Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2014 - V ZR 32/13

bei uns veröffentlicht am19.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Oktober 2012 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagten bezüglich der gesamten von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass des am 26. Januar 2004 verstorbenen C.  P.   vorbehalten bleibt. Die Beklagte trägt auch die Kosten des nicht in die Revisionsinstanz gelangten Teils der Nichtzulassungsbeschwerde.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger war zusammen mit dem am 26. Januar 2004 verstorbenen C.  P.   (im Folgenden: Erblasser) zu je ½ Miteigentumsanteilen Eigentümer eines Grundstücks in M.    . Die Beklagte ist Tochter des Erblassers, der italienischer Staatsbürger war, seinen ständigen Wohnsitz jedoch in Deutschland hatte.

2

Mit notariellem Vertrag verkaufte der Erblasser seinen Miteigentumsanteil an dem betreffenden Grundstück zu einem Gesamtpreis von 141.710,23 € an den Kläger. Dieser sollte in Anrechnung auf den Kaufpreis mehrere Buchgrundschulden und die durch diese gesicherten Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Kreissparkasse P.    (im Folgenden: Sparkasse) übernehmen, deren Höhe im Kaufvertrag mit 61.710,23 € angegeben wurde. Der Kläger unterwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. In der Folgezeit übernahm der Kläger die in dem Kaufvertrag bezeichneten Darlehensverbindlichkeiten und überwies den Restkaufpreis in Höhe von 80.000 € - wie in dem Kaufvertrag vorgesehen - auf ein Konto des Erblassers in Deutschland.

3

Die testamentarisch eingesetzte Lebensgefährtin des Erblassers schlug die Erbschaft aus. Gesetzliche Erben waren die beiden in Italien lebenden Töchter des Erblassers, die Beklagte und ihre Schwester. Diese nahmen im Jahr 2007 die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung an. Nachdem die Schwester ihren Erbteil auf sie übertragen hatte, ließ sich die Beklagte eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde wegen eines Kaufpreisrestbetrages von 29.971,94 € erteilen. Sie ist der Ansicht, aus dem Kaufvertrag ergebe sich ein zusätzlicher Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte der von dem Kläger übernommenen Darlehensverbindlichkeiten, weil der Erblasser und der Kläger gemeinsam Darlehensschuldner gewesen seien und im Innenverhältnis jeweils hälftig hafteten.

4

Der Kläger hat beantragt, die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären und die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung an den Kläger herauszugeben. Das Landgericht hat beiden Klagen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Senat hat die Revision insoweit zugelassen, als die Beklagte auch zur Herausgabe der ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht meint, die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergebe sich aus Art. 22 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12/1; im Folgenden: EuGVVO). Die Klage sei begründet, da dem Erblasser kein weiterer Zahlungsanspruch zugestanden habe. Die Annahme der Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung habe nicht zur Folge, dass eine Verurteilung nur in Bezug auf das zum Nachlass gehörende Vermögen hätte erfolgen können.

II.

6

Über die Revision ist durch Urteil- und Versäumnisurteil zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 82/09, NJW-RR 2010, 664 Rn. 5). Inhaltlich beruht das Urteil jedoch - soweit zum Nachteil des Klägers zu erkennen ist - nicht auf dessen Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).

7

Auf Grund der beschränkten Zulassung der Revision sind nur noch die Klage auf Herausgabe des Titels und die Kosten des Rechtsstreits Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das Berufungsurteil hält insoweit einer revisionsrechtlichen Überprüfung mit der Maßgabe stand, dass der Beklagten hinsichtlich der von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten wird.

8

1. Die deutschen Gerichte sind (auch) für die Entscheidung über die Klage auf Herausgabe des Vollstreckungstitels international zuständig, wobei hier offen bleiben kann, ob sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 22 Nr. 5 oder aus Art. 5 Nr. 1a EuGVVO ergibt.

9

a) Art. 22 Nr. 5 EuGVVO bestimmt, dass für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Nach dieser Vorschrift sind die Gerichte des Staates, in dem aus dem Titel gegen den Schuldner vollstreckt wird oder die Vollstreckung droht (hier in Deutschland), auch für die von ihm erhobene Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO international zuständig (EuGH, Urteil vom 4. Juli 1985 - Rs. 220/84, NJW 1985, 2892 Rn. 12 [zum gleichlautenden Art. 16 EGÜV] und Urteil vom 13. Oktober 2011 - Rs. C-139/10, NJW 2011, 3506 Rn. 40). Ob sich die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO auf eine von dem Schuldner gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhobene Titelherausgabeklage erstreckt (was die Revision in Abrede stellt), ist allerdings nicht zweifelsfrei.

10

Dafür spricht der enge prozessrechtliche und sachliche Zusammenhang der beiden Klagen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, NJW 1984, 1161, 1162; BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512 Rn. 9) sowie der Umstand, dass die Rechtsverfolgung für den Schuldner wesentlich erschwert würde, wenn er zwei Klagen in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten (mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen) erheben müsste. Gegen die Annahme einer internationalen Zuständigkeit könnte sprechen, dass die Bestimmungen über die ausschließliche Zuständigkeit in Art. 22 EuGVVO eng auszulegen sind (EuGH, Urteil vom 26. März 1992 - Rs. C-261/90, IPRax 1993, 28 Rn. 27) und dass die EuGVVO keine allgemeine Zuständigkeit des Sachzusammenhangs kennt (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - Rs. C-51/97, RIW 1999, 57 Rn. 39; Urteil vom 5. Oktober 1999 - Rs. C-420/97, NJW 2000, 721 Rn. 38).

11

b) Die Frage, ob die deutschen Gerichte für die Entscheidung über die Klage auf Herausgabe des Titels nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO ausschließlich zuständig sind, bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil sich die internationale Zuständigkeit hier andernfalls aus Art. 5 Nr. 1a EuGVVO ergäbe. Danach kann eine Person in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden. Hierunter fallen sämtliche schuldrechtlichen Ansprüche, die auf einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung beruhen (EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - Rs. C-265/10, RIW 2004, 385, 386; EuGH, Urteil vom 17. September 2002 - Rs. C-334/00, NJW 2002, 3159; EuGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - Rs. C-26/91, JZ 1995, 90). Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit ist dabei die Hauptleistungspflicht, auf die der Kläger seine Klage stützt.

12

Im Streitfall waren beide Hauptleistungspflichten in Deutschland zu erfüllen, denn der Erblasser veräußerte den Miteigentumsanteil an einem in Deutschland belegenen Grundstück, und hinsichtlich des Kaufpreises hatten die Parteien vereinbart, dass dieser auf ein Konto des Erblassers in Deutschland zu zahlen ist. Dies trifft auch auf die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten zu, da der Übernehmer (Kläger) in Deutschland wohnt und der Gläubiger (die Sparkasse) seinen Sitz in Deutschland hat. Der Umstand, dass die Beklagte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Italien hat, führt zu keinem anderen Ergebnis, da der Gerichtsstand des Erfüllungsortes auch zu Gunsten und zu Lasten der Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vertragsparteien gilt (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, RIW 2009, 568, 569; Stein/Jonas/Wagner, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 49).

13

2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei über die Titelherausgabeklage entschieden.

14

a) Die Klage ist zulässig. Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels kann gemäß § 260 ZPO gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhoben werden (vgl. OLG Karlsruhe, OLGR 2007, 412, 413; OLG Hamm, OLGR 2009, 61, 62).

15

b) Die Klage ist auch begründet.

16

aa) Die Beklagte ist passivlegitimiert. Die Klage hätte nicht deshalb, weil die Beklagte die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung (Art. 470 Abs. 1 Halbs. 2 Codice Civile) angenommen hat, gegen sie als Verwalterin des Nachlasses erhoben werden müssen. Entscheidend ist, dass die vollstreckbare Ausfertigung der Beklagten erteilt wurde. Richtiger Beklagter einer Titelherausgabeklage ist - wie bei der Vollstreckungsabwehrklage - der Vollstreckungsgläubiger, also der in Titel oder Klausel als Gläubiger Benannte (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 218/83, BGHZ 92, 347, 348; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 218/91, BGHZ 120, 387, 391; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 10; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 767 Rn. 45). Der Vollstreckungsgläubiger ist, wenn sich die vollstreckbare Ausfertigung des Titels - wie hier - in seinem Besitz befindet, auch für die Titelherausgabeklage passivlegitimiert.

17

bb) Der Kläger kann von der Beklagten in entsprechender Anwendung der Vorschrift über die Rückgabe eines Schuldscheins gemäß § 371 Satz 1 BGB (zur Analogie: BGH, Urteil vom 22. September 1994 - IX ZR 165/93, BGHZ 127, 146, 149) die Herausgabe des Titels verlangen.

18

(1) Wenn der Schuldner neben der Vollstreckungsabwehrklage die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangt, hängt der Erfolg dieses Antrags in der Regel von dem Bestehen oder Nichtbestehen des titulierten Anspruchs ab (vgl. Senat, Urteil vom 24. Oktober 2014 - V ZR 45/13 unter III.3; BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512 Rn. 12). So verhält es sich auch hier, weil für beide Klagen allein entscheidend ist, ob die in der notariellen Urkunde titulierte Kaufpreisforderung durch die unstreitig erfolgte Zahlung in Höhe von 80.000 € sowie die Übernahme der Verbindlichkeiten des Erblassers gegenüber der Sparkasse vollständig erfüllt worden ist, oder ob nach dem Vertrag eine darüber hinausgehende Zahlung geschuldet ist.

19

(2) Das hängt von der Höhe des Preises ab, den der Kläger für den Erwerb des Miteigentumsanteils nach dem notariellen Kaufvertrag schuldete. Das Berufungsgericht ist nach dessen Auslegung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche zustehen.

20

(a) Die tatrichterliche Auslegung der Abreden in einem nicht von einer Seite vorformulierten Vertrag nach §§ 133, 157 BGB kann von dem Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen und allgemein anerkannten Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zu Grunde gelegten Tatsachen ohne Verfahrensfehler ermittelt worden sind (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2009 - V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, Rn. 8; Urteil vom 16. September 2011 - V ZR 236/10, NJW-RR 2012, 218 Rn. 5 mwN; Urteil vom 8. November 2013 - V ZR 95/12, NJW 2014, 1000 Rn. 9). Solche Fehler liegen hier nicht vor.

21

(b) Die Tatsache, dass der Kläger gemeinsam mit dem Erblasser Schuldner der von ihm als Käufer übernommenen Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Sparkasse war, hat das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung berücksichtigt, aber angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelungen über die Preisbemessung für nicht entscheidend erachtet. Dass es sich dabei auf den Wortlaut des Vertrags gestützt hat, stellt nicht - wie die Revision meint - eine Verletzung des § 133 BGB dar, nach dem bei der Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Das Berufungsgericht ist vielmehr dem Grundsatz gefolgt, dass bei der Auslegung von Willenserklärungen in erster Linie deren Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille maßgeblich ist (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 16). Nach dem Kaufvertrag bestand die seitens des Klägers zu erbringende Gegenleistung für den Erwerb des Miteigentumsanteils darin, die bei der Sparkasse bestehenden Darlehensverbindlichkeiten zu übernehmen und zusätzlich einen Geldbetrag in einer bestimmten Höhe zu zahlen. Anhaltspunkte für einen vom Vertragswortlaut abweichenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zu einer darüber hinausgehenden Zahlungspflicht des Käufers hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision zeigt solche nicht auf, sondern verweist lediglich auf streitigen, nicht unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Innenverhältnis zwischen dem Kläger und dem Erblasser.

22

3. Rechtlicher Prüfung hält das Berufungsurteil nur insoweit nicht stand, als darin dem Umstand, dass die Beklagte die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarhaftung angenommen hat, keine Bedeutung beigemessen worden ist. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits hätte der Beklagten zumindest die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass gemäß § 780 ZPO vorbehalten bleiben müssen.

23

a) Zwar hat der Erbe nach deutschem Recht die Kosten eigener Prozessführung als Prozesspartei ohne die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung selbst zu tragen (vgl. KG, NJW-RR 2003, 941, 943; OLG Düsseldorf, FamRZ 2010, 496, 498; OLG Celle, OLGR 1995, 204; OLG Koblenz, NJW-RR 1997, 1160; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 21; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 780 Rn. 12; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn. 4). Das Berufungsgericht verkennt aber, dass sich die Haftung des Erben für Prozesskosten für einen im Zusammenhang mit dem Erbfall geführten Rechtsstreit nach dem jeweils einschlägigen Erbstatut bestimmt.

24

Der Meinung, bei der Nachlassabwicklung richte sich die Schuldenhaftung nach außen und dabei insbesondere die Möglichkeit der Vornahme haftungsbeschränkender Maßnahmen nach der lex fori (Ferid in FS Cohn, 1975, S. 31, 37; Zillmann, Die Haftung der Erben im internationalen Erbrecht, 1998, S. 187), vermag der Senat nicht beizutreten. Der Grundsatz, dass Verfahrensfragen nach dem jeweiligen Prozessrecht des erkennenden Gerichts zu beurteilen sind, führt nicht dazu, dass auch die damit im Zusammenhang stehenden sachrechtlichen Fragen unter Anwendung des materiellen Rechts des Prozessgerichts zu beantworten sind. Ob der verurteilte Erbe uneingeschränkt oder beschränkt (nur mit dem Nachlass) für die Prozesskosten haftet, bestimmt sich gemäß Art. 25 EGBGB nach dem Erbstatut. Dieses entscheidet über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten sowie über die Voraussetzungen und die Folgen einer Haftungsbeschränkung auf den Nachlass und damit insbesondere, für welche mit dem Erbfall zusammenhängenden Schulden der Erbe einzustehen hat (BGH, Urteil vom 26. März 1953 - IV ZR 128/52, BGHZ 9, 151, 154; MünchKomm-BGB/Birk, 5. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 254; Staudinger/Dörner, BGB [2007], Art. 25 EGBGB Rn. 225; Burandt/Rojahn/Franke, Erbrecht, 2. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 63). Es bestimmt, welche Arten von Verbindlichkeiten zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören, ob hierzu nur die vom Erblasser herrührenden Schulden oder auch die durch die Nachlassabwicklung oder die Verwaltung des Nachlasses entstehenden Kosten zu zählen sind. Soweit die jeweils einschlägigen Rechtsordnungen die Möglichkeit einer Beschränkung der Erbenhaftung durch Inventarerrichtung bei Annahme der Erbschaft vorsehen, beurteilen sich die Voraussetzungen, Modalitäten und Wirkungen einer Inventarerrichtung ebenfalls nach dem Erbstatut (MünchKomm-BGB/Birk, 5. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 258; Staudinger/Dörner, BGB [2007], Art. 25 EGBGB Rn. 226).

25

b) Demgemäß kommt hier das italienische Erbrecht zur Anwendung. Nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Das italienische Kollisionsrecht knüpft in Art. 46 Abs. 1 IPRG hinsichtlich der Bestimmung des einschlägigen Erbstatuts ebenfalls an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes an (vgl. Reiss, Internationales Erbrecht Italien, 3. Aufl., A. IV. Rn. 38; Flick/Piltz/Cornelius, Der internationale Erbfall, 2. Aufl., 2. Teil B. Rn. 639; Kruis, Das italienische internationale Erbrecht, 2005, S. 24; Burandt/Rojahn/Frank, Erbrecht, 2. Aufl., Länderbericht Italien Rn. 7); es erfasst alle mit der Beerbung zusammenhängenden Fragen unter Einschluss der Erbenhaftung für Nachlassverbindlichkeiten (vgl. Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Italien, Grdz. C Rn. 53; Kruis, Das italienische internationale Erbrecht, 2005, S. 150 f.; Reiss, Internationales Erbrecht Italien, 3. Aufl., A. IV. Rn. 77; Burandt/Rojahn/Frank, Erbrecht, 2. Aufl., Länderbericht Italien Rn. 20).

26

Aus dem italienischen Erbrecht könnte sich ergeben, dass - wie seitens der Beklagten unter Vorlage einer rechtsgutachterlichen Stellungnahme vorgetragen - abweichend von dem deutschen Recht die Prozesskosten aus einem gegen den Erben geführten Rechtsstreit, der eine Forderung des Nachlasses betrifft, nur vom Nachlass und nicht von dem Erben persönlich zu tragen sind.

27

c) Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hätte der Beklagten hinsichtlich der Kostenentscheidung zumindest die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass in entsprechender Anwendung des § 780 ZPO vorbehalten bleiben müssen.

28

aa) § 780 ZPO ist als Verfahrensvorschrift anwendbar, obwohl sich die materiell-rechtliche Haftungsbeschränkung aus dem italienischen Recht ergibt. Verfahrensfragen bestimmen sich grundsätzlich nach dem jeweiligen Prozessrecht des erkennenden Gerichts (lex fori), auch wenn auf Grund internationalen Privatrechts ausländisches Sachrecht zur Anwendung gelangt; das international zuständige Gericht wendet auf das Verfahren sein originäres Verfahrensrecht an (BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 2/83, NJW 1985, 552, 553; OLG Stuttgart OLGR 2004, 197, 198; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., IZPR Rn. 1; Kruis, Das italienische internationale Erbrecht, 2005, S. 151; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 53, 319 ff.). Für die Einordnung einer Rechtsnorm kommt es entscheidend darauf an, ob sie prozessrechtlichen Gehalt hat oder ob sie materiell-rechtlicher Natur ist, wobei eine funktionsorientierte Betrachtung maßgebend ist (MünchKomm-BGB/Sonnenberger, 5. Aufl., Einl. IPR, Rn. 432; Weber, Das Internationale Zivilprozessrecht erbrechtlicher Streitigkeiten, 2012, S. 37).

29

bb) Davon ausgehend handelt es sich bei § 780 ZPO um eine verfahrensrechtliche Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1955 - III ZR 115/53, BGHZ 17, 69, 73; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 780 Rn. 1; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 1; Handke in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 780 Rn. 1). Das die Vorschrift anwendende Gericht prüft die geltend gemachte Haftungsbeschränkung hinsichtlich ihrer Voraussetzungen oder ihrer Reichweite nicht, sondern behält sie dem Erben lediglich zum Zwecke späterer Geltendmachung vor. Eine Entscheidung über die Haftungsbeschränkungen wird in der Sache nicht getroffen. Der Erbe kann sich die beschränkte Erbenhaftung vorsorglich selbst dann vorbehalten lassen, wenn er deren Voraussetzungen noch nicht darzulegen vermag, ja nicht einmal weiß, ob sie überhaupt eintreten werden (BGH, Urteil vom 11. Juli 1991 - IX ZR 180/90, NJW 1991, 2839, 2840).

30

cc) Die Regelung des § 780 ZPO, die für jede gegenständliche Beschränkung der Erbenhaftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt (Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 780 Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 7), ist auf die Annahme der Erbschaft mit Vorbehalt der Inventarerrichtung nach italienischem Recht (Art. 470 Abs. 1 Halbs. 2 Codice Civile) entsprechend anzuwenden, weil eine solche Annahme zu einer der Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB ähnlichen Haftungsbeschränkung führt (zur Anwendung des § 780 ZPO auf diese Fälle: Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 780 Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 7).

31

Nach italienischem Recht hat der Erbe zum einen die Möglichkeit, die Erbschaft vorbehaltlos anzunehmen, was die Verschmelzung des ererbten mit dem eigenen Vermögen herbeiführt und eine Haftung für die Erblasserschulden und Vermächtnisse mit dem gesamten Vermögen in voller Höhe nach sich zieht. Der Berufene kann die Annahme der Erbschaft aber auch mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung erklären. Der wesentliche Unterschied zur vorbehaltlosen Annahme besteht hierbei in der Haftung, die sich bei der vorbehaltlosen Annahme auf das gesamte Vermögen des Erben erstreckt, während der Erbe bei der Annahme mit Vorbehalt für die Erblasserschulden und Vermächtnisse gemäß Art. 490 Abs. 2 Nr. 2 Codice Civile nur mit dem Nachlassvermögen haftet. Es findet keine Verschmelzung des ererbten mit dem eigenen Vermögen statt; der Nachlass bleibt gemäß Art. 490 Abs. 1 Codice Civile vom persönlichen Vermögen des annehmenden Erben getrennt. Der Erbe wird zugleich verpflichtet, die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände der Befriedigung der Gläubiger zuzuführen, indem er den Nachlass verwaltet (Art. 491 Codice Civile) und im Rahmen der Liquidation die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten gemäß Art. 495 ff. Codice Civile veranlasst (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Italien, Grdz. J Rn. 603 ff. und Grdz. L Rn. 708 ff.; Reiss, Internationales Erbrecht Italien, 3. Aufl., B. I. Rn. 401 ff.; Süß/Cubeddu Wiedemann/Wiedemann, Erbrecht in Europa, 2. Aufl., Länderbericht Italien, Rn. 177; Flick/Piltz/Cornelius, Der internationale Erbfall, 2. Aufl., 2. Teil B. Rn. 628; Kruis, Das italienische internationale Erbrecht, 2005, S. 150; Burandt/Rojahn/Frank, Erbrecht, 2. Aufl., Länderbericht Italien Rn. 45).

32

dd) Der Vorbehalt nach § 780 ZPO ist nicht deshalb entbehrlich, weil er hier nur für die Prozesskosten Bedeutung hat. Die Berücksichtigung einer Haftungsbeschränkung in Bezug auf die Prozesskosten setzt voraus, dass der Vorbehalt in die Kostengrundentscheidung aufgenommen worden ist (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1997, 1160; KG, NJW 1964, 1330; MünchKomm-ZPO/Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 780 Rn. 3 und 21; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 780 Rn. 13; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn. 4).

III.

33

Die Revision ist nach dem Vorstehenden mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagten bezüglich der von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass des am 26. Januar 2004 verstorbenen C.  P.     vorbehalten bleibt.

34

1. Der Senat kann abschließend entscheiden. Dem steht nicht entgegen, dass es grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters steht, ob er sich mit der Aufnahme des Vorbehalts in das Urteil begnügt oder ob er über das Bestehen der Haftungsbeschränkung in der Sache entscheidet. Ist die Sache entscheidungsreif, kann das Revisionsgericht ein dem Tatrichter durch materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Vorschriften eingeräumtes Ermessen selbst ausüben, sofern das Berufungsgericht die Ermessensausübung nicht wahrgenommen bzw. sich hierzu nicht geäußert hat (BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 137; BGH, Urteil vom 3. Oktober 1989 - XI ZR 163/88, BGHZ 108, 386, 392; MünchKomm-ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 563 Rn. 20).

35

2. Der Senat übt sein Ermessen dahin aus, dass er durch Vorbehaltsurteil entscheidet. Eine Sachentscheidung über die Haftungsbeschränkung kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erfolgen. Zum einen sind bereits keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob die diesbezüglichen tatbestandlichen Voraussetzungen nach italienischem Recht erfüllt sind. Zum anderen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht gemäß § 293 ZPO ermittelt, ob der Vorbehalt der Inventarerrichtung auch die Kosten eines nach dem Erbfall gegen den Erben geführten Rechtsstreits erfasst. Eine ungeprüfte Aufnahme des Vorbehalts ist jedenfalls dann angezeigt, wenn - wie hier - eine sachliche Entscheidung zu einer erheblichen Verzögerung und Verteuerung des Rechtsstreites führen würde (Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 780 Rn. 8).

IV.

36

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ein Rechtsmittel ist auch dann als erfolgslos anzusehen, wenn die angegriffene Entscheidung - wie hier durch Ergänzung der Kostenentscheidung um den Vorbehalt gemäß § 780 ZPO - lediglich in einem Nebenpunkt abgeändert wird (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 97 Rn. 1 mwN; MünchKomm-ZPO/Schulz, 4. Aufl., § 97 Rn. 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 97 Rn. 3).

V.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des Bundesgerichtshofes kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim Bundesgerichtshof  E i n s p r u c h  einlegen. Der Einspruch muss von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.

Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;

2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern.

Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Stresemann                   Schmidt-Räntsch                        Czub

                     Roth                                    Kazele

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Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2014 - V ZR 32/13 zitiert 17 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Zivilprozessordnung - ZPO | § 767 Vollstreckungsabwehrklage


(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. (2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 794 Weitere Vollstreckungstitel


(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:1.aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Zivilprozessordnung - ZPO | § 260 Anspruchshäufung


Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 339 Einspruchsfrist


(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 338 Einspruch


Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 780 Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung


(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist. (2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 371 Rückgabe des Schuldscheins


Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Ane

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1975 Nachlassverwaltung; Nachlassinsolvenz


Die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist

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5
2. Die Beschränkung der Revisionszulassung auf die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung ist zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Revisionszulassung auf einen Teil des Streitgegenstands beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine Beschränkung der Zulassung auf einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist möglich, soweit es sich um rechtlich oder tatsächlich selbständige und abtrennbare Teile eines Gesamtstreitstoffs handelt (BGHZ 101, 276, 278 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Bei dem Antrag, die Beschränkung der Erbenhaftung im Urteil vorzubehalten, handelt es sich um eine nach § 780 ZPO vorgesehene Erklärung, die die Geltendmachung einer materiell-rechtlichen Haftungsbeschränkung im Vollstreckungsverfahren ermöglichen soll (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1983 - IVa ZR 211/81 - NJW 1983, 2378, 2379). Die Aufnahme dieses Vorbehalts kann das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (OLG Celle, OLG-Report 1995, 204; MünchKomm-ZPO/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 780, Rn. 19; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 780, Rn. 10).

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

9
a) Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , der die Literatur ganz überwiegend folgt, in analoger Anwendung von § 371 BGB jedenfalls zulässig, wenn entweder über eine Vollstreckungsabwehrklage bereits rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist oder die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist (BGHZ 127, 146, 148 f. allerdings mit der Einschränkung "jedenfalls"; BGH, Urt. v. 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, WM 1994, 650, 652; Staudinger/Olzem, BGB [2006] § 371 Rdn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 371 Rdn. 4; Musielak/Lackmann, ZPO 6. Aufl. § 767 Rdn. 14 m.w.Nachw.). Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Ansicht zu folgen ist (s. insoweit die beachtlichen Argumente gegen die h.A. bei MünchKommBGB/Wenzel, 5. Aufl. § 371 Rdn. 8). Denn auch auf der Grundlage der h.A. ist die Klage im Zeitpunkt der Herausgabe des Titels zulässig gewesen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 156/07 Verkündet am:
22. April 2009
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 1

a) Wenn zwischen den Parteien eines Kaufvertrages der Incoterm FOB vereinbart
ist, ist der Verschiffungshafen der Lieferort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b
EuGVVO. Liegt dieser Ort außerhalb des geographischen Geltungsbereichs der
Verordnung, so findet nicht Art. 5 Nr. 1 Buchst. b, sondern Art. 5 Nr. 1 Buchst. a
EuGVVO Anwendung.

b) Im Rahmen von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO können die Parteien den Erfüllungsort
vereinbaren, sofern dieser Ort einen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit
aufweist.
BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Mai 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, ein deutsches Unternehmen mit Sitz in M. , macht gegen die Beklagte, ein englisches Unternehmen mit Sitz in London, aus abgetretenem Recht Kaufpreisforderungen der türkischen Unternehmen I. und G. (im Folgenden: Verkäufer ) geltend. Mit Schreiben jeweils vom 3. November 2003 teilten die Verkäufer der Beklagten mit, dass aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Factoring-Vertrages alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung an die Klägerin und die A. Bank Corporation plc abgetreten seien und zukünftige Zahlungen auf das Konto der A. Bank Corporation plc bei der N.
-Bank AG Essen zu leisten seien. Die Beklagte bestätigte dies unter dem 5. November 2003 – in deutscher Übersetzung – wie folgt: "Wir bestätigen den Erhalt und die Vereinbarung dieser Abtretungsanzeige. Zukünftige Zahlungen werden ausschließlich an die vorstehende Bankverbindung erfolgen."
2
Von März bis Juni 2004 lieferten die Verkäufer der Beklagten Textilien und stellten ihr einen Gesamtbetrag von 452.719,70 GBP in Rechnung. Die Beklagte zahlte durch Überweisung auf das bezeichnete Konto, nahm aber – neben weiteren Kürzungen – jeweils einen Abzug von 25 % von jeder Rechnung vor.
3
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die restliche Kaufpreisforderung geltend. Sie ist der Ansicht, dass für die Klage deutsche Gerichte international zuständig seien, und behauptet, dass die Verkäufer und die Beklagte für die Lieferung jeweils den Incoterm FOB vereinbart hätten und nach türkischem Recht Geldschulden am Sitz des Gläubigers zu erfüllen seien.
4
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
7
Die deutschen Gerichte seien international nicht zuständig. Die Frage der Zuständigkeit richte sich allein nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (EuGVVO; im Folgenden auch: Verordnung). Nach Art. 2, 60 EuGVVO sei die Beklagte an ihrem allgemeinen Gerichtsstand in Großbritannien zu verklagen. Eine Ausnahmevorschrift, die einen Gerichtsstand am Sitz der Klägerin begründe, greife nicht ein.
8
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO begründe keinen deutschen Gerichtsstand. Der autonom zu bestimmende Erfüllungsort sei hier Großbritannien, da dies der Ort sei, an dem die Waren tatsächlich geliefert worden seien. Die Vereinbarung des Incoterms FOB ändere daran nichts. FOB stelle keine andere Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO dar, sondern habe primär Bedeutung für die Gefahrtragung, auch wenn sich dadurch gegebenenfalls nach nationalem Recht der Erfüllungsort verändere. Sei der Erfüllungsort einmal bestimmt, bleibe er für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis maßgeblich. Deshalb sei auch die zum früheren Rechtszustand ergangene Entscheidung des OLG Celle (IPRax 1999, 456) nicht einschlägig, die die Möglichkeit einer Änderung des Erfüllungsortes nach erfolgter Abtretung bejaht habe.
9
Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 Buchst. a, c EuGVVO. Nur wenn – wie hier wegen des Erfüllungsorts Großbritannien nicht der Fall – der nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO ermittelte Erfüllungsort außerhalb des geographischen Anwendungsbereichs der Verordnung läge, könnte gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a, c EuGVVO das deutsche Kollisionsrecht zur Bestimmung des Erfüllungsortes herangezogen werden. Selbst dies unterstellt, läge der Erfüllungsort aber in der Türkei, nicht in Deutschland. Wegen der Einheitlichkeit des Erfüllungsbegriffs bliebe es dabei, so dass ein deutscher Gerichtsstand jedenfalls nicht gegeben sei.

II.

10
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO grundsätzlich jeder vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht zu verklagen ist, soweit nicht eine der davon abweichenden Vorschriften der Verordnung eingreift. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann Letzteres aber auf der Grundlage des revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrags der Klägerin nicht verneint werden.
11
Nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, auch in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Für den Verkauf beweglicher Sachen wird diese Bestimmung in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO dahin ergänzt, dass im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – der Erfüllungsort der Verpflichtung für den Verkauf beweg- licher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat ist, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen. In Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO ist geregelt, dass in Fällen, in denen Buchstabe b nicht anwendbar ist, Buchstabe a gilt.
12
1. Voraussetzung für das Vorliegen eines Vertragsgerichtsstands ist zunächst , dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Gerichtshof) ist der Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" autonom auszulegen, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 – Rs. C-265/02, IPRax 2004, 334 – Frahuil SA ./. Assitalia Spa, Rdnr. 22 m.w.N.). Vertragliche Ansprüche liegen (jedenfalls) dann vor, wenn eine Partei gegenüber einer anderen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen ist (EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1998 – Rs. C-51/97, Slg. 1998, I S. 6511 – Réunion européenne SA u.a. ./. Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV u.a., Rdnr. 15, 17 m.w.N; vom 17. September 2002 – Rs. C-334/00, Slg. 2002, I S. 7357 – Fonderie Officine Meccaniche Tacconi SpA ./. Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH, Rdnr. 23; vgl. auch Stadler in: Festschrift für Musielak, 2004, S. 569 ff.). Es reicht aus, wenn der Kläger vertragliche Ansprüche schlüssig behauptet (EuGH, Urteil vom 4. März 1982 – Rs. 38/81, Slg. 1982, S. 825 – Effer SpA ./. Kantner).
14
b) Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Zwar ist die Klägerin nicht Partei der zwischen der Beklagten und den Verkäufern abgeschlossenen Kaufverträge , so dass sich im vorliegenden Verfahren nicht die Vertragsparteien selbst gegenüberstehen. Die Tatsache, dass die Klägerin eine vertragliche Forderung aus abgetretenem Recht geltend macht, schließt es jedoch ein, dass sie sich auf den zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehenden Gerichtsstand berufen kann (OGH Österreich, Beschluss vom 11. Mai 2005 – 9 Ob 104/04s, IPRax 2006, 489, 490; Martiny in: Festschrift für Geimer, 2002, S. 641, 661; Mankowski, EWiR 2004, 379 f.; Hau, IPRax 2006, 507 f.; Czernich/ Tiefenthaler, Kurzkommentar Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht , 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 18; Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation, 2007, Art. 5 Rdnr. 67; Schlosser, JZ 2004, 408, 409).
15
Zwar kann ein Zessionar nicht im Klägergerichtsstand klagen, wenn die Sonderzuständigkeit – wie etwa der Gerichtsstand des Unterhaltsberechtigten oder des Verbrauchers – einem besonderen Schutz des ursprünglichen Gläubigers dienen soll (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2004 – Rs. C-433/01, JZ 2004, 407 – Freistaat Bayern ./. Blijdenstein, Rdnr. 25 ff. m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Der Grund für den besonderen Gerichtsstand für vertragliche Streitigkeiten liegt in der besonders engen Verbindung zwischen dem Vertrag und dem Gericht des Erfüllungsorts (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007 – Rs. C-386/05, NJW 2007, 1799 – Color Drack GmbH ./. Lexx International Vertriebs GmbH, Rdnr. 22 f.). Diese besondere Verbindung besteht unabhängig davon, ob vertragliche Ansprüche auf Dritte übergegangen sind. Jedenfalls der zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien bestehende Gerichtsstand steht daher auch dem Zessionar offen (OGH, Beschluss vom 11. Mai 2005, aaO).
16
2. Der ursprüngliche Vertragsgerichtsstand liegt für die Kaufpreiszahlungspflicht in Deutschland, wenn – wie die Klägerin behauptet – zwischen den Kaufvertragsparteien die Erfüllung der streitgegenständlichen Forderungen in Deutschland vereinbart worden ist. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein Erfüllungsort in Deutschland und mithin die internationale Zuständig- keit der deutschen Gerichte nicht verneint werden (Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO ). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts findet – den Vortrag der Klägerin, die Lieferung der Kaufsache sei in der Türkei erfolgt, revisionsrechtlich unterstellt – vorliegend nicht Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO, sondern Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO Anwendung.
17
a) Zwar geht das Berufungsgericht zunächst zutreffend davon aus, dass der Erfüllungsort nach dem vorrangig zu prüfenden Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO autonom zu bestimmen ist. Im Rahmen der Verordnung wird der Lieferort als autonomes Anknüpfungskriterium festgelegt, das auf sämtliche Klagen aus ein- und demselben Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen und nicht nur für diejenige aus der Lieferverpflichtung an sich anwendbar ist (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007, aaO, Rdnr. 24 ff.; Senatsbeschluss vom 9. Juli 2008 – VIII ZR 184/07, ZGS 2008, 390, Tz. 18 m.w.N.). Bei bereits erfolgter Lieferung kommt es auf den Ort an, an dem tatsächlich geliefert worden ist (Geimer /Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 142 f.; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 5 Rdnr. 47; Ferrari, IPRax 2007, 61, 66 m.w.N.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt der Lieferort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO aber nicht in Großbritannien, sondern in der Türkei und damit außerhalb des geographischen Anwendungsbereichs der Verordnung, wenn der – im Folgenden revisionsrechtlich zu unterstellende – Vortrag der Klägerin zutrifft, dass die Lieferung gemäß einer zwischen den Parteien vereinbarten FOB-Klausel in der Türkei erfolgte.
18
aa) Ist zwischen den Kaufvertragsparteien der Incoterm FOB vereinbart, hat der Verkäufer die von ihm für den Export freizumachende Ware an Bord des vom Käufer zu benennenden Schiffes (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1975 – VIII ZR 34/74, WM 1975, 917, unter II) zu liefern. Mit Überschreiten der Schiffsreling gehen Gefahren und Kosten auf den Käufer über. Der Käufer hat die Ware am Lieferort zu übernehmen und trägt die Verantwortung für den Haupttransport, die Durchfuhr durch Drittstaaten und die Einfuhr in das Bestimmungsland (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., Anhang (6) Incoterms 4. FOB; Bredow/Seiffert, Incoterms 2000, FOB Rdnr. 10 ff.; Lehr, VersR 2000, 548, 555).
19
bb) Rechtsprechung und Literatur gehen davon aus, dass Lieferort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO der Verschiffungshafen ist, wenn aufgrund einer FOB-Vereinbarung geliefert wurde (House of Lords, Urteil vom 20. Februar 2008 – [2008] UKHL 11 – Othon Ghalanos Limited v. Scottish & Newcastle International Limited, EuLF 2008, I S. 95, Tz. 48 ff., 55; Czernich/ Tiefenthaler, aaO, Art. 5 Rdnr. 35; Magnus, IHR 2002, 45, 48; Ferrari, aaO, S. 66; Rauscher in: Festschrift für Heldrich, 2005, S. 933, 942; Hess/Pfeiffer/Schlosser, The Brussels I-Regulation (EC) No 44/2001, 2008, D III Rdnr. 187; Piltz, IHR 2006, 53, 55; ders., NJW 2002, 789, 793, Fn. 50).
20
cc) Dem schließt sich der Senat an. Anders als bei einem Versendungskauf fallen bei der Lieferung auf der Grundlage einer FOB-Klausel der Lieferort und der Ort, an dem der Käufer die Ware zu übernehmen hat, nicht auseinander (vgl. Incoterms 2000, 4. FOB unter A. Nr. 4 und 5 sowie B. Nr. 4 und 5, abgedruckt bei Baumbach/Hopt, aaO). Es kommt deshalb entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auf die streitige Frage, welcher Ort der nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO maßgebliche Lieferort ist, wenn es sich bei dem zu Grunde liegenden Kauf um einen Versendungskauf handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juli 2008, aaO, m.w.N., und Hau, IPRax 2009, 44 f. m.w.N.), nicht an.
21
Die Verordnung bezweckt, die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen durch Zuständigkeitsvorschriften zu vereinheitlichen, die in hohem Maße vorhersehbar sind. Sie soll den Rechtsschutz der in der Gemeinschaft ansässigen Personen in der Weise verbessern, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und ein Beklagter entsprechend vorhersehen kann, vor welchem Gericht er verklagt werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007, aaO, Rdnr. 19 f.). Diesem Ziel entspricht es, bei einer vertraglich vereinbarten FOB-Klausel den Verschiffungshafen als Lieferort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO anzusehen (House of Lords, aaO, Tz. 51 f.). Dieser ist ohne weiteres identifizierbar und von den Parteien ohne Schwierigkeiten voraussehbar. Er weist ferner eine enge Verknüpfung mit dem Vertrag auf, weil er dem Ort entspricht , an dem der Käufer die Ware übernimmt und Gefahr und Kosten auf ihn übergehen. Dagegen ist der Bestimmungsort der Ware dem Verkäufer unter Umständen nicht bekannt; er kann zudem nach Übernahme der Ware während des Transports – beispielsweise aufgrund eines Weiterverkaufs – Änderungen unterliegen.
22
dd) Das Berufungsgericht hat, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent , bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Lieferung tatsächlich gemäß einer von den Kaufvertragsparteien vereinbarten FOB-Klausel erfolgt ist. Revisionsrechtlich ist daher im Folgenden zugunsten der Klägerin zu unterstellen , dass dies der Fall ist und damit der Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO außerhalb des geographischen Geltungsbereichs der Verordnung liegt, so dass nicht Art. 5 Nr. 1 Buchst. b, sondern Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO Anwendung findet (Art. 5 Nr. 1 Buchst. c EuGVVO).
23
b) Im Rahmen von Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO können die Parteien – wie bisher schon im Rahmen von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler EWGÜbereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) – den Erfüllungsort vereinbaren, sofern dieser Ort einen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit aufweist (zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ EuGH, Urteil vom 28. September 1999 – Rs. C-440/97, NJW 2000, 719 – GIE Groupe Concorde u.a. ./. Kapitän des Schiffes "Suhadiwarno Panjan" u.a., Rdnr. 28 m.w.N.; Czernich/Tiefenthaler, aaO, Art. 5 Rdnr. 21; Geimer/Schütze, aaO, Art. 5 Rdnr. 124; Kropholler, aaO, Art. 5 Rdnr. 35; MünchKommZPO/ Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVO Rdnr. 38; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 11; Wipping, Der europäische Gerichtsstand des Erfüllungsortes – Art. 5 Nr. 1 EuGVVO, 2008, S. 229 f.; Murmelter, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Europäischen Zivilprozessrecht, 2007, S. 210; Klemm, Erfüllungsortvereinbarungen im Europäischen Zivilverfahrensrecht , 2005, S. 65 f.; Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rdnr. 43; zweifelnd Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rdnr. 5). Insoweit rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin, zwischen den Kaufvertragsparteien sei die Erfüllung der abgetretenen Forderungen in Deutschland durch die von der Beklagten unterzeichneten Schreiben vom 3./5. November 2003 vereinbart worden, übergangen hat.
24
Ob die von den Verkäufern und der Beklagten unterzeichneten und sodann an die Klägerin übersandten Schreiben vom 3./5. November 2003 so auszulegen sind, dass sie über die bloße Kenntnisnahme der Beklagten von der Abtretung hinaus die Vereinbarung eines – deutschen – Erfüllungsorts für die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche enthalten, kann der Senat indes mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilen. Das Berufungsgericht geht unbeanstandet davon aus, dass die Kaufverträge türkischem Recht unterliegen. Das gilt mithin auch für das Zustandekommen und die Auslegung einer gegebenenfalls in den Schreiben vom 3./5. November 2003 enthaltenen Vereinbarung der Kaufvertragsparteien zum Erfüllungsort der Zahlungsverpflichtung (Art. 28 Abs. 1, 2, Art. 33 Abs. 2 EGBGB). Dazu wird das Berufungsgericht weitere Feststellungen zu treffen haben.

III.

25
Nach dem Ausgeführten kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Sollte der Lieferort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO nach den im weiteren Verfahren zu treffenden Feststellungen tatsächlich in der Türkei liegen, das Berufungsgericht aber entgegen der Behauptung der Klägerin einen vereinbarten Erfüllungsort für die Kaufpreiszahlungspflicht nicht feststellen können, wird das Berufungsgericht sich mit der Frage auseinanderzusetzen haben, wie in diesem Fall nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a EuGVVO der Erfüllungsort für die Kaufpreiszahlungsverpflichtung zu bestimmen ist (vgl. auch das Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Ge- richtshofs (Österreich), eingereicht am 29. November 2007, ABl. EG Nr. C 37 vom 9. Februar 2008, S. 15, Rs. C-533/07).
Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 25.09.2006 - 8 O 31/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.05.2007 - I-22 U 28/07 -

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 45/13 Verkündet am:
24. Oktober 2014
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einem auf konkrete Tatsachen gestützten Verdacht, der Zessionar habe bei dem
Erwerb einer Grundschuld gewusst, dass der Zedent sich diese durch Betrug verschafft
hat oder sie treuwidrig verwendet, trifft den Zessionar eine sekundäre Darlegungslast
über die Umstände seines Erwerbs und über den mit diesem verfolgten
Zweck (Fortführung von Senat, Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ
103, 72, 82).
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2014 - V ZR 45/13 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Mai 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger zeichnete Anfang März 2000 eine atypische stille Beteiligung an der S. AG, einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, in Höhe von 60.000 DM, für die die S. AG eine Verzinsung in Aussicht stellte. Der Einlagebetrag sollte zu 100 % finanziert werden. Zur Sicherung der von der S. AG zu vermittelnden Finanzierung sollte der Kläger u.a. eine Grundschuld an einem Grundstück bestellen, dessen Miteigentümer er und sein Bruder zu je ½ waren. Seinen Gesellschaftsanteil sollte der Kläger bis zur Höhe von 30.000 DM beleihen können, um auf diese Weise liquide Geldmittel zu erhalten.
2
Mit notarieller Urkunde vom 14. März 2000 bestellten der Kläger und sein Bruder eine mit 10 % p.a. zu verzinsende Buchgrundschuld in Höhe von 60.000 DM zugunsten der S. AG und unterwarfen sich hinsichtlich der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung. Die S. AG (im Folgenden: Zedentin) trat die Grundschuld am 18. Mai 2000 an die Beklagte ab, um damit eigene Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Beklagten abzusichern.
3
Die Beklagte betreibt die Zwangsversteigerung aus der Grundschuld. Der Kläger will diese verhindern. Er trägt vor, dass die Zedentin die Grundschuld von vorneherein nicht zu den von ihr erklärten Zwecken, sondern allein zur Geldbeschaffung für sich habe verwenden wollen. Die Zedentin habe zahlreiche Grundschulden von Grundstückseigentümern durch betrügerische Machenschaften erworben. Die Beklagte, welche die meisten der von der Zedentin erlangten Grundschulden durch Abtretung erworben habe, habe hiervon gewusst. Die Beklagte erwidert, sie sei ebenfalls von der Zedentin betrogen worden und habe noch erhebliche Forderungen gegen diese.
4
Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung „aus der … erteilten vollstreckbaren Ausfertigung“ der notariellen Urkunde vom 14. März 2000 für unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung zu verurteilen. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe die Grundschuld gutgläubig einredefrei erworben. Selbst wenn die Zedentin - etwa wegen betrugsbedingter Unwirksamkeit der Grundschuldbestellung - zur Übertragung der Grundschuld nicht berechtigt gewesen sei, liege jedenfalls ein wirksamer Zweiterwerb der Beklagten vor. Der Kläger habe die Kenntnis der Beklagten von der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bewiesen. Eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge nicht; den Erwerber treffe auch keine Erkundigungspflicht.

II.

6
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Die angefochtene Entscheidung ist schon deshalb fehlerhaft, weil das Berufungsgericht unter Verletzung seiner materiellen Prozessleitungspflicht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Klage nur nach den für die Vollstreckungsabwehrklage geltenden Grundsätzen geprüft hat.
8
Dass der Kläger eine Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO erheben wollte, liegt nahe, weil er Einwendungen gegen den titulierten Anspruch aus der Grundschuld nach § 1192 Abs. 1, § 1147 BGB vorgetragen hat. Sein Klageantrag bezieht sich allerdings auf die von dem Notar der Beklagten erteilte Vollstreckungsklausel. Der Antrag, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung für unzulässig zu erklären, ist bei einer Klauselgegenklage nach § 768 ZPO zu stellen (vgl. MünchKommZPO /K. Schmidt/Beckmann, 4. Aufl., § 768 ZPO Rn. 6; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 768 Rn. 9). Mit dieser Klage macht ein Schuldner geltend, dass die Zwangsvollstreckung aus einer von dem Notar nach §§ 726 ff. ZPO erteilten qualifizierten Vollstreckungsklausel unzulässig ist (vgl. Senat, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 92/11, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 234).
9
Unter Anwendung des Auslegungsgrundsatzes, dass eine Partei mit ihren Prozesshandlungen im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, NJW-RR 2005, 371, 372 mwN), ist davon auszugehen, dass der Kläger beide Rechtsschutzziele verfolgt. Ein solches Vorgehen ist möglich; die Klagen nach § 767 ZPO und nach § 768 ZPO haben zwar unterschiedliche Streitgegenstände, sie können aber miteinander verbunden werden (KG, MDR 2008, 591, 592; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 768 Rn. 2). Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich für beide Rechtsbehelfe als rechtsfehlerhaft.
10
2. Die Begründung für die Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist nicht tragfähig.
11
a) Das Berufungsgericht geht allerdings im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass sich der Kläger gegen den Anspruch aus der abgetretenen Grundschuld nach § 1192 Abs. 2, § 1147 BGB nur dann auf die ihm aus dem Rechtsverhältnis mit der Zedentin zustehenden Einreden berufen kann, wenn die Beklagte bei dem Erwerb der Grundschuld in Ansehung dieser Einreden bösgläubig war. Das folgt aus der Verweisung in § 1157 Satz 2 BGB auf § 892 Abs. 1 BGB. Danach kann der Grundstückseigentümer die nicht im Grundbuch eingetragenen Einreden aus dem Rechtsverhältnis zum Zedenten dem Zessionar nur entgegensetzen, wenn dieser die Einrede bei dem Erwerb der Grundschuld kannte.
12
aa) Anders verhielte es sich auch dann nicht, wenn die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs der Zedentin gegen den Kläger bestellt worden sein sollte, es sich also um eine Sicherungsgrundschuld im Sinne der jetzigen Begriffsbestimmung in § 1192 Abs. 1a BGB (zu dieser: Olbrich, ZfIR 2013, 405 f.; Nietsch, NJW 2009, 3606) handelte. Die Vorschrift des § 1192 Abs. 1a BGB, nach der ein gutgläubiger Erwerb bei Sicherungsgrundschulden ausgeschlossen ist, findet nämlich hier keine Anwendung, weil die Abtretung der Grundschuld vor dem 19. August 2008 erfolgte (vgl. Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB).
13
(1) Für die vor diesem Zeitpunkt erfolgten Abtretungen von Sicherungsgrundschulden entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass der Zessionar in Bezug auf die sich aus dem Sicherungsvertrag ergebenden Einreden nur dann als bösgläubig anzusehen ist, wenn er im Zeitpunkt des Erwerbs nicht nur den Sicherungszweck der Grundschuld gekannt, sondern auch gewusst hat, dass die gesicherte Forderung nicht besteht oder einredebehaftet ist (vgl. Senat, Urteil vom 21. April 1972 - V ZR 52/70, BGHZ 59, 1, 2 und vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ 103, 72, 82 und BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 36).
14
(2) Daran ist für Altfälle auch vor dem Hintergrund der Neuregelung in § 1192 Abs. 1a BGB festzuhalten. Der von der Revision unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Rostock (Urteil vom 6. April 2004 - 7 U 127/05, Seite 6, unveröffentlicht) und Stimmen in der Literatur (Fridgen, WM 2008, 1862, 1867 mwN; ähnlich Neef, JR 2006, 353, 356 f.) vertretenen Ansicht, der Zessionar müsse in Ansehung der Einreden gegenüber einer Sicherungsgrundschuld bereits dann als bösgläubig angesehen werden, wenn er - obwohl er von dem Sicherungscharakter der Grundschuld wisse - sich nicht darum kümmere, ob einer Geltendmachung des Anspruchs aus der Grundschuld Einreden aus dem Sicherungsvertrag entgegenstünden, kann nicht beigetreten werden.
15
Die Vorschriften über den gutgläubig einredefreien Erwerb von Grundschulden (§ 1157 Satz 2, § 892 Abs. 1 BGB) sind nicht anders als bisher auszulegen. Die Bestimmung des § 1192 Abs. 1a BGB, nach der der Eigentümer des haftenden Grundstücks seine Einreden aus dem Sicherungsvertrag stets gegenüber dem Zessionar (unabhängig von dessen guten Glauben) entgegensetzen kann, findet - wie bereits ausgeführt - nur auf die nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erfolgten Abtretungen Anwendung. Die für die Annahme einer Bösgläubigkeit des Grundschuldzessionars maßgeblichen Rechtsvorschriften sind demgegenüber unverändert geblieben. Ein Vorschlag, die §§ 1157, 892 BGB um eine Regelung zu ergänzen, nach der der Zessionar dann nicht als gutgläubig anzusehen sein sollte, wenn ihm die Einrede infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war (Stürner, Festschrift Medicus [2009], 513, 517; ders., JZ 2010, 774, 778), wurde im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz (vom 18. August 2009, BGBl. I S. 1666) nicht aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, aus Anlass der Einführung von § 1192 Abs. 1a BGB, die Anforderungen an einen gutgläubig einredefreien Erwerb von Grundschulden nach den unverändert gebliebenen § 1157 Satz 2, § 892 Abs. 1 BGB (rückwirkend) zu verschärfen.
16
bb) Eine Möglichkeit, der Beklagten die Einreden aus dem Sicherungsvertrag entgegenzuhalten, ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers.
17
(1) Die Revision beruft sich insoweit ohne Erfolg auf ein Urteil des Senats (vom 26. März 1976 - V ZR 247/74, BGHZ 66, 165) zum früheren (durch Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes über Verbraucherkredite vom 17. Dezember 1990 - BGBl. I, S. 2840, 2846 aufgehobenen) Abzahlungsgesetz. Danach konnte ein Käufer, der eine Sache unter Gewährung eines Ratenkredits gekauft hatte, seine Einwendungen auch gegenüber dem Grundschuldzessionar geltend machen , wenn das Grundpfandrecht zur Sicherung von Forderungen aus dem Abzahlungsgeschäft bestellt worden war und der an dem finanzierten Geschäft in enger Weise wirtschaftlich beteiligte Zessionar das wusste (Senat, Urteil vom 26. März 1976 - V ZR 247/74, aaO, 172 f.) Im Schrifttum wird vertreten, diese Entscheidung beruhe auf dem verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, dass der Zessionar, der an einem durch ein grundpfandrechtlich gesichertes Verbraucherdarlehen finanzierten Geschäft wirtschaftlich eng beteiligt sei, weniger schutzwürdig und deshalb seine Kenntnis von dem Sicherungscharakter der Grundschuld ausreichend sei (Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 1192 Rn. 154; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 45 III Rn. 67 Fn. 2).
18
(2) Auch dem kann nicht beigetreten werden. Dagegen spricht bereits, dass auf die im Jahr 2000 von dem Kläger abgeschlossenen Verträge das Verbraucherkreditgesetz anzuwenden wäre. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG fanden die Bestimmungen über den Einwendungsdurchgriff bei den sog. verbundenen Geschäften (§ 9 Abs. 3, 4 VerbrKG) aber gerade keine Anwendung auf die Realkreditverträge (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 20; Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 Rn. 25 für die kreditfinanzierten Fondsbeteiligungen).
19
b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die Beklagte auf Grund des nach dem Vortrag des Klägers begründeten Verdachts eines vorsätzlich unredlichen Erwerbs der Grundschuld eine sekundäre Darlegungslast über die näheren Umstände des Abtretungsgeschäfts und über den mit diesem verfolgten Zweck trifft.
20
aa) Grundsätzlich braucht der Zessionar bei der Geltendmachung des Anspruchs aus dem Grundpfandrecht (§ 1147 BGB) allerdings nur den Erwerb des dinglichen Rechts darzulegen und zu beweisen. Der Zessionar wird durch die Verweisung in § 1157 Satz 2 BGB auf die Vorschrift in § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB geschützt, nach der nur die positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs einem gutgläubigen Erwerb des gebuchten Rechts von dem eingetragenen Berechtigten entgegensteht. Die Anwendung des § 892 Abs. 1 BGB auf die aus dem Rechtsverhältnis des Eigentümers zum Zedenten begründeten Einreden bedeutet, dass der Zessionar - wenn nichts anderes im Grundbuch verlautbart ist - von dem Bestehen der Grundschuld und des sich aus dieser ergebenden Anspruchs (§ 1192 Abs. 1, § 1147 BGB) ausgehen darf. Der mit diesen Vorschriften einhergehende Verkehrsschutz würde unterlaufen , wenn man dem aus der Grundschuld vorgehenden Zessionar zur Widerlegung des von dem Grundstückseigentümer erhobenen Einwands eines bösgläubigen Erwerbs stets auferlegte, die Umstände und den Zweck des Erwerbs der Grundschuld darzulegen.
21
bb) Anders verhält es sich jedoch, wenn vom Gegner konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die den Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Zedenten und dem Zessionar zum Schaden des haftenden Eigentümers oder eines Erwerbs der Grundschuld unter bewusster Hinwegsetzung über die dem Zessionar bekannten Einreden begründen. Durch § 1157 Satz 2 BGB soll zwar der Verkehr im Vertrauen auf das Bestehen der eingetragenen Grundschuld geschützt, nicht aber die Durchsetzung eines bösgläubig erworbenen Rechts gefördert werden. Diese Wirkung hätte die Vorschrift jedoch , wenn der Zessionar auch angesichts gegen ihn sprechender Verdachtsgründe zu den Umständen des Erwerbs der Grundschuld und des damit verfolgten Zwecks schweigen dürfte und es damit allein dem haftenden Grunds- tückseigentümer überlassen bliebe, anhand ihm nicht bekannter Vorgänge die Bösgläubigkeit des Zessionars nachzuweisen.
22
(1) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr nähere Angaben zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395, 2397 mwN). Das trifft auch auf die von dem Eigentümer auf Grund der Vermutung in § 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 BGB zu beweisende Kenntnis des Zessionars von den Einreden gegen die Grundschuld zu. Der für die Bösgläubigkeit des Zessionars darlegungs- und beweispflichtige Eigentümer ist an dem Geschäft über die Abtretung der Grundschuld nicht beteiligt und kennt daher weder die zwischen dem alten und dem neuen Gläubiger getroffenen Absprachen noch die dem Zessionar von dem Zedenten in Bezug auf mögliche Einreden erteilten Informationen.
23
(2) Vor diesem Hintergrund kann der aus dem dinglichen Recht vorgehende Zessionar verpflichtet sein, zu den Umständen des Erwerbs der Grundschuld und den mit diesem verfolgten Zweck vorzutragen. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Zessionar ein Wort der Erklärung finden muss, dass mit der Abtretung ein anderer Zweck als derjenige verfolgt wurde, dem Eigentümer die Einreden gegen die Grundschuld nach § 1157 Satz 2 BGB abzuschneiden, wenn auffällige Umstände (wie mehrfache, schnell hintereinander erfolgte Abtretungen der Grundschuld unter Einschaltung eines Zwischenerwerbers) einen solchen Verdacht nahelegen (Senat, Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ 103, 72, 82). Eine solche Obliegenheit des Zessionars besteht jedoch nicht nur bei dem Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Ze- dent und Zessionar. Die sekundäre Darlegungslast trifft den Zessionar vielmehr auch dann, wenn von dem Eigentümer vorgetragene konkrete Tatsachen den Verdacht begründen, dass der Zessionar in Kenntnis eines betrügerischen Erwerbs oder einer treuwidrigen Verwendung der Grundschulden durch die Zedentin die Grundschulden erworben hat. Die Erklärungsobliegenheit des Zessionars entfällt nicht deswegen, weil dieser mit dem Erwerb eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt hat und möglicherweise selbst - etwa bezüglich der Werthaltigkeit der Grundstücke - von dem Zedenten getäuscht worden ist. Die sekundäre Darlegungslast beruht nämlich auf dem konkreten Verdacht der Bösgläubigkeit des Zessionars im Hinblick auf die sich aus dem Rechtsverhältnis des Eigentümers mit dem Zedenten ergebenden Einreden gegen die Grundschuld. Unter diesen Umständen darf der Zessionar seine Verteidigung nicht - wie hier - auf das bloße Bestreiten des Vorbringens des Eigentümers und den Hinweis beschränken, dass dieser nach der Bestimmung über den gutgläubig einredefreien Erwerb der Grundschuld in § 1157 Satz 2 BGB die Risiken einer treuwidrigen Verfügung des Zedenten tragen müsse (vgl. Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Auflage, Rn. 1081).
24
cc) Nach dem von der Revision aufgezeigten Vortrag des Klägers, von dem mangels anderer Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen ist, liegen konkrete Tatsachen vor, die den Verdacht begründen , dass die Beklagte die Grundschuld in Kenntnis des betrügerischen Vorgehens der Zedentin erworben hat oder jedenfalls wusste, dass diese mit der Abtretung ihre treuhänderischen Bindungen verletzte. Die Grundschulden, die die Beklagte im Fall des Klägers und in weiteren Parallelfällen von der Zedentin übertragen erhielt, waren an Grundstücken Dritter, nämlich der Kunden der Zedentin, bestellt worden. Schon dass sich die Zedentin in zahlreichen Fällen abtretbare Grundschulden zu ihren Gunsten bestellen ließ, liegt bei einem nicht als Kreditinstitut nach §§ 1, 32 KWG zugelassenen Unternehmen außer- halb des üblichen Geschäftsverkehrs (vgl. Clemente, ZfIR 2007, 737, 741 mit Fn. 29). Die Grundschulden wurden dabei gegenüber der Beklagten jeweils zur Sicherung eigener Kredite der Zedentin, nicht für von der Zedentin lediglich vermittelte Kundendarlehen eingesetzt. Damit lag der Verdacht einer unerlaubten Verwendung fremder Sicherheiten zum Zwecke der eigenen Geldbeschaffung der Zedentin nahe.
25
Auffällig ist zudem, dass die Grundschulden sehr kurze Zeit nach der Bewilligung , noch vor ihrer Eintragung in das Grundbuch an die Beklagte abgetreten wurden. Das schließt zwar einen gutgläubig einredefreien Erwerb nach § 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 BGB nicht aus, weil es dafür allein auf den Buchstand im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs (hier durch die Eintragungen der Abtretung der Buchgrundschulden in das Grundbuch) ankommt und weil für einen gutgläubigen Erwerb eine Kenntnis des Erwerbers vom Buchstand ebensowenig erforderlich ist wie ein Vertrauen auf den Buchstand oder eine Kausalität zwischen dem Buchstand und dem Erwerb (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai 1980 - V ZR 27/79, NJW 1980, 2413, 2414). Für die Abtretung bewilligter, aber noch nicht eingetragener Grundschulden besteht aber in der Regel kein Anlass, da diese dem Zessionar noch keine Sicherheit für etwaige Zahlungen an den Zedenten verschaffen. Wenn das dennoch immer wieder geschieht, ist der Verdacht begründet, dass es den an dem Abtretungsgeschäft beteiligten Personen vor allem darum ging, möglichst schnell die Voraussetzungen für ein Vorgehen des Zessionars aus den Grundschulden herbeizuführen, ohne auf Einreden der Grundstückseigentümer aus den der Bestellung der Grundschulden zugrunde liegenden Rechtsgeschäften Rücksicht nehmen zu müssen.
26
dd) Der ihr nach dem Vorstehenden obliegenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte - wie die Revision zu Recht geltend macht - bislang nicht nachgekommen. Sie hat lediglich pauschal ihre Bösgläubigkeit bestritten.
27
3. Mit der von dem Kläger nach seinem Antrag ebenfalls erhobenen Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) hat sich das Berufungsgericht bislang rechtsfehlerhaft nicht befasst. Diese Klage hätte auf der Grundlage des unter anderem auf den Inhalt des notariellen Schuldanerkenntnisses gestützten Vorbringens des Klägers Erfolg, nach dem die Grundschuld eine Forderung der Zedentin gegen ihn und seinen Bruder absicherte und damit Sicherungsgrundschuld war.
28
a) Die Klage nach § 768 ZPO ist begründet, wenn die als bewiesen angenommenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht vorlagen (BeckOK-ZPO/Preuß, 11. Edition, § 768 Rn. 5: Hk-ZPO/Kindl, 5. Aufl., § 768 Rn. 1; Musielak/Lackmann, aaO, 7; PG/Scheuch, ZPO, 5. Aufl. § 768 Rn. 8). Bei der Umschreibung des Titels, der auf einer notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) zur Sicherung des Anspruchs aus einer Grundschuld beruht, gehört hierzu die Erklärung des neuen Gläubigers, die sich aus der Sicherungsabrede zwischen dem Schuldner und dem Zedenten ergebenden treuhänderischen Bindungen zu übernehmen (Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 237/11, NJW 2012, 2354 Rn. 5; BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 36 ff.). Der Eintritt des Zessionars in den Sicherungsvertrag ist eine Vollstreckungsbedingung (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 2013 - V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268, 270; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172 Rn. 17), deren Vorliegen in einem Verfahren nach § 768 ZPO zu klären ist (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - VII ZR 89/10, aaO Rn. 18).
29
b) Danach könnte die Beklagte aus der zur Sicherung der Forderungen der Zedentin abgegebenen Unterwerfungserklärung nur dann die Vollstreckung betreiben, wenn sie in die Sicherungsabrede eingetreten wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich. Die Abtretung der Grundschuld enthält nicht ohne weiteres zugleich eine stillschweigende Vereinbarung über die Übernahme der Verbindlichkeiten aus der Sicherungsabrede (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 237/11, NJW 2012, 2354 Rn. 5 mwN). Gegen eine solche Vereinbarung spricht zudem, dass die Beklagte mit den zwischen der Zedentin und den Grundstückseigentümern getroffenen Abreden nichts zu tun haben will.

III.

30
Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
31
1. a) Hinsichtlich der Vollstreckungsabwehrklage ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihrer sekundären Darlegungslast nachzukommen.
32
b) Für den Fall, dass die Beklagte ihr Vorbringen zu den Umständen des Erwerbs und dessen Zweck noch ergänzt, weist der Senat für die dann weiter zu prüfende Bösgläubigkeit (§ 1157 Satz 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 BGB) auf Folgendes hin:
33
aa) Hinsichtlich der auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützten Einrede setzt eine Bösgläubigkeit der Beklagten voraus, dass sie das betrügerische Handeln der Zedentin kannte. Kenntnis von den kriminellen Handlungen der Zedentin hätte die Beklagte erlangt, wenn der sie bei dem Erwerb der Grundschulden vertretende director, dessen Kenntnis nach § 166 Abs. 1 BGB maßgeblich ist, entweder von den betrügerischen Machenschaften der Zedentin wusste oder sich der Erlangung dieser Kenntnis bewusst verschlossen hatte. Letzteres wäre der Fall, wenn sich der Verdacht eines kriminellen Erwerbs der Grundschulden durch die Zedentin für ihn aufdrängte, er jedoch die Möglichkeiten , sich Klarheit zu verschaffen, bewusst nicht wahrgenommen hätte, um zu vermeiden, dass aus einem begründeten Verdacht Gewissheit wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91, NJW 1994, 2289, 2291).
34
Dazu bedarf es einer tatrichterlichen Würdigung der von dem Kläger vorgetragen Indiztatsachen. Dass die Grundschulden durch betrügerisches Handeln der Zedentin erworben wurden, hat der Kläger durch Vorlage des Urteils in dem Strafverfahren gegen den für die Zedentin handelnden W. S. dargelegt, in dem dieser wegen Betruges zu seinem Nachteil und zum Nachteil weiterer Eigentümer verurteilt worden ist die der Zedentin Grundschulden bestellt haben. Indizien dafür, dass das Geschäftsgebaren der Zedentin der Beklagten nicht unbekannt ist, ergeben sich neben den bereits erwähnten Auffälligkeiten bei den Abtretungen (siehe oben II.2.b)cc)) auch daraus, dass nach der von dem Kläger vorgelegten Auswertung der Handelsregistereintragungen durch das Landeskriminalamt der director der Beklagten zugleich Geschäftsführer eines Unternehmens war, das als Kommanditistin an dem Unternehmen der mehrfach umfirmierten Zedentin beteiligt war.
35
bb) Ebenso verhält es sich bezüglich der Einreden des Klägers aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Zedentin. Kenntnis von der Einrede hat der Zessionar nämlich nicht nur, wenn er die Einrede bei dem Erwerb positiv kennt, sondern auch dann, wenn er bewusst die Augen davor verschließt, dass solche Einreden bestehen (ähnlich im Rahmen des § 826 BGB: Senat, Urteil vom 15. Januar 1988 - V ZR 183/86, BGHZ 103, 72, 82; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 751; vgl. zur Einschränkung des Gutglaubensschutzes im Fall vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung: OLG Stuttgart, OLGZ 1969, 477, 481; RGZ 117, 180, 189; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 892 Rn. 31).
36
2. Die Klauselgegenklage nach § 768 ZPO ist ebenfalls nicht entscheidungsreif. Sie betrifft einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt, zu dem sich die Beklagte bislang nicht hat äußern können. Die Zurückverweisung gibt hierzu Gelegenheit.
37
3. Soweit darüber hinaus die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels analog § 371 BGB verlangt, hängt der Erfolg dieses Antrags im Wesentlichen vom Schicksal der Vollstreckungsabwehrklage ab (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512, 1513).

Stresemann Czub Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 12.10.2011 - 5 O 1350/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.05.2012 - 14 U 1748/11 -
9
a) Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , der die Literatur ganz überwiegend folgt, in analoger Anwendung von § 371 BGB jedenfalls zulässig, wenn entweder über eine Vollstreckungsabwehrklage bereits rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist oder die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist (BGHZ 127, 146, 148 f. allerdings mit der Einschränkung "jedenfalls"; BGH, Urt. v. 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, WM 1994, 650, 652; Staudinger/Olzem, BGB [2006] § 371 Rdn. 7; Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 371 Rdn. 4; Musielak/Lackmann, ZPO 6. Aufl. § 767 Rdn. 14 m.w.Nachw.). Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Ansicht zu folgen ist (s. insoweit die beachtlichen Argumente gegen die h.A. bei MünchKommBGB/Wenzel, 5. Aufl. § 371 Rdn. 8). Denn auch auf der Grundlage der h.A. ist die Klage im Zeitpunkt der Herausgabe des Titels zulässig gewesen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

8
Ein solcher Fall liegt hier nach der Auslegung von Ziffer 6 des notariellen Übergabevertrages durch das Berufungsgericht vor, wonach die Parteien der Beklagten durch die abweichende Vereinbarung zu § 1050 BGB sämtliche Erhaltungspflichten bezüglich des Grundstücks und der darauf befindlichen Gebäude auferlegt haben. Diese Auslegung ist in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich dahin, ob der Tatrichter die gesetzlichen oder allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde gelegten Tatsachen ohne Verfahrensfehler ermittelt hat (st. Rspr., vgl. BGHZ 150, 32, 37; 137, 69, 72; 131, 136, 138). Solche Fehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
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2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme, der Vertrag erlaube eine auf die allgemeine Gebäudesanierung bezogene Rücklagenbildung, weil mit dem in § 10 Nr. 2 Buchst. a des Vertrags genannten Begriff der "gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen des Grundstücks" das Gebäude insgesamt gemeint sei. Die Auslegung einer Individualabrede gemäß §§ 133, 157 BGB kann von dem Revisionsgericht zwar nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich darauf, ob der Tatrichter die gesetzlichen und allgemein anerkannten Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde gelegten Tatsachen ohne Verfahrensfehler ermittelt hat (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2009 – V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, Rn.8 mwN). Sie ist in diesem Rahmen aber zu beanstanden.
9
aa) Das Berufungsgericht hat - wie die Revision zu Recht geltend macht - den Vertrag rechtsfehlerhaft dahingehend ausgelegt, dass die einzelnen Leistungen nicht schuldrechtlich, sondern nur dinglich aufgrund der Reallast geschuldet sind. Die Auslegung einer Individualabrede gemäß §§ 133, 157 BGB kann von dem Revisionsgericht zwar nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich darauf, ob der Tatrichter die gesetzlichen und allgemein anerkannten Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde gelegten Tatsachen ohne Verfahrensfehler ermittelt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 16. September 2011 - V ZR 236/10, NJWRR 2012, 218 Rn. 5 mwN). Sie ist in diesem Rahmen aber zu beanstanden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

Die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist.

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Der als Erbe des Schuldners verurteilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten ist.

(2) Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurteilt wird oder wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter oder einen anderen Nachlasspfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.