Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16

bei uns veröffentlicht am15.02.2017

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2016 - 11 S 2806/15 - geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein italienischer Staatsangehöriger, begehrt die Befristung der gegen ihn im Jahre 1998 verfügten Ausweisung.
Der am ... November 1970 in Italien geborene Kläger kam als Kind mit seinen Eltern nach Baden-Württemberg. Hier wuchs er mit drei jüngeren Geschwistern im Elternhaus auf. Er brach den Besuch der Hauptschule in der sechsten Klasse ab und kehrte im März 1985 mit seinen Eltern nach Neapel zurück, ohne dort die Schule zu besuchen. Ab 1986 lebte er auf Sizilien im Haushalt seiner Großeltern mütterlicherseits und durchlief eine Ausbildung zum Kfz.-Mechaniker.
Am 5. April 1988 reiste der Kläger erneut nach Deutschland ein. Seine im August 1990 geschlossene Ehe wurde im Frühjahr 2004 geschieden. Der Sohn des Ehepaares wurde am ... März 1994 geboren. Er lebt seitdem im Bundesgebiet.
Der Kläger war nach seiner Rückkehr bei wechselnden Arbeitgebern tätig, zuletzt im Dezember 1994/Januar 1995 als Fahrer bei einem Transportunternehmen. Da er bei dem Beladen seines Fahrzeugs Waren entwendete, wurde er entlassen und im Dezember 1996 wegen Diebstahls in vier Fällen verurteilt. Bereits im August 1995 war er vom Amtsgericht Stuttgart wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Heroin) zu einem Jahre und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war.
Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Kläger mit seit 18. Juni 1998 rechtskräftigem Urteil vom 23. Dezember 1997 - 9 Ks 117 Js 93813/96 - wegen Mordes an einem Aufseher einer Spielhalle in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Das Landgericht stellte fest, dass seine Schuld besonders schwer wiegt. Es ordnete die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt an und entschied, dass die Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken ist.
Mit seit dem 8. Oktober 1998 unanfechtbarer Verfügung vom 4. September 1998 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - gestützt auf § 12 AufenthG/EWG i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1990 - den Kläger aus dem Bundesgebiet aus und drohte ihm die Abschiebung nach Italien an.
Während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt H... fiel der Kläger mit Drogengeschäften auf, die zur Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und zu einer zweitweisen Verlegung in die Justizvollzugsanstalt F... führten. In der Justizvollzugsanstalt H... nutze er seinen guten Kontakt zu einem aus Italien stammenden ehrenamtlich tätigen Lehrer, um diesen zu veranlassen, ihm Haschisch zu besorgen. Zur Übergabe von 11 g Haschisch am 29. September 1999 kam es jedoch nicht, da die Drogen bei einer Kontrolle des Lehrers in der Vollzugsanstalt sichergestellt wurden. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 5. Dezember 2000 - 11 Ls 63 Js 31165/99 - wurde der Kläger deshalb wegen versuchten unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte der Kläger angegeben, vor seiner Verhaftung heroinabhängig gewesen zu sein, zwar noch keine Therapie gemacht, aber von den Drogen weg zu sein.
Mit Schreiben seines damaligen Rechtsanwalts vom 17. Juli 2002 beantragte der Kläger seine Überstellung nach Italien zur weiteren Strafvollstreckung und begründete dies mit den fehlenden sozialen und familiären Kontakten im Bundesgebiet und dem Streben nach familiärer Anbindung an Verwandte in Italien. Nachdem das Oberlandesgericht Neapel am 23. April 2004 die Anerkennung der Urteile des Landgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 1997 und des Amtsgerichts Heilbronn vom 5. Dezember 2000 ausgesprochen und das italienische Justizministerium der Überstellung zugestimmt hatte, wurde der Kläger am 23. März 2005 an Italien überstellt.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10. November 2014 beantragte der Kläger die Befristung der Sperrwirkungen der Ausweisung. Das Regierungspräsidium Stuttgart bat unter dem 21. November 2014 darum, die Entlassung aus der italienischen Haft nachzuweisen sowie einen aktuellen Straffreiheitsnachweis vorzulegen und seine Bindungen im Bundesgebiet darzulegen, damit eine sachgerechte Entscheidung möglich sei. Nachdem die angeforderten Unterlagen nicht eintrafen, befristete das Regierungspräsidium Stuttgart nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 4. Mai 2015 die Wirkungen der Ausweisung bzw. Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt zum 23. März 2025. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Regierungspräsidium im Wesentlichen aus: Bei der gebundenen Befristungsentscheidung müsse in einem ersten Schritt eine Prognose erstellt werden, in welchem Zeitraum das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot aus spezialpräventiven Gründen trage. Der Kläger sei während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ausgesprochen massiv straffällig geworden und zuletzt im Jahre 1997 wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge rechtskräftig zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung seien umso geringer je höher das Schutzbedürfnis des gefährdeten Rechtsguts anzusiedeln sei. Das von ihm begangene Kapitalverbrechen zeige, dass von ihm höchste Rechtsgüter wie körperliche Unversehrtheit und Leben bedroht wären. Es fehlten jegliche nachprüfbaren Anhaltspunkte für eine Entwicklung des Klägers dahingehend, dass von ihm keine Wiederholungsgefahr mehr ausgehe. Der hier besonders schwerwiegende spezialpräventive Feststellungszweck sei frühestens 20 Jahre nach erfolgter Überstellung erreicht. Erst nach dieser durchaus längeren Abwesenheit sei die Erwartung begründet, eine Wiederholungsgefahr und das von ihm ausgehende Gefährdungspotential sei in einer Weise gemindert, die das öffentliche Interesse an einer Fernhaltung vom Bundesgebiet hinter seinem privaten Interesse an einem Wegfall des Einreise- und Aufenthaltsverbots zurücktreten lasse. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und weitere Vorgaben höherrangigen Rechts erforderten keine Relativierung der Frist zum jetzigen Zeitpunkt - zumal familiäre oder andere schutzwürdige soziale Bindungen im Bundesgebiet nicht vorgetragen und auch nicht bekannt seien.
10 
Zur Begründung seiner am 5. Juni 2015 erhoben Klage trug der Kläger unter Vorlage deutscher Übersetzungen des allgemeinen Auszugs aus dem italienischen Strafregister vom 22. Januar 2014 und der Entscheidung des Tribunale di Sorveglianza di Firenze vom 5. Mai 2015 insbesondere vor, er habe mittlerweile Freigang und übe eine Tätigkeit als Kellner aus. Bereits zuvor - nämlich seit November 2012 - habe er mehrfach Vollzugslockerungen in Form von Hafturlauben und Freigängen erhalten. Darüber hinaus seien mit gerichtlichen Anordnungen aus den Jahren 2007 und 2011 schon Strafminderungen für eine vorzeitige Entlassung festgesetzt worden. All dies verdeutliche seine positive Führung im Strafvollzug und den positiven Vollzugsverlauf. Er sei nunmehr in der Justizvollzugsanstalt in ... untergebracht. Seine aktuelle Situation sei die eines Freigängers. Er könne die Justizvollzugsanstalt täglich um 8.30 Uhr verlassen und müsse spätestens um 24.00 Uhr zurück sein. Abends arbeite er Teilzeit in einem Restaurant. Die voraussichtliche Resthaftdauer sei unbestimmt und werde von den italienischen Behörden mit 31.12.9999 festgelegt. Nichts desto trotz erhalte er im Rahmen von Hafturlaub auch die Möglichkeit zu reisen. Er habe 45 Tage Hafturlaub im Jahr. Die Gefährdungsprognose des Beklagten sei nicht haltbar, insbesondere sei auch der Anknüpfungszeitpunkt der Überstellung nach Italien als Ausgangspunkt für die Prognose fehlerhaft. Die Dauer der Sperrfrist sei unangemessen und unverhältnismäßig. Sie widerspreche auch dem Unionsrecht. Vor dem Hintergrund der Freizügigkeit als Unionsbürger könne es keinen Unterschied machen, ob er sich in Italien frei bewegen dürfe - was er als Freigänger jetzt könne - oder in Deutschland. Aufgrund der ihm in Italien gewährten Lockerungen - u.a. in Form von Heimurlaub - müsse es ihm möglich sein, in dieser Zeit nach Deutschland zu reisen und Familie und Bekannte zu besuchen. Seine Mutter, seine Schwester F. und sein Bruder E. sowie sein Sohn und seine frühere Ehefrau lebten in Baden-Württemberg. Er unterhalte Kontakt zu ihnen, insbesondere telefoniere er mit ihnen, wenn er auf Freigang sei. Sein Sohn besuche ihn mindestens einmal im Jahr in Italien. Es bestehe weder eine Betäubungsmittelabhängigkeit noch ein Umgang mit Betäubungsmitteln, Therapien seien bislang nicht absolviert. Er sei seit 15 Jahren „clean“. Wegen der möglichen Vollzugsauflagen müsse er dies auch sein, denn jeden Moment könne er unaufgefordert zu einer Urinkontrolle oder zur Teilnahme an einem Urinprogramm herangezogen werden.
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Der Beklagte trat der Klage entgegen und führte u.a. aus, es sei nicht ersichtlich, dass während des Vollzugs eine psychologische Tataufarbeitung erfolgt sei.
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In der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2016 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag, die Verfügung des Beklagten vom 4. Mai 2015 aufzuheben und die Wirkungen der Ausweisung auf sofort zu befristen. Mit Urteil vom 26. Februar 2016 - 11 K 2806/15 - hob das Verwaltungsgericht Stuttgart den Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2015 auf und befristete die Wirkungen der Ausweisung vom 4. September 1998 auf sofort unter der Bedingung, dass der Kläger dem Beklagten bis zum 1. März 2017 ein ärztliches Attest vorlegt, das seine Drogenfreiheit bestätigt sowie ein psychologisches Gutachten beibringt, das belegt, dass der Kläger seine am 19. November 1996 begangene und mit Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. Dezember 1997 abgeurteilte Straftat (Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge) aufgearbeitet hat. Für den Fall, dass der Kläger diese Bedingungen nicht erfüllt, werden die Wirkungen der Ausweisung befristet bis 26. Februar 2021. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Kammer aus: Die Befristung bis zum 23. März 2025 sei rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die weiterhin bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung rechtfertige jedoch keine unbedingte Befristung auf sofort.
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Grundlage der aktuellen Gefahrenprognose auf der ersten Stufe sei die aktuelle Tatsachenlage im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung. Ein reiner Verweis auf eine strafrechtliche Verurteilung genüge nicht, um diese Prognose zu begründen, wie sich aus der systematischen Zusammenschau der §§ 7, 6 Abs. 2 FreizügG/EU ergebe. Art. 21 AEUV, § 2 Abs. 1 FreizügG/EU statuierten den Grundsatz der Freizügigkeit für Unionsbürger, § 6 FreizügG/EU den Verlust dieses Rechts. § 7 FreizügG/EU übersetze den Rechtsverlust nach § 6 FreizügG/EU in die Perspektive der Mitgliedstaaten, ist dessen innerstaatliche Konsequenz. Darum seien die Regelungen des § 6 FreizügG/EU auch für das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU fruchtbar zu machen.
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Im Rahmen der Gefährdungsprognose bei einer Befristungsentscheidung sei nicht maßgebend, dass seinerzeit die Ausweisung des Klägers wegen eines Kapitalverbrechens erfolgt sei. Es komme stattdessen allein auf die aktuell in der Person des Täters selbst diagnostizierbaren gemeinwohlgefährdenden Umstände an. Als solche sehe die Kammer insbesondere mit Rekurs auf die Strafakte zwei Momente gegeben; der auch nach der Verurteilung während der Haftzeit in Deutschland bestehende Betäubungsmittelkonsum des Klägers sowie die im Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zum Ausdruck gekommene und im Strafurteil ausführlich gewürdigte Bereitschaft des Klägers zur Gewalt und zum massiven Normbruch zur Durchsetzung der eigenen Ziele um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. Die Kammer sei der Ansicht, dass der Begegnung dieser Gefährdungsmomente besser durch darauf abgestimmte, konkrete Bedingungen zu begegnen sei als durch einen weiteren zeitlichen Aufschub des Freizügigkeitsrechts, der darum nur hilfsweise in Betracht komme. Diese Vorgehensweise trage insbesondere dem Charakter der §§ 6, 7 FreizügG/EU sowie dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit am besten Rechnung. Bei den §§ 6, 7 FreizügG/EU handele es sich um Normen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts, nicht des Strafrechts. Die Ziele der ausländerrechtlichen Regelung seien nicht Sühne und Abschreckung, sondern die effektive Gefahrenabwehr bei gleichzeitiger Achtung und Wahrung der bürgerlichen Freiheit. Das lasse sich durch konkrete, an der Person des Täters orientierte Maßnahmen und Nachweise besser gewährleisten als durch die prognosebasierte Setzung einer Maximalfrist. Durch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verdichte sich die gesetzliche Möglichkeit, solche Maßnahmen zu erwägen, zu einer Pflicht. Für den Fall, dass der Kläger die gesetzten Bedingungen nicht erfüllt, sei den von ihm ausgehenden Gefahren durch eine weitere Befristung der Freizügigkeitseinschränkung zu begegnen.
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In Bezug auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers genügten die bisher vorgelegten Nachweise nicht, um die daraus resultierenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung hinreichend sicher auszuschließen. § 11 Abs. 2 S. 5 AufenthG sehe aber explizit die Möglichkeit vor, die Befristung zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zum Nachweis der Drogenfreiheit, mit einer Bedingung zu versehen, etwa einem ärztlichen Attest. Sobald der Kläger ein solches bestätigendes Attest vorlege, sei nach Ansicht der Kammer seine Drogenfreiheit hinreichend sicher nachgewiesen. Folglich bestehe ab diesem Zeitpunkt insofern keine Grundlage mehr für eine Gefahrenprognose zulasten des Klägers, sodass eine Befristung auf sofort geboten sei.
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Der personale Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 S. 5 AufenthG sei für den Kläger eröffnet. Grundsätzlich sei das AufenthG für Freizügigkeitsberechtigte unanwendbar, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 1 FreizügG/EU. Diese so erforderliche Rückverweisung finde sich hier in § 11 Abs. 2 FreizügG. Er gelte allerdings nur vorbehaltlich des Fehlens speziellerer Regelungen im FreizügG/EU. Eine solche finde sich für die Befristungsentscheidung in § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Der unklaren Tatsachenlage trage hier aber nicht allein eine Befristung, sondern eine Kombination aus Befristung und Bedingung am besten Rechnung. Das AufenthG sehe eine solche Möglichkeit in § 11 Abs. 2 S. 5 AufenthG explizit vor. Wenn es diese Möglichkeit bereits für Ausländer nach dem AufenthG gebe, müsse sie aus europarechtlichen Gründen aber erst Recht auch im Recht der Freizügigkeit bestehen. Jedenfalls in Bezug auf die Bedingung treffe § 7 Abs. 2 FreizügG/EU also keine besondere Regelung, sodass das AufenthG anwendbar sei. Im Übrigen wäre § 11 Abs. 2 S. 5 AufenthG auch als günstigere Regelung anwendbar, § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU. Für die Rechtswidrigkeit der angegriffenen behördlichen Befristungsentscheidung sei es insofern auch unerheblich, dass es bei ihrem Erlass die Möglichkeit einer Bedingung nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU, 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 5 AufenthG noch nicht gegeben habe, denn maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
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Die in der durch das Landgericht Stuttgart abgeurteilten Tat zum Ausdruck gekommenen Merkmale in der Person des Klägers und die daraus erwachsende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung werde durch den mittlerweile verstrichenen Zeitraum von knapp 20 Jahren relativiert. In der Zwischenzeit sei der Kläger sowohl im Vollzug als auch während seiner Freigänge und Hafturlaube nicht wieder straffällig geworden. Das italienische Gericht habe ihm Fortschritte im Vollzug, insbesondere den Erwerb der Mittelschulreife bescheinigt. Das beanstandungsfreie Verhalten im Strafvollzug und auf den regelmäßigen Freigängen des Klägers gebe insofern berechtigten Anlass zu der Prognose, die vom Kläger ausgehende Gefahr habe sich signifikant gemindert.
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Gleichwohl gebiete der das gesamte Polizei- und Ordnungsrecht durchziehende Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr, dass diese Prognose umso sicherer auszufallen habe, je höherwertiger die in Rede stehenden Rechtsgüter seien. Diesem Maßstab genügten die bisherigen Darlegungen mit Blick auf die bedrohten, hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben nicht. Vielmehr lasse sich eine negative Gefahrenprognose des Klägers erst dann stellen, wenn nachgewiesen sei, dass dieser sich mit seiner Tat hinreichend auseinandergesetzt und den besonders schweren Normbruch nachhaltig aufgearbeitet habe. Gemäß den obigen Ausführungen halte die Kammer auch insofern eine gutachterliche Stellungnahme für vorrangig gegenüber der abstrakten Befristung.
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Durch die tenorierte Bedingung trage die Kammer dem Umstand Rechnung, dass die deutsche Behörde den Lebenslauf des Ausländers im Ausland nach der Aufenthaltsbeendigung in der Regel nicht weiter verfolgen könne. Es entspreche somit der Mitwirkungspflicht des Ausländers, die positive Persönlichkeitsentwicklung aktiv darzulegen. Für den Fall, dass der Kläger diesen Bedingungen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkomme, sei gemäß §§ 11 Abs. 2 AufenthG, 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 7 Abs. 2 S. 6 FreizügG eine längere Frist festzusetzen. Sie sei auf der Grundlage einer aktuellen Gefährdungsprognose und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu treffen. Die behördliche Befristung bis zum Jahr 2025 lasse sich nicht halten. Wie aus den vorangegangenen Erwägungen ersichtlich werde, seien die maßgeblichen Ausgangspunkte für eine Gefährdung durch den Kläger die in einer knapp 20 Jahre zurückliegenden Straftat zum Ausdruck gekommenen schädlichen Neigungen sowie der Konsum von Betäubungsmitteln, für den die letzten Belege nach Aktenlage aus dem Jahr 2000 datieren. Demgegenüber würden der anhaltend positive Verlauf des Strafvollzuges, die Bewährung des Klägers im zivilen Leben auf seinen Freigängen und Hafturlauben, die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Kellner, wiederholte Lockerungen durch die italienischen Strafvollzugsbehörden sowie die lange Zeitdauer seit dem letzten Offenbarwerden der Gefahrenpotenziale des Täters für eine mittlerweile deutlich geminderte Gefährdung durch den Kläger sprechen. Insbesondere mit Blick auf den primärrechtlichen Schutz der Freizügigkeit in Art. 21 AEUV lasse sich vor diesem Hintergrund die vorgenommene Maximalbefristung nicht halten.
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Die Kammer halte stattdessen unter Abwägung aller Umstände, insbesondere auch der noch bestehenden persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet eine Befristung auf 5 Jahre ab dem Tag der mündlichen Verhandlung für angemessen. Dabei sei zu beachten, dass es trotz dieser Entscheidung weiterhin möglich bleibe, die Befristung aufgrund einer jeweils aktualisierten Gefährdungsprognose anzupassen. Zum einen könne der Kläger einen Antrag auf Verkürzung der Frist stellen. Zum anderen könne einem Freizügigkeitsberechtigten die Einreise verweigert und eine einmal getroffene Befristungsentscheidung bei Fortbestehen der Gefährdungslage auch nachträglich verlängert werden.
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Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 17. Mai 2016, zugestellt am 24. Mai 2016, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Unter dem 23. Juni 2016 hat der Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags begründet. Er trägt im Wesentlichen vor: Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zum 23. März 2025 sei im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Vom Kläger gehe weiterhin eine schwerwiegende Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben aus. Die getroffene Befristungsentscheidung sei auch unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen Interessen verhältnismäßig. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne die Befristung nicht als weniger einschneidende Maßnahme unter der Bedingung der Vorlage etwaiger Nachweise einer positiven Entwicklung verkürzt werden. Für die hier zu treffende Befristungsentscheidung sei § 7 Abs. 2 FreizügG/EU eine spezielle und abschließende Regelung. Eine Rechtsgrundlage für die Beifügung einer Bedingung in der vorliegenden Konstellation existiere nicht.
22 
Der Beklagte beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2016 - 11 S 2806/15 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Auf die ihm unter dem 28. Juni 2016 zugestellte Berufungsbegründung trägt er u.a. vor: Er sei bei seinen Straftaten in Deutschland drogenabhängig gewesen, sei es jedoch seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr. Er habe durch seinen weiteren Lebensweg nach der Ausweisung gezeigt, dass sich keine Gefahren realisiert hätten. Dieser Zeitraum sei länger als jede Bewährungszeit, auch wenn er seine Nächte noch in der Justizvollzugsanstalt verbringen müsse. Er habe keinen Suchtdruck, der ihn veranlassen könnte, Straftaten zur Finanzierung seiner Sucht zu begehen. Außerdem verfüge er über eine Tätigkeit und auch bescheidene Einkünfte.
27 
Dem Senat liegen die Akten der Strafverfahrens 9 Ks 117 Js 93813/96 und 11 Ls 63 Js 31165/99 einschließlich der Vollstreckungsakten, die Ausländerakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und der Stadt ... sowie die Akte des Verwaltungsgerichts Stuttgart (11 K 2806/15) vor. Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird hierauf und auf den Inhalt der Akte des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 19. und 28. Dezember 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
29 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4. Mai 2015 verfügte Befristung der Wirkungen der Ausweisung vom 4. September 1998 zum 23. März 2025 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) keinen Anspruch auf sofortige Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots oder auf eine Befristung zu einem früheren Zeitpunkt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.)
30 
Die Klage ist bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (vgl. §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) eine Verpflichtungsklage (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 9 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 11). Sie ist zulässig, insbesondere hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis für sein Begehen.
31 
Die nach § 12 AufenthG/EWG i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1990 verfügte Ausweisung des Kläger mit der Folge des gesetzlichen Verbots der Wiedereinreise und des erneuten Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG 1990 ist nach wie vor wirksam. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das gegenüber dem Kläger bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot weder durch das Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU am 1. Januar 2005 noch aufgrund der Vorgaben der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG, an der auf unionsrechtlicher Ebene die fortgeltenden gesetzlichen Rechtswirkungen der Altausweisung von Unionsbürgern zu messen sind, erloschen ist (BVerwG, Urteile vom 14.12.2016 - 1 C 13.16 -, juris, Rn. 16 ff., vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 11 f., vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 12 ff. und vom 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 14 f.). An der Fortgeltung des an die Ausweisung geknüpften gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (Rückführungsrichtlinie - RFRL -) nichts geändert, denn diese Richtlinie und ihre nationale Umsetzung in § 11 AufenthG finden auf den Kläger als Unionsbürger keine Anwendung (vgl. etwa BVerwG, Urteile 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 13 ff. und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 15 ff.).
32 
Die Tatsache, dass sich der Kläger in Italien nach wie vor - wenn auch als Freigänger - in Strafhafthaft befindet und unklar ist, ob und ggfs. wann er in das Bundesgebiet überhaupt ausreisen könnte, steht einem Rechtsschutzbedürfnis für die angestrebte Aufhebung bzw. Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht entgegen. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil eine Befristungsentscheidung auch die Funktion hat, eine weitere Lebensplanung ggfs. daran ausrichten zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, BVerwGE 143, 277, Rn. 33).
II.)
33 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
34 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) und zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 22. Dezember 2015 (BGBl I S. 2557) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Entscheidung über die Befristung einschließlich der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung; dies gilt für sog. Altausweisungen von Unionsbürgern gleichermaßen (BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 - , juris, Rn. 22 ff. und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 22 ff.). Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus (vgl. im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2016 - 11 S 992/15 -, juris, Rn. 23).
35 
1.) Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot einer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende sog. Altausweisungen ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 24 ff.). Bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage kann auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 31 ff. und vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 23, 29, 32).
36 
2.) Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt, d.h. zu einer Aufhebung führen (BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
37 
3.) Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung zum 23. März 2025 unter Zugrundelegung der oben dargestellten Maßstäbe den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom ihm geht nach wie vor eine eine Verlustfeststellung nach § 6 FreizügG/EU tragende Gefahrenlage aus. Auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers einschließlich der besonderen Bedeutung der unionrechtlichen Freizügigkeit (vgl. hierzu etwa Hoppe, HTK-AuslR/§ 7 FreizügG/EU/zu Abs. 2 Nr. 3.4 < Stand 1/2016 >) und der Interessen von Familienangehörigen kommt eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht in Betracht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende und schwerwiegende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb eine Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht ausgesprochen werden kann. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2016 - 11 S 992/15 -, juris, Rn. 26 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 36).
38 
a) Ausgangspunkt der Gefahrenprognose ist der am 19. November 1996 begangene Mord und die dabei zu Tage getretenen Persönlichkeitsmerkmale des Klägers. Nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart verübte der Kläger gemeinsam mit seinem Mittäter R. am 19. November 1996 kurz nach 22 Uhr einen Überfall auf eine Spielhalle in ..., auf die sie schon am Abend zuvor einen Raubüberfall versucht hatten, der aber gescheitert war. Ihr Plan war es, dem Spielhallenaufseher beim Verlassen der Spielhalle durch den Hinterausgang eine Decke über den Kopf zu werfen, ihn zu fesseln und zu knebeln, um ungestört die Spielautomaten aufhebeln zu können. Sie hatten außerdem verabredet, den Spielhallenaufseher zu töten, falls sich dieser zur Wehr setzen und dadurch die Durchführung des Raubüberfalls gefährden sollte. Nachdem sie durch den weiteren Beteiligten S. mit den Tatwerkzeugen zum Tatort gefahren worden waren, passten der Kläger - bewaffnet mit einer Gaspistole - und R. - bewaffnet mit einem Messer - am Hinterausgang den Spielhallenaufseher ab. Als sie ihn angriffen, leistete er heftigste Gegenwehr und schrie laut, worauf R. dem gemeinsamen Tatplan entsprechend mit Tötungsvorsatz auf ihn einstach. Sodann verbrachten beide ihr Opfer in die Spielhalle. Dort stach R., dem der Spielhallenaufseher zu verstehen gegeben hatte, dass er ihn erkannt hatte, 18 Mal auf diesen ein, um ihn als Zeugen „auszuschalten“. Das Opfer verblutete innerhalb weniger Minuten. Sodann entwendeten der Kläger und R. dem tödlich Verletzten zwei Geldbeutel mit zusammen 1.270 DM Bargeld, entnahmen der Wechselgeldkasse 2.000 DM und brachen anschließend mit dem mitgeführten Werkzeug die Spielautomaten auf, aus denen sie nahezu 6.000 DM Bargeld erbeuteten. Um sicherzustellen, dass ihr Opfer tatsächlich nicht überleben werde, schlugen sie ihm vor dem Verlassen der Spielhalle gemeinsam mit einem Flacheisen, das der Kläger von zu Hause mitgebracht hatte, zumindest einmal wuchtig auf den Kopf.
39 
Wie das Strafgericht festgestellt hat, war die Tötung des Spielhallenaufsehers nicht lediglich Folge des Vorgehens, sondern - dem Tatplan gemäß - notwendiges Mittel zur Ermöglichung des Raubs und erfolgte außerdem aus Habgier. Die Tat, die sich durch eine erschreckende Gleichgültigkeit und Erbarmungslosigkeit gegenüber dem Opfer auszeichnete, erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem der Kläger erheblich verschuldet und arbeitslos war und keine Perspektive für die Zukunft hatte (siehe im Einzelnen Urteil des Strafgerichts Bl. 67 ff.).
40 
Eine besondere Bedeutung kommt allerdings dem Umstand zu, dass die Tat beim Kläger der Finanzierung bzw. Befriedigung seiner Sucht diente. Das Landgericht Stuttgart hat zum Drogenkonsum hierzu folgende Feststellungen getroffen (UA Bl. 10 f.):
41 
Der Kläger hat „schon seit seiner Jugend Erfahrung mit Betäubungsmitteln; er ist politoxikoman. Im Alter von 15 Jahren begann er Haschisch zu rauchen, mit 17 Jahren schnupfte er erstmals Kokain. In der Folgezeit konsumierte er diese beiden Drogen bis zu seiner Hochzeit im Sommer 1990 täglich, danach nur noch gelegentlich. Im Jahre 1994 begann er erstmals Heroin zu schnupfen; alsbald schnupfte er es fast täglich, gespritzt hat er es nie. Ende 1994 stellten sich Entzugssymptome ein, aufgrund derer er ab Januar 1995 regelmäßig Codeinsaft einnahm, anfangs 20 ml pro Tag, später 80 - 90 ml pro Tag. Unterbrochen durch seine mehrmonatige Inhaftierung im Jahre 1995 begann er ab September 1995 wieder Heroin zu schnupfen; auch Kokain schnupfte er jetzt wieder. Später nahm der zudem wieder Codeinsaft und ab Sommer 1996 obendrein regelmäßig Rohypnol ein, anfangs ein bis zwei mg, später bis zu zehn mg pro Tag.“
42 
Aus dem Strafurteil ergibt sich weiterhin (UA Bl. 63 ff.), dass beim Kläger trotz des Drogenkonsums bei der Begehung der Tat weder das Einsichts- noch das Steuerungsvermögen aus einem der in § 20 StGB genannten Gründe aufgehoben noch im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert waren. Die am Tattag vom Kläger konsumierten Drogen (fünf bis sechs Tabletten Rohypnol à 1 mg, 70 ml Codeinsaft, fünf- bis sechsmal Schnupfen von Kokain in der Zeit von 17 Uhr bis 22 Uhr und einmal Heroin) entsprachen seiner üblichen Dosis und ließen nach der sachverständigen Beurteilung (vgl. näher das psychiatrische Gutachten Prof. .../Dr. ..., Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik ... vom 10.07.1997), der sich die Strafkammer angeschlossen hat, die volle strafrechtliche Verantwortlichkeit bestehen.
43 
Mit Blick auf den langjährigen Drogenkonsum des Klägers ist bei ihm - ebenso wie im Übrigen bei dem Mittäter R. - als Maßregel der Besserung und Sicherung seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden (Strafurteil, Bl. 71 f.). Das Strafgericht ist der Überzeugung gewesen, dass der Kläger, der bereits zweimal wegen erheblicher Straftaten verurteilt worden war, die er zur Bestreitung seiner Sucht begangen hatte, aufgrund seines Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen würde, so er denn auf freien Fuß käme. Die Strafkammer hat es zudem für erforderlich gehalten, die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen, da dadurch deren Zweck leichter erreicht werde. Die Strafkammer hat ihr Urteil insoweit auf die Darlegungen des Sachverständigen für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Dr. ... gegründet. Danach meistere der Kläger trotz seiner Betäubungsmittelabhängigkeit den Alltag und das Leben in der Justizvollzugsanstalt. Auffälligkeiten seien nicht bekannt, Medikamente gegen die Abhängigkeit würden nicht mehr verabreicht. Aus medizinisch-psychiatrischer Sicht sei deshalb eine therapeutische Maßnahme vor Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht erforderlich. Vielmehr sei es aus psychiatrischer Sicht sinnvoller, zur Vorbereitung einer Entlassung in Freiheit die Maßregel erst im Anschluss an die Freiheitsstrafe zu vollziehen, damit er im Alltag antrainierte Fähigkeiten, der Sucht zu widerstehen, weiterüben können.
44 
Dass der Drogenkonsum des Klägers selbst nach der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart im Dezember 1997 und der bestandskräftigen Ausweisung mit Verfügung vom 4. September 1998 und sogar unter den Bedingungen der Inhaftierung jahrelang einen Fortgang erfahren hat, verdeutlichen die Verurteilung durch das Amtsgerichts Heilbronn am 5. Dezember 2000 und die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ... vom November 2005, die anlässlich eines Verfahrens vor einem italienischen Gericht betreffend eine eventuelle vorzeitige Entlassung des Klägers erstellt worden ist. Dieser Stellungnahme zufolge habe es verschiedentlich Hinweise darauf gegeben, dass der Kläger in weitere Drogengeschäfte und sonstige unerlaubte Geschäfte verwickelt gewesen sei. Während der Haft habe er eine Zeit lang regelmäßig negative Urinproben aufgewiesen (1998/99). Im Spätsommer 2004 habe er wiederholt die Abgabe von Urin verweigert und im November sei er positiv auf THC getestet worden, weshalb die Annahme des Verwaltungsgerichts eines letztmals im Jahre 2000 belegten Konsums unzutreffend ist. Nach der Stellungnahme waren (erst) die Proben im Dezember sowie im Februar 2005 wiederum negativ.
45 
b) Die heute vorliegenden Erkenntnisse über den bisherigen weiteren Lebensweg des Kläger lassen nicht den Schluss zu, von ihm ginge nunmehr prognostisch - gegenüber der früheren Situation insbesondere zur Zeit der Ausweisung - keine oder allenfalls nur noch eine deutlich reduzierte Gefahr aus.
46 
Aus der von Amts wegen eingeholten unbeschränkten Auskunft aus dem italienischen Strafregister, die durch das Bundesamt für Justiz am 26. Oktober 2016 übersandt worden ist, ist ersichtlich, dass der Kläger seit seiner Überstellung nach Italien am 23. März 2005 dort nicht mehr wegen einer Straftat verurteilt worden ist. Die in Deutschland erfolgte Verurteilung wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge ist im italienischen Strafregister mit der Sanktion „99 Jahre, 99 Monate, 99 Tage“ enthalten. Allerdings werden dem Kläger jedenfalls seit 2012 Vollzugslockerungen gewährt, seit etwa Mitte 2015 ist er sog. Freigänger. Das Tribunale di Sorveglianza di Firenze hat unter dem 5. Mai 2015 seinem Antrag auf Zulassung zur Freigangsberechtigung mit der Ausübung einer Tätigkeit als Kellner entsprochen. Es hat hierbei die lange Inhaftierung des Klägers von über 20 Jahren (unter Berücksichtigung von insgesamt 720 < so die Zahl im italienischen Original > Tagen an Strafvergünstigung) und seine während des Vollzugs erreichten Fortschritte hervorgehoben. Er sei im Vollzug Aktivitäten nachgegangen, insbesondere schulischer Art (er habe die Mittelschulreife erlangt und das erste Jahr des Gymnasiums besucht) und beruflicher Art. Sein Verhalten sei ordentlich und korrekt mit Ausnahme einer einzigen Disziplinarstrafe im Mai 2008. Er habe seit November 2012 regelmäßig Freigang genossen, am Anfang auf der Insel Elba, später bei seiner Tante in der Provinz Mailand, ohne jemals irgendeinen negativen Anlass zu geben. Der positive weg sei auch durch seine externe Tätigkeit ab Mai 2013 zunächst bei der Kooperative ..., später im Jahre 2014 bei einem Restaurant in ... bestätigt worden. Er habe zudem ein konstruktives Verhältnis zu den Justizbeamten und sei angemessen kritisch gegenüber den von ihm begangenen schweren Straftaten. Er erkläre sich für soziale Dienste zum Zwecke der Wiedergutmachung bereit. Die Bedingungen für seine soziale Wiedereingliederung scheinen vorhanden zu sein. Bei seiner Tätigkeit im Restaurant werde er auch kontrolliert. Er sei in einem anderen Umfeld, weit entfernt vom Tatort und habe auch die Unterstützung von Familienangehörigen. Er lasse auch keine Verbindungen zu kriminellen Organisationen erkennen. Es sei daher zu befürworten, dass er einer anderen Strafanstalt zugeteilt werde, so dass von dort aus der Freigang und die Ausübung der Tätigkeit als Kellner im Restaurant „...“ ... möglich seien.
47 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Entscheidung des Gerichts in Florenz belege, dass von ihm keine relevante Gefahr mehr ausgehe, teilt der Senat dies nicht. Der Kläger unterliegt nämlich nach wie vor der regelmäßigen Kontrolle und Überwachung durch die Strafvollzugsbehörden. Er befindet sich auch nach wie vor in Haft; die von ihm selbst angegebene ladungsfähige Anschrift ist diejenige einer italienischen Vollzugsanstalt. Nach der vom Kläger vorgelegten Übersetzung der italienischen Entscheidung „scheinen die Bedingungen für eine soziale Wiedereingliederung vorhanden zu sein“; an einer eindeutigen Positionierung des Strafgerichts, an dessen Sitzung am 5. Mai 2015 neben der Präsidentin und einer Richterin zwei Sachverständige teilgenommen haben, im Sinne einer für den Kläger in jeder Hinsicht günstigen Prognose fehlt es schon wegen dieser deutlichen Relativierung.
48 
Dass die vom Kläger durch die Tat zutage getretene schwerwiegende Gefährlichkeit für bedeutende Rechtsgüter (mit einer hohen Wahrscheinlichkeit) nicht oder jedenfalls in einem überschaubaren Zeitraum nicht mehr fortbesteht, lässt sich auch nicht aus anderen Unterlagen entnehmen. In der Entscheidung des Gerichts vom 5. Mai 2015 sind mehrere Berichte hinsichtlich des Klägers erwähnt, nämlich ein zusammenfassender Bericht vom 7. September 2011 und Aktualisierungen vom 26. Juni 2012 und 23. April 2013, ein für die Sitzung des Gerichts vom 5. Mai 2015 vorgelegten Verhaltensbericht und ein Bericht vom 30. April 2014. Trotz Aufforderungen (vgl. etwa die gerichtlichen Verfügungen vom 22. Juni 2016 und 6. September 2016) und entsprechender Zusagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Schriftsätze vom 3. August und 15. September 2016) wurden weder diese Unterlagen noch ein Bericht über seine weitere Entwicklung in Italien nach der Entscheidung des Gerichts vom 5. Mai 2015 vorgelegt.
49 
Eine dem Kläger günstige Gefahrenprognose kann allerdings vor allem auch deshalb nicht gestellt werden, weil keine belastbaren Erkenntnisse dazu vorliegen, er hätte seine jahrzehntelange Drogenproblematik, die ausweislich der Akten für die Zeit von 1985 bis Ende 2004 nachweislich feststeht und die entscheidende Ursache für seine Kriminalität gewesen ist, überwunden. Das im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart erstellte psychiatrische Gutachten vom 10. Juli 1997 hat im Einzelnen dargelegt, dass aufgrund der Diagnose Polytoxikomanie der Hang bestehe, Substanzen zu konsumieren, die Straftat selbst in einem intoxikierten Zustand durchgeführt worden sei und bei einer Nichtbehandlung bzw. einer weiteren Drogeneinnahme weitere Straftaten zu erwarten seien. Der Kläger hat nach eigenen Angaben in Italien keine Drogentherapie gemacht. Er hat keine fachliche, insbesondere fachärztliche Stellungnahme vorgelegt, aus der geschlossen werden könnte, dass die gutachterlichen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen, wonach nur durch eine professionelle Behandlung der Sucht (am Ende des Strafvollzugs) der Gefahr weiterer Straftaten begegnet werden kann und der sich das Landgericht Stuttgart durch die Anordnung der Maßregel der Besserung und Sicherung angeschlossen hat, überholt wären. Vor diesem Hintergrund kommt dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 3. August 2016, er seit schon seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr drogenabhängig, bzw. im Schriftsatz vom 23. Februar 2016, er sei schon seit 15 Jahren „clean“, keine entscheidende Bedeutung zu. Nur ergänzend sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass er trotz mehrfacher Aufforderung bzw. entsprechender Ankündigungen selbst im Berufungsverfahren keine aussagekräftigen Unterlagen (wie etwa Ergebnisse eines Drogenscreenings) vorgelegt hat, die seine Aussage, er sei „clean“, auch nur ansatzweise hätten belegen können. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, bei einer Verbüßung von nahezu zwanzig Jahren Haft wäre allein aufgrund der Gestaltung des Strafvollzugs mit den möglichen Kontrollen eine Betäubungsmittelabhängigkeit belastbar behoben. Die Tatsache, dass dem Kläger nach etwa zwanzig Jahre langem Strafvollzug Freigang und weitere vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt worden sind, belegt nicht, dass das Suchtmittelproblem - unter den Bedingungen der Freiheit - überwunden wäre oder dies prognostisch betrachtet in einem überschaubaren Zeitraum der Fall sein könnte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger nicht nur illegale Drogen in Gestalt von Kokain, Marihuana oder Heroin konsumiert hat, sondern viele Jahre - wie im Übrigen am Tag des Mordes - auch auf legale, rezeptpflichtige Mittel wie das Schlaf- und Beruhigungsmittel Rohypnol und Codeinsaft zurückgegriffen hat; so gehört der in Rohypnol enthaltene Wirkstoff Flunitrazepam zur Gruppe der Benzodiazepine und zählt zu den berauschenden Mitteln (vgl. näher das im Rahmen des Strafverfahrens erstellte Gutachten vom 10.12.1996 über die Untersuchung der Blutprobe des Klägers). Mit Blick hierauf ergeben sich derzeit keine Erkenntnisse dafür, dass die tragenden Gefahrenmomente schon für einen Zeitpunkt zu relativieren wäre, der vor dem vom Regierungspräsidium verfügten Befristungszeitpunkt zum 23. März 2015 läge.
50 
c) Vor diesem Hintergrund ist die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, eine zeitliche Befristung auf sofort unter anderem unter der Bedingung der Vorlage eines Attestes zum Nachweis der Drogenfreiheit bis zum 1. März 2017 zu auszusprechen, schon deshalb zu beanstanden, weil allein eine attestierte aktuelle Drogenfreiheit in Anbetracht der sachverständigen Ausführungen im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart, nach denen eine Therapie zur Vermeidung künftiger Straftaten zwingend notwendig ist, nicht ausreichend wäre. Dass diese Forderung überholt wäre, ist durch den Kläger nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
51 
Abgesehen davon wäre die Bedingung noch nicht einmal hinreichend bestimmt. Dies gilt bereits deswegen, weil es auf S. 7 des Urteils des Verwaltungsgerichts heißt, dass der Nachweis der Drogenfreiheit über ein „entsprechendes ärztliches Gutachten“ zu erbringen sei, während im Tenor und auf S. 8 des Urteils nur von einem Attest die Rede ist.
52 
Des Weiteren existiert eine gesetzliche Grundlage im Sinne des § 36 Abs. 1, Alt. 1 LVwVfG, die im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsgesetzes eine bedingte Befristungsentscheidung erlauben würde, nicht. Zwar darf nach § 36 Abs. 1, Alt. 2 LVwVfG ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, auch dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Aufgrund der Ausgestaltung der Befristungsentscheidung als Prognoseentscheidung greift diese Bestimmung aber nicht.
53 
Die Auffassung der Kammer, die in § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG getroffene Regelung, wonach die Befristung zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden kann, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit, müsse aus europarechtlichen Gründen erst Recht im Freizügigkeitsrecht gelten, ist nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbaren. Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ist § 7 Abs. 2 FreizügG/EU eine spezielle Regelung und die Anwendung der für Drittstaatsangehörige geltenden Bestimmungen des § 11 AufenthG ist nicht zur Vermeidung einer unzulässigen Diskriminierung geboten (BVerwG, Urteil vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 16), denn das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 Abs. 1 AEUV) bezieht sich lediglich auf eine Ungleichbehandlung zwischen Unionsbürgern, nicht aber auf eine Ungleichbehandlung zwischen Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen (BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 04.06. 2009 - C-22/08 -, Vatsouras und Koupatantze - Rn. 51 f. zu Art. 12 Abs. 1 EG). Aus Art. 18 AEUV und Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 14 EMRK folgt kein anderes Ergebnis (BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 16 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 17). Nur ergänzend sei noch erwähnt, dass der vom Verwaltungsgericht formulierte bedingte Urteilstenor zudem mit dem deutschen Prozessrecht nicht in Einklang steht (vgl. etwa FG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2015 - 1 K 4001/13 U -, juris).
54 
d) Die prognostizierte fortdauernde Wiederholungsgefahr wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Landgericht Heilbronn - Strafvollstreckungskammer - mit Beschluss vom 5. Juli 2016 die Festhalteanordnung nach § 5 des Gesetzes zur Ausführung des Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (ÜAG - zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29.07.2009, BGBl I S. 2274) aufgehoben hat. Die Entscheidung beruht allein auf dem formalen Umstand, dass der Kläger 15 Jahre der lebenslangen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart verbüßt hat und enthält keinerlei Aussagen zur (prognostischen) Entwicklung des Klägers.
55 
e) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Relativierung der Gefahrenabwehr, insbesondere keine Befristung zu einem Zeitpunkt vor dem 23. März 2025. Der Kläger hat zwar jahrelang im Bundesgebiet gelebt und hier auch noch nahe Verwandte wie seine Mutter und Geschwister sowie seinen Sohn (siehe im Einzelnen die durch den Beklagten vorgelegte Aufstellung mit Schriftsatz vom 13.07.2016). Nach den Angaben des Klägers telefoniere er mit seinem Sohn gelegentlich und erhalte von ihm Besuch, wenn sich dieser in Italien in Urlaub befinde. Nach den aktenkundigen Angaben des Sohnes anlässlich einer Vorsprache am 7. Juli 2016 bei der Ausländerbehörde der Stadt ... (Aktenvermerk vom 13.07.2016) seien seine Eltern zerstritten; er selbst habe nur in sehr unregelmäßigen Abständen Kontakt zu seinem Vater und habe auch nichts von den Plänen seines Vaters gewusst, ihn anlässlich eines Hafturlaubs - so er denn nach Deutschland reisen könne - hier besuchen zu wollen. Der Sohn ist dem Vermerk zufolge auch nicht bereit, seinen Vater bei sich wohnen zu lassen. Es ist seitens des Klägers trotz Aufforderung nichts substantiiert zu Beziehungen und Kontakten mit seinen Familienangehörigen vorgetragen worden. Dies wäre aber allein schon deshalb erforderlich gewesen, weil er seinerzeit seinen Antrag auf Überstellung nach Italien zur weiteren Verbüßung der Strafhaft gerade vor allem mit fehlenden familiären und sozialen Kontakten in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat. Der Wunsch des Klägers, als Unionsbürger Freizügigkeit ausüben zu können, hat hinter den öffentlichen Interessen an der Gefahrenabwehr zurückzutreten.
56 
f) Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche Umstände eine andere, günstigere Entscheidung gebieten würden; die Einschränkungen des § 51 Abs. 2 und 3 LVwVfG gelten nicht (vgl. Hoppe, HTK-AuslR/§ 7 FreizügG/EU/zu Abs. 2 Nr. 3.6 < Stand 1/2016 >). Der Umstand, dass dem Kläger diese Möglichkeit jederzeit offensteht, belegt zudem, dass es auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit und zur Wahrung rechtlich geschützter Interessen des Klägers keinen Anlass geben kann, eine Bedingung auszusprechen, die, was ihre Bestimmtheit betrifft, typischerweise in Fallgestaltungen der vorliegenden Art erheblichen Bedenken ausgesetzt ist.
III.)
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
59 
Beschluss vom 15. Februar 2017
60 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 19. und 28. Dezember 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
29 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4. Mai 2015 verfügte Befristung der Wirkungen der Ausweisung vom 4. September 1998 zum 23. März 2025 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) keinen Anspruch auf sofortige Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots oder auf eine Befristung zu einem früheren Zeitpunkt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.)
30 
Die Klage ist bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (vgl. §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) eine Verpflichtungsklage (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 9 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 11). Sie ist zulässig, insbesondere hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis für sein Begehen.
31 
Die nach § 12 AufenthG/EWG i.V.m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1990 verfügte Ausweisung des Kläger mit der Folge des gesetzlichen Verbots der Wiedereinreise und des erneuten Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG 1990 ist nach wie vor wirksam. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass das gegenüber dem Kläger bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot weder durch das Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU am 1. Januar 2005 noch aufgrund der Vorgaben der Unionsbürgerrichtlinie 2004/38/EG, an der auf unionsrechtlicher Ebene die fortgeltenden gesetzlichen Rechtswirkungen der Altausweisung von Unionsbürgern zu messen sind, erloschen ist (BVerwG, Urteile vom 14.12.2016 - 1 C 13.16 -, juris, Rn. 16 ff., vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 11 f., vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 12 ff. und vom 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 14 f.). An der Fortgeltung des an die Ausweisung geknüpften gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (Rückführungsrichtlinie - RFRL -) nichts geändert, denn diese Richtlinie und ihre nationale Umsetzung in § 11 AufenthG finden auf den Kläger als Unionsbürger keine Anwendung (vgl. etwa BVerwG, Urteile 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 13 ff. und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 15 ff.).
32 
Die Tatsache, dass sich der Kläger in Italien nach wie vor - wenn auch als Freigänger - in Strafhafthaft befindet und unklar ist, ob und ggfs. wann er in das Bundesgebiet überhaupt ausreisen könnte, steht einem Rechtsschutzbedürfnis für die angestrebte Aufhebung bzw. Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht entgegen. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil eine Befristungsentscheidung auch die Funktion hat, eine weitere Lebensplanung ggfs. daran ausrichten zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, BVerwGE 143, 277, Rn. 33).
II.)
33 
Die Verpflichtungsklage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
34 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) und zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 22. Dezember 2015 (BGBl I S. 2557) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Entscheidung über die Befristung einschließlich der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung; dies gilt für sog. Altausweisungen von Unionsbürgern gleichermaßen (BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 - , juris, Rn. 22 ff. und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 22 ff.). Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus (vgl. im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2016 - 11 S 992/15 -, juris, Rn. 23).
35 
1.) Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot einer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende sog. Altausweisungen ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 24 ff.). Bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage kann auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 31 ff. und vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 23, 29, 32).
36 
2.) Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt, d.h. zu einer Aufhebung führen (BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
37 
3.) Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung zum 23. März 2025 unter Zugrundelegung der oben dargestellten Maßstäbe den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom ihm geht nach wie vor eine eine Verlustfeststellung nach § 6 FreizügG/EU tragende Gefahrenlage aus. Auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers einschließlich der besonderen Bedeutung der unionrechtlichen Freizügigkeit (vgl. hierzu etwa Hoppe, HTK-AuslR/§ 7 FreizügG/EU/zu Abs. 2 Nr. 3.4 < Stand 1/2016 >) und der Interessen von Familienangehörigen kommt eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht in Betracht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende und schwerwiegende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb eine Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht ausgesprochen werden kann. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2016 - 11 S 992/15 -, juris, Rn. 26 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 36).
38 
a) Ausgangspunkt der Gefahrenprognose ist der am 19. November 1996 begangene Mord und die dabei zu Tage getretenen Persönlichkeitsmerkmale des Klägers. Nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart verübte der Kläger gemeinsam mit seinem Mittäter R. am 19. November 1996 kurz nach 22 Uhr einen Überfall auf eine Spielhalle in ..., auf die sie schon am Abend zuvor einen Raubüberfall versucht hatten, der aber gescheitert war. Ihr Plan war es, dem Spielhallenaufseher beim Verlassen der Spielhalle durch den Hinterausgang eine Decke über den Kopf zu werfen, ihn zu fesseln und zu knebeln, um ungestört die Spielautomaten aufhebeln zu können. Sie hatten außerdem verabredet, den Spielhallenaufseher zu töten, falls sich dieser zur Wehr setzen und dadurch die Durchführung des Raubüberfalls gefährden sollte. Nachdem sie durch den weiteren Beteiligten S. mit den Tatwerkzeugen zum Tatort gefahren worden waren, passten der Kläger - bewaffnet mit einer Gaspistole - und R. - bewaffnet mit einem Messer - am Hinterausgang den Spielhallenaufseher ab. Als sie ihn angriffen, leistete er heftigste Gegenwehr und schrie laut, worauf R. dem gemeinsamen Tatplan entsprechend mit Tötungsvorsatz auf ihn einstach. Sodann verbrachten beide ihr Opfer in die Spielhalle. Dort stach R., dem der Spielhallenaufseher zu verstehen gegeben hatte, dass er ihn erkannt hatte, 18 Mal auf diesen ein, um ihn als Zeugen „auszuschalten“. Das Opfer verblutete innerhalb weniger Minuten. Sodann entwendeten der Kläger und R. dem tödlich Verletzten zwei Geldbeutel mit zusammen 1.270 DM Bargeld, entnahmen der Wechselgeldkasse 2.000 DM und brachen anschließend mit dem mitgeführten Werkzeug die Spielautomaten auf, aus denen sie nahezu 6.000 DM Bargeld erbeuteten. Um sicherzustellen, dass ihr Opfer tatsächlich nicht überleben werde, schlugen sie ihm vor dem Verlassen der Spielhalle gemeinsam mit einem Flacheisen, das der Kläger von zu Hause mitgebracht hatte, zumindest einmal wuchtig auf den Kopf.
39 
Wie das Strafgericht festgestellt hat, war die Tötung des Spielhallenaufsehers nicht lediglich Folge des Vorgehens, sondern - dem Tatplan gemäß - notwendiges Mittel zur Ermöglichung des Raubs und erfolgte außerdem aus Habgier. Die Tat, die sich durch eine erschreckende Gleichgültigkeit und Erbarmungslosigkeit gegenüber dem Opfer auszeichnete, erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem der Kläger erheblich verschuldet und arbeitslos war und keine Perspektive für die Zukunft hatte (siehe im Einzelnen Urteil des Strafgerichts Bl. 67 ff.).
40 
Eine besondere Bedeutung kommt allerdings dem Umstand zu, dass die Tat beim Kläger der Finanzierung bzw. Befriedigung seiner Sucht diente. Das Landgericht Stuttgart hat zum Drogenkonsum hierzu folgende Feststellungen getroffen (UA Bl. 10 f.):
41 
Der Kläger hat „schon seit seiner Jugend Erfahrung mit Betäubungsmitteln; er ist politoxikoman. Im Alter von 15 Jahren begann er Haschisch zu rauchen, mit 17 Jahren schnupfte er erstmals Kokain. In der Folgezeit konsumierte er diese beiden Drogen bis zu seiner Hochzeit im Sommer 1990 täglich, danach nur noch gelegentlich. Im Jahre 1994 begann er erstmals Heroin zu schnupfen; alsbald schnupfte er es fast täglich, gespritzt hat er es nie. Ende 1994 stellten sich Entzugssymptome ein, aufgrund derer er ab Januar 1995 regelmäßig Codeinsaft einnahm, anfangs 20 ml pro Tag, später 80 - 90 ml pro Tag. Unterbrochen durch seine mehrmonatige Inhaftierung im Jahre 1995 begann er ab September 1995 wieder Heroin zu schnupfen; auch Kokain schnupfte er jetzt wieder. Später nahm der zudem wieder Codeinsaft und ab Sommer 1996 obendrein regelmäßig Rohypnol ein, anfangs ein bis zwei mg, später bis zu zehn mg pro Tag.“
42 
Aus dem Strafurteil ergibt sich weiterhin (UA Bl. 63 ff.), dass beim Kläger trotz des Drogenkonsums bei der Begehung der Tat weder das Einsichts- noch das Steuerungsvermögen aus einem der in § 20 StGB genannten Gründe aufgehoben noch im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert waren. Die am Tattag vom Kläger konsumierten Drogen (fünf bis sechs Tabletten Rohypnol à 1 mg, 70 ml Codeinsaft, fünf- bis sechsmal Schnupfen von Kokain in der Zeit von 17 Uhr bis 22 Uhr und einmal Heroin) entsprachen seiner üblichen Dosis und ließen nach der sachverständigen Beurteilung (vgl. näher das psychiatrische Gutachten Prof. .../Dr. ..., Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik ... vom 10.07.1997), der sich die Strafkammer angeschlossen hat, die volle strafrechtliche Verantwortlichkeit bestehen.
43 
Mit Blick auf den langjährigen Drogenkonsum des Klägers ist bei ihm - ebenso wie im Übrigen bei dem Mittäter R. - als Maßregel der Besserung und Sicherung seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden (Strafurteil, Bl. 71 f.). Das Strafgericht ist der Überzeugung gewesen, dass der Kläger, der bereits zweimal wegen erheblicher Straftaten verurteilt worden war, die er zur Bestreitung seiner Sucht begangen hatte, aufgrund seines Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen würde, so er denn auf freien Fuß käme. Die Strafkammer hat es zudem für erforderlich gehalten, die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen, da dadurch deren Zweck leichter erreicht werde. Die Strafkammer hat ihr Urteil insoweit auf die Darlegungen des Sachverständigen für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Dr. ... gegründet. Danach meistere der Kläger trotz seiner Betäubungsmittelabhängigkeit den Alltag und das Leben in der Justizvollzugsanstalt. Auffälligkeiten seien nicht bekannt, Medikamente gegen die Abhängigkeit würden nicht mehr verabreicht. Aus medizinisch-psychiatrischer Sicht sei deshalb eine therapeutische Maßnahme vor Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht erforderlich. Vielmehr sei es aus psychiatrischer Sicht sinnvoller, zur Vorbereitung einer Entlassung in Freiheit die Maßregel erst im Anschluss an die Freiheitsstrafe zu vollziehen, damit er im Alltag antrainierte Fähigkeiten, der Sucht zu widerstehen, weiterüben können.
44 
Dass der Drogenkonsum des Klägers selbst nach der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart im Dezember 1997 und der bestandskräftigen Ausweisung mit Verfügung vom 4. September 1998 und sogar unter den Bedingungen der Inhaftierung jahrelang einen Fortgang erfahren hat, verdeutlichen die Verurteilung durch das Amtsgerichts Heilbronn am 5. Dezember 2000 und die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ... vom November 2005, die anlässlich eines Verfahrens vor einem italienischen Gericht betreffend eine eventuelle vorzeitige Entlassung des Klägers erstellt worden ist. Dieser Stellungnahme zufolge habe es verschiedentlich Hinweise darauf gegeben, dass der Kläger in weitere Drogengeschäfte und sonstige unerlaubte Geschäfte verwickelt gewesen sei. Während der Haft habe er eine Zeit lang regelmäßig negative Urinproben aufgewiesen (1998/99). Im Spätsommer 2004 habe er wiederholt die Abgabe von Urin verweigert und im November sei er positiv auf THC getestet worden, weshalb die Annahme des Verwaltungsgerichts eines letztmals im Jahre 2000 belegten Konsums unzutreffend ist. Nach der Stellungnahme waren (erst) die Proben im Dezember sowie im Februar 2005 wiederum negativ.
45 
b) Die heute vorliegenden Erkenntnisse über den bisherigen weiteren Lebensweg des Kläger lassen nicht den Schluss zu, von ihm ginge nunmehr prognostisch - gegenüber der früheren Situation insbesondere zur Zeit der Ausweisung - keine oder allenfalls nur noch eine deutlich reduzierte Gefahr aus.
46 
Aus der von Amts wegen eingeholten unbeschränkten Auskunft aus dem italienischen Strafregister, die durch das Bundesamt für Justiz am 26. Oktober 2016 übersandt worden ist, ist ersichtlich, dass der Kläger seit seiner Überstellung nach Italien am 23. März 2005 dort nicht mehr wegen einer Straftat verurteilt worden ist. Die in Deutschland erfolgte Verurteilung wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge ist im italienischen Strafregister mit der Sanktion „99 Jahre, 99 Monate, 99 Tage“ enthalten. Allerdings werden dem Kläger jedenfalls seit 2012 Vollzugslockerungen gewährt, seit etwa Mitte 2015 ist er sog. Freigänger. Das Tribunale di Sorveglianza di Firenze hat unter dem 5. Mai 2015 seinem Antrag auf Zulassung zur Freigangsberechtigung mit der Ausübung einer Tätigkeit als Kellner entsprochen. Es hat hierbei die lange Inhaftierung des Klägers von über 20 Jahren (unter Berücksichtigung von insgesamt 720 < so die Zahl im italienischen Original > Tagen an Strafvergünstigung) und seine während des Vollzugs erreichten Fortschritte hervorgehoben. Er sei im Vollzug Aktivitäten nachgegangen, insbesondere schulischer Art (er habe die Mittelschulreife erlangt und das erste Jahr des Gymnasiums besucht) und beruflicher Art. Sein Verhalten sei ordentlich und korrekt mit Ausnahme einer einzigen Disziplinarstrafe im Mai 2008. Er habe seit November 2012 regelmäßig Freigang genossen, am Anfang auf der Insel Elba, später bei seiner Tante in der Provinz Mailand, ohne jemals irgendeinen negativen Anlass zu geben. Der positive weg sei auch durch seine externe Tätigkeit ab Mai 2013 zunächst bei der Kooperative ..., später im Jahre 2014 bei einem Restaurant in ... bestätigt worden. Er habe zudem ein konstruktives Verhältnis zu den Justizbeamten und sei angemessen kritisch gegenüber den von ihm begangenen schweren Straftaten. Er erkläre sich für soziale Dienste zum Zwecke der Wiedergutmachung bereit. Die Bedingungen für seine soziale Wiedereingliederung scheinen vorhanden zu sein. Bei seiner Tätigkeit im Restaurant werde er auch kontrolliert. Er sei in einem anderen Umfeld, weit entfernt vom Tatort und habe auch die Unterstützung von Familienangehörigen. Er lasse auch keine Verbindungen zu kriminellen Organisationen erkennen. Es sei daher zu befürworten, dass er einer anderen Strafanstalt zugeteilt werde, so dass von dort aus der Freigang und die Ausübung der Tätigkeit als Kellner im Restaurant „...“ ... möglich seien.
47 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Entscheidung des Gerichts in Florenz belege, dass von ihm keine relevante Gefahr mehr ausgehe, teilt der Senat dies nicht. Der Kläger unterliegt nämlich nach wie vor der regelmäßigen Kontrolle und Überwachung durch die Strafvollzugsbehörden. Er befindet sich auch nach wie vor in Haft; die von ihm selbst angegebene ladungsfähige Anschrift ist diejenige einer italienischen Vollzugsanstalt. Nach der vom Kläger vorgelegten Übersetzung der italienischen Entscheidung „scheinen die Bedingungen für eine soziale Wiedereingliederung vorhanden zu sein“; an einer eindeutigen Positionierung des Strafgerichts, an dessen Sitzung am 5. Mai 2015 neben der Präsidentin und einer Richterin zwei Sachverständige teilgenommen haben, im Sinne einer für den Kläger in jeder Hinsicht günstigen Prognose fehlt es schon wegen dieser deutlichen Relativierung.
48 
Dass die vom Kläger durch die Tat zutage getretene schwerwiegende Gefährlichkeit für bedeutende Rechtsgüter (mit einer hohen Wahrscheinlichkeit) nicht oder jedenfalls in einem überschaubaren Zeitraum nicht mehr fortbesteht, lässt sich auch nicht aus anderen Unterlagen entnehmen. In der Entscheidung des Gerichts vom 5. Mai 2015 sind mehrere Berichte hinsichtlich des Klägers erwähnt, nämlich ein zusammenfassender Bericht vom 7. September 2011 und Aktualisierungen vom 26. Juni 2012 und 23. April 2013, ein für die Sitzung des Gerichts vom 5. Mai 2015 vorgelegten Verhaltensbericht und ein Bericht vom 30. April 2014. Trotz Aufforderungen (vgl. etwa die gerichtlichen Verfügungen vom 22. Juni 2016 und 6. September 2016) und entsprechender Zusagen des Prozessbevollmächtigten des Klägers (vgl. Schriftsätze vom 3. August und 15. September 2016) wurden weder diese Unterlagen noch ein Bericht über seine weitere Entwicklung in Italien nach der Entscheidung des Gerichts vom 5. Mai 2015 vorgelegt.
49 
Eine dem Kläger günstige Gefahrenprognose kann allerdings vor allem auch deshalb nicht gestellt werden, weil keine belastbaren Erkenntnisse dazu vorliegen, er hätte seine jahrzehntelange Drogenproblematik, die ausweislich der Akten für die Zeit von 1985 bis Ende 2004 nachweislich feststeht und die entscheidende Ursache für seine Kriminalität gewesen ist, überwunden. Das im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart erstellte psychiatrische Gutachten vom 10. Juli 1997 hat im Einzelnen dargelegt, dass aufgrund der Diagnose Polytoxikomanie der Hang bestehe, Substanzen zu konsumieren, die Straftat selbst in einem intoxikierten Zustand durchgeführt worden sei und bei einer Nichtbehandlung bzw. einer weiteren Drogeneinnahme weitere Straftaten zu erwarten seien. Der Kläger hat nach eigenen Angaben in Italien keine Drogentherapie gemacht. Er hat keine fachliche, insbesondere fachärztliche Stellungnahme vorgelegt, aus der geschlossen werden könnte, dass die gutachterlichen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen, wonach nur durch eine professionelle Behandlung der Sucht (am Ende des Strafvollzugs) der Gefahr weiterer Straftaten begegnet werden kann und der sich das Landgericht Stuttgart durch die Anordnung der Maßregel der Besserung und Sicherung angeschlossen hat, überholt wären. Vor diesem Hintergrund kommt dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 3. August 2016, er seit schon seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr drogenabhängig, bzw. im Schriftsatz vom 23. Februar 2016, er sei schon seit 15 Jahren „clean“, keine entscheidende Bedeutung zu. Nur ergänzend sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass er trotz mehrfacher Aufforderung bzw. entsprechender Ankündigungen selbst im Berufungsverfahren keine aussagekräftigen Unterlagen (wie etwa Ergebnisse eines Drogenscreenings) vorgelegt hat, die seine Aussage, er sei „clean“, auch nur ansatzweise hätten belegen können. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, bei einer Verbüßung von nahezu zwanzig Jahren Haft wäre allein aufgrund der Gestaltung des Strafvollzugs mit den möglichen Kontrollen eine Betäubungsmittelabhängigkeit belastbar behoben. Die Tatsache, dass dem Kläger nach etwa zwanzig Jahre langem Strafvollzug Freigang und weitere vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt worden sind, belegt nicht, dass das Suchtmittelproblem - unter den Bedingungen der Freiheit - überwunden wäre oder dies prognostisch betrachtet in einem überschaubaren Zeitraum der Fall sein könnte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger nicht nur illegale Drogen in Gestalt von Kokain, Marihuana oder Heroin konsumiert hat, sondern viele Jahre - wie im Übrigen am Tag des Mordes - auch auf legale, rezeptpflichtige Mittel wie das Schlaf- und Beruhigungsmittel Rohypnol und Codeinsaft zurückgegriffen hat; so gehört der in Rohypnol enthaltene Wirkstoff Flunitrazepam zur Gruppe der Benzodiazepine und zählt zu den berauschenden Mitteln (vgl. näher das im Rahmen des Strafverfahrens erstellte Gutachten vom 10.12.1996 über die Untersuchung der Blutprobe des Klägers). Mit Blick hierauf ergeben sich derzeit keine Erkenntnisse dafür, dass die tragenden Gefahrenmomente schon für einen Zeitpunkt zu relativieren wäre, der vor dem vom Regierungspräsidium verfügten Befristungszeitpunkt zum 23. März 2015 läge.
50 
c) Vor diesem Hintergrund ist die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, eine zeitliche Befristung auf sofort unter anderem unter der Bedingung der Vorlage eines Attestes zum Nachweis der Drogenfreiheit bis zum 1. März 2017 zu auszusprechen, schon deshalb zu beanstanden, weil allein eine attestierte aktuelle Drogenfreiheit in Anbetracht der sachverständigen Ausführungen im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart, nach denen eine Therapie zur Vermeidung künftiger Straftaten zwingend notwendig ist, nicht ausreichend wäre. Dass diese Forderung überholt wäre, ist durch den Kläger nicht dargelegt und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
51 
Abgesehen davon wäre die Bedingung noch nicht einmal hinreichend bestimmt. Dies gilt bereits deswegen, weil es auf S. 7 des Urteils des Verwaltungsgerichts heißt, dass der Nachweis der Drogenfreiheit über ein „entsprechendes ärztliches Gutachten“ zu erbringen sei, während im Tenor und auf S. 8 des Urteils nur von einem Attest die Rede ist.
52 
Des Weiteren existiert eine gesetzliche Grundlage im Sinne des § 36 Abs. 1, Alt. 1 LVwVfG, die im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsgesetzes eine bedingte Befristungsentscheidung erlauben würde, nicht. Zwar darf nach § 36 Abs. 1, Alt. 2 LVwVfG ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, auch dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Aufgrund der Ausgestaltung der Befristungsentscheidung als Prognoseentscheidung greift diese Bestimmung aber nicht.
53 
Die Auffassung der Kammer, die in § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG getroffene Regelung, wonach die Befristung zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden kann, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit, müsse aus europarechtlichen Gründen erst Recht im Freizügigkeitsrecht gelten, ist nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbaren. Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ist § 7 Abs. 2 FreizügG/EU eine spezielle Regelung und die Anwendung der für Drittstaatsangehörige geltenden Bestimmungen des § 11 AufenthG ist nicht zur Vermeidung einer unzulässigen Diskriminierung geboten (BVerwG, Urteil vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 16), denn das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 Abs. 1 AEUV) bezieht sich lediglich auf eine Ungleichbehandlung zwischen Unionsbürgern, nicht aber auf eine Ungleichbehandlung zwischen Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen (BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 04.06. 2009 - C-22/08 -, Vatsouras und Koupatantze - Rn. 51 f. zu Art. 12 Abs. 1 EG). Aus Art. 18 AEUV und Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 14 EMRK folgt kein anderes Ergebnis (BVerwG, Urteile vom 28.04.2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 16 und vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 17). Nur ergänzend sei noch erwähnt, dass der vom Verwaltungsgericht formulierte bedingte Urteilstenor zudem mit dem deutschen Prozessrecht nicht in Einklang steht (vgl. etwa FG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2015 - 1 K 4001/13 U -, juris).
54 
d) Die prognostizierte fortdauernde Wiederholungsgefahr wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Landgericht Heilbronn - Strafvollstreckungskammer - mit Beschluss vom 5. Juli 2016 die Festhalteanordnung nach § 5 des Gesetzes zur Ausführung des Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (ÜAG - zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29.07.2009, BGBl I S. 2274) aufgehoben hat. Die Entscheidung beruht allein auf dem formalen Umstand, dass der Kläger 15 Jahre der lebenslangen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart verbüßt hat und enthält keinerlei Aussagen zur (prognostischen) Entwicklung des Klägers.
55 
e) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Relativierung der Gefahrenabwehr, insbesondere keine Befristung zu einem Zeitpunkt vor dem 23. März 2025. Der Kläger hat zwar jahrelang im Bundesgebiet gelebt und hier auch noch nahe Verwandte wie seine Mutter und Geschwister sowie seinen Sohn (siehe im Einzelnen die durch den Beklagten vorgelegte Aufstellung mit Schriftsatz vom 13.07.2016). Nach den Angaben des Klägers telefoniere er mit seinem Sohn gelegentlich und erhalte von ihm Besuch, wenn sich dieser in Italien in Urlaub befinde. Nach den aktenkundigen Angaben des Sohnes anlässlich einer Vorsprache am 7. Juli 2016 bei der Ausländerbehörde der Stadt ... (Aktenvermerk vom 13.07.2016) seien seine Eltern zerstritten; er selbst habe nur in sehr unregelmäßigen Abständen Kontakt zu seinem Vater und habe auch nichts von den Plänen seines Vaters gewusst, ihn anlässlich eines Hafturlaubs - so er denn nach Deutschland reisen könne - hier besuchen zu wollen. Der Sohn ist dem Vermerk zufolge auch nicht bereit, seinen Vater bei sich wohnen zu lassen. Es ist seitens des Klägers trotz Aufforderung nichts substantiiert zu Beziehungen und Kontakten mit seinen Familienangehörigen vorgetragen worden. Dies wäre aber allein schon deshalb erforderlich gewesen, weil er seinerzeit seinen Antrag auf Überstellung nach Italien zur weiteren Verbüßung der Strafhaft gerade vor allem mit fehlenden familiären und sozialen Kontakten in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat. Der Wunsch des Klägers, als Unionsbürger Freizügigkeit ausüben zu können, hat hinter den öffentlichen Interessen an der Gefahrenabwehr zurückzutreten.
56 
f) Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche Umstände eine andere, günstigere Entscheidung gebieten würden; die Einschränkungen des § 51 Abs. 2 und 3 LVwVfG gelten nicht (vgl. Hoppe, HTK-AuslR/§ 7 FreizügG/EU/zu Abs. 2 Nr. 3.6 < Stand 1/2016 >). Der Umstand, dass dem Kläger diese Möglichkeit jederzeit offensteht, belegt zudem, dass es auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit und zur Wahrung rechtlich geschützter Interessen des Klägers keinen Anlass geben kann, eine Bedingung auszusprechen, die, was ihre Bestimmtheit betrifft, typischerweise in Fallgestaltungen der vorliegenden Art erheblichen Bedenken ausgesetzt ist.
III.)
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
58 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
59 
Beschluss vom 15. Februar 2017
60 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
61 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 12 Geltungsbereich; Nebenbestimmungen


(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt. (2) Das Visum und die Aufenthalt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbei

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 15. Feb. 2017 - 11 S 983/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. März 2016 - 11 S 992/15

bei uns veröffentlicht am 24.03.2016

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens sämtlicher Rechtszüge.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Befristung d

Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 27. März 2015 - 1 K 4001/13 U

bei uns veröffentlicht am 27.03.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 1 Tatbestand 2Der Kläger wurde am 01.06.2012 durch Beschluss des Amtsgerichts A zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der B GmbH & Co. KG, C, (Insolvenzschuldnerin) ern
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - 10 B 18.1094

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hi

Referenzen

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens sämtlicher Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Befristung der gegen ihn im Jahre 2000 verfügten Ausweisung mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU.
Der am ... Juli 1968 geborene Kläger reiste im Juli 1984 zusammen mit seiner im Jahre 1945 geborenen Mutter und seiner älteren Schwester zu seinem in Deutschland arbeitenden Vater ein und erhielt im Juli 1992 einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Der Kläger erkrankte im achten Lebensjahr am kleinen Veitstanz (Chorea minor), der durch Infektion ausgelöst wird. Er war anschließend ein halbes Jahr in einer Art geschlossener Heimschule in Polen, aus der er als geheilt entlassen wurde. Im Jahre 1986 wurde festgestellt, dass er an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose erkrankt ist. Der Kläger fiel immer wieder durch aggressives Verhalten bis hin zu Gewalttätigkeiten gegen sich selbst, seine Eltern, Nachbarn, behandelnde Ärzte und Mitpatienten auf. Er führte und benutzte Waffen, Messer und andere gefährliche Werkezeuge, auch weil er sich krankheitsbedingt selbst bedroht fühlte. Wegen seiner Krankheit war er mehrmals stationär in psychiatrischen Krankenhäusern untergebracht, wobei sich immer wieder zeigte, dass er selbst keine Einsicht in eine Behandlungsnotwendigkeit besaß. Er konsumierte zeitweise - auch als Versuch einer Selbstheilung - Alkohol und Drogen; so weist die Auskunft aus dem Zentralregister vom 30.11.2015 unter anderem zwei Verurteilungen in den Jahren 1997 und 1998 wegen unerlaubten Besitzes bzw. unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu Geldstrafen aus.
Das Landgericht Stuttgart ordnete wegen versuchten Mordes mit Urteil vom 13. August 1999 - 9 Ks 112 Js 86708/98 - die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Am 9. Oktober 1998 stieß der 1,90 m große Kläger in der gemeinsamen Wohnung seinem arglosen Vater unvermittelt und mit großer Wucht von oben herab ein Messer etwa 7 cm durch den Schädelknochen in das Gehirn um ihn umzubringen. In seinem Krankheitswahn hielt er den Vater für schuldig, dass er selbst psychisch erkrankt ist, und machte diesen für all seine Psychiatrieaufenthalte verantwortlich, die er ertragen musste; in ihm setzte sich zur Tatzeit der Gedanke fest, sein Vater wolle ihm heimlich Medikamente verabreichen und wieder Schritte unternehmen, um ihn in die Psychiatrie einzuweisen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zur Person des Klägers und der Tat sowie bzgl. der Gründe für die Anordnung nach § 63 StGB wird auf das strafgerichtliche Urteil sowie das im Strafverfahren eingeholte psychiatrische Gutachten durch Prof. Dr. ... - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen - vom 19. Januar 1999 verwiesen.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger unbefristet aus Deutschland aus. Im Rahmen der Anhörung hatte der Kläger mit Schreiben des Zentrums für Psychiatrie ... vom 22. Oktober 1999 mitteilen lassen, er wünsche seine Ausweisung nach Polen. Er sei mit der psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden. In Polen wolle er sich jedoch die ihm verordneten Depot-Medikamente weiterhin verabreichen lassen. Am 4. Mai 2000 wurde er nach Polen abgeschoben. Der Vater, der die Tat überlebte und bis heute schwerstpflegebedürftig ist, lebt in einem Pflegeheim in der Nähe des Wohnorts seiner Tochter am ..., die für ihn als Betreuerin bestellt ist. Auch die Mutter des Klägers, die mittlerweile deutsche Staatsangehörige ist, hat ihren Wohnsitz im Bundesgebiet. Nach der Auskunft aus dem polnischen Strafregister vom 8. Dezember 2015 und den vorliegenden fachärztlichen Unterlagen der Abteilung für Forensische des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... war der Kläger in Polen nach erneuter Straffälligkeit wegen einer Messerattacke auf einen Nachbarn am 14. April 2005 danach bis Ende November 2014 - mit Unterbrechung in der Zeit vom 5. Juli 2013 bis 27. November 2013 während der er sich auch bei seiner Mutter im Bundesgebiet aufhielt - in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Nach den Diagnosen der polnischen Fachärzte für Psychiatrie liegt bei ihm unter anderem eine paranoide Schizophrenie vor.
Unter Verweis auf den Beschluss des Amtsgericht Bialystok vom 1. Juli 2013, mit dem die Sicherungsmaßregel gegen den Kläger zunächst aufgehoben worden ist, stellte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 25. November 2013 den Antrag auf sofortige Befristung des bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots auf Null. Der Begründung des Beschlusses ist zu entnehmen, dass zwei Gerichtsgutachten zu dem Ergebnis gekommen sind, dass beim Kläger wegen seines psychischen Gesundheitszustandes weiterhin mit großer Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Begehung einer Straftat mit öffentlicher Gefährdung bestehe. Eine weitere stationäre Unterbringung des Klägers hat das Amtsgericht aber als unverhältnismäßig angesehen.
Das Regierungspräsidium Stuttgart befristete mit Bescheid vom 21. Mai 2014 das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums vom 10. Januar 2000 auf den 21. Mai 2024 (Ziffer 1 des Bescheids). Unter Ziffer 2 hob es seine Verfügung vom 21. April 2006 aus Gründen der Klarstellung auf. Mit dieser hatte das Regierungspräsidium entschieden, dass die Wirkungen der Ausweisung auf eine Woche nach Eingang des Nachweises, dass die psychische Krankheit des Klägers erfolgreich behandelt worden ist, befristet werden. Die als gebundene Entscheidung ergangene Befristung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass vom Kläger auch in den nächsten zehn Jahren wegen seiner paranoid-halluzinatorischen psychischen Erkrankung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgingen und deshalb ein starkes Interesse bestehe, ihn vom Bundesgebiet fernzuhalten.
Auf die Klage des Klägers hob das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 22. Juli 2014 - 11 K 1243/14 - den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 auf und verpflichtete den Beklagten zur Befristung auf sofort. Zur Begründung führte es aus: Ein solcher Anspruch ergebe sich für den Kläger als Unionsbürger aus § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Zwar gehe vom Kläger weiterhin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, wie sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Beschluss des Amtsgerichts Bialystok vom 1. Juli 2013 ergebe. Dennoch habe er einen Anspruch auf Befristung ohne weitere Sperre angesichts der Gesamtdauer des durch die Ausweisungsentscheidung bewirkten Einreiseverbots von nunmehr 14 Jahren. Dies folge aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365 Rn. 83), wonach - unabhängig von der Fortdauer des Ausweisungszwecks - eine Ausweisung grundsätzlich auf höchstens zehn Jahre zu befristen sei und diese Frist mit der Ausreise beginne. Die Aufrechterhaltung eines Einreiseverbots von mehr als zehn Jahren sei hier auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.
Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene und vom Beklagten eingelegte Sprungrevision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 25. März 2015 (1 C 18.14) das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2014 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen. Zur Begründung der Entscheidung ist unter anderem ausgeführt: Das durch die Ausweisung kraft Gesetzes entstandene Verbot der Wiedereinreise und des erneuten Aufenthalts im Bundesgebiet sei weder durch den EU-Beitritt Polens zum 1. Mai 2004 noch durch das Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU zum 1. Januar 2005 noch durch die bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzende Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG) entfallen. Die Rückführungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung in § 11 AufenthG fänden auf den Kläger als Unionsbürger keine Anwendung. Er habe auch keinen Anspruch, aufenthaltsrechtlich nicht schlechter behandelt zu werden als ein Drittstaatsangehöriger in einer vergleichbaren Situation. Dessen ungeachtet erfülle er auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12) auch nicht die Voraussetzungen, unter denen einem ausgewiesenen Drittstaatsangehörigen das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unabhängig von einer Befristung nicht mehr entgegengehalten werden dürfte. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Befristung der Sperrwirkungen der hier gegebenen „Altausweisung“ sei § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU. Die - gerichtlich voll überprüfbare - Befristungsentscheidung nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU sei auf der Grundlage einer aktuellen Gefährdungsprognose und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu treffen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 30. April 2014 bestehe keine mit der Ausreise beginnende Höchstfrist von zehn Jahren. Die mit Bescheid vom 21. Mai 2014 bestimmte Frist erweise sich nicht von vornherein als unverhältnismäßig. Für eine abschließende Entscheidung fehlten dem Senat allerdings die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zur Dauer der vom Kläger weiterhin ausgehenden Gefahr und zu seinen persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Deutschland. Das Verfahren sei mangels hinreichender gerichtlicher Feststellungen für die Fristbemessung nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung erfolge an den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich auf dessen Rechtsprechung beruhe (§ 144 Abs. 5 VwGO).
Der Kläger und der Beklagte haben sich schriftsätzlich zum Revisionsurteil, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur weiteren Aufklärung (unter Rn. 35 ff. des Urteils), geäußert.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Er hält die angefochtene Verfügung für rechtmäßig.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
den Beklagten unter Aufhebung von Ziffer 1 der Verfügung vom 21.Mai 2014 zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf Null zu befristen.
15 
Er trägt im Wesentlichen vor: Von ihm gehe keine Gefahr mehr aus, die seinem Zuzug zu seiner Mutter im Bundesgebiet entgegenstehen könnte. Seine Mutter sei weiterhin zu seiner Betreuung bereit und in der Lage. Er sei seit seiner Entlassung aus der Klinik in Polen alleine. Seine Mutter fahre immer wieder mehrere Wochen nach Polen, um ihn dort zu unterstützen. Sie überprüfe dann auch seine Medikamenteneinnahme. Soweit dies krankheitsbedingt erforderlich werde, nehme er mittlerweile von sich aus ambulante oder auch stationäre ärztliche Hilfe in Anspruch. Die Behandlungskosten müsse er selbst tragen, da er in Polen nicht krankenversichert sei. Die privaten Arztkosten überstiegen seine finanziellen Möglichkeiten. Aus Deutschland erhalte er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ob seine ambulante Betreuung in Polen möglich und zumutbar sei, sei entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu prüfen. Die europäische Freizügigkeit gebiete die Gestattung des Familiennachzugs. Insoweit sei der Status der stammberechtigten Mutter maßgebend.
16 
Am 17. Dezember 2015 fand ein Erörterungstermin statt, bei dem auch die Schwester und die Mutter des Klägers anwesend waren. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.
17 
Zur - gesundheitlichen - Situation des Kläger liegen dem Senat in Übersetzung folgende polnische fachärztliche Unterlagen und Äußerungen vor: „Informationsblätter über die Krankenhausbehandlung“ vom 16. November 2015 bis 21. Dezember 2015, vom 5. Februar 2015 bis 26. März 2015 und vom 27. November 2013 bis 27. November 2014; Arztbrief vom 27. November 2014; gerichtlich-psychiatrisches Gutachten vom 18. November 2014; ärztliche Bescheinigung vom 25. Februar 2014; psychiatrischer und psychologischer Bericht vom 7. Februar 2013; „Informationskarte der Krankenhausbehandlung“ für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013; Bescheinigung über die seit 6. Dezember 2005 bis auf weiteres erfolgende stationäre Behandlung in der gerichtspsychiatrischen Abteilung der Psychiatrischen Gesundheitsanstalt in ... vom 22. Februar 2006. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind ferner die Beschlüsse des Amtsgerichts Bialystok vom 26. November 2014 und vom 1. Juli 2013, die Akten des Bundesverwaltungsgerichts (1 C 18.14), die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (11 K 1243/14), die Ausländerakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (1 Band) und der Stadt Stuttgart (2 Bände) sowie die Akten im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart 112 Js 86708/98 vor. Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird hierauf und auf den Inhalt der Akte des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Aufgrund der Ermessensentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die erfolgreiche Sprungrevision des Beklagten hin die Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen, gelten für das nunmehr hier durchzuführende Verfahren die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit dort durch eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung anhängig gemacht worden wäre (§ 144 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO). Dies hat zur Folge, dass weder eine Zulassung der Berufung noch eine - fristgebundene - Berufungsbegründung erforderlich werden und auch im Übrigen die Zulässigkeit der Berufung - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht zu prüfen ist (Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 144 Rn. 110; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 57 f.). Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die auch sonst im dreistufigen Rechtszug nach der Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Grundsätze (Eichberger, a.a.O., Rn. 110 i.V.m. Rn. 111 ff.). Allerdings muss hinsichtlich der Tenorierung der berufungsgerichtlichen Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es aufgrund der Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils durch das Bundesverwaltungsgerichts an einer erstinstanzlichen Entscheidung fehlt, über deren Änderung die Berufungsinstanz zu befinden hätte.
II.
19 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 3. und 8. Februar 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Gegenstand des Berufungsverfahren ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf „Befristung auf Null“, mithin nach § 7 Abs. 2 Satz 8 FreizügG/EU auf Aufhebung des - als gesetzliche Folge der „Altausweisung“ durch Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 - eingetretenen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat. Nicht mehr Streitgegenstand ist der noch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht durch den Kläger hilfsweise gestellte Antrag festzustellen, dass das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 erloschen ist. Dies hat der Kläger mit Blick auf die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 2. März 2016 klargestellt. Soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 die frühere Befristungsentscheidung vom 21. April 2006 aufgehoben hat, ist dies vom Kläger nicht angegriffen worden.
III.
21 
In dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28. April 2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) ist die Berufung des Beklagten begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Befristung des Verbots der Einreise und des Aufenthalts durch die „Altausweisung“ des Klägers auf den 21. Mai 2024 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922) in sinngemäßer Anwendung (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 22). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 28. April 2015 - 1 C 20.14 - und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, jeweils a.a.O.) ist die Entscheidung über die Dauer der Befristung - und zwar auch bei „Altausweisungen“ - eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung. In dem im vorliegenden Fall zugrunde zulegenden Revisionsurteil vom 25. März 2015 (a.a.O., Rn. 29) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29, Rn. 33), wonach die Befristungsentscheidung auch hinsichtlich der Dauer der Frist eine gebundene Entscheidung ist, nach der Neufassung des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU im Dezember 2014 und der durch sie bewirkten Aufwertung der Rechtsstellung des Freizügigkeitsberechtigten angesichts des offenen Wortlauts der Vorschrift auf die Fristbemessung der Einreisesperre nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU übertragen.
23 
Diese Bindungswirkung des revisionsrechtlichen Urteils nach § 144 Abs. 6 VwGO ist nicht durch eine Rechtsänderung obsolet geworden. Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus. Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung des Senats zum Aufenthaltsgesetz (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. Dezember 2015 - 11 S 1857/15 -, juris) die Aufhebung bzw. Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbots, das auf einer Ausweisung beruht, auch in Ansehung des seit 1. August 2015 geltenden § 11 Absatz 3 Satz 1 AufenthG eine gebundene Entscheidung. Im Übrigen geht die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum Freizügigkeitsgesetz/EU - AVV zum FreizügG/EU - vom 3. Februar 2016 (GMBl 2016, Nr. 5 S. 86) in Ziffer 7.2.5 zu § 7 ebenfalls davon aus, das Verbot von Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sei auch hinsichtlich dessen Länge eine gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung. Dies entspricht zudem aktueller Literaturmeinung (Geyer, in: Hofmann, AuslG, 2. Aufl. 2016 § 7 FreizügG/EU Rn. 12).
24 
2. Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden a.a.O., Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot zur Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende „Altausweisungen“ ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.). Ferner gibt es bei einer Verlustfeststellung, die auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung beruht, keine abstrakte Höchstdauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots; vielmehr kann nach den Umständen des Einzelfalls bei fortbestehender Gefährdung, jedenfalls bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage, auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 31 ff.). Soweit der Senat im Urteil vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit nicht mehr fest.
25 
Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
26 
3. Aufgrund des im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vorliegenden Sachverhalts verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom Kläger geht nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben aus, die auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers und seiner Familie der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots entgegensteht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb die Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht in Betracht kommt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urteil 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
27 
a) Der Kläger hat am 9. Oktober 1998 im Zustand der Schuldunfähigkeit einen versuchten Mord an seinem Vater begangen. Das Landgericht Stuttgart hat im rechtskräftigem Urteil vom 13. August 1999 unter Zugrundelegung der sachverständigen Äußerung eines Mediziners der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen im Einzelnen begründet, dass die Gesamtwürdigung des Klägers, seiner Tat, seiner lang andauernden Krankheit und auch seines derzeitigen Zustands für die Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten gleicher Schwere erwarten lasse, wenn er nicht weiterhin untergebracht werde. Bereits die Vorgeschichte des Klägers über viele Jahre hinweg zeige neben der Bereitschaft, sich selbst zu schädigen, seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gewalt. Dies sei auf seine psychotische Erkrankung zurückzuführen, wobei hervorzuheben sei, dass weiteres Opfer immer eine Person sein könne, zu der er in näherem Kontakt stehe und die ihn auf seine Krankheit, so sie nicht ausgeheilt sei, aufmerksam mache. Es bestehe die dringende Gefahr, dass er seine psychotischen Wahnvorstellungen auf andere Personen übertrage und sie als Schuldige für seinen Zustand betrachte. Insbesondere ihn pflegende und betreuende Personen wären gefährdet. Ohne weitere Unterbringung und fortlaufende Kontrolle sei sicher zu erwarten, dass er seine jetzt etwas vorhandene Einsicht in seine für die Allgemeinheit gefährliche Krankheit verliere. Es sei angesichts des andauernden Krankheitsbilds und der Vorgeschichte damit zu rechnen, die Behandlung werde über einen längeren Zeitraum hin andauern. Es bedürfe einer grundlegenden und langjährigen Behandlung um seine Erkrankung auszuheilen, um dann überhaupt prüfen zu können, ob er wieder entlassen werden könne.
28 
Dass das Landgericht und auch die die Ausweisungsentscheidung treffende Behörde zutreffend von einer krankheitsbedingten hohen Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit, aber auch für Personen aus seinem Umfeld, bezüglich der Rechtsgüter Leib und Leben ausgegangen ist, verdeutlichen im Übrigen ergänzend weitere sich aus der Strafakte ergebende Erkenntnisse.
29 
Bereits aus dem jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987 ergibt sich, dass beim Kläger jedenfalls Ende 1986 eine paranoid-halluzinatorische Psychose ausgebrochen ist, die zu Selbstgefährdungen (wie etwa durch das Zufügung schwerer Brandwunden mit einer Zigarette) und Fremdgefährdungen durch aggressive krankheitsbedingte Ausbrüche führte. Während der monatelangen stationären Behandlung bis Mai 1987 wurde immer wieder eine Verschlimmerung des psychischen Zustands festgestellt, wenn versucht wurde, neuroleptische Medikamente zu reduzieren oder abzusetzen. Aus dem Schreiben des Justizvollzugskrankenhauses H... - Abteilung für Psychiatrie und Neurologie - an die Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 27. Oktober 1998 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger bis 1995 achtmal wegen einer bekannten paranoid-halluzinatorischen Psychose mit Selbst- und Fremdgefährdung stationär im Bürgerhospital in S... befand. Im April 1997 wurde er in einem anderen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in S... stationär behandelt. Der damaligen Einlieferung durch die Polizei ging voraus, dass er nach einem Streit seine Angehörigen mit einem langen Dolch bedroht und sein Zimmer verwüstet hatte. Die Ärzte des Justizvollzugskrankenhauses attestierten dem Kläger eine fehlende Krankheitseinsicht und erachteten die Tat als symptomatisch, durch psychotisches Erleben determiniert, und stellten fest, dass eine Gefährdung für die Allgemeinheit, insbesondere für Angehörige, weiterhin bestehe. Dass nahe Angehörige von Aggressionen des Klägers unmittelbar betroffen waren, zeigt ein Polizeiprotokoll vom 29. März 1996, wonach es zwischen Mutter und Sohn „mal wieder zu Auseinandersetzungen“ gekommen sei, da sie ihrem Sohn nichts zu essen habe geben wollen, daraufhin der Sohn dermaßen randaliert habe, dass die Mutter aus Angst die Wohnung verlassen habe. In ihrer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 1998 räumte die Mutter des Klägers ein, wenn ihr Sohn Wutanfälle bekommen habe, habe sie schon Angst vor ihm gehabt; er habe sie aber nicht körperlich angegriffen. Auch in den Akten der unteren Ausländerbehörde sind einige Berichte über Polizeieinsätze enthalten, weil der Kläger - Stichwaffen griffbereit - im häuslichen Bereich so aggressiv auftrat, dass die Polizei einschreiten musste. So heißt es in einer Mitteilung der Polizeidirektion Stuttgart II vom 20. März 1996, der Kläger habe beim polizeilichen Einschreiten am 19. März 1996 unter der auf dem Boden liegenden Matratze in seinem Zimmer ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 30 cm aufbewahrt und habe gerade gegenüber seiner Mutter äußerst unbeherrscht reagiert. Für seine Gefährlichkeit ist auch der Vermerk der Landespolizeidirektion Stuttgart II vom 10. Oktober 1998 ein weiterer Beleg. Danach galt der Kläger als „Waffenfetischist mit dem Schwerpunkt Messer und Schusswaffen“, wobei die Polizei verschiedentlich schon derartige Waffen bei ihm sichergestellt und wegen seiner Drogenabhängigkeit eingezogen hatte.
30 
Soweit das Strafgericht dem Kläger eine „jetzt etwas vorhandene Krankheitseinsicht“ attestiert hatte, wirkte diese nicht nachhaltig. So zeigte das durch den Kläger veranlasste Schreiben der Forensischen Psychiatrie in ... vom 22. Oktober 1999, dass er während seiner Unterbringung nicht in der erforderlichen Weise an seiner Behandlung mitwirkte, weil er mit einer psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden war.
31 
b) Während seines Aufenthalts in Polen nach der im Mai 2000 erfolgten Abschiebung sind Fortschritte in der Behandlung der Krankheit nicht in einer Weise erzielt worden, die Anlass zur Einschätzung geben würden, vom Kläger ginge nunmehr keine oder jedenfalls eine deutlich reduzierte Gefahr aus. In Anbetracht der vorliegenden aktuellen und aussagekräftigen fachärztlichen Äußerungen polnischer Ärzte, an deren Verwertbarkeit weder Bedenken vorgetragen worden noch solche hierfür ersichtlich sind, ist die Einholung einer sachverständigen Äußerung durch den Senat nicht erforderlich gewesen.
32 
Der Kläger hat am 12. April 2005 im Treppenhaus seines Wohnblocks einem Mann eine Körperverletzung zugefügt, indem er auf diesen mit der Bitte um Feuer zuging und während dieser ein Feuerzeug aus der Tasche holte, ihn zwei Mal mit einem Messer in Kopf und Hand stieß. Auch wenn die Tat in ihren Folgen für das Opfer ausweislich des gerichtlich-psychiatrischen Gutachtens der Abteilung für Forensische Psychiatrie des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... vom 18. November 2014 weniger gravierend war als die am 9. Oktober 1998 im Bundesgebiet begangene, ist die Vorgehensweise, nämlich der gezielte, unvermittelte Angriff mit einem Messer auf den Kopf eines Ahnungslosen infolge der paranoiden Psychose bzw. Schizophrenie, gleich. Soweit das Gutachten vom 18. November 2014 von drei Taten mit ähnlichem Charakter spricht, nämlich immer den Angriff von Personen mit einem Messer, konnte nicht näher aufgeklärt werden, ob damit - ausgehend von den Taten im Jahre 1998 und 2005 - eine weitere Tat in Polen gemeint ist oder sogar - weil das Gutachten primär die Lebenssituation des Klägers in seinem Heimatland im Blick hat - zwei weitere Verletzungshandlung außer der Tat vom 12. April 2005 in Polen angesprochen sind. Da sich weder durch den polnischen Auszug aus dem Strafregister noch durch die umfangreichen ärztlichen Äußerungen noch durch Rückfragen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie bei der Schwester und bei der Mutter des Klägers erhellen ließ, ob und ggfs. wann und wie der Kläger in Polen außer der am 12. April 2005 dokumentierten Straftat weitere Verletzungshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen hat, geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass es in Polen keine weitere Tat außer derjenigen vom 12. April 2005 gegeben hat. Infolge dieser Tat wurde der Kläger in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung mit besonderen Sicherheitsbedingungen untergebracht. Den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin zufolge war der Kläger aber auch schon zwischen 2000 und der Unterbringung im April 2005 aufgrund seiner Erkrankung stationär in der Psychiatrie gewesen, insbesondere weil er verordnete Medikamente nicht eingenommen hatte. Erst aufgrund des - später auf ein Rechtsmittel hin aufgehobenen - Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 1. Juli 2013 hielt sich der Klägers erstmals nach acht Jahren in Freiheit auf. Wie sich auch aus den Erklärungen von Mutter und Schwester im Erörterungstermin ergibt, war während der Unterbringung des Klägers kein „Freigang“ möglich; selbst der „Hofgang“ innerhalb der Anstalt durfte der Kläger nur unter Aufsicht absolvieren. Die dem Senat vorliegenden ärztlichen Gutachten und fachlichen Äußerungen stellen durchgängig bis in das Jahr 2014 hinein fest, dass nur geringe Fortschritte in der Behandlung zu verzeichnen und diese unzureichend seien; es fehle nach wie vor an der Einsicht in die Krankheit und die Notwendigkeit Medikamente einzunehmen; er setze sich nicht mit seiner Straftat auseinander und habe nie Stellung zu seiner Krankheit bezogen (Informationskarte der Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013). Im fehle das Verständnis seiner Erkrankung, u.a. sei ihm nicht bekannt, dass eine Krankheitssteigerung und ein Rückfall in seinem Krankheitsverlauf trotz Medikamenteneinnahme auftreten könne, er wisse nicht, welche Symptome für einen Rückfall typisch seien, er merke auch bei sich selbst keine Krankheitssymptome, er könne diese nicht identifizieren (so u.a. die fachlichen Äußerungen vom 7. Februar 2013). Insbesondere sei zu erwarten, dass er im Falle einer Entlassung aus der psychiatrischen Unterbringung nicht die Behandlung fortsetzen werde, was wiederum bedeute, dass es in kurzer Zeit zu einem Rückfall mit akuten psychotischen Symptomen kommen werde, wobei nicht ausgeschlossen werden könnte, dass er sogar seine eigene Mutter gefährde (siehe hierzu die Angaben der gerichtlichen Sachverständigen am 30. November 2012, wiedergegeben im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014). Insbesondere das Gutachten vom Februar 2013 gelangte zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe „immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit und dass es immer noch notwendig sei, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär zu behandeln“. Der erneut gerichtlich veranlassten Unterbringung im November 2013 ging voran, dass der Kläger in Freiheit seine Therapie nicht fortsetzte, insbesondere seine Medikamente nicht einnahm, und aggressiv wurde; die stationäre Aufnahme gestaltete sich sehr schwierig, zumal dem Kläger jede Krankheitseinsicht fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014). Deutliche Verbesserungen zeigten sich im Laufe des Jahres 2014 infolge einer Modifizierung der Medikamente und der Bereitschaft des Klägers an Therapieangeboten teilzunehmen sowie einer Betreuung durch seine Mutter zuzustimmen, was die Fachärzte im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014 zu der Aussage veranlassten, beim Kläger bestehe zum jetzigen Zeitpunkt keine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit. In dem aktuellen psychischen Gesundheitszustand bedürfe er keines Aufenthalts und keiner Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, er könne die Therapie ambulant fortsetzen. Aus Sicht der Fachärzte impliziert die Entlassung aber keine signifikante Reduzierung der vom Kläger krankheitsbedingt ausgehenden Gefahren. Dies verdeutlichen die im Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 enthaltenen ärztlichen Verordnungen: Außer der Notwendigkeit der weiteren Einnahme zahlreicher Medikamente zur Behandlung der paranoiden Schizophrenie werden weitere Maßnahmen wie individuelle Gespräche mit Psychologen, Psychoedukation in der Gruppe, Beschäftigungstherapie, Teilnahme an Treffen der therapeutischen Gruppe und Fortsetzung der Therapie im betreuten Wohnen aufgelistet. Die Aufhebung der Unterbringung mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26. November 2014 erfolgte in einer Zeitspanne, in der der Kläger relativ stabil und einsichtig war. Solche - allerdings stets vorübergehenden - Phasen gab es auch in der Vergangenheit ab dem Jahre 1987 im Bundesgebiet und zwischen 2000 und 2005 in Polen. Dass ungeachtet der Entlassung aus der forensischen Psychiatrie vom Kläger nach wie vor krankheitsbedingt eine hohe Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Menschen ausgeht und gerade keine ausreichende gefahrmindernde Stabilisierung eingetreten ist, zeigt auch sein erneuter stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015. Die Einlieferung des Klägers erfolgte aufgrund seines aggressiven Verhaltens gegenüber dem Umfeld mit einem Rettungswagen, wobei es ihm - wie schon früher jahrelang durchgängig von den Fachärzten festgestellt - an einem Gefühl von der psychischen Krankheit fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015, dort auch zu einem früheren weiteren stationären Aufenthalt im Januar 2015).
33 
Die seit etwa 30 Jahren bestehende psychische Erkrankung des Klägers mit der von ihm bis heute ausgehenden hohen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter steht einer Befristung des Ein- und Aufenthaltsverbots auf Null zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Aufgrund des dargelegten konkreten Krankheits- und Behandlungsverlaufs gibt es ausgehend von der jetzigen Erkenntnislage auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der angefochtenen Behördenentscheidung festgelegte Frist zu lange wäre (zur Notwendigkeit einer solchen prognostischen Aussage durch den Senat vgl. das Revisionsurteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
34 
c) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten keine Relativierung der Gefahrenabwehr. Der Senat verkennt nicht, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr, andere Menschen an Leib und Leben zu schädigen, auf einer Erkrankung beruht, die ihrerseits möglicherweise auf die im Kindesalter durchgemachte Chorea minor zurückzuführen ist (vgl. zu dieser Überlegung das jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987, Bl. 14), und er damit letztlich schicksalshaft in seine heutige Lebenssituation geraten ist. Der Kläger hat etwa 16 Jahre im Bundesgebiet gelebt, hier seinen Hauptschulabschluss mit der Note 2,9 gemacht und mehrere Jahre gearbeitet. Er bezieht im Bundesgebiet eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2013 betrug der Auszahlungsbetrag an ihn zu diesem Zeitpunkt 644,59 Euro. Ferner besteht ein Interesse im Bundesgebiet bei oder jedenfalls in der Nähe seiner Mutter zu wohnen. Dies verdeutlicht auch sein ohne Einverständnis der Ausländerbehörde erfolgter Aufenthalt im Bundesgebiet von etwa Ende Juli bis Oktober 2013. Die Mutter des Klägers hat im Erörterungstermin unter anderem darauf hingewiesen, sie fahre regelmäßig nach Polen, um sich dort um ihn zu kümmern, das könne sie aber nicht auf Dauer leisten. Sie wolle ihn bei sich in Deutschland haben, hier sei die Behandlung psychisch erkrankter Menschen auch besser als in Polen. Ein betreutes Wohnen in Deutschland wäre für ihn das richtige; schon aufgrund der geringen Größe ihrer eigenen Wohnung könne sie ihn auf Dauer nicht bei sich aufnehmen. Zum pflegebedürftigen Vater hat der Kläger mittlerweile gelegentlich telefonischen Kontakt; 2013 hat der Kläger diesen gemeinsam mit seiner Schwester im Pflegeheim besucht. Die Schwester des Klägers telefoniert sporadisch mit dem Kläger und hat ihn zwischen 2000 und 2015 etwa zwei bis drei Mal in Polen besucht. Sie verwaltet sein Konto in Deutschland. Sie kann sich aufgrund ihrer eigenen Berufstätigkeit und der Betreuung des Vaters nicht stärker um ihn kümmern. Der Kläger hat keinen Kontakt zu seiner heute erwachsenen Tochter. Seine im November 1990 geschlossene Ehe mit einer brasilianischen Staatsangehörigen scheiterte. Seine Ehefrau kehrte mit der im April 1992 geborenen gemeinsamen Tochter im April 1994 nach Brasilien zurück. Die Ehe wurde im April 1999 geschieden.
35 
In Anbetracht der nach wie vor vom Kläger ausgehenden hohen Gefahr müssen insbesondere die Belange von Mutter und Kläger hinter dem ordnungsrechtlichen Anliegen der Gefahrenabwehr zurücktreten. Der Kläger hat sich immer wieder auch während seines Lebens im Bundesgebiet in Polen aufgehalten; unter der von ihm angegebenen Adresse lebt er in einer Wohnung, die im Besitz der Familie ist. Er ist mit den polnischen Lebensverhältnissen vertraut, dort aufgewachsen und lebt seit mehr als 15 Jahren erneut dort. Seine Erkrankung kann in Polen behandelt werden, insbesondere ist eine ambulante Betreuung möglich. Dass der Kläger in ... auch eine psychiatrische Tagesklinik entsprechend der ärztlichen Empfehlung jedenfalls in der Zeit vom 5. Februar bis 26. März 2015 besucht hat, ergibt sich aus den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin. Auf die tatsächliche Betreuung gerade durch die Mutter ist der Kläger nicht angewiesen, allerdings hat sie sich hierzu gerichtlich in Polen verpflichtet. Dies ist aber ihre eigene Entscheidung gewesen, die sie in Kenntnis des nach wie vor für ihren Sohn bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots im Bundesgebiet getroffen hat. Sie ist mittlerweile 71 Jahres alt und hat seit Jahren eine Schwerbehinderung mit dem Grad 50. Schon in der Vergangenheit war es allein schon aufgrund der Größenunterschiede (der Kläger ist 1,90 m und nach dem Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 übergewichtig) nicht möglich, dass sie aggressives Verhalten des Klägers unterbinden konnte. Auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme durch den Kläger kann sie letztlich nicht gewährleisten. Was bleibt sind vor allem die emotionale Verbundenheit und das Gefühl der Verantwortung für ihren Sohn. Auch wenn sie selbst deutsche Staatsangehörige ist, kann ihr insoweit zugemutet werden, diesen in Polen aufzusuchen.
36 
Sollte der Kläger - was sich allerdings derzeit noch nicht abzeichnend - seine Erkrankung besser „in Griff bekommen“ und kann die von ihm ausgehende Gefährdung nicht nur vorübergehend signifikant reduziert werden, so kann eine solche positive Entwicklung Anlass für einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sein.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
39 
Beschluss vom 24. März 2016
40 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Aufgrund der Ermessensentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die erfolgreiche Sprungrevision des Beklagten hin die Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen, gelten für das nunmehr hier durchzuführende Verfahren die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit dort durch eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung anhängig gemacht worden wäre (§ 144 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO). Dies hat zur Folge, dass weder eine Zulassung der Berufung noch eine - fristgebundene - Berufungsbegründung erforderlich werden und auch im Übrigen die Zulässigkeit der Berufung - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht zu prüfen ist (Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 144 Rn. 110; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 57 f.). Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die auch sonst im dreistufigen Rechtszug nach der Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Grundsätze (Eichberger, a.a.O., Rn. 110 i.V.m. Rn. 111 ff.). Allerdings muss hinsichtlich der Tenorierung der berufungsgerichtlichen Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es aufgrund der Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils durch das Bundesverwaltungsgerichts an einer erstinstanzlichen Entscheidung fehlt, über deren Änderung die Berufungsinstanz zu befinden hätte.
II.
19 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 3. und 8. Februar 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Gegenstand des Berufungsverfahren ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf „Befristung auf Null“, mithin nach § 7 Abs. 2 Satz 8 FreizügG/EU auf Aufhebung des - als gesetzliche Folge der „Altausweisung“ durch Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 - eingetretenen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat. Nicht mehr Streitgegenstand ist der noch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht durch den Kläger hilfsweise gestellte Antrag festzustellen, dass das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 erloschen ist. Dies hat der Kläger mit Blick auf die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 2. März 2016 klargestellt. Soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 die frühere Befristungsentscheidung vom 21. April 2006 aufgehoben hat, ist dies vom Kläger nicht angegriffen worden.
III.
21 
In dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28. April 2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) ist die Berufung des Beklagten begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Befristung des Verbots der Einreise und des Aufenthalts durch die „Altausweisung“ des Klägers auf den 21. Mai 2024 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922) in sinngemäßer Anwendung (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 22). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 28. April 2015 - 1 C 20.14 - und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, jeweils a.a.O.) ist die Entscheidung über die Dauer der Befristung - und zwar auch bei „Altausweisungen“ - eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung. In dem im vorliegenden Fall zugrunde zulegenden Revisionsurteil vom 25. März 2015 (a.a.O., Rn. 29) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29, Rn. 33), wonach die Befristungsentscheidung auch hinsichtlich der Dauer der Frist eine gebundene Entscheidung ist, nach der Neufassung des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU im Dezember 2014 und der durch sie bewirkten Aufwertung der Rechtsstellung des Freizügigkeitsberechtigten angesichts des offenen Wortlauts der Vorschrift auf die Fristbemessung der Einreisesperre nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU übertragen.
23 
Diese Bindungswirkung des revisionsrechtlichen Urteils nach § 144 Abs. 6 VwGO ist nicht durch eine Rechtsänderung obsolet geworden. Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus. Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung des Senats zum Aufenthaltsgesetz (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. Dezember 2015 - 11 S 1857/15 -, juris) die Aufhebung bzw. Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbots, das auf einer Ausweisung beruht, auch in Ansehung des seit 1. August 2015 geltenden § 11 Absatz 3 Satz 1 AufenthG eine gebundene Entscheidung. Im Übrigen geht die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum Freizügigkeitsgesetz/EU - AVV zum FreizügG/EU - vom 3. Februar 2016 (GMBl 2016, Nr. 5 S. 86) in Ziffer 7.2.5 zu § 7 ebenfalls davon aus, das Verbot von Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sei auch hinsichtlich dessen Länge eine gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung. Dies entspricht zudem aktueller Literaturmeinung (Geyer, in: Hofmann, AuslG, 2. Aufl. 2016 § 7 FreizügG/EU Rn. 12).
24 
2. Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden a.a.O., Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot zur Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende „Altausweisungen“ ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.). Ferner gibt es bei einer Verlustfeststellung, die auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung beruht, keine abstrakte Höchstdauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots; vielmehr kann nach den Umständen des Einzelfalls bei fortbestehender Gefährdung, jedenfalls bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage, auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 31 ff.). Soweit der Senat im Urteil vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit nicht mehr fest.
25 
Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
26 
3. Aufgrund des im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vorliegenden Sachverhalts verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom Kläger geht nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben aus, die auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers und seiner Familie der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots entgegensteht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb die Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht in Betracht kommt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urteil 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
27 
a) Der Kläger hat am 9. Oktober 1998 im Zustand der Schuldunfähigkeit einen versuchten Mord an seinem Vater begangen. Das Landgericht Stuttgart hat im rechtskräftigem Urteil vom 13. August 1999 unter Zugrundelegung der sachverständigen Äußerung eines Mediziners der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen im Einzelnen begründet, dass die Gesamtwürdigung des Klägers, seiner Tat, seiner lang andauernden Krankheit und auch seines derzeitigen Zustands für die Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten gleicher Schwere erwarten lasse, wenn er nicht weiterhin untergebracht werde. Bereits die Vorgeschichte des Klägers über viele Jahre hinweg zeige neben der Bereitschaft, sich selbst zu schädigen, seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gewalt. Dies sei auf seine psychotische Erkrankung zurückzuführen, wobei hervorzuheben sei, dass weiteres Opfer immer eine Person sein könne, zu der er in näherem Kontakt stehe und die ihn auf seine Krankheit, so sie nicht ausgeheilt sei, aufmerksam mache. Es bestehe die dringende Gefahr, dass er seine psychotischen Wahnvorstellungen auf andere Personen übertrage und sie als Schuldige für seinen Zustand betrachte. Insbesondere ihn pflegende und betreuende Personen wären gefährdet. Ohne weitere Unterbringung und fortlaufende Kontrolle sei sicher zu erwarten, dass er seine jetzt etwas vorhandene Einsicht in seine für die Allgemeinheit gefährliche Krankheit verliere. Es sei angesichts des andauernden Krankheitsbilds und der Vorgeschichte damit zu rechnen, die Behandlung werde über einen längeren Zeitraum hin andauern. Es bedürfe einer grundlegenden und langjährigen Behandlung um seine Erkrankung auszuheilen, um dann überhaupt prüfen zu können, ob er wieder entlassen werden könne.
28 
Dass das Landgericht und auch die die Ausweisungsentscheidung treffende Behörde zutreffend von einer krankheitsbedingten hohen Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit, aber auch für Personen aus seinem Umfeld, bezüglich der Rechtsgüter Leib und Leben ausgegangen ist, verdeutlichen im Übrigen ergänzend weitere sich aus der Strafakte ergebende Erkenntnisse.
29 
Bereits aus dem jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987 ergibt sich, dass beim Kläger jedenfalls Ende 1986 eine paranoid-halluzinatorische Psychose ausgebrochen ist, die zu Selbstgefährdungen (wie etwa durch das Zufügung schwerer Brandwunden mit einer Zigarette) und Fremdgefährdungen durch aggressive krankheitsbedingte Ausbrüche führte. Während der monatelangen stationären Behandlung bis Mai 1987 wurde immer wieder eine Verschlimmerung des psychischen Zustands festgestellt, wenn versucht wurde, neuroleptische Medikamente zu reduzieren oder abzusetzen. Aus dem Schreiben des Justizvollzugskrankenhauses H... - Abteilung für Psychiatrie und Neurologie - an die Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 27. Oktober 1998 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger bis 1995 achtmal wegen einer bekannten paranoid-halluzinatorischen Psychose mit Selbst- und Fremdgefährdung stationär im Bürgerhospital in S... befand. Im April 1997 wurde er in einem anderen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in S... stationär behandelt. Der damaligen Einlieferung durch die Polizei ging voraus, dass er nach einem Streit seine Angehörigen mit einem langen Dolch bedroht und sein Zimmer verwüstet hatte. Die Ärzte des Justizvollzugskrankenhauses attestierten dem Kläger eine fehlende Krankheitseinsicht und erachteten die Tat als symptomatisch, durch psychotisches Erleben determiniert, und stellten fest, dass eine Gefährdung für die Allgemeinheit, insbesondere für Angehörige, weiterhin bestehe. Dass nahe Angehörige von Aggressionen des Klägers unmittelbar betroffen waren, zeigt ein Polizeiprotokoll vom 29. März 1996, wonach es zwischen Mutter und Sohn „mal wieder zu Auseinandersetzungen“ gekommen sei, da sie ihrem Sohn nichts zu essen habe geben wollen, daraufhin der Sohn dermaßen randaliert habe, dass die Mutter aus Angst die Wohnung verlassen habe. In ihrer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 1998 räumte die Mutter des Klägers ein, wenn ihr Sohn Wutanfälle bekommen habe, habe sie schon Angst vor ihm gehabt; er habe sie aber nicht körperlich angegriffen. Auch in den Akten der unteren Ausländerbehörde sind einige Berichte über Polizeieinsätze enthalten, weil der Kläger - Stichwaffen griffbereit - im häuslichen Bereich so aggressiv auftrat, dass die Polizei einschreiten musste. So heißt es in einer Mitteilung der Polizeidirektion Stuttgart II vom 20. März 1996, der Kläger habe beim polizeilichen Einschreiten am 19. März 1996 unter der auf dem Boden liegenden Matratze in seinem Zimmer ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 30 cm aufbewahrt und habe gerade gegenüber seiner Mutter äußerst unbeherrscht reagiert. Für seine Gefährlichkeit ist auch der Vermerk der Landespolizeidirektion Stuttgart II vom 10. Oktober 1998 ein weiterer Beleg. Danach galt der Kläger als „Waffenfetischist mit dem Schwerpunkt Messer und Schusswaffen“, wobei die Polizei verschiedentlich schon derartige Waffen bei ihm sichergestellt und wegen seiner Drogenabhängigkeit eingezogen hatte.
30 
Soweit das Strafgericht dem Kläger eine „jetzt etwas vorhandene Krankheitseinsicht“ attestiert hatte, wirkte diese nicht nachhaltig. So zeigte das durch den Kläger veranlasste Schreiben der Forensischen Psychiatrie in ... vom 22. Oktober 1999, dass er während seiner Unterbringung nicht in der erforderlichen Weise an seiner Behandlung mitwirkte, weil er mit einer psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden war.
31 
b) Während seines Aufenthalts in Polen nach der im Mai 2000 erfolgten Abschiebung sind Fortschritte in der Behandlung der Krankheit nicht in einer Weise erzielt worden, die Anlass zur Einschätzung geben würden, vom Kläger ginge nunmehr keine oder jedenfalls eine deutlich reduzierte Gefahr aus. In Anbetracht der vorliegenden aktuellen und aussagekräftigen fachärztlichen Äußerungen polnischer Ärzte, an deren Verwertbarkeit weder Bedenken vorgetragen worden noch solche hierfür ersichtlich sind, ist die Einholung einer sachverständigen Äußerung durch den Senat nicht erforderlich gewesen.
32 
Der Kläger hat am 12. April 2005 im Treppenhaus seines Wohnblocks einem Mann eine Körperverletzung zugefügt, indem er auf diesen mit der Bitte um Feuer zuging und während dieser ein Feuerzeug aus der Tasche holte, ihn zwei Mal mit einem Messer in Kopf und Hand stieß. Auch wenn die Tat in ihren Folgen für das Opfer ausweislich des gerichtlich-psychiatrischen Gutachtens der Abteilung für Forensische Psychiatrie des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... vom 18. November 2014 weniger gravierend war als die am 9. Oktober 1998 im Bundesgebiet begangene, ist die Vorgehensweise, nämlich der gezielte, unvermittelte Angriff mit einem Messer auf den Kopf eines Ahnungslosen infolge der paranoiden Psychose bzw. Schizophrenie, gleich. Soweit das Gutachten vom 18. November 2014 von drei Taten mit ähnlichem Charakter spricht, nämlich immer den Angriff von Personen mit einem Messer, konnte nicht näher aufgeklärt werden, ob damit - ausgehend von den Taten im Jahre 1998 und 2005 - eine weitere Tat in Polen gemeint ist oder sogar - weil das Gutachten primär die Lebenssituation des Klägers in seinem Heimatland im Blick hat - zwei weitere Verletzungshandlung außer der Tat vom 12. April 2005 in Polen angesprochen sind. Da sich weder durch den polnischen Auszug aus dem Strafregister noch durch die umfangreichen ärztlichen Äußerungen noch durch Rückfragen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie bei der Schwester und bei der Mutter des Klägers erhellen ließ, ob und ggfs. wann und wie der Kläger in Polen außer der am 12. April 2005 dokumentierten Straftat weitere Verletzungshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen hat, geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass es in Polen keine weitere Tat außer derjenigen vom 12. April 2005 gegeben hat. Infolge dieser Tat wurde der Kläger in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung mit besonderen Sicherheitsbedingungen untergebracht. Den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin zufolge war der Kläger aber auch schon zwischen 2000 und der Unterbringung im April 2005 aufgrund seiner Erkrankung stationär in der Psychiatrie gewesen, insbesondere weil er verordnete Medikamente nicht eingenommen hatte. Erst aufgrund des - später auf ein Rechtsmittel hin aufgehobenen - Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 1. Juli 2013 hielt sich der Klägers erstmals nach acht Jahren in Freiheit auf. Wie sich auch aus den Erklärungen von Mutter und Schwester im Erörterungstermin ergibt, war während der Unterbringung des Klägers kein „Freigang“ möglich; selbst der „Hofgang“ innerhalb der Anstalt durfte der Kläger nur unter Aufsicht absolvieren. Die dem Senat vorliegenden ärztlichen Gutachten und fachlichen Äußerungen stellen durchgängig bis in das Jahr 2014 hinein fest, dass nur geringe Fortschritte in der Behandlung zu verzeichnen und diese unzureichend seien; es fehle nach wie vor an der Einsicht in die Krankheit und die Notwendigkeit Medikamente einzunehmen; er setze sich nicht mit seiner Straftat auseinander und habe nie Stellung zu seiner Krankheit bezogen (Informationskarte der Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013). Im fehle das Verständnis seiner Erkrankung, u.a. sei ihm nicht bekannt, dass eine Krankheitssteigerung und ein Rückfall in seinem Krankheitsverlauf trotz Medikamenteneinnahme auftreten könne, er wisse nicht, welche Symptome für einen Rückfall typisch seien, er merke auch bei sich selbst keine Krankheitssymptome, er könne diese nicht identifizieren (so u.a. die fachlichen Äußerungen vom 7. Februar 2013). Insbesondere sei zu erwarten, dass er im Falle einer Entlassung aus der psychiatrischen Unterbringung nicht die Behandlung fortsetzen werde, was wiederum bedeute, dass es in kurzer Zeit zu einem Rückfall mit akuten psychotischen Symptomen kommen werde, wobei nicht ausgeschlossen werden könnte, dass er sogar seine eigene Mutter gefährde (siehe hierzu die Angaben der gerichtlichen Sachverständigen am 30. November 2012, wiedergegeben im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014). Insbesondere das Gutachten vom Februar 2013 gelangte zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe „immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit und dass es immer noch notwendig sei, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär zu behandeln“. Der erneut gerichtlich veranlassten Unterbringung im November 2013 ging voran, dass der Kläger in Freiheit seine Therapie nicht fortsetzte, insbesondere seine Medikamente nicht einnahm, und aggressiv wurde; die stationäre Aufnahme gestaltete sich sehr schwierig, zumal dem Kläger jede Krankheitseinsicht fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014). Deutliche Verbesserungen zeigten sich im Laufe des Jahres 2014 infolge einer Modifizierung der Medikamente und der Bereitschaft des Klägers an Therapieangeboten teilzunehmen sowie einer Betreuung durch seine Mutter zuzustimmen, was die Fachärzte im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014 zu der Aussage veranlassten, beim Kläger bestehe zum jetzigen Zeitpunkt keine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit. In dem aktuellen psychischen Gesundheitszustand bedürfe er keines Aufenthalts und keiner Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, er könne die Therapie ambulant fortsetzen. Aus Sicht der Fachärzte impliziert die Entlassung aber keine signifikante Reduzierung der vom Kläger krankheitsbedingt ausgehenden Gefahren. Dies verdeutlichen die im Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 enthaltenen ärztlichen Verordnungen: Außer der Notwendigkeit der weiteren Einnahme zahlreicher Medikamente zur Behandlung der paranoiden Schizophrenie werden weitere Maßnahmen wie individuelle Gespräche mit Psychologen, Psychoedukation in der Gruppe, Beschäftigungstherapie, Teilnahme an Treffen der therapeutischen Gruppe und Fortsetzung der Therapie im betreuten Wohnen aufgelistet. Die Aufhebung der Unterbringung mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26. November 2014 erfolgte in einer Zeitspanne, in der der Kläger relativ stabil und einsichtig war. Solche - allerdings stets vorübergehenden - Phasen gab es auch in der Vergangenheit ab dem Jahre 1987 im Bundesgebiet und zwischen 2000 und 2005 in Polen. Dass ungeachtet der Entlassung aus der forensischen Psychiatrie vom Kläger nach wie vor krankheitsbedingt eine hohe Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Menschen ausgeht und gerade keine ausreichende gefahrmindernde Stabilisierung eingetreten ist, zeigt auch sein erneuter stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015. Die Einlieferung des Klägers erfolgte aufgrund seines aggressiven Verhaltens gegenüber dem Umfeld mit einem Rettungswagen, wobei es ihm - wie schon früher jahrelang durchgängig von den Fachärzten festgestellt - an einem Gefühl von der psychischen Krankheit fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015, dort auch zu einem früheren weiteren stationären Aufenthalt im Januar 2015).
33 
Die seit etwa 30 Jahren bestehende psychische Erkrankung des Klägers mit der von ihm bis heute ausgehenden hohen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter steht einer Befristung des Ein- und Aufenthaltsverbots auf Null zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Aufgrund des dargelegten konkreten Krankheits- und Behandlungsverlaufs gibt es ausgehend von der jetzigen Erkenntnislage auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der angefochtenen Behördenentscheidung festgelegte Frist zu lange wäre (zur Notwendigkeit einer solchen prognostischen Aussage durch den Senat vgl. das Revisionsurteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
34 
c) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten keine Relativierung der Gefahrenabwehr. Der Senat verkennt nicht, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr, andere Menschen an Leib und Leben zu schädigen, auf einer Erkrankung beruht, die ihrerseits möglicherweise auf die im Kindesalter durchgemachte Chorea minor zurückzuführen ist (vgl. zu dieser Überlegung das jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987, Bl. 14), und er damit letztlich schicksalshaft in seine heutige Lebenssituation geraten ist. Der Kläger hat etwa 16 Jahre im Bundesgebiet gelebt, hier seinen Hauptschulabschluss mit der Note 2,9 gemacht und mehrere Jahre gearbeitet. Er bezieht im Bundesgebiet eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2013 betrug der Auszahlungsbetrag an ihn zu diesem Zeitpunkt 644,59 Euro. Ferner besteht ein Interesse im Bundesgebiet bei oder jedenfalls in der Nähe seiner Mutter zu wohnen. Dies verdeutlicht auch sein ohne Einverständnis der Ausländerbehörde erfolgter Aufenthalt im Bundesgebiet von etwa Ende Juli bis Oktober 2013. Die Mutter des Klägers hat im Erörterungstermin unter anderem darauf hingewiesen, sie fahre regelmäßig nach Polen, um sich dort um ihn zu kümmern, das könne sie aber nicht auf Dauer leisten. Sie wolle ihn bei sich in Deutschland haben, hier sei die Behandlung psychisch erkrankter Menschen auch besser als in Polen. Ein betreutes Wohnen in Deutschland wäre für ihn das richtige; schon aufgrund der geringen Größe ihrer eigenen Wohnung könne sie ihn auf Dauer nicht bei sich aufnehmen. Zum pflegebedürftigen Vater hat der Kläger mittlerweile gelegentlich telefonischen Kontakt; 2013 hat der Kläger diesen gemeinsam mit seiner Schwester im Pflegeheim besucht. Die Schwester des Klägers telefoniert sporadisch mit dem Kläger und hat ihn zwischen 2000 und 2015 etwa zwei bis drei Mal in Polen besucht. Sie verwaltet sein Konto in Deutschland. Sie kann sich aufgrund ihrer eigenen Berufstätigkeit und der Betreuung des Vaters nicht stärker um ihn kümmern. Der Kläger hat keinen Kontakt zu seiner heute erwachsenen Tochter. Seine im November 1990 geschlossene Ehe mit einer brasilianischen Staatsangehörigen scheiterte. Seine Ehefrau kehrte mit der im April 1992 geborenen gemeinsamen Tochter im April 1994 nach Brasilien zurück. Die Ehe wurde im April 1999 geschieden.
35 
In Anbetracht der nach wie vor vom Kläger ausgehenden hohen Gefahr müssen insbesondere die Belange von Mutter und Kläger hinter dem ordnungsrechtlichen Anliegen der Gefahrenabwehr zurücktreten. Der Kläger hat sich immer wieder auch während seines Lebens im Bundesgebiet in Polen aufgehalten; unter der von ihm angegebenen Adresse lebt er in einer Wohnung, die im Besitz der Familie ist. Er ist mit den polnischen Lebensverhältnissen vertraut, dort aufgewachsen und lebt seit mehr als 15 Jahren erneut dort. Seine Erkrankung kann in Polen behandelt werden, insbesondere ist eine ambulante Betreuung möglich. Dass der Kläger in ... auch eine psychiatrische Tagesklinik entsprechend der ärztlichen Empfehlung jedenfalls in der Zeit vom 5. Februar bis 26. März 2015 besucht hat, ergibt sich aus den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin. Auf die tatsächliche Betreuung gerade durch die Mutter ist der Kläger nicht angewiesen, allerdings hat sie sich hierzu gerichtlich in Polen verpflichtet. Dies ist aber ihre eigene Entscheidung gewesen, die sie in Kenntnis des nach wie vor für ihren Sohn bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots im Bundesgebiet getroffen hat. Sie ist mittlerweile 71 Jahres alt und hat seit Jahren eine Schwerbehinderung mit dem Grad 50. Schon in der Vergangenheit war es allein schon aufgrund der Größenunterschiede (der Kläger ist 1,90 m und nach dem Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 übergewichtig) nicht möglich, dass sie aggressives Verhalten des Klägers unterbinden konnte. Auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme durch den Kläger kann sie letztlich nicht gewährleisten. Was bleibt sind vor allem die emotionale Verbundenheit und das Gefühl der Verantwortung für ihren Sohn. Auch wenn sie selbst deutsche Staatsangehörige ist, kann ihr insoweit zugemutet werden, diesen in Polen aufzusuchen.
36 
Sollte der Kläger - was sich allerdings derzeit noch nicht abzeichnend - seine Erkrankung besser „in Griff bekommen“ und kann die von ihm ausgehende Gefährdung nicht nur vorübergehend signifikant reduziert werden, so kann eine solche positive Entwicklung Anlass für einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sein.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
39 
Beschluss vom 24. März 2016
40 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens sämtlicher Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Befristung der gegen ihn im Jahre 2000 verfügten Ausweisung mit sofortiger Wirkung nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU.
Der am ... Juli 1968 geborene Kläger reiste im Juli 1984 zusammen mit seiner im Jahre 1945 geborenen Mutter und seiner älteren Schwester zu seinem in Deutschland arbeitenden Vater ein und erhielt im Juli 1992 einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Der Kläger erkrankte im achten Lebensjahr am kleinen Veitstanz (Chorea minor), der durch Infektion ausgelöst wird. Er war anschließend ein halbes Jahr in einer Art geschlossener Heimschule in Polen, aus der er als geheilt entlassen wurde. Im Jahre 1986 wurde festgestellt, dass er an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose erkrankt ist. Der Kläger fiel immer wieder durch aggressives Verhalten bis hin zu Gewalttätigkeiten gegen sich selbst, seine Eltern, Nachbarn, behandelnde Ärzte und Mitpatienten auf. Er führte und benutzte Waffen, Messer und andere gefährliche Werkezeuge, auch weil er sich krankheitsbedingt selbst bedroht fühlte. Wegen seiner Krankheit war er mehrmals stationär in psychiatrischen Krankenhäusern untergebracht, wobei sich immer wieder zeigte, dass er selbst keine Einsicht in eine Behandlungsnotwendigkeit besaß. Er konsumierte zeitweise - auch als Versuch einer Selbstheilung - Alkohol und Drogen; so weist die Auskunft aus dem Zentralregister vom 30.11.2015 unter anderem zwei Verurteilungen in den Jahren 1997 und 1998 wegen unerlaubten Besitzes bzw. unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu Geldstrafen aus.
Das Landgericht Stuttgart ordnete wegen versuchten Mordes mit Urteil vom 13. August 1999 - 9 Ks 112 Js 86708/98 - die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Am 9. Oktober 1998 stieß der 1,90 m große Kläger in der gemeinsamen Wohnung seinem arglosen Vater unvermittelt und mit großer Wucht von oben herab ein Messer etwa 7 cm durch den Schädelknochen in das Gehirn um ihn umzubringen. In seinem Krankheitswahn hielt er den Vater für schuldig, dass er selbst psychisch erkrankt ist, und machte diesen für all seine Psychiatrieaufenthalte verantwortlich, die er ertragen musste; in ihm setzte sich zur Tatzeit der Gedanke fest, sein Vater wolle ihm heimlich Medikamente verabreichen und wieder Schritte unternehmen, um ihn in die Psychiatrie einzuweisen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zur Person des Klägers und der Tat sowie bzgl. der Gründe für die Anordnung nach § 63 StGB wird auf das strafgerichtliche Urteil sowie das im Strafverfahren eingeholte psychiatrische Gutachten durch Prof. Dr. ... - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen - vom 19. Januar 1999 verwiesen.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger unbefristet aus Deutschland aus. Im Rahmen der Anhörung hatte der Kläger mit Schreiben des Zentrums für Psychiatrie ... vom 22. Oktober 1999 mitteilen lassen, er wünsche seine Ausweisung nach Polen. Er sei mit der psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden. In Polen wolle er sich jedoch die ihm verordneten Depot-Medikamente weiterhin verabreichen lassen. Am 4. Mai 2000 wurde er nach Polen abgeschoben. Der Vater, der die Tat überlebte und bis heute schwerstpflegebedürftig ist, lebt in einem Pflegeheim in der Nähe des Wohnorts seiner Tochter am ..., die für ihn als Betreuerin bestellt ist. Auch die Mutter des Klägers, die mittlerweile deutsche Staatsangehörige ist, hat ihren Wohnsitz im Bundesgebiet. Nach der Auskunft aus dem polnischen Strafregister vom 8. Dezember 2015 und den vorliegenden fachärztlichen Unterlagen der Abteilung für Forensische des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... war der Kläger in Polen nach erneuter Straffälligkeit wegen einer Messerattacke auf einen Nachbarn am 14. April 2005 danach bis Ende November 2014 - mit Unterbrechung in der Zeit vom 5. Juli 2013 bis 27. November 2013 während der er sich auch bei seiner Mutter im Bundesgebiet aufhielt - in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Nach den Diagnosen der polnischen Fachärzte für Psychiatrie liegt bei ihm unter anderem eine paranoide Schizophrenie vor.
Unter Verweis auf den Beschluss des Amtsgericht Bialystok vom 1. Juli 2013, mit dem die Sicherungsmaßregel gegen den Kläger zunächst aufgehoben worden ist, stellte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 25. November 2013 den Antrag auf sofortige Befristung des bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots auf Null. Der Begründung des Beschlusses ist zu entnehmen, dass zwei Gerichtsgutachten zu dem Ergebnis gekommen sind, dass beim Kläger wegen seines psychischen Gesundheitszustandes weiterhin mit großer Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Begehung einer Straftat mit öffentlicher Gefährdung bestehe. Eine weitere stationäre Unterbringung des Klägers hat das Amtsgericht aber als unverhältnismäßig angesehen.
Das Regierungspräsidium Stuttgart befristete mit Bescheid vom 21. Mai 2014 das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums vom 10. Januar 2000 auf den 21. Mai 2024 (Ziffer 1 des Bescheids). Unter Ziffer 2 hob es seine Verfügung vom 21. April 2006 aus Gründen der Klarstellung auf. Mit dieser hatte das Regierungspräsidium entschieden, dass die Wirkungen der Ausweisung auf eine Woche nach Eingang des Nachweises, dass die psychische Krankheit des Klägers erfolgreich behandelt worden ist, befristet werden. Die als gebundene Entscheidung ergangene Befristung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass vom Kläger auch in den nächsten zehn Jahren wegen seiner paranoid-halluzinatorischen psychischen Erkrankung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgingen und deshalb ein starkes Interesse bestehe, ihn vom Bundesgebiet fernzuhalten.
Auf die Klage des Klägers hob das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 22. Juli 2014 - 11 K 1243/14 - den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 auf und verpflichtete den Beklagten zur Befristung auf sofort. Zur Begründung führte es aus: Ein solcher Anspruch ergebe sich für den Kläger als Unionsbürger aus § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Zwar gehe vom Kläger weiterhin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, wie sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Beschluss des Amtsgerichts Bialystok vom 1. Juli 2013 ergebe. Dennoch habe er einen Anspruch auf Befristung ohne weitere Sperre angesichts der Gesamtdauer des durch die Ausweisungsentscheidung bewirkten Einreiseverbots von nunmehr 14 Jahren. Dies folge aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365 Rn. 83), wonach - unabhängig von der Fortdauer des Ausweisungszwecks - eine Ausweisung grundsätzlich auf höchstens zehn Jahre zu befristen sei und diese Frist mit der Ausreise beginne. Die Aufrechterhaltung eines Einreiseverbots von mehr als zehn Jahren sei hier auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.
Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene und vom Beklagten eingelegte Sprungrevision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 25. März 2015 (1 C 18.14) das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2014 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen. Zur Begründung der Entscheidung ist unter anderem ausgeführt: Das durch die Ausweisung kraft Gesetzes entstandene Verbot der Wiedereinreise und des erneuten Aufenthalts im Bundesgebiet sei weder durch den EU-Beitritt Polens zum 1. Mai 2004 noch durch das Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU zum 1. Januar 2005 noch durch die bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzende Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG) entfallen. Die Rückführungsrichtlinie und ihre nationale Umsetzung in § 11 AufenthG fänden auf den Kläger als Unionsbürger keine Anwendung. Er habe auch keinen Anspruch, aufenthaltsrechtlich nicht schlechter behandelt zu werden als ein Drittstaatsangehöriger in einer vergleichbaren Situation. Dessen ungeachtet erfülle er auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12) auch nicht die Voraussetzungen, unter denen einem ausgewiesenen Drittstaatsangehörigen das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unabhängig von einer Befristung nicht mehr entgegengehalten werden dürfte. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Befristung der Sperrwirkungen der hier gegebenen „Altausweisung“ sei § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU. Die - gerichtlich voll überprüfbare - Befristungsentscheidung nach § 7 Abs. 2 FreizügG/EU sei auf der Grundlage einer aktuellen Gefährdungsprognose und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu treffen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 30. April 2014 bestehe keine mit der Ausreise beginnende Höchstfrist von zehn Jahren. Die mit Bescheid vom 21. Mai 2014 bestimmte Frist erweise sich nicht von vornherein als unverhältnismäßig. Für eine abschließende Entscheidung fehlten dem Senat allerdings die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zur Dauer der vom Kläger weiterhin ausgehenden Gefahr und zu seinen persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Deutschland. Das Verfahren sei mangels hinreichender gerichtlicher Feststellungen für die Fristbemessung nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung erfolge an den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich auf dessen Rechtsprechung beruhe (§ 144 Abs. 5 VwGO).
Der Kläger und der Beklagte haben sich schriftsätzlich zum Revisionsurteil, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur weiteren Aufklärung (unter Rn. 35 ff. des Urteils), geäußert.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Er hält die angefochtene Verfügung für rechtmäßig.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
den Beklagten unter Aufhebung von Ziffer 1 der Verfügung vom 21.Mai 2014 zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf Null zu befristen.
15 
Er trägt im Wesentlichen vor: Von ihm gehe keine Gefahr mehr aus, die seinem Zuzug zu seiner Mutter im Bundesgebiet entgegenstehen könnte. Seine Mutter sei weiterhin zu seiner Betreuung bereit und in der Lage. Er sei seit seiner Entlassung aus der Klinik in Polen alleine. Seine Mutter fahre immer wieder mehrere Wochen nach Polen, um ihn dort zu unterstützen. Sie überprüfe dann auch seine Medikamenteneinnahme. Soweit dies krankheitsbedingt erforderlich werde, nehme er mittlerweile von sich aus ambulante oder auch stationäre ärztliche Hilfe in Anspruch. Die Behandlungskosten müsse er selbst tragen, da er in Polen nicht krankenversichert sei. Die privaten Arztkosten überstiegen seine finanziellen Möglichkeiten. Aus Deutschland erhalte er eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ob seine ambulante Betreuung in Polen möglich und zumutbar sei, sei entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu prüfen. Die europäische Freizügigkeit gebiete die Gestattung des Familiennachzugs. Insoweit sei der Status der stammberechtigten Mutter maßgebend.
16 
Am 17. Dezember 2015 fand ein Erörterungstermin statt, bei dem auch die Schwester und die Mutter des Klägers anwesend waren. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.
17 
Zur - gesundheitlichen - Situation des Kläger liegen dem Senat in Übersetzung folgende polnische fachärztliche Unterlagen und Äußerungen vor: „Informationsblätter über die Krankenhausbehandlung“ vom 16. November 2015 bis 21. Dezember 2015, vom 5. Februar 2015 bis 26. März 2015 und vom 27. November 2013 bis 27. November 2014; Arztbrief vom 27. November 2014; gerichtlich-psychiatrisches Gutachten vom 18. November 2014; ärztliche Bescheinigung vom 25. Februar 2014; psychiatrischer und psychologischer Bericht vom 7. Februar 2013; „Informationskarte der Krankenhausbehandlung“ für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013; Bescheinigung über die seit 6. Dezember 2005 bis auf weiteres erfolgende stationäre Behandlung in der gerichtspsychiatrischen Abteilung der Psychiatrischen Gesundheitsanstalt in ... vom 22. Februar 2006. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind ferner die Beschlüsse des Amtsgerichts Bialystok vom 26. November 2014 und vom 1. Juli 2013, die Akten des Bundesverwaltungsgerichts (1 C 18.14), die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (11 K 1243/14), die Ausländerakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (1 Band) und der Stadt Stuttgart (2 Bände) sowie die Akten im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart 112 Js 86708/98 vor. Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird hierauf und auf den Inhalt der Akte des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Aufgrund der Ermessensentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die erfolgreiche Sprungrevision des Beklagten hin die Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen, gelten für das nunmehr hier durchzuführende Verfahren die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit dort durch eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung anhängig gemacht worden wäre (§ 144 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO). Dies hat zur Folge, dass weder eine Zulassung der Berufung noch eine - fristgebundene - Berufungsbegründung erforderlich werden und auch im Übrigen die Zulässigkeit der Berufung - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht zu prüfen ist (Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 144 Rn. 110; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 57 f.). Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die auch sonst im dreistufigen Rechtszug nach der Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Grundsätze (Eichberger, a.a.O., Rn. 110 i.V.m. Rn. 111 ff.). Allerdings muss hinsichtlich der Tenorierung der berufungsgerichtlichen Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es aufgrund der Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils durch das Bundesverwaltungsgerichts an einer erstinstanzlichen Entscheidung fehlt, über deren Änderung die Berufungsinstanz zu befinden hätte.
II.
19 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 3. und 8. Februar 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Gegenstand des Berufungsverfahren ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf „Befristung auf Null“, mithin nach § 7 Abs. 2 Satz 8 FreizügG/EU auf Aufhebung des - als gesetzliche Folge der „Altausweisung“ durch Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 - eingetretenen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat. Nicht mehr Streitgegenstand ist der noch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht durch den Kläger hilfsweise gestellte Antrag festzustellen, dass das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 erloschen ist. Dies hat der Kläger mit Blick auf die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 2. März 2016 klargestellt. Soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 die frühere Befristungsentscheidung vom 21. April 2006 aufgehoben hat, ist dies vom Kläger nicht angegriffen worden.
III.
21 
In dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28. April 2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) ist die Berufung des Beklagten begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Befristung des Verbots der Einreise und des Aufenthalts durch die „Altausweisung“ des Klägers auf den 21. Mai 2024 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922) in sinngemäßer Anwendung (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 22). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 28. April 2015 - 1 C 20.14 - und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, jeweils a.a.O.) ist die Entscheidung über die Dauer der Befristung - und zwar auch bei „Altausweisungen“ - eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung. In dem im vorliegenden Fall zugrunde zulegenden Revisionsurteil vom 25. März 2015 (a.a.O., Rn. 29) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29, Rn. 33), wonach die Befristungsentscheidung auch hinsichtlich der Dauer der Frist eine gebundene Entscheidung ist, nach der Neufassung des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU im Dezember 2014 und der durch sie bewirkten Aufwertung der Rechtsstellung des Freizügigkeitsberechtigten angesichts des offenen Wortlauts der Vorschrift auf die Fristbemessung der Einreisesperre nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU übertragen.
23 
Diese Bindungswirkung des revisionsrechtlichen Urteils nach § 144 Abs. 6 VwGO ist nicht durch eine Rechtsänderung obsolet geworden. Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus. Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung des Senats zum Aufenthaltsgesetz (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. Dezember 2015 - 11 S 1857/15 -, juris) die Aufhebung bzw. Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbots, das auf einer Ausweisung beruht, auch in Ansehung des seit 1. August 2015 geltenden § 11 Absatz 3 Satz 1 AufenthG eine gebundene Entscheidung. Im Übrigen geht die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum Freizügigkeitsgesetz/EU - AVV zum FreizügG/EU - vom 3. Februar 2016 (GMBl 2016, Nr. 5 S. 86) in Ziffer 7.2.5 zu § 7 ebenfalls davon aus, das Verbot von Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sei auch hinsichtlich dessen Länge eine gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung. Dies entspricht zudem aktueller Literaturmeinung (Geyer, in: Hofmann, AuslG, 2. Aufl. 2016 § 7 FreizügG/EU Rn. 12).
24 
2. Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden a.a.O., Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot zur Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende „Altausweisungen“ ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.). Ferner gibt es bei einer Verlustfeststellung, die auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung beruht, keine abstrakte Höchstdauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots; vielmehr kann nach den Umständen des Einzelfalls bei fortbestehender Gefährdung, jedenfalls bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage, auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 31 ff.). Soweit der Senat im Urteil vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit nicht mehr fest.
25 
Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
26 
3. Aufgrund des im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vorliegenden Sachverhalts verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom Kläger geht nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben aus, die auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers und seiner Familie der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots entgegensteht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb die Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht in Betracht kommt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urteil 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
27 
a) Der Kläger hat am 9. Oktober 1998 im Zustand der Schuldunfähigkeit einen versuchten Mord an seinem Vater begangen. Das Landgericht Stuttgart hat im rechtskräftigem Urteil vom 13. August 1999 unter Zugrundelegung der sachverständigen Äußerung eines Mediziners der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen im Einzelnen begründet, dass die Gesamtwürdigung des Klägers, seiner Tat, seiner lang andauernden Krankheit und auch seines derzeitigen Zustands für die Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten gleicher Schwere erwarten lasse, wenn er nicht weiterhin untergebracht werde. Bereits die Vorgeschichte des Klägers über viele Jahre hinweg zeige neben der Bereitschaft, sich selbst zu schädigen, seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gewalt. Dies sei auf seine psychotische Erkrankung zurückzuführen, wobei hervorzuheben sei, dass weiteres Opfer immer eine Person sein könne, zu der er in näherem Kontakt stehe und die ihn auf seine Krankheit, so sie nicht ausgeheilt sei, aufmerksam mache. Es bestehe die dringende Gefahr, dass er seine psychotischen Wahnvorstellungen auf andere Personen übertrage und sie als Schuldige für seinen Zustand betrachte. Insbesondere ihn pflegende und betreuende Personen wären gefährdet. Ohne weitere Unterbringung und fortlaufende Kontrolle sei sicher zu erwarten, dass er seine jetzt etwas vorhandene Einsicht in seine für die Allgemeinheit gefährliche Krankheit verliere. Es sei angesichts des andauernden Krankheitsbilds und der Vorgeschichte damit zu rechnen, die Behandlung werde über einen längeren Zeitraum hin andauern. Es bedürfe einer grundlegenden und langjährigen Behandlung um seine Erkrankung auszuheilen, um dann überhaupt prüfen zu können, ob er wieder entlassen werden könne.
28 
Dass das Landgericht und auch die die Ausweisungsentscheidung treffende Behörde zutreffend von einer krankheitsbedingten hohen Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit, aber auch für Personen aus seinem Umfeld, bezüglich der Rechtsgüter Leib und Leben ausgegangen ist, verdeutlichen im Übrigen ergänzend weitere sich aus der Strafakte ergebende Erkenntnisse.
29 
Bereits aus dem jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987 ergibt sich, dass beim Kläger jedenfalls Ende 1986 eine paranoid-halluzinatorische Psychose ausgebrochen ist, die zu Selbstgefährdungen (wie etwa durch das Zufügung schwerer Brandwunden mit einer Zigarette) und Fremdgefährdungen durch aggressive krankheitsbedingte Ausbrüche führte. Während der monatelangen stationären Behandlung bis Mai 1987 wurde immer wieder eine Verschlimmerung des psychischen Zustands festgestellt, wenn versucht wurde, neuroleptische Medikamente zu reduzieren oder abzusetzen. Aus dem Schreiben des Justizvollzugskrankenhauses H... - Abteilung für Psychiatrie und Neurologie - an die Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 27. Oktober 1998 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger bis 1995 achtmal wegen einer bekannten paranoid-halluzinatorischen Psychose mit Selbst- und Fremdgefährdung stationär im Bürgerhospital in S... befand. Im April 1997 wurde er in einem anderen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in S... stationär behandelt. Der damaligen Einlieferung durch die Polizei ging voraus, dass er nach einem Streit seine Angehörigen mit einem langen Dolch bedroht und sein Zimmer verwüstet hatte. Die Ärzte des Justizvollzugskrankenhauses attestierten dem Kläger eine fehlende Krankheitseinsicht und erachteten die Tat als symptomatisch, durch psychotisches Erleben determiniert, und stellten fest, dass eine Gefährdung für die Allgemeinheit, insbesondere für Angehörige, weiterhin bestehe. Dass nahe Angehörige von Aggressionen des Klägers unmittelbar betroffen waren, zeigt ein Polizeiprotokoll vom 29. März 1996, wonach es zwischen Mutter und Sohn „mal wieder zu Auseinandersetzungen“ gekommen sei, da sie ihrem Sohn nichts zu essen habe geben wollen, daraufhin der Sohn dermaßen randaliert habe, dass die Mutter aus Angst die Wohnung verlassen habe. In ihrer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 1998 räumte die Mutter des Klägers ein, wenn ihr Sohn Wutanfälle bekommen habe, habe sie schon Angst vor ihm gehabt; er habe sie aber nicht körperlich angegriffen. Auch in den Akten der unteren Ausländerbehörde sind einige Berichte über Polizeieinsätze enthalten, weil der Kläger - Stichwaffen griffbereit - im häuslichen Bereich so aggressiv auftrat, dass die Polizei einschreiten musste. So heißt es in einer Mitteilung der Polizeidirektion Stuttgart II vom 20. März 1996, der Kläger habe beim polizeilichen Einschreiten am 19. März 1996 unter der auf dem Boden liegenden Matratze in seinem Zimmer ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 30 cm aufbewahrt und habe gerade gegenüber seiner Mutter äußerst unbeherrscht reagiert. Für seine Gefährlichkeit ist auch der Vermerk der Landespolizeidirektion Stuttgart II vom 10. Oktober 1998 ein weiterer Beleg. Danach galt der Kläger als „Waffenfetischist mit dem Schwerpunkt Messer und Schusswaffen“, wobei die Polizei verschiedentlich schon derartige Waffen bei ihm sichergestellt und wegen seiner Drogenabhängigkeit eingezogen hatte.
30 
Soweit das Strafgericht dem Kläger eine „jetzt etwas vorhandene Krankheitseinsicht“ attestiert hatte, wirkte diese nicht nachhaltig. So zeigte das durch den Kläger veranlasste Schreiben der Forensischen Psychiatrie in ... vom 22. Oktober 1999, dass er während seiner Unterbringung nicht in der erforderlichen Weise an seiner Behandlung mitwirkte, weil er mit einer psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden war.
31 
b) Während seines Aufenthalts in Polen nach der im Mai 2000 erfolgten Abschiebung sind Fortschritte in der Behandlung der Krankheit nicht in einer Weise erzielt worden, die Anlass zur Einschätzung geben würden, vom Kläger ginge nunmehr keine oder jedenfalls eine deutlich reduzierte Gefahr aus. In Anbetracht der vorliegenden aktuellen und aussagekräftigen fachärztlichen Äußerungen polnischer Ärzte, an deren Verwertbarkeit weder Bedenken vorgetragen worden noch solche hierfür ersichtlich sind, ist die Einholung einer sachverständigen Äußerung durch den Senat nicht erforderlich gewesen.
32 
Der Kläger hat am 12. April 2005 im Treppenhaus seines Wohnblocks einem Mann eine Körperverletzung zugefügt, indem er auf diesen mit der Bitte um Feuer zuging und während dieser ein Feuerzeug aus der Tasche holte, ihn zwei Mal mit einem Messer in Kopf und Hand stieß. Auch wenn die Tat in ihren Folgen für das Opfer ausweislich des gerichtlich-psychiatrischen Gutachtens der Abteilung für Forensische Psychiatrie des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... vom 18. November 2014 weniger gravierend war als die am 9. Oktober 1998 im Bundesgebiet begangene, ist die Vorgehensweise, nämlich der gezielte, unvermittelte Angriff mit einem Messer auf den Kopf eines Ahnungslosen infolge der paranoiden Psychose bzw. Schizophrenie, gleich. Soweit das Gutachten vom 18. November 2014 von drei Taten mit ähnlichem Charakter spricht, nämlich immer den Angriff von Personen mit einem Messer, konnte nicht näher aufgeklärt werden, ob damit - ausgehend von den Taten im Jahre 1998 und 2005 - eine weitere Tat in Polen gemeint ist oder sogar - weil das Gutachten primär die Lebenssituation des Klägers in seinem Heimatland im Blick hat - zwei weitere Verletzungshandlung außer der Tat vom 12. April 2005 in Polen angesprochen sind. Da sich weder durch den polnischen Auszug aus dem Strafregister noch durch die umfangreichen ärztlichen Äußerungen noch durch Rückfragen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie bei der Schwester und bei der Mutter des Klägers erhellen ließ, ob und ggfs. wann und wie der Kläger in Polen außer der am 12. April 2005 dokumentierten Straftat weitere Verletzungshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen hat, geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass es in Polen keine weitere Tat außer derjenigen vom 12. April 2005 gegeben hat. Infolge dieser Tat wurde der Kläger in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung mit besonderen Sicherheitsbedingungen untergebracht. Den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin zufolge war der Kläger aber auch schon zwischen 2000 und der Unterbringung im April 2005 aufgrund seiner Erkrankung stationär in der Psychiatrie gewesen, insbesondere weil er verordnete Medikamente nicht eingenommen hatte. Erst aufgrund des - später auf ein Rechtsmittel hin aufgehobenen - Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 1. Juli 2013 hielt sich der Klägers erstmals nach acht Jahren in Freiheit auf. Wie sich auch aus den Erklärungen von Mutter und Schwester im Erörterungstermin ergibt, war während der Unterbringung des Klägers kein „Freigang“ möglich; selbst der „Hofgang“ innerhalb der Anstalt durfte der Kläger nur unter Aufsicht absolvieren. Die dem Senat vorliegenden ärztlichen Gutachten und fachlichen Äußerungen stellen durchgängig bis in das Jahr 2014 hinein fest, dass nur geringe Fortschritte in der Behandlung zu verzeichnen und diese unzureichend seien; es fehle nach wie vor an der Einsicht in die Krankheit und die Notwendigkeit Medikamente einzunehmen; er setze sich nicht mit seiner Straftat auseinander und habe nie Stellung zu seiner Krankheit bezogen (Informationskarte der Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013). Im fehle das Verständnis seiner Erkrankung, u.a. sei ihm nicht bekannt, dass eine Krankheitssteigerung und ein Rückfall in seinem Krankheitsverlauf trotz Medikamenteneinnahme auftreten könne, er wisse nicht, welche Symptome für einen Rückfall typisch seien, er merke auch bei sich selbst keine Krankheitssymptome, er könne diese nicht identifizieren (so u.a. die fachlichen Äußerungen vom 7. Februar 2013). Insbesondere sei zu erwarten, dass er im Falle einer Entlassung aus der psychiatrischen Unterbringung nicht die Behandlung fortsetzen werde, was wiederum bedeute, dass es in kurzer Zeit zu einem Rückfall mit akuten psychotischen Symptomen kommen werde, wobei nicht ausgeschlossen werden könnte, dass er sogar seine eigene Mutter gefährde (siehe hierzu die Angaben der gerichtlichen Sachverständigen am 30. November 2012, wiedergegeben im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014). Insbesondere das Gutachten vom Februar 2013 gelangte zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe „immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit und dass es immer noch notwendig sei, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär zu behandeln“. Der erneut gerichtlich veranlassten Unterbringung im November 2013 ging voran, dass der Kläger in Freiheit seine Therapie nicht fortsetzte, insbesondere seine Medikamente nicht einnahm, und aggressiv wurde; die stationäre Aufnahme gestaltete sich sehr schwierig, zumal dem Kläger jede Krankheitseinsicht fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014). Deutliche Verbesserungen zeigten sich im Laufe des Jahres 2014 infolge einer Modifizierung der Medikamente und der Bereitschaft des Klägers an Therapieangeboten teilzunehmen sowie einer Betreuung durch seine Mutter zuzustimmen, was die Fachärzte im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014 zu der Aussage veranlassten, beim Kläger bestehe zum jetzigen Zeitpunkt keine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit. In dem aktuellen psychischen Gesundheitszustand bedürfe er keines Aufenthalts und keiner Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, er könne die Therapie ambulant fortsetzen. Aus Sicht der Fachärzte impliziert die Entlassung aber keine signifikante Reduzierung der vom Kläger krankheitsbedingt ausgehenden Gefahren. Dies verdeutlichen die im Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 enthaltenen ärztlichen Verordnungen: Außer der Notwendigkeit der weiteren Einnahme zahlreicher Medikamente zur Behandlung der paranoiden Schizophrenie werden weitere Maßnahmen wie individuelle Gespräche mit Psychologen, Psychoedukation in der Gruppe, Beschäftigungstherapie, Teilnahme an Treffen der therapeutischen Gruppe und Fortsetzung der Therapie im betreuten Wohnen aufgelistet. Die Aufhebung der Unterbringung mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26. November 2014 erfolgte in einer Zeitspanne, in der der Kläger relativ stabil und einsichtig war. Solche - allerdings stets vorübergehenden - Phasen gab es auch in der Vergangenheit ab dem Jahre 1987 im Bundesgebiet und zwischen 2000 und 2005 in Polen. Dass ungeachtet der Entlassung aus der forensischen Psychiatrie vom Kläger nach wie vor krankheitsbedingt eine hohe Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Menschen ausgeht und gerade keine ausreichende gefahrmindernde Stabilisierung eingetreten ist, zeigt auch sein erneuter stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015. Die Einlieferung des Klägers erfolgte aufgrund seines aggressiven Verhaltens gegenüber dem Umfeld mit einem Rettungswagen, wobei es ihm - wie schon früher jahrelang durchgängig von den Fachärzten festgestellt - an einem Gefühl von der psychischen Krankheit fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015, dort auch zu einem früheren weiteren stationären Aufenthalt im Januar 2015).
33 
Die seit etwa 30 Jahren bestehende psychische Erkrankung des Klägers mit der von ihm bis heute ausgehenden hohen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter steht einer Befristung des Ein- und Aufenthaltsverbots auf Null zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Aufgrund des dargelegten konkreten Krankheits- und Behandlungsverlaufs gibt es ausgehend von der jetzigen Erkenntnislage auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der angefochtenen Behördenentscheidung festgelegte Frist zu lange wäre (zur Notwendigkeit einer solchen prognostischen Aussage durch den Senat vgl. das Revisionsurteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
34 
c) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten keine Relativierung der Gefahrenabwehr. Der Senat verkennt nicht, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr, andere Menschen an Leib und Leben zu schädigen, auf einer Erkrankung beruht, die ihrerseits möglicherweise auf die im Kindesalter durchgemachte Chorea minor zurückzuführen ist (vgl. zu dieser Überlegung das jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987, Bl. 14), und er damit letztlich schicksalshaft in seine heutige Lebenssituation geraten ist. Der Kläger hat etwa 16 Jahre im Bundesgebiet gelebt, hier seinen Hauptschulabschluss mit der Note 2,9 gemacht und mehrere Jahre gearbeitet. Er bezieht im Bundesgebiet eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2013 betrug der Auszahlungsbetrag an ihn zu diesem Zeitpunkt 644,59 Euro. Ferner besteht ein Interesse im Bundesgebiet bei oder jedenfalls in der Nähe seiner Mutter zu wohnen. Dies verdeutlicht auch sein ohne Einverständnis der Ausländerbehörde erfolgter Aufenthalt im Bundesgebiet von etwa Ende Juli bis Oktober 2013. Die Mutter des Klägers hat im Erörterungstermin unter anderem darauf hingewiesen, sie fahre regelmäßig nach Polen, um sich dort um ihn zu kümmern, das könne sie aber nicht auf Dauer leisten. Sie wolle ihn bei sich in Deutschland haben, hier sei die Behandlung psychisch erkrankter Menschen auch besser als in Polen. Ein betreutes Wohnen in Deutschland wäre für ihn das richtige; schon aufgrund der geringen Größe ihrer eigenen Wohnung könne sie ihn auf Dauer nicht bei sich aufnehmen. Zum pflegebedürftigen Vater hat der Kläger mittlerweile gelegentlich telefonischen Kontakt; 2013 hat der Kläger diesen gemeinsam mit seiner Schwester im Pflegeheim besucht. Die Schwester des Klägers telefoniert sporadisch mit dem Kläger und hat ihn zwischen 2000 und 2015 etwa zwei bis drei Mal in Polen besucht. Sie verwaltet sein Konto in Deutschland. Sie kann sich aufgrund ihrer eigenen Berufstätigkeit und der Betreuung des Vaters nicht stärker um ihn kümmern. Der Kläger hat keinen Kontakt zu seiner heute erwachsenen Tochter. Seine im November 1990 geschlossene Ehe mit einer brasilianischen Staatsangehörigen scheiterte. Seine Ehefrau kehrte mit der im April 1992 geborenen gemeinsamen Tochter im April 1994 nach Brasilien zurück. Die Ehe wurde im April 1999 geschieden.
35 
In Anbetracht der nach wie vor vom Kläger ausgehenden hohen Gefahr müssen insbesondere die Belange von Mutter und Kläger hinter dem ordnungsrechtlichen Anliegen der Gefahrenabwehr zurücktreten. Der Kläger hat sich immer wieder auch während seines Lebens im Bundesgebiet in Polen aufgehalten; unter der von ihm angegebenen Adresse lebt er in einer Wohnung, die im Besitz der Familie ist. Er ist mit den polnischen Lebensverhältnissen vertraut, dort aufgewachsen und lebt seit mehr als 15 Jahren erneut dort. Seine Erkrankung kann in Polen behandelt werden, insbesondere ist eine ambulante Betreuung möglich. Dass der Kläger in ... auch eine psychiatrische Tagesklinik entsprechend der ärztlichen Empfehlung jedenfalls in der Zeit vom 5. Februar bis 26. März 2015 besucht hat, ergibt sich aus den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin. Auf die tatsächliche Betreuung gerade durch die Mutter ist der Kläger nicht angewiesen, allerdings hat sie sich hierzu gerichtlich in Polen verpflichtet. Dies ist aber ihre eigene Entscheidung gewesen, die sie in Kenntnis des nach wie vor für ihren Sohn bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots im Bundesgebiet getroffen hat. Sie ist mittlerweile 71 Jahres alt und hat seit Jahren eine Schwerbehinderung mit dem Grad 50. Schon in der Vergangenheit war es allein schon aufgrund der Größenunterschiede (der Kläger ist 1,90 m und nach dem Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 übergewichtig) nicht möglich, dass sie aggressives Verhalten des Klägers unterbinden konnte. Auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme durch den Kläger kann sie letztlich nicht gewährleisten. Was bleibt sind vor allem die emotionale Verbundenheit und das Gefühl der Verantwortung für ihren Sohn. Auch wenn sie selbst deutsche Staatsangehörige ist, kann ihr insoweit zugemutet werden, diesen in Polen aufzusuchen.
36 
Sollte der Kläger - was sich allerdings derzeit noch nicht abzeichnend - seine Erkrankung besser „in Griff bekommen“ und kann die von ihm ausgehende Gefährdung nicht nur vorübergehend signifikant reduziert werden, so kann eine solche positive Entwicklung Anlass für einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sein.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
39 
Beschluss vom 24. März 2016
40 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
18 
Aufgrund der Ermessensentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die erfolgreiche Sprungrevision des Beklagten hin die Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen, gelten für das nunmehr hier durchzuführende Verfahren die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit dort durch eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung anhängig gemacht worden wäre (§ 144 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO). Dies hat zur Folge, dass weder eine Zulassung der Berufung noch eine - fristgebundene - Berufungsbegründung erforderlich werden und auch im Übrigen die Zulässigkeit der Berufung - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - nicht zu prüfen ist (Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 144 Rn. 110; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 144 Rn. 57 f.). Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die auch sonst im dreistufigen Rechtszug nach der Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen Grundsätze (Eichberger, a.a.O., Rn. 110 i.V.m. Rn. 111 ff.). Allerdings muss hinsichtlich der Tenorierung der berufungsgerichtlichen Entscheidung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es aufgrund der Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils durch das Bundesverwaltungsgerichts an einer erstinstanzlichen Entscheidung fehlt, über deren Änderung die Berufungsinstanz zu befinden hätte.
II.
19 
Über die Berufung entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 3. und 8. Februar 2016 ihr Einverständnis hierzu erklärt (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Gegenstand des Berufungsverfahren ist die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf „Befristung auf Null“, mithin nach § 7 Abs. 2 Satz 8 FreizügG/EU auf Aufhebung des - als gesetzliche Folge der „Altausweisung“ durch Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 - eingetretenen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat. Nicht mehr Streitgegenstand ist der noch in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht durch den Kläger hilfsweise gestellte Antrag festzustellen, dass das Verbot der Einreise und des Aufenthalts aufgrund der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Januar 2000 erloschen ist. Dies hat der Kläger mit Blick auf die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 2. März 2016 klargestellt. Soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 die frühere Befristungsentscheidung vom 21. April 2006 aufgehoben hat, ist dies vom Kläger nicht angegriffen worden.
III.
21 
In dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteile 28. April 2015 - 1 C 20.14 -, juris, Rn. 8 und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, ZAR 2015, 190, Rn. 10) ist die Berufung des Beklagten begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Befristung des Verbots der Einreise und des Aufenthalts durch die „Altausweisung“ des Klägers auf den 21. Mai 2024 mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 21. Mai 2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22 
1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl I S.1922) in sinngemäßer Anwendung (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 22). Spätere Änderungen des FreizügG/EU durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) haben den Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU nicht verändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 28. April 2015 - 1 C 20.14 - und vom 25. März 2015 - 1 C 18.14 -, jeweils a.a.O.) ist die Entscheidung über die Dauer der Befristung - und zwar auch bei „Altausweisungen“ - eine gerichtlich voll kontrollierbare, gebundene Entscheidung. In dem im vorliegenden Fall zugrunde zulegenden Revisionsurteil vom 25. März 2015 (a.a.O., Rn. 29) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 1 C 7.11 -, BVerwGE 142, 29, Rn. 33), wonach die Befristungsentscheidung auch hinsichtlich der Dauer der Frist eine gebundene Entscheidung ist, nach der Neufassung des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU im Dezember 2014 und der durch sie bewirkten Aufwertung der Rechtsstellung des Freizügigkeitsberechtigten angesichts des offenen Wortlauts der Vorschrift auf die Fristbemessung der Einreisesperre nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU übertragen.
23 
Diese Bindungswirkung des revisionsrechtlichen Urteils nach § 144 Abs. 6 VwGO ist nicht durch eine Rechtsänderung obsolet geworden. Die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 dahingehend, dass über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird, gibt angesichts dessen, dass der Wortlaut des § 7 Abs. 2 FreizügG/EU unverändert gelassen wurde, keinen Anlass für die Annahme, dies wirke sich auf ein nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU zu beurteilendes Einreise- und Aufenthaltsverbot aus. Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung des Senats zum Aufenthaltsgesetz (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 9. Dezember 2015 - 11 S 1857/15 -, juris) die Aufhebung bzw. Befristung des Einreise-, Aufenthalts- und Titelerteilungsverbots, das auf einer Ausweisung beruht, auch in Ansehung des seit 1. August 2015 geltenden § 11 Absatz 3 Satz 1 AufenthG eine gebundene Entscheidung. Im Übrigen geht die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum Freizügigkeitsgesetz/EU - AVV zum FreizügG/EU - vom 3. Februar 2016 (GMBl 2016, Nr. 5 S. 86) in Ziffer 7.2.5 zu § 7 ebenfalls davon aus, das Verbot von Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet sei auch hinsichtlich dessen Länge eine gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung. Dies entspricht zudem aktueller Literaturmeinung (Geyer, in: Hofmann, AuslG, 2. Aufl. 2016 § 7 FreizügG/EU Rn. 12).
24 
2. Nach § 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU wird das durch die Verlustfeststellung ausgelöste Verbot der Einreise und des Aufenthalts von Amts wegen befristet. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU ist die Frist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 überschreiten. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25. März 2015 aufgeführt hat (zum Folgenden a.a.O., Rn. 23), handelt es sich bei dem Gebot zur Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach der Intention des Gesetzgebers lediglich um eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 18/2581 S. 17 zu Nr. 5 Buchstabe c). Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab hat sich hierdurch gegenüber der früheren Rechtslage nicht geändert. Die neu eingeführte Höchstfrist von fünf Jahren betrifft nur Fälle, in denen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt worden ist, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht und dem Betroffenen deshalb nach § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU untersagt worden ist, erneut in das Bundesgebiet einzureisen und sich darin aufzuhalten. Für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU und ihnen gleichzustellende „Altausweisungen“ ist weiterhin keine Höchstfrist vorgesehen. Der Gesetzgeber geht nach der Gesetzesbegründung zum Zuwanderungsgesetz davon aus, dass bei Unionsbürgern ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise bei fortbestehender Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose nicht ausgeschlossen ist (BT-Drs. 15/420 S. 105 zu § 7). Dies gilt auch für die Neufassung. Ein Wertungswiderspruch liegt in den unterschiedlichen Regelungen zur Höchstfrist nicht, weil die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU materiell eine vom Unionsbürger ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit voraussetzt, was bei § 2 Abs. 7 FreizügG/EU nicht der Fall ist. Die Gründe für die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts wiegen damit im Fall einer Verlustfeststellung schwerer als in den Fällen des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU. Weitergehende Vorgaben für die Bestimmung der Dauer der Frist ergeben sich auch nicht aus dem Unionsrecht (näher BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.). Ferner gibt es bei einer Verlustfeststellung, die auf schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung beruht, keine abstrakte Höchstdauer eines Einreise- und Aufenthaltsverbots; vielmehr kann nach den Umständen des Einzelfalls bei fortbestehender Gefährdung, jedenfalls bei Vorliegen der für die Verlustfeststellung erforderlichen Gefahrenlage, auch eine Frist von mehr als zehn Jahren ab Ausreise in Betracht kommen, während derer der Ausländer nicht in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten darf (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 31 ff.). Soweit der Senat im Urteil vom 30. April 2014 (11 S 244/14 - InfAuslR 2014, 365) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er an dieser aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit nicht mehr fest.
25 
Bei der Bestimmung der Dauer der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbots ist in einem ersten Schritt eine an dem Gewicht des Grundes für die Verlustfeststellung sowie dem mit der Maßnahme verfolgten spezialpräventiven Zweck orientierte äußerste Frist zu bestimmen. Hierzu bedarf es der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Verlustfeststellung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU zu tragen vermag. Im Fall einer langfristig fortbestehenden Rückfall- bzw. Gefährdungsprognose ist ein langfristiger Ausschluss der Wiedereinreise nicht ausgeschlossen. Die sich an der Erreichung des Zwecks der Verlustfeststellung orientierende äußerste Frist muss sich in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. unionsrechtlichen Vorgaben und verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet ein rechtsstaatliches Mittel dafür, fortwirkende einschneidende Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbot für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU genannten schutzwürdigen Belange des Unionsbürgers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, die auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls nach Gewichtung der jeweiligen Belange vorzunehmen ist, kann im Extremfall auch zu einer Befristung auf den Jetzt-Zeitpunkt führen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 28 und unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 - 1 C 21.07 -, BVerwGE 129, 243, Rn. 20).
26 
3. Aufgrund des im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vorliegenden Sachverhalts verletzt die vom Beklagten getroffene Befristungsentscheidung den Kläger nicht in seinen Rechten. Vom Kläger geht nach wie vor eine schwerwiegende Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben aus, die auch unter Berücksichtigung schutzwürdiger Belange des Klägers und seiner Familie der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots entgegensteht. Nach der gegenwärtig allein möglichen Prognose besteht die von ihm ausgehende Gefahr auch auf nicht absehbare Zeit weiter fort, weshalb die Festsetzung einer kürzeren Frist ebenfalls nicht in Betracht kommt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein Antrag auch eine Verkürzung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots mitumfasst (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urteil 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
27 
a) Der Kläger hat am 9. Oktober 1998 im Zustand der Schuldunfähigkeit einen versuchten Mord an seinem Vater begangen. Das Landgericht Stuttgart hat im rechtskräftigem Urteil vom 13. August 1999 unter Zugrundelegung der sachverständigen Äußerung eines Mediziners der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen im Einzelnen begründet, dass die Gesamtwürdigung des Klägers, seiner Tat, seiner lang andauernden Krankheit und auch seines derzeitigen Zustands für die Zukunft weitere erhebliche rechtswidrige Taten gleicher Schwere erwarten lasse, wenn er nicht weiterhin untergebracht werde. Bereits die Vorgeschichte des Klägers über viele Jahre hinweg zeige neben der Bereitschaft, sich selbst zu schädigen, seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gewalt. Dies sei auf seine psychotische Erkrankung zurückzuführen, wobei hervorzuheben sei, dass weiteres Opfer immer eine Person sein könne, zu der er in näherem Kontakt stehe und die ihn auf seine Krankheit, so sie nicht ausgeheilt sei, aufmerksam mache. Es bestehe die dringende Gefahr, dass er seine psychotischen Wahnvorstellungen auf andere Personen übertrage und sie als Schuldige für seinen Zustand betrachte. Insbesondere ihn pflegende und betreuende Personen wären gefährdet. Ohne weitere Unterbringung und fortlaufende Kontrolle sei sicher zu erwarten, dass er seine jetzt etwas vorhandene Einsicht in seine für die Allgemeinheit gefährliche Krankheit verliere. Es sei angesichts des andauernden Krankheitsbilds und der Vorgeschichte damit zu rechnen, die Behandlung werde über einen längeren Zeitraum hin andauern. Es bedürfe einer grundlegenden und langjährigen Behandlung um seine Erkrankung auszuheilen, um dann überhaupt prüfen zu können, ob er wieder entlassen werden könne.
28 
Dass das Landgericht und auch die die Ausweisungsentscheidung treffende Behörde zutreffend von einer krankheitsbedingten hohen Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit, aber auch für Personen aus seinem Umfeld, bezüglich der Rechtsgüter Leib und Leben ausgegangen ist, verdeutlichen im Übrigen ergänzend weitere sich aus der Strafakte ergebende Erkenntnisse.
29 
Bereits aus dem jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987 ergibt sich, dass beim Kläger jedenfalls Ende 1986 eine paranoid-halluzinatorische Psychose ausgebrochen ist, die zu Selbstgefährdungen (wie etwa durch das Zufügung schwerer Brandwunden mit einer Zigarette) und Fremdgefährdungen durch aggressive krankheitsbedingte Ausbrüche führte. Während der monatelangen stationären Behandlung bis Mai 1987 wurde immer wieder eine Verschlimmerung des psychischen Zustands festgestellt, wenn versucht wurde, neuroleptische Medikamente zu reduzieren oder abzusetzen. Aus dem Schreiben des Justizvollzugskrankenhauses H... - Abteilung für Psychiatrie und Neurologie - an die Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 27. Oktober 1998 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger bis 1995 achtmal wegen einer bekannten paranoid-halluzinatorischen Psychose mit Selbst- und Fremdgefährdung stationär im Bürgerhospital in S... befand. Im April 1997 wurde er in einem anderen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in S... stationär behandelt. Der damaligen Einlieferung durch die Polizei ging voraus, dass er nach einem Streit seine Angehörigen mit einem langen Dolch bedroht und sein Zimmer verwüstet hatte. Die Ärzte des Justizvollzugskrankenhauses attestierten dem Kläger eine fehlende Krankheitseinsicht und erachteten die Tat als symptomatisch, durch psychotisches Erleben determiniert, und stellten fest, dass eine Gefährdung für die Allgemeinheit, insbesondere für Angehörige, weiterhin bestehe. Dass nahe Angehörige von Aggressionen des Klägers unmittelbar betroffen waren, zeigt ein Polizeiprotokoll vom 29. März 1996, wonach es zwischen Mutter und Sohn „mal wieder zu Auseinandersetzungen“ gekommen sei, da sie ihrem Sohn nichts zu essen habe geben wollen, daraufhin der Sohn dermaßen randaliert habe, dass die Mutter aus Angst die Wohnung verlassen habe. In ihrer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 1998 räumte die Mutter des Klägers ein, wenn ihr Sohn Wutanfälle bekommen habe, habe sie schon Angst vor ihm gehabt; er habe sie aber nicht körperlich angegriffen. Auch in den Akten der unteren Ausländerbehörde sind einige Berichte über Polizeieinsätze enthalten, weil der Kläger - Stichwaffen griffbereit - im häuslichen Bereich so aggressiv auftrat, dass die Polizei einschreiten musste. So heißt es in einer Mitteilung der Polizeidirektion Stuttgart II vom 20. März 1996, der Kläger habe beim polizeilichen Einschreiten am 19. März 1996 unter der auf dem Boden liegenden Matratze in seinem Zimmer ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von ca. 30 cm aufbewahrt und habe gerade gegenüber seiner Mutter äußerst unbeherrscht reagiert. Für seine Gefährlichkeit ist auch der Vermerk der Landespolizeidirektion Stuttgart II vom 10. Oktober 1998 ein weiterer Beleg. Danach galt der Kläger als „Waffenfetischist mit dem Schwerpunkt Messer und Schusswaffen“, wobei die Polizei verschiedentlich schon derartige Waffen bei ihm sichergestellt und wegen seiner Drogenabhängigkeit eingezogen hatte.
30 
Soweit das Strafgericht dem Kläger eine „jetzt etwas vorhandene Krankheitseinsicht“ attestiert hatte, wirkte diese nicht nachhaltig. So zeigte das durch den Kläger veranlasste Schreiben der Forensischen Psychiatrie in ... vom 22. Oktober 1999, dass er während seiner Unterbringung nicht in der erforderlichen Weise an seiner Behandlung mitwirkte, weil er mit einer psychiatrischen Behandlung hier nicht einverstanden war.
31 
b) Während seines Aufenthalts in Polen nach der im Mai 2000 erfolgten Abschiebung sind Fortschritte in der Behandlung der Krankheit nicht in einer Weise erzielt worden, die Anlass zur Einschätzung geben würden, vom Kläger ginge nunmehr keine oder jedenfalls eine deutlich reduzierte Gefahr aus. In Anbetracht der vorliegenden aktuellen und aussagekräftigen fachärztlichen Äußerungen polnischer Ärzte, an deren Verwertbarkeit weder Bedenken vorgetragen worden noch solche hierfür ersichtlich sind, ist die Einholung einer sachverständigen Äußerung durch den Senat nicht erforderlich gewesen.
32 
Der Kläger hat am 12. April 2005 im Treppenhaus seines Wohnblocks einem Mann eine Körperverletzung zugefügt, indem er auf diesen mit der Bitte um Feuer zuging und während dieser ein Feuerzeug aus der Tasche holte, ihn zwei Mal mit einem Messer in Kopf und Hand stieß. Auch wenn die Tat in ihren Folgen für das Opfer ausweislich des gerichtlich-psychiatrischen Gutachtens der Abteilung für Forensische Psychiatrie des Psychiatrischen Gesundheitszentrums ... vom 18. November 2014 weniger gravierend war als die am 9. Oktober 1998 im Bundesgebiet begangene, ist die Vorgehensweise, nämlich der gezielte, unvermittelte Angriff mit einem Messer auf den Kopf eines Ahnungslosen infolge der paranoiden Psychose bzw. Schizophrenie, gleich. Soweit das Gutachten vom 18. November 2014 von drei Taten mit ähnlichem Charakter spricht, nämlich immer den Angriff von Personen mit einem Messer, konnte nicht näher aufgeklärt werden, ob damit - ausgehend von den Taten im Jahre 1998 und 2005 - eine weitere Tat in Polen gemeint ist oder sogar - weil das Gutachten primär die Lebenssituation des Klägers in seinem Heimatland im Blick hat - zwei weitere Verletzungshandlung außer der Tat vom 12. April 2005 in Polen angesprochen sind. Da sich weder durch den polnischen Auszug aus dem Strafregister noch durch die umfangreichen ärztlichen Äußerungen noch durch Rückfragen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie bei der Schwester und bei der Mutter des Klägers erhellen ließ, ob und ggfs. wann und wie der Kläger in Polen außer der am 12. April 2005 dokumentierten Straftat weitere Verletzungshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen hat, geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass es in Polen keine weitere Tat außer derjenigen vom 12. April 2005 gegeben hat. Infolge dieser Tat wurde der Kläger in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung mit besonderen Sicherheitsbedingungen untergebracht. Den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin zufolge war der Kläger aber auch schon zwischen 2000 und der Unterbringung im April 2005 aufgrund seiner Erkrankung stationär in der Psychiatrie gewesen, insbesondere weil er verordnete Medikamente nicht eingenommen hatte. Erst aufgrund des - später auf ein Rechtsmittel hin aufgehobenen - Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 1. Juli 2013 hielt sich der Klägers erstmals nach acht Jahren in Freiheit auf. Wie sich auch aus den Erklärungen von Mutter und Schwester im Erörterungstermin ergibt, war während der Unterbringung des Klägers kein „Freigang“ möglich; selbst der „Hofgang“ innerhalb der Anstalt durfte der Kläger nur unter Aufsicht absolvieren. Die dem Senat vorliegenden ärztlichen Gutachten und fachlichen Äußerungen stellen durchgängig bis in das Jahr 2014 hinein fest, dass nur geringe Fortschritte in der Behandlung zu verzeichnen und diese unzureichend seien; es fehle nach wie vor an der Einsicht in die Krankheit und die Notwendigkeit Medikamente einzunehmen; er setze sich nicht mit seiner Straftat auseinander und habe nie Stellung zu seiner Krankheit bezogen (Informationskarte der Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. Dezember 2008 bis 5. Juli 2013). Im fehle das Verständnis seiner Erkrankung, u.a. sei ihm nicht bekannt, dass eine Krankheitssteigerung und ein Rückfall in seinem Krankheitsverlauf trotz Medikamenteneinnahme auftreten könne, er wisse nicht, welche Symptome für einen Rückfall typisch seien, er merke auch bei sich selbst keine Krankheitssymptome, er könne diese nicht identifizieren (so u.a. die fachlichen Äußerungen vom 7. Februar 2013). Insbesondere sei zu erwarten, dass er im Falle einer Entlassung aus der psychiatrischen Unterbringung nicht die Behandlung fortsetzen werde, was wiederum bedeute, dass es in kurzer Zeit zu einem Rückfall mit akuten psychotischen Symptomen kommen werde, wobei nicht ausgeschlossen werden könnte, dass er sogar seine eigene Mutter gefährde (siehe hierzu die Angaben der gerichtlichen Sachverständigen am 30. November 2012, wiedergegeben im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014). Insbesondere das Gutachten vom Februar 2013 gelangte zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe „immer noch eine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit und dass es immer noch notwendig sei, ihn in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär zu behandeln“. Der erneut gerichtlich veranlassten Unterbringung im November 2013 ging voran, dass der Kläger in Freiheit seine Therapie nicht fortsetzte, insbesondere seine Medikamente nicht einnahm, und aggressiv wurde; die stationäre Aufnahme gestaltete sich sehr schwierig, zumal dem Kläger jede Krankheitseinsicht fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014). Deutliche Verbesserungen zeigten sich im Laufe des Jahres 2014 infolge einer Modifizierung der Medikamente und der Bereitschaft des Klägers an Therapieangeboten teilzunehmen sowie einer Betreuung durch seine Mutter zuzustimmen, was die Fachärzte im gerichtlich-psychiatrischen Gutachten vom 18. November 2014 zu der Aussage veranlassten, beim Kläger bestehe zum jetzigen Zeitpunkt keine hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Tat von bedeutender sozialer Schädlichkeit. In dem aktuellen psychischen Gesundheitszustand bedürfe er keines Aufenthalts und keiner Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung, er könne die Therapie ambulant fortsetzen. Aus Sicht der Fachärzte impliziert die Entlassung aber keine signifikante Reduzierung der vom Kläger krankheitsbedingt ausgehenden Gefahren. Dies verdeutlichen die im Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 enthaltenen ärztlichen Verordnungen: Außer der Notwendigkeit der weiteren Einnahme zahlreicher Medikamente zur Behandlung der paranoiden Schizophrenie werden weitere Maßnahmen wie individuelle Gespräche mit Psychologen, Psychoedukation in der Gruppe, Beschäftigungstherapie, Teilnahme an Treffen der therapeutischen Gruppe und Fortsetzung der Therapie im betreuten Wohnen aufgelistet. Die Aufhebung der Unterbringung mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 26. November 2014 erfolgte in einer Zeitspanne, in der der Kläger relativ stabil und einsichtig war. Solche - allerdings stets vorübergehenden - Phasen gab es auch in der Vergangenheit ab dem Jahre 1987 im Bundesgebiet und zwischen 2000 und 2005 in Polen. Dass ungeachtet der Entlassung aus der forensischen Psychiatrie vom Kläger nach wie vor krankheitsbedingt eine hohe Gefahr für Leben und Gesundheit anderer Menschen ausgeht und gerade keine ausreichende gefahrmindernde Stabilisierung eingetreten ist, zeigt auch sein erneuter stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015. Die Einlieferung des Klägers erfolgte aufgrund seines aggressiven Verhaltens gegenüber dem Umfeld mit einem Rettungswagen, wobei es ihm - wie schon früher jahrelang durchgängig von den Fachärzten festgestellt - an einem Gefühl von der psychischen Krankheit fehlte (Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung für die Zeit vom 16. November 2015 bis zum 21. Dezember 2015, dort auch zu einem früheren weiteren stationären Aufenthalt im Januar 2015).
33 
Die seit etwa 30 Jahren bestehende psychische Erkrankung des Klägers mit der von ihm bis heute ausgehenden hohen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter steht einer Befristung des Ein- und Aufenthaltsverbots auf Null zum jetzigen Zeitpunkt entgegen. Aufgrund des dargelegten konkreten Krankheits- und Behandlungsverlaufs gibt es ausgehend von der jetzigen Erkenntnislage auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der angefochtenen Behördenentscheidung festgelegte Frist zu lange wäre (zur Notwendigkeit einer solchen prognostischen Aussage durch den Senat vgl. das Revisionsurteil vom 25. März 2015, a.a.O., Rn. 36).
34 
c) Gründe der Verhältnismäßigkeit, insbesondere die schutzwürdigen Interessen und Belange des Klägers selbst und seiner nahen Familienangehörigen, gebieten keine Relativierung der Gefahrenabwehr. Der Senat verkennt nicht, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr, andere Menschen an Leib und Leben zu schädigen, auf einer Erkrankung beruht, die ihrerseits möglicherweise auf die im Kindesalter durchgemachte Chorea minor zurückzuführen ist (vgl. zu dieser Überlegung das jugendpsychiatrisch-forensischen Sachverständigengutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters Prof. Dr. ... - Universität Tübingen - vom 10. August 1987, Bl. 14), und er damit letztlich schicksalshaft in seine heutige Lebenssituation geraten ist. Der Kläger hat etwa 16 Jahre im Bundesgebiet gelebt, hier seinen Hauptschulabschluss mit der Note 2,9 gemacht und mehrere Jahre gearbeitet. Er bezieht im Bundesgebiet eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 14. August 2013 betrug der Auszahlungsbetrag an ihn zu diesem Zeitpunkt 644,59 Euro. Ferner besteht ein Interesse im Bundesgebiet bei oder jedenfalls in der Nähe seiner Mutter zu wohnen. Dies verdeutlicht auch sein ohne Einverständnis der Ausländerbehörde erfolgter Aufenthalt im Bundesgebiet von etwa Ende Juli bis Oktober 2013. Die Mutter des Klägers hat im Erörterungstermin unter anderem darauf hingewiesen, sie fahre regelmäßig nach Polen, um sich dort um ihn zu kümmern, das könne sie aber nicht auf Dauer leisten. Sie wolle ihn bei sich in Deutschland haben, hier sei die Behandlung psychisch erkrankter Menschen auch besser als in Polen. Ein betreutes Wohnen in Deutschland wäre für ihn das richtige; schon aufgrund der geringen Größe ihrer eigenen Wohnung könne sie ihn auf Dauer nicht bei sich aufnehmen. Zum pflegebedürftigen Vater hat der Kläger mittlerweile gelegentlich telefonischen Kontakt; 2013 hat der Kläger diesen gemeinsam mit seiner Schwester im Pflegeheim besucht. Die Schwester des Klägers telefoniert sporadisch mit dem Kläger und hat ihn zwischen 2000 und 2015 etwa zwei bis drei Mal in Polen besucht. Sie verwaltet sein Konto in Deutschland. Sie kann sich aufgrund ihrer eigenen Berufstätigkeit und der Betreuung des Vaters nicht stärker um ihn kümmern. Der Kläger hat keinen Kontakt zu seiner heute erwachsenen Tochter. Seine im November 1990 geschlossene Ehe mit einer brasilianischen Staatsangehörigen scheiterte. Seine Ehefrau kehrte mit der im April 1992 geborenen gemeinsamen Tochter im April 1994 nach Brasilien zurück. Die Ehe wurde im April 1999 geschieden.
35 
In Anbetracht der nach wie vor vom Kläger ausgehenden hohen Gefahr müssen insbesondere die Belange von Mutter und Kläger hinter dem ordnungsrechtlichen Anliegen der Gefahrenabwehr zurücktreten. Der Kläger hat sich immer wieder auch während seines Lebens im Bundesgebiet in Polen aufgehalten; unter der von ihm angegebenen Adresse lebt er in einer Wohnung, die im Besitz der Familie ist. Er ist mit den polnischen Lebensverhältnissen vertraut, dort aufgewachsen und lebt seit mehr als 15 Jahren erneut dort. Seine Erkrankung kann in Polen behandelt werden, insbesondere ist eine ambulante Betreuung möglich. Dass der Kläger in ... auch eine psychiatrische Tagesklinik entsprechend der ärztlichen Empfehlung jedenfalls in der Zeit vom 5. Februar bis 26. März 2015 besucht hat, ergibt sich aus den Angaben seiner Mutter im Erörterungstermin. Auf die tatsächliche Betreuung gerade durch die Mutter ist der Kläger nicht angewiesen, allerdings hat sie sich hierzu gerichtlich in Polen verpflichtet. Dies ist aber ihre eigene Entscheidung gewesen, die sie in Kenntnis des nach wie vor für ihren Sohn bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots im Bundesgebiet getroffen hat. Sie ist mittlerweile 71 Jahres alt und hat seit Jahren eine Schwerbehinderung mit dem Grad 50. Schon in der Vergangenheit war es allein schon aufgrund der Größenunterschiede (der Kläger ist 1,90 m und nach dem Informationsblatt über die Krankenhausbehandlung vom 27. November 2013 bis 27. November 2014 übergewichtig) nicht möglich, dass sie aggressives Verhalten des Klägers unterbinden konnte. Auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme durch den Kläger kann sie letztlich nicht gewährleisten. Was bleibt sind vor allem die emotionale Verbundenheit und das Gefühl der Verantwortung für ihren Sohn. Auch wenn sie selbst deutsche Staatsangehörige ist, kann ihr insoweit zugemutet werden, diesen in Polen aufzusuchen.
36 
Sollte der Kläger - was sich allerdings derzeit noch nicht abzeichnend - seine Erkrankung besser „in Griff bekommen“ und kann die von ihm ausgehende Gefährdung nicht nur vorübergehend signifikant reduziert werden, so kann eine solche positive Entwicklung Anlass für einen neuen Antrag auf Verkürzung oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sein.
IV.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
39 
Beschluss vom 24. März 2016
40 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.