Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Okt. 2016 - 7 AZR 135/15

ECLI:ECLI:DE:BAG:2016:261016.U.7AZR135.15.0
bei uns veröffentlicht am26.10.2016

Tenor

Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 5. Dezember 2014 - 9 Sa 486/14 - aufgehoben.

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 7. Mai 2014 - 4 Ca 2979/13 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

2

Der Kläger studierte an der Sporthochschule K bis zum Vordiplom. Er ist Diplom-Trainer (Trainer-Akademie) und war in der Zeit von 1988 bis 2007 als Trainer von verschiedenen Volleyball-Mannschaften bzw. Beach-Volleyball-Teams im Amateur- und Profibereich tätig. Über eine Lehramtsbefähigung verfügt er nicht. In der Zeit vom 15. Oktober 2007 bis zum 7. Februar 2014 wurde der Kläger am städtischen Gymnasium in R als Vertretungslehrer im Fach Sport beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen die folgenden befristeten Arbeitsverträge zugrunde:

        

Arbeitsvertrag vom

Vertretungsgrund

Pflichtstundenzahl

Befristungsdauer

        

12./23.10. 2007

Erkrankung des Lehrers S

19,00/25,50

15.10.2007 bis 19.12.2007

        

16.11.2007

Ausscheiden des Lehrers S

19,00/25,50

16.11.2007 bis 31.01.2008

        

29./30.01. 2008

Ausscheiden des Lehrers S

22,00/25,50

01.02.2008 bis 25.06.2008

                 

Vergütung der Sommerferien aus freien Mitteln

        

26.06.2008 bis 31.07.2008

        

13.06.2008

Mutterschutzvertretung Frau H

        

01.08.2008 bis 07.11.2008

        

24.10.2008

Mutterschutzvertretung Frau H

25,00/25,50

Verlängerung bis 18.11.2008

        

10.11.2008

Elternzeit der Lehrerin H

25,00/25,50

19.11.2008 bis 31.01.2009

        

02.02.2009

Elternzeit der Lehrerin H

25,00/25,50

01.02.2009 bis 01.07.2009

        

13./14.08. 2009

Elternzeit der Lehrerin R

25,00/25,50

02.07.2009 bis 14.07.2010

        

14./25.06. 2010

Vertretung der Lehrerin Ho

25,50/25,50

15.07.2010 bis 31.05.2011

        

28.02./ 01.03.2011

Vertretung der Lehrerin H

15,50/25,50

01.06.2011 bis 06.09.2011

        

28.02./ 01.03.2011

Vertretung der Lehrerin J

10,00/25,50

01.06.2011 bis 06.09.2011

        

14./20.07. 2011

Vertretung der Lehrerin D

15,50/25,50 bzw. 25,00/25,50

07.09.2011 bis 24.01.2012

        

30.08./ 06.09.2011

Vertretung der Lehrerin D

9,50/25,50

07.09.2011 bis 24.01.2012

        

04./16.01. 2012

Vertretung der Lehrerin D

25,00/25,50

25.01.2012 bis 10.02.2012

        

02.02.2012

Vertretung der Lehrerin D

25,00/25,50bzw. 25,50/25,50

11.02.2012 bis 21.08.2012

        

25.06.2012

Vertretung der Lehrerin D

25,50/25,50

22.08.2012 bis 01.02.2013

        

23./24.01. 2013

Vertretung der Lehrerin Ho

10,00/25,50

02.02.2013 bis 03.09.2013

        

23./24.01. 2013

Vertretung der Lehrerin D

15,50/25,50

02.02.2013 bis 03.09.2013

        

25.07.2013

Vertretung der Lehrerin W

25,50/25,50

04.09.2013 bis 07.02.2014

3

Die Lehrerin W, die während der Dauer des letzten befristeten Arbeitsvertrags des Klägers wegen Inanspruchnahme von Elternzeit abwesend war, unterrichtete die Fächer Englisch und Geschichte.

4

Mit der am 22. November 2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 vereinbarten Befristung zum 7. Februar 2014 gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der Sachgrund der Vertretung liege nicht vor. Außerdem könne sich das beklagte Land aufgrund der gesamten Dauer der Vertragslaufzeit und der hohen Zahl befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der Vertretung berufen. Es sei von einem institutionellen Rechtsmissbrauch auszugehen. Dafür sprächen auch die weiteren Umstände. Die Stundenzahl habe während des gesamten Arbeitsverhältnisses nicht wesentlich geschwankt. Die Befristungsdauer sei bei einem erheblichen Teil der Arbeitsverträge zeitlich deutlich hinter der zu erwartenden Dauer des Vertretungsbedarfs zurückgeblieben. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, bei Elternzeit von Lehrkräften Vertretungsverträge abzuschließen, deren Dauer nicht dem zu erwartenden Vertretungsbedarf entsprächen, sondern die stattdessen zum Schulhalbjahr endeten. Die Schülerzahlen für das Schuljahr stünden zu Beginn des ersten Halbjahrs fest und änderten sich danach nicht wesentlich. Nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Jahren und knapp vier Monaten könne das beklagte Land dem Rechtsmissbrauchseinwand nicht mehr mit der fehlenden Lehramtsbefähigung begegnen.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 zum 7. Februar 2014 geendet hat, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 7. Februar 2014 hinaus fortbesteht.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die zuletzt vereinbarte Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Die Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs stünden der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen. Die Gesamtlaufzeit der befristeten Arbeitsverträge bewege sich mit sechs Jahren und knapp vier Monaten nicht in dem Bereich, der Anlass für eine Rechtsmissbrauchskontrolle biete. Auch die Anzahl der mit dem Kläger getroffenen Befristungsabreden lasse die Befristung nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass für die Beurteilung des institutionellen Rechtsmissbrauchs von insgesamt 16 und nicht von 20 befristeten Arbeitsverträgen auszugehen sei. Außer Betracht bleiben müsse der Arbeitsvertrag vom 26. Juni 2008 bis zum 31. Juli 2008. In dieser Zeit habe dem Kläger lediglich die Vergütung für die Sommerferien gezahlt werden sollen. Auch die Arbeitsverträge vom 28. Februar/1. März 2011 zur Vertretung der Lehrerinnen H und J sowie der Arbeitsvertrag vom 30. August/6. September 2011 zur Vertretung der Lehrerin D seien nicht zu berücksichtigen, weil sie vereinbarungsgemäß lediglich der Aufstockung des Stundenvolumens des Klägers gedient hätten. Gleiches gelte für den Vertrag vom 23./24. Januar 2013 zur Vertretung der Lehrerin D.

7

Zumindest sei eine nach der Gesamtdauer und der Anzahl der befristeten Arbeitsverträge möglicherweise zu vermutende missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit bei einer Würdigung der gesamten Umstände widerlegt. Dabei seien Besonderheiten der Unterrichtsplanung an Schulen zu berücksichtigen. Der wechselnde Vertretungsbedarf unter Berücksichtigung schwankender Schülerzahlen, die Einstellung neuer Lehrkräfte, der selbständige Unterricht von Referendaren sowie ein „Epochal“-Unterricht ließen nur eine auf das Schulhalbjahr bezogene Prognose zu. Außerdem bestehe ein berechtigtes Interesse der Schulverwaltung, nur solche Lehrkräfte unbefristet einzustellen, die über eine Lehramtsbefähigung verfügen und zwei Fächer unterrichten können. Eine unbefristete Einstellung des Klägers, der die Voraussetzungen zur Erteilung von Unterricht an Gymnasien nicht aufweise, die sonstigen Einstellungsvoraussetzungen nicht erfülle und zudem nur das Fach Sport unterrichten könne, sei nicht in Betracht gekommen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land den Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 vereinbarten Befristung am 7. Februar 2014 geendet.

10

I. Der Sachantrag ist ausschließlich als Befristungskontrollantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Dafür bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses (BAG 24. Juni 2015 - 7 AZR 541/13 - Rn. 18; 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 9). Der letzte Halbsatz des Klageantrags, mit dem festgestellt werden soll, dass das Arbeitsverhältnis „als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 7. Februar 2014 hinaus fortbesteht“, hat keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, die ein besonderes Feststellungsinteresse voraussetzte. Daran fehlte es, da keine weiteren Beendigungstatbestände im Streit sind. Der Kläger verfolgt daher mit dem letzten Halbsatz des Klageantrags kein von der Befristungskontrolle getrenntes Klagebegehren, sondern bezeichnet lediglich die Rechtsfolge, die sich bei einer unwirksamen Befristung seines Arbeitsverhältnisses ergibt.

11

II. Der Befristungskontrollantrag ist nicht begründet. Die im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 vereinbarte Befristung zum 7. Februar 2014 ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Das beklagte Land ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen.

12

1. Die Befristung zum 7. Februar 2014 gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit der am 22. November 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem beklagten Land am 3. Dezember 2013 zugestellten Klage hat der Kläger die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gewahrt. Die Klage kann schon vor dem Ablauf der vereinbarten Frist erhoben werden (BAG 24. Februar 2016 - 7 AZR 182/14 - Rn. 24; 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - Rn. 8, BAGE 139, 213; 10. März 2004 - 7 AZR 402/03 - zu I der Gründe, BAGE 110, 38).

13

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt ist.

14

a) Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert(BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 16; vgl. zur Vorgängerregelung in § 21 BErzGG: BAG 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 27; 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 13). Danach besteht ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ua. dann, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (st. Rspr., vgl. etwa BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 17; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 15; 16. Januar 2013 - 7 AZR 661/11 - Rn. 13, BAGE 144, 193).

15

Der Sachgrund der Vertretung setzt einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus. Es muss sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch den zeitweiligen Ausfall des zu vertretenden Mitarbeiters entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs eingestellt worden ist. Es ist deshalb aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 19; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 17; 6. November 2013 - 7 AZR 96/12 - Rn. 21; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 462/11 - Rn. 16; 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 17; 10. März 2004 - 7 AZR 402/03 - zu III 2 der Gründe, BAGE 110, 38). Der Kausalzusammenhang besteht nicht nur, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt (unmittelbare Vertretung). Der Kausalzusammenhang kann auch gegeben sein, wenn der Vertreter nicht unmittelbar die Aufgaben des vertretenen Mitarbeiters übernimmt. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern von einem anderen Arbeitnehmer oder von mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung) und deren Tätigkeit dem Vertreter übertragen, hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen (BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 20; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 19 mwN).

16

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beruht die im Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2013 vereinbarte Befristung auf der mittelbaren Vertretung der Lehrerin W, die sich während der Dauer dieses Arbeitsvertrags in Elternzeit befand. Das Landesarbeitsgericht hat im Einzelnen festgestellt, wie die Unterrichtsstunden von Frau W umverteilt wurden, so dass der Kläger den von ihm zu leistenden Unterricht im Fach Sport erteilen konnte.

17

aa) Danach ergibt sich der Vertretungsbedarf für sieben Stunden Sportunterricht durch die mittelbare Vertretung der Lehrerin W im Fach Englisch. Im Fall ihrer Anwesenheit hätte Frau W in diesem Fach vier Stunden in der Klasse 6c und drei Stunden in der Klasse 9c unterrichten können. Während ihrer Abwesenheit wurde der Englischunterricht von der Lehrerin F (Fächer Englisch und Biologie) übernommen, deren Unterricht im Fach Biologie in der Jahrgangsstufe 11 und der Klasse 9e wiederum von dem Lehrer Sa (Fächer Biologie und Sport) wahrgenommen wurde. Dadurch konnte der Kläger den Sportunterricht von Herrn Sa mit jeweils drei Stunden in der Jahrgangsstufe 11 sowie mit jeweils zwei Stunden in den Klassen 7b und 9a übernehmen.

18

bb) Der Vertretungsbedarf für weitere 18 Stunden Sportunterricht ergibt sich durch die mittelbare Vertretung der Lehrerin W im Fach Geschichte.

19

(1) Frau W hätte im Fall ihrer Anwesenheit das Fach Geschichte im Umfang von drei Stunden in der Jahrgangsstufe 11 sowie im Umfang von jeweils zwei Stunden in den Klassen 6c, 6d und 9a unterrichten können. Dieses Unterrichtsdeputat übernahm der Lehrer M (Fächer Geschichte und Latein). Für Herrn M unterrichtete Frau J (Fächer Latein und evangelische Religion) jeweils drei Stunden Latein in den Jahrgangsstufen 10, 11 und der Klasse 8a. Den evangelischen Religionsunterricht von Frau J übernahm Frau Wi mit jeweils zwei Stunden in den Klassen 5a und 9a sowie mit drei Stunden in der Jahrgangsstufe 12. Im Umfang von zwei Stunden erteilte den evangelischen Religionsunterricht von Frau J der Lehrer L (Fächer Deutsch und evangelische Religion) in der Klasse 6a. Frau Wi wurde dafür von der Lehrerin Sc (Fächer Deutsch und Sport) mit drei Stunden Deutsch in der Jahrgangsstufe 10 vertreten. Die verbleibenden sechs Stunden Deutschunterricht von Frau Wi und Herrn L wurden von Herrn Wir (Fächer Deutsch und Sport) in der Jahrgangsstufe 10 erteilt. Der Kläger konnte dadurch die Sportstunden von Frau Sc in der Jahrgangsstufe 11 mit drei Stunden und von Herrn Wir in der Jahrgangsstufe 12 mit sechs Stunden übernehmen.

20

(2) Zudem wären der Lehrerin W weitere neun Stunden Geschichte in der Nachfolge des Lehrers G (Fächer Geschichte und katholische Religion) zugewiesen worden, der fünf Stunden Geschichte in der Jahrgangsstufe 11 und je zwei Stunden in den Klassen 6a und 8c unterrichtete. Dessen Religionsunterricht übernahm stattdessen der Lehrer C (Fächer katholische Religion und Mathematik) mit je zwei Stunden in den Klassen 5a, 7a und 8a sowie mit drei Stunden in der Jahrgangsstufe 12. Herr C wiederum wurde von Herrn Kö (Fächer Mathematik und Sport) im Fach Mathematik in der Jahrgangsstufe 12 mit fünf Stunden und in der Klasse 5c mit vier Stunden vertreten. Der Sportunterricht von Herrn Kö konnte damit dem Kläger mit jeweils drei Stunden in den Klassen 5d und 6d und mit zwei Stunden in der Klasse 9b sowie mit einer Stunde Volleyball-AG übertragen werden.

21

c) Der Kläger hat gegen diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Gegenrügen erhoben (vgl. dazu BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 38 f.; 19. November 2015 - 6 AZR 560/14 - Rn. 20; BGH 6. Oktober 2015 - KZR 87/13 - Rn. 39). Sie sind daher für den Senat bindend. Danach besteht der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der Lehrkraft W und der befristeten Einstellung des Klägers.

22

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, das beklagte Land sei nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs daran gehindert, sich auf den Sachgrund der Vertretung zu berufen.

23

a) Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (vgl. EuGH 21. September 2016 - C-614/15 - [Popescu] Rn. 44; 14. September 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 77; 3. Juli 2014 - C-362/13 ua. - [Fiamingo ua.] Rn. 62; 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40). Die Beachtung von § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 verlangt, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse der Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Vorschrift nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken. Hierzu sind stets alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch angeblich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein (EuGH 21. September 2016 - C-614/15 - [Popescu] Rn. 65 f.; 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 101 f.; 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 39 f., 43, 51, 55). Die dazu gebotene zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (vgl. BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 14; 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 24; 12. November 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 27, BAGE 150, 8; grundlegend: BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BAGE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 33).

24

aa) Die Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs hängt maßgeblich von der Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen ab. Ist danach die Prüfung eines institutionellen Rechtsmissbrauchs veranlasst, sind weitere Umstände zu berücksichtigen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es zudem für eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit sprechen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift (BAG 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36 mwN). Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs bei aneinandergereihten befristeten Arbeitsverträgen zur Vertretung liegt näher, wenn die Laufzeit der Verträge wiederholt hinter der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs zurückbleibt, ohne dass dafür ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erkennbar ist (vgl. grundsätzlich BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 46, BAGE 142, 308). Anhaltspunkte für und gegen einen Rechtsmissbrauch können sich auch aus der Art der Vertretung ergeben; regelmäßig erweist sich etwa eine Befristung zur unmittelbaren Vertretung gegenüber einer mittelbaren Vertretung oder einer Vertretung nach dem Modell der sog. gedanklichen Zuordnung als weniger missbrauchsanfällig (vgl. dazu BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 22; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 20 f.). Die Anzahl und Dauer etwaiger Unterbrechungen zwischen den befristeten Arbeitsverträgen können gegen einen Rechtsmissbrauch sprechen (vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 AZR 761/11 - Rn. 27). Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Grundrechtlich gewährleistete Freiheiten können ebenso von Bedeutung sein (BAG 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 25; 24. September 2014 - 7 AZR 987/12 - Rn. 38; 19. Februar 2014 - 7 AZR 260/12 - Rn. 36; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 47, aaO) wie besondere Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien zu berücksichtigen sind, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 26. Februar 2015 - C-238/14 - Rn. 40; BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 15).

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bb) Der Senat hat sich in der Vergangenheit näherer quantitativer Angaben dazu enthalten, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen für einen Missbrauch genau liegen. Er hat in den beiden grundlegenden Entscheidungen vom 18. Juli 2012 (- 7 AZR 443/09 - Rn. 43, 48, BAGE 142, 308 und - 7 AZR 783/10 - Rn. 43) grobe Orientierungshilfen gegeben (kritisch wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit: APS/Backhaus 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 61n ff.; Bayreuther NZA 2013, 23, 25; Drosdeck/Bitsch NJW 2013, 1345, 1347; Greiner ZESAR 2014, 357, 362; Loth Prognoseprinzip und Vertragskontrolle im befristeten Arbeitsverhältnis S. 298 ff.; KR/Lipke 11. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 181; Sievers TzBfG 5. Aufl. § 14 Rn. 146; Schmid BB 2013, 192; Staudinger/Preis (2016) § 620 Rn. 54d f.; vom Stein NJW 2015, 369, 374). Bereits in den Ausgangsentscheidungen ist ein dreistufiges System angelegt, das sich in der weiteren Rechtsprechung des Senats konkretisiert hat.

26

(1) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen hat der Senat an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds besteht kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind(vgl. hierzu etwa BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 31 f.; 11. Februar 2015 - 7 AZR 113/13 - Rn. 31; 11. Februar 2015 - 7 AZR 17/13 - Rn. 46, BAGE 150, 366; 14. Januar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 47; 6. November 2013 - 7 AZR 96/12 - Rn. 35; 10. Juli 2013 - 7 AZR 833/11 - Rn. 25; 16. Januar 2013 - 7 AZR 661/11 - Rn. 25, BAGE 144, 193; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 462/11 - Rn. 31; 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 44). Davon ist auszugehen, wenn nicht mindestens das Vierfache eines der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmten Werte oder das Dreifache beider Werte überschritten ist. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden, es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt bereits acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart.

27

(2) Werden die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG alternativ oder kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten(vgl. hierzu etwa BAG 18. März 2015 - 7 AZR 115/13 -; 13. Februar 2013 - 7 AZR 225/11 -). Hiervon ist idR auszugehen, wenn einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mehr als das Vierfache beträgt oder beide Werte das Dreifache übersteigen. Überschreitet also die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre oder wurden mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart, hängt es von den weiteren, zunächst vom Kläger vorzutragenden Umständen ab, ob ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist. Gleiches gilt, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden.

28

(3) Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein(vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 16; 29. April 2015 - 7 AZR 310/13 - Rn. 26; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 48, BAGE 142, 308). Von einem indizierten Rechtsmissbrauch ist idR auszugehen, wenn durch die befristeten Verträge einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG um mehr als das Fünffache überschritten wird oder beide Werte mehr als das jeweils Vierfache betragen. Das bedeutet, dass ein Rechtsmissbrauch indiziert ist, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen vereinbart wurden oder wenn mehr als zwölf Vertragsverlängerungen bei einer Gesamtdauer von mehr als acht Jahren vorliegen. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

29

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann sich das beklagte Land entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auf den Sachgrund der Vertretung berufen.

30

aa) Ein Rechtsmissbrauch ist nicht indiziert. Die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses der Parteien beläuft sich auf sechs Jahre und (knapp) vier Monate. Der Prüfung des institutionellen Rechtsmissbrauchs sind 15 Verlängerungen, also insgesamt 16 befristete Arbeitsverträge zugrunde zu legen. Die Parteien haben zwar (mindestens) 19 befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Allerdings wurden für drei Zeiträume jeweils zwei Verträge geschlossen. Für die Anzahl der Vertragsverlängerungen zählen Verträge für parallele Zeiträume nur „einfach“, da der jeweilige Parallelvertrag das befristete Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Deshalb sind drei der zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverträge nicht als Vertragsverlängerungen zu werten. Nicht gesondert zu berücksichtigen ist ferner der Zeitraum vom 26. Juni 2008 bis zum 31. Juli 2008, in dem lediglich die Sommerferien des Klägers vergütet wurden, ohne dass dem ein gesonderter befristeter Arbeitsvertrag zugrunde gelegen hätte. Damit ist die Schwelle von mehr als 16 befristeten Arbeitsverträgen, ab deren Vorliegen ein Rechtsmissbrauch als indiziert gilt, nicht erreicht.

31

bb) Das Landesarbeitsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass eine Rechtsmissbrauchsprüfung veranlasst ist, da die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses der Parteien sechs Jahre überschreitet und 15 Vertragsverlängerungen vorliegen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger jedoch keine hinreichenden weiteren Gesichtspunkte vorgetragen, die für einen Missbrauch sprechen.

32

(1) Die durchgängige Beschäftigung des Klägers als Lehrer in nahezu unverändertem Stundenumfang an derselben Schule im Fach Sport begründet keinen Rechtsmissbrauch.

33

(a) Zwar kann der Umstand, dass ein Arbeitnehmer wiederholt befristet über einen längeren Zeitraum in derselben Dienststelle mit einem im Wesentlichen gleichen zeitlichen Umfang mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde, als Indiz für den Bedarf an einer unbefristeten Beschäftigung auf diesem Arbeitsplatz anzusehen sein. Auch wenn der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine Personalreserve in Form unbefristet beschäftigter Vertretungskräfte vorzuhalten, um Vertretungsfälle abzudecken (EuGH 14. September 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 55 f.; 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 54; BAG 24. August 2016 - 7 AZR 41/15 - Rn. 26; 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 15; 13. Februar 2013 - 7 AZR 225/11 - Rn. 33; 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 15, BAGE 142, 308), darf die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse nicht eingesetzt werden, um in Wirklichkeit einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken. Mit der zusätzlichen Missbrauchskontrolle soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer, an dessen Beschäftigung ein dauerhafter Bedarf besteht, von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, das den Normallfall der Beschäftigung bildet, durch aneinandergereihte, jeweils für sich betrachtet zulässige Sachgrundbefristungen ausgeschlossen wird.

34

(b) Die unveränderte Beschäftigung des Klägers als im Wesentlichen vollzeitbeschäftigter Sportlehrer an derselben Schule lässt hier jedoch nicht auf einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf und damit auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags am Gymnasium in R ein dauerhafter Bedarf an der Beschäftigung des Klägers als Sportlehrer bestand. Dagegen spricht der Umstand, dass eine Beschäftigung des Klägers als Vollzeitkraft im Fach Sport umfangreiche Umverteilungen von Unterrichtsstunden innerhalb der Schule voraussetzte. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass hierfür auch in Zukunft ein dauerhafter Bedarf bestehen wird. Die beschränkte fachliche Flexibilität des Klägers, die einen erhöhten Organisationsaufwand nach sich zieht, spricht gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs (vgl. auch BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 944/13 - Rn. 24).

35

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, es spreche für eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit, dass die vereinbarten Laufzeiten der befristeten Arbeitsverträge verschiedentlich auf das Ende des Schulhalbjahrs befristet worden sind, obwohl bei Vertragsschluss feststand, dass ein Vertretungsbedarf über diesen Zeitpunkt hinaus gegeben war.

36

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das beklagte Land wegen des zeitweisen Ausfalls der Lehrkräfte S, D, H und Ho befristete Arbeitsverträge mit dem Kläger abgeschlossen, ohne dass sich die jeweilige Laufzeit des Arbeitsvertrags an der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs orientiert hätte. Die Arbeitsverträge endeten teilweise mit dem Schuljahr, Schulhalbjahr bzw. mit den anschließenden Ferien und nicht mit der prognostizierten vorübergehenden Abwesenheit der Lehrkräfte, mit der das beklagte Land den Vertretungsbedarf gerechtfertigt hat.

37

(b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die „schlichte Anknüpfung an das Schulhalbjahr“ besage nichts über die tatsächliche Dauer des Vertretungsbedarfs und könne deshalb nicht als eine die Befristungspraxis rechtfertigende Besonderheit des Schulbetriebs anerkannt werden. Dass für die Schulleitung möglicherweise nicht absehbar gewesen sei, ob eine andere Lehrkraft zur Übernahme des vom Kläger erteilten Unterrichts zur Verfügung stehen würde, belege nur die Annahme, dass das Land kein hinreichend tragfähiges, auf die Erfordernisse des Schulbetriebs abgestelltes und die Annahme eines institutionellen Rechtsmissbrauchs ausschließendes Vertretungskonzept entwickelt habe.

38

(c) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat damit die Besonderheit einer auf das Schulhalbjahr bezogenen Personalplanung der Lehrkräfte, auf die sich das beklagte Land berufen hat, unzutreffend gewürdigt.

39

(aa) Zwar hat das Landesarbeitsgericht im Grundsatz zutreffend angenommen, die wiederholte Inkongruenz von Befristungsgrund und Befristungsdauer könne den Schluss darauf zulassen, dass das befristete Arbeitsverhältnis genutzt werde, um in Wahrheit einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf abzudecken. Dieser Umstand ist bei einer Gesamtwürdigung aneinandergereihter befristeter Arbeitsverhältnisse regelmäßig von Bedeutung, selbst wenn die vereinbarte Vertragslaufzeit für sich betrachtet nicht mit dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf für den befristet eingestellten Arbeitnehmer übereinstimmen, sondern sich daran lediglich orientieren muss (vgl. BAG 21. Januar 2016 - 7 AZR 340/14 - Rn. 17; 21. Januar 2009 - 7 AZR 630/07 - Rn. 10 mwN).

40

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch nicht hinreichend gewürdigt, dass die Personalplanung im Schulbereich eine komplexe Unterrichtsplanung voraussetzt, die sich nach den Anforderungen des jeweiligen Jahrgangs und Lehrplans richtet. Das beklagte Land hat sich zu Recht auf die schultypische Besonderheit berufen, dass der Vertretungsbedarf an Schulen von verschiedenen, sich ständig verändernden tatsächlichen Umständen abhängt, die eine schulhalbjahresbezogene Personalplanung für den Unterricht durch die Bezirksregierungen und Schulen rechtfertigen. Nicht nur das Schuljahr, sondern auch das Schulhalbjahr stellt eine „branchentypische“ organisatorische Zäsur dar, um für das folgende Halbjahr eine volle und möglichst fachbezogene Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Jeweils zum Schulhalbjahr müssen die verfügbaren Lehrkräfte unter Berücksichtigung von Einstellungen, selbständig unterrichtenden Lehramtsanwärtern und Abwesenheiten eingeplant werden. Für die Personalplanung ist dabei nicht nur entscheidend, in welchem Umfang Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Maßgeblich ist außerdem, welche Fächer durch die verfügbaren Lehrkräfte abgedeckt werden. Diese komplexen Planungsvorgaben rechtfertigen es, den jeweiligen Vertretungsbedarf im Schulbereich nicht nur am voraussichtlichen Ende des Vertretungsbedarfs (zB durch den Ablauf der Mutterschutzfrist, die Beendigung der Elternzeit oder das Ende eines Sonderurlaubs) zu orientieren, sondern in erster Linie am Ende eines Schulhalbjahrs auszurichten. Angesichts dieser Besonderheiten des Schulbereichs kann ein weiter gehendes Vertretungskonzept entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verlangt werden.

41

(cc) § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung gebietet keine andere Beurteilung. Der EuGH hat anerkannt, dass der Schulbereich von der Notwendigkeit besonderer Flexibilität zeugt, die den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge objektiv rechtfertigen kann, um dem Bedarf der Schulen angemessen gerecht zu werden und um zu verhindern, dass der Staat als Arbeitgeber dem Risiko ausgesetzt wird, erheblich mehr feste Lehrkräfte anzustellen als zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auf diesem Gebiet tatsächlich notwendig sind. Dabei zwingt das Recht auf Bildung als ein durch die Verfassung des Mitgliedstaats garantiertes Grundrecht den Staat, den Schuldienst so einzurichten, dass zwischen der Zahl der Lehrkräfte und der Zahl der Schüler ein stets angemessenes Verhältnis besteht. Dieses Verhältnis hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, von denen einige in gewissem Umfang schwer zu kontrollieren oder vorherzusehen sind (EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 94 f.). Damit ist zwar eine Rechtsmissbrauchsprüfung im Schulbereich nicht entbehrlich (vgl. EuGH 26. November 2014 - C-22/13 ua. - [Mascolo] Rn. 104). Jedoch stellt die schulhalbjahresbezogene Personalplanung eine nachvollziehbare branchentypische Besonderheit des Schulbetriebs dar, die es rechtfertigt, dass befristete Arbeitsverträge mit Vertretungslehrkräften trotz eines darüber hinaus bestehenden konkreten Vertretungsbedarfs einer einzelnen Stammkraft schulhalbjahresbezogen abgeschlossen werden.

42

(dd) Eine wiederholte Abkopplung der Vertretungsdauer von dem Vertretungsgrund kann daher im Schulbereich nur dann für einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechen, wenn die befristeten Arbeitsverträge weder dem konkreten Vertretungsbedarf entsprechen noch mit dem jeweiligen Schulhalbjahr enden. Nur wenn es für die kürzere Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags keinen solchen rechtfertigenden Anlass gibt, ließe sich daraus der Schluss ziehen, dass das beklagte Land in rechtsmissbräuchlicher Weise wiederholt auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift.

43

(3) Weitere für einen Gestaltungsmissbrauch sprechende Umstände sind weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch vom Kläger vorgetragen worden. Auf die vom beklagten Land angeführten Umstände, die aus seiner Sicht gegen einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechen, kommt es daher nicht an.

44

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    Kiel    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Zwisler    

                 

Urteilsbesprechung zu Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Okt. 2016 - 7 AZR 135/15

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Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird.

(2) Über die Dauer der Vertretung nach Absatz 1 hinaus ist die Befristung für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig.

(3) Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrags muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar oder den in den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecken zu entnehmen sein.

(4) Der Arbeitgeber kann den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen, jedoch frühestens zum Ende der Elternzeit, kündigen, wenn die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig endet und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die vorzeitige Beendigung der Elternzeit mitgeteilt hat. Satz 1 gilt entsprechend, wenn der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung der Elternzeit in den Fällen des § 16 Absatz 3 Satz 2 nicht ablehnen darf.

(5) Das Kündigungsschutzgesetz ist im Falle des Absatzes 4 nicht anzuwenden.

(6) Absatz 4 gilt nicht, soweit seine Anwendung vertraglich ausgeschlossen ist.

(7) Wird im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abgestellt, so sind bei der Ermittlung dieser Zahl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sich in der Elternzeit befinden oder zur Betreuung eines Kindes freigestellt sind, nicht mitzuzählen, solange für sie aufgrund von Absatz 1 ein Vertreter oder eine Vertreterin eingestellt ist. Dies gilt nicht, wenn der Vertreter oder die Vertreterin nicht mitzuzählen ist. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der Arbeitsplätze abgestellt wird.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

(1) Der Arbeitgeber hat einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder innerhalb des Betriebes ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet.

(2) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer dessen Wunsch nach Veränderung von Dauer oder Lage oder von Dauer und Lage seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erörtern und den Arbeitnehmer über entsprechende Arbeitsplätze zu informieren, die im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen. Dies gilt unabhängig vom Umfang der Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer kann ein Mitglied der Arbeitnehmervertretung zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(3) Der Arbeitgeber hat einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden und der ihm in Textform den Wunsch nach Absatz 2 Satz 1 angezeigt hat, innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Hat der Arbeitgeber in den letzten zwölf Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal einen in Textform geäußerten Wunsch nach Absatz 2 Satz 1 in Textform begründet beantwortet, ist eine mündliche Erörterung nach Absatz 2 ausreichend.

(4) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmervertretung über angezeigte Arbeitszeitwünsche nach Absatz 2 sowie über Teilzeitarbeit im Betrieb und Unternehmen zu informieren, insbesondere über vorhandene oder geplante Teilzeitarbeitsplätze und über die Umwandlung von Teilzeitarbeitsplätzen in Vollzeitarbeitsplätze oder umgekehrt. Der Arbeitnehmervertretung sind auf Verlangen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; § 92 des Betriebsverfassungsgesetzes bleibt unberührt.

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(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
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3.
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4.
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5.
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6.
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7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird.

(2) Über die Dauer der Vertretung nach Absatz 1 hinaus ist die Befristung für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig.

(3) Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrags muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar oder den in den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecken zu entnehmen sein.

(4) Der Arbeitgeber kann den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen, jedoch frühestens zum Ende der Elternzeit, kündigen, wenn die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig endet und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die vorzeitige Beendigung der Elternzeit mitgeteilt hat. Satz 1 gilt entsprechend, wenn der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung der Elternzeit in den Fällen des § 16 Absatz 3 Satz 2 nicht ablehnen darf.

(5) Das Kündigungsschutzgesetz ist im Falle des Absatzes 4 nicht anzuwenden.

(6) Absatz 4 gilt nicht, soweit seine Anwendung vertraglich ausgeschlossen ist.

(7) Wird im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abgestellt, so sind bei der Ermittlung dieser Zahl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sich in der Elternzeit befinden oder zur Betreuung eines Kindes freigestellt sind, nicht mitzuzählen, solange für sie aufgrund von Absatz 1 ein Vertreter oder eine Vertreterin eingestellt ist. Dies gilt nicht, wenn der Vertreter oder die Vertreterin nicht mitzuzählen ist. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der Arbeitsplätze abgestellt wird.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird.

(2) Über die Dauer der Vertretung nach Absatz 1 hinaus ist die Befristung für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig.

(3) Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrags muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar oder den in den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecken zu entnehmen sein.

(4) Der Arbeitgeber kann den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen, jedoch frühestens zum Ende der Elternzeit, kündigen, wenn die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig endet und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die vorzeitige Beendigung der Elternzeit mitgeteilt hat. Satz 1 gilt entsprechend, wenn der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung der Elternzeit in den Fällen des § 16 Absatz 3 Satz 2 nicht ablehnen darf.

(5) Das Kündigungsschutzgesetz ist im Falle des Absatzes 4 nicht anzuwenden.

(6) Absatz 4 gilt nicht, soweit seine Anwendung vertraglich ausgeschlossen ist.

(7) Wird im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abgestellt, so sind bei der Ermittlung dieser Zahl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sich in der Elternzeit befinden oder zur Betreuung eines Kindes freigestellt sind, nicht mitzuzählen, solange für sie aufgrund von Absatz 1 ein Vertreter oder eine Vertreterin eingestellt ist. Dies gilt nicht, wenn der Vertreter oder die Vertreterin nicht mitzuzählen ist. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der Arbeitsplätze abgestellt wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Klagebegehren über den nachfolgend ersichtlichen Umfang hinaus stattgegeben worden ist.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 2. Juli 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und unter 1 a und 1 c wie folgt neu gefasst:

a) die Belieferung der Klägerin - nach entsprechender Bestellung - mit Original-Porsche-Teilen (Original-Porsche-Ersatzteilen, Original-Porsche-Austauschteilen, Original-Porsche-Zubehör), ausgenommen Teile, die von den Beklagten ausschließlich zur nachträglichen Individualisierung und Veredelung von Porsche-Serienfahrzeugen an ihre Vertriebsorganisation geliefert werden (insbesondere Teile des Tequipment-Programms), …

b) …

c) die Belieferung der Klägerin - nach entsprechender Bestellung - mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche zum Zwecke der Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme und/oder der Nutzung im Rahmen des eigenen Fuhrparks und damit zum Zwecke der (Eigen-)Verwendung im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen zu verweigern oder verweigern zu lassen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 89% und die Klägerin zu 11%.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein 1987 gegründetes Unternehmen für Fahrzeugveredelung und -individualisierung, hat sich etwa seit dem Jahr 2000 darauf spezialisiert, ausschließlich Porsche-Fahrzeuge zu tunen.

2

Die Beklagte zu 1 ist Herstellerin der Kraftfahrzeuge der Marke Porsche, die von der Beklagten zu 2 als deutscher Vertriebsgesellschaft in einem selektiven Vertriebssystem durch als Porsche-Zentren bezeichnete Vertragshändler vertrieben werden. Die Beklagten bieten seit etwa 25 Jahren selbst ein Tuning ihrer Fahrzeuge an, das unter der Bezeichnung "Exklusive" vor der Fahrzeugauslieferung an den Kunden ab Werk durchgeführt wird. Außerdem gibt es seit 1994 bei der Beklagten das Veredelungsprogramm "Tequipment", bei dem die Kundenfahrzeuge erst nach ihrer Auslieferung individualisiert werden.

3

Die Klägerin hat von Porsche-Zentren Fahrzeuge und Fahrzeugteile bezogen und entsprechend ihrem Geschäftszweck verwendet.

4

Im März 2007 stahlen Mitarbeiter der Beklagten zu 1 auf deren Werksgelände einen Motor, der zu dem Unternehmen A.    verbracht wurde, dessen Betriebsgebäude demjenigen der Klägerin benachbart ist. Der Motor wurde von der Klägerin gekauft und am 29. März 2007 auf ihr Gelände geholt. Am Folgetag wurde der Motor wieder an das Unternehmen A.    zurückgegeben. Gleichwohl erhielt der Entwicklungsleiter der Klägerin,    S.   , kurz darauf die Turboladeraggregate dieses Motors und baute sie in einen von der Klägerin getunten Porsche ein, mit dem diese bei einem bedeutenden Autorennen den zweiten Platz belegte. S.   , der weiterhin bei der Klägerin in gleicher Funktion tätig ist, ist aufgrund dieses Vorgangs rechtskräftig wegen Hehlerei verurteilt worden. Das gegen die Geschäftsführer der Klägerin in diesem Zusammenhang eingeleitete Strafverfahren ist gemäß § 153a StPO eingestellt worden.

5

Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 beendeten die Beklagten jegliche Geschäftsbeziehung mit der Klägerin fristlos aus wichtigem Grund. Dies umfasste im Einzelnen folgende Maßnahmen:

- fristlose Kündigung des Lizenzvertrags über das Diagnose- und Informationssystem "Porsche Integrated Workshop Information System" (PIWIS) und des Abonnements für die Online-Nutzung von technischen Serviceinformationen;

- Sperrung des Zugriffs auf den elektronischen Porsche-Teilekatalog;

- Ausschluss der Mitarbeiter der Klägerin von Schulungen durch Porsche;

- Unterrichtung der Porsche-Vertriebsorganisation über die Beendigung jeglicher Geschäftsbeziehung.

6

Die fristlose Kündigung wurde im Wesentlichen mit dem "Motorenvorfall" sowie einem Schleichbezug von Porsche-Neufahrzeugen und Original-Porsche-Teilen unter Verletzung des Porsche-Vertriebssystems begründet.

7

Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß

unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel dazu verurteilt, es zu unterlassen,

1. a) die Belieferung der Klägerin

- nach entsprechender Bestellung - mit Original-Porsche-Teilen (Original-Porsche-Ersatzteilen, Original-Porsche-Austauschteilen, Original-Porsche-Zubehör)

zum Zwecke

der Individualisierung und Veredelung von Kraftfahrzeugen der Marke "Porsche",

der Instandsetzung und Wartung der solchermaßen zuvor von ihr modifizierten Fahrzeuge

sowie zur Instandsetzung und Wartung von Porsche-Serienfahrzeugen

- und damit zum Zwecke der (Eigen-)Verwendung im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin -

zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen zu verweigern und/oder verweigern zu lassen;

b) der Klägerin den Zugang zum Diagnose- und Informationssystem "Porsche-Integrated-Workshop Information System" ("PIWIS") im jeweils aktuellen Stand im Umfang und zu den Konditionen des "Kauf- und Lizenzvertrag PIWIS für unabhängige Werkstätten" zwischen den Parteien vom 16. August 2004 zu verweigern und/oder verweigern zu lassen und die Nutzung der PIWIS-Diagnose- und Informationssoftware im jeweils aktuellen Stand durch die Klägerin im Umfang und zu den Konditionen des genannten Vertrags zu dulden;

c) die Belieferung der Klägerin - nach entsprechender Bestellung - mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke "Porsche"

zum Zwecke der Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme

und/oder

der Nutzung im Rahmen des eigenen Fuhrparks - und damit zum Zwecke der (Eigen-)Verwendung im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin -

und/oder

zum Zwecke des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden, für den das Fahrzeug individualisiert und veredelt werden soll,

zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen zu verweigern und/oder verweigern zu lassen;

2. a) die Porsche-Vertriebsorganisation, insbesondere Porsche-Niederlassungen und Porsche-Vertragshändler aufzufordern und/oder in sonstiger Weise, gleich auf welche Art, zu veranlassen, die Klägerin nicht (mehr) mit Original-Porsche-Teilen (Original-Porsche-Ersatzteilen, Original-Porsche-Austauschteilen, Original-Porsche-Zubehör) und/oder mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke "Porsche" zu den im Klageantrag Ziffer 1 a und c genannten Zwecken und zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen zu beliefern, insbesondere wenn dies geschieht wie mit dem als Anlage zum Antrag beigefügten (Rund-)Schreiben der Beklagten zu 2;

b) [nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens].

8

Außerdem hat das Landgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt und sie zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 13.782 € zuzüglich Zinsen verurteilt.

9

Die Berufung der Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Abmahnkosten lediglich in Höhe von 9.012 € und Zinsen hierauf nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. März 2008 für begründet erachtet hat.

10

Mit ihrer - mit Ausnahme der Verurteilung nach dem Antrag 2 b - vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

11

A. Das Berufungsgericht hat die Klage - bis auf einen Teil der Abmahnkosten - wegen unbilliger Behinderung aus § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

12

Die Unterlassungsanträge der Klägerin seien hinreichend bestimmt. Sie seien zwar mit auslegungsbedürftigen Begriffen durchsetzt, könnten durch das Vollstreckungsgericht aber auf einen hinreichend bestimmten Kern zurückgeführt werden.

13

Ein Anspruch der Klägerin auf Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke "Porsche" sowie mit Original-Porsche-Teilen ergebe sich aus § 20 Abs. 1 GWB aF (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB). Weder die Freistellung selektiver Vertriebssysteme nach der Gruppenfreistellungsverordnung 330/2010 für Vertikalvereinbarungen noch die Regelungen der Gruppenfreistellungsverordnung 461/2010 für Vertikalvereinbarungen im Kraftfahrzeugsektor stünden dem Belieferungsanspruch entgegen.

14

Auf dem Markt der Herstellung und des Vertriebs von Porsche-Neufahrzeugen seien die Beklagten marktbeherrschend. Da andere deutsche Kraftfahrzeughersteller nicht-konzerngebundene Tuning-Unternehmen mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen belieferten, handele es sich um einen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr. Bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung stelle sich die Lieferverweigerung als unbillige Behinderung dar. Die Klägerin sei auf die Belieferung mit neuen oder neuwertigen Porsche-Fahrzeugen angewiesen. Der "Motorenvorfall" und die Weiterbeschäftigung des rechtskräftig verurteilten Entwicklungsleiters rechtfertigten keinen vorbehaltlosen Abbruch der Geschäftsbeziehung. Die Möglichkeit der Beklagten, aufgrund des "Motorenvorfalls" Schadensersatz zu erlangen, führe dazu, diesen Komplex als abgeschlossenes und aufgearbeitetes Vorkommnis zu betrachten. Ebenso wenig könnten die von den Beklagten vorgetragenen anderen Gründe wie behauptete Markenverletzungen oder Schleichbezüge der Klägerin die Lieferverweigerung rechtfertigen.

15

Die Beklagten seien auch auf dem Markt der Porsche-Originalteile marktbeherrschend. Bei dem Bezug der Teile handele es sich ebenfalls um einen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr, wie schon erhebliche Bezüge der Klägerin im Jahr 2006 belegten. Die Prüfung der unbilligen Behinderung falle ebenso aus wie beim Bezug neuer oder neuwertiger Porsche-Fahrzeuge. Die Klägerin könne nicht darauf verwiesen werden, von Original-Teile-Anbietern (Zulieferern) hergestellte und vertriebene Originalteile (OES-Teile) oder von anderen Teileherstellern produzierte Teile, die den Original-Teilen qualitativ gleichwertig sind (Independent-After-Market-Teile - IAM-Teile) zu beziehen.

16

Ein Zugang zum Diagnose- und Informationssystem PIWIS sei für die Klägerin unverzichtbar, so dass auch der diesbezügliche Klageantrag begründet sei.

17

Da die Beklagten nicht berechtigt seien, die Belieferung der Klägerin mit Porsche-Neufahrzeugen oder Original-Porsche-Teilen zu verweigern, dürften sie auch ihre Vertriebsorganisation nicht zu einem entsprechenden Verhalten veranlassen.

18

Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatzfeststellung sei ebenfalls begründet.

19

B. Die Revision der Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Unbegründet sind der Klageantrag zu 1 a, soweit er sich auf eigene Tuning-Teile der Beklagten bezieht, sowie der Klageantrag zu 1 c, soweit er Bestellungen von Fahrzeugen der Marke Porsche im konkreten Kundenauftrag zum Gegenstand hat. In diesem Umfang ist auch der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Antrag zu 3 unbegründet. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

20

I. Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche

21

Der auf die Belieferung mit Neuwagen gerichtete Antrag der Klägerin ist insgesamt ausreichend bestimmt (unten zu 1). Unbegründet ist er nur in der Variante "zum Zwecke des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden", weil insoweit keine Lieferverweigerung durch die Beklagten dargelegt ist (unten zu 2). Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche zum Zweck der Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme sowie zur Nutzung im eigenen Fuhrpark zuerkannt (unten zu 3).

22

1. Der gegen die Verweigerung der Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen gerichtete Unterlassungsantrag genügt insgesamt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

23

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 Rn. 12 = WRP 2014, 75 - Restwertbörse II, mwN). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung ist allerdings hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Fassung des Verbots zweckmäßig oder sogar geboten, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall insbesondere auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn. 13 = WRP 2011, 742 - Rechts-beratung durch Lebensmittelchemiker).

24

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der auf die Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen gerichtete Antrag 1 c trotz Verwendung mehrerer auslegungsbedürftiger Begriffe hinreichend bestimmt ist.

25

aa) Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Bundesgerichtshof einen auf Belieferung gerichteten Leistungsantrag im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur dann für zulässig gehalten hat, wenn die Annahme eines konkreten Kaufangebots verlangt wird, in dem die zu liefernden Waren nach Gegenstand und Zahl genau bestimmt sind. Daran fehlt es bei Leistungsanträgen, mit denen nur allgemein die Belieferung "auf Bestellung des Klägers" begehrt wird, ohne dass die zu liefernden Gegenstände konkretisiert sind (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1981 - KZR 19/80, WuW/E BGH 1885, 1886 - adidas; Urteil vom 22. Januar 1985 - KZR 35/83, WuW/E BGH 2125, 2126 - Technics). Der Bundesgerichtshof hat aber bereits in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass entsprechende Feststellungsklagen auf Belieferung in handelsüblichen Mengen und zu üblichen Preisen und Konditionen zulässig sind. Ebenso liegt es bei dem hier in Rede stehenden Unterlassungsantrag. Denn weil es um ein in der Zukunft liegendes Verhalten geht, ist es präziser, und weil es sich um einen verschuldensunabhängigen Anspruch handelt, auch näherliegend, die Belieferungspflicht als einen Anspruch auf Unterlassung der Nichtbelieferung zu verstehen (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aufl., § 33 GWB Rn. 114). Da sich der Unterlassungsanspruch seiner Natur nach nicht in einem einmaligen Wohlverhalten des Unterlassungsschuldners erschöpft, sondern Dauerwirkung hat, ist es anders als bei einem auf eine konkrete Belieferung gerichteten Antrag von vornherein ausgeschlossen, die begehrten Produkte im Antrag nach Gegenstand und Zahl so genau zu bestimmen wie bei einem konkreten, annahmefähigen Kaufangebot. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der verurteilte Beklagte die Reichweite des ihm auferlegten Verbots zweifelsfrei erkennen kann.

26

bb) Die Beschreibung der vom Antrag erfassten Waren als "neue oder neuwertige Fahrzeuge" hat das Berufungsgericht zu Recht als hinreichend bestimmt angesehen.

27

Die Klägerin hat klargestellt, dass als "neue" Fahrzeuge nur "fabrikneue" Automobile anzusehen sind. Dieser Begriff ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Danach ist ein unbenutztes Kraftfahrzeug fabrikneu, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als zwölf Monate liegen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - VIII ZR 227/02, NJW 2004, 160; Urteil vom 15. September 2010 - VIII ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 14).

28

Den Begriff "neuwertig" hat das Berufungsgericht zutreffend anhand des im Berufungsurteil wiedergegebenen Vortrags der Klägerin konkretisiert. Danach ist ein Fahrzeug "neuwertig", wenn es nach wie vor unbenutzt ist und zur aktuellen Modellreihe gehört, jedoch bereits länger als zwölf Monate zum Verkauf steht.

29

Indem die Belieferung nur nach einer entsprechenden Bestellung der Klägerin erfolgen soll, stellt der Antrag entgegen der Ansicht der Revision klar, dass die Klägerin im Einzelfall selbst bestimmt, ob sie ein neues oder ein von einem bestimmten Porsche-Zentrum angebotenes neuwertiges Fahrzeug erwerben möchte.

30

cc) Die Belieferungspflicht der Beklagten mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche besteht nach dem Urteilstenor zu 1 c

zum Zwecke der Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme und/oder der Nutzung im Rahmen des eigenen Fuhrparks - und damit zum Zwecke der (Eigen-)Verwendung im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Klägerin -

und/oder zum Zwecke des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden, für den das Fahrzeug individualisiert und veredelt werden soll.

31

Ohne Erfolg beanstandet die Revision diese Zweckbindung des Fahrzeugbezugs als zu unbestimmt.

32

(1) Die Zweckbestimmungen der "Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme" und der "Nutzung im Rahmen des eigenen Fuhrparks" sollen die Verwendung der von der Klägerin bestellten Fahrzeuge in ihrem Geschäftsbetrieb als Tuning-Unternehmen von einer ihr im Rahmen des selektiven Vertriebssystems der Beklagten nicht erlaubten Tätigkeit als Wiederverkäufer unveränderter Porsche-Serienfahrzeuge abgrenzen. Keine Frage der Bestimmtheit des Klageantrags ist die sowohl vom Berufungsgericht wie auch von der Revision erörterte Frage, wie sich die Beklagten vor missbräuchlichen Fahrzeugbestellungen durch die Klägerin zu anderen Zwecken, etwa zum Zweck des unveränderten Weiterverkaufs, schützen können.

33

(2) Da die Zweckbestimmung "Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme" darauf gerichtet ist, eine Tätigkeit der Klägerin als bloße Wiederverkäuferin auszuschließen, umfasst sie die Möglichkeit der Klägerin, die umgerüsteten Präsentationsfahrzeuge nach einer gewissen, jedenfalls mehrere Monate betragenden Haltedauer zu veräußern. Der Urteilstenor zu 1 c erfasst damit auch entsprechende Angebote von TechArt-Komplettfahrzeugen auf Basis eines Porsche-Serienmodells. Die Revisionserwiderung weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass ein umgerüstetes Präsentationsfahrzeug im Gegensatz zu einem Vorführwagen auch nach mehreren Monaten ohne weiteres noch einen Kilometerstand von unter 60 km aufweisen kann.

34

(3) Die weitere Zweckbestimmung "zum Erwerb im konkreten Auftrag eines Kunden, für den das Fahrzeug individualisiert und veredelt werden soll" hat das Berufungsgericht dahingehend ausgelegt, dass unter Kunde der Endkunde (also nicht etwa andere Tuning-Unternehmen) und unter konkretem Auftrag die durch direkte Stellvertretung und durch Vollmacht des Kunden dokumentierte Bestellung dieses Endkunden zu verstehen ist. Da die Entscheidungsgründe zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, hat die vom Berufungsgericht insoweit ausgesprochene Verurteilung diesen Inhalt. Damit erweist sich der Antrag zu 1 c in der letzten Alternative als hinreichend bestimmt.

35

dd) Die zur Umschreibung der Belieferung im Antrag 1 c gebrauchte Formulierung "zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen" hat das Berufungsgericht zu Recht als hinreichend bestimmt angesehen. Soweit die Belieferung der Klägerin durch selbständige Porsche-Vertragshändler erfolgt, sind deren jeweilige Preise und Konditionen gemeint. Für die Frage der Bestimmtheit des Antrags kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin in der Vergangenheit jemals von den Beklagten direkt beliefert worden ist. Es ist zudem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine Verurteilung zur Belieferung Zug um Zug gegen Zahlung des jeweiligen Listenpreises erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1999 - KZR 35/97, WRP 1999, 1175, 1175 f. - Feuerwehrgeräte, insoweit nicht in WuW/E DE-R 357).

36

ee) Ohne Erfolg beanstandet die Revision auch die abschließende Wendung des Urteilstenors 1 c, wonach den Beklagten untersagt wird, die Belieferung der Klägerin "verweigern zu lassen", als zu unbestimmt. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass mit "verweigern zu lassen" der Beklagten verboten wird, Mitglieder ihrer Vertriebsorganisation dazu anzuhalten, eine entsprechende Belieferung der Klägerin zu unterlassen.

37

2. Mit Erfolg wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung nach dem Antrag 1 c in der Variante "Belieferung zum Zweck des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden, für den das Fahrzeug individualisiert und veredelt werden soll". Insoweit fehlt es an der für ein Unterlassungsgebot erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr.

38

a) Nach den für die Auslegung des Urteilstenors maßgeblichen Entscheidungsgründen des Berufungsurteils erfasst die Verurteilung nach diesem Teil des Antrags 1 c nur Bestellungen, bei denen die Klägerin aufgrund entsprechender Vollmacht in direkter Stellvertretung für einen Endkunden auftritt.

39

Die Revisionserwiderung macht zwar zutreffend geltend, dass dieser Klageantrag nach dem erst- und zweitinstanzlichen Vorbringen der Klägerin auch die Fälle der verdeckten Stellvertretung umfassen sollte, in denen die Klägerin Porsche-Fahrzeuge im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Kunden beziehen will. Eine Beschränkung dieses Unterlassungsgebots auf Fälle offener Stellvertretung hat die Klägerin nur hilfsweise als "Minus" begehrt. Das führt aber nicht dazu, dass der Verurteilung "zum Zwecke des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden" im Revisionsverfahren ein von den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils abweichender Inhalt beigemessen werden kann. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass die insoweit durch das Berufungsurteil beschwerte Klägerin ihr weitergehendes Interesse im Wege der Anschlussrevision weiterverfolgt hätte. Die Klägerin kann jedoch nicht im Rahmen der Revisionserwiderung im Wege einer Gegenrüge geltend machen, das Berufungsgericht habe bei seiner auf Fälle der direkten Stellvertretung beschränkten Auslegung das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt. Der Revisionsbeklagte kann mit einer Gegenrüge zwar dann, wenn ihm mangels Beschwer eine eigene Revisionsrüge verwehrt ist, bis zum Schluss der Verhandlung bestimmte, seinen Vortrag in den Tatsacheninstanzen zuwiderlaufende Feststellungen des Berufungsgerichts für den Fall bemängeln, dass das Revisionsgericht die Entscheidung des Berufungsgerichts mit der von diesem gegebenen Begründung für unrichtig hält (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - IX ZR 166/73, MDR 1976, 138). Im vorliegenden Fall fehlt es aber an der Voraussetzung, dass der mit der Gegenrüge verfolgte Verfahrensverstoß mangels Beschwer nicht zum Gegenstand einer Revision des Revisionsbeklagten hätte gemacht werden können.

40

Auch den Beklagten ist es verwehrt, mit der Revision geltend zu machen, das Berufungsgericht habe durch Beschränkung der Verurteilung auf Fälle der direkten Stellvertretung den Antrag der Klägerin zu eng ausgelegt. Denn dadurch sind die Beklagten nicht beschwert.

41

b) Für das den Beklagten mit dem Antrag 1 c, 3. Variante, untersagte Verhalten besteht keine Wiederholungsgefahr.

42

Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass die Beklagten oder ihre Vertragshändler jemals die Lieferung eines Porsche abgelehnt oder auch nur in Frage gestellt hätten, wenn die Klägerin das Fahrzeug im Wege der direkten Stellvertretung auf der Grundlage eines konkreten Auftrags und einer entsprechenden Vollmacht eines Endkunden bestellt hat.

43

Anders als die Revisionserwiderung ausführt, haben die Beklagten auch durch ihr Kündigungsschreiben vom 11. Juli 2007 keine Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer Ablehnung von Vermittlergeschäften in direkter Stellvertretung begründet. Das Kündigungsschreiben wurde mit dem Vorwurf des Schleichbezugs und der strafbaren Entwendung von Porsche-Teilen begründet, es verhält sich jedoch nicht zu Vermittlergeschäften der Klägerin als direkte Stellvertreterin von Endkunden.

44

c) Für das gemäß dem Antrag 1 c den Beklagten im Hinblick auf Endkundenaufträge verbotene Verhalten fehlt auch eine Erstbegehungsgefahr.

45

Die Beklagten haben ausdrücklich erklärt, eine Belieferung von Endkunden, die in "europarechtlich zulässiger Weise einen Vermittler eingeschaltet haben", jederzeit zu ermöglichen und dies zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt zu haben.

46

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die von den Beklagten verwendete Formulierung "in europarechtlich zulässiger Weise einen Vermittler eingeschaltet haben" nicht im Sinne einer Einschränkung der Möglichkeit zu Vermittlergeschäften in direkter Stellvertretung zu verstehen. Diese Formulierung war im Vortrag der Beklagten rückbezogen auf die in demselben Schriftsatz kurz zuvor erfolgte Wiedergabe eines Urteils des Gerichts der Europäischen Union, in dem ein Vermittlergeschäft entsprechend der Auslegung des Klageantrags durch das Berufungsgericht im Sinne einer direkten Stellvertretung beschrieben wird (vgl. EuG, Urteil vom 22. April 1993 - T 9/92, Slg. 1993, II-493 Rn. 48 - Peugeot).

47

3. Die Revision hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten wendet, die Klägerin mit neuen oder neuwertigen Porsche-Fahrzeugen für den eigenen Geschäftsbetrieb zu beliefern (Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme, eigener Fuhrpark).

48

a) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch damit begründet, dass die Beklagten im Anschluss an ihr Schreiben zur Beendigung der Geschäftsbeziehung vom 11. Juli 2007 die von ihr begehrte Belieferung mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen verweigerten oder verweigern ließen. In diesem Zusammenhang hat sie auch das - in dem bei Gericht eingereichten Auszug undatierte - Schreiben der Beklagten vorgelegt, mit dem im Anschluss an die Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin die Porsche-Vertriebs-organisation dazu aufgefordert wurde, jede Bestellung der Klägerin von Porsche-Teilen und erst recht von Porsche-Neufahrzeugen abzulehnen.

49

Der damit auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten nach dem zur Zeit seiner Begehung geltenden Recht verboten war. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht unzulässig sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015, 504 Rn. 8 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille mwN). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass sachliche Änderungen mit der Neugliederung des Verbots unbilliger Behinderung im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 GWB, zuvor § 20 Abs. 1 GWB aF) nicht verbunden waren (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 65/12, WuW/E DE-R 4139 Rn. 68 - Stromnetz Heiligenhafen). Die Vorschriften des § 21 Abs. 1 GWB und des § 4 Nr. 10 UWG, auf die sich die Klägerin ebenfalls berufen hat, sind seit dem Jahr 2007 nicht geändert worden. Die Prüfung erfolgt daher nachfolgend auf der Grundlage des geltenden Rechts.

50

b) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagten hinsichtlich der Belieferung mit Porsche-Neuwagen Normadressat des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB) sind.

51

aa) Die vom Berufungsgericht vorgenommene markenspezifische Abgrenzung des hier relevanten Produktmarkts auf einen Markt für den Bezug von Porsche-Originalfahrzeugen, auf dem die Beklagten marktbeherrschend seien, beruht allerdings nicht auf ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen.

52

Bei der Nachfrage von neuen oder neuwertigen Fahrzeugen zum Zwecke der Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme und zum Zweck der Verwendung im eigenen Geschäftsbetrieb stehen sich grundsätzlich Tuning-Unternehmen als Nachfrager und Fahrzeughersteller mit ihrer Vertriebsorganisation als Anbieter gegenüber. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob Tuning-Unternehmen regelmäßig markenspezifisch tätig werden, so dass auf dem ihrer Tätigkeit vorgelagerten relevanten Angebotsmarkt für Neufahrzeuge ebenfalls eine markenspezifische Abgrenzung geboten wäre. Fehlte es daran, so beruhte der Wunsch der Klägerin, Neufahrzeuge gerade der Marke Porsche zu beziehen, nicht auf Charakteristika der Tuning-Branche, sondern allein auf einer freiwillig selbst gewählten Spezialisierung auf Fahrzeuge dieser Marke. Die sachliche Marktabgrenzung kann indes grundsätzlich nicht allein mit dem autonomen Verhalten eines einzelnen Marktteilnehmers begründet werden.

53

bb) Die Klägerin ist jedoch von der Belieferung mit Neuwagen der Beklagten unternehmensbedingt abhängig, so dass über § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB die Anwendung von § 19 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 GWB eröffnet ist.

54

(1) Die Klägerin hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ihr gesamtes Geschäftsmodell ausschließlich auf die Individualisierung und Veredelung von Porsche-Fahrzeugen ausgerichtet und unter anderem bestimmte Teileprogramme allein für Porsche-Fahrzeuge entwickelt. Sie hat sich dafür über viele Jahre besonderes, markenspezifisches Know-how erworben. Aufgrund dieser Ausrichtung ihres Geschäftsmodells, die erheblich über eine bloße einseitige Spezialisierung im Vertrieb hinausgeht, ist ihr ein Ausweichen auf andere Anbieter, das heißt andere Automarken, nicht zumutbar. Eine solche autonome Bezugskonzentration kann den Tatbestand unternehmensbedingter Abhängigkeit erfüllen (vgl. Nothdurft in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aufl., § 20 GWB Rn. 51). Zwar hat der Senat eine unternehmensbedingte Abhängigkeit bisher in erster Linie bei Kraftfahrzeug-Vertragshändlern angenommen, also in Fällen, in denen sich die Ausrichtung des Geschäftsbetriebs auf die Marke eines Herstellers aus einer Vereinbarung zwischen dem Händler und dem Lieferanten ergab (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 28. Juni 2005 - KZR 26/04, WuW/E DE-R 1621, 1623 - qualitative Selektion, mwN). Das ist jedoch keine zwingende Voraussetzung unternehmensbedingter Abhängigkeit. Vielmehr ist der Umstand, dass eine solche Abhängigkeit ohne vertragliche Vereinbarung im Wege einer autonomen Bezugskonzentration selbst geschaffen wurde, im Rahmen der Interessenabwägung bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen (vgl. Nothdurft in Langen/Bunte aaO § 20 GWB Rn. 35).

55

(2) Die eine unternehmensbedingte Abhängigkeit begründende Art von Waren sind im vorliegenden Zusammenhang Porsche-Neufahrzeuge. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Nachfrage der Klägerin nach neuen Porsche-Fahrzeugen sei für die beabsichtigte Präsentation in Verkaufsräumen und auf Messen nicht durch junge Gebrauchtfahrzeuge substituierbar, ist nicht erfahrungswidrig. Es erscheint plausibel, dass die Kunden Wert darauf legen, die Tuning-Programme der Klägerin gerade an Neufahrzeugen präsentiert zu sehen. Die Klägerin wendet sich an einen speziellen Kundenkreis, der bereit ist, für ein individuell gestaltetes Fahrzeug einen sehr hohen Preis zu zahlen, und der daher auch besonders hohe Ansprüche an die Präsentation der Tuning-Programme der Klägerin an Ausstellungsfahrzeugen und Vorführwagen stellen wird. Die Klägerin muss sich auf diese Befindlichkeit ihrer Kundschaft bei ihrer Geschäftstätigkeit einstellen, auch wenn es sich dabei um eine eher emotional bedingte Präferenz der Kunden handelt.

56

c) Die Klägerin gehört zu den von § 20 Abs. 1 GWB geschützten kleinen und mittleren Unternehmen. In der Fallgruppe unternehmensbedingter Abhängigkeit kommt es maßgeblich auf die Größenverhältnisse aus vertikaler Sicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1993 - KVR 25/91, WuW/E BGH 2875, 2879 - Herstellerleasing). Danach ist das Größenverhältnis zwischen den insoweit eine unternehmerische Einheit bildenden Beklagten einerseits und der Klägerin andererseits zu betrachten. In diesem Verhältnis ist die Klägerin allenfalls ein "mittleres Unternehmen" im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB.

57

d) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Klägerin unbillig behindert wird, wenn sie von den Beklagten nicht mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche zur Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme oder zur Verwendung im eigenen Fuhrpark beliefert wird.

58

aa) Die fehlende Möglichkeit, neue oder neuwertige Fahrzeuge der Marke Porsche zu beziehen, um sie für die Präsentation der eigenen Umrüstungsprogramme oder im eigenen Fuhrpark zu nutzen, stellt eine Behinderung der Klägerin dar.

59

bb) Ob diese Behinderung unbillig ist, bestimmt sich aufgrund einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Ausgangspunkt dieser Abwägung ist bei vertriebsbezogenen Sachverhalten der aus der unternehmerischen Handlungsfreiheit abzuleitende Grundsatz, dass das Behinderungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB den Normadressaten grundsätzlich nicht daran hindert, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Die Freiheit des Normadressaten zur Gestaltung seines Absatzsystems besteht aber nur innerhalb der durch das Kartellrecht gezogenen Grenzen. Sie ist ausgeschlossen, wo sie missbraucht wird oder zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt, die mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar ist. Im Rahmen der Interessenabwägung sind an die Schutzwürdigkeit der von einem Normadressaten verfolgten Belange mit zunehmender Abhängigkeit der Marktgegenseite von seinem Angebot in gleichem Maße steigende Anforderungen zu stellen (vgl. zum Ganzen BGH, WuW/E DE-R 357, 359 - Feuerwehrgeräte; BGH, Urteil vom 31. Januar 2012 - KZR 65/10, WuW/E DE-R 3549 Rn 29 f. - Werbeanzeigen).

60

cc) Anders als das Berufungsgericht meint, kommt es für die Frage, ob die Beklagten gegenüber der Klägerin zu der in Rede stehenden Lieferverweigerung berechtigt sind, nicht auf die Voraussetzungen für die Freistellung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV und § 2 Abs. 1 GWB an. Die Lieferverweigerung erfolgt nicht auf der Grundlage einer Vereinbarung der Parteien. Vielmehr geht es um die Frage, ob ein einseitiges Verhalten der Beklagten missbräuchlich ist.

61

dd) Das Berufungsgericht hat aber im Ergebnis zu Recht angenommen, dass sich die Beklagten für ihre Weigerung, die Klägerin zu Präsentationszwecken sowie für den eigenen Fuhrpark mit Porsche-Neufahrzeugen zu beliefern, auf keine das Interesse der Klägerin an dieser Belieferung überwiegenden Interessen berufen können.

62

(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts standen die Parteien allerdings in keiner andauernden Geschäftsbeziehung, die erst nach einer Abmahnung durch die Klägerin hätte außerordentlich gekündigt werden können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die Klägerin nicht aufgrund eines Händler- oder Rahmenliefervertrags, sondern ausschließlich aufgrund von Einzelbestellungen durch Porsche-Zentren beliefert. Direktlieferungen der Beklagten an die Klägerin sind nicht festgestellt.

63

Soweit die Beklagten im Schreiben vom 11. Juli 2008 "jegliche Geschäftsbeziehung" zur Klägerin fristlos beendet haben, handelt es sich nicht um die Lieferung von Kraftfahrzeugen, sondern um den PIWIS-Lizenzvertrag und das Abonnement für die Online-Nutzung von technischen Serviceinformationen, den Zugriff auf den elektronischen Porsche-Teilekatalog sowie die Schulung von Mitarbeitern der Klägerin durch die Beklagten. Nur insoweit bestand eine Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien.

64

(2) Eine Pflicht, die Klägerin mit Porsche-Neufahrzeugen zu den hier in Rede stehenden Zwecken zu beliefern, beschränkt die Beklagten nur unwesentlich in ihrer Vertriebsgestaltungsfreiheit. Die Klägerin begehrt weder Aufnahme in das selektive Vertriebssystem der Beklagten, noch will sie als Außenseiter mit Porsche-Serienfahrzeugen in Wettbewerb zu der Beklagten zu 2 Handel treiben. Sie benötigt die fraglichen Neufahrzeuge vielmehr, um ihr Angebot zur Veredelung und Individualisierung ihren Kunden vorstellen zu können. Indem die Beklagten die Klägerin bei dieser Geschäftstätigkeit behindern, gebrauchen sie ihre Marktmacht als Anbieter von Porsche-Neufahrzeugen allein dazu, auf dem nachgelagerten Tuning-Markt ihre eigenen Angebote "Exclusive" und "Tequipment" zu fördern. Dabei wenden sich die Beklagten nicht gegen einen neu in den Markt eintretenden Wettbewerber, sondern gegen ein Unternehmen, das sich seit 1987 und damit schon vor den Beklagten den Tuning-Markt für Porsche-Fahrzeuge erschlossen hat, der dann - wie die vom Berufungsgericht für die Zeit "ab 1993" festgestellten Lieferungen von Tuning-Teilen der Klägerin an die Beklagten zeigen - zeitweise von den Parteien auch gemeinsam weiter erschlossen worden ist.

65

Es kommt hinzu, dass die Neuwagen der Beklagten für die von der Klägerin verfolgten und für einen erfolgreichen Betrieb ihres Geschäfts unentbehrlichen Präsentations- und Vorführzwecke nicht zu substituieren sind (vgl. oben Rn. 55). Unter diesen Umständen wohnt dem Verhalten der Beklagten die Tendenz inne, den ihrer Neuwagenproduktion nachgelagerten Tuning-Markt für sich zu monopolisieren, so dass die Absicht der Beklagten, damit den Absatz ihrer Waren nach ihren Vorstellungen zu organisieren, die Verweigerung der Lieferung von Neuwagen für die hier in Rede stehenden Zwecke allein nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. BGH, WuW/E DE-R 357, 359 - Feuerwehrgeräte).

66

(3) Auch der Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, einen Wettbewerber zum eigenen Schaden zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1991 - KZR 2/90, WuW/E BGH 2755, 2758 - Aktionsbeträge; Urteil vom 3. März 2009 - KZR 82/07, WuW/E DE-R 2708 Rn. 48 - Reisestellenkarte), kann die Lieferverweigerung der Beklagten bezüglich Neuwagen nicht rechtfertigen. Die Beklagten sind zwar nicht von vornherein daran gehindert, ihre eigenen Tuning-Angebote gegenüber denjenigen von Wettbewerbern besonders zu fördern. Dieses im Ausgangspunkt legitime Interesse findet seine Grenze indes jedenfalls dort, wo Wettbewerber daran gehindert werden, ihre eigene wertschöpfende Leistung angemessen am Markt präsentieren zu können.

67

So liegt der Fall hier. Die Klägerin erbringt eine erhebliche Wertschöpfung auf der Basis der Porsche-Serienfahrzeuge, die sie am Markt nur angemessen präsentieren kann, wenn sie dafür von den Beklagten neue und neuwertige Fahrzeuge zu Präsentations- und Vorführzwecken erhält.

68

(4) Aus dem "Motorenkomplex" und der Weiterbeschäftigung des daran beteiligten Entwicklungsleiters bei der Klägerin ergibt sich ebenfalls keine Berechtigung der Beklagten, die Belieferung der Klägerin mit neuen und neuwertigen Porsche-Fahrzeugen dauerhaft und damit auch jetzt noch zu verweigern.

69

Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, ist diesen Umständen zwar nicht von vornherein jede Relevanz zur Rechtfertigung einer Lieferverweigerung abzusprechen. Dafür kommt es weder darauf an, ob die Beklagten im Rahmen eines Schadensersatzprozesses eine angemessene Entschädigung erhalten könnten, noch kann dem Gesichtspunkt der Bewährung und Existenzsicherung eines Angestellten im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1, § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB maßgebliches Gewicht zukommen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1988 - KZR 20/86, WuW/E BGH 2491, 2495 - Opel-Blitz). Dem "Motorenkomplex" und der Weiterbeschäftigung des Entwicklungsleiters ist vielmehr bei der Interessenabwägung ein gewisses, mit zeitlichem Abstand zu diesen Vorfällen allerdings abnehmendes Gewicht beizumessen. Diese Umstände mögen den Beklagten noch Anlass geben, die Klägerin nicht in ihr Vertriebs- und Servicenetz aufzunehmen. Eine im Übrigen als unberechtigt anzusehende, unbefristete Verweigerung der Belieferung mit neuen oder neuwertigen Porsche-Fahrzeugen, die die Klägerin zur Präsentation ihres Tuning-Angebots benötigt und auf die die Beklagten für ihre eigenen, im Wettbewerb zur Klägerin stehenden Tuning-Programme ohne weiteres zurückgreifen können, lässt sich hierauf mehr als acht Jahre nach diesen Vorfällen aber nicht mehr stützen (vgl. BGH, WRP 1999, 1175, 1178 f. - Feuerwehrgeräte, insoweit nicht in WuW/E DE-R 357).

70

(5) Die weiteren, von den Beklagten behaupteten und vom Berufungsgericht als wahr unterstellten Rechtsverstöße der Klägerin (angebliche Patent- und Markenrechtsverletzungen, Vorwurf von Schleichbezügen) hat das Berufungsgericht zu Recht bei der Interessenabwägung nicht berücksichtigt.

71

(6) Demgegenüber hat das Berufungsgericht den Interessen der Klägerin an einer Belieferung mit Porsche Neufahrzeugen zu Präsentationszwecken sowie für den eigenen Fuhrpark im Ergebnis zu Recht erhebliches Gewicht beigemessen.

72

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin müsse über neue oder neuwertige Fahrzeuge verfügen, um etwa in ihren Verkaufsräumen und auf Messen die von ihr individualisierten und veredelten Serienfahrzeuge der Marke Porsche zu präsentieren. Erhalte die Klägerin die von den Beklagten neu eingeführten Modelle erst deutlich später als Endkunden, werde sie von den für ihren Absatz besonders wichtigen ersten Kaufimpulsen der Kundschaft nachhaltig ausgeschlossen. Zudem wendeten sich Klägerin wie Beklagte gleichermaßen an ein Kundensegment, das abgeschreckt werde, wenn in den Verkaufsräumen gebrauchte Fahrzeuge präsentiert würden.

73

Aus diesen zutreffenden Erwägungen folgt eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin, wenn sie nicht mit Neuwagen der Marke Porsche zum Zwecke der Präsentation und zur Nutzung im eigenen Fuhrpark beliefert wird. Diese Behinderung wird nicht dadurch beseitigt, dass die Klägerin unstreitig die Möglichkeit hat, an Endkunden ausgelieferte Porsche-Fahrzeuge nachträglich zu tunen oder aufgrund eines - gegebenenfalls schon vor Markt-einführung eines neuen Modells erteilten - Auftrags als Vermittler eines Neuwagenkaufs für einen Kunden aufzutreten, das Fahrzeug für diesen in einem Porsche-Zentrum abzuholen und es dem Endkunden erst nach erfolgtem Tuning zu übergeben. Eine unbillige Behinderung der Klägerin wegen Nichtbelieferung mit Porsche-Neuwagen zur Verwendung im eigenen Fuhrpark scheidet auch nicht aus, weil Vorführwagen grundsätzlich nur am ersten Tag ihres Betriebs unbenutzt sind, so dass ein Bestand an Vorführwagen regelmäßig überwiegend aus Fahrzeugen bestehen wird, die nicht mehr neu oder neuwertig sind, weshalb eine Kundenerwartung eher fernliegen könnte, dass Vorführwagen keinerlei Gebrauchsspuren aufweisen dürfen.

74

Es kommt ferner nicht entscheidend darauf an, ob der Klägerin bei Nichtbelieferung mit Porsche-Neuwagen zu den hier in Rede stehenden Zwecken der Marktzutritt auf dem Gebiet des Fahrzeug-Tunings praktisch verwehrt wird, wie es das Berufungsgericht angenommen hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine erhebliche Behinderung der Klägerin bei der Einwerbung neuer Tuning-Aufträge vorliegt, wenn sie ihr Angebot nicht stets auch an den aktuellen Porsche-Modellen präsentieren kann.

75

(7) Unter Berücksichtigung aller oben erörterten Umstände und der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes hält die Interessenabwägung des Berufungsgerichts zum Klageantrag 1 c im Ergebnis revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Es stellt eine unbillige Behinderung der Klägerin dar, wenn die Beklagten sie nicht mit Porsche-Neuwagen zum Zwecke der Präsentation ihrer Umrüstungsprogramme sowie zur Nutzung im eigenen Fuhrpark beliefern. Dem erheblichen Interesse der Klägerin an einer solchen Belieferung stehen allenfalls geringfügige berechtigte Interessen der Beklagten gegenüber, diese Belieferung zu verweigern, die die Behinderung der Klägerin im Wettbewerb nicht zu rechtfertigen vermögen.

76

e) Aufgrund der Verurteilung nach dem Antrag 1 c sind die Beklagten allerdings zu keiner Direktbelieferung der Klägerin mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche verpflichtet.

77

aa) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass es in der Vergangenheit zu Direktlieferungen der Beklagten an die Klägerin gekommen ist. Das Berufungsgericht hat vielmehr die ungenaue Formulierung verwendet, dass die Klägerin "von den Beklagten, welche ein selektives Vertriebssystem unterhalten, bzw. von deren Vertragshändlern, sogenannten Porsche-Zentren, Fahrzeuge und Fahrzeugteile entsprechend ihrem Geschäftszweck bezogen" habe.

78

Die Revisionserwiderung zeigt auch nicht auf, dass die Klägerin einen Fall einer Direktlieferung durch die Beklagten vorgetragen hat. Soweit sie auf die Lieferung von Neufahrzeugen und Fahrzeugteilen durch das Porsche-Zentrum Stuttgart verweist, handelt es sich zwar um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1. Gleichwohl ist dieses Unternehmen von den Beklagten rechtlich zu unterscheiden. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass andere Tuning-Unternehmen direkt bei den Beklagten beziehen können.

79

Die Beklagten machen geltend, dass die Lieferung von Porsche-Neuwagen und Original-Porsche-Teilen nur über ihre Vertriebsorganisation, also die Porsche-Zentren als Vertragshändler, erfolge. Sie haben sich darauf berufen, aufgrund der ihrem selektiven Vertriebssystem zugrundeliegenden Vertriebsverträge zu keinen Direktlieferungen an die Klägerin berechtigt zu sein.

80

Organisieren die Beklagten den Vertrieb von Porsche-Neufahrzeugen und Original-Porsche-Teilen in zulässiger Weise dergestalt, dass von ihnen allein ihre zugelassenen Vertragshändler direkt beliefert werden, so kann es keine unbillige Behinderung der Klägerin darstellen, wenn sie ebenfalls nicht direkt beliefert wird. Bei der Direktbelieferung handelt es sich dann schon nicht um einen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB aF.

81

bb) Diese Erwägungen führen indes nicht zu einer Abweisung des Klageantrags 1 c in der Alternative "die Belieferung … zu verweigern". Durch dieses Verbot wird gewährleistet, dass die Beklagten nicht durch eigene Handlungen die antragsgemäße Belieferung der Klägerin verhindern und sich insbesondere nicht weigern, die Porsche-Zentren mit den aufgrund entsprechender Bestellungen der Klägerin benötigten Fahrzeugen zu beliefern. Ein Anspruch auf Direktbelieferung gegen die Beklagten ergibt sich aus der Verurteilung nach dem Antrag 1 c nicht.

82

II. Belieferung mit Original-Porsche-Teilen

83

1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den Urteilstenor zu 1 a als hinreichend bestimmt angesehen und hierzu im Wesentlichen auf seine Ausführungen zum Urteilstenor zu 1 c verwiesen. Den Begriff der Original-Porsche-Teile (Original-Porsche-Ersatzteile, Original-Porsche-Austauschteile, Original-Porsche-Zubehör) hat das Berufungsgericht zutreffend als ausreichend klar angesehen. Es hat sich dafür auf den Sprachgebrauch der Parteien und die "Ergänzenden Leitlinien für vertikale Beschränkungen in Vereinbarungen über den Verkauf und die Instandsetzung von Kraftfahrzeugen und den Vertrieb von Kraftfahrzeugersatzteilen" (ABl. 2010, C 138/5, nachfolgend: Ergänzende Leitlinien Rn. 18), bezogen, wonach es sich um mit der Marke des Kraftfahrzeugherstellers versehene Original-Teile (OEM-Teile) handeln muss. Ebenso wenig bestehen Bedenken gegen die Verwendung des Begriffs "Individualisierung und Veredelung von Kraftfahrzeugen der Marke Porsche". Das Berufungsgericht hat dazu eine von den Beklagten in das Verfahren eingeführte Definition übernommen, wonach "Individualisierung" und " Veredelung" das Fahrzeug-Tuning meine, was bedeute, dass bei Serienfahrzeugen eines Kraftfahrzeugherstellers Veränderungen an Motor, Fahrwerk, Karosserie und/oder Innenraum vorgenommen werden.

84

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch den auf die Belieferung mit Original-Porsche-Teilen gerichteten Antrag zu 1 a für begründet erachtet, soweit er sich nicht auf eigene Tuning-Teile der Beklagten bezieht.

85

a) Dabei kann dahinstehen, inwieweit dem Berufungsgericht bei seinen Ausführungen zur Marktabgrenzung und zu einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten bei Ersatzteilen zugestimmt werden kann. Der Ersatzteilmarkt für Fahrzeuge einer bestimmten Marke umfasst grundsätzlich mit dem Markenzeichen des Kraftfahrzeugherstellers versehene Original-Teile (OEM-Teile), von Original-Teile-Anbietern (Zulieferern) hergestellte und vertriebene Original-Teile (OES-Teile) sowie von anderen Teileherstellern produzierte Teile, die den Original-Teilen qualitativ gleichwertig sind (Ident-After-Market-Teile, IAM, vgl. Kommission, Ergänzende Leitlinien Rn. 15). Ob davon aufgrund besonderer Verbraucherpräferenzen bei den an individualisierten und veredelten Porsche-Fahrzeugen interessierten Kunden eine Ausnahme zu machen und der relevante Markt auf OEM-Teile zu verengen ist, wie es das Berufungsgericht angenommen hat, muss vorliegend nicht entschieden werden.

86

b) Denn auf die Frage der Marktabgrenzung bei Ersatzteilen kommt es im Streitfall nicht an, weil die Klägerin jedenfalls hinsichtlich des Bezugs derjenigen Teile, die sie für ihren Geschäftsbetrieb benötigt und die nicht als OES- oder IAM-Teile verfügbar sind, von den Beklagten unternehmensbedingt abhängig ist. Die Beklagten sind daher auch insoweit Normadressaten des kartellrechtlichen Diskriminierungs- und Behinderungsverbots (§ 19 Abs. 2 Nr. 1, § 20 Abs. 1 GWB).

87

Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage einer von den Beklagten vorgelegten Ersatzteilliste von 138.270 Teilen oder jedenfalls einer Teilevielfalt annähernd diesen Ausmaßes ausgegangen, wobei nur in geringem Umfang möglicherweise gleichwertige Bezugsalternativen bestünden. Es kann dahinstehen, ob diese Beurteilung zutreffend ist. Die Klägerin hat im Hinblick auf entsprechenden Vortrag der Beklagten die allgemeine Verfügbarkeit der von ihr benötigten Teile als OES- und IAM-Teile in Abrede gestellt und dargelegt, dass sie lediglich Teile für ältere Baureihen und freigegebene Modelle, Verschleißteile wie Keilriemen, Batterien oder Scheibenwischer sowie eine begrenzte Anzahl von Teilen für das aktuelle Modell "911" von Dritten erhalten könne. Insbesondere beim Bezug von Karosserie-, Fahrwerks-, Motor- und Interieur-Teilen für die aktuellen Modelle, die für ihren Geschäftsbetrieb von besonderer Bedeutung seien, bestünden jedoch Einschränkungen. Diese Darlegungen werden durch die von den Beklagten vorgelegten Listen zur Verfügbarkeit von OES-Teilen und Teilen anderer Hersteller für Porsche-Fahrzeuge sowie durch den in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen und mit Beispielen unterlegen Vortrag, wonach über 90% der für Porsche-Fahrzeuge verwendeten Fahrzeugkomponenten von unabhängigen Teileherstellern stammten, nicht widerlegt. Denn die Beklagten haben nicht dargelegt, dass die Klägerin tatsächlich alle von ihr benötigten Teile anderweitig beziehen kann.

88

Der revisionsrechtlichen Prüfung ist danach jedenfalls zugrunde zu legen, dass eine für den Geschäftsbetrieb der Klägerin qualitativ nicht unwesentliche Menge von Ersatzteilen ausschließlich über die Beklagten und ihre Vertriebsorganisation bezogen werden kann. Im Hinblick auf diese Teile besteht eine unternehmensbedingte Abhängigkeit der Klägerin, so dass die Beklagten Normadressaten des kartellrechtlichen Diskriminierungs- und Behinderungsverbots sind.

89

c) Indem die Beklagten veranlassen, dass die Klägerin nicht mit Original-Porsche-Teilen beliefert wird, behindern sie die Klägerin im Wettbewerb.

90

d) Diese Behinderung ist unbillig, ohne dass zwischen anderweitig nicht erhältlichen (dazu aa)) und durch gleichwertige OES- oder IAM-Teile ersetzbaren (dazu bb) Teilen zu unterscheiden ist. Eine abweichende Beurteilung gilt allein für diejenigen Teile, die von den Beklagten ausschließlich für eigene Tuning-Programme verwendet werden (dazu cc)).

91

aa) Ist ein Teil nur als Original-Porsche-Teil verfügbar, führt die von den Beklagten veranlasste Nichtbelieferung der Klägerin dazu, dass sie als Anbieter von Tuning-Leistungen vom Markt verdrängt oder jedenfalls in der Gestaltung ihres Angebots dahingehend beschränkt wird, dass sie keine Tuning-Maßnahmen mehr anbieten kann, für die sie solche Original-Porsche-Teile benötigt.

92

(1) Die damit verbundene Verdrängung oder nachhaltige Beeinträchtigung der Klägerin im Wettbewerb mit den ebenfalls Tuning-Maßnahmen anbietenden Beklagten ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unbillig. Dabei kann zunächst weitgehend auf die Interessenabwägung zum Antrag 1 c Bezug genommen werden (vgl. o. Rn. 62-74).

93

(2) Für den Ersatzteilbereich bestehen keine Besonderheiten, die für den Antrag 1 a zu einem grundsätzlich anderen Ergebnis der Interessenabwägung führen könnten als für den Antrag 1 c.

94

Art. 4 Buchst. b Nr. iv Vertikal-GVO lässt zwar ausdrücklich zu, dass der Abnehmer in einer Vertikalvereinbarung darin beschränkt werden darf, Teile, die zur Weiterverwendung geliefert werden, an Kunden zu verkaufen, die diese Teile für die Herstellung derselben Art von Waren verwenden würden, wie sie der Anbieter herstellt. Diese Bestimmung ermöglicht es, den Verkauf der gelieferten Teile an Wettbewerber des Anbieters auszuschließen. Sie gilt aber nur, wenn es sich um eine Lieferung von Teilen zur Weiterverwendung handelt. Davon wird der unveränderte Weiterverkauf der gelieferten Teile und damit der Ersatzteilhandel nicht erfasst. Eine Lieferung zur Weiterverwendung erfolgt vielmehr nur, wenn die Vertragsware eine Vorleistung für vom Abnehmer hergestellte Waren darstellt (vgl. Vertikal-Leitlinien Rn. 55; Ellger in Immenga/Mestmäcker, EU Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 4 Vertikal-GVO Rn. 85; Nolte in Langen/Bunte, EU Kartellrecht, 12. Aufl., nach Art. 101 AEUV Fallgruppen Rn. 507). Damit wird der Schutz des Zulieferers in industriellen Zulieferverträgen bezweckt. Zugleich wird die Wertschöpfung durch Weiterverarbeitung gefördert, indem Zulieferverträge erleichtert werden. Denn ohne die Bestimmung des Art. 4 Buchst. b Nr. iv Vertikal-GVO könnten Anbieter, die zugleich selbst Weiterverarbeiter sind, davon abgehalten werden, ihre Vorprodukte an andere Weiterverarbeiter zu liefern, weil sie befürchten müssten, dass die Vorprodukte von diesen unkontrolliert an weitere Konkurrenten verkauft werden.

95

Soweit Art. 4 Buchst. b Nr. iv Vertikal-GVO nicht unmittelbar anwendbar ist, ist dieser Vorschrift auch keine Wertung zu entnehmen, aus der sich eine Rechtfertigung für die Verweigerung der Ersatzteillieferung durch die Beklagten ergeben könnte. Im Streitfall ist es die Klägerin, die Original-Porsche-Teile zum Zweck einer Wertschöpfung nachfragt. Das ist deutlich, soweit sie die Teile zum Zweck der Veredelung und Individualisierung von Porsche-Serienfahrzeugen oder zur Instandsetzung oder Wartung durch sie veredelter oder individualisierter Fahrzeuge beziehen will. Aber auch soweit die Klägerin eine Belieferung mit Teilen zur Instandsetzung und Wartung von Porsche-Serienfahrzeugen begehrt, gilt nichts anderes. Hier ist es ebenfalls die Klägerin, die die Teile nicht unverändert weiterverkauft, sondern sie wertschöpfend einbaut oder für eine Wartungs- oder Reparaturdienstleistung verbraucht. Dagegen verkaufen die Porsche-Zentren die hier in Rede stehenden Teile unverändert weiter, so dass insoweit nur ihre Funktion als Teilehändler betroffen ist. Die Verkaufsbeschränkung zulasten der Klägerin ist damit nicht zum Schutz der Porsche-Zentren erforderlich, die bestimmungsgemäß ohnehin auch unabhängige Werkstätten mit diesen Teilen beliefern.

96

bb) Die Klägerin kann aber nicht nur verlangen, dass die Ausführung ihrer Bestellungen bei Porsche-Zentren nicht von den Beklagten verhindert wird, soweit es sich um Porsche-Original-Teile handelt, die nicht als OES- oder IAM-Teile verfügbar sind. Entsprechend dem Antrag zu 1 a steht der Klägerin dieser Anspruch vielmehr im Hinblick auf alle Original-Porsche-Teile zu, die die Beklagten vertreiben. Die Behinderung der Klägerin beim Ersatzteilbezug durch die Beklagten ist grundsätzlich in Bezug auf alle Original-Porsche-Teile unbillig.

97

Bei der insoweit maßgeblichen Interessenabwägung ist auf Seiten der Klägerin zunächst zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit zur Bestellung von Original-Porsche-Teilen für sie die naheliegende, bequeme und nicht substituierbare Möglichkeit zum Bezug eines vollständigen Sortiments von solchen Ersatzteilen darstellt, die den von ihren Kunden an die Arbeit der Klägerin gestellten Qualitätsanspruch ohne weiteres erfüllen können. Zwar ist es für ein nicht dem Vertriebs- oder Servicenetz eines Fahrzeugherstellers angehörendes Unternehmen nicht schon deshalb unzumutbar, Kfz-Ersatzteile und -Zubehör bei Dritten zu beziehen, weil es dafür schlechtere Preise zahlen oder längere Lieferfristen in Kauf nehmen muss als bei einem Direktbezug vom Hersteller (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2011 - KZR 6/09, BGHZ 189, 94 Rn. 33 - MAN-Vertragswerkstatt). Im Streitfall müsste die Klägerin aber darüber hinaus für jedes einzelne Teil eine fehlende anderweitige Bezugsmöglichkeit außerhalb der Vertriebsorganisation der Beklagten darlegen. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Teile und Lieferanten ein anerkennenswertes Interesse daran hat, dies zu vermeiden. Andernfalls wäre die Klägerin bei ihrer Einkaufstätigkeit zu einem unverhältnismäßigen Rechercheaufwand und in der Folge zu einer unwirtschaftlichen Vervielfachung ihrer Bezugsquellen gezwungen. Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin in ihr geeignet erscheinenden Fällen OES- und IAM-Produkte einkauft, wie es das Berufungsgericht dem Vortrag der Beklagten entnommen hat.

98

Demgegenüber sind keine überwiegenden anerkennenswerten Interessen der Beklagten erkennbar, eine Belieferung der Klägerin mit dem Gesamtsortiment an Porsche-Original-Teilen zu verhindern. Gegenüber der Behinderung der Klägerin als Wettbewerber beim Tuning von Porsche-Fahrzeugen können sich die Beklagten wie vorstehend Rn. 64, 66 bereits ausgeführt mit Erfolg weder auf ihre Vertriebsgestaltungsfreiheit noch auf den Grundsatz berufen, dass niemand fremden Wettbewerb fördern muss.

99

Der Belieferungsanspruch der Klägerin ist deshalb nicht auf anderweitig nicht erhältliche Teile beschränkt.

100

cc) Eine abweichende Beurteilung ist allerdings für solche Zubehörteile geboten, die von den Beklagten ausschließlich für ihre eigenen Tuning-Programme bestimmt sind und auch nur dafür verwendet werden.

101

Beim Angebot von Tuning-Teilen stehen sich die Parteien als Wettbewerber gegenüber. Dabei werden die Teile des Tequipment-Programms von den Beklagten an die Porsche-Zentren geliefert, die im Kundenauftrag die Veredelung und Individualisierung durchführen. Diese Tuning-Teile werden also von den Beklagten an die Porsche-Zentren zu einer wertschöpfenden Weiterverwendung und von vornherein nicht zum unveränderten Weiterverkauf geliefert. Nach Art. 4 Buchst. b Nr. iv Vertikal-GVO können die Beklagten daher den Porsche-Zentren untersagen, die Klägerin mit diesen Teilen zu beliefern, soweit die Klägerin eine Verwendung für eigene Tuning-Maßnahmen bezweckt.

102

Diese Regelung ist auch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zu beachten. In Verbindung mit dem Grundsatz, dass niemand zur Förderung fremden Wettbewerbs verpflichtet ist, führt sie hinsichtlich der Belieferung der Klägerin mit Tuning-Teilen der Beklagten zur Abweisung der Klage. Die Klägerin ist auch nicht auf den Bezug der Tuning-Teile der Beklagten für ihr Tuning-Geschäft angewiesen, weil sie ihre Tuning-Teile selbst entwickeln kann. Könnte sie auf die Tuning-Teile der Beklagten als Vorprodukte für ihre eigenen Tuning-Teile zurückgreifen, erhielte die Klägerin im Tuning-Geschäft einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber den Beklagten.

103

Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, Tequipment-Teile der Beklagten zu benötigen, um von den Beklagten mit deren Tuningkomponenten umgerüstete Fahrzeuge zu reparieren, wird dieses Begehren vom Antrag zu 1 a nicht umfasst. Dieser Unterlassungsantrag bezieht sich allein auf die Belieferung zum Zweck des Tunings durch die Klägerin, zum Zweck der Instandsetzung und Wartung der von ihr modifizierten Fahrzeuge sowie zur Instandsetzung und Wartung von Porsche-Serienfahrzeugen. Von den Porsche-Zentren nachträglich umgerüstete Fahrzeuge sind keine Porsche-Serienfahrzeuge mehr.

104

III. Zugang zum Diagnose- und Informationssystem PIWIS

105

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten bestätigt hat, der Klägerin Zugang zum Diagnose- und Informationssystem PIWIS zu den jeweils geltenden Konditionen für unabhängige Werkstätten zu gewähren.

106

1. Das Berufungsgericht hat den Zugang zum PIWIS für die Geschäftstätigkeit der Klägerin als unverzichtbar angesehen. Es hat dazu auf die Ergänzenden Leitlinien (Rn. 62 ff.) verwiesen, in denen die Bedeutung des Zugangs unabhängiger Marktteilnehmer zu technischen Informationen des Herstellers hervorgehoben wird. Im Übrigen hat es auf seine Ausführungen zur Neuwagen- und Ersatzteilbelieferung Bezug genommen.

107

2. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

108

a) Hinsichtlich der Gestattung des Zugangs zum PIWIS sind die Beklagten marktbeherrschend. Niemand außer ihnen kann diesen Zugang gewähren. Es gibt dafür auch keine Substitutionsprodukte.

109

b) Soweit die Klägerin PIWIS zur Wartung und Instandsetzung von Porsche-Serienfahrzeugen nutzen will, stellt sich die Verweigerung dieses Zugangs ohne weiteres als unbillige Behinderung dar. Aber auch soweit die Klägerin PIWIS im Rahmen von Tuning-Maßnahmen nutzen möchte, gilt nichts anderes. Die technischen Eingriffe, die von der Klägerin an Porsche-Serienfahrzeugen im Rahmen des Tunings vorgenommen werden, erfordern zwangsläufig Neueinstellungen und Überprüfungen, für die eine Nutzung von PIWIS unverzichtbar ist. Mit einer Verweigerung des Zugangs zu PIWIS würden die Beklagten daher die Klägerin als unabhängiges Tuning-Unternehmen vom Markt verdrängen und dadurch den Absatz ihrer eigenen Tuning-Programme fördern. Dies ist weder mit der Freiheit zur Vertriebsgestaltung noch im Hinblick auf den Grundsatz, dass niemand zur Förderung des Wettbewerbs eines Konkurrenten verpflichtet ist, zu rechtfertigen. Ein solches Verhalten stellt vielmehr den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht die steigende Bedeutung elektronischer Diagnosen bei Arbeiten an Kraftfahrzeugen hervorgehoben.

110

c) Daran ändert auch nichts, dass nach dem "Kauf- und Lizenzvertrag PIWIS für unabhängige Werkstätten" zwischen den Parteien vom 16. August 2004 Systemeingriffe im Zuge von Tuning-Maßnahmen ausgeschlossen waren, infolge der Verpflichtung der Beklagten, Zugang zu PIWIS zu gewähren, solche Systemeingriffe durch die Klägerin aber weiter erfolgen werden. Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, dass Veränderungen am Fahrzeug im Zuge der Individualisierung und Veredelung korrespondierende Veränderungen in der dem Basismodell mitgegebenen Software unumgänglich erfordern und dass gerade das Belassen einer Software-Auslegung auf Standardeinstellung Risiken für das Fahrzeug schafft. Durch den mit den Beklagten abzuschließenden Lizenzvertrag darf die Klägerin deshalb nicht an solchen Software-Veränderungen gehindert werden, die für ihre Tuning-Maßnahmen erforderlich sind.

111

d) Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen dazu getroffen, dass über PIWIS vorgenommene Neueinstellungen bei getunten Porsche-Fahrzeugen zu Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit geführt hätten. Entsprechende Risiken haben die Beklagten lediglich pauschal behauptet.

112

IV. Rundschreiben an die Porsche-Vertriebsorganisation (Antrag 2 a)

113

Auch die gegen die Verurteilung nach dem Antrag 2 a gerichtete Revision der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

114

1. Mit dem Antrag zu 2 a soll den Beklagten verboten werden, die Porsche-Vertriebsorganisation dazu zu veranlassen, die Klägerin nicht mehr mit Original-Porsche-Teilen und/oder mit neuen oder neuwertigen Fahrzeugen der Marke Porsche zu den im Klagantrag 1 a und 1 c genannten Zwecken und zu den jeweils gültigen Preisen und Konditionen zu beliefern, insbesondere wenn dies geschieht wie mit dem als Anlage zum Klageantrag beigefügten Rundschreiben der Beklagten zu 2.

115

2. Der Antrag 2 a erfasst damit dieselben Verhaltensweisen, die in der Alternative "verweigern zu lassen" auch bereits in den Anträgen zu 1 a und c beschrieben sind, wobei die beanstandete Verletzungsform lediglich durch den Verweis auf das Rundschreiben der Beklagten konkretisiert, jedoch nicht darauf beschränkt wird. Zwischen "verweigern zu lassen" (Antrag zu 1 a und c) und "zu veranlassen" (Antrag zu 2 a) ist kein rechtserheblicher Unterschied zu erkennen. Das Berufungsgericht nimmt zwar an, mit der Wendung "verweigern zu lassen" könnten auch andere Einwirkungsmöglichkeiten der Beklagten auf eine Nichtbelieferung der Klägerin erfasst werden. Das Berufungsgericht hat aber nicht ausgeführt, um welche Einwirkungsmöglichkeiten es sich dabei handeln soll. Auf von der Klägerin gehaltenen Vortrag hat es dazu nicht verwiesen. Solche Einwirkungsmöglichkeiten sind auch nicht ersichtlich. Jedes "verweigern lassen" stellt zugleich notwendig ein "veranlassen" dar.

116

Daran ändert die Erwägung der Revisionserwiderung nichts, das mit dem Antrag 2 a angegriffene Rundschreiben sei auch als unzulässiger Boykottaufruf und unlautere Wettbewerberbehinderung nach § 4 Nr. 11 UWG einzuordnen. Denn dadurch wird im Streitfall kein zusätzlicher Streitgegenstand eingeführt, dies umso weniger, als die Klägerin die Anträge 1 a und c ebenfalls auch auf Boykott und Wettbewerberbehinderung gestützt hat.

117

3. Gleichwohl ist der Antrag zu 2 a nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis abzuweisen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass der Antrag zu 2 a lediglich als Beispiel für von den Anträgen zu 1 a und c erfasste Verletzungshandlungen in der Variante "verweigern zu lassen" zu verstehen ist. Eine darüber hinausgehende Bedeutung soll diesem Antrag nicht zukommen.

118

4. Mit diesem Inhalt hat die Verurteilung nach dem Antrag zu 2 a Bestand. Das von dem Antrag 2 a erfasste Handeln der Beklagten ist als Teilmenge im Verbotsumfang der begründeten Anträge zu 1 a und c enthalten und daher ebenso verboten.

119

V. Feststellung der Schadensersatzpflicht

120

Die vom Berufungsgericht im Grundsatz zu Recht bestätigte Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ist im Umfang lediglich im Hinblick auf den Erfolg der Revision zum Klageantrag 1 a hinsichtlich der eigenen Tuning-Teile der Beklagten und zum Klageantrag 1 c in der Variante "zum Zwecke des Erwerbs im konkreten Auftrag eines Kunden" (vgl. o. Rn. 100 ff. und Rn. 37 ff.) zu beschränken.

121

VI. Abmahnkosten

122

Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 9.012,-- € Abmahnkosten zuzüglich Zinsen wendet.

123

Mit Anwaltsschreiben vom 13. Juli 2007 hat die Klägerin die Beklagten wegen des Schreibens zur Beendigung der Geschäftsbeziehung vom 11. Juli 2007 abmahnen und unter Fristsetzung zur Unterlassung auffordern lassen. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich die Abmahnung allein auf die Forderungen nach Belieferung mit Original-Porsche-Teilen (Antrag 1 a) und Zugang zum PIWIS (Antrag 1 b) bezog. Eine Belieferung mit Tuning-Teilen der Beklagten war nicht erkennbar Gegenstand der Abmahnung. Damit war die Abmahnung insgesamt berechtigt.

124

Das Berufungsgericht hat den Gegenstandswert der Abmahnung mit 1 Mio. € bewertet und im Hinblick auf die Komplexität der Angelegenheit eine Geschäftsgebühr von 2,0 für angemessen erachtet. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

125

Der Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten erweist sich somit in Höhe einer zweifachen Gebühr aus 1 Mio. € (Gegenstandswert der Abmahnung) auf Grundlage der am 13. Juli 2007 geltenden Gebührentabelle (Anlage 2 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) als begründet, mithin also in Höhe von 8.992 € zuzüglich der Kostenpauschale von 20 € gemäß Nr. 7002 VV RVG. Daraus ergibt sich der vom Berufungsgericht zugesprochene Betrag von 9.012 €.

126

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Limperg                    Meier-Beck                          Kirchhoff

                 Bacher                           Deichfuß

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.