Haftungsrecht: Ladenbesitzer haftet, wenn Auto mit „herrenlosem“ Einkaufswagen zusammenstößt

published on 29/10/2015 12:34
Haftungsrecht: Ladenbesitzer haftet, wenn Auto mit „herrenlosem“ Einkaufswagen zusammenstößt
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Author’s summaryEin Ladenbesitzer muss auch nach Geschäftsschluss dafür Sorge tragen, dass seine Einkaufswagen sicher abgestellt sind.
Einkaufswagen sind so zu sichern, dass sie von Unbefugten nicht benutzt werden und auch nicht selbstständig wegrollen können. Hält der Ladenbesitzer diese Sorgfaltspflichten nicht ein, muss er den entstandenen Schaden tragen. 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Autofahrers entschieden. Dieser hatte nachts eine Straße befahren. Vor dem Lebensmittelmarkt des Beklagten stieß das Fahrzeug mit einem Einkaufswagen zusammen. Dieser war nach der Darstellung des Klägers kurz vor dem Vorbeifahren des Fahrzeugs unvermittelt auf die Straße gerollt. Nun verlangt er seinen Fahrzeugschaden in Höhe von ca. 5.400 EUR vom Beklagten ersetzt. Er stützt sich dabei auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Ladenbesitzers.

Die Schadenersatzklage war zu 80 Prozent erfolgreich. Die Richter entschieden, dass der Beklagte haften müsse, weil er die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Auch nach Geschäftsschluss habe er für das sichere Abstellen der Einkaufswagen vor seinem Geschäft Sorge tragen müssen. Dabei habe er sicherstellen müssen, dass die Einkaufswagen nicht unbefugt von Dritten benutzt werden oder selbstständig wegrollen. Die tatsächlich ergriffenen Sicherungsmaßnahmen seien unzureichend gewesen. Die Einkaufswagen seien lediglich mittels einer durch sie geführten, unverschlossenen Kette verbunden gewesen. Eine weitergehende Sicherung und auch ein die Wagen verbindendes Pfandsystem habe es nicht gegeben. Hierdurch seien die Einkaufswagen für Dritte leicht zugänglich gewesen. Es sei nicht nur vereinzelt zu beobachten, dass leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet und anschließend auch andernorts zurückgelassen würden. Um dies zu verhindern, könne man die Einkaufswagen z.B. mit einer abschließbaren Kette verbinden. Das erfordere keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand. Es wäre für den Ladenbesitzer möglich und zumutbar gewesen, diese Sicherungsmaßnahmen zu beachten. Weil er es nicht getan habe, hafte er.

Der Autofahrer müsse allerdings 20 Prozent seines Schadens selber tragen. Es sei ihm zwar kein Verschulden an dem Unfall anzulasten. Allerdings sei die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs in entsprechender Höhe zu berücksichtigen.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm, Urteil vom 18.8.2015, (Az.: 9 U 169/14).

Verkehrssicherungspflicht des Ladenbetreibers für Einkaufswagen im Hinblick auf die Verhinderung einer unbefugten Benutzung durch Dritte und Verhinderung eines unbeabsichtigten Wegrollens nach Geschäftsschluss


Gründe:

Der Zeuge P befuhr am 09.12.2013 gegen 01:00 h bei stürmischen Witterungsverhältnisses mit dem Fahrzeug des Klägers in C die E Straße. In Höhe des von dem Beklagten betriebenen Lebensmittelmarktes kollidierte das Fahrzeug auf der Fahrbahn - so die Behauptung des Klägers - mit einem Einkaufswagen dieses Lebensmittelmarktes. Der Kläger macht die ihm hierdurch entstandenen Reparatur-, Sachverständigen-, und Mietwagenkosten neben einem verbleibenden Minderwert und einer allgemeinen Unkostenpauschale unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten in einer Gesamthöhe von 5.408,56 € geltend.

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung des Beklagten, der Vernehmung von Zeugen und Durchführung einer Ortsbesichtigung mit der Begründung abgewiesen, eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten lasse sich nicht feststellen. Zwar stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass es auf der Fahrbahn zu einer Kollision mit einem Einkaufswagen des Lebensmittelmarktes gekommen sei. Es sei aber offen geblieben, ob nicht ein Dritter den Einkaufswagen in der Zeit nach Ladenschluss am Samstag um 20:00 h bis Montag um 01:00 h auf dem Gelände oder auf dem dem Geschäft vorgelagerten Gehsteig abgestellt habe. Für ein solches Verhalten eines Dritten treffe den Beklagten keine Verkehrssicherungspflicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Dem Kläger, dessen Aktivlegitimation durch Vorlage einer Fotokopie des Kaufvertrages im Senatstermin unstreitig geworden ist, steht gegen den Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ein Anspruch auf Ersatz der ihm durch das Unfallereignis vom 09.12.2013 entstandenen Schäden in Höhe von 80% zu.

Der Beklagte hat eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil die von ihm ergriffenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Außenlagerung der Einkaufswagen nach Geschäftsschluss unzureichend gewesen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Denn eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Der Verkehrssicherungspflicht ist vielmehr genügt, wenn im Ergebnis der Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Es genügt daher, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Dabei wird die Grenze zwischen abhilfebedürftigen Gefahren und von den Benutzern hinzunehmenden Erschwernissen ganz maßgeblich durch die sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Sicherheitserwartungen des Verkehrs bestimmt, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche und der Verkehrsbedeutung orientieren.

Der Beklagte musste daher dafür Vorsorge treffen, dass die Einkaufswagen nach Geschäftsschluss sicher abgestellt waren. Dies gilt zum einen im Hinblick auf Schutzmaßnahmen gegen die unbefugte Benutzung durch Dritte, zum anderen aber auch mit Blick auf die Verhinderung eines Wegrollens dieser Einkaufswagen im Sinne einer Verselbstständigung. Dies gilt vorliegend um so mehr, als der Gehsteig vor dem Ladengeschäft, an den der Abstellplatz für die Einkaufswagen angrenzt, zur Fahrbahn hin ein Gefälle aufweist.

Die von dem Beklagten ergriffenen Sicherungsmaßnahmen genügen diesen Anforderungen nicht. Die auf dem Abstellplatz in drei nebeneinander gelegenen Reihen befindlichen Einkaufswagen wurden nach Ladenschluss von einer Mitarbeiterin mittels einer durch die Einkaufswagen geführten Kette gesichert, die um einen am Kopfende des Abstellplatzes vorhandenen Metallpfosten geschlungen wurde. Eine Sicherung der Kette mittels eines Vorhängeschlosses unterblieb, weil ein solches bereits seit längerer Zeit nicht mehr zur Verfügung stand. Diese Art der Sicherung war unzureichend, wie der Zustand, den die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten vor Ort angetroffen haben, dokumentiert. Der Zeuge T hat ausgesagt, die Kette habe auf dem Boden vor dem jeweils letzten Einkaufswagen in jeder Reihe gelegen. Hierdurch war zwar weiterhin sichergestellt, dass ein Einkaufswagen aus dem Abstellplatz nicht auf den Gehsteig und die Fahrbahn rollen konnte, weil, wie das Landgericht bei dem Ortstermin festgestellt hat, die Kette einen solchen Durchmesser hatte, dass ein Einkaufswagen ohne Zutun nicht darüber hinweg rollen konnte. Die unbefugte Entnahme eines nicht mit einem Pfandmarkensystem ausgerüsteten Einkaufswagens durch einen Dritten war aber leicht möglich, da es nur eines leichten Anhebens zur Überwindung der am Boden liegenden, im Querschnitt 1 - 2 cm starken Kette bedurfte. Dieser Umstand begründet das Vorliegen einer eine Verkehrssicherungspflicht auslösenden abhilfebedürftigen Gefahrenstelle. Denn nach den Erfahrungen des Senats ist es eine nicht nur vereinzelte Beobachtung, dass leicht zugängliche Einkaufswagen nach Geschäftsschluss, durch Trunkenheit oder Übermut begünstigt, zweckwidrig verwendet werden, um sie anschließend an Ort und Stelle oder auch anderenorts stehen zu lassen. Um eine solche zweckwidrige Nutzung möglichst auszuschließen, genügt es nicht, durch Vorlegen einer Kette den Anschein zu erwecken, die Entnahme eines Einkaufswagens sei nicht möglich. Dies insbesondere dann, wenn durch die Lage der Kette vor den Einkaufswagen im Bodenbereich der bezweckte Anschein einer Sicherung schnell widerlegt ist. Die Sicherung der Einkaufswagen durch eine abschließbare Kette ist geeignet, diese zweckwidrige Benutzung zu verhindern und erfordert keinen spürbaren wirtschaftlichen Aufwand. Daraus folgt, dass dem Beklagten die Beachtung der gebotenen Sicherungsmaßnahmen auch subjektiv möglich und zumutbar war, so dass die Verkehrssicherungspflicht seitens des Beklagten schuldhaft verletzt worden ist.

Es bedarf keiner abschließenden Stellungnahme des Senats, ob alternativ die Ausstattung der Einkaufswagen mit einem Pfandmarkensystem im Zusammenspiel mit einer nach Geschäftsschluss durchzuführenden Sichtkontrolle des Kundenparkplatzes und des unmittelbar vorgelagerten Gehsteigs vor dem Ladengeschäft zwecks Rückführung im Einzelfall zurückgelassener Einkaufswagen den Anforderungen an eine sichere Außenlagerung nach Geschäftsschluss genügte. Die nahezu flächendeckende Einführung des Pfandmarkensystems für Einkaufswagen hat nach eigener Beobachtung der Senatsmitglieder die Bereitschaft der Kunden spürbar gefördert, entnommene Einkaufswagen zu den dafür vorgesehenen Abstellplätzen zurückzubringen. Dies korrespondiert mit der Beobachtung des Senats im Zuge einer Recherche in den juristischen Datenbanken, dass Urteile, aber auch Abhandlungen, die sich mit den Folgen eines durch einen herrenlosen Einkaufswagen verursachten Schaden an Kraftfahrzeugen befassen, seit etwa 1992, also einer Zeit, in der das Pfandmarkensystem Platz gegriffen hat, nicht mehr veröffentlicht worden sind. Allerdings muss der Kunde seine Bequemlichkeit nur mit einer kleinen Einschränkung bezahlen, nämlich der Preisgabe des hingegebenen Pfandes, bei dem es sich auch nur um einen aus seiner Sicht wertlosen Plastikchip handelt, der vielerorts als Werbegeschenk erhältlich ist.

Durch die Kollision des Kraftfahrzeugs des Klägers mit dem auf der Fahrbahn der E Straße befindlichen Einkaufswagen hat der Kläger einen Sachschaden erlitten. Davon, dass der Zeuge P zur angegebenen Unfallzeit mit einem Einkaufswagen aus dem Ladengeschäft des Beklagten kollidiert ist und hierdurch das Kraftfahrzeug des Klägers beschädigt worden ist, hat sich das Landgericht nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt. Der Senat ist gem. § 529 ZPO an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen könnten, zeigt die Berufungsbegründung nicht auf, solche ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt.

Diese Verkehrssicherungspflichtverletzung war kausal für die dem Kläger entstandene Rechtsgutsverletzung, der Beschädigung seines Kraftfahrzeugs. Dieser Kausalitätsnachweis ist aufgrund hier eingreifender Anscheinsbeweisgrundsätze geführt. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung , dass in Fällen der Feststellung einer Verkehrssicherungspflichtverletzung ein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass es ohne die Pflichtverletzung nicht zu der Rechtsgutverletzung gekommen wäre, dass mithin die Pflichtverletzung für das Schadensereignis ursächlich geworden ist. Hiervon ausgehend obliegt dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich vorliegend eine Ursache ausgewirkt hat, die nicht auf einer Pflichtverletzung des Beklagten fußt. Entsprechende Tatsachen hat der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Dies gilt insbesondere für die von dem Beklagten aufgezeigte Möglichkeit der Rückgabe des Einkaufswagens durch einen Kunden spät nach Geschäftsschluss, zu einem Zeitpunkt, als sich die Mitarbeiterin des Beklagten nach Sichtkontrolle des Kundenparkplatzes und des Gehsteigs vor dem Ladengeschäft auf den Heimweg begeben hatte. Jedenfalls hat der Beklagte keinen Beweis für einen solchen Geschehensablauf anbieten können.

Aber auch der Kläger haftet für den ihm entstandenen Schaden aufgrund der von seinem Kraftfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 1 StVG. Der Unfall ist bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs des Klägers entstanden, § 7 Abs. 1 StVG, ein Fall höherer Gewalt, § 7 Abs. 2 StVG, wird zu Recht von dem Kläger nicht eingewandt. Auf die Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens nach § 17 Abs. 3 StVG kann sich der Kläger vorliegend nicht berufen, weil der Unfall nicht durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht worden ist.

Dass der Zeuge P, dessen Verhalten als Fahrer sich der Kläger als Halter des Kraftfahrzeugs im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zurechnen lassen muss, durch ein schuldhaftes Verhalten zu dem Zustandekommen des Unfalls beigetragen hat, kann nicht festgestellt werden.

Eine Verstoß des Zeugen P gegen das sich aus § 3 Abs. 1 S. 4 StVO ergebende Sichtfahrgebot ist nicht bewiesen. Nach § 3 Abs. 1 S. 4 StVO soll der Kraftfahrer innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten können. Der Sichtgrundsatz soll davor schützen, auf Hindernisse aufzufahren. Mit unbeleuchteten Fahrbahnhindernissen muss der Kraftfahrer rechnen, innerorts ohne Schreckzeit. Das Sichtfahrgebot gilt nur für solche Hindernisse nicht, mit denen der Kraftfahrer unter keinen Umständen rechnen musste, oder die von oben oder von der Seite in die Fahrbahn geraten sind.

Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme bleibt offen, ob sich der Einkaufswagen bereits als Hindernis auf der Fahrbahn befand, als der Zeuge P damit kollidierte, oder ob der Einkaufswagen unmittelbar zuvor von der Seite her in die Fahrbahn gerollt ist.

Die Aussage des Zeugen P zugrunde gelegt, hat dieser den Einkaufswagen erst bemerkt, als er mit diesem kollidierte. Der Zeuge hat zwar Vermutungen darüber angestellt, dass sich dieser von der Seite her in den Fahrbahnbereich hineinbewegt habe, unmittelbar bevor er sich annäherte, sichere Angaben hat der Zeuge hierzu aber nicht machen können.

Weitere Aufklärung kann in diesem Punkt auch das von dem Beklagten beantragte Sachverständigengutachten mangels belastbarer Anknüpfungstatsachen nicht bringen. Es sind keine Unfallspuren gesichert worden. Die Geschwindigkeit des Zeugen P kann nur grob mit etwa 50 km/h festgestellt werden. Aus der Wurfweite des Einkaufwagens lässt sich kein Rückschluss herleiten, ob dieser bereits auf der Straße stand, oder ob er erst in die Fahrbahn rollte.

Dass der Einkaufswagen bereits auf der Straße stand, was der Beklagte, als ihm bei Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers günstig, beweisen muss, kann daher nicht festgestellt werden.

Muss man somit davon ausgehen, dass der Einkaufswagen auf die Straße gerollt ist, während sich der Zeuge P genähert hat, lässt sich ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot nicht feststellen, weil dann das Hindernis von der Seite in die Fahrbahn gelangt ist.

Eine nach § 1 Abs. 2 StVO zu beurteilende schuldhafte Reaktionsverzögerung des Zeugen P kann der Beklagte ebenfalls nicht beweisen. Ein solcher Nachweis lässt sich auch nicht mittels eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens führen, weil es hierfür an den erforderlichen und entsprechend belastbaren Anknüpfungstatsachen, insbesondere zu den für eine Weg-Zeitbetrachtung erforderlichen Entfernungsangaben, mangelt.

Andere von dem Zeugen P verwirklichten Umstände, die dem Kläger zur Last gelegt werden könnten, sind nicht ersichtlich.

Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge kann daher nur die von dem Fahrzeug des Klägers ausgehende einfache Betriebsgefahr berücksichtigt werden, die der Senat mit 20% veranschlagt. Die Umstände des Falles geben keine Veranlassung, die Betriebsgefahr hinter der sicherlich nicht als gröblich anzusehenden Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten zurücktreten zu lassen.

Der dem Kläger durch den Unfall entstandene Schaden beträgt 5.383,56 € und setzt sich wie folgt zusammen.

Der Fahrzeugschaden beträgt 4.048,15 € netto ausweislich der Reparaturkostenrechnung der Fa. G vom 03.02.2014. Die Rechnung ist in voller Höhe zu berücksichtigen, nachdem der Beklagte sein ursprüngliches Bestreiten zur Kompatibilität der als unfallbedingt geltend gemachten Schäden im Senatstermin aufgegeben hat, und das Bestreiten der in Ansatz gebrachten Stundensätze ohne Erfolg ist. Denn die Stundensätze ergeben sich aus der Rechnung der Fa. G. Die Angemessenheit dieser Sätze hat der Beklagte nicht bestritten, wird man bei einer Differenz von 3,50 € zu den im Schadensgutachten genannten Stundensätzen auch nicht verneinen können. Soweit die Reparaturkostenrechnung um 167,04 € höher ausgefallen ist als die Schätzung der Reparaturkosten laut Schadensgutachten, hat die nur als vorläufig anzusehende Schadensschätzung eine Konkretisierung durch die tatsächlichen Schadensbeseitigungskosten erfahren.

Weiterhin steht dem Kläger Ersatz des verbleibenden Minderwertes in Höhe von 400,00 € zu, wie er im Schadensgutachten ermittelt worden ist.

Der Kläger kann zudem Ersatz der in Höhe von 526,90 € netto angefallenen Mietwagenkosten gemäß Rechnung der Fa. G v. 03.02.2014 verlangen. Dass Mietwagenkosten in dieser Höhe angefallen sind, hat der Beklagte nicht bestritten.

Ohne Erfolg moniert der Beklagte, dass das Mietfahrzeug einen Tag länger als nach dem Schadensgutachten prognostiziert in Anspruch genommen wurde. Auch hier hat die Prognose über die Schadensbeseitigungsdauer durch die tatsächliche Reparaturzeit eine Berichtigung erfahren. Das sich hier verwirklichende Werkstattrisiko geht zulasten des Beklagten.

Ein Anspruch auf eine allgemeine Unkostenpauschale steht dem Kläger nicht zu.

Ersatz der entstandenen allgemeinen Unkosten kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur bei den als Massengeschäft zu behandelnden Verkehrsunfällen als Pauschale ohne konkreten Nachweis verlangt werden. Hier ist zwar ein Kraftfahrzeug bei dem Unfallgeschehen beteiligt, eine Verkehrsunfallsache liegt aber gleichwohl nicht vor. Vielmehr handelt es sich um die Inanspruchnahme aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung.

Schließlich kann der Kläger die Kosten des Sachverständigen mit 408,51 € netto ersetzt verlangen.

80% des Gesamtbetrages von 5.383,56 € entsprechen 4.306,85 €, die der Kläger nach §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz verzinslich seit dem 02.03.2014 beanspruchen kann.

Sodann kann der Kläger von dem Beklagten Freistellung von den - bezogen auf einen Gegenstandswert von 4.306,85 € - entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Das ergibt bei Berücksichtigung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr einen Betrag von 413,90 € netto. Eine Verzinsung dieses Freistellungsanspruchs erfolgt nicht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ § 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
 
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.10.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (2 0 44/14) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.306,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von

5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.03.2014 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,90 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 20 % der Kläger und zu

80 % der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

(2) Ohne triftigen Grund dürfen Kraftfahrzeuge nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern.

(2a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

(3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen

1.
innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h,
2.
außerhalb geschlossener Ortschaften
a)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t bis 7,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
bb)
Personenkraftwagen mit Anhänger,
cc)
Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t mit Anhänger sowie
dd)
Kraftomnibusse, auch mit Gepäckanhänger,
80 km/h,
b)
für
aa)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t,
bb)
alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger, ausgenommen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Wohnmobile jeweils bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, sowie
cc)
Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
c)
für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t100 km/h.Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nicht auf Autobahnen (Zeichen 330.1) sowie auf anderen Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind. Sie gilt ferner nicht auf Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) oder durch Leitlinien (Zeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben.

(4) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt für Kraftfahrzeuge mit Schneeketten auch unter günstigsten Umständen 50 km/h.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.