöhe in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl bildet den abzugeltenden Vorteil mit Blick auf die Nutzenproportionalität hinreichend ab (unter aa)). Eine zusätzliche Staffelung der Beitragshöhe nach der Anzahl der Betriebsstätten oder eine Bemessung des Beitrags allein nach der Zahl der Beschäftigten ohne Berücksichtigung ihrer Verteilung auf die jeweiligen Betriebsstätten musste der Gesetzgeber nicht vorsehen (unter bb)).

65

aa) Die Höhe der Beitragspflicht haben die Länder an die Anzahl der in der jeweiligen Betriebsstätte Beschäftigten gekoppelt und eine degressive Staffelung von zehn Stufen in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl vorgesehen. Die Beschäftigtenzahl ist eine Maßeinheit für die Größe der Betriebsstätte. Angesichts der Vielgestaltigkeit des abzugeltenden Vorteils und der Unterschiedlichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Betriebsstätten ist eine solche typisierende Maßeinheit nicht zu beanstanden (so auch Degenhardt, in K&R 2013, Beihefter zu Heft 3, S. 20). Es handelt sich hierbei aber nur um einen Bestandteil des Verteilungsmaßstabs, den der Gesetzgeber durch eine degressive Staffelung ergänzt hat. Aus diesem Grunde zeigt die Klägerin eine Verletzung des Gebots der Belastungsgleichheit nicht allein damit auf, dass der abzugeltende Vorteil in der ersten Staffel mit bis zu 5,83 € pro Person und in der zehnten Staffel mit höchstens 0,16 € pro Person bemessen wird.

66

Soweit nach den Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags die Beschäftigtenzahl nicht monats- oder quartalsgenau, sondern jahresdurchschnittlich bezogen auf das vorangegangene Kalenderjahr für die Beitragsbemessung zu ermitteln ist und die Beschäftigten ohne Unterscheidung zwischen Voll- und Teilzeitkräften und unter Außerachtlassung von nichtsozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Auszubildenden erfasst werden (vgl. im Einzelnen § 6 Abs. 4, § 8 Abs. 1 Satz 2 RBStV; LT-Drs. BY 16/7001 S. 20 f.), bestehen hiergegen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität keine Bedenken. Der Senat kann eine Verletzung des Gebots der Belastungsgleichheit wegen einer Überschreitung der Typisierungsbefugnis nicht schon dann annehmen, wenn zweckmäßige oder vertretbare Alternativen bestehen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist insbesondere nicht zu prüfen, ob die Landesgesetzgeber mit der Beitragsgestaltung die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden haben, sondern es ist nur zu prüfen, ob sie die verfassungsrechtlichen Grenzen ihrer Gestaltungsfreiheit überschritten haben (vgl. zum Steuerrecht BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - BVerfGE 135, 126 Rn. 70).

67

Die Bemessung des abzugeltenden Vorteils am Maßstab der Beschäftigtenzahl in Kombination mit einer degressiven Staffelung der Beitragshöhe ist vertretbar. Die durch die degressive Staffelung hervorgerufenen Ungleichbehandlungen werden durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, so dass von einer Verletzung des Gebots der Belastungsgleichheit nicht ausgegangen werden kann.

68

Der abzugeltende Vorteil erschöpft sich nicht in einer vom Betriebsstätteninhaber veranlassten Unterhaltungsmöglichkeit für seine Beschäftigten. Er erfasst - wie bereits dargelegt - unabhängig davon die Nutzungsmöglichkeit im Bereich des Kundenverkehrs und die Informationsmöglichkeit im Rahmen der Erledigung betriebsbezogener Aufgaben. Die letztgenannten Bestandteile des unternehmensspezifischen Vorteils sind nicht von der Beschäftigtenzahl, sondern vom jeweiligen konkreten Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit abhängig; sie nehmen nicht proportional mit der Beschäftigtenzahl zu. Zudem hat nicht jeder Beschäftigte innerhalb einer Betriebsstätte zwingend gleichermaßen Zugang zu dortigen Empfangsgeräten und damit die Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots. Angesichts dessen nimmt der unternehmensspezifische Vorteil des Rundfunkangebots für den Inhaber nicht mit steigender Beschäftigtenzahl proportional zu, sondern er relativiert sich. Der abzugeltende Vorteil steigt in seinem "Wert für den Betrieb" nicht linear (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 17); dem entspricht die degressive Staffelung des Beitrags.

69

Die Degression schützt die Betriebsstätteninhaber im Sinne des Übermaßverbots vor einer unverhältnismäßigen Belastung. Denn in den erfassten Betriebsstätten ist der unternehmensspezifische Vorteil nicht messbar, die konkrete Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr unterschiedlich ausgestaltet und regelmäßig nicht Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit. Aus diesen Gründen bestehen auch keine Bedenken, wenn die Landesgesetzgeber in der ersten Staffel einen deutlich geringeren Beitrag als im privaten Bereich sowie in der zweiten Staffel einen Beitrag festsetzen, wobei durch die ersten beiden Staffeln ca. 90 % der Betriebsstätten erfasst werden, und zudem eine Kappungsgrenze in der zehnten Staffel vorgesehen ist. Hierdurch wird der unterschiedlichen Nutzenproportionalität Rechnung getragen. Gleichzeitig erweist sich die Einführung der Staffeln selbst aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Massenverfahren als gerechtfertigt, weil nicht jede anzuzeigende Änderung der Beschäftigtenzahl zu einer Änderung der Beitragspflicht führt. Die Vorteile der in der degressiven Gestaltung der Beitragshöhe liegenden Typisierung stehen angesichts dessen im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung.

70

bb) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, die Beitragshöhe zusätzlich um eine Staffelung nach der Anzahl der Betriebsstätten eines Betriebsstätteninhabers zu ergänzen oder für die Beitragshöhe allein an die Zahl der Beschäftigten ohne Berücksichtigung ihrer Verteilung auf die jeweiligen Betriebsstätten anzuknüpfen.

71

Nach der Konzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ist für die Bemessung des unternehmensspezifischen Vorteils nicht die Zahl der Beschäftigten als potentielle Empfänger des Rundfunkangebots ausschließlich maßgebend. Entscheidend ist derjenige Vorteil der Möglichkeit einer Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, durch den der Inhaber einer Betriebsstätte in unternehmensspezifischer Weise profitiert. Da die tatbestandliche Anknüpfung an die Betriebsstätte den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit für den Betriebsinhaber zutreffend abbildet (vgl. unter 5.), ist eine zusätzliche Staffelung nach der Anzahl der Betriebsstätten nach dem Vorteilsausgleichsgedanken nicht angezeigt. Unterschiedliche Belastungen von Betriebsinhabern, die eine unterschiedliche Anzahl von Betriebsstätten, aber insgesamt gleiche Beschäftigtenzahlen haben, sind sachlich durch die zulässige Anknüpfung an die Betriebsstätte als regelmäßiger Ort des Rundfunkempfangs gerechtfertigt (ebenso BayVerfGH, Entscheidung vom 15. Mai 2014 - Vf. 8-VII-12 und 24-VII-12 - NJW 2014, 3215 Rn. 126).

72

Auch eine Bemessung der Beitragshöhe allein nach der Zahl der Beschäftigten kommt nicht in Betracht, weil die Empfangsmöglichkeit für die Beschäftigten nur einen Bestandteil des unternehmensspezifischen Vorteils betrifft. Insoweit unterscheidet sich die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich von derjenigen im privaten Bereich. Dort wird der Vorteil allein personenbezogen mit Blick auf den Wohnungsinhaber bemessen, während im nicht privaten Bereich für die Beitragspflicht der abzugeltende Vorteil für den Betriebsstätteninhaber bezogen auf seine Betriebsstätte maßgebend ist und damit nicht nur auf die Beschäftigten abstellt.

73

11. Die Erhebung des Beitrags für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 RBStV genügt ebenfalls dem Gebot der Belastungsgleichheit. Sie stellt keine ungerechtfertigte Mehrfachbelastung des Benutzers dar (unter a)) und ist auch gegenüber der Nutzung von Kraftfahrzeugen im privaten Bereich sachlich gerechtfertigt (unter b)). Sowohl die Höhe des Beitrags als auch die lineare Steigerung in Abhängigkeit von der Anzahl der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge begegnen keinen Bedenken (unter c)). Die Regelung führt auch nicht zu einer doppelten Beitragspflicht bei einem Austausch beitragspflichtiger Kraftfahrzeuge innerhalb eines Monats (unter d)).

74

a) Die Abgeltung des unternehmensspezifischen Vorteils einer Nutzung des Rundfunkangebots in einem betrieblich genutzten Kraftfahrzeug stellt nicht deshalb eine ungerechtfertigte Mehrfachbelastung dar, weil der Nutzer des Kraftfahrzeugs bereits entweder von der privaten Beitragspflicht oder über seine Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte erfasst wird. Auch im Bereich der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge ist der abzugeltende Vorteil für den Zulassungsinhaber bezogen auf die Raumeinheit zu bestimmen. Abzugelten ist derjenige Vorteil, den der Zulassungsinhaber durch die Rundfunkempfangsmöglichkeit in den Kraftfahrzeugen dadurch hat, dass er sie zur Erledigung betrieblicher Zwecke einsetzen kann (vgl. unter 5.a)). Diese Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt hier für den Kraftfahrzeuginhaber einen gesondert abzugeltenden Vorteil dar (vgl. LT-Drs. BY 16/7001 S. 17), unabhängig davon, ob der Inhaber selbst, seine Beschäftigten oder - wie im Fall der Klägerin - die Kunden das Kraftfahrzeug nutzen. Zwar werden die Kunden der Klägerin die Kraftfahrzeuge aus privaten oder betrieblichen Gründen mieten. Hierdurch wird aber die Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Kraftfahrzeuginhaber - hier der Klägerin - nicht zu einer solchen ihrer Kunden. Der Kraftfahrzeugbeitrag dient auch in diesem Fall ausschließlich der Abgeltung des unternehmensspezifischen Vorteils, den die Klägerin dadurch hat, dass sie ihren Kunden Kraftfahrzeuge anbietet, in denen Rundfunk empfangen werden kann.

75

b) Nach Auffassung der Klägerin wird das Gleichbehandlungsgebot verletzt, weil kein sachlicher Grund ersichtlich sei, dass der private Rundfunkbeitrag den Vorteil der Rundfunknutzung im privat genutzten Kraftfahrzeug vollständig abdecke, im betrieblichen Bereich hingegen nicht. Dem folgt der Senat nicht.

76

Die Beitragspflicht des Wohnungsinhabers deckt die Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im gesamten privaten Bereich ab. Diese ist - wie der Senat hervorgehoben hat - nicht auf den Bereich der Wohnung beschränkt, sondern erfasst auch die mobile Nutzung durch Empfangsgeräte außerhalb der Wohnung (vgl. unter 5.a)). Im privaten Bereich ist daher ein gesonderter Vorteil für die Empfangsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einem privat genutzten Kraftfahrzeug nicht gesondert abzugelten. Entsprechendes gilt für den nicht privaten Bereich bei betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 RBStV vorliegen, der Zulassungsinhaber also zugleich Inhaber einer Betriebsstätte ist und er daher für jeweils ein Kraftfahrzeug für jede seiner beitragspflichtigen Betriebsstätten einen Beitrag nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV nicht zu entrichten hat. Insoweit liegt schon keine Ungleichbehandlung vor.

77

Demgegenüber war der Gesetzgeber nicht gehalten, im Vergleich zum privaten Bereich sämtliche betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge von der Beitragspflicht auszunehmen. Wie der Senat schon zum Rundfunkgebührenrecht entschieden hat, ist eine Unterscheidung in der Abgabenpflichtigkeit von Empfangsgeräten in privaten und nicht privat bzw. gemischt genutzten Kraftfahrzeugen nicht willkürlich. Denn betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge, in denen ein Autoradio vorhanden ist, dienen im Gegensatz zu ausschließlich privat genutzten Kraftfahrzeugen einem anderen Zweck, nämlich einer gewinnbringenden, auf einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil gerichteten Tätigkeit des Kraftfahrzeughalters (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 6 B 72.95 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 78 S. 51 unter Hinweis u.a. auf BayVerfGH, Beschluss vom 6. Juli 1978 - Vf.10-VII-76 - BayVGHE 31, 158 <165>). Diese Rechtsprechung ist auf den Kraftfahrzeugbeitrag zu übertragen, mit dem ein Vorteil des Zulassungsinhabers abgegolten wird, der von dem Betriebsstättenbeitrag nicht erfasst wird und die Ungleichbehandlung zum Wohnungsbeitrag rechtfertigt.

78

c) Die Höhe des Beitrags für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge von einem Drittel des Rundfunkbeitrags bildet den gewährten Vorteil in verfassungsgemäßer Weise ab. Sie entspricht der früheren Grundgebühr nach dem Rundfunkgebührenrecht, die für das Bereithalten eines Hörfunkgeräts oder neuartigen Rundfunkempfangsgeräts gezahlt werden musste (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 6 B 72.95 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 78).

79

Ebenso wenig ist aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber - anders als bei dem Betriebsstättenbeitrag - die Beitragshöhe linear ansteigend im Verhältnis zu der Anzahl der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge ausgestaltet hat. Die Beitragshöhe muss im rechten Verhältnis zum abzugeltenden Vorteil stehen. Dies ist bei dem linear steigenden Beitragsverlauf der Fall. Denn der betriebsspezifische Vorteil für den Fahrzeuginhaber ist aufgrund der jeweiligen Ausstattung mit einem Empfangsgerät in allen Fahrzeugen gleich. Auch bei großen Fahrzeugflotten ist es daher vertretbar, dass die Länder die Beitragspflicht nicht durch einen degressiven Verlauf der Beitragshöhe oder eine Kappungsgrenze beschränkt haben.

80

d) Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass bei einem Wechsel eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs innerhalb eines Monats die Gefahr einer doppelten Beitragspflicht entstünde. Eine solche Gefahr ist durch die Regelungen im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ausgeschlossen. Aus diesem Grund bestehen auch keine Bedenken gegen die Bestimmtheit der die Beitragspflicht regelnden Bestimmungen.

81

Die Inhaberschaft eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals das Kraftfahrzeug innehat, es also auf den Beitragsschuldner zugelassen wird (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 RBStV). Die Anzahl der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge hat der Beitragsschuldner der Landesrundfunkanstalt nach § 8 Abs. 4 Nr. 12 RBStV mitzuteilen. Änderungen der Anzahl der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge sind den Rundfunkanstalten ebenfalls nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RBStV mitzuteilen. Hierneben besteht die Pflicht, das Ende des Innehabens eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs der Landesrundfunkanstalt unverzüglich schriftlich anzuzeigen (Abmeldung, § 8 Abs. 2 RBStV). Aus diesem Normzusammenhang ergeben sich für die Bestimmung der Beitragshöhe keine Auslegungsschwierigkeiten. Aus § 8 Abs. 4 Nr. 12 RBStV folgt, dass in den Fällen, in denen ein Fahrzeug innerhalb eines Monats ausgetauscht wird, keine Änderungsmitteilung und keine Abmeldung zu erfolgen hat. Denn die Beitragshöhe besteht unverändert fort, weil sich die mitzuteilenden Daten nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 RBStV ändern (s. auch LT-Drs. BY 16/7001 S. 21). Diese Regelung verdeutlicht, dass in diesen Fällen kein doppelter Kraftfahrzeugbeitrag zu entrichten ist. Nur wenn die Inhaberschaft eines beitragspflichtigen Kraftfahrzeugs beendet wird und sich dadurch die Anzahl der beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge ändert, hat der Beitragsschuldner die Abmeldung nach § 8 Abs. 2 RBStV und die Änderung nach § 8 Abs. 4 Nr. 12 RBStV mitzuteilen.

82

12. Ungleichbehandlungen bei der Erhebung der Rundfunkbeiträge im nicht privaten Bereich bestehen zwischen denjenigen Inhabern, die die erforderlichen Angaben zur Festsetzung des Beitrags nach §§ 5 und 6 RBStV gemacht haben, und denjenigen, die solche Angaben verweigert haben. § 14 Abs. 2 RBStV sieht vor, dass jede nach den Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages als nicht privater Rundfunkteilnehmer gemeldete natürliche oder juristische Person ab dem 1. Januar 2012 auf Verlangen der zuständigen Landesrundfunkanstalt verpflichtet ist, ihr schriftlich alle Tatsachen anzuzeigen, die Grund und Höhe der Beitragspflicht nach diesem Staatsvertrag ab dem 1. Januar 2013 betreffen. Kommt jemand dieser Aufforderung nicht nach, zahlt er auf der Grundlage der bisher ihm gegenüber festgesetzten Rundfunkgebühr nach § 14 Abs. 4 Satz 1 RBStV sog. "Übergangsbeiträge". Nach dieser Norm wird, soweit der nicht private Beitragsschuldner den Anforderungen von § 14 Abs. 2 RBStV nicht nachgekommen ist, vermutet, dass sich die Höhe des ab 1. Januar 2013 zu entrichtenden Rundfunkbeitrags nach der Höhe der bis zum 31. Dezember 2012 zu entrichtenden Rundfunkgebühr bemisst; mindestens ist ein Beitrag in Höhe eines Rundfunkbeitrags zu entrichten.

83

Die mit der Festsetzung des sog. "Übergangsbeitrags" verbundene Ungleichbehandlung gegenüber den nach §§ 5 und 6 RBStV Zahlungspflichtigen ist am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, wenn hierdurch eine Nacherhebung der Differenz zu dem Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich nicht ausgeschlossen wird. Ein Normverständnis des § 14 Abs. 4 RBStV, welches zu einer dauerhaften Begünstigung der ihren Mitteilungspflichten nicht nachkommenden Beitragsschuldner führen würde, wäre mit dem Gebot der Belastungsgleichheit unvereinbar. Lässt eine Norm - wie hier § 14 Abs. 4 RBStV - mehrere Auslegungen zu, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, verlangt der Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung, dass derjenigen Normvariante der Vorzug zu geben ist, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (stRspr; BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. November 2016 - 2 BvR 545/16 - juris Rn. 44 m.w.N.).

84

Da die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine Finanzierungsgarantie ergänzt wird und das Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einen Anspruch der Rundfunkanstalten herleitet, mit den zur Erfüllung ihres Rundfunkauftrags funktionsnotwendigen Finanzmitteln ausgestattet zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 20), war der Gesetzgeber gehalten, Vorkehrungen für eine Sicherstellung der Finanzausstattung der Rundfunkanstalten für den Fall zu treffen, dass die Beitragsschuldner ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Daher stellt die Beitragspflicht in Höhe der zuletzt gezahlten Rundfunkgebühr ein vorläufiges Finanzierungsinstrument bis zur Feststellung der Beitragshöhe nach den §§ 5 und 6 RBStV dar, wenn eine Nacherhebung der Differenzbeträge vorgesehen ist.

85

Auf diese Weise kann dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit Rechnung getragen werden. Denn durch die Regelung des § 14 Abs. 4 RBStV werden diejenigen Beitragsschuldner begünstigt, die ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommen und dadurch einen niedrigeren Beitrag zahlen als sie bei entsprechender Mitwirkung nach §§ 5 und 6 RBStV zu zahlen hätten. Die nach § 14 Abs. 4 RBStV an die bisherige Rundfunkgebühr und damit an den Besitz von Empfangsgeräten gekoppelte Beitragshöhe gliedert sich nicht in das System der Beitragspflicht nach den §§ 5 und 6 RBStV ein, weil sie auf das bisherige gerätebezogene System der Rundfunkfinanzierung zurückgreift. Hiervon aber haben die Länder wegen des drohenden strukturellen Erhebungsdefizits (vgl. unter 6.) gerade Abstand genommen. Diesen Rückgriff kann die gebotene Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wegen des Modellwechsels allenfalls für einen vorübergehenden Zeitraum rechtfertigen. Die Erhebung des "Übergangsbeitrags" ist indes lediglich faktisch, nicht aber normativ zeitlich begrenzt. Ungeachtet ihrer Stellung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag handelt es sich bei § 14 Abs. 4 RBStV nicht um eine Übergangsregelung. Ihr Anwendungsbereich ist zeitlich nicht begrenzt, sodass sie auf unabsehbare Zeit den Beitragsschuldner die Zahlung eines niedrigeren Beitrags ermöglicht und damit eine Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungspflicht prämiert, bis den Rundfunkanstalten die für die Beitragsfestsetzung nach den §§ 5 und 6 RBStV notwendigen Angaben vorliegen.

86

Die mit der Zahlung der "Übergangsbeiträge" verbundene Ungleichbehandlung ist am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG nur dann sachlich gerechtfertigt und hinnehmbar, wenn die in § 14 Abs. 4 RBStV enthaltene gesetzliche Vermutung der geschuldeten Beitragshöhe verfassungskonform dahingehend ausgelegt wird, dass sie für den vergangenen Zeitraum einer abschließenden Beitragsfestsetzung nach §§ 5 und 6 RBStV nicht entgegensteht und den ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommenden Beitragsschuldnern ihre mit der Erhebung des "Übergangsbeitrags" eingetretene Begünstigung nicht dauerhaft verbleibt.

87

Der Wortlaut des § 14 Abs. 4 RBStV schließt eine solche Auslegung nicht aus, da sich die Vermutung allein auf den "Übergangsbeitrag" beschränkt. Die Auslegung widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck der Norm, da sie ausschließlich vorübergehend die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch durch diejenigen Beitragsschuldner im nicht privaten Bereich sicherstellen will, die ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Damit wird eine Nacherhebung des nach §§ 5 und 6 RBStV geschuldeten Beitrags nicht versperrt und die Beitragsschuldner können sich nicht dauerhaft der Beitragspflicht entziehen. Nur so verstanden wird durch die lediglich vorübergehende Erhebung des "Übergangsbeitrags" das Gebot der Belastungsgleichheit nicht verletzt.

88

Die Rundfunkanstalten sind zur Gewährleistung des Gebots der Belastungsgleichheit verpflichtet, die Beitragsschuldner zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht anzuhalten. Sie haben von ihnen entsprechende Auskünfte und Nachweise zu verlangen und die Mitwirkung gegebenenfalls im Verwaltungszwangsverfahren durchzusetzen. Darüber hinaus sind sie gehalten, sich die Daten aufgrund ihrer Befugnisse von Dritten zu beschaffen. Die Kosten für die Beschaffung kann der Beklagte nach § 11 Abs. 2 Satz 1 seiner Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2012 (StAnz Nr. 51-52/2012 - Rundfunkbeitragssatzung) von dem Beitragspflichtigen erstattet verlangen. Werden nach Vorliegen der Angaben die Rundfunkbeiträge nacherhoben, ist nach § 12 Abs. 2 Rundfunkbeitragssatzung der Gesamtbetrag der infolge der unterlassenen Angaben nicht zum gesetzlichen Zeitpunkt der Fälligkeit entrichteten Rundfunkbeiträge mit 6 v.H. zu verzinsen.

89

Darüber hinaus ist von den Rundfunkanstalten zu beachten, dass die Verjährung der Beitragsschuld sich gemäß § 7 Abs. 4 RBStV nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die regelmäßige Verjährung richtet. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Indes beginnt die Verjährungsfrist für die Beitragsschuld nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem die Rundfunkanstalten Kenntnis von den für die Beitragsfestsetzung erforderlichen Angaben erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssten. Zudem ist in den Fällen der Erhebung einer Verjährungseinrede auch zu prüfen, ob die Berufung hierauf gegen Treu und Glauben verstößt, weil im Falle eines objektiv pflichtwidrigen Unterlassens der gesetzlichen Mitwirkung die Berufung auf die Verjährung einer festgesetzten Forderung eine unzulässige Rechtsausübung darstellen könnte (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1984 - 3 C 86.82 - BVerwGE 69, 227 <236>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 LA 521/07 - NVwZ-RR 2007, 575 jeweils m.w.N.).

90

13. Mit Blick auf seine Rechtsprechung zur Beitragspflicht nach den §§ 2 ff. RBStV sieht der Senat keinen Anlass, von der Unvereinbarkeit der Beitragspflicht im nicht privaten Bereich mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG oder mit europarechtlichen Vorgaben auszugehen. Die dort gemachten Ausführungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 50 ff.) beanspruchen auch insoweit Geltung.

91

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Ein Kleingarten soll nicht größer als 400 Quadratmeter sein. Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.

(2) Im Kleingarten ist eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig; die §§ 29 bis 36 des Baugesetzbuchs bleiben unberührt. Sie darf nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Eigentümergärten.

Tenor

Abweichend von den geänderten Bescheiden für 2010 bis 2012 über Umsatzsteuer vom 20. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2016 wird die Umsatzsteuer für 2010 auf XXXX Euro, für 2011 auf XXXX Euro und für 2012 auf XXXX Euro festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Der Streitwert wird auf XXXX Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger steuerfreie Vermietungsleistungen erbringt und ob der Kläger die Ausübung eines ihm gegebenenfalls zustehenden Optionsrechtes wirksam widerrufen hat.

2

Der Kläger vermietet in Form von Untervermietungen (Wohnraummiete) von ihm selbst angemietete Wohnungen in den ostdeutschen Ländern und Berlin als sogenannte Modelwohnungen ausschließlich an Prostituierte zu regelmäßigen Tagespreisen von 30,00 Euro und 57,00 Euro. Die Vermietung erfolgt regelmäßig für eine Woche. Die Mieterinnen wechseln danach in andere Wohnungen – auch in anderen Orten – und bieten dort ihre Dienste an. Der Kläger vermietete 2010 11 Wohnungen, 2011 18 Wohnungen und 2012 24 Wohnungen in verschiedenen Gebäuden.

3

Die Ausstattung der Wohnungen ist unterschiedlich. Grundsätzlich sind ein Doppelbett, ein Tisch, ein Stuhl und ein Schrank vorhanden. In den Wohnungen befinden sich ein Bad und eine Küche oder eine Kochecke. Teilweise sind die Wohnungen mit einer Waschmaschine und/oder einem Trockner ausgestattet. Die Wohnungen sind vor Einblicknahme geschützt, die Fenster sind verdunkelt und die Eingänge befinden sich regelmäßig auf dem Hinterhof. Zur Vermietung gehören Nebenleistungen, wie die Lieferung von Wasser und Wärme sowie die Müllentsorgung. Der Kläger liefert weder Bettwäsche noch Handtücher noch ist er für die Reinigung der Wohnungen zuständig.

4

Auf Rotlichtportalen im Internet auf der Internetseite www.XY.de gibt es eine Rubrik "Zimmer frei", mit Informationen zu freien Wohnungen und Zimmern, welche mit Telefonnummern hinterlegt sind. Unter dieser werden unter anderem freie Appartements/Modelwohnungen angeboten. Bezüglich einer Annonce ist als Kontakt die Telefonnummer des Klägers vermerkt. Auch auf der Internetseite www.YZ.de gibt es ein Feld „Termine frei“. Hier ist ebenfalls der Telefonanschluss des Klägers vermerkt.

5

Neben der Vermietung erbringt der Kläger laut Akteninhalt keine weiteren Leistungen. Der Steuerfahndungsdienst Mecklenburg-Vorpommern hat im Rahmen von Steueraufsichtsverfahren gem. § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Abgabenordnung - AO - verschiedene Mieterinnen mit einem standardisierten Fragebogen befragt. In den Verwaltungsakten des Beklagten (vgl. Bl. 26 ff Sonderakten) befinden sich 9 ausgefüllte Fragebögen.

6

Danach gab es in den meisten Fällen schriftliche Mietverträge (vgl. auch Untermietverträge Bl. 78 ff Rb-Akte). Die Miete wurde regelmäßig in bar an den Kläger persönlich oder – in einem Fall – an Dritte gezahlt. Der Kläger selbst hat aufgrund seines Fahrtenbuches eine Vielzahl von Fahrten zur Entgegennahme der Mieten nachgewiesen (vgl. Bl. 36 ff Bilanz- Gewinn- und Verlustrechnungsakte). Aus den Fragebögen ergibt sich weiterhin, dass die Kunden bei den Prostituierten direkt bezahlen, dass es keine vorgegebenen, aber „marktübliche“ Preise gibt. Die Frage, ob sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit kontrolliert werden, wurde verneint, die Frage, ob sie die Arbeitszeiten selbst bestimmen können, bejaht. Auf die Frage, wer in dem Objekt das Sagen hat, wird in einem Fall der Name des Klägers genannt, in 2 Fällen wird der Kläger als Ansprechpartner in dem Objekt benannt. Die Frage nach selbstbestimmten Arbeitszeiten wird – soweit nachgefragt – in allen Fällen bejaht. Ansprüche auf Urlaub werden verneint. In zwei Fällen wird angegeben, dass der Vermieter im Falle einer Erkrankung informiert wird. In einem weiteren Fall wird angegeben, dass im Falle von Urlaub „jemand“ informiert werden muss. In den übrigen Fragebögen wird – soweit nachgefragt - angegeben, dass im Falle eines Urlaubs oder einer Erkrankung niemand informiert werden muss. Die befragten Frauen haben alle angegeben, dass sie ihre Anzeigen selbst geschaltet haben.

7

Am 2. Juni 2015 teilte ein Mitarbeiter des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen – Steuerfahndungsstelle AG Rotlicht -, Berlin dem Beklagten mit, dass der Kläger als Betreiber der „A“ in Berlin der AG Rotlicht zukünftig monatliche Aufstellungen übersenden werde, aus denen die Mieterinnen des jeweiligen Monats hervorgehen würden.

8

In den Feststellungakten des Beklagten (Bl. 116 ff.) befindet sich eine Vielzahl von Quittungskopien aus den Jahren 2012 und 2013, in denen die Mieteinnahmen unter Angabe der Wohnung, des Namens der Mieterin und dem Vermietungszeitraum sowie die vereinnahmte Miete aufgeführt sind. Umsatzsteuer wurde in keinem Fall gesondert ausgewiesen.

9

Der Kläger meldete steuerlich am 5. Mai 2009 eine gewerbliche Tätigkeit mit dem Gegenstand "Vermietung/Beherbergung von Wohnraum" zum 1. März 2003 an. Die Art seiner Tätigkeit gab er in seinen Umsatzsteuererklärungen und – Voranmeldungen „Beherbergung“ und "kurzfristige Vermietung von Wohnraum" an. Er beantragte die Ist-Versteuerung. Der Beklagte gestattete ihm mit dem Schreiben vom 14. Mai 2009 ab 1. Januar 2009 die Umsatzsteuer nach den vereinnahmten Entgelten (Ist-Einnahmen) gemäß § 20 UStG zu berechnen.

10

Der Kläger ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Absatz 3 Einkommensteuergesetz - EStG -. Die Erlöse aus der Vermietung der Wohnräume betrugen 2010 XXXX Euro, 2011 XXXX Euro und 2012 XXXX Euro. Die erstattete Umsatzsteuer wird in den Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesen.

11

In seinen am 10. Mai 2011 (für 2010), 30. August 2012 (für 2011) und 24. Oktober 2013 (für 2012) eingereichten Umsatzsteuererklärungen unterwarf der Kläger diese Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Daneben erklärte er Umsätze zum allgemeinen Steuersatz, unter anderem auch aufgrund unentgeltlicher Wertabgaben und errechnete die Umsatzsteuer wie folgt: …

12

Nach einer im Dezember 2013 abgeschlossenen Steuerfahndungsprüfung, kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass im Streitfall keine Beherbergungsumsätze vorliegen. Es würden vielmehr kurzfristig Räumlichkeiten an Prostituierte zur Ausübung deren gewerblicher Tätigkeit überlassen, was die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausschließe.

13

Mit seinen nach § 164 Absatz 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheiden vom 20. Januar 2014 unterwarf der Beklagte die Vermietungsumsätze dem Regelsteuersatz von 19% und setzte unter Beibehaltung aller übrigen erklärten Beträge die Umsatzsteuer für 2010 auf XXXX Euro, für 2011 auf XXXX Euro und für 2012 auf XXXX Euro fest. Die Bescheide stehen weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

14

Hiergegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein und wandte sich zunächst gegen die Nichtberücksichtigung des ermäßigten Steuersatzes. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens beantragte er die Steuerfreiheit der Umsätze aus der entgeltlichen Überlassung der Wohnungen. Er begründete seinen Einspruch damit, dass aus seiner Sicht kein Vertrag besonderer Art vorläge, weil er keine Maßnahmen ergriffen oder Einrichtungen geschaffen habe, die die Ausübung des Gewerbes der Bewohnerinnen fördere.

15

Auf die Steuerfreiheit der Vermietungsleistungen habe er nicht gem. § 9 Absatz 1 Umsatzsteuergesetz – UStG – verzichtet, weil er bei der Besteuerung seiner Umsätze von einem anderen gesetzlichen Tatbestand, nämlich der – steuerpflichtigen - kurzfristigen Überlassung von Wohnräumen zur Beherbergung Fremder, ausgegangen sei. Er habe in keiner Jahreserklärung erklärt, dass er eine Option für eigentlich umsatzsteuerfreie Umsätze ausübe, denn er habe die Vermietungsumsätze aus einem anderen Grund als steuerpflichtig behandelt. Hilfsweise erkläre er nunmehr, dass er den Verzicht auf die Steuerfreiheit nicht in Anspruch nehme. Um die Rücknahme des Verzichts wirksam zu erklären, reichte der der Kläger am 28. Juli 2014 berichtigte Umsatzsteuererklärungen ein (Bl. 50 ff Rb-Akte), in denen er die Umsatzsteuer wie folgt berechnete: ...

16

Der Beklagte berücksichtigte die berichtigen Erklärungen nicht und wies den Einspruch des Klägers gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2016 als unbegründet zurück. Er begründete seine Entscheidung unter Berufung auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. August 1961 sowie dessen ständige Rechtsprechung, wonach bei der Überlassung von Zimmern an Prostituierte gegen Entgelt kein Mietvertrag, sondern ein Vertrag besonderer Art vorliege, wenn der Vermieter durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation schaffe und unterhalte, die die Ausübung der Prostitution fördere. Dies sei hier gegeben, weil der Kläger die Wohnungen für die Mieterinnen zur Ausübung ihres Gewerbes eingerichtet habe. Die Wohnungen seien durch den Kläger möbliert vermietet worden. Er habe den Damen als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden. Er nehme Krankmeldungen entgegen, um die Wohnungen neu belegen zu können. Die Prostituierten würden in regelmäßigen Abständen in die Wohnungen des Klägers kommen. Die Wohnungen seien mit diversen Klingeln gekennzeichnet. Laut den Feststellungen der Steuerfahndung seien die Wohnungen vor Einblicknahme geschützt, die Fenster seien verdunkelt und die Eingänge würden sich auf dem Hinterhof befinden. In den Rotlichtportalen www.XY.de und www.YZ.de werde die Telefonnummer des Klägers in der Rubrik "Zimmer frei" angegeben

17

Der Kläger hat am 7. März 2016 Klage erhoben.

18

Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Vorbringen im außergerichtlichen Vorverfahren vor, dass seine erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei seien, weil es sich um Vermietungsleistungen an Gewerbetreibende handele. Er erbringe insoweit über die typischerweise im Gefolge einer Gewerberaumvermietung üblicherweise vorkommenden Nebenleistungen hinaus keine weiteren gesonderten Leistungen an die Mieter. Auch das Mitvermieten von einfachen Einrichtungsgegenständen würde als typische Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilen. Insoweit liege kein Vertrag besonderer Art vor. Der Kläger ist - unter Bezugnahme auf Artikel 135 Absatz 1 Buchst. I der, Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) - der Ansicht, dass die Auffassung des Beklagten weder mit dem geltenden Recht, noch mit der Rechtsprechung des BFH vereinbar sei. Soweit er auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet haben sollte, was er weiterhin bestreite, habe er diesen Verzicht mit seinen geänderten Umsatzsteuerklärungen wirksam zurückgenommen, weil die Steuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden habe.

19

Der Kläger beantragt,
abweichend von den Bescheiden über Umsatzsteuer für 2010, 2011 und 2012 jeweils vom 20. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2016 die Umsatzsteuer für 2010 auf XXXX Euro, für 2011 auf XXXX Euro und für 2012 auf XXXX Euro festzusetzen sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

20

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

21

Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

22

Dem Gericht lagen je ein Band Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer-, Feststellungs-, Sonder-, Rechtsbehelfs-, Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakten sowie ein Ordner „B“ vor.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Klage ist begründet.

24

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Absatz 1 Satz 1 FinanzgerichtsordnungFGO -).

25

Die Leistungen des Klägers sind nach § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerfrei, denn der Kläger hat Vermietungsleistungen im Sinne dieser Vorschrift erbracht (1.) und seinen Verzicht auf die Steuerbefreiung wirksam widerrufen (2.).

1.

26

Steuerfrei ist nach § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzung von Grund und Boden betreffen. Unionsrechtlich befreit Art. 135 Absatz 1 Buchst. I MwStSystRL die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Die Steuerfreiheit erstreckt sich dabei auch auf die Vermietung einzelner Räume (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1991 V R 95/89, BFHE 166, 191, BStBI. II 1992, 209; vom 21. April 1993 XI R 55/90, BFHE 172,141 BStBl. II1994,266; vom 24. April 2014 V R 27/13, BFHE 245,404, BStBl. II 2014, 732; vom 17. Dezember 2014 XI R 16/11, BFHE 248,436, BStBl. II 2015, 427).

27

Ob eine Vermietungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach dem Unionsrecht (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Januar 2003 C-315/00, Maierhofer, Sig. 2003,1-563, BFH/NV Beilage 2003,104; BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234,513; BStBl. II 2014, 73; vom 21. Februar 2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635; vom 13. Februar 2014 V R 5/13, BFHE 245,92, BFH/NV 2014, 1159).

28

Wesentliches Merkmal der steuerfreien Vermietung im Sinne von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG ist nach der Rechtsprechung des BFH, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. BFH-Urteile vom 13. Februar 2014 V R 10/12, a.a.O.; vom 19. Februar 2014 XI R 1/12, BFH/NV 2014, 1398, juris; vom 24. September 2015 V R 30/14, BFHE 251, 456, BStBl. II 2017, 132 ).

29

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Indem der Kläger den Mieterinnen die Wohnungen überließ, räumte er ihnen eine Besitzposition dergestalt ein, dass sie während der Berechtigungszeit mit den Räumlichkeiten "wie ein Eigentümer" verfahren konnten und andere von der Inbesitznahme derselben nach eigenem Belieben ausschließen konnten.

1.1

30

Dass der Kläger die Wohnungen in der Regel nur über einen Zeitraum von einer Woche vermietete,  ist unschädlich.

31

Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG für die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude bejaht, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (vgl. BFH-Urteile vom 20. August 2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473; vom 8. August 2013 V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952; vom 22. August 2013 V R 18/12, BFHE 243, 32, BStBl. II 2013, 1058; vom 19. Februar 2014 XI R 1/12, a.a.O.). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Artikel 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, wonach "die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrags" bildet (vgl. EuGH-Urteile vom 12. Februar 1998 C-346/95, Blasi, Sig. 1998, 1-481, UR 1998, 189, und Stockholm Lindöpark vom 18. Januar 2001 C-150/99 in Slg. 2001, 1-493, BFH/NV Beilage 2001, 44, UR 2001, 153).

32

Das Merkmal der "nicht nur kurzfristigen Überlassung" von möblierten Räumlichkeiten respektive der "auf Dauer angelegten Vermietung" dient aber lediglich zur Abgrenzung der gemäß § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerfreien Vermietung von Grundstücken von der gemäß § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG nicht von der Umsatzsteuer befreiten Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Die Dauer der Beherbergung ist damit geeignetes Kriterium zur Unterscheidung zwischen der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe (als steuerpflichtigem Umsatz) einerseits und der Vermietung von Wohnräumen (als befreitem Umsatz) andererseits, da sich die Beherbergung im Hotel u. a. gerade bezüglich der Verweildauer von der Vermietung eines Wohnraums unterscheidet (vgl. BFH-Urteile vom 22. August 2013 V R 18/12, a.a.O., vom 8. August 2013 V R 7/13, a.a.O.).

33

Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 135 Absatz 2 Buchst. a MwStSystRL. Danach ist insbesondere "die Gewährung von Unterkunft nach den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern" von der Steuerfreiheit für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 2015 V R 30/14, BFHE 251, 456, BStBl. II 2017, 132).

34

Bei den vom Kläger wochenweise vermieteten Wohnungen handelt es sich aber nicht um Wohn- oder Schlafräume, die der Kläger zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithielt, denn es ist rechtlich geklärt, dass die Vermietung von Räumen an Prostituierte zum Zweck der Ausübung der Prostitution keine kurzfristige Beherbergung von bereitgehaltenen Wohn- und Schlafräumen an Fremde darstellt (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Januar 2015 XI B 88/14, BFH/NV 2015, 864; Urteil vom 24. September 2015 V R 30/14, a.a.O. m.w.N.).

1.2

35

Die Vermietung der Wohnungen war auch nicht derart mit zusätzlichen Leistungen verbunden, dass die weiteren Leistungen der Gesamtleistung ein anderes Gepräge gegeben haben.

36

Eine Grundstücksvermietung im Sinne des § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG ist dann nicht anzunehmen, wenn nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, eine bestimmte Betätigung auszuüben, aus Sicht des Leitungsempfängers im Vordergrund steht, es sich mithin um einen Vertrag besonderer Art handelt und zusätzliche Leistungen der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2014 XI R 16/11, a.a.O., Beschluss vom 13. September 2002 V B 51/02, BFH/NV 2003, 212, juris).

37

Eine gegenüber der Vermietung andersartige Leistung hat der EuGH (Urteil Stockholm Lindöpark vom 18.Januar 2001 C-150/99, a.a.O.) unter anderem bei der Überlassung eines Golfplatzes für den Golfsport dann angenommen, wenn neben die kurzfristige Grundstücksüberlassung eine Vielzahl zusätzlicher geschäftlicher Aktivitäten wie Aufsicht, Verwaltung, Unterhaltung sowie die Zurverfügungstellung anderer Anlagen tritt, die der Grundstücksüberlassung ein anderes Gepräge geben. Von einer andersartigen Leistung ist der BFH auch bei der Vermietung in einem "Bordell" ausgegangen (vgl. BFH- Urteile vom 22. August 2013 V R 18/12, a.a.O. und vom 17. Dezember 2014 XI R 16/11, a.a.O.).  Im Übrigen hat die Rechtsprechung andersartige Leistungen dann angenommen, wenn den Prostituierten Kontaktmöglichkeiten durch eine im Gebäude befindliche Bar erleichtert wurden, die Besucher kontrolliert werden konnten, behördliche Beziehungen durch Einbehaltung der Einkommensteuer – „Düsseldorfer Modell“ – erleichtert wurden (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 24. April 2001 2 K 1998/99, „Eroscenter“, juris; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 1. Juni 2012 1 K 2723/10, juris), wenn ein spezieller Raum zur Kontaktaufnahme und Vertragsanbahnung zur Verfügung stand, die Prostituierten sich in sogenannten „Koben“ zur Schau stellen konnten, die vermieteten Räumlichkeiten mit einem Alarmknopf und einer Gegensprechanlage ausgestattet waren, die Reinigung der Zimmer übernommen und den Prostituierten die Nutzung von Gemeinschaftsanlagen wie beispielsweise einer Küche ermöglicht wurde (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 2. Dezember 2010 5 K 387/07, juris)

38

Vergleichbare Leistungen hat der Kläger nicht erbracht.

39

Der Kläger vermietete Wohnungen, die sich ihrer Ausstattung nach nicht von vergleichbaren zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen unterschieden. Weder das Vorhandensein eines Bettes, eines Schranks, einer Waschmaschine, eines Trockners, einer Küche oder eines Bades geben der Vermietungsleistung ein anderes Gepräge. Dies insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Finanzgericht Hamburg (vgl. Urteil vom 17. September 2015 2 K 253/14, EFG 2016,243) selbst dann keine andersartige Leistung angenommen hat, obwohl bei den dortigen Begebenheiten die Eingangstür per Videokamera überwacht worden war, jedes Zimmer ein Klingelschild hatte und wie bei einem hotelähnlichen Betrieb Handtücher und Bettwäsche gestellt worden waren. Das Finanzgericht Hamburg hielt entsprechende Ausstattungsmerkmale auch bei einer Wohnraumvermietung für denkbar und nicht unüblich. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

40

Dass die Wohnungen von außen nicht einsehbar sind und sich deren Zugänge überwiegend im Hinterhof befinden, rechtfertig keine andere Annahme, da auch vergleichbare Wohnungen, die ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden, entsprechend belegen sein können bzw. teilweise von Mietern - zum Schutze ihrer Privatsphäre und Anonymität - bevorzugt werden. Entsprechendes gilt für die Annahme des Beklagten, dass die Tatsache, dass der Kläger sich den Mietzins in bar übergeben lasse, für eine andersartige Leistung des Klägers spreche. So ist es zwar bei Dauerschuldverhältnissen unüblich, dass die Geldleistung in bar entrichtet wird, bei einer Vermietungsleistung von einem Zeitraum von lediglich einer Woche aber gleichwohl nicht.

41

Im Übrigen spricht die Tatsache, dass der Kläger auf Onlineportalen unter Angabe seiner Telefonnummer für die Anmietung der Wohnungen wirbt, nicht für die Erbringung einer sonstigen Dienstleistung, die der Vermietung ein anderes Gepräge gibt. So obliegt es dem Steuerpflichtigen, der eine Vermietungsleistung erbringen möchte, ob und wo er für diese wirbt. Da der Kläger die Wohnungen ausschließlich an Prostituierte vermietet, erscheint es nur sachgerecht, dass er seine Leistung auch auf den einschlägigen Internetseiten anbietet.

42

Letztlich kann auch die Behauptung des Beklagten, dass der Kläger Krankmeldungen von seinen Mieterinnen entgegen nehme, keine andere Beurteilung des Streitfalls rechtfertigen. Selbst bei unterstellter Richtigkeit der Tatsache läge gleichwohl keine andersartige Leistung des Klägers vor. So sind im Rahmen einer nicht auf Dauer angelegten Vermietungsleistung zu gewerblichen Zwecken in der Regel beide Parteien gleichermaßen daran interessiert, dass die Leistung entsprechend nur erbracht werde, sofern kein Hinderungsgrund für dieselbe besteht. Dies vor dem Hintergrund, dass die Mieterinnen den Mietzins durch die Ausübung ihres Gewerbes erst erwirtschaften. Hieran ist letztlich auch der Vermieter interessiert, zumal er bei einer nur kurzfristigen Vermietung auf den Abschluss eines erneuten Mietvertrages zielt. Selbst bei Beherbergungen - wo ein gewerblicher Abschluss des Vertrages seitens der Mieter in der Regel nicht gegeben ist - räumt der Vermieter aus Kulanzgründen regelmäßig großzügige Stornierungsmöglichkeiten ein, da er an einer langfristigen Geschäftsbeziehung interessiert ist. Entsprechend erscheint es insoweit nicht ungewöhnlich, dass die Mieterinnen dem Kläger eine Erkrankung melden, sodass er das Zimmer erneut vermieten, eine Aufhebung des bereits geschlossenen Vertragsverhältnisse mithin erfolgen kann.

43

Dass der Kläger die behördlichen Beziehungen unter Anwendung des sogenannten Düsseldorfer Modells erleichtert hat, ist für die Streitjahre nicht feststellbar. Erst ab 2015 hat der Kläger mit der Berliner Finanzverwaltung eine Vereinbarung geschlossen, wonach er monatlich Namenslisten seiner Mieterinnen überreicht. Rückschlüsse auf das Streitjahr erlaubt diese Vereinbarung aber nicht.

2.

44

Zwar hat der Kläger wirksam gem. § 9 Absatz 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichtet (2.1), diesen Verzicht aber durch Abgabe berichtigter Umsatzsteuererklärungen während des Einspruchsverfahrens wirksam widerrufen (2.2).

2.1

45

Der Kläger hat auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze gem. § 9 Absatz 1 UStG verzichtet. Danach kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 4 Nummer 12 UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Kläger erbringt Vermietungsleistungen an einen anderen Unternehmer, denn nach dem Beschluss des Großen Senats vom 20. Februar 2013 (GrS 1/12, BFHE 140, 282, BStBl. II 2013, 441) erzielen selbständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

46

Die Optionsausübung bedarf keiner Form und kann durch ausdrückliche Erklärung oder schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Üblicherweise geschieht dies durch den Umsatzsteuerausweis in Rechnungen oder durch die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen. Im Streitfall hat der Kläger durch den Antrag auf Ist-Besteuerung, die schriftlichen Angaben in seinen Umsatzsteuerjahreserklärungen und in den Gewinnermittlungen eindeutig zu erkennen gegeben, dass er die Vermietungsleistungen als steuerpflichtig behandeln wollte. Dass er dabei von Vermietungsleistungen nach § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG ausgegangen ist, ist für die Annahme einer wirksamen Option unerheblich, denn systematisch ist § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG lediglich ein Ausnahmetatbestand zu § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 18/12, a.a.O.).

2.2

47

Der Kläger hat den Verzicht auf die Steuerbefreiung durch Einreichung berichtigter Umsatzsteuererklärungen wirksam widerrufen.

48

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung bis zur Unanfechtbarkeit oder solange der Bescheid aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung gem. § 164 AO noch änderbar ist, rückgängig gemacht werden (vgl. BFH-Urteile vom 19. Dezember 2013 V R 6/12, BFHE 245, 71; vom 1. Februar 2001 V R 23/00, BFHE 194, 493, BStBl. II 2003, 673). Die Rückgängigmachung wirkt auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück.

49

Die hier streitigen Bescheide stehen nach wie vor unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Absatz 1 AO.

50

Durch Abgabe berichtigter Umsatzsteuererklärungen, in denen der Kläger die Vermietungsumsätze nicht mehr aufgeführt hat, hat er seine Verzichtserklärung wirksam widerrufen. Dass er weiterhin der Auffassung ist, nicht wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet zu haben, ist dabei unschädlich, denn insoweit ist der Verzicht hilfsweise erklärt worden.

51

Im Streitfall bedurfte es keiner berichtigten Rechnungen, um die Rücknahme des Verzichts in formaler und zeitlicher Hinsicht wirksam zum machen (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 19. Dezember 2013 V R 6/12, a.a.O. und vom 1. Februar 2001 V R 23/00, a.a.O.),  denn der Kläger hat – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in den Abrechnungspapieren über seine Vermietungsleistungen keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen.

3.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Absatz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit der entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nummer 10, 711 ZivilprozessordnungZPO -. Die Revision hat das Gericht gem. § 115 Absatz 2 Nummer 1 FGO zugelassen. Die Streitwertberechnung beruht auf §§ 52, 63 Gerichtskostengesetz – GKG -.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.