Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15

bei uns veröffentlicht am06.07.2015

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2015 - 13 K 246/15 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Bescheid vom 23.12.2014 erteilte das Landratsamt Schwäbisch Hall der Beigeladenen auf ihren Antrag vom 15.04.2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 7 Windenergieanlagen (WEA) des Typs Vestas V 126 mit einer Nennleistung von 3.300 KW, einer Nabenhöhe von 137 m, einem Rotordurchmesser von 126 m (Gesamthöhe 200 m) im nördlichen Teil der Limpurger Berge, und zwar sollen 4 WEA auf dem Grundstück Flst.-Nr. 770/1 der Gemeinde Michelbach (Bezeichnung der WEA: Michelbach 2-5), 2 WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Gaildorf auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 1560 und 732 (Gaildorf 1) bzw. Flst.-Nrn. 1566 und 1569 (Gaildorf 2) und eine WEA auf der Gemarkung der Gemeinde Obersontheim auf dem Grundstück Flst.-Nr. 732 (Obersontheim 2) errichtet und betrieben werden. Das Landratsamt Schwäbisch Hall ordnete außerdem auf den Antrag der Beigeladenen vom 11.11.2014 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im überwiegenden Interesse der Beigeladenen und im öffentlichen Interesse den Sofortvollzug an.
Den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit dem der Antragstellerin am 25.02.2015 zugestellten Beschluss vom 20.02.2015 - 13 K 246/15 - abgelehnt.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Die Antragstellerin hat sie am 05.03.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und damit gemäß § 147 Abs. 1 VwGO fristgerecht und beim richtigen Adressaten eingelegt. Mit dem am 18.03.2015 beim beschließenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat sie sie Beschwerde auch fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und unter Beachtung der weiteren Anforderungen aus § 146 Abs. 4 Satz 2 und 3 VwGO begründet.
2. In der Sache bleibt der Beschwerde jedoch der Erfolg versagt. Es besteht kein Anlass, den streitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu ändern und die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 23.12.2014 fristgerecht eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
2.1. Allerdings hat die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten, zu rügen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei, durchgreifend in Frage gestellt.
Für das streitige Vorhaben - eine Windfarm mit 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m - ist gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Vorprüfung) vorgesehen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall kam dabei zu dem Ergebnis, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. den internen Vermerk vom 19.12.2014 und die Ausführungen auf den Seiten 25 - 27 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014). Den Sachvortrag der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe dabei die Voraussetzungen für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verkannt und eine solche sei zu Unrecht unterblieben, hat das Verwaltungsgericht mit dem Argument zurückgewiesen, Gegenstand seiner rechtlichen Prüfung sei das genehmigte Vorhaben als solches, nicht die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Genehmigungsverfahrens. Gemäß § 46 LVwVfG könne sich die Antragstellerin auf Verfahrens- und Formfehler nur berufen, wenn diese im Ergebnis zu einer rechtswidrigen Entscheidung und zu einer Verletzung ihrer Rechte geführt hätten. Das sei indessen nicht der Fall.
Zu Recht beruft sich die Antragstellerin demgegenüber in der Beschwerdebegründung auf § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG. Danach kann die Aufhebung u.a. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (vgl. dazu § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG), für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (vgl. dazu bereits oben) verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt auch, wenn eine durchgeführte UVP-Vorprüfung über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG). Diese Regelung gilt nicht nur für gemäß § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch für Beteiligte nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit auch für die Antragstellerin (§ 4 Abs. 3 UmwRG).
Die Antragstellerin hat dazu ausgeführt, § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere zwar nicht die Klagebefugnis im Sinne einer UVP-Interessentenklage. Sei ein Antragsteller allerdings aus anderen Gründen klage - bzw. antragsbefugt - wovon vorliegend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist -, könne er sich nach §§ 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG darauf berufen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft unterblieben. Es komme nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts diene und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könne. Schon dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben sei, führe unabhängig von den sonstigen Einschränkungen des § 113 Abs. 1 VwGO (Verletzung in einem subjektiven Recht) zur Begründetheit der Klage. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG erweitere damit den Umfang der gerichtlichen Begründetheitsprüfung vergleichbar der Situation bei einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO. Dem ist zuzustimmen. Die Argumentation der Antragstellerin entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353, juris Rn. 41).
2.2. Da die Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Die damit durchzuführende „Vollprüfung“ führt zu dem Ergebnis, dass sich der verwaltungsgerichtliche Beschluss im Ergebnis als richtig erweist.
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2.2.1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere nach § 42 Abs. 2 VwGO in entspr. Anwendung antragsbefugt. Sie macht zu Recht geltend, sie könne durch die streitige immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 in eigenen Rechten verletzt werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. .../32, Am W. …, 74544 Michelbach, wo sie auch wohnt. Dieses liegt zwar ca. 1.500 m von der nächstgelegenen WEA entfernt. Angesichts der Größe und der Zahl der genehmigten WEA ist es jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie dort schädlichen Umwelteinwirkungen durch deren Betrieb im Sinne des drittschützenden § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird (vgl. von Albedyll in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 89 und 101 zu § 42 VwGO).
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Soweit die Antragstellerin geltend macht, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 sei mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden und damit trotz der Anordnung des Sofortvollzuges nicht vollziehbar, erscheint allerdings zweifelhaft, ob der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.12.1990 - 10 S 2466/90 - NVwZ 1991, 1195; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn. 8 zu § 80 m.w.N.). Das kann indes offen bleiben. Denn der Antrag wäre jedenfalls auch insoweit nicht begründet (siehe nachfolgend 2.2.2.1)
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2.2.2 Der Antrag ist nicht begründet.
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2.2.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin wirksam bekannt gegeben worden.
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Die Antragstellerin meint, die bereits am Tag ihres Erlasses erfolgte Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene verstoße gegen die guten Sitten und sei daher nicht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wirksam geworden. Denn die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 8 BImSchG zum Zwecke der Zustellung an die Einwender und damit an die Antragstellerin sei erst am 15.01.2015 erfolgt. Die unterschiedlichen Bekanntmachungszeitpunkte hätten allein dem Ziel gedient, der Beigeladenen einen unberechtigten Zeitvorsprung bei der Realisierung ihres Vorhabens zu verschaffen. Dass das Landratsamt Schwäbisch Hall die Beigeladene habe bevorteilen wollen, sei auch daran zu ersehen, dass die öffentliche Auslegung der Genehmigungsunterlagen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG in der Zeit vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014 erfolgt sei und damit ebenso wie die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG) in der Schulferienzeit gelegen habe. Die Öffentlichkeit habe so daran gehindert werden sollen, Einwendungen geltend zu machen, um eine möglichst weitgehende Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG herbeizuführen.
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Dem ist indessen nicht zu folgen. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat die Beigeladene durch die Wahl der Bekanntmachungszeitpunkte nicht bevorteilen wollen. Es hat bereits mit der Pressemitteilung vom 23.12.2014 die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene öffentlich gemacht. Dass die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 8 BImSchG erst am 15.01.2015 erfolgt ist, dürfte auf die zahlreichen Feiertage in der Zeit des Jahreswechsels zurückzuführen sein. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene hier einen relevanten Zeitvorsprung erreicht hätte. Wie sich aus Nr. I. 7 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergibt, erfolgte diese ohne Baufreigabe. Ungeachtet dessen konnte die Antragstellerin mit den Bauarbeiten frühestens beginnen, nachdem sie von der gemäß § 9 LWaldG zusätzlich erforderlichen Waldumwandlungsgenehmigung Gebrauch gemacht hat. Diese wurde ihr vom Regierungspräsidium Tübingen erst am 07.01.2015 erteilt. Auf die Frage, ob die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts überhaupt wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann, kommt es deshalb nicht an.
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2.2.2.2 Die Anordnung des Sofortvollzuges in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wurde entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß schriftlich begründet.
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Das Begründungserfordernis dient dazu, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Dem Betroffenen sollen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Außerdem soll die Begründung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Sofortvollzugsanordnung bilden. Aus ihr muss hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen oder im Interesse eines Beteiligten liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz einstweilen zurückzustellen. Ob und inwieweit die von der Behörde dargelegten Gründe inhaltlich zutreffen, ist dagegen für die Einhaltung des nur formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung. Auch einer Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Interessen der Antragstellerin bedarf es im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht. Diese Abwägung ist der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorbehalten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBl. 2012, 1506 m.w.N.).
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Nach diesem rechtlichen Maßstab ist die schriftliche Begründung der Sofortvollzugsanordnung nicht zu beanstanden. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges ist einzelfallbezogen, auch wenn sie - wie die Antragstellerin darlegt - fast wortgleich mit der für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Das Landratsamt Schwäbisch Hall hat in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 dazu ausgeführt, angesichts der zahlreichen Einwendungen sei mit Widersprüchen zu rechnen, die voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, weil eine verzögerte Inbetriebnahme der Windfarm wegen der Degressionsklausel für die Stromvergütung über die gesamte Betriebszeit hinweg im Falle einer verzögerten Inbetriebnahme im Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erheblichen Ertragsausfällen bei der Beigeladenen führen könne. Die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes, den Anteil der erneuerbaren Energien auszubauen und die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren, könnten nur erreicht werden, wenn der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien dienende Anlagen auch rasch in Betrieb genommen werden könnten.
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Es mag zutreffen, dass diese Begründung weitgehend wortidentisch mit der für die Anordnung des Sofortvollzuges für die Genehmigung des Naturstromspeichers Gaildorf ist. Der Einzelfallbezogenheit steht dies nicht entgegen. Denn wenn spezielle Fallgruppen (hier: Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) eine typischerweise übereinstimmende Interessenlage aufweisen, können auch typisierende Argumentationsmuster Verwendung finden (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, Kommentar, 6. Aufl., 2014, Rn 50 zu § 80).
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2.2.2.3 Für die Anordnung des Sofortvollzuges besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO.
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Der im Rahmen der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebotenen - an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des streitigen Verwaltungsakts orientierten - Abwägung der widerstreitenden Interessen (dazu noch näher unten) geht die Prüfung voraus, ob überhaupt ein besonderes Interesse am Sofortvollzug gegeben ist. Dieses Dringlichkeitsinteresse kann sich allerdings - entgegen der Begründung des Landratsamt Schwäbisch Hall - nicht schon allein daraus ergeben, dass mit der Einlegung voraussichtlich erfolgloser Rechtsbehelfe zu rechnen sein wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
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Zweifelhaft ist, ob das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst frühzeitigen Inbetriebnahme der Windfarm ein besonderes Vollzugsinteresse begründen kann. Denn der Verlust von Gewinn-/Verdienst-chancen dürfte zum unternehmerischen Risiko der Beigeladenen gehören. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage muss Verzögerungen aufgrund von Einwenden Dritter grundsätzlich einkalkulieren. Rein finanzielle Interessen der Beigeladenen können deshalb wohl nicht dazu führen, dass der Antragstellerin der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützte Suspensiveffekt des Rechtsmittels verloren geht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.01.2012 - 2 L 124/09 - BImSchG-Rspr. § 6 Nr. 59).
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Indessen ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges aus dem Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasimmissionen zu reduzieren. Im streitigen Bescheid heißt es dazu unter Bezugnahme auf § 1 EEG 2014, Zweck des Gesetzes sei es im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Bereits bis zum Jahre 2025 solle daher der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch mindestens 40 bis 45% betragen. Nach § 4 Abs. 1 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg solle die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um mindestens 25% verringert werden. Nach § 5 des Klimaschutzgesetzes für Baden-Württemberg komme dabei neben anderen Möglichkeiten auch dem Ausbau erneuerbarer Energien eine erhebliche Bedeutung zu. Diese Ziele setzten einen zeitgerechten Ausbau u.a. der Windenergienutzung voraus.
24 
Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich daraus ein besonderes öffentliches Interesse ergibt (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 26.09.2013 - 9 B 1674/13 - BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 131 sowie generell zur Anordnung des Sofortvollzugs bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung auf der Grundlage von Umweltgesetzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Rn. 24 zu § 80a, Stand: August 2012). Der Antragstellerin ist dabei einzuräumen, dass der Gesetzgeber trotz der typischen Fallkonstellation keine § 212a BauGB entsprechende gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges getroffen hat. Daraus kann jedoch nicht umgekehrt gefolgert werden, die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzuges sei in solchen Fällen - mangels einer § 212a BauGB vergleichbaren Entscheidung des Gesetzgebers - stets unzulässig, denn sonst liefe die Regelung in §§ 80a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO leer. Die Verwaltung hat lediglich einzelfallbezogen in jedem konkreten Fall auf einen entsprechenden Antrag hin eine Entscheidung über die Anordnung des Sofortvollzuges zu treffen.
25 
Auch das weitere Argument der Antragstellerin, aus dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg könne sich kein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzuges ergeben, weil die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, keinen gesetzlichen Sofortvollzug vorzusehen, nach Art. 31 GG Vorrang habe, greift nicht durch. Zwar ist das Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg nicht Rechtsgrundlage der streitigen Genehmigung. Gesetzliche Wertungen zur Eilbedürftigkeit der Umsetzung eines Vorhabens können sich aber nicht nur aus der Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben, sondern auch aus sonstigen einschlägigen Normen, in concreto dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bzw. dem Klimaschutzgesetz für Baden-Württemberg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2013 - OVG 11 S 13.13 - juris). Art. 31 GG ist nicht einschlägig, weil bundes- und landesrechtliche Regelungen nicht im Widerspruch zu einander stehen. Das Klimaschutzgesetz enthält keine Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für sofort vollziehbar erklärt werden können.
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Die Antragstellerin argumentiert weiter, das Ziel der Anordnung des Sofortvollzuges könne in der Sache überhaupt nicht erreicht werden. Denn die Förderung der Windkraft führe entgegen den Zielsetzungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes nicht zu einer Reduktion, sondern zu einer Erhöhung des CO²-Ausstoßes. Durch die Windkraftanlagen würden die besonders klimafreundlichen Gaskraftwerke, die relativ teuren Strom produzierten, vom Markt verdrängt, während die billigen aber besonders umweltschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz blieben. Ungeachtet dessen würden die Ziele des Ausbaus der Windkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2400 - 2600 MW Zubau von Strom aus Windkraft pro Jahr, bereits jetzt deutlich überschritten. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
27 
Verfolgt der Gesetzgeber mit einer Regelung ein grundsätzlich legitimes Ziel, so kommt ihm bei der Einschätzung der Wirksamkeit dieser Maßnahme eine Prärogative zu (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.03.2015 - 9 S 2309/13 - juris, Rn. 64 und BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 ff.). Sogar wenn sich diese Einschätzung im Nachhinein als fehlerhaft erweist, wird das betroffene Gesetz dadurch nicht rückwirkend verfassungswidrig und eine darauf gestützte Maßnahme nicht rechtswidrig. Dass dem Gesetzgeber mit der Förderung der erneuerbaren Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase und dem Klimaschutz eine offensichtliche oder sogar willkürliche Fehleinschätzung unterlaufen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.
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2.2.2.4 Auch sonst besteht kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederherzustellen.
29 
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung des Vollzugsinteresses mit dem Suspensivinteresse. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab hinsichtlich der gebotenen Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. Die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs setzt danach voraus, dass bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Element der Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtabwägung „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen“. Am Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung („Gesamtabwägung“) in die weitere die beiderseitige Interessenlage betreffende Gesichtspunkte eingehen können und die je nach Lage des Falles auch losgelöst von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorgenommen werden kann, ändert sich hingegen nichts, wie der Hinweis im Gesetzestext auf die vorzunehmende „Gesamtabwägung“ verdeutlicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.09.2014 - VR 1.14 - NVwZ 2015, 82 und vom 13.06.2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019). Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind damit nur Bestandteil dieser Gesamtabwägung. Es kommt nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken kann ergänzt und verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben bereits vor der Unanfechtbarkeit verwirklicht wird. Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.07.2014 - 8 B 356/14 - NuR 2014, 663).
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Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die von ihr angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt zum einen nicht gegen auch den Schutz der Antragstellerin bezweckende Normen. Zum anderen dürfte auch die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, rechtlich nicht zu beanstanden sein. Darüber hinaus berücksichtigt der Senat im Rahmen seiner Interessenabwägung auch Folgendes: Sollte sich im Hauptsacheverfahren erweisen, dass nicht sämtliche auch die Antragstellerin schützenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen, insbesondere die Antragstellerin doch schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein, so kann die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen auch noch nachträglich durch auf §§ 17 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Auflagen gewährleistet werden.
31 
2.2.2.4.1. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht formell rechtswidrig. Anders als die Antragstellerin behauptet, haben befangene Amtswalter nicht daran mitgewirkt (§ 21 LVwVfG). Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin die Verletzung einschlägiger Rechtsvorschriften insoweit überhaupt mit Erfolg rügen könnte.
32 
Die Antragstellerin trägt vor, gegen den Leiter des am 14.10.2014 und am 16.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins im Sinne des § 10 Abs. 6 BImschG, Herrn W., und gegen die Unterzeichnerin der streitigen Genehmigung, Frau A., lägen Gründe vor, die im Sinne des § 21 LVwVfG geeignet seien, Misstrauen gegen deren unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Sinngemäß und zusammengefasst (vgl. zu den Einzelheiten insbesondere die Seiten 14 bis 30 ds Schriftsatzes ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.01.2015 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) sieht die Antragstellerin den Grund für die Besorgnis der Befangenheit darin, dass Herr W. die Beigeladene als Vorhabenträgerin im Erörterungstermin durch die Sitzordnung und die Erteilung des Worts einseitig bevorzugt habe. Außerdem habe er an einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Gemeinde Michelbach teilgenommen, in dem jene diesen zu überzeugen versucht habe, den gemeindlichen Zurückstellungsantrag und den Widerspruch gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zurückzunehmen. Statt sich zu entfernen, habe er der Rechtsanwältin der Beigeladenen zugestimmt. Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt, insbesondere nicht alle Forderungen und Bedenken der Einwender mit der gebotenen Genauigkeit in das Protokoll aufgenommen, und es erst nach zwei Monaten kurz vor Erlass der streitigen Genehmigung an die Einwender übersandt und diesen so die Möglichkeit genommen, vor Erteilung der Genehmigung noch eine Berichtigung des Protokolls zu erreichen.
33 
Anhaltspunkte dafür, dass gegen Herrn W. und Frau A. die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, ergeben sich daraus nicht. Denn die Besorgnis der Befangenheit eines Amtsträgers verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheiden, sondern sich von persönlichen Vorteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Dafür ist hier bei summarischer Prüfung nichts ersichtlich.
34 
Soweit sich die Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unangemessene Sitzordnung während des Erörterungstermins beruft, ist festzustellen, dass diese auf die Rüge zweier Einwender hin ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin (Seite 2) umgehend geändert wurde. Auch weist der Erste Landesbeamte in seinem Schreiben vom 06.11.2014 zu Recht darauf hin, dass es für die Sitzordnung beim Erörterungstermin keine rechtlichen Vorgaben gibt. In der Sache dürfte es oft angemessen sein, dem Vorhabenträger einen exponierten Platz zuzuweisen, damit dieser zu den Fragen und Einwendungen für alle sichtbar und verständlich Stellung nehmen kann. Es mag auch zutreffen, dass Herr W. in einem Gespräch zwischen der Rechtsanwältin der Beigeladenen und dem Bürgermeister der Beigeladenen der von dieser vertretenen Rechtsauffassung zugestimmt hat. Die Besorgnis der Befangenheit begründet dies nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 15. Aufl., 2014, Rn. 14 zu § 21). Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin rügt, Frau A. habe das Protokoll parteiisch geführt. Der Inhalt der Niederschrift über den Erörterungstermin ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 9. BImSchV geregelt. Danach (Nr. 4) sind der Verlauf und die Ergebnisse des Erörterungstermins in die Niederschrift aufzunehmen. Die 46 Seiten umfassende Niederschrift lässt nicht erkennen, dass gegen diese Pflicht verstoßen worden sein könnte. Eine Pflicht, Einwendungen jeweils mit der vom Einwender gewünschten Ausführlichkeit in die Niederschrift aufzunehmen, besteht nicht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 9. BImSchV ist denjenigen, die rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen. Eine Regelung, wonach dies eine gewisse Zeitspanne vor der Erteilung der Genehmigung geschehen müsse, gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wieso diese Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen können sollten.
35 
2.2.2.4.2 In der Sache spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch den Betrieb des Windparks keinen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt sein wird.
36 
(1) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den hörbaren Schall.
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Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde auf der Grundlage der von der Beigeladenen als Vorhabenträgerin vorgelegten Schallprognose der ... vom 19.11.2014 erteilt. Für den dem Wohnhaus der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionspunkt (IP 03) hat sie einen Beurteilungspegel von 33 dB (A) ermittelt. Der Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemein Wohngebiete (in einem solchen liegt das Anwesen der Antragstellerin, was diese auch selbst nicht in Frage stellt) nachts von 40 dB (A) aus Nr. 6.1 d TA-Lärm wird um 7 dB (A) unterschritten. Damit ist das Irrelevanz-Kriterium gemäß Nr. 3.2.1 TA-Lärm von mindestens 6 dB (A) eingehalten. Die Konsequenz daraus ist, dass die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage aus Gründen des Lärmschutzes auch dann nicht versagt werden dürfte, wenn der Immissionsrichtwert aufgrund der Vorbelastung überschritten würde. Unabhängig davon sind nach Nr. 2.4 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014 Vorbelastungen ohnehin nicht festzustellen, so dass Zusatzbelastung und Gesamtbelastung identisch sind.
38 
Verfahrensrechtlich wendet die Antragstellerin ein, die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014 sei nicht verwertbar, weil sie nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG öffentlich ausgelegt worden sei. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG bestimmt dazu aber, dass weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen (diese erfolgte vom 21.07.2014 bis zum 20.08.2014), der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen sind. Auf die von der Antragstellerin gegen diese Regelung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken kommt es nicht an. Sie wirken sich jedenfalls nicht zum Nachteil der Antragstellerin aus. Wie unten dargelegt, ergibt sich auch aus der ursprünglichen, öffentlich ausgelegten Schallprognose der ... vom 08.07.2014, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hing mithin nicht von der nachgereichten Schallprognose vom 19.11.2014 ab.
39 
Die Schallprognose der ... vom 19.11.2014 ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie wurde auf der Grundlage des im Schallemissionsgutachten FGW TR 1, ReV. 18 vom 21.10.2014 ermittelten Schallleistungspegels von 105,4 dB (A) erstellt. Zu diesem Wert wurde eine Gesamtunsicherheit in Höhe von 2,6 dB (A) addiert und für die geplante WEA ein Schallleitungspegel von 108,0 dB (A) angenommen (vgl. Nr. 4.6 der Schallprognose der ... vom 19.11.2014). Die zeitlich frühere Schallimmissionsprognose der ... vom 08.07.2014 kommt zwar zu höheren Immissionswerten. Diese liegen aber ebenfalls unter den Immissionsrichtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden gemäß Nr. 6.1. der TA-Lärm. Dies beruht darauf, dass der Schallprognose der ... vom 08.07.2014 Lärmimmissionswerte der WEA zugrunde liegen, die nicht auf einer Messung, sondern auf einer konservativen Berechnung beruhen.
40 
Die Antragstellerin wendet ein, die maßgebliche Schallprognose der ... vom 19.11.2014 beruhe auf der veralteten DIN ISO 9613-2; richtigerweise hätte die seit September 2013 geltende DIN 61 400-11: 2013-09 zur Anwendung kommen müssen. Jedenfalls im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann sie mit diesem Argument keinen Erfolg haben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209) wird die Schädlichkeit von Lärmeinwirkungen durch die TA-Lärm konkretisiert. Als eine auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Verwaltungsvorschrift hat sie eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung. Der in der TA-Lärm normativ konkretisierte gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist abschließend und im gerichtlichen Verfahren bindend, soweit die TA-Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch eine Schallprognose ist in Nr. A.2 TA-Lärm geregelt. Danach erfolgt die Schallausbreitungsberechnung nach der hier zur Anwendung gekommenen DIN ISO 9613-2 (vgl. Nr. A.2.2 und A.2.3.4 TA-Lärm).
41 
Es ist im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon auszugehen, dass die nach diesem Verfahren berechneten Immissionswerte zum Nachteil der Antragstellerin zu niedrig sind.
42 
Allerdings hat die Anwendung der DIN ISO 9613-2 für die Schallprognose mit Vorsicht zu erfolgen, wenn sich die Lärmquelle nicht am Boden, sondern - wie bei WEA - in größerer Höhe befindet (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.05.2014 - 3 M 236/13 - juris, Rn 18). Die Berechnung der Schallausbreitung des von hochliegenden Quellen ausgehenden Schalls nach dem frequenzselektiven Berechnungsverfahren gemäß Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 kann zu geringeren Werten als den messtechnisch ermittelten führen, weil in Abhängigkeit vom Untergrund die berechnete Schalldämpfung größer ist als die messtechnisch ermittelte. Deshalb ist bei solchen hochliegenden Lärmquellen wie WEA das alternative Verfahren nach Nr. 7.3.2 der DIN ISO 9613-2 (Berechnung mit A-bewerteten Einzahlkenngrößen) anzuwenden (vgl. dazu auch Anhang 1.2 (2) zum WEA-Geräuschimmissionserlass des Landes Brandenburg vom 28.04.2014). Dieses - auch unter Nr. 5.6.1.1 des Windenergieerlasses Baden-Württemberg vom 09.05.2012 vorgeschriebene - Verfahren, das „auf der sicheren Seite liegende Ergebnisse liefert“, kam vorliegend zur Anwendung (vgl. dazu die Stellungnahme der ... vom 10.02.2015, S. 303 der Akten des Verwaltungsgerichts). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Prognosemodell DIN ISO 9613-2 eine Situation mit ausbreitungsgünstigen meteorologischen Bedingungen zugrunde liegt. Um zu berücksichtigen, dass solche nicht stets herrschen, kann ein Faktor zur meteorologischen Korrektur berücksichtigt werden. Dieser ist abhängig von der Höhe der Schallquelle. Er ist erst dann größer Null, wenn der Immissions-Aufpunkt mehr als das Zehnfache der Nabenhöhe von der Windenergieanlage entfernt liegt. Ausweislich der Stellungnahme der ... vom 10.02.2015 wurde auf die Einbeziehung eines solchen Korrekturfaktors ungeachtet der Abstände völlig verzichtet.
43 
Unter Bezugnahme auf die Expertise von Dr. R. vom 08.03.2015 hat die Antragstellerin die Richtigkeit des auf einer Messung beruhenden Schallemissionsgutachtens gemäß FGW TR 1, Rev. 18 vom 21.10.2014 in Frage gestellt. Zu einer Entscheidung zu ihren Gunsten kann dies indessen nicht führen. Mit diesen Einwendungen hat die Antragstellerin zumal im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das Schallemissionsgutachten vom 21.10.2014 und damit auch die darauf beruhenden Schallimmissionsprognose der ... vom 19.11.2014 nicht durchgreifend erschüttert. Denn sowohl der Antragsgegner (Schriftsatz vom 16.04.2015, S. 4) als auch die Beigeladene (Schriftsatz vom 24.04.2015, S. 22 ff.) haben ihrerseits gegen die Expertise von Dr. R. substantiiert Einwendungen erhoben, die auch nach Auffassung des Senats die inhaltliche Richtigkeit der Expertise von Dr. R. als sehr zweifelhaft erscheinen lassen. Beispielhaft sei hier genannt, dass Dr. R. in seiner Expertise kritisiert hat, die Schallemissionsmessung beruhe auf der Norm IEC 61400-11 Edition 2.1, während mittlerweile im November 2012 die Edition 3 mit strengeren Maßstäben veröffentlicht worden sei. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu ausgeführt, dass die Gültigkeit dieser Edition 3 momentan ausgesetzt sei, da die darin enthaltenen Festlegungen auf Praxistauglichkeit überprüft werden müssten. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass Dr. R. nicht spezifiziert hat, wieso sich aus der Edition 3 andere und höhere Schallemissionswerte ergeben sollen. Dr. R. hat außerdem behauptet, der Messwert von 105,4 dB (A) sei nicht plausibel, weil vergleichbare Anlagen (Vestas V 112 3,0 MW und Vestas V 126 3.0 MW) mit 106.5 dB (A) und 107,5 dB (A) höhere Immissionswerte aufwiesen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben dazu dargelegt, die genannten Werte beruhten offensichtlich auf Herstellerangaben, die ihrerseits nicht auf einer schalltechnischen Vermessung, sondern auf den vom Hersteller Vestas angegebenen garantierten Schallleistungspegeln beruhten, die in der Regel höher seien als die sich aus entsprechenden Vermessungen ergebenden Werte.
44 
Ungeachtet dessen ist im Abschnitt III. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 (Nebenbestimmungen) unter Nr. B 1.1 auch festgelegt, dass die durch den Betrieb der Windfarm verursachten Immissionen unter Berücksichtigung der Vorbelastung die in Nr. 6.1 TA-Lärm für die einzelnen Gebietstypen festgelegten Immissionsrichtwerte sowohl tags als auch nachts nicht überschreiten dürfen. Außerdem darf der Schallleistungspegel einer einzelnen WEA von 108,0 dB (A) im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze nicht überschritten werden (B 1.3). Weiter ist geregelt, dass an den Immissionsorten keine ton- oder impulshaltigen Geräusche auftreten dürfen (B 1.4). Sollte es entgegen den Festlegungen in den Nebenbestimmungen doch zu höheren Lärmbelastungen kommen oder impulshaltige Geräusche auftreten (wie die Antragstellerin behauptet), so würde die Windfarm in einer nicht der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entsprechenden Form betrieben. Dies ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern der Überwachung des Anlagenbetriebs (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2013 - 12 LA 174/12 -juris). Der nicht näher substantiierten Behauptung der Antragstellerin, eine (Lärm-)Vorbelastung durch Wärmepumpen sei zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen gleichfalls nicht nachzugehen.
45 
(2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, sie werde durch den Betrieb der WEA schädlichen Umwelteinwirkungen durch Infraschall ausgesetzt.
46 
Zu den von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Infraschall heißt es in der streitigen Genehmigung, der von WEA verursachte Infraschall liege deutlich unter der Hör- und Wahrnehmbarkeitsgrenze. Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen von Infraschall seien aber erst bei einer Überschreitung dieser Grenze nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei Abständen zwischen 1.500 m und 3.800 m nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als hinreichend sicher davon ausgegangen werden könne, der Betrieb von WEA führe zu keinen Gefahren und unzumutbaren Belästigungen der Bewohner von Hausgrundstücken durch Infraschall, die Antragstellerin habe solche Beeinträchtigungen auch nicht substantiiert geltend gemacht.
47 
Unter Berufung auf mehrere, im gerichtlichen Verfahren aber nur teilweise vorgelegte Studien (Studie des Umweltbundesamtes aus 2014, Steven Cooper´s Cape Bridgewater Report aus dem Jahre 2015), Zeitungsartikel (Welt am Sonntag vom 01.03.2015) und Aufsätze in Fachzeitschriften (Quambusch/Lauffer „Infraschall von Windkraftanlagen als Gesundheitsgefahr“ ZfSH/SGB 08/2009) macht die Antragstellerin geltend, mit seiner Argumentation habe das Verwaltungsgericht unter Verletzung rechtlichen Gehörs ihr Vorbringen in der Antragsbegründung nicht berücksichtigt und seine Entscheidung damit letztlich nicht begründet. Tatsächlich stelle der von WEA ausgehende Infraschall eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar. Die in der Rechtsprechung unter Rückgriff auf die TA-Lärm für hörbaren Schall formulierten Sicherheitsabstände seien angesichts der langwelligen Beschaffenheit des Infraschalls ungeeignet. Quambusch/Lauffer hätten schon 2008 selbst bei wesentlich kleineren Anlagen Sicherheitsabstände von mindestens 2,5 km gefordert. Wegen der vom Infraschall ausgehenden Gesundheitsgefahren habe der Staat hier aus Art. 2 Abs. 2 GG eine besonders ernst zu nehmende Schutzpflicht. WEA dürften daher erst dann genehmigt werden, wenn Gesundheitsgefahren durch Infraschall auch im Sinne eines Restrisikos ausgeschlossen werden könnten. Den neuartigen bis zu 200 m hohen WEA müsse die Genehmigung verweigert werden, bis dazu brauchbare Studien und Erkenntnisse vorlägen.
48 
Diesen Sachvortrag hat die Beigeladene eingehend in Frage gestellt. Aus der Studie des Umweltbundesamts vom März 2014 ergebe sich gerade kein gesicherter Erkenntnisstand, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle erhebliche nachteilige Auswirkungen habe. Zu dem Zeitungsartikel in der „Welt am Sonntag“, auf die sich die Antragstellerin berufe, habe der Bundesverband Windenergie e.V. eingehend Stellung genommen (S. 315 der Gerichtsakte). Danach hätten alle vorliegenden Messungen übereinstimmend gezeigt, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich (100 bis 250 m) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle (Wahrnehmungsschwelle) und mithin deutlich unterhalb der denkbaren Wirkschwelle liege. Aus der in der Stellungnahme „Windenergie und Abstandsregelungen“ des Ärzteforums Immissionsschutz Bad Orb in Bezug genommenen Studie aus Ontario ergebe sich nicht, dass Infraschall nachteilige gesundheitliche Auswirkunken habe. Allenfalls sei daraus zu entnehmen, dass weitere Forschungsbedarf bestehen könne. Eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) vom Dezember 2014 zu dem u.a. von WEA ausgehenden Infraschall habe ergeben, dass durch WEA hervorgerufener Infraschall bereits in einem Abstand von 700 m nicht mehr gemessen werden könne (vgl. Gerichtsaktenseite 332).
49 
Auch in Kenntnis des widersprechenden Beteiligtenvortrags sieht der Senat gerade vor dem Hintergrund, dass Infraschall in der Umwelt ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das außer durch WEA auch noch durch zahlreiche andere Quellen wie den Straßenverkehr, den Wind als solchen und die Meeresbrandung hervorgerufen wird (vgl. Nr. 7 der Studie der LUBW, Gerichtsaktenseite 377), im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 12.10.2012 - 8 S 1370/11 - juris Rn. 69) abzuweichen, wonach tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle liegt. Ungeachtet der kontroversen Diskussion geht die Rechtsprechung auch sonst davon aus, dass Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs nicht zu Gesundheitsgefahren führt (vgl. VG Aachen, Beschluss vom 23.03.2015 - 6 L 76/15 - juris, Rn 75 m.w.N.).
50 
(3) Auch der von der Windfarm ausgehende Schattenwurf, eine ähnliche Umwelteinwirkung und damit eine Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG, führt für die Antragstellerin voraussichtlich nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
51 
In der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 heißt es dazu, der Immissionsrichtwert für den Schattenwurf werde in den „Hinweisen zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von WEA“ (WEA-Schattenwurfhinweise LAI) konkretisiert. Danach sei eine tägliche Beschattungsdauer von maximal 30 Minuten und eine astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Jahr hinzunehmen (unter Berücksichtigung der Schattenwurfbeiträge aller einwirkenden WEA). Diese Werte würden nach dem im Genehmigungsverfahren vorliegenden Schattenwurfgutachten zugrunde liegenden worst-case-Szenario sowohl in der Rezeptorhöhe von 1 m als auch von 2 m deutlich unterschritten. Die Schattenwurfprognose der ... vom 28.08.2014 (Anlage 9.2 zur Genehmigung) komme für den dem Grundstück der Antragstellerin am nächsten gelegenen Immissionsort 03 (Am W. 14), der zu den WEA näher liege als das Haus der Antragstellerin, zu einer maximalen Beschattungsdauer (worst-case) von 10,08 Stunden im Jahr und 0,2 Stunden (12 Min.) pro Tag.
52 
Diese Werte stellt auch die Antragstellerin nicht in Frage. Sie macht aber geltend, die Immissionsrichtwerte für den Schattenwurf könnten durch die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI nicht konkretisiert werden. Denn als bloße Verwaltungsanweisung entfalteten sie keinen Gesetzescharakter. Der Schattenwurf beeinträchtige aber das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). In beide Grundrechte dürfe nur durch Gesetz, nicht aufgrund einer Verwaltungsanweisung eingegriffen werden. Anders als ein ruhender Schatten führe der sich bewegende Schatten zu unangenehmen visuellen Wahrnehmungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch würden fast alle Wohnhausgrundstücke der Orte Michelbach und Hirschfelden vom Schattenschlag betroffen, was zudem gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoße.
53 
Entgegen diesem Vortrag ist davon auszugehen, dass die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI zwar keinen bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte enthalten, deren Beachtung gewährleistet, dass der Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht. Denn wie sich aus dem WEA-Schattenwurfhinweise des LAI ergibt, wurden die dort genannten Werte unter Vorsorgegesichtspunkten festgesetzt. Hinzu kommt, dass sie von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgehen (Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, durchgehender Betrieb der Anlage in dieser Zeit, Stellung der Flügel stets senkrecht zu den Sonnenstrahlen), die als worst-case-Szenario tatsächlich so nicht zu erwarten ist. Auch in der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass im Rahmen der Entscheidung, ob der Betrieb einer WEA im Hinblick auf den Schattenwurf mit den rechtlichen Vorgaben aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vereinbar ist, von der in den WEA-Schattenwurfhinweisen des LAI vorgegebenen maximalen Beschattungsdauer ausgegangen werden kann. Sie stellen eine konservative Faustformel dar, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2015 - 5 A 2516/11 - juris und BayVGH, Beschluss vom 27.03.2015 - 22 Cs 15.481 - juris).
54 
2.2.2.4.3 Ohne Erfolg macht die Antragstellerin auch geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei rechtswidrig, weil die UVP-Vorprüfung als solche bereits verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei (dazu (1)) und außerdem in der Sache zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen sei, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (dazu (2)).
55 
(1) Bei der gemäß § 3 c UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2. der Anlage 1 zu diesem Gesetz erforderlichen UVP-Vorprüfung sind dem Landratsamt Schwäbisch Hall bei summarischer Prüfung voraussichtlich keine Verfahrensfehler unterlaufen.
56 
Das Argument der Antragstellerin, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe entgegen § 3 a UVPG nicht "unverzüglich" festgestellt, ob nach § 3 c UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse, greift nicht durch. Sie trägt dazu vor, nach § 3 a Satz 1 UVPG müsse die zuständige Behörde auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich feststellen, ob für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Sie müsse die Entscheidung also treffen, sobald alle relevanten Unterlagen vorliegen. Das seien hier die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vom 11.07.2014, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan mit Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 11.07.2014, die Schattenwurfprognose vom 07.07.2014 und die Schall-immissionsprognose vom 08.07.2014 gewesen. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall aber erst am 14.01.2015 gemäß § 3 a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden solle. Vermutlich habe sie die entsprechende Entscheidung als Ergebnis der UVP-Vorprüfung erst zusammen mit dem Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 und damit nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 3 a Satz 1 UVPG getroffen. Bereits dieser Verfahrensfehler führe zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 23.12.2014, und zwar unabhängig davon, ob er die Entscheidung in der Sache, d.h. über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, beeinflusst habe.
57 
Der Vortrag der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass dem Landratsamt Schwäbisch Hall tatsächlich ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass § 3 a Satz 1 UVPG mit der Vorgabe „unverzüglich“ keine konkrete Frist normiert, sondern die zuständige Behörde lediglich dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) festzustellen, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Angesichts der Komplexität des vorliegenden Genehmigungsantrags kann allein aus den Zeitabläufen nicht darauf geschlossen werden, das Landratsamt Schwäbisch Hall habe die Feststellung schuldhaft verzögert. Auch hat die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zweimal Unterlagen nachgereicht, zuletzt die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014, die anders als die zuerst vorgelegte Schallimmissionsprognose nicht auf einer konservativen Berechnung, sondern auf einer Messung der von den WEA ausgehenden Schallemissionen beruht und daher genauere Ergebnisse erwarten lässt. Unter diesen Umständen hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die ausweislich des entsprechenden Vermerks tatsächlich am 19.12.2014 getroffene Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, nicht schuldhaft verzögert.
58 
Die Antragstellerin macht außerdem geltend, aus der in § 3 a UVPG normierten Pflicht zur unverzüglichen Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, folge, dass im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalles nur auf die Unterlagen abzustellen sei, die der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten, als die Vorprüfung des Einzelfalles erstmals möglich gewesen sei. Tatsächlich habe das Landratsamt Schwäbisch Hall bei der Vorprüfung des Einzelfalls aber auch nachgereichte Unterlagen berücksichtigt, nämlich die Schattenwurfprognose vom 28.08.2014 und die Schallimmissionsprognose vom 19.11.2014.
59 
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die nachgereichten Unterlagen hätten bei der Vorprüfung des Einzelfalls ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen, ist nicht zu folgen. Zunächst ist eine „Präklusionsregelung“ im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht enthalten. Auch hat der Träger eines Vorhabens ein Interesse daran, nicht ungerechtfertigt mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung belastet zu werden. Gerade wenn die zunächst von ihm vorgelegten Unterlagen keine sichere Entscheidung über die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zulassen, wird ihm die Genehmigungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung zu geben haben, damit er die Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde durch das „Nachschieben“ von Unterlagen verbreitern und so die Anordnung einer nicht berechtigten Umweltverträglichkeitsprüfung vermeiden kann, zumal diese nach § 3 a Satz 3 UVPG auch nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Dines, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm., 4. Aufl., 2012, Rn. 12 zu § 3 a UVPG). Ohne Erfolg wendet die Antragstellerin ein, das Bundesverwaltungsgericht habe bereits entschieden, im Rahmen der Vorprüfung dürften keine Unterlagen nachgereicht werden. In der von ihr herangezogenen Entscheidung (Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353) ist eine solche Aussage nicht enthalten.
60 
Auch das vorrangig anzuwendende Recht der Europäischen Union führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Richtlinie 2011/92/EU verlangt in ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung durchgeführt wird. Ergibt sich die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bereits zwingend aus der Richtlinie 2011/92/EU (vgl. deren Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I), sondern wird darüber wie vorliegend - bei den Projekten des Anhangs II - aufgrund einer Einzelfalluntersuchung (UVP-Vorprüfung) entschieden (Art. 4 Abs. 2 RL 2011/92/EU), so haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/92/EU sicherzustellen, dass diese Entscheidung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Eine Frist für die Durchführung der Vorprüfung oder eine Präklusionsregel im Hinblick auf nachgereichte Unterlagen ergeben sich daraus nicht.
61 
(2) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die vom Landratsamt Schwäbisch Hall durchgeführte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig.
62 
Allerdings kann nach § 4 Abs. 1 UmwRG die Aufhebung einer in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallenden Genehmigung auch dann verlangt werden, wenn u. a. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 11 RL 2011/92/EU, wonach neben der materiell-rechtlichen auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist. Sie stellt klar, dass die vollständige Nichtdurchführung einer rechtlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, der - unabhängig von seinen Auswirkungen auf das Ergebnis - zur Aufhebung der Entscheidung führt, sofern der Verfahrensschritt nicht nachgeholt und damit der Verfahrensfehler geheilt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, BT-Drs. 16/2495, S. 14). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nr. 1 auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3 a Satz 4 UVPG genügt. Diese Regelung dient allein der Klarstellung, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt) auch dann vorliegt, wenn die erforderliche UVP-Vorprüfung zwar durchgeführt worden ist, aber wegen der Nichtbeachtung der Vorgaben aus § 3 a Satz 4 UVPG zu dem fehlerhaften Ergebnis gekommen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/1957, S. 17). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG finden diese Bestimmungen nicht nur auf nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, sondern auch auf natürliche Personen wie die Antragstellerin Anwendung.
63 
Aus den Ausführungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass die UVP-Vorprüfung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte führen müssen.
64 
(a) Sie trägt dazu vor, die UVP-Vorprüfung habe nur eine verfahrenslenkende Funktion, sei auf eine überschlägige Prüfung beschränkt und dürfe die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorwegnehmen. Nach § 3 c Satz 1 UVPG sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung daher bereits dann erforderlich, wenn das Vorhaben nach der überschlägigen Prüfung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Darauf, ob die Umweltauswirkungen voraussichtlich auch zur Versagung der Zulassung führten, komme es nicht an. In der streitigen Genehmigung habe das Landratsamt Schwäbisch Hall außerdem mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen angeordnet. Nach Abschnitt III G. 3. der streitigen Genehmigung müsse die Beigeladene etwa an der B 19 bei Wengen eine Amphibien-Leiteinrichtung auf einer Länge von mindestens 400 m herstellen. Für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR festgesetzt worden (Abschnitt III G. 4.). Auch deshalb habe die Genehmigung erst nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden dürfen, denn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könnten nur im Rahmen einer solchen angeordnet werden. Das folge aus § 11 UVPG, wonach Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in die zusammenfassende Darstellung nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgenommen werden könnten, aber nach § 3 c UVPG keinen Eingang in die UVP-Vorprüfung fänden. Aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten des Dr. R. zur Belastung durch hörbaren Schall ergebe sich zudem, dass die Lärmgrenzwerte nach der TA-Lärm überschritten würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Umweltauswirkungen aber sogar dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle (Grenzwerte) heranreichten und deshalb ein Einfluss auf das Ergebnis der Abwägung nicht ausgeschlossen werden könne. Durch die Anordnung von Auflagen hinsichtlich der einzuhaltenden Lärmgrenzwerte in der streitigen Genehmigung könne die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung jedenfalls nicht umgangen werden. Eine solche sei aber auch deshalb erforderlich, weil nicht nur die Antragstellerin, sondern quasi alle Bewohner der Gemeinde Michelbach durch die von der Windfarm hervorgerufene Belastung durch Infraschall und Schattenwurf betroffen seien. Bei beiden Phänomenen lägen keine gültigen Grenzwerte vor. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte geklärt werden müssen, welche Belastungen hier noch zumutbar seien und welche Ausgleichs- und Ersatzzahlungen z. B. wegen des nicht zu vermeidenden Wertverlusts der betroffenen Grundstücke hätten angeordnet werden müssen.
65 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber noch aus anderen Gründen unbedingt erforderlich gewesen. Verstöße gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG seien konkret möglich, und zwar durch den Betrieb der Windfarm im Hinblick auf die in ihrer Nähe vorkommenden zahlreichen Fledermausarten. Die Bauarbeiten zur Errichtung der Windfarm führten zur Zerstörung der Lebensräume der Gelbbauchunke. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätten auch die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds und der Wertverlust der Anwesen in den angrenzenden Gemeinden infolge des Betriebs der Windfarm eingehend geprüft werden müssen.
66 
(b) Die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung zu verlangen, ist indessen auch unter Berücksichtigung dieser Einwendungen rechtlich nicht zu beanstanden.
67 
(aa) Nach § 3 c Satz 1 UVPG ist im Falle einer UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Dabei ist von Bedeutung, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden (Satz 3). Außerdem ist zu beachten, inwieweit Prüfwerte für Größe oder Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden (Satz 4). Die Vorprüfung des Einzelfalls hat dabei nur eine verfahrenslenkende Funktion. In ihrer Prüftiefe beschränkt sie sich auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit ihrer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung und der damit verbundenen besonderen Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse nicht vorwegnehmen darf. Im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls darf daher nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt“ werden. Sie darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde ein Einschätzungsspielraum zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
68 
Nachteilige Umweltauswirkungen sind im Sinne des § 3 c Satz 1 UVPG erheblich, wenn sie nach Maßgabe des § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu berücksichtigen wären. Diese Norm verweist auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Danach sind die Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (Nr. 1), auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (Nr. 2), Kulturgüter und sonstige Sachgüter (Nr. 3) sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern für die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch für die Vorprüfung des Einzelfalls maßgeblich. Der Maßstab für die Erheblichkeit ist dabei dem materiellen Zulassungsrecht zu entnehmen, wie sich aus dem Hinweis auf die geltenden Gesetze in § 12 UVPG ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83).
69 
Entsprechend dem Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung, die Umweltbelange in gebündelter Form so herauszuarbeiten, dass sie bei der Sachentscheidung wirksam berücksichtigt, etwa in gebündelter Form in die Abwägung eingehen können, liegen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze überschritten wird und damit die beantragte Genehmigung wegen der Umweltauswirkung zu versagen ist. Es genügt, wenn die Umweltauswirkungen an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und ein Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 für einen Planfeststellungsbeschluss). Umgekehrt stünde es im Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption, wenn bei nahezu jedem der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegenden Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestünde, weil quasi nie auszuschließen ist, dass ein solches Vorhaben (abwägungs-)relevante Umweltauswirkungen hat. Daher sind im Rahmen der Vorprüfung die Belange zu gewichten und unter Berücksichtigung der vorhaben - und standortbezogenen Kriterien der Anlage 2 - zu bewerten. Die in der Anlage 1 Spalte 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz aufgeführten Prüf- und Schwellenwerte sind dabei ein Kriterium für die Erheblichkeitsschwelle. Steht danach bereits im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung fest, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung haben kann, bedarf es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92). Im Rahmen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung danach nicht erforderlich, wenn ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass die begehrte Genehmigung wegen der Umweltbelange versagt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352). Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können danach zur Verneinung der Erheblichkeit führen, wenn sie solche Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen. Davon wird häufig bei technischen Standardmaßnahmen auszugehen sein, die als Stand der Technik anzusehen sind (vgl. Landmann/Römer, UmwR, Komm., Rn. 20 zu § 3 c UVPG).
70 
Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist in gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 3 a Satz 4 UVPG). Damit wird der zuständigen Behörde eine zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte führende Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Anknüpfend daran stellt § 4 a Abs. 2 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren darauf zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und richtig erfasst wurde, ob die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zu Grunde zu legen ist. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 und vom 18.12.2014 - 4 C 36.13 - juris).
71 
(bb) Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin behauptet, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei im Hinblick auf die von der Windfarm ausgehenden Beeinträchtigungen durch hörbaren Schall, Infraschall und Schattenwurf erforderlich, gilt dies schon deshalb, weil diese der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht entgegenstehen. Selbst die Antragstellerin, deren Haus der Windfarm mit am nächsten liegt, wird durch diese Phänomene keinen schädlichen Umweltauswirkungen ausgesetzt, wie oben dargelegt. Aber auch sonst gilt nichts anderes.
72 
Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Entscheidung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls am 19.12.2014 getroffen und sie entsprechend § 3 c Satz 6 UVPG im Genehmigungsbescheid vom 23.12.2014 (S. 25 ff.) und - inhaltlich übereinstimmend - im Aktenvermerk vom 19.12.2014 dokumentiert. Grundlage der Entscheidung des Landratsamts Schwäbisch Hall im Rahmen der UVP-Vorprüfung sind außerdem die „Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß UVPG“ - Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung -. Dort wird die UVP-Vorprüfung entsprechend den „Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer UVP“ (Anlage 2 zum UVPG) durchgeführt. Abgestellt wird dabei auf die Merkmale des Vorhabens, der Windfarm, auf seinen Standort und seine möglichen erheblichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 1, 2 und 3 der Anlage 2 zum UVPG mit den jeweiligen Unterpunkten). Die Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nehmen ihrerseits auf die Untersuchungen Bezug, die Grundlage der Genehmigungsentscheidung waren, insbesondere sind zu nennen die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 06.07.2014, die Biotoptypen-Kartierung und Eingriffs-/Ausgleichsbilanz vom 06.07.2014, der landschaftspflegerische Begleitplan - Windpark - „Kohlenstraße“ vom 11.07.2014 (jeweils erstellt vom Büro ...), die bereits oben genannte Schattenwurfprognose und die Schallprognose der ... vom 08.07.2014. Diese Unterlagen sind ihrerseits zum Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 geworden (vgl. Abschnitt II, Genehmigungsunterlagen, Nr. 9.1, 9.2, 9.3, 9.4 und 9.7).
73 
(cc) Die Antragstellerin macht geltend, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes (Fledermäuse, Gelbbauchunke), wegen der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die WEA, im Hinblick auf die Einwirkungen durch die Schall-, Infraschall- und Schattenwurfimmissionen auf die Grundstücke und Menschen im Umkreis des Windparks und wegen des damit verbundenen Wertverlusts für die Wohngrundstücke in den umliegenden Gemeinden, insbesondere in Michelbach, hätte ein Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Das trifft bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach nicht zu.
74 
(aaa) Bezüglich des Artenschutzes (Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) beruft sich die Antragstellerin zunächst auf mögliche Beeinträchtigungen zahlreicher Fledermausarten, die als streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV a RL 92/93 (Microchiroptera) - und damit auch als besonders geschützte Arten - den naturschutzrechtlichen Zugriffsverboten aus § 44 Abs. 1 BNatSchG unterliegen.
75 
In den Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Tiere“, im betroffenen Gebiet kämen zahlreiche Fledermausarten vor, die die Anlagenstandorte überflögen und bei Jagdflügen mit den laufenden Anlagen kollidieren könnten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei gleichwohl nicht erforderlich, weil das Ausmaß der möglichen Auswirkungen durch die angeführten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen so weit reduziert werden könnte, dass keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen mehr damit verbunden seien.
76 
Damit Fledermäuse durch den Betrieb der WEA nicht verletzt oder getötet werden (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung angeordnet, die naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien entsprechend den vorgelegten Antragsunterlagen auszuführen und durch ein Monitoring und eine ökologische Baubegleitung zu überwachen. Für die Dauer von zwei Jahren sei entsprechend den Vorgaben des Artenschutzgutachtens ein Gondel-Monitoring durchzuführen und auf der Grundlage von dessen Ergebnis ein endgültiger und dann dauerhaft einzusetzender Abschalt-Algorithmus zu entwickeln (vgl. Abschnitt III, Nebenbestimmungen, G Nr. 1 und 2). In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung heißt es dazu, zum Schutz hochfliegender Fledermäuse würden die Windenergieanlagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. Oktober von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten niedriger als 6 m/s (22 km/h) nicht angefahren oder abgeschaltet. Bei Temperaturen unter 5° Celsius, bei Nebel und bei Regen könne auf diese Vorgehensweise verzichtet werden.
77 
Die Antragsteller wendet demgegenüber ein, diese Maßnahmen seien unzureichend. Sie seien zunächst auf der Grundlage eines fehlerhaft ermittelten Sachverhalts getroffen worden (vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG). Das ist aber nicht der Fall.
78 
Zur Bestimmung der Schlagopfergefahr für die Fledermäuse wurden deren Aktivitäten im freien Luftraum durch Messungen an einem Mast in 100 m Höhe ermittelt. Dabei gelangen insgesamt 2.415 Fledermausnachweise von mindestens acht Arten (Seite 22/23 der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung).
79 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Erfassung der Fledermausarten am 100 m hohen Mast sei zur Bestimmung des Tötungsrisikos für die Mopsfledermaus nicht geeignet. Dass dort kein Nachweis dieser Fledermausart gelungen sei, sei nicht aussagekräftig, denn bei einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m ragten die Rotoren bis auf eine Höhe von 74 m über Grund herab. Aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dr. N. vom 22.04.2015 (in Zusammenarbeit mit ihm hat die ... die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung erstellt) ergibt sich jedoch, dass die Mopsfledermaus tatsächlich nicht schlagopfergefährdet ist, weil sie deutlich tiefer als die Rotorspitzen fliegt. In Deutschland ist dementsprechend auch nur eine tote Mopsfledermaus als Schlagopfer gefunden worden. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 22.04.2015, bei 26 m Höhendifferenz seien nur geringe Unterschiede zu erwarten und die Beurteilung der Gefährdungssituation der Fledermäuse auf der Grundlage der Messungen in 100 m Höhe daher aus fachlicher Sicht zulässig, nicht zu beanstanden. Ungeachtet dessen wäre das Flugverhalten der Fledermäuse im Bereich zwischen 100 m und 74 m Höhe über Grund nur relevant, wenn sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, zur Vermeidung von Schlagopfern andere Abschaltzeiten festzusetzen. Das ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin jedoch gleichfalls nicht.
80 
Allerdings macht sie geltend, die Abschaltzeiten von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 m pro Sekunde seien unzureichend, weil der Abendsegler und die Zwergfledermaus bereits eine Stunde vor Sonnenuntergang und der Abendsegler tatsächlich sogar bis zu Windgeschwindigkeiten von 9 m/s Jagdflüge durchführe. Erfolg hat sie damit nicht. Denn Dr. N. weist in der bereits genannten Stellungnahme vom 22.04.2015 darauf hin, dass bei 2.415 Fledermausnachweisen nur sieben vor Sonnenuntergang gelungen seien. Dieser Anteil von 0,3 % sei zu vernachlässigen. 99,7 % der Flugaktivitäten fänden in der Nacht statt. In der Stellungnahme von Dr. N. heißt es weiter, zwar flögen einige Individuen auch bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s, die große Masse der Fledermäuse aber nur bei darunter liegenden. Dementsprechend habe auch die LUBW in ihren Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen vom 01.04.2014 diese Windgeschwindigkeit als Abschaltwert vorgeschlagen (dort Seite 15). Da die LUBW in den genannten Hinweisen die vorgeschlagene Abschaltwindgeschwindigkeit nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt hat (dort Seite 15), besteht auch insoweit kein Anhaltspunkt für die Annahme, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot sei tatsächlich eine höhere Abschaltwindgeschwindigkeit notwendig.
81 
Die Beigeladene führt weiter aus, die Abschaltzeiten seien tatsächlich im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August für die Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Oktober in der Zeit von drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang festgesetzt worden. Die Genehmigungsbehörde sei damit den Empfehlungen der LUBW in den vorgenannten Hinweisen gefolgt. Eine derartige Festsetzung ist in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 23.12.2014 indessen nicht enthalten. Tatsächlich werden in den Hinweisen der LUBW (Seite 16) auch keine solchen Abschaltzeiten vorgeschlagen, vielmehr soll das Gondel-Monitoring zur endgültigen Feststellung der Fledermausaktivitäten in diesen Zeiten durchgeführt werden. Allerdings heißt es weiter, in diesen Zeiträumen (während des Gondel-Monitorings) seien die Anlagen abzuschalten. Nach dem Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG kann die Regelung zu den Abschaltzeiten nicht zu einer Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führen. Sollten sich die o.g. Abschaltzeiten als notwendig erweisen, kann dies gegebenenfalls durch Anordnungen nachträglich festgesetzt werden.
82 
Eine unzutreffende Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls rügt die Antragstellerin auch mit ihrem Argument, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch die Vorprüfung des Einzelfalls seien durch die ... (Herr H.) ergebnisorientiert erstellt worden. Für Fledermäuse bestehe nicht nur die Gefahr, dem Flügelschlag der WEA zum Opfer zu fallen, sie seien auch durch Waldrodungen in den Bereichen der Zuwegungen zu den und der Standorte der WEA gefährdet, wenn dort Quartierbäume der waldbewohnenden Fledermäuse zerstört würden. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei diese Problematik - weil die Standorte und die Zuwegungen noch nicht bekannt gewesen seien - nicht untersucht worden, obwohl Dr. N. in seinem Schreiben vom 24.01.2014 an die ... (von der Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zitiert, aber nicht als Anlage vorgelegt) darauf hingewiesen habe. Die Stellungnahme des Gutachters H. zu diesem Versäumnis in seinem Schreiben vom 29.01.2015, bei der Kartierung der Biotop-Typen und Habitatbäume am 02.06.2014 und am 18.06.2014 hätten keine Quartier- und Habitatbäume im Bereich der Wegeverbreiterungsmaßnahmen festgestellt werden können, sei nicht plausibel. Denn wäre eine solche Untersuchung am 02.06.2014 und am 18.06.2014 tatsächlich durchgeführt worden, so hätten ihre Ergebnisse in die zeitlich später erstellte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung aufgenommen werden können.
83 
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sind die Standorte der WEA auf Quartierbäume abgesucht worden. Das Ergebnis hat auch Eingang in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung gefunden (vgl. dort Seite 18). Im Übrigen ist der Interpretation der Vorgänge durch die Antragstellerin nicht zu folgen. Sie missversteht die Stellungnahme des Herrn H. vom 29.01.2015. Er schreibt dort, bis zum 29.04.2014 sei nicht bekannt gewesen, dass die Wege für die Errichtung der WEA verbreitert werden müssen. Am 02.06.2014 und am 18.06.2014 seien deshalb im Bereich der Wegeverbreiterung und der Kurven nach Abstimmung mit dem Landratsamt die Biotoptypen und die Habitatbäume kartiert worden, sofern überhaupt in den Baumbestand habe eingegriffen werden müssen. Nach dem Untersuchungsergebnis seien davon jedoch keine Habitatbäume, die als Quartierbäume für Fledermäuse geeignet seien, betroffen gewesen. Eine Überarbeitung der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Aus diesen Ausführungen kann nicht gefolgert werden, die Rodungsflächen seien tatsächlich doch nicht auf Habitatbäume untersucht worden oder jedenfalls sei das Ergebnis der Untersuchung unzutreffend dargestellt worden. Das Ergebnis der Untersuchungen am 02.06.2014 und am 18.06.2014 wurde in die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vielmehr nicht eingearbeitet, weil es für diese nicht von Bedeutung war.
84 
Die Antragstellerin argumentiert weiter, durch die beschriebenen Abschalt- und Monitoring-Regelungen zum Schutz der Fledermäuse seien Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere“ nicht im Sinne des § 3c Satz 3 UVPG offensichtlich ausgeschlossen. In der Sache rügt sie damit eine Verkennung des anzuwendenden Rechts (§ 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG). Denn eine solche liegt vor, wenn die Vorprüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis hätte führen müssen, dass das Vorhaben doch erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 17.12.2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 153). Wie bereits ausgeführt, bedarf es jedoch keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn sich schon im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen lässt, dass ein nach Maßgabe des materiellen Rechts grundsätzlich erheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis der (gebundenen) Entscheidung haben kann. So liegen die Dinge hier.
85 
Dass Fledermäuse durch den Flügelschlag der WEA verletzt oder getötet werden können, ist rechtlich relevant im Rahmen des naturschutzrechtlichen Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten (d. h. Fledermäuse, dazu bereits oben) zu verletzen oder zu töten. Wird gegen diese Bestimmung verstoßen, darf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118). Dafür genügt es indessen nicht, wenn sich nicht sicher ausschließen lässt, dass einzelne Fledermäuse durch den Betrieb der WEA zu Schaden kommen können. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt nur vor, wenn sich das Risiko für die Fledermäuse dadurch trotz der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dass Windenergieanlagen für Fledermäuse zur tödlichen Gefahr werden können, ist allgemein bekannt. Dementsprechend liegen dazu auch umfangreiche Erfahrungen vor, wie sie etwa in den Hinweisen zur Untersuchung von Fledermausarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen der LUBW dokumentiert sind. An diesen Vorgaben und damit gewissermaßen am „Stand der Technik“ hat sich das Landratsamt Schwäbisch Hall orientiert.
86 
(bbb) Im Hinblick auf das Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG macht die Antragstellerin weiter geltend, als Ergebnis der UVP-Vorprüfung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen, weil nur im Rahmen einer solchen beurteilt werden könne, ob die zum Schutz der Gelbbauchunke vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen ausreichend seien, um in Bezug auf diese ebenfalls streng - und damit auch besonders - geschützte Art im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 14b BNatSchG i.V.m. Anhang IVa RL 92/43 (Bombina variegata) Verstöße gegen die naturschutzrechtlichen Zugriffsverbote (Verletzungs- und Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bzw. das Verbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, Fortpflanzungsstätten zu zerstören) auszuschließen.
87 
Es lässt sich jedoch bereits im Rahmen der UVP-Vorprüfung sicher sagen, dass - jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 3 c Satz 3 UVPG) - die oben genannten Zugriffsverbote der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen.
88 
In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die Teil der Unterlagen zur UVP-Vorprüfung ist, heißt es, in dem betroffenen Waldgebiet lebe eine Population der Gelbbauchunke. Im Jahr 2013 seien potentielle Laichgewässer im Bereich der Rodungsfläche des Windmessmastes und in der Nähe der geplanten WEA-Standorte Michelbach 4 und Gaildorf 1 festgestellt worden. Die Gelbbauchunke überwintere in Bodenverstecken. Während der Aktivitätszeit von etwa Mitte April bis Ende September sei sie eng an Kleingewässer gebunden, halte sich fast ausschließlich in den Tümpeln auf, zwischen denen sie häufig wechsle. Deshalb seien alle potentiell geeigneten Kleingewässer in den von der Population besiedelten Waldgebiet auch unabhängig von einem konkreten Unkennachweis Fortpflanzungsstätten und Ruhestätten der Gelbbauchunke im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, die durch die geplanten Baumaßnahmen unter Verstoß gegen das Zerstörungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verloren gingen (Seite 50).
89 
Diese Feststellung ist jedoch durch die nachfolgende Entwicklung und die dazu getroffenen Feststellungen überholt. Im September 2014 wurden die Gelbbauchunken-Laich-/Aufenthaltsgewässer im Bereich der WEA erneut überprüft. Das Ergebnis ist in die artenschutzrechtliche Prüfung und damit auch in die Vorprüfung des Einzelfalls eingegangen. Danach wurden die 2013 ermittelten Aufenthaltsgewässer am 22.09.2014 und am 25.09.2014 nochmals nach Gelbbauchunken abgesucht. Die 2013 gefundenen Laich- und Aufenthaltsgewässer waren mittlerweile jedoch nicht mehr für die Gelbbauchunke geeignet, weil völlig zugewachsen und beschattet. Adulte Tiere oder Larven wurden nicht gefunden. Es heißt in dieser Stellungnahme weiter, es könne davon ausgegangen werden, dass in den Rodungsflächen keine Gelbbauchunken überwintern. Eine Einschränkung der Baufeldräumung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei daher nicht notwendig.
90 
Ungeachtet dessen - gewissermaßen zur Vorsorge - sieht die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung und daran anschließend auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 23.12.2014 als Nebenbestimmung vor, dass vor dem Eingriff Ersatz-Kleingewässer innerhalb des Aktionsradius der Gelbbauchunke von 400 bis 700 m angelegt und den Gelbbauchunken mit Beginn der Aktionszeit Mitte April als Fortpflanzungs- und Ruhestätte zur Verfügungen stehen müssen. Dem Vortrag der Antragstellerin ist nichts dafür zu entnehmen, warum unter Berücksichtigung dieser Ausgleichsmaßnahmen die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiterhin im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfüllt werden soll. Verstöße gegen das Tötungsverbot werden durch die Anordnung vermieden, dass vor einem Eingriff in die Kleingewässer während der Aktivitätszeit der Art die adulten Tiere, Jungtiere, Kaulquappen und der Laich in geeignete Ersatzgewässer umzusiedeln sind, und zwar aufgrund des häufigen Wechsels der adulten Tiere zwischen den verschiedenen Kleingewässern unmittelbar vor dem Eingriff. Voraussetzung dafür ist, dass entgegen der Überprüfung im September 2014 überhaupt noch Laich-/Aufenthaltsgewässer der Gelbbauchunke im Bereich der WEA vorhanden sind.
91 
(ccc) Auch wegen der Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Landschaft“ bedurfte es nicht der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
92 
In den Unterlagen zur UVP-Vorprüfung heißt es zum Schutzgut „Landschaft“, obwohl die Auswirkungen der Errichtung der Windfarm auf das Landschaftsbild nicht gemindert, sondern nur monetär ausgeglichen werden könnten (wie dies durch die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 406.000,-- EUR für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in der streitigen Genehmigung vom 23.12.2014 erfolgt ist), sei eine erhebliche nachteilige Auswirkung auf das Schutzgut Landschaft nicht zu erwarten.
93 
Die Antragstellerin hält dem entgegen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte schon deshalb durchgeführt werden müssen, weil die Ausgleichsabgabe tatsächlich eine Ersatzmaßnahme sei und deshalb in der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen nach Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte erarbeitet werden müssen (§ 11 Satz 1 UVPG). Denn im landschaftspflegerischen Begleitplan heiße es, der Landschaftsausschnitt des Plangebiets sei kaum vorbelastet, vom Talraum aus gut einsehbar, hinsichtlich Veränderungen - Bebauung, Zerschneidung und Rodung - sehr empfindlich und die Eingriffe in das Landschaftsbild daher kaum ausgleichbar. Die Veränderungen des Landschaftsbildes durch WEA könnten nicht retuschiert werden, diese seien in großer Entfernung noch sichtbar und erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild folglich nicht zu vermeiden.
94 
Die Prüfung am Maßstab des § 4 a Abs. 2 UmwRG führt zu dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist. Insbesondere hat das Landratsamt Schwäbisch Hall das anzuwendende Recht nicht verkannt.
95 
Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass grundsätzlich jede WEA und damit erst recht jede Windfarm in mehr oder weniger großem Umfang nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben wird, die weder vermieden noch vermindert und nur in seltenen Fällen ausgeglichen werden können. Auch der Windenergieerlass des Landes Baden-Württemberg vom 09.05. 2012 geht unter Nr. 5.6.4.1.1 daher davon aus, dass eine WEA wegen der nicht vermeidbaren/ausgleichbaren Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes regelmäßig gemäß § 15 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 BNatSchG nur gegen eine Ersatzleistung in Geld zugelassen werden kann. In Nr. 1.6 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werde bei der Errichtung um den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m nach der Zahl der Windkraftanlagen differenziert, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach Nr. 1.6.1 bei 20 oder mehr Windkraftanlagen) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (gemäß Nr. 1.6.2 bei sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen) oder nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (Nr. 1.6.3 im Falle von drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen) erforderlich sei. Diese Differenzierung würde sinnlos, wenn allein schon die mit der Errichtung und dem Betrieb quasi jeder WEA zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führen müsste. Dem ist zuzustimmen.
96 
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nur erforderlich, wenn die WEA das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen können. Nur eine solche Interpretation trägt auch der gesetzlichen Wertung Rechnung, dass bei einem Windpark mit sechs bis weniger als 20 WEA nicht in jedem Fall als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll durchgeführt werden müssen. Nur unter den oben genannten Voraussetzungen besitzen die mit der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbundenen Umweltauswirkungen auch ein solches Gewicht, dass es gerechtfertigt ist, anzunehmen, sie könnten erheblich nachteilig im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG sein, und deshalb das Genehmigungsverfahren damit „anzureichern“ (vgl. Storm/Bunge, Handbuch der Umweltverträglichkeitsprüfung, Rn. 56 zu § 3 UVPG, Stand: VIII/06). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
97 
Die Auswirkungen der Windfarm werden im Anhang 2 zum landschaftspflegerischen Begleitplan als Grundlage u. a. für die UVP-Vorprüfung näher untersucht, und zwar differenziert nach drei Wirkzonen. In der Wirkzone 1 im Nahbereich der jeweiligen Anlage (bis 200 m Entfernung) sind die WEA wegen der starken Bewaldung der Limpurger Berge kaum sichtbar. Nachteilige Auswirkungen auf das Landschaftsbild treten dort folglich nur in geringem Umfang auf. Entsprechend ist die Situation in der ebenfalls stark bewaldeten Wirkzone 2 (zwischen 200 m und 1.500 m Entfernung von den WEA). Allenfalls von kleineren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand dieser Wirkzone aus sind die einzelnen WEA deutlich sichtbar. Bereits dies spricht dagegen, dass im Hinblick auf das Schutzgut „Landschaft“ eine Umweltverträglichkeitsprüfung doch erforderlich sein könnte. Denn im Nahbereich (Wirkzone 1 und 2) sind die nachteiligen Auswirkungen einer Windfarm auf das Landschaftsbild potentiell am stärksten, während sie mit zunehmender Entfernung deutlich abnehmen. Die (Fern-)Wirkzone 3 umfasst den Bereich von 1,5 bis zu 10 km von den einzelnen WEA aus. In dieser Wirkzone werden die WEA vom überwiegenden Teil der Flächen aus gut sichtbar sein, sofern nicht die Sichtbeziehung vom jeweiligen Standort aus durch einen Höhenzug, ein Waldgebiet usw. versperrt wird. Die Wirkzone 3 liegt zwar innerhalb des Naturraums „Schwäbisch-fränkische-Waldberge“, einem stark gegliederten und zu einem großen Teil bewaldeten Naturraum, der durch eine naturnahe und reich strukturierte Kultur- und Erholungslandschaft geprägt ist. Auch im Hinblick darauf ist jedoch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich. Denn die Wirkzone 3 ist vorbelastet und das Landschaftsbild nicht unberührt. So liegen dort etwa die Orte Schwäbisch Hall und Gaildorf mit 37.000 bzw. 12.000 Einwohnern sowie weitere, allerdings dörflich geprägte Orte. Die Talräume und Ebenen in diesem Bereich werden landwirtschaftlich, touristisch und zu Siedlungszwecken genutzt. Dementsprechend wird das Gebiet auch von Straßen durchzogen, u. a. der B 19. Mit nur sieben Anlagen liegt die Windfarm zudem an der unteren Grenze, ab der überhaupt eine UVP-Vorprüfung erforderlich wird. Anders als ein großflächiger Windpark hat sie auch keine die Landschaft insgesamt überprägende Wirkung, sondern belastet diese nur punktuell.
98 
(ddd) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin auch mit dem Argument, die Windfarm werde wegen der durch sie für die Menschen in der näheren Umgebung bewirkten Gesundheitsgefahren, der Lärmbelastungen und der Beeinträchtigungen des Erholungs- und Freizeitwerts zu einer erheblichen Minderung des Wertes aller Grundstücke in Michelbach, Hirschfelden und Eutendorf und mithin auch ihres eigenen führen.
99 
Zunächst hat das Landratsamt Schwäbisch Hall die Vorprüfung des Einzelfalls zu Recht nicht auf den von der Antragstellerin behaupteten Wertverlust der Grundstücke in der näheren Umgebung der Windfarm erstreckt. Ein Ermittlungsdefizit und mithin eine unzutreffende Erfassung des Sachverhalts liegen nicht vor (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG).
100 
Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut „sonstige Sachgüter“ in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Nach Art. 3 dieser Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der in ihren Anwendungsbereich fallenden Projekte u. a. auf Sachgüter. In der Rechtsprechung des EuGH ist indessen geklärt, dass sich eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf den Vermögenswert von Sachgütern zu erstrecken hat. Denn nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2011/92/EU sind nur die Auswirkungen auf Sachgüter zu berücksichtigen, die ihrer Natur nach auch Folgen für die Umwelt haben können (vgl. Urteil vom 14.03.2013 - C-420/11 - NVwZ 2013, 565). Auch Vermögensschäden wegen einer zu Unrecht unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung sind nach dieser Entscheidung nur ersatzfähig, wenn sie die unmittelbare wirtschaftliche Folge von Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt sind. Sie sind von solchen Schäden zu unterscheiden, die ihren Ursprung nicht unmittelbar in Umweltauswirkungen haben und mithin vom Schutzzweck der RL 2011/92 nicht erfasst werden. Zu den letzteren Auswirkungen gehören bloße Wertverluste, da diese immer auch von den Verhältnissen auf dem jeweiligen Markt abhängig sind.
101 
Auch auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Das Eigentumsgrundrecht schützt zwar die Nutzbarkeit des Eigentums und die diesbezügliche Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Der Marktwert eines Wirtschaftsgutes ist dagegen nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 und vom 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1482/91 - BVerfGE 105, 252). Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin dem gegenüber auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.02.2010 (- 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512). Diese Entscheidung betrifft eine andere Fallkonstellation. Das Bundesverfassungsgericht betont darin zunächst, dass das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen Wertminderungen schlechthin schützt. Gleichzeitig stellt es aber klar, dass in Härtefällen auch die Grenze der Sozialbindung übersteigende eigentumsbeschränkende Maßnahmen durchgesetzt werden können (Lärmbelastungen), wenn gleichzeitig durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Belastungen des Eigentums vermieden werden. Besteht die kompensatorische Maßnahme in der Leistung einer Entschädigung, muss der maßgebliche Stichtag aber so bestimmt werden, dass er zeitlich vor Beginn der Einwirkungen liegt, die die Wertminderung überhaupt erst herbeigeführt haben. In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fall hätte der Stichtag entsprechend dem enteignungsrechtlichen Grundsatz der Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden müssen als den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses, der überhaupt erst zu den unverhältnismäßigen eigentumsbeschränkenden Einwirkungen geführt hat. Eine Aussage, das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG schütze auch den Wert einer Sache als solchen, lässt sich dieser Entscheidung damit nicht nehmen. Sie befasst sich vielmehr mit Fragen der Entschädigung für Eingriffe in das Eigentum über die Grenzen der Sozialbindung hinaus.
102 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das Beschwerdeverfahren in Höhe von 15.000 EUR festzusetzen. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, Anh. § 164 Rn. 14), wonach für die Klage eines drittbetroffenen Privaten gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ein Streitwert in Höhe von 15.000 EUR empfohlen wird. Eine Reduktion auf die Hälfte dieses Betrages im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2012 kommt nicht in Betracht, weil die von der Antragstellerin begehrte Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise (Errichtung der WEA) vorwegnimmt (Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog 2013).
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15 zitiert 41 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien


Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2023

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten


(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 15 Verursacherpflichten, Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen


(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 3 Anerkennung von Vereinigungen


(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorüber

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 48 Verwaltungsvorschriften


(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften,

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 17 Nachträgliche Anordnungen


(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen wer

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 12 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist


(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht beste

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 7 Begriffsbestimmungen


(1) Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. biologische Vielfalt die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten einschließlich der innerartlichen Vielfalt sowie die Vielfalt an Formen von Lebensgemeinschaften und Biotopen;2. Naturhaushal

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 3 Grundsätze für Umweltprüfungen


Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und wer

Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2014 | § 1 Ziel des Gesetzes


(1) Ziel dieses Gesetzes ist insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes die Transformation zu einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Stromversorgung, die vollständig auf erneuerbaren Energien beruht. (2) Zur Erreichung des Ziel

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 11 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das Zulassungsverfahren für das frühere Vorhaben abgeschlossen ist


(1) Hinzutretende kumulierende Vorhaben liegen vor, wenn zu einem beantragten oder bestehenden Vorhaben (früheren Vorhaben) nachträglich ein kumulierendes Vorhaben hinzutritt. (2) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15 zitiert oder wird zitiert von 23 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 23. März 2015 - 6 L 76/15

bei uns veröffentlicht am 23.03.2015

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt.      Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. 2.  Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt. 1G r ü n d e: 2Der gemäß

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. März 2015 - 9 S 2309/13

bei uns veröffentlicht am 10.03.2015

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. September 2013 - 12 K 1330/13 - wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 D

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Juli 2014 - 8 B 356/14

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 306

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2013 - 8 S 2504/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. Okt. 2012 - 8 S 1370/11

bei uns veröffentlicht am 12.10.2012

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Juli 2007 - 5 K 166/05 - geändert, soweit es die Klage mit dem Hauptantrag abweist. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Sigm

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Sept. 2012 - 10 S 731/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

Tenor Die Anträge werden abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt. Gründe  1 Die beim sachlich zuständigen Verwaltun
17 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2015 - 8 S 534/15.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 07. Sept. 2016 - AN 11 K 15.02143

bei uns veröffentlicht am 07.09.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Abweichend hiervon trägt die Beigeladene die aussonderbaren Kosten des Termin

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Aug. 2016 - AN 11 K 15.02105

bei uns veröffentlicht am 03.08.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1). Die Beigeladene zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selb

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 27. Nov. 2018 - 8 B 1170/17

bei uns veröffentlicht am 27.11.2018

Tenor Die Beschwerden werden zurückgewiesen. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren jeweils zur Hälfte und ihre außergerichtlichen Kosten jeweils se

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 27. Juni 2018 - 3 M 286/15

bei uns veröffentlicht am 27.06.2018

Tenor 1. Der Antrag auf Beiladung der C. GmbH & Co. KG wird abgelehnt. 2. Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 9. Juli 2015 – 7 B 1707/15 – geändert: Die aufs

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) gestellten Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (nachfolgend: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 wiederherzustellen (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung überwiegen das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
Die Antragsteller haben zur Unterstützung ihres Vorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zum Eilantrag bezüglich der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung“ des Gutachtensbüros ... vom 29.02.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können inhaltlich nicht berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.07.1977 - 8 CB 84.76 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 47; Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Antragsbegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 29.02.2012 enthaltenen Ausführungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Antragsbegründungsschrift oder den sonstigen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegten Schriftsätzen zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
Keiner abschließenden Klärung bedarf, ob die von dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufgeworfenen sonstigen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge durchgreifen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung spricht jedoch vieles dafür, dass die Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sind. Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Reaktorunfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis bzw. die nach gleichen rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Antragsbefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43/90 - BVerwGE 88, 286; Urteil des Senats vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Antragsteller machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallgrenzwert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch dürfte sich ihrem Vorbringen noch entnehmen lassen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365). Ferner dürfte den Antragstellern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zustehen. Soweit ersichtlich ist der von der gegenständlichen Genehmigung gedeckte Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs gegenwärtig noch nicht vollständig abgeschlossen. Diese Fragen bedürfen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung. Denn die Anträge haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der 2. SAG vom 24.10.2011 in einer den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (dazu unter 1.). Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage haben die Antragsteller keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür dargetan, dass die angefochtene Genehmigung entweder in formeller oder materieller Hinsicht rechtswidrig ist und sie in eigenen drittschützenden Rechten verletzt (dazu unter 2.). Schließlich überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der 2. SAG auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten freien Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller (dazu unter 3.).
1. Die unter A.VI. des angegriffenen Bescheids erklärte Anordnung der sofortigen Vollziehung der 2. SAG unterliegt zunächst mit Blick auf die formellen Begründungsanforderungen keinen durchgreifenden Bedenken.
Zweck des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Ferner soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung bilden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2001 - 19 B 1757/00 u.a. - NJW 2001, 3427; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441). Dementsprechend muss aus der Begründung hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurückzustellen. Demgemäß genügen - wie die Antragsteller zu Recht hervorheben - pauschale und nichtssagende formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht.
Die von dem Antragsgegner verfügte Sofortvollzugsanordnung und deren Begründung genügen den vorstehend bezeichneten Anforderungen. Der Antragsgegner hat zur Begründung der verfügten sofortigen Vollziehung der 2. SAG im Wesentlichen ausgeführt, die sofortige Ausnutzung der Genehmigung entspreche dem Interesse der Allgemeinheit an einem unterbrechungsfreien und zügigen Abbau des stillgelegten Kernkraftwerks Obrigheim (vgl. Begründung der Genehmigung S. 52). Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Genehmigung bestehe die Gefahr, dass der bereits beschrittene Weg des direkten Abbaus des Kernkraftwerks unterbrochen werde; auch habe die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der ihr erteilten Genehmigung. Darüber hinaus hat der Antragsgegner eine Interessenabwägung mit den Belangen betroffener Dritter vorgenommen und darauf abgehoben, dass die Genehmigung einen überschaubaren Sachverhalt betreffe und gegen die ebenfalls überschaubaren Risiken ausreichend Vorsorge getroffen worden sei. Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner - noch - hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, aus welchen Gründen des öffentlichen Interesses er es für sachgerecht hält, den durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage regelmäßig eintretenden Schutz des Betroffenen im Einzelfall zurückzustellen. Weitergehende, auf den Einzelfall bezogene Erwägungen waren in diesem Zusammenhang nicht zwingend anzustellen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO lediglich eine - von der materiellen Prüfung des Bestehens eines Sofortvollzugsinteresses zu unterscheidende - formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung normiert. Ob die insoweit verlautbarten Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung dieses formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196; sowie vom 20.09.2011 - 10 S 625/11 - juris). Das Gericht nimmt im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 05.06.2001 - 1 SN 38/01 - NVwZ-RR 2001, 610).
2. Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage leidet die 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Antragsteller in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
2.1 Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die 2. SAG nicht bereits deshalb formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft durchgeführt wurde (dazu unter 2.1.2) oder eine zwingend notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben ist (dazu unter 2.1.3).
2.1.1 Zwar können die Antragsteller rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
10 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Antragsteller darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 - DVBl. 2012, 447) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - a.a.O.). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt.
11 
2.1.1.2 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
12 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
13 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Antragstellern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
14 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Eintrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. Anknüpfend hieran regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrundeliegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stillegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
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Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Antragsteller, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern kann. Die Antragsteller verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglich-keitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte lediglich vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
16 
2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Antragsgegner eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
17 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Antragsteller verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.).
18 
Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann entgegen der Auffassung der Antragsteller keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Antragsteller, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. „Notstandsgebäude“ (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
19 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Zum anderen wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und erneut vollständig zu legalisieren.
20 
Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Antragsgegner umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Antragsgegner den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung eindeutig klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
21 
Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Antragsteller zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Antragstellern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
22 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen wiederholt und zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen.
23 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Zu Recht weist die Beigeladene aber darauf hin, dass ihr Antragsschreiben vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich ist. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Antragsgegner vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Anschreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37).
24 
Auch der Versuch der Antragsteller, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein anderweitiges Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Antragstellern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gelten jedoch die oben angestellten Erwägungen, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
25 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Antragsgegner ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt - aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Antragstellern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Antragsgegner und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Antragstellern erwähnte e-mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Antragsgegners mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
26 
Nach alldem kann entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt erneut geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
27 
2.1.2 Entgegen der Auffassung der Antragsteller leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden relativen Verfahrensfehler. Dabei spricht zwar vieles dafür, dass § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG - anders als die Überschrift nahelegt - keine abschließende Regelung über die Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern enthält, sondern nur die dort genannten Fallgruppen zu absoluten Verfahrensfehlern erklärt, ohne die Beachtlichkeit anderer Verfahrensfehler nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. etwa § 46 VwVfG, § 44a VwGO) auszuschließen (vgl. hierzu näher Urteil des Senats vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies bedarf hier jedoch ebenso wenig einer weitergehenden Erörterung wie die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umstrittene Frage, ob ein gegenteiliges Normverständnis mit den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Fassung, jetzt Art. 11 RL 2011/92/EU vereinbar ist (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448). Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden relativen Verfahrensfehler.
28 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3a UVPG RdNr. 26.1). Gemäß der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 551/06, S. 43 f.) soll durch die Regelung des § 3a Satz 4 UVPG dem Umstand Rechnung getragen werden, dass § 3c UVPG der zuständigen Behörde mit der Formulierung „nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Nachvollziehbarkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2010 - OVG 11 S 45.09 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445). Im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - a.a.O.).
29 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht davon auszugehen, dass die von dem Antragsgegner durchgeführte Umweltverträglichkeitsvorprüfung einen derartigen schwerwiegenden Ermittlungs- oder Bewertungsfehler aufweist, der im gerichtlichen Verfahren beanstandet werden könnte. Auch die Antragsteller legen nicht dar, dass die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls an einem Verfahrensfehler leidet oder deren Ergebnis nicht nachvollziehbar wäre. Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Antragsgegner hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Antragsgegner ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Antragsgegners vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt jedenfalls bei summarischer Prüfung gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen zu Eigen gemacht hat.
30 
2.1.2.2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller enthält die 2. SAG bei summarischer Sachverhaltsprüfung keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr hält sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
31 
Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Bau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner zutreffend davon ausgegangen sein, dass durch die wohl untergeordneten Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. Hiergegen spricht, dass bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen wurde, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
32 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem damaligen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kon-trollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen zur Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer bereits beantragten, jedoch noch nicht erteilten 3. SAG vorbehalten bleiben.
33 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, dass bei der für den zweiten Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung sich unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben könne, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im zweiten Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen weisen der Antragsgegner und die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass allein eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen kann. Maßgeblich hierfür ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des zweiten Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Unerheblich dürfte in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Antragsteller sein, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird.
34 
Eine wesentliche Änderung dürfte schließlich nicht dadurch eingetreten sein, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, so dass die Anlage bei Beginn des zweiten Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeits-prüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des zweiten Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
35 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit in den Blick zu nehmen, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollten nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und der hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
36 
Nach alldem hat der Antragsgegner die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
37 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
38 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war - wie oben näher dargestellt - für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
39 
2.1.3.2 Der Antragsgegner hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer erneuten fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
40 
Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls bei summarischer Prüfung für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass auch die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter haben werden. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargelegt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG dargestellten Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahmen überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Antragsgegners, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
41 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I. 2.4.1) ergibt, hat der Antragsgegner das ihm eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Antragsgegner hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien und bei der Durchführung eines fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens nicht mit einem wesentlichen Erkenntnisgewinn gerechnet werden könne. Diese Einschätzung des Antragsgegners ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Antragsgegner getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
42 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass die Antragsteller wohl auch bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht in eigenen Rechten verletzt wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Antragstellern nicht dargetan und liegt bereits deshalb fern, weil ihnen von dem Antragsgegner jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden ist.
43 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
44 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet jedenfalls bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Antragsgegner hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Antragstellern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Antragstellern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann der Antrag nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
45 
2.2.1 Jedenfalls bei summarischer Prüfung durfte der Antragsgegner die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
46 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR 1178/07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Die Exekutive ist für die Risikoermittlung und -bewertung, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen, allein verantwortlich (BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - a.a.O.; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129). Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
47 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsoge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
48 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Antragsgegner davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§ 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; Urteil vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
49 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß § 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Antragsteller haben insoweit nicht substantiiert vorgebracht, durch welche Defizite der Schadensvorsorge sie sich in eigenen Rechten verletzt fühlen. Letztendlich wird von den Antragstellern nicht geltend gemacht, dass die Überschreitung von Grenzwerten für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb droht. Die Antragsteller sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, der nach dem oben Gesagten jedoch nicht drittschützend ist.
50 
2.2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller durfte die Genehmigungsbehörde bei summarischer Prüfung auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
51 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen eine Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien zugrunde gelegt. In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben hat der Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von außen (EVA) untersucht und ist zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Die Antragsteller zeigen nicht substantiiert auf, dass weitere Störfallabläufe zu betrachten gewesen wären, oder dass gegen die Prognose der bei den angenommenen Störfällen eintretenden Strahlenexpositionen durchgreifende Bedenken bestehen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet haben, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter bei ihrer Störfallbetrachtung u.a. den Einsturz der Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 unterstellt und dessen Auswirkungen untersucht, obwohl die Lagerung von Abfallgebinden in diesen Gebäuden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden ist. In ähnlicher Weise haben die Gutachter die Lagerung der Brennelemente im externen Lagerbecken in ihre Betrachtung einbezogen, obwohl diese - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG war. Jedenfalls nach den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein bestehenden beschränkten gerichtlichen Erkenntnismöglichkeiten ist deshalb davon auszugehen, dass Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien und Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle nicht vorliegen. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
52 
2.2.2 Zu Recht dürfte die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen sein, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG zu Gunsten der Antragsteller gegeben ist. In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Antragsteller ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
53 
Die Antragsteller sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37) als nicht gewährleistet an und weisen zutreffend darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG nicht erneut betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Entgegen der Auffassung der Antragsteller dürfte diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden sein.
54 
Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG dagegen enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Antragsteller deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
55 
Im Übrigen könnten die Antragsteller selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Antragsteller diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Antragstellern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Antragsteller im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des Betriebsreglements.
56 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Antragsteller insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in vergleichbaren Fallkonstellationen das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat jedenfalls unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb betrachtet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass auch dabei der maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv eingehalten wird. Mit den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln kann mangels aussagekräftiger Angaben in der Begründung der 2. SAG freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht.
57 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher BayVGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
58 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
59 
2.3 Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Antragsteller bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG genehmige die Verbringung der bestrahlten Brennelemente aus dem internen Brennelementlagerbecken im Reaktorgebäude in das Lagerbecken des Notstandsgebäudes; im Fall einer Störung im Notstandsgebäude stehe keine weitere Lagerungsmöglichkeit mehr zur Verfügung, die erforderliche Redundanz sei somit nicht gegeben. Dabei machen die Antragsteller mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und erneut zu legalisieren.
60 
Fehl geht insbesondere die Annahme der Antragsteller, durch die 2. SAG werde das Verbringen der Brennelemente aus dem internen Brennelementlager in das Notstandsgebäude erstmalig gestattet. Wie oben näher dargestellt, wurde die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers mit bestandskräftig gewordener Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet; mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde das externe Brennelementlager in das Stilllegungsreglement einbezogen. Ferner befanden sich sämtliche Brennelemente zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG bereits im externen Brennelementlagerbecken. Im Reaktorgebäude befinden sich nach Vortrag der Beigeladenen seit Ende März 2007 keine Brennelemente mehr. Jedenfalls bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen sein, dass ein weiteres redundantes Brennelementlagerbecken nicht erforderlich ist. Vielmehr ist die Genehmigungsbehörde sachverständig beraten zu der Einschätzung gelangt, dass das externe Brennelementlager die erforderlichen Sicherungseinrichtungen aufweist und dass die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen keine Rückwirkungen auf dessen Betrieb haben. Im Übrigen ging auch das im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 dargestellte Stilllegungs- und Abbaukonzept der Beigeladenen davon aus, dass sich die abgebrannten Brennstäbe zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG allenfalls im externen Brennelementlagerbecken befinden sollen, sofern die primär vorgesehene Verbringung in ein Standortzwischenlager nicht durchgeführt werden konnte. Eine Rückverbringung der Brennelemente in das interne Brennelementlagerbecken war dagegen nach dem Stilllegungskonzept der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. In Übereinstimmung mit diesem Konzept hat auch die Reaktorsicherheitskommission in ihrer vor Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme vom 11./12.12.2007 empfohlen, dass die Brennelemente nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in das interne Nasslager zurücktransportiert werden dürfen (siehe S. 20 der Stellungnahme). Eine derartige Rückverbringung in das interne Brennelementlager dürfte jedenfalls mit Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude zudem technisch unmöglich geworden sein. Vor Erteilung der hierzu erforderlichen Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 hat der Antragsgegner sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Antragsteller mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht möglich sei bzw. das interne Brennelementlagerbecken aus Redundanzgründen weiterhin benötigt werde.
61 
Des Weiteren machen die Antragsteller geltend, es fehle an der vom Gesetz vorausgesetzten realistischen Planung für die zeitnahe Errichtung eines standortnahen Zwischenlagers, in das die Brennelemente nach Beendigung der Lagerungen im externen Elementbecken verbracht werden könnten. Dies stehe im Widerspruch zu der in § 9a Abs. 1 b AtG enthaltenen Anforderung, dass der Entsorgungsnachweis für bestrahlte Brennelemente auf einer realistischen Planung beruhen müsse und nachzuweisen sei, dass hierfür rechtlich und technisch verfügbare Zwischenlagerkapazitäten bereitstehen. Diesem Einwand braucht jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht weiter nachgegangen werden, da die insoweit einschlägige und von den Antragstellern selbst herangezogene Vorschrift des § 9a AtG keinen Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; Beschluss vom 22.08.1991 - 7 B 153.90 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 37).
62 
3. Auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
63 
Der Senat teilt dabei die Einschätzung des Antragsgegners, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an einem zeitnahen Rückbau des Kernkraftwerkes Obrigheim besteht. Dieser liegt nicht zuletzt auch im wohlverstandenen Interesse der Anwohner und damit auch der Antragsteller, da mit dem Rückbau der Anlage und insbesondere dem Abtransport der demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs das geltend gemachte Besorgnispotenzial weiter reduziert wird. Zutreffend hat der Antragsgegner in diesem Zusammenhang auch auf die Gefahr hingewiesen, dass bei einer längeren Unterbrechung des Abbaus des Kernkraftwerks sich dieses Projekt in der Reihe der anderen Rückbauvorhaben nach der Abschaltung von acht deutschen Kernkraftwerken nach hinten verschieben könnte und damit eine erhebliche Zeitverzögerung zu befürchten wäre. Schließlich hat die Beigeladene nachvollziehbar im Einzelnen näher dargelegt, dass gerade die Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen von Großkomponenten des Primärkreislaufs für den vorgesehenen Zeitrahmen von essentieller Bedeutung ist. Auch hat die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Sofortvollzug und der zügigen Durchführung von bereits vergebenen Abbaumaßnahmen dargelegt. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die von der Beigeladenen vorgelegten Berechnungen der wirtschaftlichen Auswirkungen bei einer den Eilanträgen vollständig stattgebenden Entscheidung nachvollziehbar sind. Denn der Senat stellt bei der Interessenabwägung im Wesentlichen auf das öffentliche Interesse am zügigen Rückbau des Kernkraftwerks und lediglich untergeordnet auf die wirtschaftlichen Belange der Beigeladenen ab.
64 
Gegenüber diesen für die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung streitenden Interessen muss das Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zurücktreten. Zwar haben vor allem die Rechtsgüter Leben und Gesundheit, zu deren Schutz die Antragsteller die erforderliche Vorsorge beanspruchen, einen hohen Rang. Die Antragsteller haben jedoch - wie ausgeführt - einen Erfolg ihrer Klagen nicht als hinreichend wahrscheinlich dartun können. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass es bei der Beurteilung dieser Erfolgsaussichten ausschließlich um die Fragen einer Risikoerhöhung im vorgelagerten Bereich der Vorsorge bzw. um bloße Besorgnispotentiale geht. Auch dies lässt es eher zumutbar erscheinen, dass die Antragsteller den Vollzug der Genehmigung vorläufig hinnehmen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen für die Antragsteller geringe Vorteile bringen würde. Bei einem Erfolg der Eilanträge könnte der Abbau der in A.I.1.1 der 2. SAG genannten Anlagenteile nicht fortgesetzt werden. Dies dürfte für die Antragsteller jedoch lediglich von untergeordneter Bedeutung sein, da vor allem die kritischen Großkomponenten des Primärkreislaufs, deren Abbau von der 2. SAG gestattet wird, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits weitgehend demontiert sind. Auch damit hat sich das von den Antragstellern geltend gemachte Besorgnispotenzial, sofern es auf den Abbau von Anlagenteilen des Primärkreislaufs bezogen ist, bereits bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiter reduziert. Im Übrigen haben die Antragsteller weniger gegen die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Einwendungen erhoben, sondern sich gegen den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude gewendet. Dieser würde jedoch auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nicht vollständig unterbunden werden, da er - wie oben näher dargestellt - nicht Gegenstand der 2. SAG ist. Deshalb bestünde auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die Möglichkeit, dass der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 1. SAG weitergeführt wird. Bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung könnten die Antragsteller daher ihr Hauptziel, nämlich die Unterbindung der weiteren Brennelementlagerung im Notstandsgebäude, nicht erreichen. Daher ist das Suspensivinteresse der Antragsteller aufgrund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles als gering zu bewerten.
65 
Nach alledem bleibt der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen ohne Erfolg.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen.
67 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG sowie § 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 1.5, 6.2 i.V.m. Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (VBlBW 2004, 467).
68 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. September 2013 - 12 K 1330/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das (endgültige) Nichtbestehen der Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung im Termin Herbst 2012.
Die am … 1986 geborene Klägerin studierte seit dem Wintersemester 2007/08 an der Universität Tübingen Rechtswissenschaft. Im Frühjahr 2012 bestand sie den schriftlichen Teil der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung nicht. Bei der Wiederholungsprüfung im Herbst 2012 erzielte sie eine Durchschnittspunktzahl von 3,33 Punkten und verfehlte damit die für eine Zulassung zur mündlichen Prüfung erforderliche Durchschnittspunktzahl (3,75 Punkte). Die Aufsichtsarbeiten Nr. 1, 2 und 3 im Zivilrecht wurden jeweils mit 4,0, 3,0 und 3,0, die Aufsichtsarbeiten Nr. 4 und 5 im Öffentlichen Recht jeweils mit 4,0 und 3,0 und die Aufsichtsarbeit Nr. 6 im Strafrecht jeweils mit 3,0 Punkten bewertet.
Mit Bescheid vom 12.12.2012 erklärte das Landesjustizprüfungsamt die Staatsprüfung daraufhin für endgültig nicht bestanden. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den sie u.a. mit Einwendungen gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 begründete. Zu den Einwendungen wurden jeweils Stellungnahmen der Erst- und Zweitprüfer eingeholt. Sie hielten an ihren ursprünglichen Bewertungen fest.
Mit Bescheid vom 04.04.2013 wies das Landesjustizprüfungsamt den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.04.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, die Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen, hilfsweise, ihr eine Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung zu gestatten. Bewertungsfehlerhaft sei zunächst die Rüge des Erstgutachters zur Aufsichtsarbeit Nr. 2, sie habe einen Klageantrag nicht formuliert. Dies könne von ihr nicht gefordert werden, da es nicht zur Aufgabenstellung gehört habe. Die Prüfungsaufgabe sei eindeutig und verlange eine Formulierung des Antrags gerade nicht. Die abschwächende Wendung des Erstgutachters, wonach eine vollständige Formulierung angesichts der unzureichenden Sachverhaltsangaben nicht habe erwartet werden können, wenigstens aber das Klageziel, die Zwangsvollstreckung in die fünf Kartons für unzulässig zu erklären, hätte formuliert werden sollen, könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich auch dies in keiner Weise als Aufgabenstellung entnehmen lasse. Gleiches gelte für die Erklärung im Widerspruchsverfahren, „gute Arbeiten" hätten aber das Klageziel, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären, durchaus formuliert. Bewertungsfehlerhaft sei weiterhin auch die Kennzeichnung der Prüfung der Eigentumsübertragung von H an V unter Eigentumsvorbehalt als „auf abenteuerlichen Umwegen" erreicht. An der von ihr gewählten Prüfungsfolge sei nichts zu bemängeln. Im Übrigen lasse die Verwendung des Wortes „abenteuerlich" darauf schließen, dass der Erstgutachter nicht die erforderliche sachliche Distanz zu ihrer Leistung einhalte, sondern von vornherein auf eine negative Bewertung festgelegt sei. Ferner werde z. B. die Prüfung der §§ 929, 932 BGB pauschal und ohne weitere Begründung als unrichtig abqualifiziert, obwohl sie hier alle Merkmale des gutgläubigen Erwerbs korrekt geprüft habe. Gleiches gelte für die apodiktische Würdigung der Einordnung der V als Kauffrau als „unrichtig" und im Hinblick auf Aufgabe 2 für die Wertung, eine mögliche Pflichtverletzung der S habe keinen Einfluss auf das Vorliegen der Willenserklärungen für den Vertragsschluss. Der Erstgutachter verkenne hier schon grundsätzlich ihren Prüfungsansatz, der vollkommen korrekt sei. Bezogen auf die Aufsichtsarbeit Nr. 3 sei bewertungsfehlerhaft, dass das Erstgutachten nicht erkennen lasse, dass sich der Gutachter ernsthaft mit ihrer Leistung auseinandergesetzt habe. So habe sie etwa die Konstellation der Vormerkung - relative Unwirksamkeit und Anspruch aus § 888 BGB - völlig korrekt dargestellt und sich im Rahmen der Berechtigung mit der hier tatsächlich problematischen Eigentümerstellung auseinandergesetzt. Zwar sei es richtig, dass sie insoweit zu einem anderen Ergebnis als die Musterlösung gekommen sei, als sie einen Eigentumserwerb des E annehme. Der Erstgutachter habe allerdings versäumt, auf der Basis dieses so gefundenen Ergebnisses die weitere Folgerichtigkeit ihrer Ausführungen zu untersuchen. Der Erstgutachter zur Aufsichtsarbeit Nr. 5 fokussiere sich auf von ihr nicht völlig zutreffend gelöste Randaspekte in einer Weise, die Zweifel an der Unbefangenheit seiner Bewertung aufkommen lasse. So würdige das Erstgutachten zunächst in keiner Weise die ganz überwiegend gelungene Bearbeitung der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage. Ohne ersichtliche Würdigung blieben auch ihre zutreffenden Ausführungen zur Zulässigkeit von Bauvorhaben im Innenbereich, obwohl die gesetzgeberische Systematik in diesem Bereich als durchaus verwickelt zu bezeichnen sei. Das Übersehen der Vorschrift des § 2 Abs. 12 LBO sei keineswegs als schwerwiegender Fehler anzusehen. Es sei nicht ersichtlich, warum hier eine vertiefte Prüfung der §§ 49 - 51 LBO - insbesondere des § 50 Abs. 2 LBO - hätte erfolgen sollen. Schließlich sei auch nicht erkennbar, warum auch die Prüfung der Voraussetzungen des § 34 BauGB zu „knapp" ausgefallen sein sollte. Gänzlich unausgewogen und ihrer Leistung nicht gerecht werdend stelle sich auch das Erstgutachten zur Aufsichtsarbeit Nr. 6 dar. Der Erstgutachter würdige die Arbeit von vornherein voreingenommen ausschließlich zu ihren Lasten. Dies zeige sich schon zu Beginn des Gutachtens, wo die Prüfung eines Betrugs durch T zum Nachteil des V vom Korrektor schlicht als „fernliegend" bezeichnet werde. So weit hergeholt sei die hier vorgenommene Prüfung allerdings nicht. Generell sei die Herbeiführung einer Verfügung von Todes wegen durch Täuschung nämlich durchaus betrugsrelevant. Gleiches gelte für die Wertung des Erstgutachters, im Hinblick auf die Spieluhr sei die Prüfung eines Betruges zu Lasten des K „fernliegend". Es sei nämlich nach dem Sachverhalt überhaupt nicht dargetan, dass der K, hätte er die wahre Rechtslage - Vermächtnis der Spieluhr ausschließlich an S - gekannt, die Uhr tatsächlich gekauft und die Vermögensverfügung zugunsten der T getätigt hätte. Vor diesem Hintergrund sei auch die Wertung, die versuchte Unterschlagung habe an dieser Stelle das „Kernproblem" des Falles dargestellt - dessen Erörterung sie angeblich versäume -, nicht naheliegend. Dies könne ebenfalls nach der dem Korrektor vorgelegenen Musterlösung der Fall gewesen sein, sei aber rechtlich mehr als fragwürdig. Die insoweit offenbar eigenwillige Schwerpunktsetzung der Musterlösung könne hier nicht zu ihren Lasten gehen. Auch die Kritik, sie beschäftige sich bei ihrer Prüfung des Merkmals des „Ankaufens" im Sinne des § 259 StGB damit, ob zwischen den Parteien ein Kaufvertrag vorgelegen habe, sei gänzlich unberechtigt. Es werde nämlich durchaus in weiten Teilen der Literatur vertreten, dass dem Merkmal eigenständige Bedeutung zukomme. Es handele sich somit bei ihrem Lösungsweg um eine fachwissenschaftlich vertretbare Auffassung. Schließlich erscheine es auch nicht vertretbar, ihr vorzuwerfen, sie hätte im Hinblick auf das Schreiben an den Ermittlungsrichter die §§ 153, 154 StGB angeprüft. Denn sie komme in ihrer Lösung doch schließlich zu dem korrekten Schluss, dass eine Vernehmungssituation nicht vorgelegen habe. Die Delikte lägen aber bei realistischer Wertung trotzdem ersichtlich nicht so fern, dass sie nicht hätten wenigstens angeprüft werden müssen. Bei der Bewertung der Aufgabe 2 rekurriere das Erstgutachten einseitig darauf, dass sie die besondere Volte der Vernehmung des Richters als Zeugen über die Aussage im Ermittlungsverfahren nicht erwähnt habe, unterschlage aber, dass die Problematik im Übrigen von ihr korrekt bei § 252 StPO verortet und vertretbar gelöst worden sei.
Hilfsweise stehe ihr ein Anspruch auf Wiederholung der Prüfung zu, da die Vorschriften der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung Baden-Württemberg den Anforderungen des prüfungsrechtlichen Gebots der Chancengleichheit nicht gerecht würden. Eine Portionierung der Prüfungsleistungen, wie sie das „Mannheimer Modell“ erlaube, verzerre den Prüfungsmaßstab insoweit, als sich Studierende solcher Kombinationsstudiengänge in ihrer Examensvorbereitung zunächst ausschließlich auf einen Teil des Prüfungsstoffs vorbereiten könnten und im nachfolgenden Abschnitt der Prüfung sowohl im Hinblick auf die zu erbringende Gedächtnisleistung als auch die Beherrschung der Systematik des abgeschichteten Teilrechtsgebiets entlastet seien. Wäre ihr eine ähnliche Vergünstigung gewährt worden, hätte sie die Erste juristische Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestanden.
Mit Urteil vom 25.09.2013 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 stehe der Klägerin nicht zu. Die Bewertung ihrer Leistungen sei nicht zu beanstanden. Bei der Aufsichtsarbeit Nr. 2 habe es innerhalb des Beurteilungsspielraums der Prüfer gelegen, die Formulierung des Klageziels zu verlangen. Die Aufgabe habe gelautet: „Kann H erfolgreich gerichtlich gegen die Zwangsvollstreckung des C in die von V an W weiter veräußerten Kartons vorgehen?" Es sei nachvollziehbar, dass diese Frage nur beantwortet werden könne, wenn dargelegt werde, welches (Klage-)Ziel vor Gericht verfolgt werden solle. Zur Frage der Prüfung des Eigentumsverlusts seien die Ausführungen des Erstprüfers in der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren (2. Absatz) zutreffend. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Prüfer bemängelten, ein Vertragsschluss mittels Pflichtverletzung sei nicht nachvollziehbar. Auch die BGH-Entscheidungen, auf die sich die Klägerin berufe, hätten jeweils die Anscheinsvollmacht, keine Pflichtverletzungen betroffen. Die Klägerin habe auch nicht alle Merkmale des gutgläubigen Erwerbs korrekt geprüft. Der Widerruf, auf den sie sich bei der Prüfung des guten Glaubens bezogen habe (Seite 13 der Arbeit), habe nämlich nach der Aufgabenstellung die Weiterveräußerungsbefugnis, nicht die Eigentümerstellung betroffen. Der Beklagte weise insoweit zu Recht darauf hin, dass die Klägerin damit den Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis geprüft habe, dass aber nur der gute Glaube an das Eigentum geschützt werde. Die Klägerin habe auch zu Unrecht angenommen, V sei Kaufmann i.S.d. § 1 HGB gewesen. Sie sei aber in der Tat (höchstens) „Scheinkauffrau" gewesen, da sie nicht in das Handelsregister eingetragen gewesen sei und auch nach dem in der Aufgabe angegebenen Geschäftsumfang nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB erfüllt habe. Im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit Nr. 3 seien die Ausführungen der Prüfer zur Eigentumsübertragung an E nachvollziehbar. Die Prüfer wiesen zu Recht darauf hin, dass § 105 Abs. 2 BGB nicht gesehen worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin entsprächen ihre Formulierungen auch nicht inhaltlich § 105 Abs. 2 BGB. Zwar habe der Erstprüfer eingeräumt, dass die Klägerin tatsächlich § 893 2. Fall BGB genannt gehabt habe. Er habe aber in seiner Stellungnahme zu erkennen gegeben, dass er - trotzdem - an der Bewertung mit 3 Punkten festhalte. Dies sei im Rahmen des Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Im Übrigen gehöre die Gewichtung von Positivem und von Fehlern typischerweise zum Beurteilungsspielraum. Insoweit hätten beide Prüfer in ihrem „Fazit" ausreichend klargestellt, dass sie alle, auch die positiven Aspekte der Arbeit gewürdigt hätten. Die Einschätzung der Prüfer, die Prüfung von Betrug durch Verschweigen der Heirat sei fernliegend, halte sich im Rahmen des Beurteilungsspielraums. Im Rahmen der Aufsichtsarbeit Nr. 6 seien die Ausführungen im Gutachten des Erstprüfers zur Prüfung des § 259 StGB vertretbar und hielten sich innerhalb des Beurteilungsspielraums. Denn aus der Randbemerkung auf Seite 11 der Aufsichtsarbeit der Klägerin werde deutlich, dass der Prüfer durchaus gesehen habe, dass sie auch die anderen Tatbestandsmerkmale des § 259 StGB genannt habe. Soweit es um die Strafbarkeit von S wegen Anstiftung zum Diebstahl gehe, würfen die Prüfer der Klägerin nicht vor, dass die Prüfung überhaupt erfolgt sei. Dabei seien die Ausführungen der Klägerin zur Strafbarkeit von S wegen Anstiftung zum Diebstahl falsch. Ein Diebstahl liege offenkundig nicht vor. Die „Wegnahme" entfalle von vornherein, weil die Uhr freiwillig herausgegeben worden sei. Auch eine Gewahrsamslockerung liege nicht vor. Die Einwendungen der Klägerin zur Begründung der Prüfer zu den Ausführungen zu §§ 153 ff. StGB enthielten nur die eigene Würdigung der Klägerin, die insoweit nicht rechtserheblich sei. Zu § 252 StPO habe die Klägerin nichts davon geschrieben, dass der vernehmende Richter später als Zeuge vernommen werden könne. Dies ergebe sich auch nicht aus den Formulierungen, auf die sie in ihren Einwendungen hingewiesen habe. Insbesondere gelte dies für die von ihr in den Raum gestellte Möglichkeit, als „Richter vom Hörensagen" auszusagen. Nach der Aufgabenstellung sei auch nicht zu beanstanden, dass die Prüfer den Betrug zum Nachteil K als fernliegend angesehen und das Kernproblem bei der versuchten Unterschlagung gesehen hätten. Denn das Problem sei tatsächlich versuchte Unterschlagung, weil T gemeint habe, S sei Eigentümerin der Uhr geworden. Für die Annahme eines Betrugs habe es schon an einer Täuschung des K durch T gefehlt. Bei der Aufsichtsarbeit Nr. 5 wende sich die Klägerin allerdings zu Recht dagegen, dass der Erstprüfer bei der Zuständigkeit beanstandet habe, dass diese Frage schon im Rahmen der Passivlegitimation geprüft worden sei. Dies folge schon daraus, dass Passivlegitimation im gerichtlichen Verfahren und Zuständigkeit für die Bearbeitung eines Antrags nicht übereinstimmen müssten. Unabhängig davon, welche Aussage einer Randbemerkung zukomme, habe der Erstprüfer diese als Kritik gemeint und daran in der Stellungnahme vom 07.03.2013 ausdrücklich festgehalten. Im Übrigen könne die Klägerin mit ihren Einwendungen nicht durchdringen. Der dargelegte Fehler in der Begründung der Bewertung führe nicht dazu, dass die Prüfer die Aufsichtsarbeit Nr. 5 nochmals bewerten müssten. Um eine Durchschnittspunktzahl von 3,75 zu erreichen, müsste die Klägerin insgesamt 3 Punkte mehr erhalten, was das Gericht als ausgeschlossen ansehe. Damit fehle ihr insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Wiederholung der Prüfung. Die Kammer hege bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin sich zum heutigen Zeitpunkt überhaupt noch auf einen Gleichheitsverstoß bezüglich des „Mannheimer Modells" berufen könne. Spätestens vor Ablegung ihrer Staatsprüfung im Rahmen der Ersten juristischen Prüfung hätte sie beantragen müssen, ebenfalls entsprechend dem Verfahren des „Mannheimer Modells" geprüft zu werden. Diese Obliegenheit habe die Klägerin verletzt. Im Übrigen halte die Kammer daran fest, dass das „Mannheimer Modell" verfassungskonform und auch im Übrigen zulässig sei. Es liege insoweit kein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit vor. Zur weiteren Begründung werde auf die Gründe des Urteils der Kammer vom 18.09.2013 (12 K 4134/12) verwiesen.
Gegen das ihr am 12.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.10.2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und fristgerecht begründet.
10 
Die Klägerin wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Hinblick auf Klausur Nr. 2 gehe das Verwaltungsgericht zunächst darin fehl, es hätte innerhalb des Beurteilungsspielraums des Prüfers gelegen, bei Aufgabe 1 das Klageziel zu verlangen. Irrtümer des Prüfers über die Prüfungsaufgabe gehörten nämlich zu den gerichtlich voll überprüfbaren Sachverhaltsirrtümern. Um einen solchen handele es sich im vorliegenden Fall. Da eindeutig nur nach den Erfolgsaussichten der Klage gefragt worden sei, habe nicht gesondert ein Klageziel oder gar ein Klageantrag verlangt werden können. Auch der Hinweis des Erstgutachtes, „gute“ Arbeiten hätten ein Klageziel durchaus formuliert, beruhe auf einer verfehlten Perspektive. Im Hinblick auf Klausur Nr. 3 hätten sich weder Erst- noch Zweitgutachten mit den Ausführungen auseinandergesetzt, die Folge ihrer von der Musterlösung abweichenden „Weichenstellung" - Eigentumserwerb des E - gewesen seien. Indes seien die Prüfer gehalten, grundsätzlich auch diejenigen Ausführungen des Prüflings zur Kenntnis zu nehmen, die dieser nach einer (vermeintlich aus Sicht des Prüfers) „falschen Weichenstellung" bei der Lösung der Prüfungsaufgabe gemacht habe. Die Ausführungen im Rahmen eines solchen Folgefehlers könnten insbesondere einen Anhalt dafür geben, dass der Prüfling immerhin weitere Kenntnisse in dem geprüften Gebiet besitze und dass insbesondere seine weitere Gedankenführung folgerichtig sei. Hinsichtlich Klausur Nr. 6 bedürfe aus ihrer Sicht noch einmal einer besonderen Überprüfung durch den erkennenden Senat das Verdikt der Vorderrichter, die Einschätzung der Prüfung eines Betruges (§ 263 StGB) durch das Erstgutachten als fernliegend sei nicht zu beanstanden. Generell sei die Herbeiführung einer Verfügung von Todes wegen durch Täuschung nämlich durchaus betrugsrelevant. Es dürfte sich somit bei der von ihr vorgenommenen Prüfung - mithin der Wertung, ein Betrug käme vorliegend zumindest denkbar in Betracht - um eine fachwissenschaftlich mindestens vertretbare Auffassung handeln, die nicht ohne weiteres als falsch bezeichnet werden dürfe. Im Hinblick auf Klausur Nr. 5 werte das Verwaltungsgericht den von ihm richtig erkannten Bewertungsfehler - Beanstandung der Prüfung der Zuständigkeit als bereits im Rahmen der Passivlegitimation vorgenommen - falsch, wenn auch aus seiner Sicht folgerichtig. Das Gericht meine, der Fehler führe deswegen nicht zu einem Anspruch auf Neubewertung der Klausur, weil das Erreichen einer Durchschnittspunktzahl von 3,75 Punkten auf der Basis des gerügten Fehlers ausgeschlossen sei. Damit werde verkannt, dass aufgrund der angeführten Bewertungsfehler in den anderen Klausuren auch diese einer Neubewertung zuzuführen seien.
11 
In Bezug auf den Hilfsantrag führt die Klägerin aus, die Erwägungen des Senats im Beschluss vom 27.02.2014 - 9 S 2275/13 - zum Fehlen der Klagebefugnis überzeugten nicht. Die Konstruktion einer Rügeobliegenheit gehe an der Realität des vorliegenden Falles vorbei. Insbesondere verkenne das Verwaltungsgericht, dass die Funktion der Rügeobliegenheit des Prüflings, der Prüfungsbehörde eine Möglichkeit zur Abhilfe zu verschaffen, im Fall der Vorschriften der §§ 35a ff. JAPrO völlig leerlaufe. Denn dem Beklagten seien die fraglichen Vorschriften ohne weiteres bekannt. Im Übrigen habe der Beklagte - was ihr bekannt gewesen sei - seine Rechtsauffassung, wonach die Vorschriften der §§ 35a JAPrO aus seiner Sicht als verfassungsgemäß anzusehen seien und eine Änderung daher nicht intendiert sei, auch in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe nochmals bestätigt. Die dortige Äußerung habe indes zeitlich vor ihrer der Meldung im vorliegenden Verfahren zu ihrer Prüfung gelegen. Schon dies lasse eine Rügeobliegenheit zu ihren Lasten als gänzlich sinnlose Förmelei erscheinen. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 18.09.2013 davon aus, die Vorschriften über das „Mannheimer Modell" seien materiell verfassungsgemäß. Entscheidend sei, dass beide Studiengänge zu einem gleichen Abschluss, nämlich der Ersten juristischen Prüfung führten. Nur bezogen auf diese habe der Verordnungsgeber die Ungleichbehandlung der Studierenden zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund spielten die von den Mannheimer Kandidaten zu erbringenden „beträchtlichen Zusatzanforderungen" keine Rolle. § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG könne zur Rechtfertigung der Abschichtung im Rahmen des „Mannheimer Modells" nicht herangezogen werden, da diese Vorschrift eine Gleichbehandlung der Kandidaten bezogen auf die Möglichkeit zur Abschichtung bereits denknotwendig voraussetze. Mit der sog. Experimentierklausel des § 62a Abs. 2 Satz 1 JAPrO als solcher werde der Spielraum für eine Ungleichbehandlung der rechtsunterworfenen Bürger nicht erweitert.
12 
Die Klägerin beantragt sachdienlich,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. September 2013 - 12 K 1330/13 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesjustizprüfungsamts vom 12.12.2012 und dessen Widerspruchsbescheids vom 04.04.2013 zu verpflichten,
die von ihr in der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung Herbst 2012 angefertigten Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten,
hilfsweise, ihr eine Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung zu gestatten.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus: Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass in den Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3 und 6 keine Bewertungsfehler vorlägen. Hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Nr. 5 habe das Verwaltungsgericht zwar einen Bewertungsfehler angenommen. Im Ergebnis stelle sich das Urteil des Verwaltungsgerichts jedoch auch in diesem Punkt als richtig dar, da tatsächlich kein Bewertungsfehler vorliege und damit die Aufsichtsarbeit Nr. 5 nicht neu zu bewerten sei. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass die JAPrO und insbesondere die zitierten Regelungen über das „Mannheimer Modell“ nicht verfassungswidrig bzw. sonst rechtswidrig seien. Insbesondere sei kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG sowie den prüfungsrechtlichen Verfassungsgrundsätzen zu erkennen. Der rechtswissenschaftliche Studiengang nach §§ 1, 3 JAPrO und der gestufte Kombinationsstudiengang nach §§ 35a ff. JAPrO seien aufgrund der konkreten Ausgestaltungen sowie der engen Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Abschichtungsmöglichkeit nach § 35b JAPrO bereits nicht vergleichbar. Da die Voraussetzungen für eine Abschichtung zwingend seien, müssten sie bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Chancengleichheit mit in den Blick genommen werden. Dies zeige, dass die Teilnahme an dem gestuften Kombinationsstudiengang keineswegs eine leichtere Möglichkeit zur Erlangung der Staatsprüfung darstelle. Damit seien keine wesentlich gleichen Sachverhalte gegeben. Selbst wenn man dies mit der Klägerin anders sehen wollte, läge jedenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Die in den Blick zu nehmende Lebenswirklichkeit der Studierenden zeige, dass zur Erlangung der Studienabschlüsse vergleichbare Anforderungen bewältigt werden müssen. Jedenfalls wäre schließlich aus denselben Gründen eine Rechtfertigung gegeben. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz lasse sich selbst dann nicht begründen, wenn der Ansatz der Klägerin zutreffend wäre, dass entscheidender Gesichtspunkt sei, dass beide Studiengänge zum gleichen Abschluss, nämlich der Ersten juristischen Prüfung führten, im Hinblick auf den gleichen Abschluss eine Ungleichbehandlung vorläge und der Verordnungsgeber diese rechtfertigen müsse. In § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG habe der Bundesgesetzgeber selbst die Möglichkeit geschaffen, dass der Abschluss der Juristenausbildung, die Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung, mit unterschiedlichen Prüfungsmodalitäten erlangt werden könne. Dass diese Abschlüsse nicht gleichwertig seien oder dass dadurch die Chancengleichheit verletzt würde, habe bislang niemand beanstandet. Das Deutsche Richtergesetz stelle für die Option der Abschichtung keine weiteren Anforderungen und gehe dennoch von der Gleichwertigkeit der Prüfungen bundesweit aus. In anderen Bundesländern werde die Abschichtungsmöglichkeit an die Wahrnehmung des Freiversuchs gekoppelt, also allein von zeitlichen Anforderungen abhängig gemacht. Wieviel mehr müsse von einer Gleichwertigkeit ausgegangen werden, wenn in Baden-Württemberg darüber hinaus zusätzlich die dargelegten Studieninhalte und Prüfungsleistungen bewältigt werden müssen. Selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit könnte die Klage mangels subjektiven Rechts der Klägerin auf eine Fortsetzung bzw. weitere Wiederholung der Prüfung keinen Erfolg haben.
17 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag abgewiesen. Der Bescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 12.12.2012 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.04.2013 sind rechtmäßig. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Verpflichtung des Beklagten zur Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann die Klägerin nicht verlangen (im Folgenden unter I.). Auch der auf eine Verpflichtung zur Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung gerichtete Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg (II.).
I.
20 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung ihrer Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügungen des Beklagten ist § 16 Satz 2 i.V.m. Satz 1 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen vom 08.10.2002 (GBl. S. 391, in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 23.03.2011, GBl. S. 164, - JAPrO -). Danach ist der Kandidat von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Staatsprüfung nicht bestanden, wenn er im schriftlichen Teil der Staatsprüfung nicht eine Durchschnittspunktzahl von mindestens 3,75 Punkten erreicht hat. Das ist hier der Fall. Entgegen der Auffassung der Klägerin leidet die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 nicht an Rechtsfehlern.
22 
Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten. Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist. Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 -, BVerfGE 84, 34, 50 ff.; BVerwG, Beschluss vom 16.08.2011 - 6 B 18.11 -, juris).
23 
Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass fachlich zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und nicht zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Fachliche Fragen fallen nicht in den prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, a.a.O., 50 ff.; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ 2004, 1375; Senatsurteil vom 21.03.2012 - 9 S 764/11 -).
24 
Demgegenüber sind Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.11.1997 - 6 C 11.96 -, BVerwGE 105, 328, 333 f., und vom 14.07.1999 - 6 C 20.98 -, BVerwGE 109, 211, 216 ff., sowie Beschluss vom 13.05.2004, a.a.O., 69; Senatsurteil vom 21.03.2012, a.a.O.). Ebenso handelt es sich um eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar" oder als „mangelhaft“ zu bewerten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1997, a.a.O., 334). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.08.2011 - 6 B 18.11 -, juris Rn. 16).
25 
Der rechtlichen Überprüfung ist dabei die vom Kandidaten abgegebene schriftliche Prüfungsleistung und deren Beurteilung durch die Prüfer zugrunde zu legen. Letztere erschließt sich anhand der Randbemerkungen, der Bewertungsgutachten und der Stellungnahmen im Verfahren des Überdenkens.
26 
Dass und warum die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 die Grenzen des den Prüfern eingeräumten Bewertungsspielraums nicht überschreitet, hat das Verwaltungsgericht ganz überwiegend zutreffend begründet (Entscheidungsabdruck S. 6 bis 14). Der Senat verweist auf diese Begründung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
27 
Das Berufungsvorbringen, das sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ist nicht geeignet, die Erwägungen des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst für die Rüge, der Erstprüfer der Aufsichtsarbeit Nr. 2 habe die Prüfungsaufgabe verkannt (zu dieser Art des Bewertungsfehlers vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 620). Mit seiner Stellungnahme vom 18.02.2013 im Rahmen des Verfahrens des Überdenkens hat der Erstprüfer deutlich gemacht, dass die Formulierung eines Klagantrags von ihm nicht verlangt worden ist. Beanstandet worden sei vielmehr, dass in der Arbeit nicht mitgeteilt worden sei, gegen wen sich die Drittwiderspruchsklage richten solle. Mit dem Verlangen nach der Angabe des Klagegegners hat der Erstprüfer indes keine über die Aufgabenstellung hinausgehende Leistung verlangt. Um der Fragestellung entsprechend prüfen zu können, ob H erfolgreich gerichtlich gegen die Zwangsvollstreckung in die Kartons vorgehen kann, lag es nahe, zunächst die Personen zu bezeichnen, die sich im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung in der Form der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO gegenüberstehen. Dies gilt umso mehr, als im Sachverhalt mehrere Personen (C, V, W) genannt wurden und ohne die Angabe der Klagegegners unklar bleibt, ob die besondere prozessuale Situation der Drittwiderspruchsklage hinreichend verstanden worden ist.
28 
Die Rüge, im Hinblick auf Klausur Nr. 3 hätten sich weder Erst- noch Zweitgutachten mit den Ausführungen auseinandergesetzt, die Folge der von der Musterlösung abweichenden „Weichenstellung" durch die Klägerin - Eigentumserwerb des E - gewesen seien, nimmt bereits das Gutachten des Erstprüfers nicht hinreichend in den Blick. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, ist der Erstprüfer dort ausdrücklich auf den von der Klägerin gewählten Lösungsweg eingegangen (Seite 1, vierter Absatz von unten, Seite 2, dritter Absatz). Die diesbezüglichen Ausführungen lassen eine Überschreitung des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum nicht erkennen. Auch im Hinblick auf das Gutachten des Zweitprüfers fehlen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass dieser Ausführungen ausgeblendet hätte, die Folge der abweichenden „Weichenstellung“ der Klägerin waren. Insoweit kann auch auf den Schlusssatz seines Gutachtens verwiesen werden: „Es finden sich zu viele gravierende Fehler, als dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung selbst unter Berücksichtigung von isoliert betrachtet zutreffenden Prüfungsteilen eine Bewertung im Bereich von „ausreichend“ befürwortet werden könnte“.
29 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts liegt auch im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit Nr. 5 kein Bewertungsfehler vor. Die Stellungnahme des Erstprüfers vom 19.02.2013 im Rahmen des Verfahrens des Überdenkens lässt deutlich erkennen, dass sich dieser des Unterschieds zwischen der Passivlegitimation im gerichtlichen Verfahren und der Zuständigkeit für die Entscheidung über die Baugenehmigung bewusst war. Wie der Beklagte zutreffend darlegt, überschneidet sich jedoch das Prüfprogramm bei beiden Punkten. Deshalb hat der Erstprüfer auch in nachvollziehbarer Weise kritisiert, dass die Klägerin nicht „bei der Prüfung der Zuständigkeit erkannt“ hat, „dass die dies betreffenden Fragen schon zum Teil bei der Prüfung der Passivlegitimation angesprochen wurden“. Mithin kann auch seine Schlussfolgerung, dass seine Kritik die Umständlichkeit der Prüfung und das fehlende Erkennen von Zusammenhängen betrifft, nicht beanstandet werden. Insbesondere erscheint nicht plausibel, weshalb die Klägerin auf Seite 10 bei der Prüfung der Zuständigkeit noch untersucht, ob hier die Zuständigkeit der Gemeinde als untere Verwaltungsbehörde gegeben ist.
30 
Soweit der Erstprüfer der Aufsichtsarbeit Nr. 6 es als fernliegend bezeichnet hat, dass die Klägerin einen Betrug der T zu Lasten des V (ihres Verlobten) durch Verschweigen ihrer bestehenden Ehe geprüft hat, ist dies ersichtlich nicht bewertungsfehlerhaft. Daran vermag der Hinweis der Klägerin, generell sei die Herbeiführung einer Verfügung von Todes wegen durch Täuschung durchaus betrugsrelevant, nichts zu ändern. Denn der V hat nach dem Sachverhalt überhaupt keine Verfügung von Todes wegen errichtet, sodass es von vornherein an einer Vermögensverfügung fehlte.
II.
31 
Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg.
32 
Die Klägerin kann eine Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung nicht verlangen. Dabei kann dahinstehen, ob die begehrte Wiederholung überhaupt geeignet wäre, die geltend gemachte Ungleichbehandlung gegenüber den Prüflingen, die nach dem sog. „Mannheimer Modell“ an der Prüfung teilgenommen haben, zu kompensieren, oder ob die Klägerin sich auf eine Verletzung in eigenen Rechten überhaupt berufen könnte (vgl. zu dieser Problematik Senatsbeschluss vom 27.02.2014 - 9 S 2275/13 -, juris). Zwar kann ihr nicht entgegengehalten werden, dass sie die angebliche Nichtigkeit der Regelungen über gestufte Kombinationsstudiengänge (§§ 35a ff. JAPrO) nicht unverzüglich gerügt hat (1.). Allerdings stehen die beanstandeten Regelungen, die bei der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung die Möglichkeit einräumen, Prüfungsleistungen zeitlich abzuschichten, mit höherrangigem Recht in Einklang (2.).
33 
1. Ein Prüfling muss Mängel des Prüfungsverfahrens grundsätzlich unverzüglich rügen, auch wenn dies normativ nicht bestimmt ist. Insoweit obliegt ihm eine Mitwirkungspflicht. Zum einen soll verhindert werden, dass der betroffene Prüfling, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren Rüge eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, die ihm im Verhältnis zu den anderen Prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das Gebot der Chancengleichheit verletzen würde. Zum anderen soll der Prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen Behebung oder zumindest Kompensation des Mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen zu wahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30.98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37.92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 11.06.2012 - 9 S 2741/10 -; Birnbaum, NVwZ 2006, 286).
34 
Der hier geltend gemachte „Mangel“ besteht darin, dass für einen Teil der Prüflinge abweichende Prüfungsbedingungen gelten. Dieser Umstand beruht indes nicht auf Einwirkungen auf den äußeren Ablauf der Prüfung, sondern auf den von der Klägerin als verfassungswidrig beanstandeten Rechtsgrundlagen der Prüfung, die für einen Teil der Prüflinge andere Prüfungsanforderungen vorsehen (§§ 35a ff. JAPrO, „Mannheimer Modell“).
35 
Eine nicht unverzügliche Rüge könnte der Klägerin zunächst nur entgegengehalten werden, wenn sie den Mangel vor der Prüfung gekannt und seine Bedeutung für die Leistungskontrolle erfasst hätte (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 217; BVerwG, Beschluss vom 24.02.2003 - 6 C 22.02 -, juris Rn. 24). Bereits daran bestehen hier - nicht zuletzt mit Blick auf die Komplexität der aufgeworfenen Fragen - durchgreifende Zweifel. Unabhängig davon ist die Rügeobliegenheit auf derartige Mängel, die die rechtlichen Grundlagen der Prüfung betreffen, grundsätzlich nicht anwendbar. Die Verantwortung dafür, dass die Rechtsgrundlagen der Prüfung im Einklang mit höherrangigem Recht stehen, trägt die Prüfungsbehörde. Eine Prüfung, die auf verfassungswidrigen Normen beruht, ist grundsätzlich zu wiederholen ungeachtet der Frage, ob der entsprechende Mangel gerügt wurde oder nicht (ähnlich zur Nichteinhaltung der Vorschriften zum Prüfungsstoff Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 401 m.w.N.). Hier kann grundsätzlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Prüfungsbehörde im Falle einer Rüge zur rechtzeitigen Behebung oder Kompensation des Mangels willens bzw. in der Lage wäre, zumal anzunehmen ist, dass sie die entsprechenden Normen für verfassungsgemäß hält (vgl. Art. 25 Abs. 2 LV, Art. 20 Abs. 3 GG). Bei dieser Sachlage ist aber auch dem Prüfling eine entsprechende Rüge schwerlich zuzumuten und lässt sich bei einer Unterlassung der Rüge ein widersprüchliches Verhalten des Prüflings (venire contra factum proprium) nicht begründen (zur Relevanz dieses Grundsatzes für den Verlust des Rügerechts vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 217; Birnbaum, NVwZ 2006, 286, 287).
36 
2. Die Regelungen in §§ 35a ff. JAPrO über gestufte Kombinationsstudiengänge verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
37 
a) Gestufte Kombinationsstudiengänge sind Studiengänge, bei denen die Inhalte des rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums nach § 1 Abs. 1 und § 3 JAPrO in den einzelnen Rechtsgebieten (Zivilrecht, Öffentliches Recht, Strafrecht) überwiegend zeitlich nacheinander gelehrt und in erheblichem Umfang mit Inhalten nichtjuristischer Fachrichtungen kombiniert werden und die mit der Ersten juristischen Prüfung abgeschlossen werden sollen (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Hier kann die Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung in abgeschichteter Form abgelegt werden (§ 35a Abs. 3 Satz 1 JAPrO). Nimmt ein Kandidat eines gestuften Kombinationsstudienganges nach ununterbrochenem Studium spätestens an der am Ende des sechsten Semesters beginnenden Staatsprüfung teil, so kann die Teilnahme in diesem Termin auf Antrag auf die Aufsichtsarbeiten eines Rechtsgebiets (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht) beschränkt werden. Die Beschränkung ist nur zulässig, wenn der Kandidat im Rahmen des gestuften Kombinationsstudienganges zugleich einen berufsqualifizierenden Universitätsabschluss erwirbt (§ 35b Abs. 1 JAPrO). Der Kandidat hat sich spätestens im vierten auf die Teilnahme nach Absatz 1 folgenden Termin erneut zur Staatsprüfung zu melden. In diesem Termin vervollständigt der Kandidat die Staatsprüfung um die Aufsichtsarbeiten in den noch nicht geprüften Rechtsgebieten und um die mündliche Prüfung nach § 17 (§ 35b Abs. 2 JAPrO).
38 
Auf der Grundlage des § 62a JAPrO, der die Erprobung gestufter Kombinationsstudiengänge vorsieht, hat die Universität Mannheim den Bachelor-Studiengang „Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist“ eingeführt (Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim für den Bachelor-Studiengang „Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist“ mit Staatsprüfungsoption (SPUMA) vom 20.08.2008 (Bekanntmachungen des Rektorats Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 7 ff., mit Änderungen); Prüfungsordnung für den gestuften Kombinationsstudiengang Rechtswissenschaft (Staatsexamen) - JuSPO 2010 vom 07.02.2011 (Bekanntmachungen des Rektorats Nr. 02/2011 vom 10.02.2011, S. 33 ff., mit Änderungen). Der Studiengang ermöglicht ein sechssemestriges Jurastudium in Kombination mit einer wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung bis zum Bachelor-Titel. Die Bachelor-Phase schließt nach sechs Semestern mit einer Modul-Prüfung ab (Zivilrecht in der Vertiefung), dessen integraler Bestandteil die Teilnahme an den zivilrechtlichen Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung (Staatsprüfung) ist (§ 2 Abs. 4 Satz 1 SPUMA). In der zweiten, viersemestrigen Phase können die Studierenden entweder ein Masterstudium aufnehmen oder den zur vollständigen juristischen Staatsprüfung führenden Ergänzungsstudiengang wählen und die restlichen Klausuren (im Strafrecht und im Öffentlichen Recht) sowie die mündliche Prüfung der Staatsprüfung ablegen (vgl. § 2 Abs. 5, §§ 25 ff. SPUMA).
39 
b) Die streitigen Regelungen beruhen auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage.
40 
Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LV kann eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes ist der Gesetzgeber zudem verpflichtet, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 274 f., und vom 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 -, BVerfGE 80, 1; BVerwG, Beschluss vom 07.12.1976 - VII B 157.76 -, Buchholz 421.0 Nr. 78; Urteil vom 01.06.1995 - 2 C 16.94 -, BVerwGE 98, 324, 327; Senatsurteil vom 21.11.2012 - 9 S 1823/12 -, VBlBW 2013, 262).
41 
Die Vorschriften über den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem, die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens und die Bestehensvoraussetzungen gehören in aller Regel nicht zu den dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehaltenen Leitentscheidungen. Insoweit wird den Anforderungen von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip bereits dadurch hinreichend Genüge getan, dass der parlamentarische Gesetzgeber durch die Vorgabe von Ziel und Inhalt der Ausbildung - wie hier insbesondere in §§ 5 Abs. 1, 5a Abs. 2 und 3 DRiG sowie im Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz - JAG) vom 16.07.2003 (GBl. S. 354), mit Änderungen, geschehen - die Regelungen auf untergesetzlicher Ebene nach Tendenz und Programm begrenzt und berechenbar macht, zumal die prüfungsrechtliche Rechtsetzung auch auf untergesetzlicher Ebene in weitreichendem Maße bereits durch Grundsätze gesteuert wird, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013 - 6 C 18.12 -, juris m.w.N.).
42 
Mithin wird auch der hier als Rechtsgrundlage maßgeblich in Betracht kommende § 9 Abs. 1 Nr. 6 JAG den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Danach wird das Justizministerium ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium, dem Wissenschaftsministerium und dem Innenministerium durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen u.a. über
43 
6. das Prüfungsverfahren (einschließlich der Rahmenvorgaben für die Prüfung im Schwerpunktbereich), insbesondere über die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse, den Prüfungsstoff, mögliche Gegenstände der Schwerpunktausbildung, die Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Berücksichtigung von Leistungen aus dem Vorbereitungsdienst, die Erteilung von Zeugnissen, den Rücktritt von den Prüfungen und die Wiederholung der Prüfungen, die Festlegung besonderer Bedingungen für schreibbehinderte Prüflinge und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsbestimmungen.
44 
Soweit das Gesetz eine Ermächtigung zu verordnungsrechtlichen Regelungen betreffend den „Prüfungsstoff“, „mögliche Gegenstände der Schwerpunktausbildung“ und „die Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil“ vorsieht, genügt es den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., juris Rn. 24). Dies gilt umso mehr, als sich in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG eine bundesgesetzliche Ermächtigung findet, wonach das Landesrecht bestimmen kann, dass Prüfungsleistungen während des Studiums erbracht werden, jedoch nicht vor Ablauf von zweieinhalb Studienjahren. Damit ist die Möglichkeit der zeitlichen Abschichtung bei der Erbringung von Leistungen der staatlichen Pflichtfachprüfung im Deutschen Richtergesetz ausdrücklich angelegt. Dass die zweigleisige Möglichkeit der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung im Wege des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs bzw. des gestuften Kombinationsstudiengangs nach §§ 35a JAPrO im Juristenausbildungsgesetz selbst nicht ausdrücklich angesprochen wird, ist unschädlich. Mit Blick auf die Vorgaben der JAPrO über gestufte Kombinationsstudiengänge hat der Verordnungsgeber auch hinreichend bestimmte Regelungen erlassen, welche die Rechtssetzung auf Ebene der Universität eingrenzen und inhaltlich anleiten.
45 
c) Die Regelungen der §§ 35a ff. JAPrO verstoßen nicht gegen die in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG enthaltene bundesrechtliche Vorgabe, die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten.
46 
Es ist bereits zweifelhaft, ob sich die Klägerin auf diese Bestimmung berufen kann. Die Entstehungsgeschichte lässt die Deutung zu, der Bundesgesetzgeber habe mit ihr rein objektiv-rechtliche Bindungen der Normgeber in den Ländern schaffen wollen (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O.). Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden. Denn wie bereits erwähnt, ist in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG die Option eröffnet worden, dass das Landesrecht bestimmen kann, „dass Prüfungsleistungen während des Studiums erbracht werden können“. Damit hat der Bundesgesetzgeber selbst die Möglichkeit zum Erlass landesrechtlicher Regelungen geschaffen, wonach die Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung in zeitlich abgeschichteter Form abgelegt werden kann, bis hin zur vollständigen Abschichtung einzelner Prüfungsfächer (vgl. BT-Drs. 14/7176, S. 13). Nach der Gesetzesbegründung soll damit die juristische Prüfung dem Standard in anderen universitären Studiengängen angeglichen, die individuelle Vorbereitung auf die Abschlussprüfung besser strukturiert und zur Abkürzung des Prüfungsverfahrens beigetragen werden (BT-Drs. 14/7176, S. 13). Mit der im Sinne einer Spezialregelung normierten Option hat der Bundesgesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass er in einem uneinheitlichen Gebrauchmachen von der Abschichtungsmöglichkeit durch die Bundesländer keinen Widerspruch zur allgemeinen Vorgabe in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG sieht.
47 
Im Übrigen gebietet § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine strikte Uniformität und steht begrenzten Abweichungen zwischen verschiedenen Prüfungsordnungen nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., m.w.N.).
48 
d) Das in §§ 35a ff. JAPrO geregelte Abschichtungsmodell verstößt auch nicht gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit. Die Frage, ob sich eine etwaige Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit auf das Ergebnis der gegenständlichen Prüfung ausgewirkt haben kann, bedarf daher keiner Entscheidung.
49 
Vorschriften, die für die Aufnahme eines Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis der erworbenen Fähigkeiten durch das Bestehen einer Prüfung verlangen, erfordern wegen des Konkurrenzverhältnisses der Prüflinge „eine besonders weitgehende Gleichbehandlung der Prüflinge“ (BVerfG, Beschlüsse vom 25.06.1974 - 1 BvL 11/73 -, BVerfGE 37, 342, 354, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5/85, 1 BvL 6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Nach diesem in Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verankerten, das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, BVerfGE 84, 34). Der Grundsatz gebietet, möglichst gleichmäßige Voraussetzungen für alle Prüflinge zu schaffen und damit allen Prüflingen gleiche Erfolgschancen einzuräumen. Ein Verstoß ist deshalb nicht nur die Benachteiligung, sondern ebenso die Bevorzugung eines Prüfungskandidaten. Beide Arten der Ungleichbehandlung sind geeignet, den Zweck der Prüfung zu vereiteln und das Prüfungsergebnis zu verfälschen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.05.2014 - 6 B 25.14 -, juris; Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 7.02 -, juris, Beschlüsse vom 23.03.1994 - 6 B 72.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 330 S. 16 m.w.N., und vom 16.01.1984 - 7 B 169/83 -, NVwZ 1984, 307).
50 
Auch die normative Ausgestaltung der zeitlichen Abfolge der zu erbringenden Prüfungsleistungen kann Auswirkungen auf die Chancengleichheit der Prüflinge haben. Allerdings lässt sich aus der Verfassung keine starre Regel ableiten, wonach gleichzeitig erbrachte Prüfungsleistungen stets nach gleichem Prüfungsrecht behandelt werden müssten. Für den Grundsatz der Chancengleichheit ist nicht die Gleichzeitigkeit der Prüfungsleistung, sondern deren Vergleichbarkeit entscheidend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O.). Dies hat zur Folge, dass die umstrittene Norm nur im Zusammenhang mit den übrigen Prüfungsvoraussetzungen und Bewertungsmaßstäben gewürdigt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O). Eine normative Regelung, die eine unterschiedliche Behandlung der Prüflinge im Hinblick auf den Zeitpunkt der geforderten Prüfungsleistungen vorsieht, verletzt den Grundsatz der Chancengleichheit, wenn sie dazu führt, dass die erbrachten Leistungen nicht mehr als vergleichbar betrachtet werden können. Die Annahme der Vergleichbarkeit setzt dabei auch voraus, dass die unterschiedliche Behandlung der Prüflinge durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O., sowie BVerwG, Beschluss vom 23.02.1990 - 7 B 24.90 -, juris).
51 
Ausgehend hiervon kann die (konkludente) Annahme des Verordnungsgebers, die von Absolventen des gestuften Kombinationsstudiengangs „Unternehmensjurist/in“ erbrachten Leistungen für die Ablegung der staatlichen Pflichtfachprüfung seien denen vergleichbar, die von Absolventen des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiums zu erbringen sind, nicht beanstandet werden.
52 
aa) Mit der Einführung des gestuften Kombinationsstudiengangs verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Interesse des Gemeinwohls. Hierfür spricht bereits der vom Bundesgesetzgeber festgestellte Reformbedarf, wie er in dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11.07.2002 (BGBl. S. 2592) zum Ausdruck kommt. Dieser Reformbedarf ist damit begründet worden, dass die Juristenausbildung weitgehend auf den Richterberuf ausgerichtet ist, Rechtsberatung und Rechtsgestaltung eine nur untergeordnete Rolle spielen und für die Praxis wichtige Rechtsgebiete und Anwendungstechniken vernachlässigt werden (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/7176, S. 1); insbesondere bereite die Juristenausbildung unzureichend auf den Anwaltsberuf sowie auf eine Tätigkeit in der Wirtschaft vor (BT-Drs. 14/7176, S. 7). Mit der Reform sollen zum einen die Ausbildung verstärkt an den Bedürfnissen der Praxis orientiert, zum anderen eine Schwerpunktbildung nachhaltig gefördert und insoweit die Spielräume der Hochschulen jedenfalls im Schwerpunktbereich vergrößert werden (BT-Drs. 14/7176, S. 1, 6). Durch die vollständige Übertragung der „Wahlfachprüfung“ der Ersten Prüfung können die juristischen Fakultäten in erheblich weiterem Umfang als bisher inhaltliche Schwerpunkte setzen und in einen „Qualitätswettbewerb“ untereinander eintreten (BT-Drs. 14/7176, S. 1).
53 
Diesem Reformanliegen des Bundesgesetzgebers tragen auch die verordnungsrechtlichen Regelungen über gestufte Kombinationsstudiengänge Rechnung. Hier werden die Inhalte des rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums nach § 1 Abs. 1 und § 3 JAPrO in erheblichem Umfang mit Inhalten nichtjuristischer Fachrichtungen kombiniert (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Dass die Annahme des Verordnungsgebers, dass neben dem klassisch ausgebildeten Juristen in der Praxis ein Bedarf etwa an dem mit dem „Mannheimer Modell“ geschaffenen Studiengang eines „Unternehmensjuristen“ besteht, fehlerhaft wäre, kann nicht festgestellt werden. Das erhebliche Interesse der Wirtschaft an Juristen, die eine an ihren Anforderungen orientierte Ausbildung durchlaufen haben, liegt auf der Hand. Auch erscheint plausibel, dass die herkömmliche Juristenbildung mit dem (Haupt-) Ziel des Erwerbs der Befähigung zum Richteramt nicht in dem Maße ökonomischen Sachverstand vermitteln kann, wie er etwa im Hinblick auf Positionen im Management eines Unternehmens, in Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Verbänden von der Wirtschaft für erforderlich gehalten wird (vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487).
54 
Unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit nicht zu beanstanden ist die Regelung auch insoweit, als sie es ermöglicht, das eigenständige Bachelorstudium durch ein Ergänzungsstudium im Sinne einer einheitsjuristischen Ausbildung zu vervollständigen und den Studiengang mit der Ersten juristischen Prüfung abzuschließen (§ 35a Abs. 1, § 35b Abs. 2 JAPrO). Die Eröffnung des Zugangs zu den regulierten klassischen juristischen Berufen trägt zur Befriedigung der ohne Zweifel bestehenden Nachfrage nach Volljuristen mit ausgeprägtem wirtschaftswissenschaftlichem Sachverstand bei. Außerdem ist die Optionsmöglichkeit geeignet, Hemmungen bei den Studierenden abzubauen, sich auf die mit dem neuen Ausbildungsgang verbundenen Risiken einzulassen.
55 
Entsprechendes gilt für die in § 35b JAPrO eingeräumte Möglichkeit, die Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung (Staatsprüfung) zeitlich abgeschichtet in zwei Blöcken zu schreiben. Mit dieser Regelung wird von der in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG eingeräumten Option Gebrauch gemacht. Auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Abschichtungsmöglichkeit begegnet die Regelung keinen Bedenken. Denn der Pflichtstoff wird im Unterschied zur herkömmlichen Ausbildung nicht parallel, sondern in zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten vermittelt (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Außerdem haben die Studierenden in der Bachelorphase mit Blick auf die wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte eine erhebliche Mehrbelastung zu tragen, die eine Kompensation verlangt (vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487; dazu noch unten).
56 
bb) Die Annahme des Normgebers, dass die Anforderungen für die Ablegung der staatlichen Pflichtfachprüfung im Hinblick auf die beiden Vergleichsgruppen vergleichbar sind, wird durch die den Absolventen des gestuften Kombinationsstudiengangs eröffnete Abschichtungsmöglichkeit nicht in Frage gestellt.
57 
(1) Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Möglichkeit, die Aufsichtsarbeiten zeitlich abgeschichtet in zwei Blöcken zu schreiben, mit einem Wettbewerbsvorteil verbunden ist. Auch wenn letztlich der Pflichtstoff für beide Vergleichsgruppen identisch ist, stellt sich der Umfang der von ihnen jeweils zu erbringenden Prüfungsleistungen als unterschiedlich dar. Studierende des Kombinationsstudiengangs können sich in ihrer Examensvorbereitung zunächst ausschließlich auf einen Teil des Prüfungsstoffs (die Erbringung der schriftlichen Leistungen im Fach Zivilrecht) konzentrieren und sich sodann im nachfolgenden Abschnitt der Prüfung gesondert auf die Materien des Strafrechts und des Öffentlichen Rechts vorbereiten. Damit erfahren sie insbesondere im Hinblick auf die Gedächtnisleistung eine nicht unerhebliche Entlastung. Absolventen des klassischen Staatsexamensstudiengangs müssen demgegenüber den gesamten Pflichtstoff aller drei Rechtsgebiete umfassend vorbereiten und für die - binnen zwei Wochen zu fertigenden - Aufsichtsarbeiten vorhalten. Unterschiede bestehen auch im Hinblick auf die mit der Prüfung jeweils verbundene physische und psychische Belastungssituation. Während im klassischen ersten Examen in zwei Wochen sechs jeweils fünfstündige Aufsichtsarbeiten bewältigt werden müssen, sind im gestuften Kombinationsstudiengang zunächst nur drei Klausuren und die restlichen drei Klausuren erst zwei Jahre später zu absolvieren.
58 
Allerdings stehen diesen erleichterten Bedingungen für das Ablegen der Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung erhebliche Nachteile gegenüber, denen die Absolventen des herkömmlichen Studiengangs nicht ausgesetzt sind. Die Wettbewerbssituation der Vergleichsgruppen ist gekennzeichnet durch beträchtliche Zusatzanforderungen bzw. -belastungen des neuen Studiengangs gegenüber dem herkömmlichen Jura-Studium. Diese sind zwingend mit der Inanspruchnahme der Abschichtungsmöglichkeit verbunden.
59 
So haben die Studierenden des Kombinationsstudiengangs in der Bachelor-Phase gemäß § 35a Abs. 1 JAPrO in erheblichem Umfang Inhalte nicht juristischer Fachrichtungen zu bewältigen. Studierende des Studiengangs „Unternehmensjurist/in“ tragen beispielsweise wegen des Umfangs der wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte von 55 ECTS bei einem Gesamtumfang von 180 ECTS und wegen zahlreicher studienbegleitender Prüfungen in den Wirtschaftswissenschaften eine bedeutende Mehrbelastung. Im Modul „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre und Finanzmathematik“ sind jeweils entsprechende Teilprüfungen vorgesehen; das Modul „BWL 1“ enthält die Teilprüfungen „Marketing“, „Grundlagen des externen Rechnungswesens“ und „Management“, das Modul „BWL 2“ die Teilprüfungen „Finanzwirtschaft“ und „Internes Rechnungswesen“. Darüber hinaus ist die Vertiefung in einem der Schwerpunktbereiche „Tax and Accounting“ bzw. „Human Resources“ vorgesehen (vgl. zum Ganzen § 9 Abs. 5 SPUMA i.V.m. der Anlage 1 Bereich Wirtschaftwissenschaften).
60 
Die mit den wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzanforderungen verbundenen Erschwernisse sind nicht aus Rechtsgründen aus der Betrachtung auszublenden. Wie der Beklagte zutreffend dargelegt hat, gehören die über den Bereich der klassischen Rechtswissenschaft hinausgehenden Inhalte wesensimmanent zum gestuften Kombinationsstudiengang. Soweit die Klägerin meint, die wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzanforderungen trügen für das Ziel der juristischen Ausbildung im engeren Sinne, die Befähigung zum Richteramt bzw. die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst zu erwerben, nichts bei, weshalb eine wettbewerbsverzerrende Erleichterung der Bedingungen der Staatsprüfung nicht mit solchen Leistungen gerechtfertigt werden könne, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Klägerin nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass es bei der Prüfung der Vergleichbarkeit der Prüfungsleistungen - ungeachtet des ihnen gemeinsamen Zwecks, die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst festzustellen (vgl. § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG, § 1 Abs. 2 JAPrO) - auf eine Gesamtschau der rechtlichen und tatsächlichen Vor- und Nachteile ankommen muss, die mit den die Vergleichsgruppen treffenden Prüfungsbedingungen jeweils verbunden sind. Eine isolierte Betrachtungsweise, die einzelne tatsächliche oder rechtliche Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen ausblendet, orientierte sich nicht an den realen Wettbewerbsbedingungen und würde damit dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit nicht gerecht.
61 
Hinzu kommt, dass die verordnungsrechtlichen Vorschriften für die Inanspruchnahme der Abschichtungsmöglichkeit ein enges zeitliches Korsett vorsehen. Der Kandidat muss spätestens an der am Ende des sechsten Semester beginnenden Staatprüfung teilnehmen, nur dann kann er in diesem Termin von der Möglichkeit der auf ein einzelnes Rechtsgebiet beschränkten Teilnahme Gebrauch machen (§ 35b Abs. 1 JAPrO). Die Beschränkung ist nur zulässig, wenn der Kandidat im Rahmen des gestuften Kombinationsstudiengangs zugleich einen berufsqualifizierenden Universitätsabschluss erwirbt (§ 35b Abs. 1 Satz 2 JAPrO; vgl. auch § 35c Abs. 2 JAPrO). Demgegenüber besteht für Studierende des üblichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs keine zwingende zeitliche Verknüpfung mehr zwischen Staats- und Universitätsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 JAPrO). Darüber hinaus hat sich der Kandidat nach § 35b Abs. 2 JAPrO spätestens im vierten auf die Teilnahme nach Abs. 1 folgenden Termin erneut zur Staatsprüfung zu melden (Satz 1), in dem er die Staatsprüfung um die Aufsichtsarbeiten in den noch nicht geprüften Rechtsgebieten und um die mündliche Prüfung vervollständigt (Satz 2). Trotz der Abschichtung wird im Rahmen der mündlichen Prüfung der Pflichtstoff sämtlicher Rechtsgebiete geprüft und ist dieser dementsprechend für diese Prüfung auch vorzuhalten. Insgesamt stellen auch die engen zeitlichen Vorgaben für die Kandidaten des gestuften Kombinationsstudiengangs eine beträchtliche zusätzliche Erschwernis bei der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung dar (zu dem angestrebten hohen Qualitätsstandard des Bachelor-Abschlusses vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487).
62 
Nicht zuletzt erscheint es nahe liegend, dass die Begrenzung der Vorbereitung auf die Rechtsgebiete des Zivilrechts bei der Fertigung der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten (im ersten Block) mit dem Nachteil verbunden ist, dass die Kandidaten nicht in hinreichendem Maße über Kenntnisse rechtsgebietsübergreifender Zusammenhänge verfügen.
63 
(2) Aus alledem folgt, dass die normativ bestimmten Prüfungsanforderungen für die Kandidaten des gestuften Kombinationsstudiengangs gegenüber denen für die Kandidaten des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs teils mit Erleichterungen und teils mit Erschwernissen verbunden sind. Bei der gebotenen Gesamtschau lässt sich indes nicht feststellen, dass den Erstgenannten ein klarer und ins Gewicht fallender Wettbewerbsvorteil zukommt, und kann das konkrete Ausmaß des Einflusses der unterschiedlichen Prüfungsanforderungen auf das Prüfungsergebnis nicht näher bestimmt werden (vgl. zum Problem der Feststellung einer rechtsverletzenden Benachteiligung eines Prüflings durch eine rechtswidrige Bevorzugung von Mitprüflingen auch Senatsbeschluss vom 27.02.2014, a.a.O.). In dieser Lage ist es Sache des Normgebers zu beurteilen, ob (noch) eine Vergleichbarkeit der von den Vergleichsgruppen zu erbringenden Prüfungsleistungen oder (schon) eine den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Wettbewerbsverzerrung vorliegt. Insoweit ist ihm ein Spielraum zuzubilligen. Ein derartiger mit einer Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolle einhergehender Spielraum ist dem Normgeber in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts bislang bereits im Hinblick auf prüfungsrechtliche Übergangsregelungen zuerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O., sowie BVerwG, Beschluss vom 23.02.1990 - 7 B 24/90 -, juris). Die dortigen Erwägungen, wonach der Grundsatz der Chancengleichheit nicht verbietet, bei Übergangsregelungen Vergleichsgruppen zu bilden und diese unterschiedlichen Regelungen zu unterwerfen, wenn hierfür sachgerechte Gründe vorliegen, können auch im vorliegenden Zusammenhang herangezogen werden.
64 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die grundrechtliche Bindung des Normgebers bei der Festlegung beruflicher oder akademischer Qualifikationsanforderungen auf das Gebot der Wahrung eines sachlichen Zusammenhangs mit den Anforderungen des betreffenden Berufs beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., juris Rn. 28 m.w.N.). In dieser zurückhaltenden Linie kommt zum Ausdruck, dass die Definition beruflicher und akademischer Qualifikationsstandards vorwiegend Sache politisch wertender Gestaltung und durch die Verfassung im Kern nicht vorentschieden ist (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O.). Dem entspricht die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Verfassung dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Eignung der von ihm für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Regelungsziele gewählten Mittel einen Einschätzungsspielraum zubilligt (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 -, BVerfGE 104, 337, 347 f.; Hillgruber, in: HStR IX, 2011, § 201 Rn. 66 ff.). Hat aber der Bundesgesetzgeber in Wahrnehmung dieses Gestaltungsspielraums in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Ländern die Option der Abschichtung eingeräumt und sieht er den Nachweis der Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst auch bei - im Hinblick auf die Möglichkeit der Abschichtung von Prüfungsleistungen - divergierenden Prüfungsmodalitäten in verschiedenen Bundesländern als erbracht an, liegt es nicht fern, bezogen auf die Bedeutung von Abschichtungsregelungen für den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit jedenfalls einen Einschätzungsspielraum des Landesverordnungsgebers anzunehmen.
65 
Der angenommene Spielraum des Normgebers bei der Feststellung der Vergleichbarkeit von Prüfungsbedingungen kann schließlich umso eher hingenommen werden, als mit der in § 62a Abs. Satz 2 und 3 JAPrO vorgegebenen Evaluierungspflicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht sichergestellt ist, dass der Normgeber die zwischen den Vergleichsgruppen bestehende Wettbewerbssituation während des Erprobungszeitraums beobachtet und bei auftretenden Verzerrungen gegebenenfalls Abhilfe schafft. Zwar kann der in § 62a JAPrO eingeräumten Ermächtigung, einen Studiengang zu erproben, für sich genommen keine Rechtfertigung dafür entnommen werden, den Spielraum für eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit von Prüflingen zu erweitern. Steht dem Normgeber allerdings - wie im vorliegenden Fall - mit Blick auf das Fehlen klarer Anhaltspunkte für eine wettbewerbsverzerrende Wirkung ein Spielraum zu, erscheint die verordnungsrechtliche Evaluierungspflicht geeignet, möglichen Verzerrungen der Wettbewerbssituation entgegenzuwirken. Dies lässt die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verfassungsrechtlich in milderem Licht erscheinen (vgl. zur Pflicht des Normgebers, die weitere Entwicklung zu beobachten und zu korrigieren BVerfG, Urteil vom 16.04.2004 - 1 BvR 1778/01 -, BVerfGE 110, 141).
66 
Insgesamt lässt sich nicht feststellen, dass hier der Einschätzungsspielraum des Normgebers überschritten wäre. Nach den obigen Darlegungen ist die umstrittene Regelung durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt. Dass mit ihr eine klare und ins Gewicht fallende Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den beschriebenen Vergleichsgruppen verbunden wäre, hat sich nicht ergeben. Insgesamt kann der Senat nicht erkennen, dass die Annahme des Normgebers, die von den Vergleichsgruppen zu erbringenden Prüfungsleistungen seien vergleichbar, zu beanstanden wäre.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
68 
Beschluss vom 10. März 2015
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag abgewiesen. Der Bescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 12.12.2012 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.04.2013 sind rechtmäßig. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Verpflichtung des Beklagten zur Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann die Klägerin nicht verlangen (im Folgenden unter I.). Auch der auf eine Verpflichtung zur Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung gerichtete Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg (II.).
I.
20 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubewertung ihrer Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügungen des Beklagten ist § 16 Satz 2 i.V.m. Satz 1 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen vom 08.10.2002 (GBl. S. 391, in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 23.03.2011, GBl. S. 164, - JAPrO -). Danach ist der Kandidat von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Staatsprüfung nicht bestanden, wenn er im schriftlichen Teil der Staatsprüfung nicht eine Durchschnittspunktzahl von mindestens 3,75 Punkten erreicht hat. Das ist hier der Fall. Entgegen der Auffassung der Klägerin leidet die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 nicht an Rechtsfehlern.
22 
Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten. Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist. Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 -, BVerfGE 84, 34, 50 ff.; BVerwG, Beschluss vom 16.08.2011 - 6 B 18.11 -, juris).
23 
Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass fachlich zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und nicht zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Fachliche Fragen fallen nicht in den prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, a.a.O., 50 ff.; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ 2004, 1375; Senatsurteil vom 21.03.2012 - 9 S 764/11 -).
24 
Demgegenüber sind Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.11.1997 - 6 C 11.96 -, BVerwGE 105, 328, 333 f., und vom 14.07.1999 - 6 C 20.98 -, BVerwGE 109, 211, 216 ff., sowie Beschluss vom 13.05.2004, a.a.O., 69; Senatsurteil vom 21.03.2012, a.a.O.). Ebenso handelt es sich um eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar" oder als „mangelhaft“ zu bewerten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.11.1997, a.a.O., 334). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.08.2011 - 6 B 18.11 -, juris Rn. 16).
25 
Der rechtlichen Überprüfung ist dabei die vom Kandidaten abgegebene schriftliche Prüfungsleistung und deren Beurteilung durch die Prüfer zugrunde zu legen. Letztere erschließt sich anhand der Randbemerkungen, der Bewertungsgutachten und der Stellungnahmen im Verfahren des Überdenkens.
26 
Dass und warum die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, 3, 5 und 6 die Grenzen des den Prüfern eingeräumten Bewertungsspielraums nicht überschreitet, hat das Verwaltungsgericht ganz überwiegend zutreffend begründet (Entscheidungsabdruck S. 6 bis 14). Der Senat verweist auf diese Begründung und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
27 
Das Berufungsvorbringen, das sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ist nicht geeignet, die Erwägungen des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Frage zu stellen. Dies gilt zunächst für die Rüge, der Erstprüfer der Aufsichtsarbeit Nr. 2 habe die Prüfungsaufgabe verkannt (zu dieser Art des Bewertungsfehlers vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 620). Mit seiner Stellungnahme vom 18.02.2013 im Rahmen des Verfahrens des Überdenkens hat der Erstprüfer deutlich gemacht, dass die Formulierung eines Klagantrags von ihm nicht verlangt worden ist. Beanstandet worden sei vielmehr, dass in der Arbeit nicht mitgeteilt worden sei, gegen wen sich die Drittwiderspruchsklage richten solle. Mit dem Verlangen nach der Angabe des Klagegegners hat der Erstprüfer indes keine über die Aufgabenstellung hinausgehende Leistung verlangt. Um der Fragestellung entsprechend prüfen zu können, ob H erfolgreich gerichtlich gegen die Zwangsvollstreckung in die Kartons vorgehen kann, lag es nahe, zunächst die Personen zu bezeichnen, die sich im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung in der Form der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO gegenüberstehen. Dies gilt umso mehr, als im Sachverhalt mehrere Personen (C, V, W) genannt wurden und ohne die Angabe der Klagegegners unklar bleibt, ob die besondere prozessuale Situation der Drittwiderspruchsklage hinreichend verstanden worden ist.
28 
Die Rüge, im Hinblick auf Klausur Nr. 3 hätten sich weder Erst- noch Zweitgutachten mit den Ausführungen auseinandergesetzt, die Folge der von der Musterlösung abweichenden „Weichenstellung" durch die Klägerin - Eigentumserwerb des E - gewesen seien, nimmt bereits das Gutachten des Erstprüfers nicht hinreichend in den Blick. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, ist der Erstprüfer dort ausdrücklich auf den von der Klägerin gewählten Lösungsweg eingegangen (Seite 1, vierter Absatz von unten, Seite 2, dritter Absatz). Die diesbezüglichen Ausführungen lassen eine Überschreitung des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum nicht erkennen. Auch im Hinblick auf das Gutachten des Zweitprüfers fehlen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass dieser Ausführungen ausgeblendet hätte, die Folge der abweichenden „Weichenstellung“ der Klägerin waren. Insoweit kann auch auf den Schlusssatz seines Gutachtens verwiesen werden: „Es finden sich zu viele gravierende Fehler, als dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung selbst unter Berücksichtigung von isoliert betrachtet zutreffenden Prüfungsteilen eine Bewertung im Bereich von „ausreichend“ befürwortet werden könnte“.
29 
Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts liegt auch im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit Nr. 5 kein Bewertungsfehler vor. Die Stellungnahme des Erstprüfers vom 19.02.2013 im Rahmen des Verfahrens des Überdenkens lässt deutlich erkennen, dass sich dieser des Unterschieds zwischen der Passivlegitimation im gerichtlichen Verfahren und der Zuständigkeit für die Entscheidung über die Baugenehmigung bewusst war. Wie der Beklagte zutreffend darlegt, überschneidet sich jedoch das Prüfprogramm bei beiden Punkten. Deshalb hat der Erstprüfer auch in nachvollziehbarer Weise kritisiert, dass die Klägerin nicht „bei der Prüfung der Zuständigkeit erkannt“ hat, „dass die dies betreffenden Fragen schon zum Teil bei der Prüfung der Passivlegitimation angesprochen wurden“. Mithin kann auch seine Schlussfolgerung, dass seine Kritik die Umständlichkeit der Prüfung und das fehlende Erkennen von Zusammenhängen betrifft, nicht beanstandet werden. Insbesondere erscheint nicht plausibel, weshalb die Klägerin auf Seite 10 bei der Prüfung der Zuständigkeit noch untersucht, ob hier die Zuständigkeit der Gemeinde als untere Verwaltungsbehörde gegeben ist.
30 
Soweit der Erstprüfer der Aufsichtsarbeit Nr. 6 es als fernliegend bezeichnet hat, dass die Klägerin einen Betrug der T zu Lasten des V (ihres Verlobten) durch Verschweigen ihrer bestehenden Ehe geprüft hat, ist dies ersichtlich nicht bewertungsfehlerhaft. Daran vermag der Hinweis der Klägerin, generell sei die Herbeiführung einer Verfügung von Todes wegen durch Täuschung durchaus betrugsrelevant, nichts zu ändern. Denn der V hat nach dem Sachverhalt überhaupt keine Verfügung von Todes wegen errichtet, sodass es von vornherein an einer Vermögensverfügung fehlte.
II.
31 
Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg.
32 
Die Klägerin kann eine Wiederholung des schriftlichen Teils der Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung nicht verlangen. Dabei kann dahinstehen, ob die begehrte Wiederholung überhaupt geeignet wäre, die geltend gemachte Ungleichbehandlung gegenüber den Prüflingen, die nach dem sog. „Mannheimer Modell“ an der Prüfung teilgenommen haben, zu kompensieren, oder ob die Klägerin sich auf eine Verletzung in eigenen Rechten überhaupt berufen könnte (vgl. zu dieser Problematik Senatsbeschluss vom 27.02.2014 - 9 S 2275/13 -, juris). Zwar kann ihr nicht entgegengehalten werden, dass sie die angebliche Nichtigkeit der Regelungen über gestufte Kombinationsstudiengänge (§§ 35a ff. JAPrO) nicht unverzüglich gerügt hat (1.). Allerdings stehen die beanstandeten Regelungen, die bei der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung die Möglichkeit einräumen, Prüfungsleistungen zeitlich abzuschichten, mit höherrangigem Recht in Einklang (2.).
33 
1. Ein Prüfling muss Mängel des Prüfungsverfahrens grundsätzlich unverzüglich rügen, auch wenn dies normativ nicht bestimmt ist. Insoweit obliegt ihm eine Mitwirkungspflicht. Zum einen soll verhindert werden, dass der betroffene Prüfling, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, sich mit einer späteren Rüge eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, die ihm im Verhältnis zu den anderen Prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das Gebot der Chancengleichheit verletzen würde. Zum anderen soll der Prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen Behebung oder zumindest Kompensation des Mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen zu wahren (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.1999 - 2 C 30.98 -, NVwZ 2000, 921, und vom 22.06.1994 - 6 C 37.92 -, BVerwGE 96, 126; Senatsbeschluss vom 11.06.2012 - 9 S 2741/10 -; Birnbaum, NVwZ 2006, 286).
34 
Der hier geltend gemachte „Mangel“ besteht darin, dass für einen Teil der Prüflinge abweichende Prüfungsbedingungen gelten. Dieser Umstand beruht indes nicht auf Einwirkungen auf den äußeren Ablauf der Prüfung, sondern auf den von der Klägerin als verfassungswidrig beanstandeten Rechtsgrundlagen der Prüfung, die für einen Teil der Prüflinge andere Prüfungsanforderungen vorsehen (§§ 35a ff. JAPrO, „Mannheimer Modell“).
35 
Eine nicht unverzügliche Rüge könnte der Klägerin zunächst nur entgegengehalten werden, wenn sie den Mangel vor der Prüfung gekannt und seine Bedeutung für die Leistungskontrolle erfasst hätte (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 217; BVerwG, Beschluss vom 24.02.2003 - 6 C 22.02 -, juris Rn. 24). Bereits daran bestehen hier - nicht zuletzt mit Blick auf die Komplexität der aufgeworfenen Fragen - durchgreifende Zweifel. Unabhängig davon ist die Rügeobliegenheit auf derartige Mängel, die die rechtlichen Grundlagen der Prüfung betreffen, grundsätzlich nicht anwendbar. Die Verantwortung dafür, dass die Rechtsgrundlagen der Prüfung im Einklang mit höherrangigem Recht stehen, trägt die Prüfungsbehörde. Eine Prüfung, die auf verfassungswidrigen Normen beruht, ist grundsätzlich zu wiederholen ungeachtet der Frage, ob der entsprechende Mangel gerügt wurde oder nicht (ähnlich zur Nichteinhaltung der Vorschriften zum Prüfungsstoff Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 401 m.w.N.). Hier kann grundsätzlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Prüfungsbehörde im Falle einer Rüge zur rechtzeitigen Behebung oder Kompensation des Mangels willens bzw. in der Lage wäre, zumal anzunehmen ist, dass sie die entsprechenden Normen für verfassungsgemäß hält (vgl. Art. 25 Abs. 2 LV, Art. 20 Abs. 3 GG). Bei dieser Sachlage ist aber auch dem Prüfling eine entsprechende Rüge schwerlich zuzumuten und lässt sich bei einer Unterlassung der Rüge ein widersprüchliches Verhalten des Prüflings (venire contra factum proprium) nicht begründen (zur Relevanz dieses Grundsatzes für den Verlust des Rügerechts vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 217; Birnbaum, NVwZ 2006, 286, 287).
36 
2. Die Regelungen in §§ 35a ff. JAPrO über gestufte Kombinationsstudiengänge verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
37 
a) Gestufte Kombinationsstudiengänge sind Studiengänge, bei denen die Inhalte des rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums nach § 1 Abs. 1 und § 3 JAPrO in den einzelnen Rechtsgebieten (Zivilrecht, Öffentliches Recht, Strafrecht) überwiegend zeitlich nacheinander gelehrt und in erheblichem Umfang mit Inhalten nichtjuristischer Fachrichtungen kombiniert werden und die mit der Ersten juristischen Prüfung abgeschlossen werden sollen (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Hier kann die Staatsprüfung der Ersten juristischen Prüfung in abgeschichteter Form abgelegt werden (§ 35a Abs. 3 Satz 1 JAPrO). Nimmt ein Kandidat eines gestuften Kombinationsstudienganges nach ununterbrochenem Studium spätestens an der am Ende des sechsten Semesters beginnenden Staatsprüfung teil, so kann die Teilnahme in diesem Termin auf Antrag auf die Aufsichtsarbeiten eines Rechtsgebiets (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht) beschränkt werden. Die Beschränkung ist nur zulässig, wenn der Kandidat im Rahmen des gestuften Kombinationsstudienganges zugleich einen berufsqualifizierenden Universitätsabschluss erwirbt (§ 35b Abs. 1 JAPrO). Der Kandidat hat sich spätestens im vierten auf die Teilnahme nach Absatz 1 folgenden Termin erneut zur Staatsprüfung zu melden. In diesem Termin vervollständigt der Kandidat die Staatsprüfung um die Aufsichtsarbeiten in den noch nicht geprüften Rechtsgebieten und um die mündliche Prüfung nach § 17 (§ 35b Abs. 2 JAPrO).
38 
Auf der Grundlage des § 62a JAPrO, der die Erprobung gestufter Kombinationsstudiengänge vorsieht, hat die Universität Mannheim den Bachelor-Studiengang „Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist“ eingeführt (Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim für den Bachelor-Studiengang „Unternehmensjuristin/Unternehmensjurist“ mit Staatsprüfungsoption (SPUMA) vom 20.08.2008 (Bekanntmachungen des Rektorats Nr. 23/2008 vom 26.08.2008, S. 7 ff., mit Änderungen); Prüfungsordnung für den gestuften Kombinationsstudiengang Rechtswissenschaft (Staatsexamen) - JuSPO 2010 vom 07.02.2011 (Bekanntmachungen des Rektorats Nr. 02/2011 vom 10.02.2011, S. 33 ff., mit Änderungen). Der Studiengang ermöglicht ein sechssemestriges Jurastudium in Kombination mit einer wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung bis zum Bachelor-Titel. Die Bachelor-Phase schließt nach sechs Semestern mit einer Modul-Prüfung ab (Zivilrecht in der Vertiefung), dessen integraler Bestandteil die Teilnahme an den zivilrechtlichen Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung (Staatsprüfung) ist (§ 2 Abs. 4 Satz 1 SPUMA). In der zweiten, viersemestrigen Phase können die Studierenden entweder ein Masterstudium aufnehmen oder den zur vollständigen juristischen Staatsprüfung führenden Ergänzungsstudiengang wählen und die restlichen Klausuren (im Strafrecht und im Öffentlichen Recht) sowie die mündliche Prüfung der Staatsprüfung ablegen (vgl. § 2 Abs. 5, §§ 25 ff. SPUMA).
39 
b) Die streitigen Regelungen beruhen auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage.
40 
Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 LV kann eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes ist der Gesetzgeber zudem verpflichtet, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 274 f., und vom 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 -, BVerfGE 80, 1; BVerwG, Beschluss vom 07.12.1976 - VII B 157.76 -, Buchholz 421.0 Nr. 78; Urteil vom 01.06.1995 - 2 C 16.94 -, BVerwGE 98, 324, 327; Senatsurteil vom 21.11.2012 - 9 S 1823/12 -, VBlBW 2013, 262).
41 
Die Vorschriften über den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem, die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens und die Bestehensvoraussetzungen gehören in aller Regel nicht zu den dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehaltenen Leitentscheidungen. Insoweit wird den Anforderungen von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip bereits dadurch hinreichend Genüge getan, dass der parlamentarische Gesetzgeber durch die Vorgabe von Ziel und Inhalt der Ausbildung - wie hier insbesondere in §§ 5 Abs. 1, 5a Abs. 2 und 3 DRiG sowie im Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz - JAG) vom 16.07.2003 (GBl. S. 354), mit Änderungen, geschehen - die Regelungen auf untergesetzlicher Ebene nach Tendenz und Programm begrenzt und berechenbar macht, zumal die prüfungsrechtliche Rechtsetzung auch auf untergesetzlicher Ebene in weitreichendem Maße bereits durch Grundsätze gesteuert wird, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013 - 6 C 18.12 -, juris m.w.N.).
42 
Mithin wird auch der hier als Rechtsgrundlage maßgeblich in Betracht kommende § 9 Abs. 1 Nr. 6 JAG den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Danach wird das Justizministerium ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium, dem Wissenschaftsministerium und dem Innenministerium durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen u.a. über
43 
6. das Prüfungsverfahren (einschließlich der Rahmenvorgaben für die Prüfung im Schwerpunktbereich), insbesondere über die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse, den Prüfungsstoff, mögliche Gegenstände der Schwerpunktausbildung, die Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Berücksichtigung von Leistungen aus dem Vorbereitungsdienst, die Erteilung von Zeugnissen, den Rücktritt von den Prüfungen und die Wiederholung der Prüfungen, die Festlegung besonderer Bedingungen für schreibbehinderte Prüflinge und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsbestimmungen.
44 
Soweit das Gesetz eine Ermächtigung zu verordnungsrechtlichen Regelungen betreffend den „Prüfungsstoff“, „mögliche Gegenstände der Schwerpunktausbildung“ und „die Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil“ vorsieht, genügt es den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., juris Rn. 24). Dies gilt umso mehr, als sich in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG eine bundesgesetzliche Ermächtigung findet, wonach das Landesrecht bestimmen kann, dass Prüfungsleistungen während des Studiums erbracht werden, jedoch nicht vor Ablauf von zweieinhalb Studienjahren. Damit ist die Möglichkeit der zeitlichen Abschichtung bei der Erbringung von Leistungen der staatlichen Pflichtfachprüfung im Deutschen Richtergesetz ausdrücklich angelegt. Dass die zweigleisige Möglichkeit der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung im Wege des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs bzw. des gestuften Kombinationsstudiengangs nach §§ 35a JAPrO im Juristenausbildungsgesetz selbst nicht ausdrücklich angesprochen wird, ist unschädlich. Mit Blick auf die Vorgaben der JAPrO über gestufte Kombinationsstudiengänge hat der Verordnungsgeber auch hinreichend bestimmte Regelungen erlassen, welche die Rechtssetzung auf Ebene der Universität eingrenzen und inhaltlich anleiten.
45 
c) Die Regelungen der §§ 35a ff. JAPrO verstoßen nicht gegen die in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG enthaltene bundesrechtliche Vorgabe, die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten.
46 
Es ist bereits zweifelhaft, ob sich die Klägerin auf diese Bestimmung berufen kann. Die Entstehungsgeschichte lässt die Deutung zu, der Bundesgesetzgeber habe mit ihr rein objektiv-rechtliche Bindungen der Normgeber in den Ländern schaffen wollen (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O.). Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden. Denn wie bereits erwähnt, ist in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG die Option eröffnet worden, dass das Landesrecht bestimmen kann, „dass Prüfungsleistungen während des Studiums erbracht werden können“. Damit hat der Bundesgesetzgeber selbst die Möglichkeit zum Erlass landesrechtlicher Regelungen geschaffen, wonach die Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung in zeitlich abgeschichteter Form abgelegt werden kann, bis hin zur vollständigen Abschichtung einzelner Prüfungsfächer (vgl. BT-Drs. 14/7176, S. 13). Nach der Gesetzesbegründung soll damit die juristische Prüfung dem Standard in anderen universitären Studiengängen angeglichen, die individuelle Vorbereitung auf die Abschlussprüfung besser strukturiert und zur Abkürzung des Prüfungsverfahrens beigetragen werden (BT-Drs. 14/7176, S. 13). Mit der im Sinne einer Spezialregelung normierten Option hat der Bundesgesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass er in einem uneinheitlichen Gebrauchmachen von der Abschichtungsmöglichkeit durch die Bundesländer keinen Widerspruch zur allgemeinen Vorgabe in § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG sieht.
47 
Im Übrigen gebietet § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine strikte Uniformität und steht begrenzten Abweichungen zwischen verschiedenen Prüfungsordnungen nicht entgegen (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., m.w.N.).
48 
d) Das in §§ 35a ff. JAPrO geregelte Abschichtungsmodell verstößt auch nicht gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit. Die Frage, ob sich eine etwaige Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit auf das Ergebnis der gegenständlichen Prüfung ausgewirkt haben kann, bedarf daher keiner Entscheidung.
49 
Vorschriften, die für die Aufnahme eines Berufs eine bestimmte Vor- und Ausbildung sowie den Nachweis der erworbenen Fähigkeiten durch das Bestehen einer Prüfung verlangen, erfordern wegen des Konkurrenzverhältnisses der Prüflinge „eine besonders weitgehende Gleichbehandlung der Prüflinge“ (BVerfG, Beschlüsse vom 25.06.1974 - 1 BvL 11/73 -, BVerfGE 37, 342, 354, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5/85, 1 BvL 6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Nach diesem in Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verankerten, das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, BVerfGE 84, 34). Der Grundsatz gebietet, möglichst gleichmäßige Voraussetzungen für alle Prüflinge zu schaffen und damit allen Prüflingen gleiche Erfolgschancen einzuräumen. Ein Verstoß ist deshalb nicht nur die Benachteiligung, sondern ebenso die Bevorzugung eines Prüfungskandidaten. Beide Arten der Ungleichbehandlung sind geeignet, den Zweck der Prüfung zu vereiteln und das Prüfungsergebnis zu verfälschen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.05.2014 - 6 B 25.14 -, juris; Urteil vom 10.10.2002 - 6 C 7.02 -, juris, Beschlüsse vom 23.03.1994 - 6 B 72.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 330 S. 16 m.w.N., und vom 16.01.1984 - 7 B 169/83 -, NVwZ 1984, 307).
50 
Auch die normative Ausgestaltung der zeitlichen Abfolge der zu erbringenden Prüfungsleistungen kann Auswirkungen auf die Chancengleichheit der Prüflinge haben. Allerdings lässt sich aus der Verfassung keine starre Regel ableiten, wonach gleichzeitig erbrachte Prüfungsleistungen stets nach gleichem Prüfungsrecht behandelt werden müssten. Für den Grundsatz der Chancengleichheit ist nicht die Gleichzeitigkeit der Prüfungsleistung, sondern deren Vergleichbarkeit entscheidend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O.). Dies hat zur Folge, dass die umstrittene Norm nur im Zusammenhang mit den übrigen Prüfungsvoraussetzungen und Bewertungsmaßstäben gewürdigt werden kann (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O). Eine normative Regelung, die eine unterschiedliche Behandlung der Prüflinge im Hinblick auf den Zeitpunkt der geforderten Prüfungsleistungen vorsieht, verletzt den Grundsatz der Chancengleichheit, wenn sie dazu führt, dass die erbrachten Leistungen nicht mehr als vergleichbar betrachtet werden können. Die Annahme der Vergleichbarkeit setzt dabei auch voraus, dass die unterschiedliche Behandlung der Prüflinge durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O., sowie BVerwG, Beschluss vom 23.02.1990 - 7 B 24.90 -, juris).
51 
Ausgehend hiervon kann die (konkludente) Annahme des Verordnungsgebers, die von Absolventen des gestuften Kombinationsstudiengangs „Unternehmensjurist/in“ erbrachten Leistungen für die Ablegung der staatlichen Pflichtfachprüfung seien denen vergleichbar, die von Absolventen des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiums zu erbringen sind, nicht beanstandet werden.
52 
aa) Mit der Einführung des gestuften Kombinationsstudiengangs verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Interesse des Gemeinwohls. Hierfür spricht bereits der vom Bundesgesetzgeber festgestellte Reformbedarf, wie er in dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11.07.2002 (BGBl. S. 2592) zum Ausdruck kommt. Dieser Reformbedarf ist damit begründet worden, dass die Juristenausbildung weitgehend auf den Richterberuf ausgerichtet ist, Rechtsberatung und Rechtsgestaltung eine nur untergeordnete Rolle spielen und für die Praxis wichtige Rechtsgebiete und Anwendungstechniken vernachlässigt werden (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/7176, S. 1); insbesondere bereite die Juristenausbildung unzureichend auf den Anwaltsberuf sowie auf eine Tätigkeit in der Wirtschaft vor (BT-Drs. 14/7176, S. 7). Mit der Reform sollen zum einen die Ausbildung verstärkt an den Bedürfnissen der Praxis orientiert, zum anderen eine Schwerpunktbildung nachhaltig gefördert und insoweit die Spielräume der Hochschulen jedenfalls im Schwerpunktbereich vergrößert werden (BT-Drs. 14/7176, S. 1, 6). Durch die vollständige Übertragung der „Wahlfachprüfung“ der Ersten Prüfung können die juristischen Fakultäten in erheblich weiterem Umfang als bisher inhaltliche Schwerpunkte setzen und in einen „Qualitätswettbewerb“ untereinander eintreten (BT-Drs. 14/7176, S. 1).
53 
Diesem Reformanliegen des Bundesgesetzgebers tragen auch die verordnungsrechtlichen Regelungen über gestufte Kombinationsstudiengänge Rechnung. Hier werden die Inhalte des rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums nach § 1 Abs. 1 und § 3 JAPrO in erheblichem Umfang mit Inhalten nichtjuristischer Fachrichtungen kombiniert (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Dass die Annahme des Verordnungsgebers, dass neben dem klassisch ausgebildeten Juristen in der Praxis ein Bedarf etwa an dem mit dem „Mannheimer Modell“ geschaffenen Studiengang eines „Unternehmensjuristen“ besteht, fehlerhaft wäre, kann nicht festgestellt werden. Das erhebliche Interesse der Wirtschaft an Juristen, die eine an ihren Anforderungen orientierte Ausbildung durchlaufen haben, liegt auf der Hand. Auch erscheint plausibel, dass die herkömmliche Juristenbildung mit dem (Haupt-) Ziel des Erwerbs der Befähigung zum Richteramt nicht in dem Maße ökonomischen Sachverstand vermitteln kann, wie er etwa im Hinblick auf Positionen im Management eines Unternehmens, in Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Verbänden von der Wirtschaft für erforderlich gehalten wird (vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487).
54 
Unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit nicht zu beanstanden ist die Regelung auch insoweit, als sie es ermöglicht, das eigenständige Bachelorstudium durch ein Ergänzungsstudium im Sinne einer einheitsjuristischen Ausbildung zu vervollständigen und den Studiengang mit der Ersten juristischen Prüfung abzuschließen (§ 35a Abs. 1, § 35b Abs. 2 JAPrO). Die Eröffnung des Zugangs zu den regulierten klassischen juristischen Berufen trägt zur Befriedigung der ohne Zweifel bestehenden Nachfrage nach Volljuristen mit ausgeprägtem wirtschaftswissenschaftlichem Sachverstand bei. Außerdem ist die Optionsmöglichkeit geeignet, Hemmungen bei den Studierenden abzubauen, sich auf die mit dem neuen Ausbildungsgang verbundenen Risiken einzulassen.
55 
Entsprechendes gilt für die in § 35b JAPrO eingeräumte Möglichkeit, die Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung (Staatsprüfung) zeitlich abgeschichtet in zwei Blöcken zu schreiben. Mit dieser Regelung wird von der in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG eingeräumten Option Gebrauch gemacht. Auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Abschichtungsmöglichkeit begegnet die Regelung keinen Bedenken. Denn der Pflichtstoff wird im Unterschied zur herkömmlichen Ausbildung nicht parallel, sondern in zeitlich aufeinander folgenden Abschnitten vermittelt (§ 35a Abs. 1 JAPrO). Außerdem haben die Studierenden in der Bachelorphase mit Blick auf die wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte eine erhebliche Mehrbelastung zu tragen, die eine Kompensation verlangt (vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487; dazu noch unten).
56 
bb) Die Annahme des Normgebers, dass die Anforderungen für die Ablegung der staatlichen Pflichtfachprüfung im Hinblick auf die beiden Vergleichsgruppen vergleichbar sind, wird durch die den Absolventen des gestuften Kombinationsstudiengangs eröffnete Abschichtungsmöglichkeit nicht in Frage gestellt.
57 
(1) Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Möglichkeit, die Aufsichtsarbeiten zeitlich abgeschichtet in zwei Blöcken zu schreiben, mit einem Wettbewerbsvorteil verbunden ist. Auch wenn letztlich der Pflichtstoff für beide Vergleichsgruppen identisch ist, stellt sich der Umfang der von ihnen jeweils zu erbringenden Prüfungsleistungen als unterschiedlich dar. Studierende des Kombinationsstudiengangs können sich in ihrer Examensvorbereitung zunächst ausschließlich auf einen Teil des Prüfungsstoffs (die Erbringung der schriftlichen Leistungen im Fach Zivilrecht) konzentrieren und sich sodann im nachfolgenden Abschnitt der Prüfung gesondert auf die Materien des Strafrechts und des Öffentlichen Rechts vorbereiten. Damit erfahren sie insbesondere im Hinblick auf die Gedächtnisleistung eine nicht unerhebliche Entlastung. Absolventen des klassischen Staatsexamensstudiengangs müssen demgegenüber den gesamten Pflichtstoff aller drei Rechtsgebiete umfassend vorbereiten und für die - binnen zwei Wochen zu fertigenden - Aufsichtsarbeiten vorhalten. Unterschiede bestehen auch im Hinblick auf die mit der Prüfung jeweils verbundene physische und psychische Belastungssituation. Während im klassischen ersten Examen in zwei Wochen sechs jeweils fünfstündige Aufsichtsarbeiten bewältigt werden müssen, sind im gestuften Kombinationsstudiengang zunächst nur drei Klausuren und die restlichen drei Klausuren erst zwei Jahre später zu absolvieren.
58 
Allerdings stehen diesen erleichterten Bedingungen für das Ablegen der Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung erhebliche Nachteile gegenüber, denen die Absolventen des herkömmlichen Studiengangs nicht ausgesetzt sind. Die Wettbewerbssituation der Vergleichsgruppen ist gekennzeichnet durch beträchtliche Zusatzanforderungen bzw. -belastungen des neuen Studiengangs gegenüber dem herkömmlichen Jura-Studium. Diese sind zwingend mit der Inanspruchnahme der Abschichtungsmöglichkeit verbunden.
59 
So haben die Studierenden des Kombinationsstudiengangs in der Bachelor-Phase gemäß § 35a Abs. 1 JAPrO in erheblichem Umfang Inhalte nicht juristischer Fachrichtungen zu bewältigen. Studierende des Studiengangs „Unternehmensjurist/in“ tragen beispielsweise wegen des Umfangs der wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte von 55 ECTS bei einem Gesamtumfang von 180 ECTS und wegen zahlreicher studienbegleitender Prüfungen in den Wirtschaftswissenschaften eine bedeutende Mehrbelastung. Im Modul „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre und Finanzmathematik“ sind jeweils entsprechende Teilprüfungen vorgesehen; das Modul „BWL 1“ enthält die Teilprüfungen „Marketing“, „Grundlagen des externen Rechnungswesens“ und „Management“, das Modul „BWL 2“ die Teilprüfungen „Finanzwirtschaft“ und „Internes Rechnungswesen“. Darüber hinaus ist die Vertiefung in einem der Schwerpunktbereiche „Tax and Accounting“ bzw. „Human Resources“ vorgesehen (vgl. zum Ganzen § 9 Abs. 5 SPUMA i.V.m. der Anlage 1 Bereich Wirtschaftwissenschaften).
60 
Die mit den wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzanforderungen verbundenen Erschwernisse sind nicht aus Rechtsgründen aus der Betrachtung auszublenden. Wie der Beklagte zutreffend dargelegt hat, gehören die über den Bereich der klassischen Rechtswissenschaft hinausgehenden Inhalte wesensimmanent zum gestuften Kombinationsstudiengang. Soweit die Klägerin meint, die wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzanforderungen trügen für das Ziel der juristischen Ausbildung im engeren Sinne, die Befähigung zum Richteramt bzw. die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst zu erwerben, nichts bei, weshalb eine wettbewerbsverzerrende Erleichterung der Bedingungen der Staatsprüfung nicht mit solchen Leistungen gerechtfertigt werden könne, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Klägerin nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass es bei der Prüfung der Vergleichbarkeit der Prüfungsleistungen - ungeachtet des ihnen gemeinsamen Zwecks, die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst festzustellen (vgl. § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG, § 1 Abs. 2 JAPrO) - auf eine Gesamtschau der rechtlichen und tatsächlichen Vor- und Nachteile ankommen muss, die mit den die Vergleichsgruppen treffenden Prüfungsbedingungen jeweils verbunden sind. Eine isolierte Betrachtungsweise, die einzelne tatsächliche oder rechtliche Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen ausblendet, orientierte sich nicht an den realen Wettbewerbsbedingungen und würde damit dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit nicht gerecht.
61 
Hinzu kommt, dass die verordnungsrechtlichen Vorschriften für die Inanspruchnahme der Abschichtungsmöglichkeit ein enges zeitliches Korsett vorsehen. Der Kandidat muss spätestens an der am Ende des sechsten Semester beginnenden Staatprüfung teilnehmen, nur dann kann er in diesem Termin von der Möglichkeit der auf ein einzelnes Rechtsgebiet beschränkten Teilnahme Gebrauch machen (§ 35b Abs. 1 JAPrO). Die Beschränkung ist nur zulässig, wenn der Kandidat im Rahmen des gestuften Kombinationsstudiengangs zugleich einen berufsqualifizierenden Universitätsabschluss erwirbt (§ 35b Abs. 1 Satz 2 JAPrO; vgl. auch § 35c Abs. 2 JAPrO). Demgegenüber besteht für Studierende des üblichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs keine zwingende zeitliche Verknüpfung mehr zwischen Staats- und Universitätsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 JAPrO). Darüber hinaus hat sich der Kandidat nach § 35b Abs. 2 JAPrO spätestens im vierten auf die Teilnahme nach Abs. 1 folgenden Termin erneut zur Staatsprüfung zu melden (Satz 1), in dem er die Staatsprüfung um die Aufsichtsarbeiten in den noch nicht geprüften Rechtsgebieten und um die mündliche Prüfung vervollständigt (Satz 2). Trotz der Abschichtung wird im Rahmen der mündlichen Prüfung der Pflichtstoff sämtlicher Rechtsgebiete geprüft und ist dieser dementsprechend für diese Prüfung auch vorzuhalten. Insgesamt stellen auch die engen zeitlichen Vorgaben für die Kandidaten des gestuften Kombinationsstudiengangs eine beträchtliche zusätzliche Erschwernis bei der Ablegung der Ersten juristischen Prüfung dar (zu dem angestrebten hohen Qualitätsstandard des Bachelor-Abschlusses vgl. Schäfer, NJW 2008, 2487).
62 
Nicht zuletzt erscheint es nahe liegend, dass die Begrenzung der Vorbereitung auf die Rechtsgebiete des Zivilrechts bei der Fertigung der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten (im ersten Block) mit dem Nachteil verbunden ist, dass die Kandidaten nicht in hinreichendem Maße über Kenntnisse rechtsgebietsübergreifender Zusammenhänge verfügen.
63 
(2) Aus alledem folgt, dass die normativ bestimmten Prüfungsanforderungen für die Kandidaten des gestuften Kombinationsstudiengangs gegenüber denen für die Kandidaten des herkömmlichen rechtswissenschaftlichen Studiengangs teils mit Erleichterungen und teils mit Erschwernissen verbunden sind. Bei der gebotenen Gesamtschau lässt sich indes nicht feststellen, dass den Erstgenannten ein klarer und ins Gewicht fallender Wettbewerbsvorteil zukommt, und kann das konkrete Ausmaß des Einflusses der unterschiedlichen Prüfungsanforderungen auf das Prüfungsergebnis nicht näher bestimmt werden (vgl. zum Problem der Feststellung einer rechtsverletzenden Benachteiligung eines Prüflings durch eine rechtswidrige Bevorzugung von Mitprüflingen auch Senatsbeschluss vom 27.02.2014, a.a.O.). In dieser Lage ist es Sache des Normgebers zu beurteilen, ob (noch) eine Vergleichbarkeit der von den Vergleichsgruppen zu erbringenden Prüfungsleistungen oder (schon) eine den Grundsatz der Chancengleichheit verletzende Wettbewerbsverzerrung vorliegt. Insoweit ist ihm ein Spielraum zuzubilligen. Ein derartiger mit einer Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolle einhergehender Spielraum ist dem Normgeber in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts bislang bereits im Hinblick auf prüfungsrechtliche Übergangsregelungen zuerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1988, a.a.O., sowie BVerwG, Beschluss vom 23.02.1990 - 7 B 24/90 -, juris). Die dortigen Erwägungen, wonach der Grundsatz der Chancengleichheit nicht verbietet, bei Übergangsregelungen Vergleichsgruppen zu bilden und diese unterschiedlichen Regelungen zu unterwerfen, wenn hierfür sachgerechte Gründe vorliegen, können auch im vorliegenden Zusammenhang herangezogen werden.
64 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die grundrechtliche Bindung des Normgebers bei der Festlegung beruflicher oder akademischer Qualifikationsanforderungen auf das Gebot der Wahrung eines sachlichen Zusammenhangs mit den Anforderungen des betreffenden Berufs beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O., juris Rn. 28 m.w.N.). In dieser zurückhaltenden Linie kommt zum Ausdruck, dass die Definition beruflicher und akademischer Qualifikationsstandards vorwiegend Sache politisch wertender Gestaltung und durch die Verfassung im Kern nicht vorentschieden ist (BVerwG, Urteil vom 29.05.2013, a.a.O.). Dem entspricht die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Verfassung dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Eignung der von ihm für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Regelungsziele gewählten Mittel einen Einschätzungsspielraum zubilligt (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 15.01.2002 - 1 BvR 1783/99 -, BVerfGE 104, 337, 347 f.; Hillgruber, in: HStR IX, 2011, § 201 Rn. 66 ff.). Hat aber der Bundesgesetzgeber in Wahrnehmung dieses Gestaltungsspielraums in § 5d Abs. 2 Satz 3 DRiG in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Ländern die Option der Abschichtung eingeräumt und sieht er den Nachweis der Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst auch bei - im Hinblick auf die Möglichkeit der Abschichtung von Prüfungsleistungen - divergierenden Prüfungsmodalitäten in verschiedenen Bundesländern als erbracht an, liegt es nicht fern, bezogen auf die Bedeutung von Abschichtungsregelungen für den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit jedenfalls einen Einschätzungsspielraum des Landesverordnungsgebers anzunehmen.
65 
Der angenommene Spielraum des Normgebers bei der Feststellung der Vergleichbarkeit von Prüfungsbedingungen kann schließlich umso eher hingenommen werden, als mit der in § 62a Abs. Satz 2 und 3 JAPrO vorgegebenen Evaluierungspflicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht sichergestellt ist, dass der Normgeber die zwischen den Vergleichsgruppen bestehende Wettbewerbssituation während des Erprobungszeitraums beobachtet und bei auftretenden Verzerrungen gegebenenfalls Abhilfe schafft. Zwar kann der in § 62a JAPrO eingeräumten Ermächtigung, einen Studiengang zu erproben, für sich genommen keine Rechtfertigung dafür entnommen werden, den Spielraum für eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit von Prüflingen zu erweitern. Steht dem Normgeber allerdings - wie im vorliegenden Fall - mit Blick auf das Fehlen klarer Anhaltspunkte für eine wettbewerbsverzerrende Wirkung ein Spielraum zu, erscheint die verordnungsrechtliche Evaluierungspflicht geeignet, möglichen Verzerrungen der Wettbewerbssituation entgegenzuwirken. Dies lässt die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verfassungsrechtlich in milderem Licht erscheinen (vgl. zur Pflicht des Normgebers, die weitere Entwicklung zu beobachten und zu korrigieren BVerfG, Urteil vom 16.04.2004 - 1 BvR 1778/01 -, BVerfGE 110, 141).
66 
Insgesamt lässt sich nicht feststellen, dass hier der Einschätzungsspielraum des Normgebers überschritten wäre. Nach den obigen Darlegungen ist die umstrittene Regelung durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt. Dass mit ihr eine klare und ins Gewicht fallende Verzerrung des Wettbewerbs zwischen den beschriebenen Vergleichsgruppen verbunden wäre, hat sich nicht ergeben. Insgesamt kann der Senat nicht erkennen, dass die Annahme des Normgebers, die von den Vergleichsgruppen zu erbringenden Prüfungsleistungen seien vergleichbar, zu beanstanden wäre.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
68 
Beschluss vom 10. März 2015
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q.         P.         /T.                ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q.         P.         /T1.                ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q.         P.         /H.       ) wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.


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(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Juli 2007 - 5 K 166/05 - geändert, soweit es die Klage mit dem Hauptantrag abweist. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Sigmaringen vom 24. Februar 2005 verpflichtet, der Klägerin einen Bauvorbescheid zur Errichtung einer Windkraftanlage mit einer Höhe von 141 m auf dem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Ostrach-Burgweiler gemäß ihrem in der Berufungsverhandlung am 9. Oktober 2012 modifizierten Bauvorbescheids-antrag vom 28. April 2004 zu erteilen. Im Übrigen ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. Juli 2007 - 5 K 166/05 - unwirksam.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, ausgenommen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten jeweils selbst tragen. Von den übrigen Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene zu 2 jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und tragen die Beigeladenen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin beantragte am 11.05.2004 die Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung einer Windkraftanlage mit 100 m, hilfsweise 80 m Nabenhöhe und 41 m Rotorradius auf dem Flst.Nr. ... der Gemarkung B. in der Gemeinde O., die zur Region Bodensee-Oberschwaben mit 3.500 km² Fläche gehört. Die Beigeladene zu 1 versagte ihr Einvernehmen. Der Beigeladene zu 2 ersuchte das Landratsamt Sigmaringen mit Schreiben vom 09.06.2004, den Bauvorbescheidantrag im Hinblick auf eine anstehende Teilfortschreibung des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben abzulehnen oder die Entscheidung über den Antrag solange zurückzustellen, bis die Standortplanung des Regionalverbandes eine konkrete Aussage erlaube. Ein benachbarter Landwirt rügte u.a. Lärmimmissionen und Schattenschlag wegen zu geringen Abstands zu seinem Hof. Das Landratsamt entschied über den Bauvorbescheidantrag zunächst nicht.
Die Klägerin hat am 20.01.2005 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Verpflichtungsklage erhoben. Daraufhin lehnte das Landratsamt den Bauvorbescheidantrag mit Bescheid vom 24.02.2005 ab. Mit Schriftsatz vom 21.03.2005 hat die Klägerin diesen Bescheid in ihre Verpflichtungsklage einbezogen.
Am 12.05.2006 beschloss die Verbandsversammlung des Beigeladenen zu 2 die "Teilfortschreibung 2006 des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben 1996 (Kap. 4.2.5 Erneuerbare Energie-Windenergie)“ als Satzung (nachfolgend Teilfortschreibung 2006). Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg genehmigte die Teilfortschreibung 2006 am 22.06.2006. Der Beigeladene zu 2 machte die Genehmigung am 03.07.2006 im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg öffentlich bekannt. Die Teilfortschreibung 2006 ersetzt den Plansatz 4.2.5 "Erneuerbare Energie" einer Teilfortschreibung aus dem Jahr 1998. Der Plansatz lautet nunmehr:
Nach der Begründung zur Teilfortschreibung 2006 ermöglichen der Standort “I.“ auf 90 ha zehn bis zwölf kleinere Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von durchschnittlich 80 m, der Standort “S.“ auf 15 ha drei kleinere Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von durchschnittlich 90 m und der Standort "J.“ auf 15 ha drei Windkraftanlagen ohne Höhenbeschränkung. Die Festlegung der Gebiete beruhe auf bestimmten Vorgaben. Die Vorranggebiete seien für Standorte festgelegt, an denen das vorhandene Winddargebot eine ökonomisch sinnvolle sowie eine ökologisch und sozial verträgliche Nutzung der Windenergie erwarten lasse, soweit keine Belange von öffentlichem Interesse entgegenstünden. Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass Standorte, welche nach dem statistischen Windfeldmodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD) eine mittlere jährliche Windgeschwindigkeit von 5,0 m/s in 50 m über Grund nicht überschritten, für eine wirtschaftlich tragbare Windenergienutzung mit hoher Sicherheit nicht in Frage kämen. Sie schieden daher als potentielle Vorrangstandorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von vornherein aus (generelles Ausschlusskriterium). Nach aktuellen Winddaten des DWD aus dem Jahr 2004 wiesen 6,7 % der Regionsfläche in 50 m über Grund mittlere jährliche Windgeschwindigkeiten zwischen 5,0 und 5,4 m/s und nur 1,3 % der Regionsfläche Geschwindigkeiten von größer als 5,5 m/s auf. Die höchsten Durchschnittswerte lägen bei 6,1 m/s. Nach Orientierungswerten des Bundesverbandes für Windenergie (BWE) aus dem Jahr 2004 könne daher in der Region Bodensee-Oberschwaben nur an sehr wenigen Standorten mit noch gerade ausreichenden Ertragsbedingungen gerechnet werden. Der Bodensee, das unmittelbar angrenzende Hinterland und die zum Bodensee hin wirksamen Höhenrücken seien wegen ihrer Natur und kulturräumlichen Eigenart, Schönheit und Vielfalt besonders schutzwürdig und daher von der Ausweisung als Vorranggebiet von vornherein ausgeschlossen. Um eine Überlastung von Natur und Landschaft zu vermeiden, solle die Errichtung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen an geeigneten Standorten konzentriert werden. Dabei solle ein Standort die Errichtung von mindestens drei derzeit marktüblichen Windkraftanlagen, sog. Referenzanlagen, ermöglichen, eine Anlagenhöhe von mindestens 70 m sichergestellt sein und ein Mindestabstand zwischen den Vorranggebieten von in der Regel 5 km eingehalten werden. Bei geringeren Abständen zwischen den Vorrangstandorten müsse von einer massiven Überprägung der Landschaft ausgegangen werden. Als Grundlage für die Bemessung von Vorsorgeabständen, die Beurteilung des zu erwartenden Eingriffs in das Landschaftsbild sowie die Dimensionierung der Vorranggebiete sei die Bestimmung einer Referenzanlage notwendig. Die Betrachtung orientiere sich insoweit an der derzeit marktgängigen und im Binnenland verbreiteten Windkraftanlage “Enercon E-66“ mit 98 m Nabenhöhe, 70 m Rotordurchmesser und 133 m Gesamthöhe.
Die Vorrang- und Ausschlussgebiete seien in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt worden. In einem ersten Schritt seien anhand der aktuellen Winddaten 2004 des DWD die Gebiete mit einem nach den zuvor dargestellten Planungsvorgaben ausreichenden Windpotential ermittelt worden. Für die vorermittelten Bereiche (Suchräume) sei die Gültigkeit weiterer nicht abwägbarer Ausschlusskriterien geprüft worden. Gleichzeitig seien diese Bereiche hinsichtlich ihres Winddargebots nachbewertet worden, da modellbedingt die nach dem statistischen Windfeldmodell des DWD ermittelten mittleren jährlichen Geschwindigkeiten von den tatsächlichen lokalen Windverhältnissen abweichen könnten. Nach diesen beiden Planungsschritten seien mögliche Vorranggebiete konkret abgegrenzt worden, welche dann anhand von Konflikt- und Eignungskriterien abschließend bewertet und abgewogen worden seien. In den Vorranggebieten sei der Nutzung der Windenergie an diesen Standorten Vorrang vor anderen Raumnutzungen eingeräumt. Diese Festlegung garantiere jedoch nicht, dass an dieser Stelle die tatsächlichen Windverhältnisse für eine wirtschaftlich tragbare und im Sinne des Energieeinspeisungsgesetzes förderfähige Windenergienutzung ausreichten. Den Vorschlag der Klägerin, auch den Standort ihres Vorhabens als Vorranggebiet für regionalbedeutsame Windkraftanlagen festzulegen, lehnte die Verbandsversammlung mit der Begründung ab, die Windverhältnisse an diesem 30 m niedriger liegenden Standort seien deutlich ungünstiger als am festgelegten Standort “J.“ in der Nachbargemeinde Ilmensee. Eine ökonomisch sinnvolle und ökologisch vertretbare Windkraftnutzung sei dort nicht zu erwarten.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt: Ihr Vorhaben sei nach § 35 Abs.1 Nr. 5 BauGB zulässig. Öffentliche Belange stünden nicht entgegen. Der Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild wiege nicht so schwer, dass er die Windenergienutzung am gewählten Standort verhindern könne. Auch die Festlegung von Ausschlussgebieten in der Teilfortschreibung 2006 stehe dem Vorhaben nicht entgegen, weil sie unwirksam sei. Denn die Teilfortschreibung 2006 sei eine reine Verhinderungsplanung. Die Vorranggebiete ließen keine substantielle, d. h. wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zu. Die Standorte “S.“ und “J.“ ermöglichten mit ihrer geringen Fläche keine raumbedeutsame Konzentration von Windkraftanlagen. Der Standort “I.“ reiche zwar für raumbedeutsame Anlagen aus, doch stehe seiner Raumbedeutsamkeit die dortige Höhenbegrenzung entgegen. Die Flächen der Vorranggebiete betrügen lediglich 0,034 % der Gesamtfläche der Region. Der Beigeladene zu 2 habe seine Kriterien so angewendet, dass Windkraftanlagen gerade nicht zugelassen werden sollten. Bereits die geringe Anzahl der Vorranggebiete weise darauf hin. Zudem sei die Referenzanlage “Enercon E-66“ an den zwei Standorten mit Höhenbeschränkungen (“I.“ und “S.“) nicht realisierbar. Es sei nicht ersichtlich, wie diese Standorte bei der Vorgabe, Anlagen des Typs “Enercon E-66“ möglich zu machen, überhaupt hätten ermittelt werden können. Bei einer vorgegebenen Höhenbegrenzung von 80 m wären zahlreiche weitere Standorte in Betracht gekommen. Im Übrigen seien Windenkraftanlagen mit Nabenhöhen von 50 m nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Es sei eine große Anzahl gut geeigneter Standorte „weggewogen“ und es seien solche übrig behalten worden, die entweder schon bebaut gewesen seien oder aufgrund militärischer Belange nicht mit wirtschaftlich zu betreibenden Windkraftanlagen bebaut werden könnten. Es stelle sich ferner die Frage, ob die Vorgabe einer Mindestwindgeschwindigkeit sachgerecht sei. Die Teilfortschreibung 2006 sei zudem abwägungsfehlerhaft und unwirksam, weil die herangezogene Windkarte des DWD aus dem Jahr 2004 veraltet und für eine Windkraftanlagenplanung unbrauchbar sei.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Landratsamts vom 24.02.2005 den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen, hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 22.06.2006 einen Anspruch auf Erteilung dieses Bauvorbescheids hatte, weiter hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 23.01.2006, oder höchsthilfsweise jedenfalls bis zum 23.01.2005 einen solchen Anspruch hatte.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert.
10 
Der Beigeladene zu 2 hat beantragt, die Klage mit dem Hauptantrag abzuweisen. Die Region Bodensee-Oberschwaben sei im baden-württembergischen Vergleich als ausgesprochen windschwach einzustufen. In dieser Region werde nach den Daten des DWD eine mittlere jährliche Windgeschwindigkeit von 5,0 m/s in 50 m über Grund, die nach der BWE-Empfehlung von 2004 eine absolute Untergrenze für wirtschaftliche Windenergienutzung darstelle, nur auf 7,9 % der Regionsfläche erreicht. Wegen der Unsicherheiten nach dem statistischen Windfeldmodell, das Abweichungen zwischen 0,2 m/s und 0,5 m/s zulasse, seien in der Abwägung Standorte mit in der Regel mindestens 5,5 m/s in 50 m über Grund bevorzugt worden. Einschränkungen für Windkraftanlagen ergäben sich ferner aus einzuhaltenden Mindestabständen zur Wohnbebauung sowie Belangen der Landesverteidigung, des Luftverkehrs und des Natur- und Landschaftsschutzes. Die windhöffigsten nutzbaren Standorte lägen auf der Schwäbischen Alb, wo allerdings die Höhe wegen militärischer Tieffluggebiete beschränkt sei. Ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb sei in der Region Bodensee-Oberschwaben daher nur an wenigen Standorten möglich. Vorranggebiete seien demzufolge auch an solchen Standorten festzulegen, an denen die wirtschaftliche Nutzung der Windenergie erst anhand geeigneter lokaler Windmessungen sicher festgestellt werden könne. Dies gelte vor allem für die Standorte “I.“ und “S.“. Diese zählten zwar zu den windhöffigsten Standorten. Bei ihnen müsse der notwendige Energieertrag aber wegen der militärischen Tieffluggebiete mit geringeren Bauhöhen realisiert werden. Diese Standorte besäßen keine Alibifunktion. Am Standort “I.“ betrügen die mittleren jährlichen Windgeschwindigkeiten nach den Winddaten des DWD 2004 zwischen 5,5 und 5,9 m/s in 50 m über Grund. Das seien die besten nutzbaren Windpotentiale der Region Bodensee-Oberschwaben. Bei einer realisierbaren Nabenhöhe von durchschnittlich 50 m lägen diese Werte in der Größenordnung des vom BWE genannten Richtwertes. Nur geringfügig ungünstiger lägen die Verhältnisse am Standort “S.“, wo allerdings eine um ca. 10 m höhere Nabenhöhe eine bessere Energieausbeute zulasse. Am Standort “J.“ lägen die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten nach den Daten des DWD aus dem Jahr 2004 zwischen 5,3 und 5,7 m/s in 50 m über Grund, was bei Verwendung geeigneter Windkraftanlagen einen wirtschaftlichen Betrieb ermögliche.
11 
Mit Urteil vom 25.07.2007 hat das Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins festgestellt, dass die Klägerin bis zum 23.01.2005 Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids gehabt habe, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei mit dem Hauptantrag zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin habe nach § 57 Abs. 1 LBO keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, ihr den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Das folge zwar nicht schon daraus, dass Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m seit dem 01.07.2005 einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren bedürften. Denn aufgrund der Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG könnten Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung, die vor dem 01.07.2005 rechtshängig geworden seien, nach altem Genehmigungsverfahrensrecht abgeschlossen werden, was auch Bauvorbescheidanträge einschließe. Das Vorhaben sei jedoch bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig, weil ihm im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegenstünden. Denn mit dem Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben sei i. S. dieser Vorschrift als Ziel der Raumordnung eine positive Standortzuweisung für – raumbedeutsame - Windkraftanlagen mit Ausschlusswirkung für alle anderen Standorte wirksam erfolgt. Sowohl die positiven als auch die negativen Elemente solcher planerischen Aussagen wiesen die Merkmale von Zielen der Raumordnung auf. Der Standort der von der Klägerin geplanten Windkraftanlage liege aber nicht in einem Vorranggebiet für regionalbedeutsame Windkraftanlagen. Das Vorhaben der Klägerin sei raumbedeutsam im Sinne von § 3 Nr. 6 ROG. Plansatz 4.2.5 erfülle auch die Anforderungen an Ziele der Raumordnung i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die Vorschrift stelle die Errichtung von Windkraftanlagen unter einen Planungsvorbehalt. Dieser setze gebietsbezogene planerische Festlegungen über die Konzentration von Windkraftanlagen an bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss solcher Anlagen an anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben werde. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleihe derartigen Festlegungen rechtliche Außenwirkung mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der Regel unzulässig seien. Der Ausschluss der Anlagen aus Teilen des Plangebiets lasse sich nach der Wertung des Gesetzgebers allerdings nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstelle, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzten. Dem Plan müsse daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das dem Abwägungsgebot gerecht werde. Die Abwägung müsse sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Mit einer bloßen „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinauslaufe, dürfe es nicht sein Bewenden haben. Der Plangeber müsse die Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren, beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum schaffen. Gemessen daran sei Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gebot der Erforderlichkeit sei beachtet und die Abwägung sei rechtsfehlerfrei. Mit der Möglichkeit, auf einer Fläche von insgesamt 120 ha 16 bis 18 Windkraftanlagen zu errichten, habe der Beigeladene zu 2 in substantieller Weise Raum für die wirtschaftliche Nutzung der Windenergie in der Region Bodensee-Oberschwaben geschaffen. Die Grenze zur Verhinderungsplanung lasse sich nicht abstrakt bestimmen. Selbst die Ausweisung nur einer Konzentrationszone sei für sich genommen kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch die Größen der Vorranggebiete seien, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Deren Flächen seien nicht nur zur Größe des gesamten Planungsgebiets in Relation zu setzen, sondern auch zur Größe derjenigen Flächen in der Region, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kämen. Eigne sich nur ein geringer Teil der Flächen in der Region für eine Windenergienutzung, so sei eine im Vergleich zur Gesamtfläche kleine Konzentrationsfläche schon deshalb kein Indiz für eine zu missbilligende Verhinderungsplanung. Soweit in der Rechtsprechung Flächen von Vorranggebieten als zu klein beanstandet worden seien, habe dies ersichtlich darauf beruht, dass es keine besonderen örtlichen Gegebenheiten gegeben habe oder dass überhaupt Unterlagen über ein nachvollziehbares Planungskonzept gefehlt hätten. Die vorliegenden Unterlagen böten aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Teilfortschreibung 2006 Merkmale einer Verhinderungsplanung aufweise.
12 
Die ausgewiesenen drei Standorte seien für raumbedeutsame Windkraftanlagen geeignet. Die Raumbedeutsamkeit der an den Standorten “I.“ und “S. möglichen Windkraftanlagen ergäbe sich trotz ihrer eher kleinen Dimension aus der Fernwirkung ihres räumlichen Zusammenhangs. Sie wären mit prägender Auswirkung auf das Landschaftsbild sichtbar, wie eine vom Beigeladenen zu 2 erstellte Sichtbarkeitsanalyse zeige. Die Vorrangfläche von 120 ha sei vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die Region Bodensee-Oberschwaben als ausgesprochen windschwach einzustufen sei. Die Errichtung von Windkraftanlagen sei dort außerdem aufgrund des in weiten Teilen vorherrschenden Streusiedlungscharakters, wegen einzuhaltender Mindestabstände zur Wohnbebauung, Belangen der Landesverteidigung und des Luftverkehrs sowie des Natur- und Landschaftsschutzes stark eingeschränkt. In der Summe bedeuteten diese Einschränkungen, dass nur an wenigen Standorten ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Windkraftanlagen möglich sei. Die Behauptung der Klägerin, der Beigeladene zu 2 habe nur solche Vorranggebiete ausgewiesen, die wegen Bauhöhenbeschränkungen nicht wirtschaftlich genutzt werden könnten, sei unzutreffend. In allen drei Vorranggebieten sei eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Windenergie möglich. Die weitere nicht näher dargelegte Behauptung der Klägerin, Windkraftanlagen mit 50 m Nabenhöhe seien generell nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, sei nicht nachvollziehbar. Denn da entscheidend auf die Windverhältnisse in Nabenhöhe abzustellen sei, könnten auch bei entsprechenden Windverhältnissen in geringerer Nabenhöhe Windkraftanlagen wirtschaftlich betrieben werden. Auch die Vorgabe einer Mindestgröße der Vorranggebiete für mindestens drei marktübliche Windkraftanlagen an einem Standort zur Vermeidung einer Verspargelung der Landschaft sei sachgerecht. Auch quantitativ schafften die drei ausgewiesenen Vorranggebiete noch ausreichend Raum, um eine substantielle, d. h. wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Windenergie zu ermöglichen.
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Die Abwägung sei auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Ermittlungsmethode in einem mehrstufigen, abschichtenden Planungsprozess sei ordnungsgemäß, insbesondere sei die Vorgabe eines bestimmten Windpotentials und damit eines bestimmten betriebswirtschaftlichen Nutzens sachgerecht. Durch das mehrstufige Vorgehen sei sichergestellt, dass die Zielgebiete über ein hinreichend großes Windpotential verfügten, was deren abwägungsfehlerfreie Ausweisung als Vorranggebiete ermögliche. Nicht zu beanstanden sei, dass Prognose und Berechnungen zu möglichen Umweltbelastungen anhand einer Referenzanlage durchgeführt worden seien, auch wenn der Modelltyp “Enercon E 66“ tatsächlich nur im Vorranggebiet “J.“ betrieben werden könne. Ziel der Teilfortschreibung 2006 sei nicht der Bau möglichst vieler Windkraftanlagen des Typs “Enercon E-66“. Das Planungsziel sei auch dann erreicht, wenn in den ermittelten Gebieten der Bau anderer Windkraftanlagentypen ermöglicht werde. Der Planungsträger sei auch nicht zu einer Planung verpflichtet, welche im Ergebnis eine möglichst große Zahl von Windkraftanlagen im Plangebiet ermögliche. Ein Planungsfehler läge nur dann vor, wenn durch die Wahl einer bestimmten Referenzanlage Vorranggebiete ermittelt worden wären, die faktisch nicht mit Windkraftanlagen bebaut werden könnten oder auf denen eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Windenergie ausgeschlossen sei. Das sei hier aber nicht der Fall.
14 
Ein Abwägungsfehler sei auch nicht darin zu sehen, dass die Windhöffigkeit nur in 50 m Höhe, nicht aber in 80 oder 100 m Höhe ermittelt worden sei. Das Datenmaterial des DWD sei weder veraltet noch ungeeignet. Erst nach Abschluss des Planungsverfahrens habe der DWD Datenmaterial mit Windgeschwindigkeiten in 80 m Höhe vorgelegt. Zudem hätten gutachtliche Bewertungen des Windpotentials anderer Windkraftanlagenbetreiber oder von Investoren ebenfalls in die Abwägung einfließen können. Solche Gutachten seien indes - auch von der Klägerin - nicht vorgelegt worden. Die Abwägung sei schließlich auch insoweit nicht zu beanstanden, als das Baugrundstück als Teil des Ausschlussgebietes ausgewiesen worden sei. Der Beigeladene zu 2 habe plausibel dargelegt, dass die Windverhältnisse an diesem Standort dort deutlich ungünstiger seien als am Standort “J.“.
15 
Es sei auch keine Ausnahme von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zuzulassen. Denn es seien keine Anhaltspunkte für eine insoweit erforderliche atypische Sonderkonstellation ersichtlich.
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Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage habe nur mit dem höchsthilfsweise, zeitlich jedoch am weitgehendsten Antrag Erfolg. Insoweit sei die Klage zulässig und begründet. Die Klägerin habe bis zum 23.01.2005 Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids gehabt. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten dem privilegierten Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegengestanden, insbesondere weder die vorangegangene Teilfortschreibung 1998 des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben noch einer der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten Belange.
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Gegen dieses ihr am 28.09.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.10.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung am 09.10.2012 hat sie ihren Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids vom 28.04.2004 auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens mit Ausnahme der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beschränkt.
18 
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25.07.2007 - 5 K 166/05 - zu ändern, soweit es die Klage mit dem Hauptantrag abweist und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Sigmaringen vom 24.02.2005 zu verpflichten, der Klägerin den Bauvorbescheid zur Errichtung einer Windkraftanlage mit einer Höhe von 141 m auf dem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung O.-B. gemäß ihrem in der Berufungsverhandlung am 09.10.2012 modifizierten Bauvorbescheidantrag vom 28.04.2004 zu erteilen.
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Zur Begründung führt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend aus: Es fehle eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Festsetzung von Vorranggebieten ohne gleichzeitige Ausweisung von Eignungsgebieten im Sinne des Raumordnungsgesetzes. Der notwendige Referenzertrag von 60 % nach § 10 Abs. 4 EEG für eine Vergütungsfähigkeit des erzeugten Stroms und eine Abnahmepflicht der Netzbetreiber könne an den Standorten “I.“ und “S.“ wegen der dortigen Höhenbegrenzungen nicht erzielt werden. Der Standort “J.“ sei bereits mit drei 87 m hohen Anlagen bebaut, die aufgrund einer 10jährigenr Abschreibungsdauer länger betrieben würden als die Teilfortschreibung 2006 wirksam sei. Dort könnten allenfalls zwei, eventuell auch nur eine der Referenzanlagen errichtet werden. Die Windkarte des DWD von 2004 sei für die Windkraftanlagenplanung ungeeignet, weil sie Windverhältnisse in 50 m über Grund betreffe und veraltet sei. Windverhältnisse in 50 m Höhe sagten in einer hügeligen Landschaft über die Windverhältnisse in anderen Höhen überhaupt nichts aus. Eine Umrechnung der Daten auf 100 m Höhe verbiete sich daher. Die der Abwägung zugrunde liegende Methode sei fehlerhaft. Das Kriterium eines Windangebots von mindestens 5 m/s in 50 m Höhe über Grund verkürze das Abwägungsmaterial sachwidrig bereits auf 97% der Region. Der Beigeladene zu 2 habe zudem nur auf 1,3 % der Regionsfläche im langjährigen Mittel Windgeschwindigkeiten von mehr als 5,5 m/s in 50 m über Grund ermittelt und sachwidrig als Mindestgeschwindigkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb zugrunde gelegt. Mit dem Mindestkriterium anderer Regionalverbände in Baden-Württemberg von 4,0 m/s in 50 m über Grund wäre das Flächenangebot erheblich größer gewesen. Wenn ein solches Windangebot für einen wirtschaftlichen Betrieb einer Windkraftanlage tatsächlich notwendig sein sollte und die zugrundegelegten Winddaten zutreffend ermittelt worden wären, fehlte es auch an der Erforderlichkeit der Planung. Die Annahme, dass bei weniger als 5 m/s in 50 m über Grund eine Windenergienutzung nicht tragfähig sei, sei aber auch unzutreffend. Der Beigeladene zu 2 habe aus den Hinweisen des BWE aus dem Jahre 2004 falsche Schlüsse gezogen. Dessen Aussage, nach der im Regelfall die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe mindestens 5,7 bis 6,0 m/s betragen solle, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten, habe die Nabenhöhe von 65 m nur beispielhaft erwähnt. Der Beigeladene zu 2 habe dann diese Angabe auf 50 m herunter gerechnet, ohne dass ersichtlich sei, wie dies erfolgt sei. Die Zahlen seien nicht nachvollziehbar und sehr unwahrscheinlich. Eine Umrechnung wäre allenfalls auf die Nabenhöhe der Referenzanlage von rund 100 m (98 m) in Betracht gekommen. Dies hätte Werte von 5,7 bis 6,0 m/s in 100 m Höhe ergeben, die selbst nach Aussage des Beigeladenen zu 2 noch einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichten. Das Kriterium der Windhöffigkeit sei zweimal angewandt worden, um Flächen auszuschließen, indem von 38 ermittelten Potenzialflächen nur die mit einer Windhöffigkeit von 5,5 m/s in 50 m über Grund berücksichtigt worden seien. Solche Windverhältnisse seien üblicherweise an der Küste anzutreffen. Die zugrunde gelegte Empfehlung des BWE sei für Geldanleger konzipiert. Sie müsse deshalb aus haftungsrechtlichen Gründen auf der sicheren Seite liegen. Bei richtiger Umrechnung der empfohlenen Windgeschwindigkeiten auf 50 m Höhe hätten sich Werte von 4,5 bis 4,8 m/s ergeben. In anderen Regionen (Schwarzwald/Unterer Neckar) seien auch nur Mindestwindgeschwindigkeiten von 4,0 m/s in 50 m über Gelände gefordert worden. Die Windverhältnisse, die bei einigen von ihr errichteten und erfolgreich betriebenen Windkraftanlagen in Baden-Württemberg vorherrschten, seien teilweise noch niedriger. Nach den Gutachten dazu betrage die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe jeweils ca. 5,4 m/s. Die Berechnungen für die Höhe 50 m über Grund lägen bei 4,3 bis 4,8 m/s, seien aber auch nicht erheblich.
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Ein Abwägungsdefizit liege auch darin, dass die Eignung der festgelegten Vorranggebiete für eine wirtschaftliche Windenergienutzung nicht geprüft worden sei. Der Beigeladene zu 2 habe sich insoweit auf Vermutungen verlassen, dass sich die Wirtschaftlichkeit schon einstellen werde. So heiße es im Protokoll über die Sitzung seines Planungsausschusses vom 22.07.2005 entlarvend, der Regionalverband sei gesetzlich nur verpflichtet, Standorte herauszufinden und planerisch zu sichern, an denen die Windkraftnutzung Vorrang vor anderen Raumnutzungen haben solle. Bestünden Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Planung, seien diese auszuräumen oder aber sei die Planung einzustellen. Für keines der drei Vorranggebiete sei nachgewiesen worden, dass dort ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sei. Andererseits habe der Beigeladene zu 2 dieses Kriterium aber angewandt, um von privaten Planern vorgeschlagene Standorte auszuschließen. Dies gelte etwa für einen Standort nördlich von Blochingen/Mengen, der vom BWE und vom Ingenieurbüro R. vorgeschlagen worden sei. Jeder Meter Nabenhöhenzuwachs steigere den Ertrag um ca. 1 %. Eine Windkraftanlage mit 100 m Nabenhöhe erziele deshalb 50 % mehr Ertrag als eine mit 50 m Nabenhöhe. Interessanterweise räume der Beigeladene zu 2 zwischenzeitlich auch ein, dass die Windverhältnisse an vielen Standorten in der Region ausreichend seien, vorausgesetzt man lasse Nabenhöhen von z.B. 120 m zu.
22 
Ferner sei abwägungsfehlerhaft, den 5 km-Abstand zwischen den Vorranggebieten auch auf bereits bestehende oder lediglich genehmigte regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Ausschlusskriterium anzuwenden, ohne diese Standorte als Vorranggebiete auszuweisen. Dies sei sachwidrig, weil gerade die nach dem Winddargebot am ehesten zu gebrauchenden Flächen ausfielen. Dadurch seien zahlreiche gut geeignete Standorte ohne eine sachliche Begründung aus der weiteren Betrachtung ausgeschieden worden. Bei den verbliebenen 38 potenziellen Vorranggebieten hätten überzogene Ansprüche an die Windgeschwindigkeit sowie die Belange des Landschaftsschutzes und der Erholung zu ungerechtfertigten Ausschlüssen geführt. Das Freihalten aller Bodenseebereiche und anderer touristischer Bereiche lasse sich mit der gesetzgeberischen Entscheidung für die Privilegierung der Windenergie nicht vereinbaren. Abwägungsfehlerhaft sei es schließlich, den “Höchsten“ von vornherein mit der Begründung zum Ausschlussgebiet zu erklären, dass dieser ebenfalls als zum Bodensee hin wirksamer Höhenrücken zu werten sei, obwohl dort bereits die Landschaft prägende Windkraftanlagen bestünden.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Er entgegnet, das Vorhaben diene nicht der Nutzung der Windenergie, weil sein Standort nicht das für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Windpotenzial aufweise. Nach dem - neuen - Windatlas Baden-Württemberg bleibe das Potenzial sogar in 140 m Höhe noch unterhalb 4,75 m/sec. Eine konkrete Windmessung sei dem Landratsamt trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Der Standort scheitere auch an artenschutzrechtlichen Belangen. Er liege bis auf 2 km Abstand zum Lebensraum des Schwarzstorchs im Pfrunger-B.-Ried, einem der größten Moorvernässungsgroßprojekte mit bundesweiter Bedeutung. Im Hinblick auf diese Lage sei eine natur- und artenschutzrechtliche Bewertung erforderlich, die den Bauunterlagen nicht beiliege. Des Weiteren fehlten Antragsunterlagen zur Beurteilung von Infraschall und des Eiswurf. Nachdem die Klägerin im Mai 2012 ein Schall- und Schattenwurfgutachten vom 03.05.2009 nachgereicht habe, bestünden in Bezug auf die Lärmbeeinträchtigung zu Lasten der benachbarten Wohnbebauung keine Bedenken mehr; in Bezug auf den Schattenwurf sei eine Einzelüberschreitung der zu tolerierenden Zeitanteile von 30 Min./Tag und 8 Std./Jahr als wahrscheinlich anzusehen. Auch die Vorgaben der Wasserschutzgebietsverordnung und die Mindesthöhe nach Vorgaben der Luftfahrtbehörde beim Regierungspräsidium Tübingen, das bisher nicht gehört worden sei, seien zu beachten.
26 
Die Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag. Sie macht mit Schriftsatz vom 02.05.2012 geltend, sie habe bereits im Vorgriff auf das neue Landesplanungsgesetz entschieden, kommunale Konzentrationsflächen für Windkraft auszuweisen und hierfür ein Fachbüro beauftragt. In den ersten Entwürfen seien im Bereich der strittigen Bauvoranfrage wegen mangelnder Windhöffigkeit und Nähe zum Schutzgebiet Pfrunger-B.-Ried (Lebensraum u.a. für den Schwarzstorch) keine potenziellen Konzentrationsflächen vorgesehen.
27 
Der Beigeladene zu 2 hält seinen in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2010 gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung nicht aufrecht. Er trägt vor: Die Klägerin verkenne die Rechtslage in Baden-Württemberg, wenn sie beanstande, dass keine Eignungsgebiete ausgewiesen worden seien. Dass diese Rechtslage mit höherrangigem Recht vereinbar sei, habe der erkennende Gerichtshof bereits in drei Entscheidungen bestätigt. Allein daraus, dass die letztlich ausgewiesenen Vorrangflächen mit 120 ha einen ausgesprochen geringen Anteil des Gesamtplangebiets von 3.500 km² ausmachten, könne nicht abgeleitet werden, dass es nicht Ziel des Teilregionalplans gewesen sei, den im Außenbereich privilegierten Windkraftanlagen substantiell Raum zu schaffen, sondern diese vielmehr zu verhindern. Es komme nicht allein auf das Verhältnis von Vorrang- zu Ausschlussflächen, sondern darauf an, auf welchem Wege die Planung zu diesem Ziel gelangt sei, ob also im Ergebnis eine sachgerechte, gerade nicht willkürliche Ermittlungsmethode zugrunde liege und dabei alles an Belangen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden sei, was nach Lage der Dinge hätte eingestellt werden müssen.
28 
Die Methode des Beigeladenen zu 2 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Sie sei hinsichtlich der Reihenfolge derjenigen der Teilfortschreibung des Regionalplans “Südlicher Oberrhein“ vergleichbar, welche Gegenstand des Urteils des erkennenden Gerichtshofs vom 06.11.2006 - 3 S 2115/05 - gewesen sei. Der Vorteil der gewählten Reihenfolge liege darin, dass das zunächst mit der Brille der Windenergienutzung betrachtete Plangebiet in seinen übrigen für die Windenergienutzung ungeeigneten Bereichen bei den folgenden Schritten nicht mehr unter dem Gesichtspunkt konfligierender Nutzungsansprüche untersucht und bei der Abwägung berücksichtigt werden müsse. Die Methode sei vor allem in windarmen Regionen - wie hier - „ökonomischer“. Die Daten des DWD aus dem Jahre 2004 seien die aktuellsten gewesen. Dass die Winddaten zufällig im 50 m Höhe über Grund ermittelt worden seien, stehe ihrer Heranziehung auch dann nicht entgegen, wenn Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 50 m heute nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten, weil es sich um eine reine Rechengröße handle. Die Planung sei keinesfalls davon ausgegangen, dass die durch sie ermöglichten Windkraftanlagen grundsätzlich eine Nabenhöhe von 50 m haben würden, wie schon die Heranziehung der Referenzanlage mit einer Nabenhöhe von 98 m zur Bemessung der Vorsorgeabstände zeige. Als Ausschlusskriterium habe man auch die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Betriebs von Windkraftanlagen berücksichtigen und sich dabei auf die Aussage des BWE stützen dürfen, wonach der wirtschaftliche Betrieb eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,7 bis 6,0 m/s in etwa 65 m Nabenhöhe erfordere, was umgerechnet auf 50 m Nabenhöhe 5,5 bis 5,8 m/s entspreche. Dass diese Windgeschwindigkeiten auf 50 m Nabenhöhe für einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb zu fordern seien, habe sich auch aus den Ausführungen der Vertreter des BWE und der Firma ... ... GmbH im Raumordnungsverfahren sowie dem Fehlen gegenteiliger Äußerungen der ebenfalls am Verfahren beteiligten Vertreter der Windindustrie ergeben.
29 
Der Referenzanlage sei lediglich im Zusammenhang mit der Bemessung von Vorsorgeabständen Bedeutung zugekommen. Eine Vergrößerung der Standorte “I.“ und “S.“ hätte sich auch nicht ergeben, wenn man in einem zusätzlichen Prüfungsgang die Vorsorgeabstände unter Zugrundelegung einer Anlage mit Nabenhöhe von 65 m nachträglich überprüft hätte. Die damit verbundenen Änderungen bewegten sich in Dimensionen, die im Rahmen der Regionalplanung vernachlässigt werden könnten. Alle sonstigen Ausschluss- und Konfliktkriterien bezögen sich nicht auf die Referenzanlage, sondern beruhten auf anderweitigen Begründungen.
30 
Es sei unzutreffend, dass an die Auswahl der Vorranggebiete geringere Anforderungen gestellt worden seien als an Standortvorschläge Dritter. Richtig sei zwar, dass für keines der Vorranggebiete nachgewiesen sei, dass die dort ermöglichten Windkraftanlagen das 60 %-Kriterium des EEG erfüllten. Das sei aber auch nicht Sinn der Planung und rechtlich auch nicht für eine fehlerfreie Abwägung geboten. Vielmehr reiche es, dass eine möglichst verlässliche Prognose in Bezug auf die Windhöffigkeit getroffen werde. Wie der erkennende Gerichtshof im Urteil vom 06.11.2006 (a.a.O.) zutreffend ausgeführt habe, seien zusätzliche Standortuntersuchungen in den ermittelten Vorranggebieten nicht geboten, wenn es an substantiellen und greifbaren Anhaltspunkten für deren Ungeeignetheit fehle. Gegenprognosen, die eine Standortbegutachtung ausnahmsweise erforderlich machen könnten, müssten ihrerseits auf einem einwandfreien methodischen Verfahren beruhen. Insofern sei der Hinweis des Beigeladenen zu 2 an sämtliche Betreiber und Planer von Windkraftanlagen nicht zu beanstanden, dass Standortvorschläge ihrerseits nur Aussicht auf eine Berücksichtigung hätten, wenn sie den Planungskriterien entsprächen und wenn der Nachweis erbracht werde, dass der vorgeschlagene Standort mit großer Wahrscheinlichkeit über ausreichende Windverhältnisse verfüge. So habe dem vorgeschlagenen Alternativstandort bei Blochingen durchaus das 60 %-Kriterium nach dem EEG entgegengehalten werden können. Die nicht belegten Behauptungen in einer Stellungnahme des Ingenieurbüros R. vom 15.03.2005 und einer hierzu verfassten “Mahnung“ vom 18.07.2005, dass Ausbeuten von mehr als 60 % gegeben seien, habe der Beigeladene zu 2 als unsubstantiiert zurückweisen dürfen, zumal der Standort bereits daran gescheitert sei, dass er im direkten Einflussbereich des Verkehrslandeplatzes Mengen-Hohentengen liege.
31 
Die Planung entspreche auch dem Erforderlichkeitsgebot. Es sei nicht ersichtlich, dass die Vorranggebiete von vornherein für eine sinnvolle Windenergienutzung unbrauchbar seien. Der Beigeladene zu 2 sehe es nicht als seine Aufgabe an, über die grundsätzliche Eignung der Standorte hinaus auch - gegebenenfalls mit erheblichem Kostenaufwand - noch die Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlagen nachzuweisen oder gar zu gewährleisten. Die Standorte “I.“ und “S.“ seien von der Firma ... ... GmbH ungeachtet der dortigen Höhenbeschränkung für geeignet erklärt worden. Dieser Einschätzung habe sich der Landesverband Baden-Württemberg des BWE ausdrücklich angeschlossen, selbst wenn sich nach dortiger Berechnung für den Standort “I.“ lediglich Windgeschwindigkeiten von 5,2 bis 5,5 m/s ergeben hätten. Für den Standort “I.“ hätte seinerzeit auch eine Baugenehmigung für zwölf Windkraftanlagen vorgelegen. Darauf, dass die Firma ... ... GmbH die genehmigten Windkraftanlagen bis heute nicht errichtet habe, komme es nicht an, da allein der Kenntnisstand des Beigeladene zu 2 während des Planungsverfahrens maßgeblich sei. Es treffe auch nicht zu, dass am Standort “J.“ neben den drei bestehenden Windkraftanlagen keinerlei zusätzliche Anlagen möglich wären. Seit Januar 2008 liege ein Antrag auf Errichtung zweier zusätzlicher Anlagen des Typs “Enercon E-82“ mit 138 m Nabenhöhe für diesen Standort vor.
32 
Es sei unrichtig, dass das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg den geplanten Vorranggebieten widersprochen und darauf hingewiesen hätte, dass damit und namentlich wegen der an zwei Standorten bestehenden zusätzlichen Einschränkungen der Aufgabe der Regionalplanung, der Windenergienutzung in substantieller Weise Raum zu verschaffen, nicht entsprochen werde. Richtig sei vielmehr, dass das Wirtschaftsministerium mit Schreiben vom 27.03.2006 ausgeführt habe: „Sollten die vorgesehenen Vorranggebiete S. und/oder I. nicht als Vorranggebiete festgelegt werden können, würde der Regionalverband Oberschwaben nur noch zwei bzw. ein regionalbedeutsames Vorranggebiet nach derzeitigem Planungsstand vorweisen können. Es würde sich dann die Frage stellen, ob der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben noch - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - in substantieller Weise Raum für die Windenergienutzung schafft.“ Der Hinweis sei nicht im Hinblick auf die Höhenbeschränkung, sondern im Zusammenhang mit der vom Ministerium eingeforderten Verträglichkeitsprüfung gemäß Natura 2000 für I. und S. erfolgt.
33 
Der für das streitige Vorhaben vorgesehene Standort in der Nähe des Vorranggebiets “J.“ sei fehlerfrei nicht ebenfalls als Vorranggebiet ausgewiesen worden. Die von der Klägerin genannte Windpotenzialstudie zu diesem Standort sei im Planungsverfahren nicht bekannt gewesen und von der Klägerin auch nicht vorgelegt worden. Sie sei auch nicht plausibel. Der Beigeladene zu 2 habe es angesichts der zu erwartenden negativen Auswirkungen für die Ortslage J., die die entsprechend erhöhte, weil 30 m tiefer gelegene Windkraftanlage der Klägerin mit sich bringen würde, und wegen fehlenden Nachweises geeigneter Windverhältnisse ablehnen dürfen, das Vorranggebiet “J.“ auf den Vorhaben-Standort zu erstrecken.
34 
Ein Abwägungsfehler lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass der Beigeladene zu 2 das zunächst vorgesehene Vorranggebiet auf dem “Höchsten“ mit Rücksicht auf das besonders schutzwürdige Landschaftsbild des Bodenseeraums ausgeschlossen habe. Der Bereich sei nicht bereits durch eine technische Überformung beeinträchtigt. Zwar hätten für den Standort bereits Genehmigungen für Windkraftanlagen vorgelegen. Diese Anlagen würden aber nicht erstellt, weil sich die Grundstückseigentümer nachhaltig dagegen sperrten.
35 
Der Senat hat in der Berufungsverhandlung am 07.07.2010 das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. In dieser Verhandlung ist auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Im April 2011 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen.
36 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten des Beklagten und des Beigeladenen zu 2 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
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Die Berufung ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage mit ihrem Hauptantrag - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab.
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Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zulässig. Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin den der Klage zugrunde liegenden Bauvorbescheidantrag in der Berufungsverhandlung am 09.10.2012 nachträglich beschränkt hat. Darin liegt mangels Änderung des Klagegrundes keine Klagänderung i. S. des § 91 VwGO173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO).
39 
Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag auch begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn sie hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids gemäß ihrem in der letzten Berufungsverhandlung modifizierten Antrag vom 28.04.2004 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Vorhaben der Klägerin ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, ausgenommen etwaig entgegenstehende Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, bauplanungsrechtlich zulässig. Hat die Klage aber bereits mit dem Hauptantrag Erfolg, scheidet eine gerichtliche Sachentscheidung über die Hilfsanträge aus, weil sie nicht rechtshängig werden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist demzufolge, soweit es den Hilfsanträgen stattgibt, wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO entspr.)
1.
40 
Dass ihrem Begehren die seit dem 01.07.2005 für Windkraftanlagen gemäß § 19 BImSchG bestehende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit (im vereinfachten Verfahren) für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 50 m nach der verfahrensrechtlichen Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG nicht entgegensteht, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 14 zweiter Absatz des Urteilsabdrucks) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
41 
Ebenso wenig steht im Streit, dass das Baugrundstück im Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB liegt und die ausreichende Erschließung des Vorhabens gesichert ist.
2.
42 
Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 3 BauGB sind erfüllt. Denn das Vorhaben dient der Nutzung der Windenergie. Ob ein wirtschaftlicher Betrieb der Windkraftanlage am vorgesehenen Standort mangels ausreichenden Windpotenzials zweifelhaft ist, wie der Beklagte meint, kann dahinstehen, Denn derartige Zweifel schließen das Tatbestandsmerkmal des "Dienens“ noch nicht aus. An diesem Merkmal fehlte es erst dann, wenn die Ausbeute augenfällig unwirtschaftlich wäre (BVerwG, Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 17.81 - DVBl. 1983, 893; juris RdNr. 13). Anhaltspunkte dafür, dass der Standort der Windkraftanlage aufgrund des dortigen Windvorkommens von vornherein - augenfällig - ungeeignet ist, bestehen nicht. Zwar wurden keine konkreten Messungen des Windpotenzials am geplanten Standort vorgenommen. Die Klägerin leitet die Möglichkeit einer ertragreichen Nutzung aber nachvollziehbar daraus ab, dass drei bestehende Windkraftanlagen in der unmittelbaren Nachbarschaft des geplanten Standortes mit Erträgen von 61,3 bis 64,3 % des Referenzertrages nach dem EEG durchaus wirtschaftlich betrieben würden. Zudem weist sie zu Recht darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage auch nicht allein von der Windhöffigkeit ihres Standortes, sondern von zahlreichen weiteren Faktoren abhängt.
3.
43 
Dem Vorhaben stehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber auch nicht i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegen.
44 
Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem (raumbedeutsamen, vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33, juris RdNr. 10) Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in der Regel entgegen, soweit hierfür als Ziel der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
45 
Zwar legt Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 für regionalbedeutsame Windkraftanlagen eine “Ausweisung an anderer Stelle“ fest. Denn danach liegen die Standorte für solche Windkraftanlagen in der Region Bodensee-Oberschwaben an anderer Stelle als der Standort der streitigen Anlage, die mit einer Gesamthöhe von 141 m ein raumbedeutsames Vorhaben ist (vgl. § 3 Nr. 6 ROG 1998). Dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, ausgeführt (S. 15 dritter Absatz bis S. 16 zweiter Absatz des Urteilsabdrucks). Hiergegen hat die Klägerin auch keine Einwendungen erhoben.
46 
Plansatz 2.4.5. der Teilfortschreibung 2006 ist jedoch wegen beachtlicher Verletzung höherrangigen Rechts unwirksam und der in diesem Fall wiederauflebende Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 1998 des Regionalplans enthält - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat (vgl. S. 34 des Urteilsabdrucks) - keine entsprechende “Ausweisung an anderer Stelle“, weshalb die Regelvermutung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht eingreift. Zwar fehlt der darin als Ziel der Raumordnung enthaltenen Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in Form von Vorrang- und Ausschlussgebieten (Plansatz 4.2.5) nicht schon eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (a)). Die Festlegung verletzt jedoch das Abwägungsgebot nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG (b)).
47 
a) Für die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in der Form von Vorrang- und Ausschlussgebieten bestand eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 des Landesplanungsgesetzes in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 12.05.2006 maßgeblichen und bis zum 25.05.2012 geltenden Fassung vom 10.07.2003 (GBl. 385) - LplG a.F. -. Danach müssen Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind, festgelegt werden. Diesen Vorgaben entsprechen die Zielfestlegungen im Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand für den Beigeladenen zu 2 keine gesetzliche Verpflichtung, Eignungsgebiete i. S. des § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung vom 24.06.2004 (BGBl I 1997, 2081) - ROG 2004 -) festzulegen oder jedenfalls die Vorranggebiete mit Eignungsgebieten i. S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG 2004 zu kombinieren. Das Landesplanungsgesetz sah die Festlegung eines Standortes für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in Form eines solchen Eignungsgebiets nicht vor.
48 
Diese Regelungen des Landesplanungsgesetzes widersprechen insoweit auch nicht der rahmenrechtlichen Vorgabe nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG 2004, wonach Festlegungen zur Raumstruktur und zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auch Gebiete bezeichnen “können“, die für bestimmte, raumbedeutsame Maßnahmen geeignet sind, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden. Diese Vorgaben konnten den Landesgesetzgeber nicht daran hindern, auf die Festlegung von Eignungsgebieten zu verzichten und neben Vorranggebieten als weitere Gebietskategorie Ausschlussgebiete zur Verfügung zu stellen, in denen bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen ausgeschlossen sind, auch wenn eine solche Kategorie rahmenrechtlich nicht vorgesehen war. Die in § 11 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 LplG a.F. vorgeschriebene Festsetzungskombination eines Vorranggebietes mit Ausschlusswirkung widerspricht nicht der in § 7 Abs. 4 ROG 2004 vorgesehenen Kombinationsmöglichkeit, wonach ein Vorranggebiet mit der Ausschlusswirkung eines Eignungsgebiets verbunden werden konnte. Vielmehr trat diese Möglichkeit neben die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 ROG eröffnete Kombinationsmöglichkeit, die die Länder nicht nutzen mussten. Mit § 7 Abs. 4 ROG hat der Gesetzgeber die zulässigen Gebietskategorien nicht abschließend festgelegt. Damit sollte den Ländern nicht die Befugnis entzogen werden, weitere Gebietskategorien zu entwickeln (vgl. zum Ganzen: Spannowski in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Komm., 2007, § 7 RdNrn. 101 und 107; BVerwG, Urteil vom 01.07.2010 – 4 C 6.09 - juris Rd.Nr. 16).
49 
b) Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 verletzt jedoch das Abwägungsgebot nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG a.F.. Das Abwägungsergebnis ist fehlerhaft, weil der Windenergienutzung im Plangebiet durch die Festsetzung der drei Vorrangflächen nicht substantiell Raum verschafft wird.
50 
aa) Bei der Aufstellung, Fortschreibung und Änderung der Regionalpläne sind die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen. Sonstige öffentliche Belange sowie private Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, auf der Eben der Regionalplanung insbesondere die Flächennutzungspläne und die Ergebnisse der von den Gemeinden beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG). Für die gerichtliche Kontrolle der Abwägung gelten insoweit die gleichen Maßstäbe wie im Bauplanungs- oder Fachplanungsrecht (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 27.01.2005 - 4 C 5.04 - BVerwGE 122, 364; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.07.2005 - 5 S 2124/04 - VBlBW 2005, 434, juris RdNr. 27). Sie ist danach auf die Prüfung beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Sind diese Anforderungen beachtet worden, so wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass der Planungsträger bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurücksetzung eines anderen entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 12.12.1996 - 4 C 105.66 - BVerwGE 334, 301).
51 
Bei der Festlegung eines Zieles der Raumordnung, mit dem i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB “eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt“, stellt diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besondere Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis. Die Planung muss sicherstellen, dass sich die betroffenen Vorhaben an “anderer Stelle“ (Konzentrationszone) gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Ihr muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde liegen, das den Anforderungen des Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange darf sich nicht auf die positiv festgelegten Standorte beschränken, sondern muss auch die ausgeschlossenen Standorte einbeziehen.
52 
Die im Abwägungsvorgang angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts hat sich abschnittsweise zu vollziehen. Danach sind in einem ersten Schritt die Flächen zu ermitteln, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind (sog. "harte" Tabuzonen). In einem zweiten Schritt sind diese Flächen nachvollziehbar um die Flächen zu reduzieren, auf denen Windkraftanlagen zwar tatsächlich und rechtlich errichtet und betrieben werden können, in denen sie aber nach städtebaulichen bzw. raumordnerischen Vorstellungen nicht aufgestellt werden sollen (sog. "weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug dieser Tabuzonen verbleibenden sog. Potenzialflächen sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den zur Windkraft konkurrierenden Nutzungsflächen in Beziehung zu setzen. Insoweit sind die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Auch wenn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, nicht zu entnehmen ist, darf es jedoch mit einer bloßen "Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, nicht sein Bewenden haben. Vielmehr muss die Planung die Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), beachten und im Ergebnis der Abwägung für die Windenergienutzung im Plangebiet in “substantieller Weise“ Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf der unzulässigen “Negativplanung“ entkräften (ständige Rechtsprechung, vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 13.03.2002 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 sowie Urteile vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117,287, vom 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109, vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 und Beschlüsse vom 12.07.2006 – 4 B 49.06 - juris RdNr. 6, und vom 15.09.2009 - 4 BN 25.09 - BauR 2010, 82, juris RdNr. 8; vgl. auch Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 06.11.2006 - 3 S 2115/04 - VBlBW 2007, 178, juris RdNr. 32, sowie OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011 – 2 A 2.09 - juris Rd.Nr. 40).
53 
Erkennt der Planungsträger bei der Betrachtung seines Abwägungsergebnisses, dass nach Abzug ungeeigneter Flächen nicht mehr genug Flächen für die Windenergienutzung übrig bleiben, muss er nochmals in den Abwägungsvorgang eintreten und gegebenenfalls seine Ausschlusskriterien eingrenzen. Je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen ausfallen, umso mehr ist das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen. Will er dennoch an sämtlichen Auswahlkriterien festhalten oder ist er der Auffassung, für seinen Zuständigkeitsbereich sei es im Hinblick auf entsprechende örtliche Besonderheiten nicht möglich, eine ausgewogene Planung zu beschließen, hat er sich darauf zu beschränken, die Zulassung von Windenergie im Rahmen der Anwendung von § 35 Abs. 1 und 3 Satz 3 BauGB durch das Geltendmachen von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern und muss er auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.12.2002 und vom 24.01.2008 a.a.O. und juris RdNrn. 12 und 15 sowie Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.03 -juris Rd.Nr. 41; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011, a. a. O. sowie OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.03.2006 - 8 A 2672/03 - juris RdNr. 78-80 und vom 19.05.2004 - 7 A 3368/02 - juris RdNr. 74).
54 
bb) Gemessen daran ist die der Teilfortschreibung 2006 zugrunde liegende Abwägung jedenfalls im Ergebnis fehlerhaft, weil Plansatz 4.2.5 für die Windenergienutzung im Plangebiet nicht in substantieller Weise Raum schafft, sondern Merkmale einer unzulässigen bloßen Negativ- oder Verhinderungsplanung aufweist.
55 
Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum geschaffen wird, und wo die Grenze zur unzulässigen Verhinderungsplanung verläuft, gibt es keine verallgemeinerungsfähigen Vorgaben. Eine Verhinderungsplanung liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339). Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum. Auch wenn Größenangaben, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet sind, die Grenze zur Negativplanung zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339.), stellen sie doch ein besonders aussagekräftiges Indiz dar. Insbesondere die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der potentiell für die Windkraftnutzung in Betracht kommenden Fläche andererseits kann auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen; auch dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Beschluss vom 12.07.2006, a. a. O.). Auf der anderen Seite kann es auch mit einer positiven Flächenbilanz nicht sein Bewenden haben, wenn Flächen ausgewiesen werden, auf denen sich die Nutzung der Windenergie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht verwirklichen lässt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.11.2006, a.a.O. juris Rdn. 39). Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der auch die Relation zwischen Zahl und Größe der Flächen, Anzahl und Energiemenge der Windkraftanlagen unter Würdigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten einfließen können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O. juris RdNr. 28 und vom 29.03.2010 - 4 BN 65.09 - juris Rd.Nr.7).
56 
Die Gesamtbetrachtung der hier maßgeblichen Verhältnisse ergibt, dass die Teilfortschreibung 2006 der Windkraftnutzung nicht in substantieller Weise Raum schafft, sondern eine bloße Negativplanung darstellt.
57 
aaa) Ausgangspunkt kann insoweit zunächst nur eine Ermittlung relevanter Flächengrößen sein. Denn selbst wenn Größenangaben, isoliert betrachtet, insoweit als Kriterium nicht geeignet sind, sind Relationen zwischen Flächengrößen jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.2010, a.a.O. 1564; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.RdNr. 54). So kann insbesondere die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der überhaupt geeigneten Potentialflächen andererseits auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen (BVerwG, Beschluss vom 12.07.2006, a. a. O., juris RdNr. 6). Denn sie stellen unter allen in die Betrachtung einzubeziehenden Gesichtspunkten einen besonders wichtigen Faktor dar. Als besonders aussagekräftig ist dabei das Größenverhältnis zwischen den ausgewiesenen Konzentrationsflächen und den Potentialflächen anzusehen, die für Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen tatsächlich und rechtlich überhaupt zur Verfügung stehen, also jenen, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergeben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom14.09.2010, a.a.O.).
58 
Dieses Verhältnis ist hier allerdings nicht bekannt. Es wurde durch den Beigeladenen zu 2 nicht ermittelt. Dieser hat - anders als nach der vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 15.09.2009 a.a.O.) dargestellten Prüfungsreihenfolge - im ersten Prüfungsschritt nicht nur die sog. "harten“ Tabuzonen aus der näheren Prüfung ausgeschieden, in denen der Betrieb von Windkraftanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist, sondern auch solche Standorte, die nach dem statistischen Windfeldmodell des DWD eine mittlere jährliche Windgeschwindigkeit von weniger als 5,0 m/sec. in 50 m über Grund aufweisen. Dieser Wert beschreibt aber nicht die Schwelle, jenseits derer eine ertragreiche Windenergienutzung aus technischen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist. Der vom Beigeladenen zu 2 im vorliegenden Klageverfahren vertretenen gegenteiligen Auffassung, wonach der von ihm als generelles Ausschlusskriterium verwendete Windgeschwindigkeitswert nach der Empfehlung des BWE in seiner Broschüre „Mit einer grünen Anlage schwarze Zahlen schreiben“ aus dem Jahre 2004 eine absolute Grenze für eine wirtschaftliche Windenergienutzung darstelle, kann nicht gefolgt werden. Eine solche Aussage gibt die genannte Empfehlung des BWE nicht her. Die Empfehlung einer Windgeschwindigkeit von mindestens 5,7 bis 6,0 m/sec zur Sicherstellung eines betriebswirtschaftlich sinnvollen Winddargebots knüpft nicht an die nach dem Statistischen Windfeldmodell pauschal ermittelten Daten des DWD in 50 m Höhe über Grund an, die der Beigeladene zu 2 seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Sie setzt vielmehr voraus, dass die Winddaten individuell standortbezogen ermittelt wurden. Für die Beurteilung einer wirtschaftlichen Anforderungen entsprechenden Windhöffigkeit werden danach mindestens zwei nach BWE-Standard erstellte Gutachten von verschiedenen Gutachtern verlangt. Damit würden seriöse Anbieter von Windfonds für ihre Ertragsberechnungen arbeiten. Diese Expertisen seien der Dreh- und Angelpunkt der Projekte. Der BWE-Standard beschreibe die Messmethoden und Rechenwege, mit denen Gutachten erstellt werden dürften. Dieser werde von Windgutachtern laufend an den Stand der Technik angepasst. An zwei qualifizierten Windgutachten gehe kein Weg vorbei. Die empfohlenen Windgeschwindigkeiten beziehen sich danach nur auf solche Daten, die auf die so beschriebene Weise ermittelt werden. Der Empfehlung können nicht bereits auf der Grundlage der Daten des DWD hinreichende Anhaltspunkte für die absolute Schwelle eines Winddargebots entnommen werden, unterhalb derer eine ertragreiche Windkraftnutzung aus technischen Erwägungen schlechterdings auszuschließen ist.
59 
Hinweise darauf, dass mit der hier als Ausschlusskriterium zugrunde gelegten Windgeschwindigkeit nicht nur absolut für die Windkraftnutzung ungeeignete Winddargebote erfasst werden, lassen sich auch aus anderen Planungsverfahren für die Windkraftnutzung entnehmen, in denen weitaus geringere Windgeschwindigkeiten als ausreichende Grundlage für eine Konzentrationsflächenplanung betrachtet wurden. So wurde beispielsweise im Regionalplan Heilbronn-Franken 2020 laut Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.04.2010 - 13 K 998/08 - eine Mindestwindgeschwindigkeit von 4,6 m/s in 50 m über Gelände als Ausschlusskriterium verwandt. Im Teilregionalplan “Mittlerer Oberrhein“ vom 26.05.2004 wurden laut Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 15.07.2005 (- 5 S 2124/04 - juris RdNr. 5) Flächen mit einer Windhäufigkeit von mindestens 4,2 m/s in 50 m über Gelände näher untersucht. In einem einem Verfahren des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19.05.2004, a.a.O. juris RdNr. 3) zugrunde liegenden Flächennutzungsplan wurden Flächen mit Windgeschwindigkeiten von 3,5 bis 4,7 m/s in 50 m Höhe als mittlere bis geringe Windgeschwindigkeiten angesehen und von der näheren Untersuchung ausgeschlossen.
60 
Für die Feststellung, dass die Planung der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft, bedarf es der Kenntnis der sog. "harten Tabuzonen“ aber auch nicht zwingend (a. A. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011 a.a.O. juris RdNr. 45). Denn es sind andere Flächengrößen bekannt, deren Verhältnis zueinander auf eine bloße Verhinderungsplanung hinweist. So wurden im Planverfahren die Gebiete mit einem Winddargebot von mehr als 5,0 m/sec in 50 m über Grund ermittelt. Bereits das Größenverhältnis zwischen diesen Flächen und den festgelegten Vorranggebieten liefert ein starkes Indiz für eine Verhinderungsplanung. Den Angaben des Beigeladenen zu 2 im Planverfahren zufolge sind auf 6,7 % der Regionsfläche durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von mehr als 5,0 – 5,4 m/sec und auf 1,3 % der Regionsfläche von mehr als 5,5 m/sec und damit jedenfalls auf 8 % der Flächen Windgeschwindigkeiten von mehr als 5, 0 m /sec zu erwarten. Das Verhältnis der Vorranggebiete zu diesen Flächen beträgt also allenfalls 0,43 %. Damit steht zugleich fest, dass deutlich weniger als 0,43 % der sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergebenden Flächen als Vorranggebiete ausgewiesen wurden. Hierbei handelt es sich nicht mehr um einen für eine substantielle Windenergienutzung sprechenden Prozentsatz, sondern um einen extrem geringen Wert, der nach dem oben Gesagten starke Indizwirkung für die Annahme des Gegenteils entfaltet.
61 
bbb) Das nach dieser Flächenbilanz anzunehmende Indiz für eine bloße Negativplanung wird durch den Umstand verstärkt, dass auch die festgelegten Vorranggebiete in ihrer Gesamtheit der Windenergienutzung in der Region Bodensee-Oberschwaben jedenfalls qualitativ nicht ausreichend substantiell Raum geben. Denn die festgelegten Standorte unterliegen im Wesentlichen (105 ha von 120 ha) einer Bauhöhenbeschränkung von 80 m auf dem 90 ha großen Standort “I.“ und von 90 m auf dem 15 ha großen Standort “S.“. Dies schränkt die schon in quantitativer Hinsicht kaum ins Gewicht fallende Möglichkeit zur Windenergienutzung weiter erheblich ein.
62 
ccc) Weiter kommt hinzu, dass selbst in diesen extrem kleinen Vorranggebieten weitgehend auch noch die Realisierbarkeit der Windkraftnutzung ungewiss bleibt. Nach der eigenen Prognose des Beigeladenen zu 2 ist für das Gros der festgelegten Vorranggebiete ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb und damit die Durchsetzung der Windkraftnutzung an diesen Standorten nicht gewährleistet. Die Planung lässt insgesamt nur die Errichtung von 16 - 18 regionalbedeutsamen Windkraftanlagen zu. Dabei ist nur am Standort “J.“ auf 15 ha Fläche für maximal drei Anlagen mit hinreichender Sicherheit eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung der Windenergie sicherstellt. Für den größten, 90 ha großen Standort “I.“ und den 15 ha großen Standort “S.“ ist dies ungeklärt. Mit Blick hierauf wird von der Klägerin bezweifelt und wurde dies im Planverfahren auch von einer Bürgerinitiative in Frage gestellt, ob die Voraussetzungen für eine Abnahme- und Vergütungspflicht der Netzbetreiber nach dem 60 %- Kriterium des § 10 Abs. 1 und 4 EEG erfüllt sind. Danach sind Netzbetreiber nicht verpflichtet, Strom aus Anlagen abzunehmen und zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen ist, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 60 von Hundert des Referenzvertrages erzielen können, mit dem Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen an schlechten Standorten nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/1362 S. 2 rechte Spalte, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2005, a.a.O. und juris RdNr. 49). Eine Abnahmeverpflichtung der Netzbetreiber ist aber Grundvoraussetzung für eine rentable Nutzung der Vorrangflächen für die Windkraft. Der Beigeladene zu 2 hat die Beantwortung der Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Windkraftnutzung auf den höhenbeschränkten Standorten im Planverfahren ausdrücklich offen gelassen und die vorhandenen Windverhältnisse selbst als kritisch beurteilt. Er sei sich der “Grenzwertigkeit“ der festgelegten Standorte bewusst, sehe sich aber nicht verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der Windkraftnutzung an einem konkreten Standort im Plangebiet nachzuweisen (Nr. 01.03 der Behandlung der Anregungen und Bedenken, Anlagenordner Nr. 29 des Beigeladenen zu 2). Dass er gleichwohl von einer Klärung der Frage, ob sich auf den bauhöhenbeschränkten Standorten überhaupt ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Windkraftanlagen verwirklichen lässt, abgesehen hat und die Positivausweisung im Wesentlichen auf solche in dieser Hinsicht unsicheren Standorte beschränkt hat, stellt ein weiteres wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Negativ- oder Verhinderungsplanung dar.
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ddd) Gesichtspunkte, die geeignet sind, das erhebliche Gewicht der vorgenannten Indizien für eine Verhinderungsplanung zu entkräften und den Umfang der Ausschlussgebiete zu rechtfertigen, gibt es nicht. Denn auch wenn ein Plangebiet nur wenige hinreichend windhöffige Standorte aufweist, rechtfertigt dies mit Blick auf die grundsätzliche Privilegierung der Windenergienutzung im Außenbereich und auf die Grundrechtsrelevanz der Ausschlussregel nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht, fast das gesamte, aus drei Landkreisen bestehende, 3.500 km² große Plangebiet für raumbedeutsame Windkraftanlagen zu sperren. Die Planung kommt dadurch, dass sie weitgehend (auf 105 von 120 ha) nur Vorranggebiete festlegt, deren Geeignetheit für eine wirtschaftlich tragfähige Windenergienutzung völlig offen ist, dem Extremfall eines vollständigen Ausschlusses der gesamten Region für die Windkraftnutzung nahezu gleich. Eine unzulässige Verhinderungsplanung kann aber nicht erst für diesen Extremfall angenommen werden. Der Planungsvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dient dazu, Missständen zu begegnen, die mit der gesetzlichen Privilegierung von Anlagen im Außenbereich einhergehen können, weil es um Massenphänomene geht, die ohne Planung nicht zu bewältigen sind. Bei der Windenergienutzung soll dadurch, dass die Privilegierung unter einen Planungsvorbehalt gestellt wird, eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O., juris RdNr. 27). Dies berechtigt den Plangeber aber nicht, dieser Gefahr durch eine - über eine zulässige Kontingentierung der Anlagenstandorte hinausgehende - weitestgehende Minimierung der Anlagenstandorte zu begegnen, indem er eine Vielzahl solcher Standorte von vornherein aussondert, die bei einer individuellen Prüfung des Windpotentials in einzelnen Genehmigungsverfahren entgegen der pauschalen Prognose für die Windenergienutzung im Einzelfall doch noch in Betracht kommen mögen. Es widerspricht gerade dem Anliegen des Gesetzgebers, in windschwachen Gebieten, in denen ohnehin nur wenige potenzielle Standorte für die Windenergienutzung in Betracht kommen, aus der detaillierten Prüfung potenzieller Vorrangzonen von vornherein alle Bereiche auszublenden, die voraussichtlich nur eine eingeschränkte wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulassen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.03.2006, a.a.O. juris RdNr.78 ff und vom 19.05.2004, a.a.O. juris RdNr. 74). Windschwache Flächen stellen zwar einerseits besondere örtliche Verhältnisse dar, die auch bei der Festlegung nur kleiner oder weniger Vorranggebiete noch die Annahme rechtfertigen, dass der Windenergie hinreichend Raum geschaffen wird. Andererseits erhöht sich mit zunehmendem Umfang der ausgeschlossenen Potenzialflächen auch der Rechtfertigungsbedarf für die Negativausweisung, so dass sich der Planungsträger umso konkreter mit den jeweiligen Gegebenheiten der Flächen auseinanderzusetzen hat (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 5 RdNr. 60).
64 
Diesem erhöhten Rechtfertigungsbedarf genügt die Planung nicht. Das starre Festhalten an den zugrunde gelegten Auswahlkriterien macht das Abwägungsergebnis vielmehr fehlerhaft (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24.01.2008, a. a. O., juris RdNr.13 ff.). Weder der Planbegründung noch den Planverfahrensakten lassen sich Gründe dafür entnehmen, warum der Beigeladene zu 2 an seinen pauschalen Ausschluss- und Konfliktkriterien festgehalten hat, obwohl sich im Laufe des Planverfahrens abgezeichnet hat, dass nur noch marginale und im Wesentlichen allenfalls eingeschränkt geeignete Flächen für die Windenergienutzung in Betracht kamen. So hätte er in eine nähere Prüfung der windtechnisch weniger geeigneten Lagen eintreten, die pauschale Aussonderung der landschaftlich besonders schutzwürdigen Gebiete hinterfragen und von der Zugrundelegung einer solchen Referenzanlage zur Beurteilung der Mindestabstände, des Eingriffs in das Landschaftsbild und der Dimensionierung der Vorranggebiete absehen können, die auf den festgelegten Vorranggebieten im Wesentlichen wegen der Bauhöhenbeschränkungen gar nicht errichtet werden kann. Gründe dafür, warum er seine Kriterien gleichwohl nicht geändert hat, um ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung zu gewährleisten und der Windenergie damit in substanzieller Weise Raum zu verschaffen, zeigt die Planbegründung nicht auf.
65 
c) Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit der Teilfortschreibung 2006 auch beachtlich. Die Unbeachtlichkeitsvorschriften des § 5 LplG betreffen nur Mängel im Abwägungsvorgang, nicht dagegen den hier gegebenen Fehler im Abwägungsergebnis. Ein solcher führt stets zur Unwirksamkeit der Planung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 – 4 BN 66.09 – BauR 2010, 1034 zur Bauleitplanung).
66 
4. Dem Vorhaben stehen auch andere öffentliche Belange, soweit dies mit dem vorliegenden Bauvorbescheidantrag "abgefragt" ist, nicht entgegen. Insoweit sind Hindernisse, die nicht zumindest durch Beifügung von Nebenstimmungen zur Baugenehmigung oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, überwunden werden können, nicht ersichtlich. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, Einschränkungen zum Umfang ("wie") des Bauvorhabens, sowohl hinsichtlich seiner Errichtung als auch seines Betriebs, die wegen möglicher Beeinträchtigungen öffentlicher Belange i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich sind, dem bau- oder gegebenenfalls immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorzubehalten (vgl. hierzu auch OVG Sachsen- Anhalt, Urteil vom 23.07.2009 – 2 L 302/06 – juris RdNr. 57 m. w. N.). Die Klägerin ist daher nicht gehalten, bereits ihren nur auf einen Bauvorbescheid gerichteten Klagantrag einzuschränken und die erforderlichen Betriebseinschränkungen im Einzelnen darzustellen, wie es von ihr nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Falle eines Verfahrens auf Erteilung einer Baugenehmigung zu verlangen wäre (Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209, juris RdNr. 36).
67 
a) Mit dieser Maßgabe steht dem Vorhaben nicht der öffentliche Belang schädlicher Umwelteinwirkungen i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegen. Nach der von der Klägerin vorgelegten Schall- und Schattenprognose vom 03.05.2009 können die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA-Lärm (Nr. 6.1 Buchst. c) gegenüber der nächstgelegenen schutzwürdigen Wohnbebauung mit der geplanten Windkraftanlage eingehalten werden. Dies gilt insbesondere auch für das ca. 620 m vom Vorhabenstandort entfernt liegende Wohngebäude des Einwenders L. (Immissionspunkt B). Hier werden die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für die Nacht von 45 db(A) auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung aus den drei in der Nachbarschaft bestehenden Windenergieanlagen mit einem prognostizierten Schallimmissionspegel von 41,2 db(A) deutlich unterschritten. Der Beklagte hält seine Bedenken im Hinblick auf den Lärmschutz auch nicht mehr aufrecht, seitdem das genannte Gutachten vorliegt. Das hat sein Vertreter in der letzten Berufungsverhandlung auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt.
68 
Unzumutbare Schattenwurfimmissionen sind dem genannten Gutachten zufolge zwar denkbar. Denn die bereits bestehende Schattenwurfbelastung der benachbarten Wohnbebauung durch die vorhandenen Windenergieanlagen wird durch die geplante Anlage erhöht. Es kann zu Einzelüberschreitungen des zu tolerierenden Zeitanteils von bis zu 30 Min./Tag und 8 Std./Jahr kommen. Diesen kann dem Gutachten zufolge jedoch durch Nebenbestimmungen im Genehmigungsverfahren begegnet werden. Danach wird zur sicheren Einhaltung der Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden (Immissionsorte A bis D) die Integration einer Abschaltautomatik in die geplante Anlage empfohlen, die die Anlage bei Sonnenschein zu den Uhrzeiten abschaltet, an denen bei den relevanten Immissionspunkten Immissionsrichtwerte überschritten würden.
69 
Schädliche Umwelteinwirkungen durch Infraschall bzw. Körperschall, d.h. tief frequentem Schall, sind nicht zu besorgen. Messtechnisch kann zwar nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen Infraschall verursachen. Wie Nr. 5.6.1.1 des Windenergie-Erlasses Baden-Württemberg (GABl. 2012, 413) entnommen werden kann, ist durch Messungen an verschiedenen Anlagentypen nachgewiesen, dass tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt. Windkraftanlagen können deshalb beim Menschen keine schädlichen Infraschallwirkungen auslösen (vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.12.2010 – 3 DB 250/10 - juris RdNr. 23 mit Hinweisen auf Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 - NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 – juris).
70 
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens scheitert auch nicht an den vom Beklagten angeführten Gefahren durch Eiswurf. Insoweit kann unzumutbaren Beeinträchtigungen oder Gefahren für die Nachbarschaft jedenfalls durch technische Anforderungen zur Gefahrenabwehr, wie z.B. den Einbau von Eissensoren mit einer automatischen Abschaltung (vgl. Nr. 5.6.3.3 des Windenergie-Erlasses Baden-Württemberg) begegnet werden, deren Erfüllung dem Bauherrn noch im späteren Genehmigungsverfahren auferlegt werden kann.
71 
b) Dass dem Vorhaben öffentliche Belange i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, mit Ausnahme der im Bauvorbescheidantrag ausgeklammerten Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, nicht entgegenstehen, insbesondere die Windkraftanlage des Orts- und Landschaftsbildes nicht verunstaltet, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Feststellungen beim Augenschein überzeugend begründet (S. 35 und 36 des Urteilsabdrucks). Dem schließt sich der Senat, auch unter Berücksichtigung der Feststellungen und Eindrücke bei dem von ihm eingenommenen Augenschein, an.
72 
c) Auch die Anforderungen an den Grundwasserschutz (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 BauGB sind jedenfalls durch Beifügung von Nebenbestimmungen einzuhalten. Dass das Vorhaben Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigen könnte (Alt. 1), lässt sich weder dem insoweit vorgetragenen unsubstantiierten Hinweis des Beklagten entnehmen, noch ist dies sonst ersichtlich. Der Beklagte hat schon nicht behauptet, dass im Bereich des Anlagenstandorts solche Maßnahmen - wie beispielsweise solche der Flurbereinigung (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Kommentar, 3. Aufl., § 35 RdNr. 205) - geplant sind, geschweige denn dargelegt, in welcher Weise solche Maßnahmen der Errichtung einer Windkraftanlage entgegenstehen. Welcher im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu berücksichtigender öffentlicher Belang mit dem Hinweis des Beklagten, die landwirtschaftliche Erschließung dürfe nicht erschwert werden, angesprochen wird, kann dahingestellt bleiben, da es jedenfalls an entsprechenden Anhaltspunkten für eine Beeinträchtigung eines solchen Belangs fehlt. Solche werden vom Beklagten auch nicht aufgezeigt.
73 
d) Dass die vom Landratsamt in luftverkehrsrechtlicher Hinsicht angesprochenen Mindesthöhen nach der Vorgabe der Luftfahrtbehörde des Regierungspräsidiums Tübingen inklusive militärischer Vorgaben eingehalten werden können, ergibt sich aus dem in den Bauakten des Landratsamt befindlichen Schreiben dieser Behörde vom 23.06.2004, mit dem bereits die Zustimmung für die zur Prüfung gestellte Windkraftanlage unter verschiedenen, im Einzelnen bezeichneten Auflagen und Bedingungen erteilt wurde.
74 
e) Schließlich stehen dem Vorhaben auch Darstellungen eines in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplans nicht entgegen. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 machen insoweit geltend, dass der Vorhabenstandort auch nach dem in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan "Wind“ der Beigeladenen zu 1 nicht als Konzentrationsfläche ausgewiesen werden solle. Die Frage, ob den Darstellungen eines in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplans die rechtliche Wirkung eines die Zulässigkeit eines Vorhaben hindernden unbenannten öffentlichen Belangs im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zukommt, hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 20.05.2010 (- 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74, juris RdNr. 49) ausdrücklich offen gelassen und wird mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu verneinen sein (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.09.2003 - 1 ME 212/03 - juris RdNr. 17; Hess. VGH, Urteil vom 17.06.2009 - 6 A 630/08 - juris RdNrn. 125 ff.). Eine Berücksichtigung eines Flächennutzungsplanentwurfs als entgegenstehender öffentlicher Belang setzt mit Rücksicht auf den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Übrigen aber jedenfalls voraus, dass er das Stadium der Planreife erlangt hat (BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 a.a.O. und Beschluss vom 09.08.1976 - IV B 153.75 - Buchholz 406.11, § 35 BBauG Nr. 129). Die Frage, welchen Anforderungen die Planung danach genügen muss, kann in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung von in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung im Zulassungsregime des § 35 BauGB beantwortet werden. Danach muss die Planung inhaltlich hinreichend konkretisiert sein und es muss die sichere Erwartung gerechtfertigt sein, sie werde rechtliche Verbindlichkeit erlangen. Hierzu gehört, dass der Abwägungsprozess nicht gänzlich offen ist und dem Planentwurf keine Mängel anhaften, die sich als formelles oder materielles Wirksamkeitshindernis erweisen könnten (BVerwG, Urteil vom 21.05.2005 - 4 C 5.04 - juris RdNrn. 28 ff.; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 10.01.2008 - 12 LB 22/07 - juris RdNr. 55). Dass die für eine etwaige Berücksichtigung eines Flächennutzungsplanentwurfs jedenfalls zu stellenden Anforderungen an den Planentwurf vorliegen, kann nicht festgestellt werden. Dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1 zufolge liegen bisher lediglich erste Planentwürfe des von der Beigeladenen zu 1 beauftragten Planungsbüros vor und hat ein Abwägungsprozess noch nicht eingesetzt.
II.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO i. V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostentragungspflicht des Beigeladenen zu 2 ist insoweit für die beiden Rechtszüge gesondert zu betrachten. Denn der Beigeladene zu 2 ist nur an den Kosten im ersten Rechtszug zu beteiligen, da er zur unterliegenden Seite gehört und im ersten Rechtszug einen eigenen Sachantrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Für den zweiten Rechtszug ist nicht von einem solchen Antrag des Beigeladenen zu 2 auszugehen. Dieser hat zwar auch im Berufungsverfahren - in der Berufungsverhandlung am 07.07.2010 - zunächst einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt. Er hat diesen Antrag in der letzten Berufungsverhandlung aber nicht mehr aufrechterhalten und damit sinngemäß zurückgenommen. Damit ist er im zweiten Rechtszug mit seinem Antrag nicht unterlegen. Auf die Rücknahme des Sachantrags im Berufungsverfahren ist auch § 155 Abs. 2 VwGO nicht anwendbar, weil diese Vorschrift voraussetzt, dass der Antrag ein eigenes Verfahren ausgelöst oder sonst eigene Kosten verursacht hat (Hess. VGH, Urteil vom 09.12.1977 - IV OE 52/73 - ESVGH 28, 32). Das ist hier nicht der Fall.
76 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
77 
Beschluss vom 23. Oktober 2012
78 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 26. September 2007 - 5 K 166/05 - von Amts wegen auf jeweils 26.145 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2, § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG; drei Viertel von 10% des in der Baubeschreibung des Bauvorbescheidantrags angegebenen Bauwerts nach DIN 276 Teil 2, Abschnitt 3.1 und 3.2 - Ausgabe April 1981 - in Höhe von 348.600 EUR; vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.2001 - 4 C 3.01 - juris Rn. 27).
79 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
37 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage mit ihrem Hauptantrag - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab.
38 
Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zulässig. Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin den der Klage zugrunde liegenden Bauvorbescheidantrag in der Berufungsverhandlung am 09.10.2012 nachträglich beschränkt hat. Darin liegt mangels Änderung des Klagegrundes keine Klagänderung i. S. des § 91 VwGO173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO).
39 
Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag auch begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn sie hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids gemäß ihrem in der letzten Berufungsverhandlung modifizierten Antrag vom 28.04.2004 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Vorhaben der Klägerin ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, ausgenommen etwaig entgegenstehende Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, bauplanungsrechtlich zulässig. Hat die Klage aber bereits mit dem Hauptantrag Erfolg, scheidet eine gerichtliche Sachentscheidung über die Hilfsanträge aus, weil sie nicht rechtshängig werden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist demzufolge, soweit es den Hilfsanträgen stattgibt, wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO entspr.)
1.
40 
Dass ihrem Begehren die seit dem 01.07.2005 für Windkraftanlagen gemäß § 19 BImSchG bestehende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit (im vereinfachten Verfahren) für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 50 m nach der verfahrensrechtlichen Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG nicht entgegensteht, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 14 zweiter Absatz des Urteilsabdrucks) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
41 
Ebenso wenig steht im Streit, dass das Baugrundstück im Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB liegt und die ausreichende Erschließung des Vorhabens gesichert ist.
2.
42 
Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 3 BauGB sind erfüllt. Denn das Vorhaben dient der Nutzung der Windenergie. Ob ein wirtschaftlicher Betrieb der Windkraftanlage am vorgesehenen Standort mangels ausreichenden Windpotenzials zweifelhaft ist, wie der Beklagte meint, kann dahinstehen, Denn derartige Zweifel schließen das Tatbestandsmerkmal des "Dienens“ noch nicht aus. An diesem Merkmal fehlte es erst dann, wenn die Ausbeute augenfällig unwirtschaftlich wäre (BVerwG, Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 17.81 - DVBl. 1983, 893; juris RdNr. 13). Anhaltspunkte dafür, dass der Standort der Windkraftanlage aufgrund des dortigen Windvorkommens von vornherein - augenfällig - ungeeignet ist, bestehen nicht. Zwar wurden keine konkreten Messungen des Windpotenzials am geplanten Standort vorgenommen. Die Klägerin leitet die Möglichkeit einer ertragreichen Nutzung aber nachvollziehbar daraus ab, dass drei bestehende Windkraftanlagen in der unmittelbaren Nachbarschaft des geplanten Standortes mit Erträgen von 61,3 bis 64,3 % des Referenzertrages nach dem EEG durchaus wirtschaftlich betrieben würden. Zudem weist sie zu Recht darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage auch nicht allein von der Windhöffigkeit ihres Standortes, sondern von zahlreichen weiteren Faktoren abhängt.
3.
43 
Dem Vorhaben stehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber auch nicht i.S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegen.
44 
Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem (raumbedeutsamen, vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33, juris RdNr. 10) Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in der Regel entgegen, soweit hierfür als Ziel der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
45 
Zwar legt Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 für regionalbedeutsame Windkraftanlagen eine “Ausweisung an anderer Stelle“ fest. Denn danach liegen die Standorte für solche Windkraftanlagen in der Region Bodensee-Oberschwaben an anderer Stelle als der Standort der streitigen Anlage, die mit einer Gesamthöhe von 141 m ein raumbedeutsames Vorhaben ist (vgl. § 3 Nr. 6 ROG 1998). Dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen wird, ausgeführt (S. 15 dritter Absatz bis S. 16 zweiter Absatz des Urteilsabdrucks). Hiergegen hat die Klägerin auch keine Einwendungen erhoben.
46 
Plansatz 2.4.5. der Teilfortschreibung 2006 ist jedoch wegen beachtlicher Verletzung höherrangigen Rechts unwirksam und der in diesem Fall wiederauflebende Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 1998 des Regionalplans enthält - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat (vgl. S. 34 des Urteilsabdrucks) - keine entsprechende “Ausweisung an anderer Stelle“, weshalb die Regelvermutung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht eingreift. Zwar fehlt der darin als Ziel der Raumordnung enthaltenen Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in Form von Vorrang- und Ausschlussgebieten (Plansatz 4.2.5) nicht schon eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (a)). Die Festlegung verletzt jedoch das Abwägungsgebot nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG (b)).
47 
a) Für die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in der Form von Vorrang- und Ausschlussgebieten bestand eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2 des Landesplanungsgesetzes in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 12.05.2006 maßgeblichen und bis zum 25.05.2012 geltenden Fassung vom 10.07.2003 (GBl. 385) - LplG a.F. -. Danach müssen Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen als Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind, festgelegt werden. Diesen Vorgaben entsprechen die Zielfestlegungen im Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand für den Beigeladenen zu 2 keine gesetzliche Verpflichtung, Eignungsgebiete i. S. des § 7 Abs. 4 Nr. 3 ROG (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung vom 24.06.2004 (BGBl I 1997, 2081) - ROG 2004 -) festzulegen oder jedenfalls die Vorranggebiete mit Eignungsgebieten i. S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG 2004 zu kombinieren. Das Landesplanungsgesetz sah die Festlegung eines Standortes für regionalbedeutsame Windkraftanlagen in Form eines solchen Eignungsgebiets nicht vor.
48 
Diese Regelungen des Landesplanungsgesetzes widersprechen insoweit auch nicht der rahmenrechtlichen Vorgabe nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG 2004, wonach Festlegungen zur Raumstruktur und zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen auch Gebiete bezeichnen “können“, die für bestimmte, raumbedeutsame Maßnahmen geeignet sind, die städtebaulich nach § 35 BauGB zu beurteilen sind und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden. Diese Vorgaben konnten den Landesgesetzgeber nicht daran hindern, auf die Festlegung von Eignungsgebieten zu verzichten und neben Vorranggebieten als weitere Gebietskategorie Ausschlussgebiete zur Verfügung zu stellen, in denen bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen ausgeschlossen sind, auch wenn eine solche Kategorie rahmenrechtlich nicht vorgesehen war. Die in § 11 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 LplG a.F. vorgeschriebene Festsetzungskombination eines Vorranggebietes mit Ausschlusswirkung widerspricht nicht der in § 7 Abs. 4 ROG 2004 vorgesehenen Kombinationsmöglichkeit, wonach ein Vorranggebiet mit der Ausschlusswirkung eines Eignungsgebiets verbunden werden konnte. Vielmehr trat diese Möglichkeit neben die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 ROG eröffnete Kombinationsmöglichkeit, die die Länder nicht nutzen mussten. Mit § 7 Abs. 4 ROG hat der Gesetzgeber die zulässigen Gebietskategorien nicht abschließend festgelegt. Damit sollte den Ländern nicht die Befugnis entzogen werden, weitere Gebietskategorien zu entwickeln (vgl. zum Ganzen: Spannowski in Bielenberg/Runkel/Spannowski, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Komm., 2007, § 7 RdNrn. 101 und 107; BVerwG, Urteil vom 01.07.2010 – 4 C 6.09 - juris Rd.Nr. 16).
49 
b) Plansatz 4.2.5 der Teilfortschreibung 2006 verletzt jedoch das Abwägungsgebot nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG a.F.. Das Abwägungsergebnis ist fehlerhaft, weil der Windenergienutzung im Plangebiet durch die Festsetzung der drei Vorrangflächen nicht substantiell Raum verschafft wird.
50 
aa) Bei der Aufstellung, Fortschreibung und Änderung der Regionalpläne sind die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen. Sonstige öffentliche Belange sowie private Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, auf der Eben der Regionalplanung insbesondere die Flächennutzungspläne und die Ergebnisse der von den Gemeinden beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 LplG). Für die gerichtliche Kontrolle der Abwägung gelten insoweit die gleichen Maßstäbe wie im Bauplanungs- oder Fachplanungsrecht (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 27.01.2005 - 4 C 5.04 - BVerwGE 122, 364; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.07.2005 - 5 S 2124/04 - VBlBW 2005, 434, juris RdNr. 27). Sie ist danach auf die Prüfung beschränkt, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge einzustellen war, ob die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Sind diese Anforderungen beachtet worden, so wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass der Planungsträger bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurücksetzung eines anderen entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 12.12.1996 - 4 C 105.66 - BVerwGE 334, 301).
51 
Bei der Festlegung eines Zieles der Raumordnung, mit dem i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB “eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt“, stellt diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besondere Anforderungen an den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis. Die Planung muss sicherstellen, dass sich die betroffenen Vorhaben an “anderer Stelle“ (Konzentrationszone) gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Ihr muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde liegen, das den Anforderungen des Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange darf sich nicht auf die positiv festgelegten Standorte beschränken, sondern muss auch die ausgeschlossenen Standorte einbeziehen.
52 
Die im Abwägungsvorgang angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts hat sich abschnittsweise zu vollziehen. Danach sind in einem ersten Schritt die Flächen zu ermitteln, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind (sog. "harte" Tabuzonen). In einem zweiten Schritt sind diese Flächen nachvollziehbar um die Flächen zu reduzieren, auf denen Windkraftanlagen zwar tatsächlich und rechtlich errichtet und betrieben werden können, in denen sie aber nach städtebaulichen bzw. raumordnerischen Vorstellungen nicht aufgestellt werden sollen (sog. "weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug dieser Tabuzonen verbleibenden sog. Potenzialflächen sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den zur Windkraft konkurrierenden Nutzungsflächen in Beziehung zu setzen. Insoweit sind die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Auch wenn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, nicht zu entnehmen ist, darf es jedoch mit einer bloßen "Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, nicht sein Bewenden haben. Vielmehr muss die Planung die Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), beachten und im Ergebnis der Abwägung für die Windenergienutzung im Plangebiet in “substantieller Weise“ Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf der unzulässigen “Negativplanung“ entkräften (ständige Rechtsprechung, vgl. grundlegend: BVerwG, Urteil vom 13.03.2002 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 sowie Urteile vom 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117,287, vom 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109, vom 24.01.2008 - 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 und Beschlüsse vom 12.07.2006 – 4 B 49.06 - juris RdNr. 6, und vom 15.09.2009 - 4 BN 25.09 - BauR 2010, 82, juris RdNr. 8; vgl. auch Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 06.11.2006 - 3 S 2115/04 - VBlBW 2007, 178, juris RdNr. 32, sowie OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011 – 2 A 2.09 - juris Rd.Nr. 40).
53 
Erkennt der Planungsträger bei der Betrachtung seines Abwägungsergebnisses, dass nach Abzug ungeeigneter Flächen nicht mehr genug Flächen für die Windenergienutzung übrig bleiben, muss er nochmals in den Abwägungsvorgang eintreten und gegebenenfalls seine Ausschlusskriterien eingrenzen. Je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen ausfallen, umso mehr ist das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen. Will er dennoch an sämtlichen Auswahlkriterien festhalten oder ist er der Auffassung, für seinen Zuständigkeitsbereich sei es im Hinblick auf entsprechende örtliche Besonderheiten nicht möglich, eine ausgewogene Planung zu beschließen, hat er sich darauf zu beschränken, die Zulassung von Windenergie im Rahmen der Anwendung von § 35 Abs. 1 und 3 Satz 3 BauGB durch das Geltendmachen von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern und muss er auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.12.2002 und vom 24.01.2008 a.a.O. und juris RdNrn. 12 und 15 sowie Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4.03 -juris Rd.Nr. 41; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011, a. a. O. sowie OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.03.2006 - 8 A 2672/03 - juris RdNr. 78-80 und vom 19.05.2004 - 7 A 3368/02 - juris RdNr. 74).
54 
bb) Gemessen daran ist die der Teilfortschreibung 2006 zugrunde liegende Abwägung jedenfalls im Ergebnis fehlerhaft, weil Plansatz 4.2.5 für die Windenergienutzung im Plangebiet nicht in substantieller Weise Raum schafft, sondern Merkmale einer unzulässigen bloßen Negativ- oder Verhinderungsplanung aufweist.
55 
Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Windenergienutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum geschaffen wird, und wo die Grenze zur unzulässigen Verhinderungsplanung verläuft, gibt es keine verallgemeinerungsfähigen Vorgaben. Eine Verhinderungsplanung liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339). Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum. Auch wenn Größenangaben, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet sind, die Grenze zur Negativplanung zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339.), stellen sie doch ein besonders aussagekräftiges Indiz dar. Insbesondere die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der potentiell für die Windkraftnutzung in Betracht kommenden Fläche andererseits kann auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen; auch dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Beschluss vom 12.07.2006, a. a. O.). Auf der anderen Seite kann es auch mit einer positiven Flächenbilanz nicht sein Bewenden haben, wenn Flächen ausgewiesen werden, auf denen sich die Nutzung der Windenergie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht verwirklichen lässt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.11.2006, a.a.O. juris Rdn. 39). Es ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der auch die Relation zwischen Zahl und Größe der Flächen, Anzahl und Energiemenge der Windkraftanlagen unter Würdigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten einfließen können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.05.2010, a.a.O. juris RdNr. 28 und vom 29.03.2010 - 4 BN 65.09 - juris Rd.Nr.7).
56 
Die Gesamtbetrachtung der hier maßgeblichen Verhältnisse ergibt, dass die Teilfortschreibung 2006 der Windkraftnutzung nicht in substantieller Weise Raum schafft, sondern eine bloße Negativplanung darstellt.
57 
aaa) Ausgangspunkt kann insoweit zunächst nur eine Ermittlung relevanter Flächengrößen sein. Denn selbst wenn Größenangaben, isoliert betrachtet, insoweit als Kriterium nicht geeignet sind, sind Relationen zwischen Flächengrößen jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.2010, a.a.O. 1564; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.RdNr. 54). So kann insbesondere die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der überhaupt geeigneten Potentialflächen andererseits auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen (BVerwG, Beschluss vom 12.07.2006, a. a. O., juris RdNr. 6). Denn sie stellen unter allen in die Betrachtung einzubeziehenden Gesichtspunkten einen besonders wichtigen Faktor dar. Als besonders aussagekräftig ist dabei das Größenverhältnis zwischen den ausgewiesenen Konzentrationsflächen und den Potentialflächen anzusehen, die für Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen tatsächlich und rechtlich überhaupt zur Verfügung stehen, also jenen, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergeben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom14.09.2010, a.a.O.).
58 
Dieses Verhältnis ist hier allerdings nicht bekannt. Es wurde durch den Beigeladenen zu 2 nicht ermittelt. Dieser hat - anders als nach der vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 15.09.2009 a.a.O.) dargestellten Prüfungsreihenfolge - im ersten Prüfungsschritt nicht nur die sog. "harten“ Tabuzonen aus der näheren Prüfung ausgeschieden, in denen der Betrieb von Windkraftanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist, sondern auch solche Standorte, die nach dem statistischen Windfeldmodell des DWD eine mittlere jährliche Windgeschwindigkeit von weniger als 5,0 m/sec. in 50 m über Grund aufweisen. Dieser Wert beschreibt aber nicht die Schwelle, jenseits derer eine ertragreiche Windenergienutzung aus technischen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist. Der vom Beigeladenen zu 2 im vorliegenden Klageverfahren vertretenen gegenteiligen Auffassung, wonach der von ihm als generelles Ausschlusskriterium verwendete Windgeschwindigkeitswert nach der Empfehlung des BWE in seiner Broschüre „Mit einer grünen Anlage schwarze Zahlen schreiben“ aus dem Jahre 2004 eine absolute Grenze für eine wirtschaftliche Windenergienutzung darstelle, kann nicht gefolgt werden. Eine solche Aussage gibt die genannte Empfehlung des BWE nicht her. Die Empfehlung einer Windgeschwindigkeit von mindestens 5,7 bis 6,0 m/sec zur Sicherstellung eines betriebswirtschaftlich sinnvollen Winddargebots knüpft nicht an die nach dem Statistischen Windfeldmodell pauschal ermittelten Daten des DWD in 50 m Höhe über Grund an, die der Beigeladene zu 2 seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Sie setzt vielmehr voraus, dass die Winddaten individuell standortbezogen ermittelt wurden. Für die Beurteilung einer wirtschaftlichen Anforderungen entsprechenden Windhöffigkeit werden danach mindestens zwei nach BWE-Standard erstellte Gutachten von verschiedenen Gutachtern verlangt. Damit würden seriöse Anbieter von Windfonds für ihre Ertragsberechnungen arbeiten. Diese Expertisen seien der Dreh- und Angelpunkt der Projekte. Der BWE-Standard beschreibe die Messmethoden und Rechenwege, mit denen Gutachten erstellt werden dürften. Dieser werde von Windgutachtern laufend an den Stand der Technik angepasst. An zwei qualifizierten Windgutachten gehe kein Weg vorbei. Die empfohlenen Windgeschwindigkeiten beziehen sich danach nur auf solche Daten, die auf die so beschriebene Weise ermittelt werden. Der Empfehlung können nicht bereits auf der Grundlage der Daten des DWD hinreichende Anhaltspunkte für die absolute Schwelle eines Winddargebots entnommen werden, unterhalb derer eine ertragreiche Windkraftnutzung aus technischen Erwägungen schlechterdings auszuschließen ist.
59 
Hinweise darauf, dass mit der hier als Ausschlusskriterium zugrunde gelegten Windgeschwindigkeit nicht nur absolut für die Windkraftnutzung ungeeignete Winddargebote erfasst werden, lassen sich auch aus anderen Planungsverfahren für die Windkraftnutzung entnehmen, in denen weitaus geringere Windgeschwindigkeiten als ausreichende Grundlage für eine Konzentrationsflächenplanung betrachtet wurden. So wurde beispielsweise im Regionalplan Heilbronn-Franken 2020 laut Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.04.2010 - 13 K 998/08 - eine Mindestwindgeschwindigkeit von 4,6 m/s in 50 m über Gelände als Ausschlusskriterium verwandt. Im Teilregionalplan “Mittlerer Oberrhein“ vom 26.05.2004 wurden laut Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 15.07.2005 (- 5 S 2124/04 - juris RdNr. 5) Flächen mit einer Windhäufigkeit von mindestens 4,2 m/s in 50 m über Gelände näher untersucht. In einem einem Verfahren des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19.05.2004, a.a.O. juris RdNr. 3) zugrunde liegenden Flächennutzungsplan wurden Flächen mit Windgeschwindigkeiten von 3,5 bis 4,7 m/s in 50 m Höhe als mittlere bis geringe Windgeschwindigkeiten angesehen und von der näheren Untersuchung ausgeschlossen.
60 
Für die Feststellung, dass die Planung der Windenergienutzung nicht substantiell Raum verschafft, bedarf es der Kenntnis der sog. "harten Tabuzonen“ aber auch nicht zwingend (a. A. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011 a.a.O. juris RdNr. 45). Denn es sind andere Flächengrößen bekannt, deren Verhältnis zueinander auf eine bloße Verhinderungsplanung hinweist. So wurden im Planverfahren die Gebiete mit einem Winddargebot von mehr als 5,0 m/sec in 50 m über Grund ermittelt. Bereits das Größenverhältnis zwischen diesen Flächen und den festgelegten Vorranggebieten liefert ein starkes Indiz für eine Verhinderungsplanung. Den Angaben des Beigeladenen zu 2 im Planverfahren zufolge sind auf 6,7 % der Regionsfläche durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von mehr als 5,0 – 5,4 m/sec und auf 1,3 % der Regionsfläche von mehr als 5,5 m/sec und damit jedenfalls auf 8 % der Flächen Windgeschwindigkeiten von mehr als 5, 0 m /sec zu erwarten. Das Verhältnis der Vorranggebiete zu diesen Flächen beträgt also allenfalls 0,43 %. Damit steht zugleich fest, dass deutlich weniger als 0,43 % der sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergebenden Flächen als Vorranggebiete ausgewiesen wurden. Hierbei handelt es sich nicht mehr um einen für eine substantielle Windenergienutzung sprechenden Prozentsatz, sondern um einen extrem geringen Wert, der nach dem oben Gesagten starke Indizwirkung für die Annahme des Gegenteils entfaltet.
61 
bbb) Das nach dieser Flächenbilanz anzunehmende Indiz für eine bloße Negativplanung wird durch den Umstand verstärkt, dass auch die festgelegten Vorranggebiete in ihrer Gesamtheit der Windenergienutzung in der Region Bodensee-Oberschwaben jedenfalls qualitativ nicht ausreichend substantiell Raum geben. Denn die festgelegten Standorte unterliegen im Wesentlichen (105 ha von 120 ha) einer Bauhöhenbeschränkung von 80 m auf dem 90 ha großen Standort “I.“ und von 90 m auf dem 15 ha großen Standort “S.“. Dies schränkt die schon in quantitativer Hinsicht kaum ins Gewicht fallende Möglichkeit zur Windenergienutzung weiter erheblich ein.
62 
ccc) Weiter kommt hinzu, dass selbst in diesen extrem kleinen Vorranggebieten weitgehend auch noch die Realisierbarkeit der Windkraftnutzung ungewiss bleibt. Nach der eigenen Prognose des Beigeladenen zu 2 ist für das Gros der festgelegten Vorranggebiete ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb und damit die Durchsetzung der Windkraftnutzung an diesen Standorten nicht gewährleistet. Die Planung lässt insgesamt nur die Errichtung von 16 - 18 regionalbedeutsamen Windkraftanlagen zu. Dabei ist nur am Standort “J.“ auf 15 ha Fläche für maximal drei Anlagen mit hinreichender Sicherheit eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung der Windenergie sicherstellt. Für den größten, 90 ha großen Standort “I.“ und den 15 ha großen Standort “S.“ ist dies ungeklärt. Mit Blick hierauf wird von der Klägerin bezweifelt und wurde dies im Planverfahren auch von einer Bürgerinitiative in Frage gestellt, ob die Voraussetzungen für eine Abnahme- und Vergütungspflicht der Netzbetreiber nach dem 60 %- Kriterium des § 10 Abs. 1 und 4 EEG erfüllt sind. Danach sind Netzbetreiber nicht verpflichtet, Strom aus Anlagen abzunehmen und zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen ist, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 60 von Hundert des Referenzvertrages erzielen können, mit dem Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen an schlechten Standorten nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/1362 S. 2 rechte Spalte, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.06.2005, a.a.O. und juris RdNr. 49). Eine Abnahmeverpflichtung der Netzbetreiber ist aber Grundvoraussetzung für eine rentable Nutzung der Vorrangflächen für die Windkraft. Der Beigeladene zu 2 hat die Beantwortung der Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Windkraftnutzung auf den höhenbeschränkten Standorten im Planverfahren ausdrücklich offen gelassen und die vorhandenen Windverhältnisse selbst als kritisch beurteilt. Er sei sich der “Grenzwertigkeit“ der festgelegten Standorte bewusst, sehe sich aber nicht verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der Windkraftnutzung an einem konkreten Standort im Plangebiet nachzuweisen (Nr. 01.03 der Behandlung der Anregungen und Bedenken, Anlagenordner Nr. 29 des Beigeladenen zu 2). Dass er gleichwohl von einer Klärung der Frage, ob sich auf den bauhöhenbeschränkten Standorten überhaupt ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb von Windkraftanlagen verwirklichen lässt, abgesehen hat und die Positivausweisung im Wesentlichen auf solche in dieser Hinsicht unsicheren Standorte beschränkt hat, stellt ein weiteres wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Negativ- oder Verhinderungsplanung dar.
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ddd) Gesichtspunkte, die geeignet sind, das erhebliche Gewicht der vorgenannten Indizien für eine Verhinderungsplanung zu entkräften und den Umfang der Ausschlussgebiete zu rechtfertigen, gibt es nicht. Denn auch wenn ein Plangebiet nur wenige hinreichend windhöffige Standorte aufweist, rechtfertigt dies mit Blick auf die grundsätzliche Privilegierung der Windenergienutzung im Außenbereich und auf die Grundrechtsrelevanz der Ausschlussregel nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht, fast das gesamte, aus drei Landkreisen bestehende, 3.500 km² große Plangebiet für raumbedeutsame Windkraftanlagen zu sperren. Die Planung kommt dadurch, dass sie weitgehend (auf 105 von 120 ha) nur Vorranggebiete festlegt, deren Geeignetheit für eine wirtschaftlich tragfähige Windenergienutzung völlig offen ist, dem Extremfall eines vollständigen Ausschlusses der gesamten Region für die Windkraftnutzung nahezu gleich. Eine unzulässige Verhinderungsplanung kann aber nicht erst für diesen Extremfall angenommen werden. Der Planungsvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dient dazu, Missständen zu begegnen, die mit der gesetzlichen Privilegierung von Anlagen im Außenbereich einhergehen können, weil es um Massenphänomene geht, die ohne Planung nicht zu bewältigen sind. Bei der Windenergienutzung soll dadurch, dass die Privilegierung unter einen Planungsvorbehalt gestellt wird, eine „Verspargelung“ der Landschaft verhindert werden (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O., juris RdNr. 27). Dies berechtigt den Plangeber aber nicht, dieser Gefahr durch eine - über eine zulässige Kontingentierung der Anlagenstandorte hinausgehende - weitestgehende Minimierung der Anlagenstandorte zu begegnen, indem er eine Vielzahl solcher Standorte von vornherein aussondert, die bei einer individuellen Prüfung des Windpotentials in einzelnen Genehmigungsverfahren entgegen der pauschalen Prognose für die Windenergienutzung im Einzelfall doch noch in Betracht kommen mögen. Es widerspricht gerade dem Anliegen des Gesetzgebers, in windschwachen Gebieten, in denen ohnehin nur wenige potenzielle Standorte für die Windenergienutzung in Betracht kommen, aus der detaillierten Prüfung potenzieller Vorrangzonen von vornherein alle Bereiche auszublenden, die voraussichtlich nur eine eingeschränkte wirtschaftliche Nutzung der Windenergie zulassen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.03.2006, a.a.O. juris RdNr.78 ff und vom 19.05.2004, a.a.O. juris RdNr. 74). Windschwache Flächen stellen zwar einerseits besondere örtliche Verhältnisse dar, die auch bei der Festlegung nur kleiner oder weniger Vorranggebiete noch die Annahme rechtfertigen, dass der Windenergie hinreichend Raum geschaffen wird. Andererseits erhöht sich mit zunehmendem Umfang der ausgeschlossenen Potenzialflächen auch der Rechtfertigungsbedarf für die Negativausweisung, so dass sich der Planungsträger umso konkreter mit den jeweiligen Gegebenheiten der Flächen auseinanderzusetzen hat (W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 5 RdNr. 60).
64 
Diesem erhöhten Rechtfertigungsbedarf genügt die Planung nicht. Das starre Festhalten an den zugrunde gelegten Auswahlkriterien macht das Abwägungsergebnis vielmehr fehlerhaft (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24.01.2008, a. a. O., juris RdNr.13 ff.). Weder der Planbegründung noch den Planverfahrensakten lassen sich Gründe dafür entnehmen, warum der Beigeladene zu 2 an seinen pauschalen Ausschluss- und Konfliktkriterien festgehalten hat, obwohl sich im Laufe des Planverfahrens abgezeichnet hat, dass nur noch marginale und im Wesentlichen allenfalls eingeschränkt geeignete Flächen für die Windenergienutzung in Betracht kamen. So hätte er in eine nähere Prüfung der windtechnisch weniger geeigneten Lagen eintreten, die pauschale Aussonderung der landschaftlich besonders schutzwürdigen Gebiete hinterfragen und von der Zugrundelegung einer solchen Referenzanlage zur Beurteilung der Mindestabstände, des Eingriffs in das Landschaftsbild und der Dimensionierung der Vorranggebiete absehen können, die auf den festgelegten Vorranggebieten im Wesentlichen wegen der Bauhöhenbeschränkungen gar nicht errichtet werden kann. Gründe dafür, warum er seine Kriterien gleichwohl nicht geändert hat, um ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung zu gewährleisten und der Windenergie damit in substanzieller Weise Raum zu verschaffen, zeigt die Planbegründung nicht auf.
65 
c) Der aufgezeigte Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit der Teilfortschreibung 2006 auch beachtlich. Die Unbeachtlichkeitsvorschriften des § 5 LplG betreffen nur Mängel im Abwägungsvorgang, nicht dagegen den hier gegebenen Fehler im Abwägungsergebnis. Ein solcher führt stets zur Unwirksamkeit der Planung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.03.2010 – 4 BN 66.09 – BauR 2010, 1034 zur Bauleitplanung).
66 
4. Dem Vorhaben stehen auch andere öffentliche Belange, soweit dies mit dem vorliegenden Bauvorbescheidantrag "abgefragt" ist, nicht entgegen. Insoweit sind Hindernisse, die nicht zumindest durch Beifügung von Nebenstimmungen zur Baugenehmigung oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, überwunden werden können, nicht ersichtlich. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, Einschränkungen zum Umfang ("wie") des Bauvorhabens, sowohl hinsichtlich seiner Errichtung als auch seines Betriebs, die wegen möglicher Beeinträchtigungen öffentlicher Belange i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich sind, dem bau- oder gegebenenfalls immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorzubehalten (vgl. hierzu auch OVG Sachsen- Anhalt, Urteil vom 23.07.2009 – 2 L 302/06 – juris RdNr. 57 m. w. N.). Die Klägerin ist daher nicht gehalten, bereits ihren nur auf einen Bauvorbescheid gerichteten Klagantrag einzuschränken und die erforderlichen Betriebseinschränkungen im Einzelnen darzustellen, wie es von ihr nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Falle eines Verfahrens auf Erteilung einer Baugenehmigung zu verlangen wäre (Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209, juris RdNr. 36).
67 
a) Mit dieser Maßgabe steht dem Vorhaben nicht der öffentliche Belang schädlicher Umwelteinwirkungen i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegen. Nach der von der Klägerin vorgelegten Schall- und Schattenprognose vom 03.05.2009 können die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA-Lärm (Nr. 6.1 Buchst. c) gegenüber der nächstgelegenen schutzwürdigen Wohnbebauung mit der geplanten Windkraftanlage eingehalten werden. Dies gilt insbesondere auch für das ca. 620 m vom Vorhabenstandort entfernt liegende Wohngebäude des Einwenders L. (Immissionspunkt B). Hier werden die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für die Nacht von 45 db(A) auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung aus den drei in der Nachbarschaft bestehenden Windenergieanlagen mit einem prognostizierten Schallimmissionspegel von 41,2 db(A) deutlich unterschritten. Der Beklagte hält seine Bedenken im Hinblick auf den Lärmschutz auch nicht mehr aufrecht, seitdem das genannte Gutachten vorliegt. Das hat sein Vertreter in der letzten Berufungsverhandlung auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt.
68 
Unzumutbare Schattenwurfimmissionen sind dem genannten Gutachten zufolge zwar denkbar. Denn die bereits bestehende Schattenwurfbelastung der benachbarten Wohnbebauung durch die vorhandenen Windenergieanlagen wird durch die geplante Anlage erhöht. Es kann zu Einzelüberschreitungen des zu tolerierenden Zeitanteils von bis zu 30 Min./Tag und 8 Std./Jahr kommen. Diesen kann dem Gutachten zufolge jedoch durch Nebenbestimmungen im Genehmigungsverfahren begegnet werden. Danach wird zur sicheren Einhaltung der Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden (Immissionsorte A bis D) die Integration einer Abschaltautomatik in die geplante Anlage empfohlen, die die Anlage bei Sonnenschein zu den Uhrzeiten abschaltet, an denen bei den relevanten Immissionspunkten Immissionsrichtwerte überschritten würden.
69 
Schädliche Umwelteinwirkungen durch Infraschall bzw. Körperschall, d.h. tief frequentem Schall, sind nicht zu besorgen. Messtechnisch kann zwar nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen Infraschall verursachen. Wie Nr. 5.6.1.1 des Windenergie-Erlasses Baden-Württemberg (GABl. 2012, 413) entnommen werden kann, ist durch Messungen an verschiedenen Anlagentypen nachgewiesen, dass tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt. Windkraftanlagen können deshalb beim Menschen keine schädlichen Infraschallwirkungen auslösen (vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.12.2010 – 3 DB 250/10 - juris RdNr. 23 mit Hinweisen auf Windenergieanlagen und Immissionsschutz, Herausgeber: Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Materialien Nr. 63, 2002, S. 19 f., im Internet abrufbar unter www.lanuv.nrw.de; ferner: BayVerfGH, Entscheidung vom 14.9.2009 - Vf 41-VI-08 - NVwZ-RR 2010, 139 sowie OVG Münster, Beschluss vom 22.5.2006 – 8 B 2122/05 – juris).
70 
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens scheitert auch nicht an den vom Beklagten angeführten Gefahren durch Eiswurf. Insoweit kann unzumutbaren Beeinträchtigungen oder Gefahren für die Nachbarschaft jedenfalls durch technische Anforderungen zur Gefahrenabwehr, wie z.B. den Einbau von Eissensoren mit einer automatischen Abschaltung (vgl. Nr. 5.6.3.3 des Windenergie-Erlasses Baden-Württemberg) begegnet werden, deren Erfüllung dem Bauherrn noch im späteren Genehmigungsverfahren auferlegt werden kann.
71 
b) Dass dem Vorhaben öffentliche Belange i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, mit Ausnahme der im Bauvorbescheidantrag ausgeklammerten Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, nicht entgegenstehen, insbesondere die Windkraftanlage des Orts- und Landschaftsbildes nicht verunstaltet, hat das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Feststellungen beim Augenschein überzeugend begründet (S. 35 und 36 des Urteilsabdrucks). Dem schließt sich der Senat, auch unter Berücksichtigung der Feststellungen und Eindrücke bei dem von ihm eingenommenen Augenschein, an.
72 
c) Auch die Anforderungen an den Grundwasserschutz (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 BauGB sind jedenfalls durch Beifügung von Nebenbestimmungen einzuhalten. Dass das Vorhaben Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigen könnte (Alt. 1), lässt sich weder dem insoweit vorgetragenen unsubstantiierten Hinweis des Beklagten entnehmen, noch ist dies sonst ersichtlich. Der Beklagte hat schon nicht behauptet, dass im Bereich des Anlagenstandorts solche Maßnahmen - wie beispielsweise solche der Flurbereinigung (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Kommentar, 3. Aufl., § 35 RdNr. 205) - geplant sind, geschweige denn dargelegt, in welcher Weise solche Maßnahmen der Errichtung einer Windkraftanlage entgegenstehen. Welcher im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu berücksichtigender öffentlicher Belang mit dem Hinweis des Beklagten, die landwirtschaftliche Erschließung dürfe nicht erschwert werden, angesprochen wird, kann dahingestellt bleiben, da es jedenfalls an entsprechenden Anhaltspunkten für eine Beeinträchtigung eines solchen Belangs fehlt. Solche werden vom Beklagten auch nicht aufgezeigt.
73 
d) Dass die vom Landratsamt in luftverkehrsrechtlicher Hinsicht angesprochenen Mindesthöhen nach der Vorgabe der Luftfahrtbehörde des Regierungspräsidiums Tübingen inklusive militärischer Vorgaben eingehalten werden können, ergibt sich aus dem in den Bauakten des Landratsamt befindlichen Schreiben dieser Behörde vom 23.06.2004, mit dem bereits die Zustimmung für die zur Prüfung gestellte Windkraftanlage unter verschiedenen, im Einzelnen bezeichneten Auflagen und Bedingungen erteilt wurde.
74 
e) Schließlich stehen dem Vorhaben auch Darstellungen eines in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplans nicht entgegen. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 machen insoweit geltend, dass der Vorhabenstandort auch nach dem in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplan "Wind“ der Beigeladenen zu 1 nicht als Konzentrationsfläche ausgewiesen werden solle. Die Frage, ob den Darstellungen eines in Aufstellung befindlichen Flächennutzungsplans die rechtliche Wirkung eines die Zulässigkeit eines Vorhaben hindernden unbenannten öffentlichen Belangs im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zukommt, hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 20.05.2010 (- 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74, juris RdNr. 49) ausdrücklich offen gelassen und wird mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu verneinen sein (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.09.2003 - 1 ME 212/03 - juris RdNr. 17; Hess. VGH, Urteil vom 17.06.2009 - 6 A 630/08 - juris RdNrn. 125 ff.). Eine Berücksichtigung eines Flächennutzungsplanentwurfs als entgegenstehender öffentlicher Belang setzt mit Rücksicht auf den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Übrigen aber jedenfalls voraus, dass er das Stadium der Planreife erlangt hat (BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 a.a.O. und Beschluss vom 09.08.1976 - IV B 153.75 - Buchholz 406.11, § 35 BBauG Nr. 129). Die Frage, welchen Anforderungen die Planung danach genügen muss, kann in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung von in Aufstellung befindlichen Zielen der Raumordnung im Zulassungsregime des § 35 BauGB beantwortet werden. Danach muss die Planung inhaltlich hinreichend konkretisiert sein und es muss die sichere Erwartung gerechtfertigt sein, sie werde rechtliche Verbindlichkeit erlangen. Hierzu gehört, dass der Abwägungsprozess nicht gänzlich offen ist und dem Planentwurf keine Mängel anhaften, die sich als formelles oder materielles Wirksamkeitshindernis erweisen könnten (BVerwG, Urteil vom 21.05.2005 - 4 C 5.04 - juris RdNrn. 28 ff.; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 10.01.2008 - 12 LB 22/07 - juris RdNr. 55). Dass die für eine etwaige Berücksichtigung eines Flächennutzungsplanentwurfs jedenfalls zu stellenden Anforderungen an den Planentwurf vorliegen, kann nicht festgestellt werden. Dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1 zufolge liegen bisher lediglich erste Planentwürfe des von der Beigeladenen zu 1 beauftragten Planungsbüros vor und hat ein Abwägungsprozess noch nicht eingesetzt.
II.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO i. V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostentragungspflicht des Beigeladenen zu 2 ist insoweit für die beiden Rechtszüge gesondert zu betrachten. Denn der Beigeladene zu 2 ist nur an den Kosten im ersten Rechtszug zu beteiligen, da er zur unterliegenden Seite gehört und im ersten Rechtszug einen eigenen Sachantrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Für den zweiten Rechtszug ist nicht von einem solchen Antrag des Beigeladenen zu 2 auszugehen. Dieser hat zwar auch im Berufungsverfahren - in der Berufungsverhandlung am 07.07.2010 - zunächst einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt. Er hat diesen Antrag in der letzten Berufungsverhandlung aber nicht mehr aufrechterhalten und damit sinngemäß zurückgenommen. Damit ist er im zweiten Rechtszug mit seinem Antrag nicht unterlegen. Auf die Rücknahme des Sachantrags im Berufungsverfahren ist auch § 155 Abs. 2 VwGO nicht anwendbar, weil diese Vorschrift voraussetzt, dass der Antrag ein eigenes Verfahren ausgelöst oder sonst eigene Kosten verursacht hat (Hess. VGH, Urteil vom 09.12.1977 - IV OE 52/73 - ESVGH 28, 32). Das ist hier nicht der Fall.
76 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
77 
Beschluss vom 23. Oktober 2012
78 
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 26. September 2007 - 5 K 166/05 - von Amts wegen auf jeweils 26.145 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2, § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG; drei Viertel von 10% des in der Baubeschreibung des Bauvorbescheidantrags angegebenen Bauwerts nach DIN 276 Teil 2, Abschnitt 3.1 und 3.2 - Ausgabe April 1981 - in Höhe von 348.600 EUR; vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.2001 - 4 C 3.01 - juris Rn. 27).
79 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

     Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2.  Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 37 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 60 61 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 91 93 95 96 97 98 99 100 101 102

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Hinzutretende kumulierende Vorhaben liegen vor, wenn zu einem beantragten oder bestehenden Vorhaben (früheren Vorhaben) nachträglich ein kumulierendes Vorhaben hinzutritt.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten oder
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen eintreten können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(5) In der Vorprüfung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ist das frühere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
biologische Vielfaltdie Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten einschließlich der innerartlichen Vielfalt sowie die Vielfalt an Formen von Lebensgemeinschaften und Biotopen;
2.
Naturhaushaltdie Naturgüter Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen;
3.
Erholungnatur- und landschaftsverträglich ausgestaltetes Natur- und Freizeiterleben einschließlich natur- und landschaftsverträglicher sportlicher Betätigung in der freien Landschaft, soweit dadurch die sonstigen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht beeinträchtigt werden;
4.
natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interessedie in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Lebensraumtypen;
5.
prioritäre natürliche Lebensraumtypendie in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Lebensraumtypen;
6.
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutungdie in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG aufgenommenen Gebiete, auch wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 noch nicht gewährleistet ist;
7.
Europäische VogelschutzgebieteGebiete im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7), wenn ein Schutz im Sinne des § 32 Absatz 2 bis 4 bereits gewährleistet ist;
8.
Natura 2000-GebieteGebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäische Vogelschutzgebiete;
9.
ErhaltungszieleZiele, die im Hinblick auf die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands eines natürlichen Lebensraumtyps von gemeinschaftlichem Interesse, einer in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG oder in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG aufgeführten Art für ein Natura 2000-Gebiet festgelegt sind;
10.
günstiger ErhaltungszustandZustand im Sinne von Artikel 1 Buchstabe e und i der Richtlinie 92/43/EWG und von Artikel 2 Nummer 4 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist.

(2) Für dieses Gesetz gelten folgende weitere Begriffsbestimmungen:

1.
Tiere
a)
wild lebende, gefangene oder gezüchtete und nicht herrenlos gewordene sowie tote Tiere wild lebender Arten,
b)
Eier, auch im leeren Zustand, sowie Larven, Puppen und sonstige Entwicklungsformen von Tieren wild lebender Arten,
c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Tieren wild lebender Arten und
d)
ohne Weiteres erkennbar aus Tieren wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
2.
Pflanzen
a)
wild lebende, durch künstliche Vermehrung gewonnene sowie tote Pflanzen wild lebender Arten,
b)
Samen, Früchte oder sonstige Entwicklungsformen von Pflanzen wild lebender Arten,
c)
ohne Weiteres erkennbare Teile von Pflanzen wild lebender Arten und
d)
ohne Weiteres erkennbar aus Pflanzen wild lebender Arten gewonnene Erzeugnisse;
als Pflanzen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch Flechten und Pilze;
3.
Artjede Art, Unterart oder Teilpopulation einer Art oder Unterart; für die Bestimmung einer Art ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend;
4.
BiotopLebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen;
5.
Lebensstätteregelmäßiger Aufenthaltsort der wild lebenden Individuen einer Art;
6.
Populationeine biologisch oder geografisch abgegrenzte Zahl von Individuen einer Art;
7.
(weggefallen)
8.
(weggefallen)
9.
invasive Arteine invasive gebietsfremde Art im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014
a)
die in der Unionsliste nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 aufgeführt ist,
b)
für die Dringlichkeitsmaßnahmen nach Artikel 10 Absatz 4 oder für die Durchführungsrechtsakte nach Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 in Kraft sind, soweit die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 nach den genannten Rechtsvorschriften anwendbar ist oder
c)
die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 aufgeführt ist;
10.
Arten von gemeinschaftlichem Interessedie in Anhang II, IV oder V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tier- und Pflanzenarten;
11.
prioritäre Artendie in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG mit dem Zeichen (*) gekennzeichneten Tier- und Pflanzenarten;
12.
europäische Vogelartenin Europa natürlich vorkommende Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 2009/147/EG;
13.
besonders geschützte Arten
a)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, L 100 vom 17.4.1997, S. 72, L 298 vom 1.11.1997, S. 70, L 113 vom 27.4.2006, S. 26), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 709/2010 (ABl. L 212 vom 12.8.2010, S. 1) geändert worden ist, aufgeführt sind,
b)
nicht unter Buchstabe a fallende
aa)
Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind,
bb)
europäische Vogelarten,
c)
Tier- und Pflanzenarten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 aufgeführt sind;
14.
streng geschützte Artenbesonders geschützte Arten, die
a)
in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97,
b)
in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG,
c)
in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 2
aufgeführt sind;
15.
gezüchtete TiereTiere, die in kontrollierter Umgebung geboren oder auf andere Weise erzeugt und deren Elterntiere rechtmäßig erworben worden sind;
16.
künstlich vermehrte PflanzenPflanzen, die aus Samen, Gewebekulturen, Stecklingen oder Teilungen unter kontrollierten Bedingungen herangezogen worden sind;
17.
AnbietenErklärung der Bereitschaft zu verkaufen oder zu kaufen und ähnliche Handlungen, einschließlich der Werbung, der Veranlassung zur Werbung oder der Aufforderung zu Verkaufs- oder Kaufverhandlungen;
18.
Inverkehrbringendas Anbieten, Vorrätighalten zur Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an andere;
19.
rechtmäßigin Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der betreffenden Art im jeweiligen Staat sowie mit Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Artenschutzes und dem Übereinkommen vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (BGBl. 1975 II S. 773, 777) – Washingtoner Artenschutzübereinkommen – im Rahmen ihrer jeweiligen räumlichen und zeitlichen Geltung oder Anwendbarkeit;
20.
Mitgliedstaatein Staat, der Mitglied der Europäischen Union ist;
21.
Drittstaatein Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist.

(3) Soweit in diesem Gesetz auf Anhänge der

1.
Verordnung (EG) Nr. 338/97,
2.
Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. L 308 vom 9.11.1991, S. 1),
3.
Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG,
4.
Richtlinie 83/129/EWG des Rates vom 28. März 1983 betreffend die Einfuhr in die Mitgliedstaaten von Fellen bestimmter Jungrobben und Waren daraus (ABl. L 91 vom 9.4.1983, S. 30), die zuletzt durch die Richtlinie 89/370/EWG (ABl. L 163 vom 14.6.1989, S. 37) geändert worden ist,
oder auf Vorschriften der genannten Rechtsakte verwiesen wird, in denen auf Anhänge Bezug genommen wird, sind die Anhänge jeweils in der sich aus den Veröffentlichungen im Amtsblatt Teil L der Europäischen Union ergebenden geltenden Fassung maßgeblich.

(4) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gibt die besonders geschützten und die streng geschützten Arten sowie den Zeitpunkt ihrer jeweiligen Unterschutzstellung bekannt.

(5) Wenn besonders geschützte Arten bereits auf Grund der bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften unter besonderem Schutz standen, gilt als Zeitpunkt der Unterschutzstellung derjenige, der sich aus diesen Vorschriften ergibt. Entsprechendes gilt für die streng geschützten Arten, soweit sie nach den bis zum 8. Mai 1998 geltenden Vorschriften als vom Aussterben bedroht bezeichnet waren.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Hinzutretende kumulierende Vorhaben liegen vor, wenn zu einem beantragten oder bestehenden Vorhaben (früheren Vorhaben) nachträglich ein kumulierendes Vorhaben hinzutritt.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- oder Leistungswerte für eine UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
eine allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben eine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten oder
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen eintreten können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(5) In der Vorprüfung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ist das frühere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Umweltprüfungen umfassen die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens oder eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Sie dienen einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und werden nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.