Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2015 - V ZR 216/13

bei uns veröffentlicht am27.03.2015
vorgehend
Landgericht Berlin, 28 O 338/11, 31.05.2012
Kammergericht, 11 U 22/12, 19.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 216/13
Verkündet am:
27. März 2015
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) An einer Grenzanlage im Sinne der §§ 921, 922 BGB besteht kein hälftiges Miteigentum
, sondern entlang der Grundstücksgrenze lotrecht gespaltenes (Allein
)Eigentum der Nachbarn.

b) Gebäude im Sinne des § 912 BGB sind auch andere größere Bauwerke (z.B.
Ufermauern an Bundeswasserstraßen), deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss
eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher
Werte bedeutete.
WasserStrÜbergangVtr § 1 Nr. 1
Das Eigentum des Bundes an einer ehemaligen Reichswasserstraße umfasst auch
eine Ufermauer, wenn diese am 1. April 1921 den Zwecken und der Verwaltung der
Wasserstraße gewidmet war und für deren Zwecke dauernd erforderlich ist.
BGH, Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 216/13 - Kammergericht
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die
Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Roth, die Richterin
Dr. Brückner und den Richter Dr. Göbel

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. Juli 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Klägerin, eine Immobiliengesellschaft des Landes Berlin, gehört ein Ufergrundstück an der Spree im früheren Ostteil von Berlin. Die Spree ist eine Binnenwasserstraße, die als Bundeswasserstraße im Eigentum der beklagten Bundesrepublik Deutschland (fortan: Beklagte) steht. Sie verläuft vor dem Grundstück der Klägerin entlang einer Ufermauer, die zwischen 1907 und 1910 durch den Magistrat der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin, der das Grundstück damals gehörte, errichtet wurde. Nach den Ergebnissen einer Grenzvermessung befindet sich die Krone der Ufermauer auf dem Ufergrundstück der Klägerin. Das Fundament der Mauer setzt in ihrem sichtbaren Teil auf einer unter dem Wasserspiegel befindlichen schrägen Spundwand auf, die ihrerseits schräg in das Gewässerbett der Spree eingebracht ist und dort gründet.
Die Parteien streiten wegen der damit verbundenen Unterhaltungs- und Sanierungskosten um das Eigentum an dieser Ufermauer. Die Klägerin hält sie für Bundeseigentum, die Beklagte meint hingegen, die Ufermauer gehöre der Klägerin.
2
Das Landgericht hat die auf Feststellung des Alleineigentums der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht der Klage - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - aus einem im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag stattgegeben und hälftiges Miteigentum der Parteien an der Mauer festgestellt.
3
Mit ihren von dem Senat zugelassenen Revisionen möchten beide Parteien die Feststellung des Alleineigentums der jeweils anderen Partei an der Ufermauer erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, die Ufermauer sei eine Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB und stehe als solche im hälftigen Miteigentum der Parteien. Eine Einordnung als Scheinbestandteil im Eigentum der Klägerin scheitere daran, dass sie nicht zum nur vorübergehenden Verbleib auf dem Gewässerbett der Spree bestimmt gewesen sei. Die Mauer sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Überbaus als wesentlicher Bestandteil insgesamt entweder dem der Beklagten gehörenden Gewässerbett der Spree oder dem Ufergrundstück der Klägerin zuzurechnen. Die Annahme eines Überbaus zu Lasten des Ufergrundstücks scheitere daran, dass die Mauer von der damaligen Eigentümerin des Ufergrundstücks errichtet worden sei. Einem Überbau zu Lasten des Gewässergrundstücks der Beklagten stehe entgegen, dass die Mauer als eine Art „umgekehrter Überbau“ nicht von dem Ufergrundstück auf das Gewässer- bett der Spree, sondern von diesem aus auf das Ufergrundstück gebaut worden sei. Außerdem seien Mauern begrifflich nicht als Gebäude im Sinne des § 912 BGB anzusehen. Die Mauer stehe auch nicht auf Grundlage des Bundeswasserstraßengesetzes oder anderer öffentlich-rechtlicher Regelungen im Alleineigentum der Beklagten. Hierbei könne es auf sich beruhen, ob das Ufergrundstück einschließlich der Mauer Zubehör der Spree im öffentlich-rechtlichen Sinne sei. Die Zubehöreigenschaft führe nicht ohne Weiteres zu einer Enteignung des bisherigen Berechtigten zu Gunsten der Beklagten.

II.

5
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung in den entscheidenden Punkten nicht stand.
6
Zur Revision der Beklagten:
7
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Annahme des Berufungsgerichts , die Ufermauer stehe in hälftigem Miteigentum der Parteien, weil sie eine Grenzanlage sei, ist rechtsfehlerhaft. Eine Grenzanlage steht nicht im Miteigentum , sondern im entlang der Grenze lotrecht geteilten (Allein-)Eigentum der Grundstücksnachbarn.
8
1. Nach nahezu einhelliger Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung besteht an einer Grenzanlage vertikal gespaltenes Eigentum entsprechend dem Verlauf der Grundstücksgrenze (vgl. RGZ 162, 209, 212; OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 190, 191 f. und NJW-RR 1991, 656, 657 mwN; LG Gießen, NJWRR 1995, 77; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 3. Aufl., § 921 Rn. 10; Erman/A. Lorenz, BGB, 14. Aufl., § 921 Rn. 4; Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 921 Rn. 4; PWW/Lemke, BGB, 9. Aufl., § 921 Rn. 9; MüKoBGB/Säcker, 6. Aufl., § 921 Rn. 5; Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 921 Rn. 8; Staudinger/Roth,BGB [2009], § 921 Rn. 17; aA Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 7 S. 15 ff.). Der Senat hat die Frage bislang nicht allgemein entschieden (Urteile vom 25. Mai 1984 - V ZR 19/82, BGHZ 91, 282, 287 und vom 15. Oktober 1999 - V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 4), ist dem aber für den ungefällten Grenzbaum im Sinne von § 923 BGB (Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 33/04, BGHZ 160, 18, 21 f.) und - bei einem unentschuldigten Überbau - für die Kommunmauer vor dem Anbau durch den Nachbarn gefolgt (Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 25 f.).
9
2. Für eine Ufermauer zwischen dem Ufergrundstück und dem Gewässer gilt nichts anderes.
10
a) Die Befugnis zur gemeinsamen Benutzung und die Verpflichtungzur gemeinsamen Unterhaltung einer Grenzeinrichtung nach den §§ 921, 922 BGB besagen über die Eigentumsverhältnisse nichts. Der Gesetzgeber ist bei Schaffung der genannten Vorschriften davon ausgegangen, dass die Eigentumsverhältnisse an Grenzeinrichtungen oft nicht eindeutig und nicht einfach festzustellen sind. Er hat im Interesse einer praxisnahen Lösung gerade nicht den Versuch unternommen, die Eigentumsverhältnisse zu klären, sondern sich dafür entschieden, die praktisch wichtigen Fragen der Benutzung, der Unterhaltung und einer möglichen Entfernung der Grenzeinrichtung unabhängig von der Eigentumslage und möglichem Streit hierüber zu regeln (vgl. Motive III S. 274f. und Senat, Urteil vom 15. Oktober 1999 – V ZR 77/99, BGHZ 143, 1, 4). Damit bleiben für das Eigentum an einer Grenzanlage die Regelungen in § 946, § 94 Abs. 1 und § 905 Satz 1 BGB maßgebend, aus denen sich der Grundsatz der vertikalen („lotrechten“) Teilung ergibt. Dies hat zur Folge, dass jedem Grund- stückseigentümer derjenige Teil der Grenzeinrichtung gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 33/04, BGHZ 160, 18, 21 f. - Grenzbaum).
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b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus dem Vergleich zu einer Kommunmauer nichts anderes. Richtig ist zwar, dass an einer solchen Mauer hälftiges Miteigentum beider Grundstückseigentümer bestehen kann (Senat, Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 26). Hälftiges Miteigentum entsteht an einer Kommunmauer aber nur, wenn ein Anbau tatsächlich erfolgt (Senat, Urteile vom 30. April 1958 - V ZR 178/56, BGHZ 27, 197, 199, vom 2. Februar 1965 - V ZR 247/62, BGHZ 43, 127, 129 und 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 26). Denn erst dadurch wird die Mauer zum wesentlichen Bestandteil zweier Gebäude. Diese Besonderheit bei der Kommunmauer ist der Grund dafür, dass an ihr mit dem Anbau hälftiges Miteigentum entsteht. Zu einem solchen Anbau kann es bei einer Ufermauer, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen wie Hafen- oder Schleusenanlagen abgesehen, nicht kommen. Darum kann die Ufermauer an einer Wasserstraße des Bundes weder als Kommunmauer angesehen noch einer solchen gleich gestellt werden.
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Zur Revision der Klägerin:
13
Auch die Revision der Klägerin ist begründet. Nach den bisherigen Feststellungen lässt sich Alleineigentum der Beklagten an der Ufermauer nicht ausschließen. Diese kann, was das Berufungsgericht übersehen hat, nach den öffentlich -rechtlichen Bestimmungen über die Entstehung und die Zuordnung des Eigentums an Bundeswasserstraßen im früheren Ostteil von Berlin mit dem Eigentum an der Spree auch das Eigentum an der Mauer als deren Zubehör erworben haben.
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1. Die Beklagte hat das Eigentum an dem Teilstück der Spree, an dem das Grundstück der Klägerin liegt, mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 kraft Gesetzes erworben. An diesem Tag ist im früheren Ostteil von Berlin nach Art. 8 EinigungsV unter anderem § 1 WaStrVermRG in Kraft getreten, nach dessen Satz 1 die bisherigen Reichswasserstraßen als Bundeswasserstraßen Eigentum des Bundes sind. Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen als die spezielleren Regelungen den allgemeinen Regelungen über die Zuordnung ehemaligen Volkseigentums vor. Die Zuordnungsvorschriften setzen zwar voraus, dass in der DDR Volkseigentum an den zugeordneten Vermögenswerten entstanden ist und schaffen es nicht (Senat, Urteile vom 11. Juli 1997 - V ZR 313/95, BGHZ 136, 228, 231 und vom 7. Dezember 2012 - V ZR 180/11, NJW 2013, 1236 Rn. 26). An der Spree war aber Volkseigentum entstanden, weil sie mit dem 1. April 1921 Reichseigentum geworden war. Das ergibt sich aus § 1 Nr. 1 und der Anlage A des Staatsvertrags betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Reich (fortan Staatsvertrag oder WasserStrÜbergangVtr ), wonach die Spree zur Reichswasserstraße und als solche Eigentum des Reichs wird. Diese Regelung ist durch Absatz 1 des Ratifikationsgesetzes vom 29. Juli 1921 (RGBl. S. 961) mit Wirkung vom 1. April 1921 als (Reichs-)Gesetz in Kraft gesetzt worden. In der Anlage A des Staatsvertrags ist die Spree in dem hier relevanten Abschnitt als auf das Reich zu übertragende Wasserstraße genannt. Daran knüpft § 1 Satz 4 WaStrVermRG für die Zuordnung der Spree als Bundesvermögen an.
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2. Mit dem Eigentum an der Spree kann die Beklagte auch das Eigentum an der Ufermauer erlangt haben.
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a) Der Übergang des Eigentums an einer Wasserstraße nach Art. 8 EinigungsV umfasste gemäß § 1 Satz 4 WaStrVermRG mit § 1 Nr. 1 Satz 2 WasserStrÜbergangVtr alle Bestandteile und das gesamte für die Verwaltung erforderliche Zubehör, insbesondere an Grundstücken. Den Eigentumserwerb hinderte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, dass sich die Ufermauer nach den bisherigen Feststellungen zu einem erheblichen, wenn nicht überwiegenden Teil auf einem Grundstück befindet, das bei Wirksamwerden der Übertragung der Wasserstraße auf das Reich am 1. April 1921 nicht dem an dem Staatsvertrag beteiligten Freistaat Preußen, sondern der Stadt Berlin gehörte. Der in dem Staatsvertrag vereinbarte Eigentumsübergang trat nämlich auch ein, wenn den Ländern (Privat-)Eigentum an den übertragenen Binnenwasserstraßen und ihrem Zubehör nicht zustand. Das betraf nicht nur den Fall, dass an den Binnenwasserstraßen kein bürgerlich-rechtliches, sondern öffentlich -rechtliches Eigentum (BGH, Urteil vom 28. Mai 1976 - III ZR 186/72, BGHZ 67, 152, 155) oder nur ein staatliches Zugriffsrecht (Senat , Urteil vom 25. Juni 1958 - V ZR 275/56, BGHZ 28, 34, 37 und BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - III ZR 266/87, BGHZ 108, 110, 112) bestand. Das Reich und damit die Beklagte erwarb solche Wasserstraßen mitsamt ihrem Zubehör nach § 1 Nr. 1 Abs. 2 und § 2 Buchstabe c WasserStrÜbergangVtr auch, wenn sie im privaten Eigentum unbeteiligter Dritter standen (Senat, Urteil vom 26. Februar 1958 - V ZR 123/56, BGHZ 26, 384, 385 f.; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz , 6. Aufl., Einl. Rn. 19 aE). Etwaiges Privateigentum Dritter musste zugunsten des verfassungsrechtlich begründeten Eigentums des Reichs zurücktreten (vgl. Erläuterung des Staatsvertrags in der Begründung zum Entwurf des Ratifikationsgesetzes zu dem Staatsvertrag [fortan Erläuterung des Staatsvertrags] in Verhandlungen des Reichstages, Band 367 Nr. 2235 S. 22 f. zu § 1 des Staatsvertrags; Friesecke, Recht der Bundeswasserstraßen , 1962, S. 62), nach § 1 Nr. 2 Satz 2, § 2 Buchstabe c Satz 3 WasserStrÜbergangVtr gegen eine Entschädigung nach Maßgabe des Landesenteignungsrechts.
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b) Die Ufermauer, um deren eigentumsrechtliche Zuordnung die Parteien streiten, kann Bestandteil oder Zubehör der Spree in Sinne dieser Vorschriften sein.
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aa) Der Staatsvertrag beschreibt den Umfang der Zuweisung des - jetzt in jedem Fall bürgerlichen-rechtlichen - Eigentums an diesen Wasserstraßen in § 1 Nr. 1 Satz 2 unter Verwendung der auch im bürgerlichen Recht gebrauchten Begriffe „Bestandteil“ und „Zubehör“. Das bedeutet aber nicht, dass diese Be- griffe im bürgerlich-rechtlichen Sinne zu verstehen wären. Ihre Auslegung wird vielmehr durch den öffentlich-rechtlichen Zweck der Vorschrift bestimmt.
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bb) Mit dem Regelungsauftrag inArt. 97 und 171 WRV und dem diesen umsetzenden Staatsvertrag sollten die verkehrswichtigen Wasserwege des Reichs wegen ihrer infolge der wirtschaftlichen Entwicklung zunehmend gewachsenen Verkehrsbedeutung und zur weiteren Stärkung und Förderung des allgemeinen Wohls im gesamtstaatlichen Interesse in der Hand des Reichs vereinigt werden (vgl. Erläuterung des Staatsvertrags in Verhandlungen des Reichstages, Band 367 Nr. 2235 S. 21). Dem Reich sollte nicht nur die zentrale Verwaltung des Verkehrs auf dem Wasser übertragen werden. Es sollte vielmehr auch volles privatrechtliches Eigentum mit allen daran haftenden Rechten und Pflichten an den in seine Verwaltung übergehenden Wasserstraßen erlangen (Erläuterung des Staatsvertrags in Verhandlungen des Reichstages, Band 367 Nr. 2235 S. 22 zu § 1 des Staatsvertrags). Der innere Grund für diese Verknüpfung von Eigentum und Verwaltung liegt in der praktischen Erleichterung der dem Reich - jetzt dem Bund - obliegenden Unterhaltung und Verwaltung der Wasserstraßen (BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - III ZR 266/87, BGHZ 108, 110, 117). Um dieses Ziel zu erreichen, sollte alles dasjenige in das Eigentum des Reichs übergehen, was der Verwaltung der Wasserstraße bisher schon diente.
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cc) Diese Voraussetzungen können entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht auch bei Ufermauern vorliegen. Weder § 1 WaStrVermRG noch der Staatsvertrag oder seine Erläuterung ergeben einen Anhaltspunkt dafür, dass Ufermauern von dem Übergang des Eigentums von Wasserstraßenzubehör generell ausgenommen sind. Dagegen spricht schon, dass der dem Träger einer Wasserstraße erster Ordnung vorbehaltene Ausbau des Ufers die Herstellung einer Ufermauer umfassen und dass die Anlegung einer künstlichen Wasserstraße die Anlegung auch einer Uferbefestigung in der Form einer Ufermauer erfordern kann. Der Bundesgesetzgeber sieht das nicht anders. Er hat in § 1 Abs. 4 Nr. 2 WaStrG bestimmt, dass zu den Bundeswasserstraßen auch die ihrer Unterhaltung dienenden bundeseigenen Ufergrundstücke gehören. Das Bundeswasserstraßengesetz regelt zwar nicht das Eigentum an den Wasserstraßen, sondern im Wesentlichen die öffentlich-rechtlichen Vorgaben für ihre Benutzung, ihre Verwaltung und ihren Ausbau, folgt aber bei der Beschreibung des Anwendungsbereichs den Vorgaben des Staatsvertrags (dazu: Entwurfsbegründung in BT-Drucks. V/352 S. 19 f.) und enthält damit eine legislative Interpretation der in dem Staatsvertrag verwendeten Begriffe „Zubehör“ und „Bestandteil“ einer Wasserstraße.
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dd) Richtig ist allerdings, dass an die Qualifikation einer Ufermauer als Zubehör einer Wasserstraße strenge Anforderungen zu stellen sind. Als Zubehör einer Wasserstraße im Sinne von § 1 Nr. 1 WasserStrÜbergangVtr kann eine Ufermauer nicht schon angesehen werden, wenn sie der Verkehrsfunktion der Wasserstraße nützlich ist, sondern nur, wenn sie für die Herstellung oder Aufrechterhaltung der Verkehrsfunktion auf Dauer erforderlich ist. Das folgt daraus , dass die Qualifikation einer Ufermauer auf einem Ufergrundstück zur Teilenteignung kraft Gesetzes von dessen Eigentümer führt. Eine solche Teilenteignung lässt sich als Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum nur rechtfertigen, wenn die Ufermauer, wie es in der Erläuterung des Staatsvertrags bezogen auf den Übergang von Zubehör allgemein heißt, „bisher den Zwecken und der Verwaltung der Wasserstraße gewidmet war und für deren Zwecke dauernd erforderlich ist“ (vgl. Verhandlungen des Reichstages, Band 367 Nr. 2235 S. 22 zu § 1 des Staatsvertrags).
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ee) Das Vorliegen dieser Voraussetzungen lässt sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder annehmen noch ausschließen. Das Berufungsgericht hat bei der Frage nach dem Vorteil der Mauer als Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB festgestellt, die Mauer verhindere ein unkontrolliertes Abtragen der Böschung am Grundstück der Klägerin und sichere so eine ausreichend breite Fahrrinne und eine gute Schifffahrt auf der Spree. Eine Widmung und Notwendigkeit der Mauer für Zwecke der Wasserstraße Spree folgt hieraus nicht. Ob die Mauer bei Wirksamwerden des Staatsvertrags am 1. April 1921 für die Nutzung und Verwaltung der Spree gewidmet und erforderlich war, lässt sich nur nach dem Zweck beurteilen, zu dem die Mauer seinerzeit errichtet worden ist. Dazu fehlen aber die erforderlichen Feststellungen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass die genannten Voraussetzungen am 1. April 1921 vorgelegen haben.

III.

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Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist mangels der erforderlichen Feststellungen nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Zunächst wird festzustellen sein, aus welchem Anlass und zu welchem Zweck die Mauer von 1907 an errichtet worden ist. Wurde sie nach dem damals noch geltenden § 79 II 15 pr. ALR zum Ausbau des Spreeufers oder sonst zur Sicherung der Schiffbarkeit der Spree angelegt, kann sie am 1. April 1921 Zubehör der Spree gewesen und damit Alleineigentum zunächst des Reichs und später der Beklagten geworden sein. Voraussetzung dafür wäre allerdings eine plausible Erklärung dafür, dass die Maßnahme nach den getroffenen Feststellungen nicht von dem preußischen Staat, der als damaliger Gewässereigentümer nach § 79 II 15 pr. ALR eine solche Maßnahme zu veranlassen gehabt hätte , sondern von der Stadt Berlin als damaliger Eigentümerin des Ufergrundstücks durchgeführt worden ist. Sollte die Mauer durch die Stadt Berlin errichtet worden sein, um eine bessere Nutzung ihres Ufergrundstücks, insbesondere dessen Aufschüttung, zu ermöglichen, könnte die Mauer nicht als Zubehör der Spree angesehen werden.
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2. Sollte die Ufermauer in erster Linie zur besseren Nutzung des Ufergrundstücks errichtet worden sein, wäre unter Berücksichtigung der vorgelegten Genehmigungsunterlagen und Vereinbarungen zwischen dem Freistaat Preußen und der Stadt Berlin weiter festzustellen, ob der Freistaat Preußen der Errichtung der Mauer nur zugestimmt hat, um der Stadt Berlin einen Ausbau des Ufergrundstücks zu ermöglichen und weil die Gründung der Mauer im Gewässerbett der Spree die Schiffbarkeit nicht beeinträchtigte (vgl. § 61 II 15 pr. ALR) oder ob er seine Zustimmung wegen - konkret festzustellender - begleitender substantieller Vorteile erteilt hat, die die Mauer für die Schiffbarkeit bot (vgl. unten
b) cc)).
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a) Im ersten Fall wäre die Mauer als infolge Zustimmung rechtmäßiger Überbau anzusehen. Sie stünde dann vollständig im Alleineigentum der Klägerin.
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aa) Anders als das Berufungsgericht meint, scheitert die Annahme eines rechtmäßigen Überbaus weder daran, dass die Ufermauer kein Gebäude im Sinne von § 912 BGB ist, noch daran, dass es an einem „Bauen über die Gren- ze“ im Sinne dieser Vorschrift fehlt.
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(1) (a) Die Vorschrift des § 912 BGB sieht eine Duldungspflicht zwar nur für Gebäude vor. Im Schrifttum wird aber überwiegend, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung angenommen, dass die Regelungen des Überbaus für andere größere Bauwerke gelten (Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 3. Aufl., § 912 Rn. 8; Erman/Lorenz, BGB 14. Aufl., § 912 Rn. 2; HK-BGB/A. Staudinger, 8. Aufl., § 912 Rn. 5; Jauernig/Berger, BGB, 15. Aufl., § 912 Rn. 5; Palandt /Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 912 Rn. 4; PWW/Lemke, BGB, 9. Aufl., § 912 Rn. 5; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 6; Gunia, Grenzüberbau und Akzessionsprinzip, 2008, S. 99; Tersteegen RNotZ 2006, 433, 435; WolffRaiser , Sachenrecht, 10. Aufl., § 55 I 1 Fn. 2; im Ergebnis ebenso: MüKoBGB/Säcker, 6. Aufl., § 912 Rn. 4 f.; aA Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 24 S. 4 f.). In der Rechtsprechung ist eine entsprechende Anwendung von § 912 BGB auf eine Siloanlage bejaht (LG Meiningen, OLG-NL 1996, 281, 283), für den Damm eines Fischweihers (Senat, Urteil vom 22. September 1972 - V ZR 8/71, MDR 1973, 39) und eine Terrasse (Senat, Urteil vom 29. April 2011 - V ZR 174/10, NVwZ 2010, 1148 Rn. 15, 21) dagegen verneint worden. In der ersten der beiden Entscheidungen hat der Senat dahinstehen lassen, ob § 912 BGB im Grundsatz auch auf größere Bauwerke analog angewendet werden könnte (aaO). In der zweiten Entscheidung ist er von der Geltung der Vorschrift auch für größere Bauwerke ausgegangen (aaO Rn. 15). Daran hält der Senat fest.
29
(b) Unter einem Gebäude wird im bürgerlichen Recht regelmäßig ein Bauwerk verstanden, das durch räumliche Umfriedung Schutz gewährt und den Eintritt von Menschen gestattet (vgl. Soergel/Marly, BGB, 13. Aufl., § 94 Rn. 4). Ob und in welchem Umfang andere größere Bauwerke unter den Begriff Gebäude fallen, lässt sich nicht rein begrifflich, sondern nur unter Einbeziehung des Zwecks der jeweiligen Vorschrift entscheiden. So umfasst der Begriff Gebäude in § 94 BGB auch andere größere Bauwerke, weil sich sonst die Zielsetzung der Vorschrift, wirtschaftliche Werte zu erhalten und für rechtssichere Vermögenszuordnungen zu sorgen, nicht erreichen lässt (MüKoBGB/Stresemann, 6. Aufl., § 94 Rn. 1, 21; Staudinger/Jickeli/Stieper, BGB [2012], § 94 Rn. 23).
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(c) Bei § 912 BGB liegt es ebenso. Die Vorschrift beruht auf dem Rechtsgedanken, dass die mit der Beseitigung eines Überbaus verbundene Zerschlagung wirtschaftlicher Werte vermieden werden soll (Senat, Urteile vom 4. April 1986 - V ZR 17/85, BGHZ 97, 292, 294, vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, 304 und vom 19. September 2008 - V ZR 152/07, NJW-RR 2009, 24; Staudinger/Roth BGB [2009], § 912 Rn. 1; MüKoBGB/Säcker, 6. Aufl., § 912 Rn. 1). Dieser lässt sich nicht durch eine dem Wortsinn verhaftete Auslegung des Begriffs Gebäude sachgerecht verwirklichen , sondern nur durch eine Auslegung, die den Zweck der Vorschrift in den Blick nimmt. Bliebe man beim Wortlaut stehen, müsste der Nachbar einen Überbau auch dann dulden, wenn die auf sein Grundstück ragenden Bauteile eines Wohngebäudes entfernt werden könnten, ohne den in dem Wohngebäude liegenden wirtschaftlichen Wert zu zerstören. Umgekehrt dürfte er die Entfernung eines größeren Bauwerks, dessen wirtschaftlicher Wert dem eines Wohn- oder Bürogebäudes entspricht, verlangen, auch wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Duldungspflicht vorliegen. Ein solches Verständnis des Begriffs Gebäude verfehlte den Zweck der Vorschrift. Richtig ist es daher, die Vorschrift im ersten Fall einschränkend auszulegen (vgl. Senat, Urteile vom 19. September 2008 - V ZR 152/07, NJW-RR 2009, 24 Rn. 10 und vom 19. Oktober 2012 - V ZR 263/11, NJW-RR 2013, 652 Rn. 17) und sie im zweiten Fall teleologisch erweiternd auch auf andere größere Bauwerke anzuwenden , deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeutete. Das ist bei der Beseitigung einer größeren Ufermauer an einer schiffbaren Binnenwasserstraße , um die es hier geht, in aller Regel der Fall.
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(2) Der Anwendung des § 912 BGB steht nicht entgegen, dass es sich bei der Ufermauer um einen „umgekehrten Überbau“ handelt, der auf dem Nachbargrundstück begonnen und in das eigene Grundstück hineingeführt worden ist. Für die Anwendung der Vorschriften über den Überbau spielt es keine Rolle, wie der Überbau ausgeführt worden ist (vgl. Senat, Urteile vom 22. Februar 1974 - V ZR 103/73, BGHZ 62, 141, 146 und vom 23. Februar 1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298, 302; BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - IX ZR 124/83, NJW 1985, 789, 790; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 13). Entscheidend ist, dass der Überbau einem Stammgrundstück zugeordnet werden kann (Senat, Urteil vom 20. Juni 1975 - V ZR 206/74, BGHZ 64, 333, 337 f.). Wenn die Mauer zum Nutzen des Ufergrundstücks errichtet worden sein sollte, wäre das Stammgrundstück, dem sie zuzuordnen ist, eben dieses Ufergrundstück.
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bb) Die Mauer stünde dann vollständig im Eigentum der Klägerin. Bei einem - wie hier - rechtmäßigen oder sonst nach § 912 BGB zu duldenden Überbau gehört der überbaute Teil des Bauwerks nicht dem Eigentümer des überbauten Grundstücks, hier der Spree, sondern entsprechend § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Eigentümer des Stammgrundstücks, hier der Klägerin als heutiger Eigentümerin des Ufergrundstücks (vgl. Senat, Urteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 292/12, NJW-RR 2014, 973 Rn. 22 f.).
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b) Sollte die Errichtung der Mauer auch dem Staat konkrete substantielle Vorteile für die Schiffbarkeit der Spree geboten haben und sollte er seine Zustimmung zur Errichtung der Mauer wegen dieser Vorteile erteilt haben, wäre die Mauer eine Grenzanlage, sofern sie bei ihrer Errichtung von der Grenze zwischen dem Gewässerbett der Spree und dem Ufergrundstück geschnitten war. Sie stünde dann in entlang der Grenze lotrecht geteiltem (Allein-)Eigentum beider Parteien.
34
aa) Der Annahme einer Grenzanlage gemäß § 921 BGB scheitert entgegen der Ansicht der Beklagten nicht daran, dass die Grenze der Spree durch die Uferlinie bei Mittelwasserstand bestimmt wird und sich mit diesem verändern kann. Dieser Umstand mag dazu führen, dass eine auf der Grenze errichtete Anlage ihren Charakter als Grenzanlage im Sinne von §§ 921, 922 BGB verliert, wenn sich die Uferlinie als maßgebliche Grenze so verändert, dass die Anlage nicht mehr von ihr durchschnitten wird. Er hindert den Eigentümer des Ufergrundstücks aber nicht, auf der Uferlinie eine Mauer zu errichten, die unter den Voraussetzungen der §§ 921, 922 BGB von dem Gewässereigentümer zu dulden und zusammen mit dem Eigentümer des Ufergrundstücks zu unterhalten ist, solange sie Grenzanlage bleibt.
35
bb) Ob die Ufermauer von der Grenze zwischen dem Gewässerbett der Spree und dem Ufergrundstück geschnitten war, ist an sich nach den Verhältnissen in dem Zeitpunkt zu beurteilen, zu dem der Staatsvertrag und mit ihm der Eigentumsübergang auf das Reich wirksam geworden ist. Das ist der 1. April 1921. Hier kommt es aber ausnahmsweise auf die Verhältnisse bei der Errichtung der Mauer an. Durch die Errichtung der Mauer ist die Grenze zwischen dem Gewässerbett der Spree und dem Ufergrundstück tatsächlich unveränderlich geworden. Daran ändert es nichts, dass die Grenze zwischen der Spree und den Grundstücken an ihren Ufern im Land Berlin heute nach § 4 Abs. 5 WHG, § 6 Abs. 1 BerlWG durch die Uferlinie bestimmt wird, die sich ihrerseits nach dem Mittelwasserstand gemäß § 4 Abs. 3 BerlWG richtet. Der Mittelwasserstand ist nämlich, wie sich aus § 4 Abs. 3 Satz 3 BerlWG ergibt, nur ein Hilfsmittel, um die seitlich an das eigentliche Gewässerbett angrenzende Landfläche zu bestimmen, die dauernd von dem Wasser - hier - der Spree bedeckt wird. Bedeutung hat der Mittelwasserstand nur bei Ufern, welche das Wasser der Wasserstraße je nach ihrem Wasserstand in unterschiedlichem Umfang bedeckt. Bei Ufern, die auf Grund ihrer Gestalt(ung) die seitliche Ausdehnung des Wassers dauerhaft begrenzen, ist der Mittelwasserstand dagegen zur Bestimmung der Uferlinie ohne Bedeutung. Denn das Ufer beginnt, „wo der Spiegel, der Wasserstand, aufhört, …, dasselbe reicht so weit, als das Wasser sich nach seinen gewohnten Abflussverhältnissen zu erheben pflegt“ (pr. OVG, pr. OVGE 18, 259, 264 f.; ebenso pr. OVGE 11, 233, 236 f.). Damit kommt es hier nur darauf an, ob die Mauer damals, wie von dem Landgericht angenommen , auf der Uferlinie errichtet worden ist.
36
cc) Für die Beantwortung der Frage nach substantiellen Vorteilen für die Schiffbarkeit der Spree kommt es auf den Zustand vor der Errichtung der Mauer an. Sie wäre nur zu bejahen, wenn die Schiffbarkeit der Spree auf Grund von Gestalt und Zustand ihrer seinerzeitigen natürlichen Ufer eingeschränkt oder gefährdet war und dieser Zustand durch die Befestigung des Ufers eine nachhaltige Verbesserung erfahren hat. Dass die Ufermauer heute verhindert, dass das gegenüber dem Ausgangszustand erhöhte Gelände des Ufergrundstücks unkontrolliert in die Spree abgetragen wird, könnte dagegen nicht als substantieller Vorteile für die Schiffbarkeit der Spree angesehen werden. Denn der Eigentümer eines Ufergrundstücks dürfte eine Aufschüttung seines Grundstücks nur vornehmen, wenn er die notwendigen Vorkehrungen gegen eine Beeinträchtigung der angrenzenden Bundeswasserstraße trifft.
37
3. Sollte sich nicht feststellen lassen, aus welchem Grund der Staat damals der Errichtung der Mauer zugestimmt hat, wohl aber, dass sie substantielle Vorteile auch für die Schiffbarkeit der Spree hatte, dann wäre sie auf Grund der Vermutung des § 921 BGB als Grenzanlage anzusehen. Das Eigentum wäre dann lotrecht entlang der Grenze geteilt.
38
4. Sollten sich zwar eine Zustimmung des Staats zur Errichtung, aber weder das Motiv hierfür noch ein Vorteil für die Schiffbarkeit der Spree feststellen lassen, schiede die Annahme einer Grenzanlage aus. Die Mauer wäre dann ein rechtmäßiger Überbau und gehörte insgesamt allein der Klägerin.
Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Göbel

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 31.05.2012 - 28 O 338/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.07.2013 - 11 U 22/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2015 - V ZR 216/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2015 - V ZR 216/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 94 Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes


(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, ei
Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2015 - V ZR 216/13 zitiert 16 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 95 Nur vorübergehender Zweck


(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 912 Überbau; Duldungspflicht


(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 946 Verbindung mit einem Grundstück


Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache.

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 4 Gewässereigentum, Schranken des Grundeigentums


(1) Das Eigentum an den Bundeswasserstraßen steht dem Bund nach Maßgabe der wasserstraßenrechtlichen Vorschriften zu. Soweit sich aus diesem Gesetz, auf Grund dieses Gesetzes erlassener oder sonstiger wasserrechtlicher Vorschriften Verpflichtungen au

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 1 Binnenwasserstraßen, Seewasserstraßen


(1) Bundeswasserstraßen nach diesem Gesetz sind 1. die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem Verkehr mit Güter- und Fahrgastschiffen oder der Sport- und Freizeitschifffahrt mit Wasserfahrzeugen dienen; als solche gelten die in der Anlage 1 aufgefüh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 905 Begrenzung des Eigentums


Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 921 Gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen


Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 922 Art der Benutzung und Unterhaltung


Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 923 Grenzbaum


(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen. (2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nac

Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraßen - WaStrVermRG | § 1


(1) Die bisherigen Reichswasserstraßen (Binnen- und Seewasserstraßen) sind mit Wirkung vom 24. Mai 1949 als Bundeswasserstraßen Eigentum des Bundes. Vom gleichen Zeitpunkt ist der Bund Inhaber aller sonstigen Vermögensrechte, die dem Deutschen Reich

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juli 2004 - V ZR 33/04

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2008 - V ZR 152/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 180/11 Verkündet am: 7. Dezember 2012 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2017 - V ZB 118/17

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Referenzen

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.

(2) Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 33/04 Verkündet am:
2. Juli 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 254 Da, 823 Abs. 1 Ac, Dc, Ef, 923

a) Ein Baum ist ein Grenzbaum im Sinne von § 923 BGB, wenn sein Stamm dort, wo
er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird.

b) Jedem Grundstückseigentümer gehört der Teil des Grenzbaumes, der sich auf
seinem Grundstück befindet (vertikal geteiltes Eigentum).

c) Jeder Grundstückseigentümer ist für den ihm gehörenden Teil eines Grenzbaumes
in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig
auf seinem Grundstück stehenden Baum.

d) Verletzt jeder Eigentümer die ihm hinsichtlich des ihm gehörenden Teils eines
Grenzbaumes obliegende Verkehrssicherungspflicht, ist für den ihnen daraus entstandenen
Schaden eine Haftungsverteilung nach § 254 BGB vorzunehmen.
BGH, Urt. v. 2. Juli 2004 - V ZR 33/04 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 2004 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 3. Juni 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.639,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind (Mit-) Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zumindest teilweise auf der Grundstücksgrenze stand eine alte Steineiche, die seit mehreren Jahren eine verringerte Belaubung sowie totes Holz in der Krone zeigte; außerdem hatte sich rings um den Stamm der Fruchtkörper eines Pilzes (Riesenporling) gebildet. Im Jahr 1996 ließ der (inzwischen verstorbene ) Ehemann der Beklagten in dem Teil der Baumkrone, der sich über ihrem Grundstück befand, das tote Holz durch ein Fachunternehmen (Streithelferin der Beklagten) entfernen. Weitere Baumpflegemaßnahmen erfolgten weder auf der Grundstücksseite der Klägerin noch auf der der Beklagten. Im Dezember 2001 stürzte die Eiche ohne Sturmeinwirkung um und beschädigte das Wohnhaus der Klägerin erheblich. Diese verlangt aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht von der Beklagten Schadensersatz , weil sie meint, die Beklagte sei zumindest anteilig für den Baum verkehrssicherungspflichtig gewesen.
Das Landgericht hat die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 97.278,08 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der die Klägerin nur noch die Hälfte der Klageforderung geltend gemacht hat, ist zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die in dem Berufungsurteil zugelassene Revision der Klägerin. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Die umgestürzte Eiche sei ein Grenzbaum gewesen. Die Klägerin habe von der Beklagten jederzeit seine Beseitigung verlangen können und sei deshalb keinem Duldungszwang ausgesetzt gewesen. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehe nicht. Die Beklagte sei zwar aufgrund ihres Miteigentums an der Eiche verpflichtet gewesen, den Baum auf Krankheitsbefall und Gefahr durch Windbruch und –wurf zu überwachen sowie bei Anzeichen für eine Erkrankung dessen Standfestigkeit untersuchen zu lassen. Diese Pflicht bestünde auch zugunsten der Eigentümer von Anliegergrundstücken. Obwohl die Beklagte dieser Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei, scheide ihre Haftung aus, weil die Klägerin und ihr Ehemann in gleichem Maße verkehrssicherungspflichtig gewesen und dieser Pflicht ebenfalls nicht nachgekommen seien. Denn die Verkehrssicherungspflicht bestehe nur gegenüber Dritten, zu denen der Verpflichtete selbst nicht gehöre, und nicht zwischen gleichrangig Verkehrssicherungspflichtigen. Daß die Beklagte bzw. ihr Ehemann durch die 1996 vorgenommene Auslichtung der Baumkrone eine Seitenlastigkeit herbeigeführt und damit die Fallrichtung des Baumes auf das Grundstück der Klägerin vorgegeben haben, wirke sich nicht zugunsten der Klägerin aus. Die Maßnahme sei zwar ursächlich für den Schaden geworden, der aber weder voraussehbar noch vermeidbar gewesen sei; vielmehr habe es sich um eine gewöhnliche Baumpflegemaßnahme gehandelt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Streithelferin sei der Baum zudem fachgerecht beschnitten worden; er habe damals keinerlei äußerlich erkenn-
bare Anzeichen für einen Pilzbefall aufgewiesen. Demgegenüber sei nicht hinreichend ersichtlich oder dargelegt, daß die einseitige Beschneidung des Baumes das Haus der Klägerin gefährdet habe.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand .

II.


1. Ob das Berufungsgericht zu Recht einen verschuldensunabh ängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog verneint hat, kann dahingestellt bleiben; denn der Klägerin steht gegen die Beklagte ein dem vorgehender (Senat, BGHZ 120, 239, 249) deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch zu.
2. Die Beklagte und ihr Ehemann haben die ihnen hin sichtlich des umgestürzten Baumes obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt; die Beklagte ist deshalb nach § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zum Ersatz des der Klägerin dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Daß auch die Klägerin und ihr Ehemann hinsichtlich des Baumes verkehrssicherungspflichtig waren, läßt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Haftung der Beklagten nicht entfallen.

a) Der Eigentümer eines Grundstücks hat im Rahmen des Mö glichen dafür zu sorgen, daß von dort stehenden Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht , der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Wind-
wurf, insbesondere aber auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (Senat, Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02, NJW 2003, 1732, 1733). Diese Verkehrssicherungspflicht haben die Beklagte und ihr Ehemann verletzt.
aa) Zweifelhaft ist bereits der Ansatz des Berufungsgeri chts, daß bei bestehendem Miteigentum eine Haftung der Eigentümer untereinander für Schäden, die auf die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zurückzuführen sind, ausscheide. Das berücksichtigt nicht, daß sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis (§§ 741 ff. BGB) etwas anderes ergeben kann. Aber darauf kommt es hier nicht an, weil die Parteien nicht Miteigentümer, sondern Teileigentümer des später umgestürzten Baumes waren.
bb) Die Beklagte und ihr Ehemann waren Eigentümer d es Grundstücks, auf dem der Baum bis zum Umstürzen teilweise stand. Damit waren sie auch Eigentümer des auf ihrem Grundstück stehenden Teils des Baumes.
(1) Die umgestürzte Eiche war ein Grenzbaum im Sinne d es § 923 BGB, weil sie mit ihrem Stamm auf der Grundstücksgrenze stand. Das gilt unabhängig davon, ob diese Situation bereits im Zeitpunkt des Anpflanzens oder natürlichen Aufwuchses vorhanden war; unerheblich ist auch, auf welchem der beiden Grundstücke sich das Wurzelwerk befand. Entscheidend ist allein, daß der Stamm des Baumes - und zwar dort, wo er aus dem Boden heraustrat - von der Grenze durchschnitten wurde (OLG München, NJW-RR 1992, 1369; MünchKomm -BGB/Säcker, 4. Aufl., § 923 Rdn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 923 Rdn. 2; ebenso für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung: Senat, BGHZ 143, 1, 4).

(2) Die Eigentumsverhältnisse an einem Grenzbaum, der n och nicht gefällt ist, werden unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung - der das Berufungsgericht ohne weiteres folgt - steht der Baum im Miteigentum der beiden Grundstückseigentümer zu gleichen Teilen (LG München II, NJW 1976, 973; MünchKomm-BGB/Säcker, aaO, Rdn. 1; Meisner/Stern/Hodes, Nachbarrecht im Bundesgebiet [ohne Bayern], 5. Aufl., § 12; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 2 II, § 12; Laibling, AgrarR 1994, 28). Nach anderer Auffassung besteht vertikal geteiltes Eigentum in dem Sinn, daß jedem Grundstückseigentümer der Teil des Baumes gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (OLG München , OLGR 1994, 197; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 923 Rdn. 3; Palandt /Bassenge, aaO; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 4; für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung : ebenso OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 190, 191; offen gelassen von Senat, BGHZ 143, 1, 8). Dem schließt sich der Senat an. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gebührt erst der gefällte Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen (§ 923 Abs. 1 BGB). Diese Regelung wäre überflüssig, wenn dieselbe Rechtslage bereits vorher bestünde. Das wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß vor dem Fällen des Baumes kein Miteigentum besteht (Mot. III, 278), sondern der Grundsatz der vertikalen Eigentumsteilung gilt (Staudinger/Roth, aaO, § 923 Rdn. 1). Diese Sicht steht nicht im Wertungswiderspruch zu § 93 BGB (so aber MünchKommBGB /Säcker, aaO), sondern räumt dem § 94 Abs. 1 BGB insoweit Vorrang ein und dient damit der Herstellung klarer Rechtsverhältnisse (vgl. Senat, Urt. v. 27. September 1978, V ZR 36/77, NJW 1979, 712). Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß von dem gesamten Baum - z.B. infolge mangelnder Standfestigkeit - Gefährdungen ausgehen können, die einer der beiden
Eigentümer allein nicht beseitigen kann. In diesem Fall hat jeder Eigentümer die Möglichkeit, von dem anderen das Fällen des Baumes zu verlangen (§ 923 Abs. 2 Satz 1 BGB).
cc) Als Eigentümer eines Teils des Grenzbaumes waren die B eklagte und ihr Ehemann für diesen Teil in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig auf ihrem Grundstück stehenden Baum. Sie mußten deshalb die nach dem jeweiligen Stand der Erfahrungen und Technik als geeignet und genügend erscheinenden Sicherungen treffen, also den Gefahren vorbeugend Rechnung tragen, die nach der Einsicht eines besonnenen, verständigen und gewissenhaften Menschen erkennbar sind, und diejenigen Maßnahmen ergreifen, die zur Gefahrbeseitigung objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, III ZR 217/63, NJW 1965, 815). Danach waren sie u.a. verpflichtet, den Grenzbaum in angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen (BGH, Urt. v. 30. Oktober 1973, VI ZR 115/72, VersR 1974, 88, 89). Wie oft und in welcher Intensität solche Baumkontrollen durchzuführen sind, läßt sich nicht generell beantworten. Ihre Häufigkeit und ihr Umfang sind von dem Alter und Zustand des Baumes sowie seinem Standort abhängig (Breloer, Wertermittlungsforum 2004, 3, 8). Werden dabei Anzeichen erkannt, die nach der Erfahrung auf eine besondere Gefahr durch den Baum hinweisen, ist eine eingehende Untersuchung vorzunehmen; solche Anzeichen können trockenes Laub, dürre Äste oder verdorrte Teile, Pilzbefall, äußere Ve rletzungen oder Beschädigungen , hohes Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung und sein statischer Aufbau sein (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, aaO). Das haben die Beklagte und ihr Ehemann nicht beachtet, obwohl die Eiche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit mehreren Jahren eine
Fruchtkörperbildung des Riesenporlings rings um den Stamm, verringerte Belaubung sowie Totholz in der Krone zeigte. Damit war für die Beklagte und ihren Ehemann eine Erkrankung des Baumes erkennbar. Da die Krankheitszeichen auch an dem ihnen gehörenden Baumteil vorhanden waren, hätten sie eine fachmännische Untersuchung veranlassen müssen. Dabei wäre die mangelnde Standfestigkeit erkannt worden, so daß rechtzeitig geeignete Maßnahmen gegen ein plötzliches Umstürzen hätten ergriffen werden können. Davor haben die Beklagte und ihr Ehemann die Augen verschlossen, indem sie lediglich im Jahr 1996 Totholz aus der Baumkrone haben entfernen lassen, ohne später den Zustand des Baumes zu kontrollieren und untersuchen zu lassen. Damit haben sie die Beschädigung des Nachbargrundstücks in Kauf genommen. Das gilt auch für den Fall, daß der die Grundstücke der Parteien trennende Zaun den von der Beklagten behaupteten Verlauf gehabt hat, so daß der Baum nach dem äußeren Erscheinungsbild auf dem Grundstück der Klägerin stand. Denn die Beklagte hat sich lediglich darauf berufen, wegen des Zaunverlaufs habe sie nicht um den Baum herumgehen und sein Wurzelwerk untersuchen können; daß der Baum auf der Grundstücksgrenze stand, hat sie bereits in ihrer Klageerwiderung eingeräumt.

b) Somit ist die Beklagte der Klägerin zum Schadensersat z verpflichtet. Sie muß allerdings nicht den gesamten Schaden ersetzen, sondern nur die Hälfte.
aa) Die Klägerin und ihr Ehemann waren zwar als Eige ntümer des auf ihrem Grundstück befindlichen Teils des Baumes für diesen ebenfalls verkehrssicherungspflichtig. Darauf kommt es hier aber für die Haftungsverteilung nicht an, weil der umgestürzte Baum nicht im gemeinschaftlichen Eigentum der
Grundstückseigentümer stand. Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob sich derjenige, dem die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer Sache obliegt, auf die Verletzung der Sicherungspflicht durch den hinsichtlich derselben Sache (gleichrangig) Verkehrssicherungspflichtigen berufen kann (grundsätzlich verneinend OLG Hamm, VersR 2002, 1299), stellt sich deshalb nicht; denn wegen des Alleineigentums jedes Grundstückseigentümers an einem Teil des Baumes sind beide Eigentümer wie jeder Dritte in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen, die dem jeweils anderen Eigentümer hinsichtlich des ihm gehörenden Teils des Baumes obliegt.
bb) Indem die Klägerin und ihr Ehemann den für sie ebenfalls erkennbaren Krankheitsanzeichen an dem ihnen gehörenden Baumteil keine Beachtung geschenkt und damit letztlich die Beschädigung ihres Hauses in Kauf genommen haben, trifft sie eine Mitverantwortung für den eingetretenen Schaden. In welchem Umfang sich das auf ihren Ersatzanspruch gegen die Beklagte auswirkt , ist nach § 254 BGB zu beurteilen. Da die Rechtsprechung eine Selbstgefährdung und Selbstbeschädigung nicht verbietet, geht es im Rahmen dieser Vorschrift nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, der Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden "Obliegenheit"; sie beruht auf der Überlegung, daß jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht läßt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muß, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint , daß jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (Senat, BGHZ 135, 235, 240 m.w.N.).

cc) Da hinsichtlich des Maßes der Verursachung, in welchem d ie Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, und des beiderseitigen Verschuldens weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat die nach § 254 Abs. 1 BGB erforderliche Abwägung selbst vornehmen. Das führt zu einer Schadensteilung.
(1) Die Klägerin und ihr Ehemann haben das Umstürzen der Eiche durch die unterbliebenen Kontrollen und Untersuchungen in demselben Maß verursacht wie die Beklagte und ihr Ehemann. Das Auslichten der Baumkrone im Jahr 1996 wirkt sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu Lasten der Beklagten aus. Zwar war damit die spätere Fallrichtung des Baumes vorgegeben ; aber das allein hat, worauf es für die Haftungsverteilung entscheidend ankommt, den Eintritt des Schadens nicht in wesentlich höherem Maß wahrscheinlich gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1998, VI ZR 59/97, NJW 1998, 1137, 1138). Denn dem steht zum einen gegenüber, daß die Klägerin und ihr Ehemann jegliche Baumpflegemaßnahmen wie das Auslichten der Krone auf ihrer Grundstücksseite unterlassen haben; erst dadurch ist es zu der einseitigen Lastigkeit des Baumes gekommen. Zum anderen hat das Auslichten unstreitig keinen Einfluß auf die fehlende Standfestigkeit und damit auf das Umstürzen des Baumes gehabt.
(2) Der Verschuldensanteil der Beteiligten ist ebenfal ls gleich hoch zu bewerten. Beide Grundstückseigentümer konnten die jeweils auf der ihnen gehörenden Baumseite vorhandenen Krankheitszeichen erkennen; beide haben die deshalb notwendigen Überwachungs- und Untersuchungsmaßnahmen nicht durchgeführt. Ein Fällen des Baumes wurde nicht verlangt (§ 923 Abs. 2
Satz 1 BGB). Das Auslichten der Baumkrone im Bereich des Grundstücks der Beklagten war nicht pflichtwidrig, sondern eine ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
entsprechende Pflegemaßnahme. Die mangelnde Standfestigkeit des Baumes war für keinen der Eigentümer, sondern nur für einen Fachmann erkennbar.
Wenzel Tropf Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 33/04 Verkündet am:
2. Juli 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 254 Da, 823 Abs. 1 Ac, Dc, Ef, 923

a) Ein Baum ist ein Grenzbaum im Sinne von § 923 BGB, wenn sein Stamm dort, wo
er aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird.

b) Jedem Grundstückseigentümer gehört der Teil des Grenzbaumes, der sich auf
seinem Grundstück befindet (vertikal geteiltes Eigentum).

c) Jeder Grundstückseigentümer ist für den ihm gehörenden Teil eines Grenzbaumes
in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig
auf seinem Grundstück stehenden Baum.

d) Verletzt jeder Eigentümer die ihm hinsichtlich des ihm gehörenden Teils eines
Grenzbaumes obliegende Verkehrssicherungspflicht, ist für den ihnen daraus entstandenen
Schaden eine Haftungsverteilung nach § 254 BGB vorzunehmen.
BGH, Urt. v. 2. Juli 2004 - V ZR 33/04 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 2004 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 3. Juni 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.639,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26. April 2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind (Mit-) Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zumindest teilweise auf der Grundstücksgrenze stand eine alte Steineiche, die seit mehreren Jahren eine verringerte Belaubung sowie totes Holz in der Krone zeigte; außerdem hatte sich rings um den Stamm der Fruchtkörper eines Pilzes (Riesenporling) gebildet. Im Jahr 1996 ließ der (inzwischen verstorbene ) Ehemann der Beklagten in dem Teil der Baumkrone, der sich über ihrem Grundstück befand, das tote Holz durch ein Fachunternehmen (Streithelferin der Beklagten) entfernen. Weitere Baumpflegemaßnahmen erfolgten weder auf der Grundstücksseite der Klägerin noch auf der der Beklagten. Im Dezember 2001 stürzte die Eiche ohne Sturmeinwirkung um und beschädigte das Wohnhaus der Klägerin erheblich. Diese verlangt aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenem Recht von der Beklagten Schadensersatz , weil sie meint, die Beklagte sei zumindest anteilig für den Baum verkehrssicherungspflichtig gewesen.
Das Landgericht hat die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 97.278,08 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der die Klägerin nur noch die Hälfte der Klageforderung geltend gemacht hat, ist zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die in dem Berufungsurteil zugelassene Revision der Klägerin. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe keinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch. Die umgestürzte Eiche sei ein Grenzbaum gewesen. Die Klägerin habe von der Beklagten jederzeit seine Beseitigung verlangen können und sei deshalb keinem Duldungszwang ausgesetzt gewesen. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestehe nicht. Die Beklagte sei zwar aufgrund ihres Miteigentums an der Eiche verpflichtet gewesen, den Baum auf Krankheitsbefall und Gefahr durch Windbruch und –wurf zu überwachen sowie bei Anzeichen für eine Erkrankung dessen Standfestigkeit untersuchen zu lassen. Diese Pflicht bestünde auch zugunsten der Eigentümer von Anliegergrundstücken. Obwohl die Beklagte dieser Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei, scheide ihre Haftung aus, weil die Klägerin und ihr Ehemann in gleichem Maße verkehrssicherungspflichtig gewesen und dieser Pflicht ebenfalls nicht nachgekommen seien. Denn die Verkehrssicherungspflicht bestehe nur gegenüber Dritten, zu denen der Verpflichtete selbst nicht gehöre, und nicht zwischen gleichrangig Verkehrssicherungspflichtigen. Daß die Beklagte bzw. ihr Ehemann durch die 1996 vorgenommene Auslichtung der Baumkrone eine Seitenlastigkeit herbeigeführt und damit die Fallrichtung des Baumes auf das Grundstück der Klägerin vorgegeben haben, wirke sich nicht zugunsten der Klägerin aus. Die Maßnahme sei zwar ursächlich für den Schaden geworden, der aber weder voraussehbar noch vermeidbar gewesen sei; vielmehr habe es sich um eine gewöhnliche Baumpflegemaßnahme gehandelt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Streithelferin sei der Baum zudem fachgerecht beschnitten worden; er habe damals keinerlei äußerlich erkenn-
bare Anzeichen für einen Pilzbefall aufgewiesen. Demgegenüber sei nicht hinreichend ersichtlich oder dargelegt, daß die einseitige Beschneidung des Baumes das Haus der Klägerin gefährdet habe.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand .

II.


1. Ob das Berufungsgericht zu Recht einen verschuldensunabh ängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog verneint hat, kann dahingestellt bleiben; denn der Klägerin steht gegen die Beklagte ein dem vorgehender (Senat, BGHZ 120, 239, 249) deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch zu.
2. Die Beklagte und ihr Ehemann haben die ihnen hin sichtlich des umgestürzten Baumes obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt; die Beklagte ist deshalb nach § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zum Ersatz des der Klägerin dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Daß auch die Klägerin und ihr Ehemann hinsichtlich des Baumes verkehrssicherungspflichtig waren, läßt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Haftung der Beklagten nicht entfallen.

a) Der Eigentümer eines Grundstücks hat im Rahmen des Mö glichen dafür zu sorgen, daß von dort stehenden Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht , der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Wind-
wurf, insbesondere aber auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (Senat, Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02, NJW 2003, 1732, 1733). Diese Verkehrssicherungspflicht haben die Beklagte und ihr Ehemann verletzt.
aa) Zweifelhaft ist bereits der Ansatz des Berufungsgeri chts, daß bei bestehendem Miteigentum eine Haftung der Eigentümer untereinander für Schäden, die auf die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zurückzuführen sind, ausscheide. Das berücksichtigt nicht, daß sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis (§§ 741 ff. BGB) etwas anderes ergeben kann. Aber darauf kommt es hier nicht an, weil die Parteien nicht Miteigentümer, sondern Teileigentümer des später umgestürzten Baumes waren.
bb) Die Beklagte und ihr Ehemann waren Eigentümer d es Grundstücks, auf dem der Baum bis zum Umstürzen teilweise stand. Damit waren sie auch Eigentümer des auf ihrem Grundstück stehenden Teils des Baumes.
(1) Die umgestürzte Eiche war ein Grenzbaum im Sinne d es § 923 BGB, weil sie mit ihrem Stamm auf der Grundstücksgrenze stand. Das gilt unabhängig davon, ob diese Situation bereits im Zeitpunkt des Anpflanzens oder natürlichen Aufwuchses vorhanden war; unerheblich ist auch, auf welchem der beiden Grundstücke sich das Wurzelwerk befand. Entscheidend ist allein, daß der Stamm des Baumes - und zwar dort, wo er aus dem Boden heraustrat - von der Grenze durchschnitten wurde (OLG München, NJW-RR 1992, 1369; MünchKomm -BGB/Säcker, 4. Aufl., § 923 Rdn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 923 Rdn. 2; ebenso für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung: Senat, BGHZ 143, 1, 4).

(2) Die Eigentumsverhältnisse an einem Grenzbaum, der n och nicht gefällt ist, werden unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung - der das Berufungsgericht ohne weiteres folgt - steht der Baum im Miteigentum der beiden Grundstückseigentümer zu gleichen Teilen (LG München II, NJW 1976, 973; MünchKomm-BGB/Säcker, aaO, Rdn. 1; Meisner/Stern/Hodes, Nachbarrecht im Bundesgebiet [ohne Bayern], 5. Aufl., § 12; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 2 II, § 12; Laibling, AgrarR 1994, 28). Nach anderer Auffassung besteht vertikal geteiltes Eigentum in dem Sinn, daß jedem Grundstückseigentümer der Teil des Baumes gehört, der sich auf seinem Grundstück befindet (OLG München , OLGR 1994, 197; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 923 Rdn. 3; Palandt /Bassenge, aaO; Soergel/J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 923 Rdn. 1; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 4; für die einzelnen Pflanzen einer Hecke als Grenzeinrichtung : ebenso OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 190, 191; offen gelassen von Senat, BGHZ 143, 1, 8). Dem schließt sich der Senat an. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gebührt erst der gefällte Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen (§ 923 Abs. 1 BGB). Diese Regelung wäre überflüssig, wenn dieselbe Rechtslage bereits vorher bestünde. Das wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß vor dem Fällen des Baumes kein Miteigentum besteht (Mot. III, 278), sondern der Grundsatz der vertikalen Eigentumsteilung gilt (Staudinger/Roth, aaO, § 923 Rdn. 1). Diese Sicht steht nicht im Wertungswiderspruch zu § 93 BGB (so aber MünchKommBGB /Säcker, aaO), sondern räumt dem § 94 Abs. 1 BGB insoweit Vorrang ein und dient damit der Herstellung klarer Rechtsverhältnisse (vgl. Senat, Urt. v. 27. September 1978, V ZR 36/77, NJW 1979, 712). Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß von dem gesamten Baum - z.B. infolge mangelnder Standfestigkeit - Gefährdungen ausgehen können, die einer der beiden
Eigentümer allein nicht beseitigen kann. In diesem Fall hat jeder Eigentümer die Möglichkeit, von dem anderen das Fällen des Baumes zu verlangen (§ 923 Abs. 2 Satz 1 BGB).
cc) Als Eigentümer eines Teils des Grenzbaumes waren die B eklagte und ihr Ehemann für diesen Teil in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig wie für einen vollständig auf ihrem Grundstück stehenden Baum. Sie mußten deshalb die nach dem jeweiligen Stand der Erfahrungen und Technik als geeignet und genügend erscheinenden Sicherungen treffen, also den Gefahren vorbeugend Rechnung tragen, die nach der Einsicht eines besonnenen, verständigen und gewissenhaften Menschen erkennbar sind, und diejenigen Maßnahmen ergreifen, die zur Gefahrbeseitigung objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, III ZR 217/63, NJW 1965, 815). Danach waren sie u.a. verpflichtet, den Grenzbaum in angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen (BGH, Urt. v. 30. Oktober 1973, VI ZR 115/72, VersR 1974, 88, 89). Wie oft und in welcher Intensität solche Baumkontrollen durchzuführen sind, läßt sich nicht generell beantworten. Ihre Häufigkeit und ihr Umfang sind von dem Alter und Zustand des Baumes sowie seinem Standort abhängig (Breloer, Wertermittlungsforum 2004, 3, 8). Werden dabei Anzeichen erkannt, die nach der Erfahrung auf eine besondere Gefahr durch den Baum hinweisen, ist eine eingehende Untersuchung vorzunehmen; solche Anzeichen können trockenes Laub, dürre Äste oder verdorrte Teile, Pilzbefall, äußere Ve rletzungen oder Beschädigungen , hohes Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung und sein statischer Aufbau sein (BGH, Urt. v. 21. Januar 1965, aaO). Das haben die Beklagte und ihr Ehemann nicht beachtet, obwohl die Eiche nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit mehreren Jahren eine
Fruchtkörperbildung des Riesenporlings rings um den Stamm, verringerte Belaubung sowie Totholz in der Krone zeigte. Damit war für die Beklagte und ihren Ehemann eine Erkrankung des Baumes erkennbar. Da die Krankheitszeichen auch an dem ihnen gehörenden Baumteil vorhanden waren, hätten sie eine fachmännische Untersuchung veranlassen müssen. Dabei wäre die mangelnde Standfestigkeit erkannt worden, so daß rechtzeitig geeignete Maßnahmen gegen ein plötzliches Umstürzen hätten ergriffen werden können. Davor haben die Beklagte und ihr Ehemann die Augen verschlossen, indem sie lediglich im Jahr 1996 Totholz aus der Baumkrone haben entfernen lassen, ohne später den Zustand des Baumes zu kontrollieren und untersuchen zu lassen. Damit haben sie die Beschädigung des Nachbargrundstücks in Kauf genommen. Das gilt auch für den Fall, daß der die Grundstücke der Parteien trennende Zaun den von der Beklagten behaupteten Verlauf gehabt hat, so daß der Baum nach dem äußeren Erscheinungsbild auf dem Grundstück der Klägerin stand. Denn die Beklagte hat sich lediglich darauf berufen, wegen des Zaunverlaufs habe sie nicht um den Baum herumgehen und sein Wurzelwerk untersuchen können; daß der Baum auf der Grundstücksgrenze stand, hat sie bereits in ihrer Klageerwiderung eingeräumt.

b) Somit ist die Beklagte der Klägerin zum Schadensersat z verpflichtet. Sie muß allerdings nicht den gesamten Schaden ersetzen, sondern nur die Hälfte.
aa) Die Klägerin und ihr Ehemann waren zwar als Eige ntümer des auf ihrem Grundstück befindlichen Teils des Baumes für diesen ebenfalls verkehrssicherungspflichtig. Darauf kommt es hier aber für die Haftungsverteilung nicht an, weil der umgestürzte Baum nicht im gemeinschaftlichen Eigentum der
Grundstückseigentümer stand. Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob sich derjenige, dem die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer Sache obliegt, auf die Verletzung der Sicherungspflicht durch den hinsichtlich derselben Sache (gleichrangig) Verkehrssicherungspflichtigen berufen kann (grundsätzlich verneinend OLG Hamm, VersR 2002, 1299), stellt sich deshalb nicht; denn wegen des Alleineigentums jedes Grundstückseigentümers an einem Teil des Baumes sind beide Eigentümer wie jeder Dritte in den Schutzbereich der Verkehrssicherungspflicht einbezogen, die dem jeweils anderen Eigentümer hinsichtlich des ihm gehörenden Teils des Baumes obliegt.
bb) Indem die Klägerin und ihr Ehemann den für sie ebenfalls erkennbaren Krankheitsanzeichen an dem ihnen gehörenden Baumteil keine Beachtung geschenkt und damit letztlich die Beschädigung ihres Hauses in Kauf genommen haben, trifft sie eine Mitverantwortung für den eingetretenen Schaden. In welchem Umfang sich das auf ihren Ersatzanspruch gegen die Beklagte auswirkt , ist nach § 254 BGB zu beurteilen. Da die Rechtsprechung eine Selbstgefährdung und Selbstbeschädigung nicht verbietet, geht es im Rahmen dieser Vorschrift nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, der Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden "Obliegenheit"; sie beruht auf der Überlegung, daß jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht läßt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muß, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint , daß jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (Senat, BGHZ 135, 235, 240 m.w.N.).

cc) Da hinsichtlich des Maßes der Verursachung, in welchem d ie Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, und des beiderseitigen Verschuldens weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der Senat die nach § 254 Abs. 1 BGB erforderliche Abwägung selbst vornehmen. Das führt zu einer Schadensteilung.
(1) Die Klägerin und ihr Ehemann haben das Umstürzen der Eiche durch die unterbliebenen Kontrollen und Untersuchungen in demselben Maß verursacht wie die Beklagte und ihr Ehemann. Das Auslichten der Baumkrone im Jahr 1996 wirkt sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu Lasten der Beklagten aus. Zwar war damit die spätere Fallrichtung des Baumes vorgegeben ; aber das allein hat, worauf es für die Haftungsverteilung entscheidend ankommt, den Eintritt des Schadens nicht in wesentlich höherem Maß wahrscheinlich gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1998, VI ZR 59/97, NJW 1998, 1137, 1138). Denn dem steht zum einen gegenüber, daß die Klägerin und ihr Ehemann jegliche Baumpflegemaßnahmen wie das Auslichten der Krone auf ihrer Grundstücksseite unterlassen haben; erst dadurch ist es zu der einseitigen Lastigkeit des Baumes gekommen. Zum anderen hat das Auslichten unstreitig keinen Einfluß auf die fehlende Standfestigkeit und damit auf das Umstürzen des Baumes gehabt.
(2) Der Verschuldensanteil der Beteiligten ist ebenfal ls gleich hoch zu bewerten. Beide Grundstückseigentümer konnten die jeweils auf der ihnen gehörenden Baumseite vorhandenen Krankheitszeichen erkennen; beide haben die deshalb notwendigen Überwachungs- und Untersuchungsmaßnahmen nicht durchgeführt. Ein Fällen des Baumes wurde nicht verlangt (§ 923 Abs. 2
Satz 1 BGB). Das Auslichten der Baumkrone im Bereich des Grundstücks der Beklagten war nicht pflichtwidrig, sondern eine ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
entsprechende Pflegemaßnahme. Die mangelnde Standfestigkeit des Baumes war für keinen der Eigentümer, sondern nur für einen Fachmann erkennbar.
Wenzel Tropf Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Die bisherigen Reichswasserstraßen (Binnen- und Seewasserstraßen) sind mit Wirkung vom 24. Mai 1949 als Bundeswasserstraßen Eigentum des Bundes. Vom gleichen Zeitpunkt ist der Bund Inhaber aller sonstigen Vermögensrechte, die dem Deutschen Reich gehörten und Zwecken der Verwaltung der Reichswasserstraßen und des Leuchtfeuerwesens sowie anderen navigatorischen Aufgaben dienten oder die ausschließlich für diese Zwecke begründet oder bestimmt worden sind. Dies gilt auch für Rechte, die durch Gesetz für unübertragbar oder nur auf Grund besonderer Vereinbarung für übertragbar erklärt sind. Die in dem Gesetz über den Staatsvertrag, betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Deutsche Reich vom 29. Juli 1921 (Reichsgesetzbl. S. 961) und den Nachträgen hierzu vom 18. Februar 1922 (Reichsgesetzbl. S. 222) und vom 22. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. 1929 II S. 1) getroffene Regelung gilt sinngemäß weiter.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

26
a) Der Beklagte hat das Eigentum an diesen Grundstücken weder nach den Vorschriften der Art. 21 oder 22 EinigV noch nach anderen Vorschriften über die Zuordnung von ehemaligem Volkseigentum erworben. Diese Vorschriften begründen kein Volkseigentum. Sie verteilen es nur und setzen voraus , dass es - teils vor dem 1. Juli 1990, teils vor dem 3. Oktober 1990 - wirksam entstanden ist (Senat, Urteil vom 11. Juli 1997 - V ZR 313/95, BGHZ 136, 228, 231). Auf der Grundlage dieser Vorschriften konnte der Beklagte deshalb Eigentum nur erwerben, wenn das Grundstück des Klägers wirksam in Volkseigentum überführt worden war.

(1) Die bisherigen Reichswasserstraßen (Binnen- und Seewasserstraßen) sind mit Wirkung vom 24. Mai 1949 als Bundeswasserstraßen Eigentum des Bundes. Vom gleichen Zeitpunkt ist der Bund Inhaber aller sonstigen Vermögensrechte, die dem Deutschen Reich gehörten und Zwecken der Verwaltung der Reichswasserstraßen und des Leuchtfeuerwesens sowie anderen navigatorischen Aufgaben dienten oder die ausschließlich für diese Zwecke begründet oder bestimmt worden sind. Dies gilt auch für Rechte, die durch Gesetz für unübertragbar oder nur auf Grund besonderer Vereinbarung für übertragbar erklärt sind. Die in dem Gesetz über den Staatsvertrag, betreffend den Übergang der Wasserstraßen von den Ländern auf das Deutsche Reich vom 29. Juli 1921 (Reichsgesetzbl. S. 961) und den Nachträgen hierzu vom 18. Februar 1922 (Reichsgesetzbl. S. 222) und vom 22. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. 1929 II S. 1) getroffene Regelung gilt sinngemäß weiter.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(1) Bundeswasserstraßen nach diesem Gesetz sind

1.
die Binnenwasserstraßen des Bundes, die dem Verkehr mit Güter- und Fahrgastschiffen oder der Sport- und Freizeitschifffahrt mit Wasserfahrzeugen dienen; als solche gelten die in der Anlage 1 aufgeführten Wasserstraßen, dazu gehören auch alle Gewässerteile,
a)
die mit der Bundeswasserstraße in ihrem Erscheinungsbild als natürliche Einheit anzusehen sind,
b)
die mit der Bundeswasserstraße durch einen Wasserzufluss oder Wasserabfluss in Verbindung stehen und
c)
die im Eigentum des Bundes stehen,
2.
die Seewasserstraßen.

(2) Unbeschadet der Regelung in Absatz 6 wird die seitliche Abgrenzung der Binnenwasserstraßen des Bundes durch die Uferlinie gebildet. Die Uferlinie ist die Linie des Mittelwasserstandes, bei staugeregelten Bundeswasserstraßen die Linie des Stauziels oder bei tidebeeinflussten Binnenwasserstraßen die Linie des mittleren Tidehochwasserstandes.

(3) Ufer einer Binnenwasserstraße des Bundes ist der Bereich zwischen der Uferlinie gemäß Absatz 2 und der Linie des mittleren Hochwasserstandes. Davon ausgenommen sind die tidebeeinflussten Binnenwasserstraßen, in denen das Ufer zwischen der Linie des mittleren Tideniedrigwasserstandes und der Linie des mittleren Tidehochwasserstandes verläuft. Befindet sich unterhalb der Linie des mittleren Hochwasserstandes oder des Tidehochwasserstandes eine Böschungskante als natürliche landseitige Abgrenzung, tritt diese an die Stelle der Linie des mittleren Hochwasserstandes.

(4) Seewasserstraßen sind die Flächen zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder der seewärtigen Begrenzung der Binnenwasserstraßen und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres. Zu den Seewasserstraßen gehören nicht die Hafeneinfahrten, die von Leitdämmen oder Molen ein- oder beidseitig begrenzt sind, die Außentiefs, die Küstenschutz-, Entwässerungs-, Landgewinnungsbauwerke, Badeanlagen und der trockenfallende Badestrand.

(5) Soweit die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben des Bundes nicht beeinträchtigt wird, kann das jeweilige Land das Eigentum des Bundes an den Seewasserstraßen und an den angrenzenden Mündungstrichtern der Binnenwasserstraßen unentgeltlich nutzen,

1.
wenn die Nutzung öffentlichen Interessen dient, insbesondere zur Landgewinnung, Boden- und Wasserentnahme, Errichtung von Hafenanlagen, zu Maßnahmen für den Küstenschutz und für den Wasserabfluss sowie für die Durchführung des Badebetriebes,
2.
zur Ausübung des Jagdrechts, der Muschelfischerei, der Schillgewinnung, der Landwirtschaft sowie der aus dem Eigentum sich ergebenden Befugnisse zur Nutzung von Bodenschätzen.
Das Land wird Eigentümer der nach Nummer 1 gewonnenen Land- und Hafenflächen und errichteten Bauwerke. Es kann die Nutzungsbefugnisse nach Nummer 1 und 2 im Einzelfall auf einen Dritten übertragen. Rechte Dritter bleiben unberührt.

(6) Zu den Bundeswasserstraßen gehören auch

1.
die bundeseigenen Schifffahrtsanlagen, besonders Schleusen, Schiffshebewerke, Wehre, Schutz-, Liege- und Bauhäfen sowie bundeseigene Talsperren, Speicherbecken und andere Speisungs- und Entlastungsanlagen,
2.
die ihrer Unterhaltung dienenden bundeseigenen Ufergrundstücke, Bauhöfe und Werkstätten,
3.
bundeseigene Einrichtungen oder Gewässerteile, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der Durchgängigkeit bei Stauanlagen, die von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes errichtet oder betrieben werden, dienen.

(7) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird vorbehaltlich des § 2 ermächtigt, die Anlage 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates so zu ändern, dass dort aufgeführte Bundeswasserstraßen ganz oder teilweise zusammengefasst oder getrennt, Bezeichnungen für sie festgesetzt oder geändert werden.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

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c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist zu seinen Gunsten die Wertung des § 912 BGB, dass eine Duldungspflicht nur dann gegeben sein könne, wenn gegen den Überbau kein Widerspruch erhoben worden sei und keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Rechtsverletzung vorliege, nicht zu berücksichtigen. Zwar findet § 912 BGB auch dann Anwendung, wenn gesetzliche Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden (Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 447/01, NJW 2004, 1798, 1801). Aber die Vorschrift gilt nicht für das Rechtsverhältnis der Parteien. Sie betrifft den Überbau durch ein Gebäude oder ein anderes größeres Bauwerk; darum geht es nicht, wenn Nachbarn um den Bestand einer Terrasse streiten, die teilweise in eine Abstandsfläche hineinragt (vgl. Senat, Urteil vom 23. Oktober 2009 - V ZR 141/08, NJW-RR 2010, 315, 316).

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

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Diese Wertung kann grundsätzlich auch zum Ausgleich widerstreitender Interessen von Nachbarn herangezogen werden, die bestehen, wenn eine Grundstücksgrenze infolge nachträglicher Veränderungen eines – zunächst innerhalb der Grenzen errichteten – Gebäudes überbaut wurde. Dabei ist eine entsprechende Anwendung von § 912 BGB nicht auf bestimmte Baumaßnahmen , wie die Erweiterung des vorhandenen Baukörpers (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 26. April 1961, V ZR 203/59, LM § 912 BGB Nr. 9), beschränkt. Bei Veränderungen eines bestehenden Gebäudes wird der Grundgedanke des § 912 BGB allerdings nicht in jedem Fall zum Tragen kommen und daher nicht stets von einem Überbau im Rechtssinne auszugehen sein (vgl. MünchKommBGB /Säcker, 4. Aufl., § 912 Rdn. 17; Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl., § 912 Rdn. 4; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 912 Rdn. 8). Dies gilt insbesondere bei nachträglich angefügten Gebäudeteilen, wie Fensterläden und Markisen, weil bei deren Beseitigung nicht von der Zerstörung wirtschaftlicher Werte gesprochen werden kann (vgl. Staudinger/Roth, aaO, § 912 Rdn. 15). Die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung von § 912 BGB hängt deshalb aber nicht von der Art der Baumaßnahme ab (a.A. OLG Braunschweig, OLGR 2003, 162), sondern von den mit einem Rückbau verbundenen Folgen. Entscheidend ist, ob sich eine Beseitigung des Überbaus nicht auf diesen beschränken lässt, sondern die Gebäudeeinheit beeinträchtigt und auf diese Weise zwangsläufig zu einem Wertverlust der innerhalb der Grundstücksgrenzen befindlichen Gebäudeteile führt.
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aa) Der Öltank befindet sich allerdings infolge der Aufteilung des Grundstücks auf dem Grundstück des Klägers. § 912 Abs. 1 BGB ist indessen nicht auf jede Überschreitung der Grundstücksgrenze mit Teilen eines Gebäudes entsprechend anwendbar. Mit der Pflicht zur Duldung eines Überbaus soll die Zerstörung wirtschaftlicher Werte verhindert werden (zu diesem Gesichtspunkt: Senat, Urteile vom 4. Dezember 1987 - V ZR 274/86, BGHZ 101, 311, 314 und vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, 304). Die Regelung in § 912 Abs. 1 BGB ist für den Fall gedacht, dass sich eine Beseitigung des Überbaus nicht auf diesen beschränken lässt, sondern die Gebäudeeinheit beeinträchtigt und auf diese Weise zwangsläufig zu einem Wertverlust der inner- halb der Grundstücksgrenzen befindlichen Gebäudeteile führt. Daran fehlt es insbesondere bei Gebäudeteilen wie Fensterläden und Markisen, weil bei deren Beseitigung nicht von der Zerstörung wirtschaftlicher Werte gesprochen werden kann (Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 152/07, NJW-RR 2009, 24 Rn. 10).

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Das Eigentum an den Bundeswasserstraßen steht dem Bund nach Maßgabe der wasserstraßenrechtlichen Vorschriften zu. Soweit sich aus diesem Gesetz, auf Grund dieses Gesetzes erlassener oder sonstiger wasserrechtlicher Vorschriften Verpflichtungen aus dem Gewässereigentum ergeben, treffen diese auch den Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen.

(2) Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und Grundwasser sind nicht eigentumsfähig.

(3) Das Grundeigentum berechtigt nicht

1.
zu einer Gewässerbenutzung, die einer behördlichen Zulassung bedarf,
2.
zum Ausbau eines Gewässers.

(4) Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Gewässern haben die Benutzung durch Dritte zu dulden, soweit für die Benutzung eine behördliche Zulassung erteilt worden oder eine behördliche Zulassung nicht erforderlich ist. Dies gilt nicht im Fall des § 9 Absatz 1 Nummer 3.

(5) Im Übrigen gelten für das Eigentum an Gewässern die landesrechtlichen Vorschriften.

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.