5.2 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr - § 299 StGB

bei uns veröffentlicht am23.06.2010

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Unter Korruption versteht man den „Missbrauch einer Vertrauensstellung in der Funktion eines öffentlichen Amtes, in der Wirtschaft& Politik oder auch im privaten Geschäftsverkehr zugunsten eines anderen, um für sich oder einen Dritten einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen (vgl. Bundeslagebild Korruption 2012, S. 3 [hrsg. vom BKA] ). Im engeren Sinne fallen hierunter die Straftaten gegen den Wettbewerb (sog. Angestelltenkorruption, §§ 298ff. StGB), die Amtsträgerbestechungsdelikte (§§ 331ff. StGB) als auch die Wähler- und Abgeordnetenbestechung (§§ 108b, 108e StGB).

Beispiel: Die für die P-GmbH (Pharmaunternehmen) zuständige Referentin R. praktizierte ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb. Danach sollte der verschreibende Arzt 5% der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel dieses Unternehmens verordnete. Die Zahlungen wurden als Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge ausgewiesen (vgl. BGH Beschluss v. 29.03.2012 - Az. GSSt 2 11).

Die Strafbarkeit der Korruption wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.08.1997 in das Kernstrafrecht eingefügt. Dabei wurde der Abschnitt „Straftaten gegen den Wettbewerb (§§ 298ff. StGB) und die Straftatbestände „Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen“ (§ 298 StGB) und „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ (§ 299 StGB) eingegliedert. Zudem wurden die Amtsträgereigenschaft gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB und die Amtsträgerbestechungsdelikte (§§ 331ff. StGB) neu gestaltet.

Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr


Bestechlichkeit § 299 Abs. 1 StGB

Wegen Bestechlichkeit macht sich strafbar, wer als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge. Bei § 299 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein sog. Sonderdelikt (vgl. § 28 StGB). Danach kann nur derjenige Täter der Tat sein, der als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes handelt.

Für die Begehung der passiven Bestechung muss der Täter einen Vorteil fordern, sich-versprechen-lassen oder annahmen. Unter einem Vorteil i.S.d. § 299 StGB ist jede Zuwendung zu verstehen, auf die der Täter keinen Rechtsanspruch hat und die seine oder die wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage eines Dritten objektiv verbessert.

Unter einer Bevorzugung ist die sachfremde Entscheidung zwischen zumindest zwei Bewerbern zu verstehen. Es kommt also innerhalb des Wettbewerbes neben einer Besserstellung des Täters oder eines von ihm begünstigten Dritten, auf die er oder der Dritte keinen rechtlichen Anspruch haben zu einer Benachteiligung der Konkurrenten. Die Bevorzugung erfolgt dann in unlauterer Weise, wenn sie nicht auf sachlichen Erwägungen, gemessen am fairen Wettbewerb beruht, sondern aus der Vorteilsgewährung resultiert. Von der unlauteren Bevorzugung ausgenommen bleiben sozialadäquate Aufwendungen wie kleine Aufmerksamkeiten, gängige Werbegeschenke oder eine Einladung zu einem Geschäftsessen.

Bestechung gem. § 299 Abs. 2 StGB

Die Bestechung regelt spiegelbildlich das Anbieten, Gewähren oder Versprechen von Vorteilen. Somit stellt § 299 StGB die Parallele zur Amtsträgerbestechung gem. §§ 331ff. StGB dar. Geschütztes Rechtsgut des § 299 StGB ist die strafwürdige Störung des fairen Wettbewerbssowie die abstrakte Gefahr sachwidriger Entscheidungen. Täter der Bestechung kann im Gegensatz zur Bestechlichkeit nicht nur ein Angestellter oder ein Beauftragter eines Betriebes sein; vielmehr kann Täter jeder sein, der im geschäftlichen Verkehr und zum Zwecke des Wettbewerbs tätig wird.

Die Handlungsmodalitäten der Bestechung, bestehend aus dem Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils, bilden das Spiegelbild zu denen der passiven Bestechung (Anbieten – Fordern; Sich-versprechen-lassen – versprechen; Gewähren – Annahmen). Sie müssen gegenüber einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes und im Gegenzug zur unlauteren Bevorzugung des Täters oder eines Dritten beim Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen erfolgen.

Für die Vollendung der Tat ist nicht erforderlich, dass die Bevorzugung des Täters oder des Dritten eingetreten ist. Vielmehr genügt es, dass der Täter die jeweilige Tathandlung ausgeführt hat.

§ 300 StGB enthält für besonders schwere Fälle des § 299 StGB einen erhöhten Strafrahmen vor (drei Monate bis fünf Jahre). Als benannte Regelbeispiele kommen in Betracht der Vorteil großen Ausmaßes, gewerbsmäßiges Handeln und Handeln als Mitglied einer Bande. Ein unbenannter besonders schwerer Fall kann vorliegen, wenn trotz eines geringen Vorteils der lautere Wettbewerb nachhaltig erschüttert wird.

§ 301 Abs. 1 StGB eröffnet den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit der Strafverfolgung von Amts wegen in Fällen des öffentlichen Interesses (relatives Antragsdelikt). Antragsberechtigt sind gem. § 301 Abs. 2 StGB neben dem Verletzten auch die in § 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 UWG genannten Personen und Verbände.  § 302 StGB ordnet für die Fälle der gewerbsmäßigen Begehung oder dem Handeln als Mitglied einer Bande den Verfall gem. § 73d StGB an.


Gesetze

Gesetze

1 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

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Referenzen

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.