Wirtschaftsstrafrecht: Die Tathandlung des § 266 b StGB besteht in der missbräuchlichen Veranlassung einer Zahlung

bei uns veröffentlicht am16.11.2011

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Der Missbrauch besteht, entsprechend § 266 I StGB in einer Ausnutzung des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis, d.h. gegenüber dem Zahlun
Das LG Dresden hat mit dem Urteil vom 21.06.2005 (Az: 10 Ns 202 Js 45549/03) folgendes entschieden:

Als Taterfolg muss durch den Missbrauch dem Aussteller ein Vermögensschaden entstehen. Eine anderweitig problemlos zu realisierende Ausgleichsmöglichkeit des Kartenausstellers lässt seinen Schaden entfallen. So ist es hier. Zwar hat der Angeklagte den Kartenaussteller, die UTA, zur Zahlung gegenüber dem Vertragsunternehmen (hier einer Tankstelle) verpflichtet, ein Schaden ist der Kartenausstellerin jedoch nicht entstanden. Sie wird nämlich durch das LKA Sachsen schadlos gestellt. Geschädigter ist vorliegend somit nur das LKA Sachsen, nicht die Kartenausstellerin. Daher sind die Tatbestandvoraussetzungen für die Anwendung des § 266 b StGB nicht erfüllt.

Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des AG Dresden vom 05.05.2004 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte der Untreue in 36 Fällen schuldig ist.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.


Gründe

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat mit Datum vom 13.02.2004, zugestellt an den Verteidiger am 25.02.2004, nachdem das Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Untreue geführt wurde, Anklage wegen Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten erhoben.

Das AG Dresden hat den Angeklagten mit Urteil vom 05.05.2004 wegen Missbrauchs von Kreditkarten in 36 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt sowie deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Anwaltschriftsatz vom 12.05.2004 form- und fristgerecht „Rechtsmittel“ eingelegt. Dieses war nach Ablauf der entsprechenden Frist als Berufung zu werten, mit der er den Freispruch erstrebt.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Angeklagte ist Polizeiobermeister.

Gegen den Angeklagten wurde auf Grund der verfahrensgegenständlichen Vorwürfe ein förmliches Disziplinarverfahren eingeleitet. Er wurde seiner Dienstgeschäfte enthoben und erhält zurzeit gekürzte Bezüge in Höhe von 1.483,00 Euro seit dem 19.08.2003. Zurzeit hat er noch Schulden in Höhe von ca. 24.000,00 Euro, nachdem seine Schuldenlast zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils noch 32.000,00 Euro betrug.

Ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 31.05.2005 ist der Angeklagte nicht vorbestraft.

Die Berufungshauptverhandlung hat zu folgenden Sachverhaltsfeststellungen geführt:

Der Angeklagte betankte zu den nachfolgend genannten Zeitpunkten bei der ……….in Radebeul bzw. der ….. (später umbenannt in …..), ….. sein Privatfahrzeug, Pkw, mit dem amtlichen Kennzeichen, wobei er bei der Bezahlung des Tankvorgangs jeweils die ihm in seiner Eigenschaft als Beamter des Landeskriminalamtes Sachsen zur Verfügung gestellte sogenannte UTA-Flottenkarte vorlegte und den ihm bekannten PIN-Code eingab. Aufgrund entsprechender Verträge zwischen der UTA (Union Tank Eckstein GmbH & Co. KG) und der zum UTA-Tankstellennetz gehörenden Tankstellen war der Inhaber der UTA-Flottenkarte berechtigt, u.a. Fahrzeuge zu betanken, wobei der getankte Kraftstoff später von der Tankstelle der UTA in Rechnung gestellt wurde, welche diese wiederum dem LKA Sachsen belastete. Bei der von ihm genutzten UTA-Flottenkarte handelt es sich um eine Kreditkarte, mit der sämtliche bei den entsprechenden Tankstellen zu erwerbenden Waren und Leistungen bezahlt werden konnten. Dies war dem Angeklagten genauso bekannt, wie der Umstand, dass ihm durch Überlassung einer Kreditkarte die Möglichkeit eingeräumt war, über fremdes Vermögen zu verfügen, womit er zu besonderer Fürsorge für jenes verpflichtet war, was er auch wusste.

Dem Angeklagte war auch bewusst, dass er die ihm ausgehändigte UTA-Flottenkarte gem. interner ausdrücklicher Anweisung, (Erlass des SMI vom 11.01.1995), welche ihm inhaltlich bekannt war, nur zur Betankung seines Dienstfahrzeuges benutzen durfte.

Im Einzelnen handelte es sich um folgende Tankvorgänge, wobei jedesmal Benzin bleifrei als Kraftstoff getankt wurde... .

Wie vom Angeklagten vorausgesehen und beabsichtigt, wurde von der Tankstelle der jeweils getankte Kraftstoff der UTA in Rechnung gestellt, welche wiederum die angefallenen Beträge dem LKA Sachsen in Rechnung stellte, wodurch dem Land Sachsen ein Schaden in Höhe von insgesamt 1.421,82 EUR entstand, welcher im März 2004 vom Angeklagten vollständig ausgeglichen wurde.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf dem glaubhaften und vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten, an dessen Wahrheitsgehalt die Kammer keinen Zweifel hegt, den Angaben des Zeugen sowie den in die Beweisaufnahme eingeführten Schriftstücken. Der Angeklagte führte überzeugend aus, ihm sei sowohl Sinn, Zweck und Möglichkeiten der UTA-Flottenkarte als. Kreditkarte bekannt gewesen wie auch der sinngemäße Inhalt der betreffenden Dienstanweisung (siehe Erlass des SMI unten), insbesondere des Umstandes, dass nur der Dienstwagen habe betankt werden dürfen. Er habe jedoch wegen seiner damaligen Schulden sich keinen Kraftstoff für sein eigenes Auto leisten können. Er habe einfach kein Geld mehr gehabt. Es sei ihm auch bewusst gewesen, dass sein Verhalten „nicht in Ordnung gewesen“ sei; er sei jedoch der Meinung, dass sein Verhalten keinen Straftatbestand erfülle.

Die Feststellungen zur Qualifizierung der UTA-Flottenkarte als Kreditkarte beruhen auf den glaubhaften Ausführungen des stellvertretenden Fuhrparkleiters des LKA Sachen.

Dieser erklärte anhand des mit ihm vollständig erörterten Erlasses des SMI vom 11.01.1995 (Az.: 35-0253.1/6), den Abrechnungsmodus bei Nutzung der Karte und verdeutlichte mit klaren Worten, dass „selbstverständlich jedem Beamten klar war“, dass die Karte zwar prinzipiell als Kreditkarte für alle in den betreffenden Tankstellen erhältlichen Waren und Dienstleistungen genutzt werden konnte, aber ausschließlich nur zur Betankung des jeweiligen Dienstfahrzeuges genutzt werden durfte.

Bei der vom Angeklagten genutzten Karte habe es sich um eine solche der Stufe 6 gehandelt, welches die höchste (uneingeschränkte) Stufe darstellte, da mit ihr wie erwähnt, alles bezahlt werden konnte. Im Gegensatz hierzu gab es anders „gestufte Karten“ (Stufe 1–5), deren Nutzungsbreite eingeschränkt war, mit denen also z.B. keine Wäsche bezahlt werden konnte.

In dem Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 11.01.1995 (Az.: 35-0253.1/6) heißt es unter anderem:

„Aufgrund der landesweiten Umstellung auf dieses Tankcardsystem wird die Nutzung der UTA-Tankcard im Landeskriminalamt Sachsen wie folgt geregelt:

1. Für jedes Dienst-Kfz wird eine Tankcard, die nicht auf andere Dienst-Kfz übertragbar ist ausgestellt.

2. ...

3. Der PIN-Code

4. Die Tankcards des LKA Sachsen sind nur für den Erwerb von Treib- und Schmierstoffe ausgewiesen, wobei der Bedarf an Schmierstoffen vorrangig durch den Kfz des LKA Sachsen abgedeckt wird. Andere Service-Leistungen sind mit dieser Tankcard nicht möglich.


5. Hinweise zum Gebrauch dieser Tankcard liegen in jeder Fahrtenbuchtasche. Des Weiteren befindet sich in jeder Fahrtenbuchtasche ein Verzeichnis des UTA-Tankstellennetzes für Dresden.

6. ...

7. Das Tanken mit dieser Card ist im Fahrtenbuch mit folgenden Daten auszuweisen:

- Menge des getankten Treibstoffes bzw. Schmiermittels,

- Datum der Betankung,

- Unterschrift des Fahrers.

Gleichzeitig ist der Tankbeleg auf das als Anlage zu diesem Schreiben beigelegte Formular aufzukleben und dem Dezernat 105 – Fahrbereitschaft – zurückzuleiten.“

8. ...

9. ...

Aufgefallen sei das Tun des Angeklagten bei der regelmäßigen Überprüfung des Kraftstoffverbrauchs der einzelnen Dienstfahrzeuge. Hierbei sei die Kilometerleistung mit dem Durchschnittsverbrauch nicht in Übereinstimmung zu bringen gewesen. Das Verhalten des Angeklagten sei letztlich nur aufgedeckt worden, weil er es „übertrieben“ habe. Ergänzend führte der Zeuge zur Dienstanweisung noch aus, dass bei Punkt 5 nunmehr ein Verzeichnis des bundesweiten Tankstellennetzes beiliege und bei Punkt 4 die Aussage, das andere Service-Leistungen nicht möglich seien auf die vom Angeklagten genutzte Karte nicht zutreffe.

Der Angeklagte hat sich daher der Untreue in Form des Missbrauchstatbestandes gem. § 266 I 1. Alternative StGB strafbar gemacht.

Wenn somit das BerGer. hinsichtlich des Sachverhaltes zum gleichen Ergebnis gelangt ist wie das AG, so konnte es doch dessen rechtliche Würdigung nicht teilen.

In der Tat handelt es sich bei der hier in Rede stehenden „UTA-Flottenkarte“ um eine „echte“ Kreditkarte i.S. des § 266 b StGB, da es sich um eine sogenannte Universalkreditkarte im Drei-Partner-System handelt. Während Kreditkarten im sogenannten Zwei-Partner-System (Kundenkarte) nur einen Ausweis dafür darstellen, das der Kreditkartenaussteller selbst dem Karteninhaber einen Kredit eröffnet hat, der Verkäufer einer Ware bzw. der Dienstleistende also mit dem Kreditgewährenden identisch ist, werden diese Rollen beim Drei-Partner-System auf verschiedene (juristische) Personen verteilt. Hierbei muss die Karte dem Täter vom Aussteller überlassen worden sein.

Es muss sich also um den berechtigten Karteninhaber handeln. Dem Inhaber der Karte muss durch die Überlassung, dass heißt durch den mit Willen des Kartenausstellers erlangten Besitz an der Karte die Möglichkeit eingeräumt sein, eine Geldzahlung des Ausstellers an einen Dritten zu veranlassen. Die Funktion einer Kreditkarte ist daher eine umfassendere als die einer ec-Karte. Sie ist Zahlungs- und Kreditmittel in einem, sichert also für sich allein nicht nur die bargeldlose Zahlung ab, sondern gewährt auch einen kurzfristigen Kredit in Höhe des Entgelts für die beanspruchte Leistung seitens der Vertragsunternehmen. Im vorliegendem Fall jedoch mit der Besonderheit, dass der Kartenaussteller, die UTA, dem LKA Sachsen verschiedene Karten zur Verfügung gestellt hat und dieses wiederum diese Karten bestimmten Beamten zur Nutzung übergeben hat.

Die Tathandlung des § 266 b StGB besteht in der missbräuchlichen Veranlassung einer Zahlung. Der Missbrauch besteht, entsprechend § 266 I StGB in einer Ausnutzung des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis, d.h. gegenüber dem Zahlungsempfänger (der entsprechenden Tankstelle) unter Überschreiten des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis zum Kartenaussteller. Als Taterfolg muss durch den Missbrauch dem Aussteller ein Vermögensschaden entstehen. Eine anderweitig problemlos zu realisierende Ausgleichsmöglichkeit des Kartenausstellers lässt seinen Schaden entfallen. So ist es hier. Zwar hat der Angeklagte den Kartenaussteller, die UTA, zur Zahlung gegenüber dem Vertragsunternehmen (hier einer Tankstelle) verpflichtet, ein Schaden ist der Kartenausstellerin jedoch nicht entstanden. Sie wird nämlich durch das LKA Sachsen schadlos gestellt. Geschädigter ist vorliegend somit nur das LKA Sachsen, nicht die Kartenausstellerin. Daher sind die Tatbestandvoraussetzungen für die Anwendung des § 266 b StGB nicht erfüllt.

Demgegenüber liegen jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 266 I 1. Alternative StGB vor.

Unter Strafe steht auch hier der Missbrauch einer rechtlichen Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen. Dies dient dem Schutz des Vermögens in Rechtsbeziehungen, die dem Täter ein rechtliches Können gewähren, das über das rechtliche Dürfen hinausgeht. Die den Missbrauchstatbestand unterfallende Handlung ist die rechtsgeschäftliche Ausübung der eingeräumten Befugnis unter Verstoß gegen die sich aus dem Innenverhältnis ergebende Vermögensfürsorge, bzw. -betreuungspflicht.

Der Angeklagte hat vorliegend die eingeräumte Befugnis zur Nutzung der UTA-Flottenkarte als Kreditkarte insoweit missbraucht, dass er in Kenntnis seiner Verpflichtung, lediglich sein Dienstfahrzeug betanken zu dürfen, sein Privatfahrzeug mehrfach betankt hat. Er hat hierdurch die ihm eingeräumte Befugnis seinen Dienstherrn finanziell zu verpflichten missbraucht.

Dem Angeklagten war also wirksam die Befugnis eingeräumt im eigenen Namen über fremde Rechte zu verfügen.

Der Angeklagte hat auch die Vermögensinteressen desjenigen zu betreuen, über dessen Vermögen ihm Rechtsmacht eingeräumt worden ist, d.h. des LKA Sachsen. Diese Befugnis ist ihm zur Erfüllung einer im Interesse des Berechtigten (Geschäftsherrn = LKA Sachsen) liegenden Aufgabe eingeräumt worden. Zwar hat der Kreditkarteninhaber in der Regel keine Vermögensbelange des Kreditkartenherausgebers zu betreuen. Dies verdeutlicht auch die wirtschaftliche Interessenlage. Die wirtschaftlichen Interessen des Kreditkartenherausgebers liegen nicht in den vertraglichen Beziehungen zu den einzelnen Karteninhabern, sondern in denjenigen mit den angeschlossenen Vertragsunternehmen begründet. Dort werden Umsatz und Verdienst realisiert. Dass der einzelne Kreditkarteninhaber als notwendiges Zwischenglied zwischen Kreditkartenherausgeber und Vertragsunternehmen die Umsätze vermittelt und damit auch den Verdienst, ändert an der Interessenlage und der rechtlichen Einordnung der vertraglichen Beziehung zwischen Kartenherausgeber und Inhaber nichts. Auf diese kommt es jedoch bei der Frage, ob der Karteninhaber durch missbräuchliche Verwendung einer Kreditkarte eine Untreue gem. § 266 StGB begehen kann an.

Soweit die Verpflichtung besteht, die Kreditkarte nur dann zu verwenden, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse den Kontoausgleich gestatten, handelt es sich hierbei lediglich um einen Hinweis auf die jedem Vertrag innewohnende allgemeine Pflicht zur Vertragstreue und zur Rücksicht auf den Vertragspartner. Selbst eine ausdrückliche vertragliche Erwähnung vermag diese Nebenpflicht nicht in eine Hauptpflicht umzuwandeln, Dass eine derartige allgemeine auf Treu und Glauben begründete Pflicht nicht ausreicht, eine Vermögensfürsorge bzw. -betreuungspflicht i.S. des § 266 StGB zu begründen, steht außer Frage.

Die im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH anzunehmende Lücke zwischen § 263 und § 266 StGB wurde durch die Einführung des § 266 b StGB aber nur insoweit geschlossen, dass diese Vorschrift nicht vor jeder Art des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten schützt, sondern nur gegen deren Verwendung durch den berechtigten Karteininhaber in dem Wissen, dass er zur Rückzahlung des vom Aussteller verauslagten Betrages nicht in der Lage sein wird. § 266 b StGB bestraft daher ein untreueartiges Unrecht, verzichtet aber auf die Voraussetzung einer Vermögensbetreuungspflicht, die im Verhältnis zwischen Karteninhaber und Kartenaussteller regelmäßig nicht vorliegt (s.o.).

Dem ist auch grundsätzlich beizupflichten. Vorgenanntes gilt jedoch nur für die Beziehung zwischen Karteninhaber und Kartenaussteller. Vorliegend geht es jedoch nicht um die allgemeine Treuepflicht des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn, welche bei Polizeibeamten kaum zur Begründung einer (Haupt)Pflicht zur Vermögensbetreuung führen kann. Das Vermögen seines Dienstherrn nicht zu schädigen ist sicher eine Pflicht des Beamten, jedoch genau so sicher auch nur eine Nebenpflicht. Es geht auch nicht wie bereits geschildert um eine Vermögensfürsorge bzw. -betreuungspflicht gegenüber dem Kreditkartenaussteller, mit dem der Angeklagte in keinem direkten vertraglichen Verhältnis steht. Dieses besteht nur zwischen der UTA und dem LKA Sachsen. Wem letzteres die Kreditkarte aushändigt, weiß der Kreditkartenaussteller nämlich nicht, es ist für ihn auch ohne Belang. Hier begründet sich die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten nicht auf seinen allgemeinen Beamtenpflichten, sondern speziell auf der zur Verfügungstellung einer Kreditkarte, was schließlich nicht automatisch mit der Berufung in das Beamtenverhältnis erfolgt. In diesem speziellen Fall hat der Angeklagte Zugriff auf eine Kreditkarte, mit all ihren (Missbrauchs-)Möglichkeiten gehabt – was letztlich der Übergabe von Bargeld gleichzustellen ist – wobei er ausdrücklich verpflichtet wurde, nur sein Dienstfahrzeug zu betanken. Diese speziell ihm eingeräumte Befugnis über fremdes Vermögen, nämlich das des LKA Sachsens, zu verfügen, hat der Angeklagte missbraucht, indem er sein privates Fahrzeug betankt hat.

Ausweislich der ihm bekannten Bestimmungen über die Nutzung der UTA-Flottencard war die Verpflichtung, mit dem Vermögen des LKA Sachsen sorgsam umzugehen, eine Hauptpflicht, aus der eine Vermögensfürsorge bzw. -betreuungspflicht resultiert. Hierbei war er auch in der Entscheidung weitgehend frei, ob und wie er die UTA-Flottenkarte einsetzte. Eine Kontrolle war praktisch ausgeschlossen. Ein Missbrauch konnte nur auffallen bei ständigem solchem.

Somit liegt der Fall grundsätzlich anders als in der bislang zu diesem Problemkreis erfolgten Rechtsprechung (s.o.). Es geht hier nämlich nicht um eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich des Kreditkartenausstellers, sondern eine solche gegenüber demjenigen, der die Kreditkarte überlassen hat; ähnlich dem Fall, dass ein Kreditkarteninhaber eine sogenannte Partnercard zum Beispiel seiner Ehefrau übergibt. Auch in diesem Fall würde die missbräuchliche Nutzung der Partnercard durch den Partner eine Schädigung nur des Vermögens des Hauptkarteninhabers bewirken, da dieser dem Kreditkartenaussteller zum Ausgleich verpflichtet ist.

Somit geht es zusammenfassend nicht um eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Kreditkartenaussteller, welche als Hauptpflicht kaum zu begründen ist, sondern um eine solche gegenüber dem Geschäftsherrn (dem LKA Sachsen) bei Überlassung einer Kreditkarte durch diesen.

Ausgehend vom Strafrahmen des § 266 I StGB war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er den äußeren Tatbestand vollumfänglich eingeräumt hat, in der Hauptverhandlung glaubhaft Reue zeigte und er den Schaden in voller Höhe wieder beglichen hat, wenngleich erst nach Anklageerhebung. Des Weiteren war zu berücksichtigen, dass die Taten schon einige Zeit zurückliegen.

Zu Lasten des Angeklagten war jedoch die Vielzahl der Taten zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass er seine Beamtenpflichten gegenüber dem geschädigten Landeskriminalamt Sachsen, d.h. dem Freistaat Sachsen gegenüber und das in ihm gesetzte Vertrauen in eklatanter Weise verletzt hat. Gleichzeitig war jedoch in diesem Fall wiederum zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er gerade als Beamter ein Disziplinarverfahren zu gewärtigen hat und seit geraumer Zeit seine Dienstbezüge gekürzt sind.

Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungserwägungen hat die Kammer in Übereinstimmung mit dem AG Dresden für die Taten Ziffer 1 bis 10 jeweils auf Geldstrafen in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 40,00 Euro erkannt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um die am längsten zurückliegenden Taten handelt und der Angeklagte in diesem Zeitraum nur gelegentlich gehandelt hat.

Für die Taten 11 bis 36 hält auch die Kammer eine Freiheitsstrafe von jeweils zwei Monaten für tat- und schuldangemessen. Im Hinblick auf die kurze Abfolge der zahlreichen Taten war zur Einwirkung auf den Angeklagten die Verhängung von jeweils kurzen Freiheitsstrafen gem. § 47 I StGB unerlässlich.

Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, insbesondere des Umstandes, dass er sich geständig gezeigt hat und die Taten schon einige Zeit zurückliegen, hat die Kammer die erkannten Einzelstrafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von

acht Monaten

zurückgeführt. Diese hält sie für erforderlich, um dem Angeklagten das Unrecht seiner Tat(en) deutlich vor Augen zu führen.

Zwar hat § 266 I StGB einen höheren Strafrahmen als § 266 b I StGB, jedoch sah sich die Kammer an der Verhängung einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe auf Grund § 331 I StPO gehindert.

Die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe konnte gem. § 56 I StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und die Kammer erwartet, dass er sich allein die Verurteilung zur Warnung gereichen lassen wird, um in Zukunft auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine weiteren Straftaten mehr zu begehen.


Gesetze

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4 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

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Referenzen

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.