Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2014 - 6 A 10976/13

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2014:0718.6A10976.13.0A
bei uns veröffentlicht am18.07.2014

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 10. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten eine Beteiligung an den Landesleistungen für jüdische Gemeinden für die Jahre 2000 bis 2010 in Höhe von 454.905,00 €.

2

Der Kläger wurde 1996 in Speyer gegründet und 1997 in das Vereinsregister eingetragen. Nach seiner Vereinssatzung versteht er sich als Nachfolger der „Israelitischen Gemeinde Speyer“. Er ist nicht Mitglied des beigeladenen Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, lehnt eine Eingliederung in die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz ab und gehört nicht dem Zentralrat der Juden in Deutschland an.

3

Der Beigeladene ist ein Zusammenschluss der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz. Er umfasst die jüdischen Kultusgemeinden Rheinpfalz, Mainz, Koblenz, Bad Kreuznach und Trier und ist Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland.

4

Zwischen dem Beigeladenen und dem beklagten Land bestand bis zum 29. Juni 2012 ein Staatsvertrag, nach welchem die jüdischen Gemeinden mit jährlich 500.000,- DM, ab 2006 jährlich 275.700,- € bezuschusst wurden. Die Zahlung erfolgte nach Art. 2 des Vertrages ausschließlich an den Landesverband, der die Zuschüsse seinerseits nach einem von ihm selbst festgelegten Schlüssel an die Gemeinden verteilte.

5

Anträge des Klägers auf Beteiligung an diesen Zuschüssen lehnte der Beigeladene ab. Ein diesbezügliches Klageverfahren endete mit einem Vergleich, in welchem der Beigeladene sich als damaliger Beklagter verpflichtete, das zuständige Ministerium aufzufordern, das Verfahren zur Entscheidung über die Förderungsfähigkeit einer nicht dem Landesverband angehörenden Jüdischen Gemeinde durchzuführen (7 K 520/08.MZ). In dessen Verlauf erklärte der Beigeladene, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger die Anforderungen an ein jüdisches Gemeindeleben erfülle.

6

Ein Antrag des Klägers mit Schreiben vom 28. Mai 2010, ihm den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, wurde mit Bescheid des Beklagten vom 8. September 2010, zugestellt per Postzustellungsurkunde am 10. September 2010, abgelehnt.

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In der Folgezeit machte der Kläger unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2009 – 2 BvR 890/06 – Zahlungsansprüche unmittelbar gegenüber dem Beklagten geltend. Ein entsprechender Eilantrag auf unmittelbare vorläufige monatliche Zahlungen des Beklagten blieb erfolglos (6 B 10003/10.OVG).

8

Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 454.905,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5. Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. März 2011 zu zahlen,

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hilfsweise,

11

den Beklagten zu verpflichten, ihn mit einem noch festzusetzenden Geldbetrag zu fördern.

12

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

14

Mit Urteil vom 10. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht Mainz die Klage im Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar spreche einiges für die Annahme, dass die Regelungen des Staatsvertrages über die ausschließliche Zuweisung der Mittel an den Beigeladenen und dessen Betrauung mit der Mittelvergabe auch an ihm nicht angehörende Gemeinden mit der Religionsfreiheit und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar seien. Darauf komme es aber nicht an. Denn die Nichtigkeit der Regelungen über die Verteilung sei nicht auf andere Regelungen des Staatsvertrages zu erstrecken. Seitens des Klägers lägen die Fördervoraussetzungen des Staatsvertrages nicht vor. Bei ihm handle es sich nicht um eine förderfähige jüdische Gemeinde im Sinne des Staatsvertrags. Die Landesleistung diene nicht dem Zweck, die Bildung einer jüdischen Gemeinde erst zu ermöglichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine „jüdische Gemeinde“ jede jüdische Vereinigung, die sich selbst als jüdische Gemeinde verstehe und unbeschadet der jeweiligen Art des Glaubensverständnisses innerhalb des Judentums Aufnahme und Anerkennung als jüdische Gemeinde gefunden habe. Dem Kläger fehle es insoweit jedenfalls auch an der – zumindest – erforderlichen Anerkennung als jüdische Gemeinde nach religiöser Überprüfung durch einen entsprechenden Dachverband oder eine vergleichbare überregionale Vereinigung. Die vorgelegten Bescheinigungen genügten nicht.

15

Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht unter anderem geltend, der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei keine zwingende Anspruchsvoraussetzung. Auch einer Gemeinde, die als eingetragener Verein organisiert sei, könne die Beteiligung an Fördermitteln zugesprochen werden.

16

Mit Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 b IN 340/13 SP – hat das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein festgestellt, der Kläger sei zahlungsunfähig und überschuldet, und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Frankenthal durch Beschluss vom 21. Mai 2014 – 1 T 66/14 – zurückgewiesen.

17

Der Kläger ist der Auffassung, dass er hierdurch seine Beteiligtenfähigkeit nicht zwangsläufig verliere. Es finde eine Liquidation statt. Die anhängigen Verfahren beträfen die Frage, ob noch verteilbares Vermögen vorhanden sei.

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Der Kläger beantragt,

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unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 10. Januar 2013 den Beklagten zu verurteilen, 454.905,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. März 2011 an ihn zu zahlen,

20

hilfsweise,

21

den Beklagten zu verpflichten, ihn mit einem noch festzusetzenden Geldbetrag zu fördern.

22

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

24

Er macht geltend, dem Kläger fehle die Rechtsfähigkeit. Diese bestehe nur, soweit der Zweck der Liquidation es erfordere. Nicht erfasst sei der Erwerb neuer Rechte, um den es bei den vorliegenden Rechtsstreitigkeiten gehe. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet.

25

Der Beigeladene schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an und beantragt ebenfalls,

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die Berufung zurückzuweisen.

27

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen, den Verwaltungsakten des Beklagten sowie den von den Beteiligten vorgelegten weiteren Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat keinen Erfolg.

I.

29

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger beteiligtenfähig gemäß § 61 Nr. 1 VwGO, obwohl das Amtsgericht Ludwigshafen durch Beschluss vom 4. Februar 2014 – bestätigt durch den Beschluss des Landgerichts Frankenthal vom 21. Mai 2014 (1 T 66/14) – die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt hat. Damit ist der Kläger zwar aufgelöst (§ 42 Abs. 1 Satz 1 BGB). Als rechtsfähiger Verein in Liquidation (vgl. § 14 der Satzung des Klägers und § 47 BGB) ist er aber gleichwohl nach § 49 Abs. 2 BGB weiter rechts- und damit im Sinne des § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähig, da er seine Rechtsfähigkeit im Rahmen der Durchführung der Liquidation behält. Zu dieser gehört die hier in Rede stehende Fortführung und Beendigung eines Prozesses zur Durchsetzung etwaiger vermögensrechtlicher Ansprüche, wovon auch öffentlich-rechtliche Ansprüche umfasst sind (vgl. Schöpflin, in: Bamberger/Roth, BGB, § 49 Rn. 7 f. m.w.N.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 49 Rn. 2).

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Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Rechts- und damit die Beteiligtenfähigkeit eines Vereins in Liquidation unbegrenzt ist (so die mittlerweile wohl herrschende Auffassung in der zivilrechtlichen Literatur, vgl. Weick, in: Staudinger, BGB, 2005, § 49 Rn. 17 m.w.N.; a.A. Reuter, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 49 Rn. 10), oder ob sie mit der früheren, aber zunehmend eingeschränkten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Liquidationszweck beschränkt ist (vgl. dazu die – in der Kommentarliteratur unterschiedlich bewertete – Entscheidung des BGH vom 22. März 2001 – IX ZR 373/98 –, NJW-RR 2001, 1552 [1553]). Denn auch nach der Auffassung der zivilgerichtlichen Rechtsprechung erfasst das Liquidationsgeschäft alles, was in den Rahmen der in § 49 BGB bezeichneten Rechte fallen kann. Bezüglich bereits bestehender Rechte des Vereins soll die Rechtsträgerschaft des Vereins in Liquidation nämlich nicht eingeschränkt werden, sondern allenfalls „beim Erwerb neuer Rechte“ (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 22. März 2001 – IX ZR 373/98 –, NJW-RR 2001, 1552 [1553]). Hiernach ist der Kläger für die Zwecke des vorliegenden Klageverfahrens weiterhin rechts- und damit beteiligtenfähig. Denn Ziel der Klage ist nicht der Erwerb „neuer Rechte“, sondern die Durchsetzung „alter“ Rechte im Rahmen der Fortführung der Durchsetzung von vermögensrechtlichen Ansprüchen, deren Bestehen der Kläger bereits vor der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht hatte. Eine solche Vermögensliquidation durch Fortführung eines bereits anhängigen Klageverfahrens gehört indessen gerade zum „Kern der Abwicklung“ (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 22. März 2001 – IX ZR 373/98 –, NJW-RR 2001, 1552 [1553]).

II.

31

Die Berufung ist unbegründet.

32

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Fördermittel.

33

Die staatliche Förderung von jüdischen Gemeinden, die nicht Mitglied des Beigeladenen sind, erfolgte für den hier in Rede stehenden Zeitraum von 2000 bis 2010 nach Art. 1 in Verbindung mit Art. 3 Satz 3 des bis zum 29. Juni 2012 geltenden Vertrags zwischen dem Beklagten und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz vom 3. Dezember 1999 in der Fassung des Änderungsvertrags vom 22. Dezember 2005, der einschließlich des Schlussprotokolls durch die Landesgesetze vom 8. März 2000 (GVBl. S. 96) und 2. März 2006 (GVBl. S. 92) in Gesetzesrang erhoben worden ist (s. bereits OVG RP, Beschluss vom 10. Februar 2010 – 6 B 10003/10 –, NVwZ-RR 2010, 586 [Rn. 6]). Dieser „alte“ Staatsvertrag ist hier trotz seines Außerkrafttretens zum 29. Juni 2012 und des Inkrafttretens des „neuen“ Staatsvertrages zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden für Rheinland-Pfalz vom 25. Mai 2012 (GVBl. S. 158) gemäß Art. 14 Satz 2 des neuen Staatsvertrages und § 4 Abs. 3 des Landesgesetzes zu diesem Vertrag (GVBl. S. 157, s. auch zum Datum des Inkrafttretens GVBl. S. 224) für die Beurteilung des Begehrens des Klägers als maßgebliche Rechtsgrundlage heranzuziehen. Denn seine Auslegung ergibt unter Berücksichtigung der Wertungen von Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG, dass Ansprüche einer jüdischen Gemeinde auf Förderung durch staatliche Zuschüsse, die bereits während der Geltung des „alten“ Staatsvertrages entstanden sind, durch das spätere Außerkrafttreten der Regelung nicht mehr berührt werden (vgl. zur Maßgeblichkeit des materiellen Rechts für die Bestimmung des Beurteilungszeitpunktes BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 – 8 C 5/03 –, BVerwGE 120, 246 [259] m.w.N.; s. auch zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Ansprüchen auf staatliche Förderung z.B. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2014 – 6 B 8.12 –, juris Rn. 14 m.w.N.)

34

Nach dem hiernach maßgeblichen „alten“ Staatsvertrag beteiligt sich das Land an den laufenden Ausgaben der jüdischen Gemeinden für religiöse und kulturelle Bedürfnisse und an den Verwaltungskosten des Landesverbandes mit jährlich 275.700 € (Art. 1). Die Zahlung erfolgt ausschließlich an den Landesverband (Art. 2 Abs. 1). Die Landesleistung wird nach einem vom Landesverband selbst festgelegten Schlüssel auf den Landesverband und die Gemeinden verteilt (Art. 2 Abs. 2). Der Landesverband fördert die einzelnen jüdischen Gemeinden ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zum Landesverband (Art. 3 Satz 1). Unmittelbare Ansprüche jüdischer Gemeinden an das Land werden durch den Vertrag nicht begründet (Art. 3 Satz 2). Gemeinden, die nicht dem Landesverband angehören, werden durch die Landesleistung nach Art. 1 gefördert, wenn ihre Aufgaben sowie die Ausübung ihrer Tätigkeit den jüdischen Religionsgesetzen entsprechen und sie eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beanspruchen können (Art. 3 Satz 3). Der Landesverband und das zuständige Ministerium informieren sich gegenseitig, wenn eine jüdische Gemeinde, die nicht Mitglied im Landesverband ist, eine Förderung durch die Landesleistung nach Art. 1 beantragt, und stellen einvernehmlich fest, ob die Voraussetzungen für eine Förderung nach Art. 3 vorliegen (Schlussprotokoll, zu Art. 3, Abs. 1 Satz 1).

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Der Kläger erfüllt die hiernach maßgeblichen Fördervoraussetzungen des Art. 3 Satz 3 des Vertrages nicht, wonach jüdische Gemeinden, die nicht Mitglied des Landesverbandes sind, nur dann gefördert werden können, wenn – erstens – ihre Aufgaben sowie die Ausübung ihrer Tätigkeit den jüdischen Religionsgesetzen entsprechen und sie – zweitens – eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beanspruchen können. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger eine „jüdische Gemeinde“ im Sinne dieser Regelung ist und seine Aufgaben sowie die Ausübung seiner Tätigkeit den jüdischen Religionsgesetzen entsprechen. Denn jedenfalls erfüllt der Kläger die zweite, kumulativ erforderliche Fördervoraussetzung der Körperschaftsfähigkeit nicht. Diese Fördervoraussetzung ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (1.). Darüber hinaus besitzt der Kläger weder als altkorporierte Gemeinde den erforderlichen Körperschaftsstatus, noch hat er einen Anspruch auf dessen Verleihung (2.).

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1. Die Anknüpfung der staatlichen Zuschüsse an die Körperschaftsfähigkeit der bezuschussten jüdischen Gemeinden ist verfassungsgemäß.

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a) In der Bevorzugung von jüdischen Gemeinden mit Körperschaftsstatus gegenüber solchen, die keinen solchen Status innehaben und die diesbezüglichen materiellen Voraussetzungen nicht erfüllen, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung nach Maßgabe des in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 17 Abs. 1 LV verankerten allgemeinen Gleichheitssatzes und keine Verletzung des religionsverfassungsrechtlichen Paritätsgebots.

38

aa) Bei der Förderung von Religionsgesellschaften hat der Staat die durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ergibt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 2 BvR 890/06, BVerfGE 123, 148 [juris Rn. 173] m.w.N.). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 2 BvR 890/06 –, BVerfGE 123, 148 [juris Rn. 173] m.w.N.; s. auch BFH, Urteil vom 30. Juni 2010 – II R 12/09 –, BeckRS 2010, 24004104, Rn. 35).

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Jedoch fordert das Grundgesetz über das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthaltene Angebot zur Erlangung des Korporationsstatus hinaus nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich zu behandeln hat (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1965, BVerfGE 19, 1 [juris Rn. 19 ff.]; BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1965 – 1 BvR 498/62 –, BVerfGE 19, 129; BFH, Urteil vom 30. Juni 2010 – II R 12/09 –, BeckRS 2010, 24004104, Rn. 43). Der Staat darf bei der Förderung von Religionsgesellschaften nach deren äußerer Größe und Verbreitung, nach dem Grad ihrer öffentlichen Wirksamkeit, ihrer kultur- und sozialpolitischen Stellung in der Gesellschaft oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts unterscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 – 7 C 9.89 – BVerwGE 87, 115 [127 ff.], Ls.). Speziell der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus und die damit zum Ausdruck kommende „besondere Bedeutung, die diese Religionsgemeinschaften im öffentlichen Leben und damit auch für die staatliche Rechtsordnung besitzen und die der Staat durch die Verleihung des öffentlich-rechtlichen Status anerkennt“ sowie das ebenfalls aus dem Körperschaftsstatus folgende Steuererhebungsrecht (BVerwG, Urteil vom 24.04.1987 – 7 C 24/85 – NVwZ 1987, 678 [679]) ist von der Rechtsprechung – im Einzelfall sogar zu Lasten der betroffenen Religionsgesellschaften – als Grund für die Differenzierung bei der Gewährung von Subventionen gebilligt worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.04.1987 – 7 C 24/85 – NVwZ 1987, 678). Denn bereits der Gesamtregelung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV liegt eine religionsverfassungsrechtliche Differenzierung insofern zugrunde, als die „altkorporierten“, schon vor Erlass der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften diesen Rechtsstatus behalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Anderen Religionsgemeinschaften ist gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV dieser Status auf Antrag zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften sind vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben sachlich begründet und verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (vgl. BFH, Urteil vom 30. Juni 2010 – II R 12/09 –, BeckRS 2010, 24004104, Rn. 38 m.w.N. aus der Literatur; s. ferner Ehlers, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 21).

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Vor diesem Hintergrund hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsatzbeschluss vom 12. Mai 2009 (– 2 BvR 890/06 –, BVerfGE 123, 48) zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung staatlicher Mittel an Religionsgesellschaften die Verfassungsbeschwerde einer jüdischen Gemeinde, die keinen Körperschaftsstatus innehatte (die damalige Beschwerdeführerin zu 1), für unzulässig erachtet, soweit diese Regelungen angriff, welche eine Bevorzugung von Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus enthielten. Diese Regelungen betrafen zum einen das Recht, Friedhöfe zu betreiben und zum anderen eine Befreiung von Gebühren für öffentliche Leistungen (vgl. BVerfG a.a.O., juris Rn. 162 und Rn. 165). Insoweit führte das Bundesverfassungsgericht aus, die Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig, da der angegriffene Vertrag lediglich die Rechtslage wiederhole, so dass durch ihn keine rügefähige Ungleichbehandlung begründet werde. Wären die betreffenden Regelungen indessen verfassungswidrig und damit nichtig, hätte das Bundesverfassungsgericht auch deren Wiederholung durch den angegriffenen Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde Brandenburgs beanstanden müssen.

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bb) Ist die Körperschaftsfähigkeit der Gemeinden nach den vorstehenden Maßstäben also ein zulässiges Differenzierungskriterium für die Teilhabe an den staatlichen Zuschüssen, verletzt die bevorzugte Förderung von Jüdischen Gemeinden mit Körperschaftsstatus durch das Land Rheinland-Pfalz nicht den allgemeinen Gleichheitssatz in seinen besonderen religionsverfassungsrechtlichen Ausformungen des Paritäts- und Neutralitätsgebots. Indem die Fähigkeit zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Fördervoraussetzung gemacht wird, wird an die bereits in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV vorgezeichnete Differenzierung zwischen Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus – die eine besondere Bedeutung für das öffentliche Leben besitzen – und solchen ohne Körperschaftsstatus angeknüpft. Insoweit ist es auch sachlich gerechtfertigt, dass nicht an den formalen Verleihungsakt angeknüpft wird, sondern die Förderung an das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Verleihung des Körperschaftsstatus bezogen ist.

42

b) Die Fördervoraussetzung der Körperschaftsfähigkeit ist auch nicht etwa deshalb verfassungswidrig und nichtig, weil die Regelungen über den Verteilungsmodus der Fördergelder in Art. 2 Abs. 2 des Vertrages verfassungswidrig sind bzw. waren.

43

Es spricht zwar alles dafür, dass der in Art. 2 Abs. 2 des Vertrages geregelte Verteilungsmodus, wonach die Landesleistung nach einem Schlüssel, den „der Landesverband selbst festlegt und bis zum 31.12. des Vorjahres dem Land mitteilt“, verteilt wird, verfassungsrechtlich unzulässig ist. Denn die Regelung entspricht einer Bestimmung aus dem Vertrag zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde Brandenburg vom 26. April 2005, die das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits genannten Beschluss vom 12. Mai 2009 für verfassungswidrig erklärt hat. Wie jene Regelung versetzt auch die vorliegende den Landesverband in einem sensiblen grundrechtlich geschützten Bereich in eine Situation institutioneller Befangenheit, indem sie diesen verpflichtet, die Grenzen seiner eigenen Berechtigung selbst abzustecken, obwohl er in einem Konkurrenzverhältnis zu den einzelnen jüdischen Gemeinden steht (vgl. BVerfG a.a.O., juris Rn. 187 ff.). Wie die brandenburgische Regelung dürfte daher auch Art. 2 Abs. 2 des vorliegenden Vertrages als unvereinbar mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG anzusehen sein.

44

Dies führt indessen nicht zugleich zur Nichtigkeit der hier allein maßgeblichen Regelung über die Fördervoraussetzungen in Art. 3 Satz 3 des Vertrages. Eine gesetzliche Regelung ist nämlich nur dann von der Nichtigkeit einer anderen Bestimmung des Gesetzes umfasst, wenn sie keine von dieser „unabhängige, selbstständige Bedeutung hat“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2.November 1958 – 2 BvL 4/56 u.a. –, BVerfGE 8, 274 [301]; BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 –, BVerfGE 65, 325 [358]; BVerfG, Urteil vom 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 –, BVerfGE 111, 226 [273]; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 − 2 BvR 882/09 –, BVerfGE 128, 282; st. Rspr.).

45

Für vertragliche Bestimmungen, die durch ein einheitliches Zustimmungsgesetz Gesetzeskraft erlangt haben, gelten die gleichen Maßstäbe. Insoweit hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Förderung jüdischer Religionsgemeinschaften aus dem Jahr 2009 ausgeführt, in Anbetracht der zahlreichen, in dem betreffenden brandenburgischen Staatsvertrag getroffenen Regelungen zu unterschiedlichen Materien, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien und der Gesetzgeber den Bestand des gesamten Vertragswerkes von der Gültigkeit der Vorschrift abhängig machen wollten, die allein die Verteilung der vom Staat zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel regle, nicht aber die Grundlage der Entscheidung zur Förderung jüdischen Gemeindelebens durch das Land Brandenburg bilde (BVerfG a.a.O., juris Rn. 192 ff.).

46

Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch hier kann die maßgebliche Regelung der Voraussetzungen eines Förderanspruchs in Art. 3 des Vertrages isoliert von der Regelung des Verteilungsmodus in Art. 2 des Vertrages betrachtet werden. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber auch bei einer anderweitigen Gestaltung des Verteilungsmodus einen Ausschluss derjenigen Körperschaften von der Förderung gewollt hätte, die nicht beanspruchen können, als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Dies belegt nicht zuletzt das Landesgesetz zu dem vorstehend bereits erwähnten „neuen“ Staatsvertrag aus dem Jahr 2012 (GVBl. S. 157), welches in § 2 eine Regelung der grundsätzlichen Fördervoraussetzungen enthält, die ebenfalls an den Körperschaftsstatus als Fördervoraussetzung anknüpft.

47

2. Ist der Anspruch auf staatliche Förderung folglich in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise an die Körperschaftsfähigkeit der jeweiligen jüdischen Gemeinde geknüpft, muss das Begehren des Klägers ohne Erfolg bleiben. Denn dieser besitzt weder als altkorporierte Gemeinde den hiernach erforderlichen Körperschaftsstatus (a), noch hat er einen Anspruch auf dessen Verleihung (b). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die Förderung bereits deshalb zu Recht abgelehnt hat, weil der Kläger keine förderfähige „jüdische Gemeinde“ im Sinne von Art. 1 und Art. 3 Satz 3 des Staatsvertrages zwischen dem Beklagten und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz (Zustimmungsgesetze vom 8. März 2000, GVBl. S. 96, und vom 2. März 2006, GVBl. S. 92) ist, da er – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – nicht die erforderliche Aufnahme und Anerkennung als jüdische Gemeinde innerhalb des Judentums gefunden hat.

48

a) Bei dem Kläger handelt es sich nicht um eine sogenannte altkorporierte Gemeinde im Sinne von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV und Art. 43 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. LV, sondern um eine im Jahr 1996 – in Ergänzung zu der bereits vorhandenen Jüdischen Kultusgemeinde Rheinpfalz – neu gegründete Jüdische Gemeinde. Der Kläger besitzt insbesondere nicht bereits deshalb den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, weil er sich als Nachfolger der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer versteht (vgl. § 1 Satz 3 der Satzung). Voraussetzung hierfür wäre vielmehr, dass der Kläger mit dieser altkorporierten Gemeinde rechtlich identisch ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1997 – 7 C 21/96 –, BVerwGE 105, 255 [juris Rn. 22 ff.). Dafür ist hier aber nichts dargetan oder ersichtlich.

49

Dabei geht der Senat davon aus, dass der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer durch § 1 Abs. 2 des „Gesetzes“ über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 (RGBl I S. 338) nicht wirksam entzogen wurde. Denn die Überführung der jüdischen Gemeinden in den Status eines bürgerlich-rechtlichen Vereins stand im Zusammenhang mit der vom deutschen Staat seit 1933 planmäßig betriebenen Verfolgung und Vernichtung der Juden; er war daher als eine in das Gewand des Rechts gekleidete Willkürmaßnahme von Anfang an nichtig (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1997 – 7 C 21/96 –, juris, Rn. 24 = BVerwGE 105, 255; zur Geschichte der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer bis 1937 vgl. Herz, Gedenkschrift zum 100jährigen Bestehen der Synagoge zu Speyer, hrsg. Von der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer am Rhein, 1937).

50

Jedoch ist auf dem Gebiet Speyers bereits fast ein halbes Jahrhundert vor der Gründung des Klägers die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz als altkorporierte (Einheits-)Gemeinde und Nachfolgerin der Israelitischen Kultusgemeinde anerkannt worden. Gemäß § 4 Abs. 1 des Landesgesetzes über die jüdischen Kultusgemeinden in Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 1950 (GVBl. S. 13) wurden die jüdischen Kultusvereinigungen, die vor dem 1. Januar 1938 im Gebiete des heutigen Landes Rheinland-Pfalz ihren Sitz hatten und als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt waren, aufgelöst. Nach § 4 Abs. 2 sind die Rechte und Pflichten der jüdischen Kultusvereinigungen, die vor dem 1. Januar 1938 im Gebiete des heutigen Landes Rheinland-Pfalz ihren Sitz hatten und als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt waren, auf die durch § 1 des betreffenden Gesetzes als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Gemeinden übergegangen. Gemäß § 1 dieses Gesetzes wurde unter anderem die jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Rechtsnachfolgerin der aufgelösten jüdischen Kultusvereinigungen anerkannt. In der – den Beteiligten bereits durch das Verwaltungsgericht übersandten – Begründung zu dem Entwurf des betreffenden Gesetzes (Original in den Akten des Landeshauptarchivs, Best. 910, Nr. 8770) wird hierzu unter anderem ausgeführt:

51

„Wenn auch diese Umwandlung [der jüdischen Synagogen- und Kultusgemeinden in Vereine des bürgerlichen Rechts] als eine auf rassischen und religiösen Gründen beruhende Verfügung über ihre Rechte und Interessen beruhende Verfolgungsmassnahme im Sinne des Art. 1 der Rückerstattungsverordnung Nr. 120 der Militärregierung darstellt mit der Folge, dass gemäss Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung diese Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts als wiederhergestellt zu behandeln sind, so bedarf es doch einer Neuordnung des Rechts der jüdischen Gemeinden, weil bei den meisten der alten Gemeinden keine Mitglieder mehr vorhanden und die neuen Zusammenschlüsse rechtlich und personell mit den alten Gemeinden nicht identisch sind, zumal die Gemeindebezirke schon dem räumlichen Umfang nach völlig verschieden sind.“

52

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob für die Annahme einer Fortsetzung einer altkorporierten Gemeinde weitere Anforderungen – insbesondere im Hinblick auf eine tatsächliche Kontinuität – gestellt werden könnten, die über eine von der Gemeinde selbst in Anspruch genommene „Funktionsnachfolge“ (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2011 – OVG 5 N 24.08 –, NVwZ 2011, 1533 [1535]) hinausgehen, und wie solche etwaigen Anforderungen angesichts dessen, dass der Mitgliederverlust der jüdischen Gemeinden auf der systematischen Ermordung und Vertreibung durch den deutschen Staat beruhte, überhaupt formuliert werden könnten (s. für den Fall einer noch vergleichsweise kontinuierlichen tatsächlichen Fortsetzung einer orthodoxen Jüdischen Gemeinde, die bereits 1869 neben der damaligen Jüdischen Gemeinde zu Berlin als selbständige Religionsgemeinschaft gegründet und mit Körperschaftsrechten ausgestattet worden war BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1997 – 7 C 21/96 –, BVerwGE 105, 225 [Adass Jisroel]: Wiedergründung 1949; Löschung 1962; Fortsetzung 1986). Insoweit ist allerdings mit Recht darauf hingewiesen worden, dass auch die in der Literatur umstrittene und in der Rechtsprechung bislang nicht erörterte Annahme eines Fortbestehens altkorporierter Gemeinden als „leere Hülle“ ohne Mitglieder jedenfalls dann in ein unauflösbares Dilemma führt, wenn mehrere konkurrierende jüdische Vereinigungen jeweils für sich beanspruchen, mit der altkorporierten Gemeinde identisch zu sein und diese durch ein „Auffüllen der leeren Hülle“ fortzuführen (vgl. zur Problematik Demmel, Gebrochene Normalität: Die staatskirchenrechtliche Stellung der jüdischen Gemeinden in Deutschland, 2011, S. 162 ff.; zur Rechtsprechung vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1997 a.a.O. [juris Rn. 21]: Auf die vom Oberverwaltungsgericht bejahte Frage, ob die im Jahre 1869 gegründete Gemeinde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg infolge jahrzehntelanger Untätigkeit der überlebenden Gemeindemitglieder untergegangen sei, komme es nicht an, weil hierüber in einem fortgeltenden Verwaltungsakt aus dem Jahr 1989 im gegenteiligen Sinn entschieden worden sei).

53

Indessen hat der Gesetzgeber für das Gebiet von Rheinland-Pfalz im Jahr 1950 mit dem vorstehend zitierten Landesgesetz eine klarstellende Regelung getroffen, die diesen Schwierigkeiten Rechnung getragen und die aufgezeigten Probleme vermieden hat, indem die in § 1 des Landesgesetzes genannten, (wieder-)gebildeten Jüdischen Gemeinden ausdrücklich als altkorporierte Gemeinden im Sinne von Art. 43 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. LV anerkannt wurden. Um eine solche „neue“ altkorporierte Gemeinde handelt es sich bei der Jüdischen Kultusgemeinde Rheinpfalz (vgl. auch zur Anerkennung des Körperschaftsstatus aus Restitutionsgründen Demmel, Gebrochene Normalität: Die staatskirchenrechtliche Stellung der jüdischen Gemeinden in Deutschland, 2011, S. 167 ff.; Robbers, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 1. Aufl. 2014, Art. 43 Rn. 14). Dabei ist aus heutiger Perspektive des Jahres 2014 unerheblich, ob die gesetzliche Auflösung der – theoretisch zum damaligen Zeitpunkt noch bzw. wieder vorhandenen – altkorporierten Israelitischen Kultusgemeinde Speyer im Jahr 1950 nur deklaratorisch oder konstitutiv wirkte. Denn jedenfalls haben die nach 1945 (in seltenen Einzelfällen) überlebenden und zurückgekehrten sowie die zugewanderten Speyerer Juden die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz als Rechtsnachfolgerin der altkorporierten Israelitischen Gemeinde Speyer im Verlaufe der nachfolgenden Jahrzehnte mit religiösem Leben erfüllt und damit zum Ausdruck gebracht, dass die gesetzliche Lage mit ihrem Selbstverständnis und ihrer Glaubenspraxis übereinstimmt. Das vitale Gemeindeleben der Jüdischen Kultusgemeinde Rheinpfalz belegen die Akten der Staatsaufsicht über die Jüdischen Gemeinden, aus denen sich unter anderem ergibt, dass es ein von der Kultusgemeinde verwaltetes Altenheim gab und im Jahr 1971 die Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz 350 Mitglieder zählte (vgl. Samuel Königsberger, „Jüdische Gemeinden in Rheinland-Pfalz“: Nur noch 750 jüdische Mitbürger – Der Nachwuchs fehlt“, in: Der Freie Bürger v. 30.8.1971, S. 6, Auszug in den Akten des Landeshauptarchivs Best. 910 Nr. 8746).

54

Das Selbstverständnis der Jüdischen Kultusgemeinde Rheinpfalz als Nachfolgerin der Vorkriegsgemeinde spiegelt sich auch darin, dass diese sich im Jahr 1950 – in Übereinstimmung mit der früheren Bezeichnung der Speyerer Gemeinde – in einem ersten Satzungsentwurf zunächst als „Israelitische Kultusvereinigung der Rheinpfalz“ bezeichnet hatte. Lediglich aufgrund der textlichen Formulierung des Landesgesetzes über die jüdischen Kultusgemeinden in Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 1950 (GVBl. S. 13) änderte sie ihren Namen. Dies folgt aus einem Schreiben des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz an die Landesregierung vom 15. Juni 1950 (Akten des Landeshauptarchivs Koblenz, Best.-Nr. 910/8770), in welchem es heißt: „In der Anlage erhalten Sie die Satzungen der israelitischen Kultusvereinigung der Rheinpfalz“. In diesem Zusammenhang wird in einem Schreiben der Landesregierung vom 2. Januar 1951 an den Herrn Regierungspräsidenten der Pfalz, betr. „Kultusgemeinde Rheinpfalz, Sitz Landau ausgeführt: „[…] senden wir den uns vorgelegten Statutenentwurf […] zurück […]. § 1 ist unter Bezugnahme auf das Landesgesetz vom 19.1.50 neu zu fassen, wobei auch zu beachten ist, daß § 1 dieses Gesetzes nur die jüdische Gemeinde Rheinpfalz, Sitz Landau, nicht eine „israelitische Kultusvereinigung der Rheinpfalz“ nennt“ (Akten des Landeshauptarchivs Koblenz, Best.-Nr. 910/8770).

55

Nach alledem konnte im Zeitpunkt der Gründung des Klägers im Jahr 1996 kein Zweifel daran bestehen, dass bereits eine altkorporierte Gemeinde – nämlich die Jüdische Kultusgemeinde Rheinpfalz – seit fast einem halben Jahrhundert als Nachfolgerin der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer vorhanden war und diese nicht nur kraft eines Landesgesetzes aus dem Jahr 1950, sondern auch aufgrund gelebter Glaubenspraxis im Bestreben, jüdisches Leben unter der Geltung des Grundgesetzes wieder zu etablieren, in jener aufgegangen war.

56

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf „Neukorporierung“, d.h. auf Verleihung des Körperschaftsstaus nach Maßgabe von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV oder Art. 43 Abs. 1 Satz 1 LV.

57

aa) Eine Neuerteilung des Körperschaftsstatus scheitert bereits daran, dass der Beklagte die Anerkennung des Klägers als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Bescheid vom 8. September 2010 – zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 10. September 2010 – abgelehnt und der Kläger diesen nicht angefochten hat. Damit ist über das Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestandskräftig entschieden. Diese bestandskräftige Entscheidung des Beklagten ist für den Senat grundsätzlich beachtlich (vgl. zum umgekehrten Fall einer bestandskräftigen Anerkennung BVerwG, BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 1997 – 7 C 21/96 –, BVerwGE 105, 225 [Adass Jisroel]), jedenfalls nachdem keine wesentliche Veränderung der Tatsachengrundlage dargetan oder ersichtlich ist.

58

bb) Des Weiteren steht der Anerkennung des Klägers als Körperschaft entgegen, dass dieser nach der rechtskräftigen Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse gemäß § 42 BGB aufgelöst und seine rechtliche Existenz auf den Zeitraum bis zu seiner Vollbeendigung nach Durchführung der Liquidation beschränkt ist (§§ 47 ff. BGB). Zwar setzt die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht voraus, dass die Religionsgemeinschaft sich zunächst als eingetragener Verein bewährt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 2 BvR 1500/97 –, BVerfGE 102, 370 [385 f.]; BVerwG, Urteil vom 28. November 2012 – 6 C 8/12 – NVwZ 2013, 943 [945]). Im vorliegenden Fall steht indessen das Gegenteil fest. Die rechtliche Existenz des Klägers als Verein ist gemäß § 49 Abs. 2 BGB auf seine Abwicklung und Liquidation beschränkt. Der Erwerb des Körperschaftsstatus als eines „neuen Rechts“ im Sinne der bereits unter I. zitierten Rechtsprechung ist daher schon aus zivilrechtlichen Gründen nicht möglich.

59

cc) Schließlich liegen auch bei materieller Betrachtung die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht vor. Nach Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV, der durch Art. 140 GG zum Bestandteil des Grundgesetzes erklärt worden ist, ist Religionsgemeinschaften auf ihren Antrag die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Eine entsprechende Bestimmung enthält Art. 43 Abs. 2 Satz 1 LV. Danach bleiben die Kirchen und Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher waren; anderen sind auf ihren Antrag die gleichen Eigenschaften zu verleihen, wenn sie durch ihre Satzungen und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.

60

Der Begriff der „Verfassung“ bezeichnet mehr als eine den Erfordernissen des Rechtsverkehrs genügende rechtliche Satzung. „Verfassung“ im Kontext des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft, ihre Verfasstheit (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 2 BvR 1500/08 – BVerfGE 102, 370 – Zeugen Jehovas –, juris Rn. 65 ff.; BVerwG, Urteil vom 28. November 2012 – 6 C 8/12 – NVwZ 2013, 943). In seiner diesbezüglichen Grundsatzentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht hierzu wie folgt ausgeführt (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000, a.a.O., juris Rn. 65 ff.; s. auch OVG RP, Beschluss vom 10. Februar 2010 – 6 B 10003/10 –, NVwZ-RR 2010, 586 [Rn. 14]):

61

„Den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Prüfung des Anspruchs einer Religionsgemeinschaft auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts enthält Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.

62

II. 1. Als geschriebene Voraussetzung für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verlangt Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV die "Gewähr der Dauer". Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die prognostische Einschätzung stützen, dass sie auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird. Grundlage für diese Einschätzung sind der gegenwärtige Mitgliederbestand der Religionsgemeinschaft und ihre Verfassung im Übrigen.

63

Dabei bezeichnet der Begriff der Verfassung mehr als eine den Erfordernissen des Rechtsverkehrs genügende rechtliche Satzung. "Verfassung" im Kontext des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft, ihre Verfasstheit […] Denn der tatsächliche Gesamtzustand einer Religionsgemeinschaft kann eine aussagekräftige Grundlage für die Einschätzung des künftigen Fortbestehens bieten, um das es nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV vor allem geht. Nach dem Willen der Weimarer Nationalversammlung sollte diese Einschätzung nicht auf ein zufälliges, äußeres Kriterium, sondern auf das "tiefere Moment des Inhalts ihrer Verfassung" gestützt sein […]

64

Für die Einschätzung dauerhaften Bestands ist also neben dem Kriterium der Mitgliederzahl der tatsächliche Gesamtzustand der Gemeinschaft zu würdigen. Dafür wurden weitere Indizien benannt: eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität des religiösen Lebens […] Derartige Indizien sind hilfreich, wenn sie nicht schematisch angewendet werden und die von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV geforderte Gesamteinschätzung nicht stören. Zudem dürfen nicht Umstände in die Beurteilung einfließen, deren Bewertung dem religiös-weltanschaulich neutralen Staat verwehrt ist.“

65

In Übereinstimmung mit diesem Begriffsverständnis ist auch unter „Satzung“ im Sinne von Art. 43 Abs. 2 Satz 1 LV ein qualitativer Gesamtzustand zu verstehen, der die Gewähr der Dauer zu tragen imstande ist; der Wortlaut der Satzung muss auf einen Regelungsbereich tatsächlicher Umstände wie etwa auch eine ausreichende Finanzausstattung und einen ausreichenden Personalbestand treffen, der ihre faktische Geltung belegt (Robbers, in: Brocker/Droege/Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 1. Aufl. 2014, Art. 43 Rn. 23).

66

Dabei besitzt das Kriterium der hinreichenden Finanzausstattung im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung einiges Gewicht, denn Kirchen und ihre Organisationen sind, soweit sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, nicht insolvenz- bzw. konkursfähig; dies folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar aus dem Grundgesetz (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1983 – 2 BvL 13/82 – NJW 1984, 2401). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit ausdrücklich betont, dass bei jeder Entscheidung über die Anerkennung einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts „besonders sorgfältig zu prüfen“ sei, ob die betreffende Gesellschaft nach ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben, von ihrem Mitgliedstand und ihren Vermögensverhältnissen her in der Lage ist, „ihren finanziellen Verpflichtungen auf Dauer nachzukommen“ (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1983 – 2 BvL 13/82 –, NVW 1984, 2401 [2402]).

67

Hiervon ausgehend ergibt die Gesamtwürdigung im Falle des Klägers, dass dessen tatsächliche Verfasstheit nicht die notwendige Gewähr der Dauer bietet.

68

Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 4. Februar 2014 – 3 b IN 340/13 SP – wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Insolvenzmasse abgelehnt und festgestellt, dass der Kläger zahlungsunfähig und überschuldet ist. Mit der Zurückweisung der Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch Beschluss vom 21. Mai 2014 steht folglich fest, dass der Kläger bereits aufgrund der nicht vorhandenen Finanzausstattung nicht die notwendige Gewähr der Dauer bietet. Dies hat der Kläger auch durch eigene Angaben zu seiner finanziellen Situation im Rahmen seines Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bekräftigt.

69

Die mit dem vorliegenden Verfahren begehrten öffentlichen Fördermittel können bei der Betrachtung der finanziellen Grundlagen des Klägers nicht gleichsam hypothetisch mit einbezogen werden. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in seinem hier angefochtenen Urteil bereits zutreffend ausgeführt, dass die Förderung nicht dem Zweck dient, die Bildung einer Jüdischen Gemeinde durch staatliche Zuwendungen erst zu ermöglichen, da dies dem Gebot der staatlichen Neutralität zuwider liefe. Das Verwaltungsgericht hat damit zu Recht auf einen Zirkelschluss in der Argumentation des Klägers hingewiesen. Die verfassungsrechtlich zulässige Fördervoraussetzung der Körperschaftsfähigkeit liefe nämlich leer, wenn die auszuschüttenden Fördermittel bereits im Rahmen der Feststellung der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen einzubeziehen wären.

70

Fehlt es hiernach offenkundig an einer auch noch so geringen finanziellen Grundlage für das Gemeindeleben des Klägers, kann offen bleiben, ob die Anforderungen an einzelne Kriterien für die Würdigung der Körperschaftsfähigkeit einer jüdischen Gemeinde unter Umständen herabgesenkt werden müssen. Diese Erwägung betrifft angesichts der planmäßig betriebenen Verfolgung und Vernichtung der Juden durch den deutschen Staat während der Herrschaft des Nationalsozialismus insbesondere die erforderliche Bestehensdauer. Zudem dürfen die Kriterien für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit auch in Bezug auf die Zahl der Mitglieder nicht schematisch angewandt werden. Insbesondere kann allein aus der Zahl der Mitglieder regelmäßig nicht unmittelbar auf den künftigen Fortbestand der Religionsgemeinschaft geschlossen werden (BVerwG, Urteil vom 28. November 2012 – 6 C 8/12 – NVwZ 2013, 943). Jedoch sind die tatsächlichen Grundlagen des Klägers – dessen Mitgliederzahl von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung nach Abzug von Doppelmitgliedschaften auf 30 geschätzt wurde, und die auch nach eigenen Angaben des Klägers jedenfalls nicht mehr als 90 bzw. „mindestens 50“ beträgt – selbst bei großzügiger Handhabung der Kriterien nicht geeignet, die Einschätzung, der Kläger biete aufgrund des Fehlens jeder finanzieller Grundlagen keine hinreichende Gewähr der Dauer, im Rahmen der Gesamtwürdigung in Frage zu stellen oder ein anderes Ergebnis zu begründen.

71

3. Weitere in Betracht kommende Rechtsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat auch der Kläger selbst nicht behauptet, es bestehe ein voraussetzungsloser, verfassungsunmittelbarer Zahlungsanspruch. Ein solcher ist auch nicht erkennbar. Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 8 LV verleihen dem Kläger keinen originären, verfassungsunmittelbaren Zahlungsanspruch, sondern lediglich einen derivativen Teilhabeanspruch auf eine Förderung nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheits- und des speziellen religionsverfassungsrechtlichen Paritätsgrundsatzes (vgl. auch BbgVerfG, Urteil vom 24. April 2012 – VfBbg 47/11 –, NVwZ-RR 2012, 577 [578 ff.]). Indem der Landesgesetzgeber sich entschieden hat, die staatliche Zuwendung von Zuschüssen an die Körperschaftsfähigkeit der jeweiligen Gemeinden zu knüpfen, hat er den hieraus folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verteilung der hierfür bereitgestellten Mittel, wie oben dargelegt (s. II.1.), genügt.

72

Nach alledem hat das Verwaltungsgericht die Klage auch im Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.

73

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und – hinsichtlich der Kosten des Beigeladenen – aus § 162 Abs. 3 VwGO.

74

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

75

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

76

Beschluss

77

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 454.905,00 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2014 - 6 A 10976/13

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2014 - 6 A 10976/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2014 - 6 A 10976/13 zitiert 21 §§.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

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Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 137


(1) Es besteht keine Staatskirche. (2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. (3) Jede Religionsgesell

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 17


Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 42 Insolvenz


(1) Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst. Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingeste

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 136


(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. (2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 49 Aufgaben der Liquidatoren


(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Ge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 47 Liquidation


Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muss eine Liquidation stattfinden, sofern nicht über das Vermögen des Vereins das Insolvenzverfahren eröffnet ist.

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Tatbestand 1 Die Klägerin, die Bahá'í-Gemeinde in Deutschland, beantragte bei dem Hessischen Kultusministerium, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts

Bundesfinanzhof Urteil, 30. Juni 2010 - II R 12/09

bei uns veröffentlicht am 30.06.2010

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der in Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer
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bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Verleihung d

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(1) Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst. Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand des Vereins vorsieht, aufgehoben, so kann die Mitgliederversammlung die Fortsetzung des Vereins beschließen. Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Verein im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als nicht rechtsfähiger Verein fortbesteht; auch in diesem Falle kann unter den Voraussetzungen des Satzes 2 die Fortsetzung als rechtsfähiger Verein beschlossen werden.

(2) Der Vorstand hat im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.

Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muss eine Liquidation stattfinden, sofern nicht über das Vermögen des Vereins das Insolvenzverfahren eröffnet ist.

(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.

(2) Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.

(2) Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

(2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.

(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.

(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der in Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung bietet. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung (AO).

2

Der Kläger erwarb im Jahre 1994 ein in R gelegenes bebautes Grundstück. Das vorhandene Gebäude baute er um und errichtete einen Anbau.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete durch Bescheid vom 10. September 1998 das Grundstück dem Kläger zum 1. Januar 1995 zu und stellte ihm gegenüber durch weiteren, bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 7. Dezember 1998 den Einheitswert im Wege der Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1997 auf 411.800 DM sowie die Grundstücksart "gemischtgenutztes Grundstück" fest. Hierbei berücksichtigte das FA die baulichen Veränderungen sowie die teilweise Nutzung des Gebäudes zu gemeinnützigen Zwecken und die sich daraus ergebende (teilweise) Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes (GrStG).

4

Im Jahre 2006 bildete der Kläger aus zu Wohnzwecken genutzten Teilen des Gebäudes selbständiges Wohnungseigentum. Im selben Jahr ging beim FA eine Kontrollmitteilung ein, nach der der Kläger bereits ab 1997 nicht mehr ausschließlich gemeinnützig tätig war und deshalb die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nicht erfüllte.

5

Das FA schrieb daraufhin den Einheitswert für das Grundstück des Klägers durch Bescheid vom 9. Februar 2007 auf den 1. Januar 2007 fort und stellte diesen auf 235.807 € fest. Hierbei berücksichtigte es einerseits den Flächenabgang infolge der Bildung des Wohnungseigentums und andererseits auch den Wegfall der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG infolge der nicht mehr ausschließlich gemeinnützigen Tätigkeit des Klägers.

6

Ferner stellte das FA mit Bescheid vom 14. Juni 2007 im Wege der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998 unter Nichtberücksichtigung der bisher gewährten Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger Nutzung des Grundstücks den Einheitswert auf 299.105 € (585.000 DM) fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens II R 13/09 und wurde durch heutiges Urteil des erkennenden Senats aufgehoben.

7

Einspruch und Klage des Klägers gegen die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2007 vom 9. Februar 2007, mit denen der Kläger geltend machte, das Grundstück sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit, blieben erfolglos.

8

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.

9

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einheitswertbescheid vom 9. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und deswegen zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens sind von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus dem lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden (BFH-Urteile vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428; vom 21. Februar 2006 II R 31/04, BFH/NV 2006, 1450; vom 30. Juli 2008 II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, und vom 4. Februar 2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244, m.w.N.). Daran ist jedenfalls noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten.

13

Der Senat weist aber darauf hin, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), nicht vereinbar ist. Das System der Hauptfeststellung auf einen bestimmten Stichtag ist darauf angelegt, dass Hauptfeststellungen in bestimmten, nicht übermäßig langen Abständen stattfinden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--: Hauptfeststellungen in Zeitabständen von je sechs Jahren). Die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ist nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreitet (s. bereits BFH-Beschluss vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782; Drosdzol, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 831, 832, und 2001, 689, 691; Dötsch in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einf. BewG Rz 110; Thöne in Lange, Reform der Gemeindesteuern, 2006, 173, 175 f.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 13 Rz 210 f.).

14

a) Der dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts zukommende weit reichende Entscheidungsspielraum wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, unter C.I.1.a und b; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1. und 2., und vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa, je m.w.N.). Knüpft die Besteuerung an die Werte von Wirtschaftsgütern an, müssen Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.2.; vom 22. Juni 1995  2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.II.1., und in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.3.b aa, m.w.N.).

15

b) Das BVerfG hat im Hinblick auf diese verfassungsrechtlichen Anforderungen im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.2.f bb, die durch § 138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG a.F. für die Bedarfsbewertung unbebauter Grundstücke angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 als nicht mehr mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen. Der Gesetzgeber habe damit den aus dem Gleichheitssatz folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag verfehlt, die Vermögensgegenstände mit Gegenwartswerten zu erfassen oder vergangenheitsbezogene Werte entwicklungsbegleitend fortzuschreiben, um eine in der Relation der Vermögenswerte realitätsgerechte Bewertung sicherzustellen.

16

c) Hiernach verfehlt erst recht die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes nach Maßgabe des Hauptfeststellungszeitpunkts auf den 1. Januar 1964 die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen.

17

Als Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer bedarf es auch innerhalb der Vermögensgruppe des Grundvermögens einer realitätsgerechten Bewertung. Es stellt sich hier zwar --anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer-- nicht das Problem der Gleichbehandlung mit anderen Gegenständen, die mit dem Verkehrswert (§ 9 BewG) angesetzt werden. Aber auch innerhalb des Grundvermögens können aus verfassungsrechtlichen Gründen auf einem übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraum beruhende Wertverzerrungen nicht uneingeschränkt hingenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass für die Bemessung der Grundsteuer nicht nur die festgestellten Einheitswerte, sondern auch die von den Gemeinden nach § 25 GrStG festgesetzten Hebesätze maßgebend sind; denn aufgrund eines übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraums kann es auch innerhalb des jeweiligen Gemeindegebiets zu einer deutlich unterschiedlichen Entwicklung der Wertverhältnisse kommen, die nicht auf bei der Einheitsbewertung zu berücksichtigenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG), sondern auf unterschiedlichen Änderungen der Wertverhältnisse in einzelnen Gemeindeteilen beruhen und nach § 27 BewG bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte nicht zugrunde zu legen sind.

18

d) Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bindungen der Einheitsbewertung erscheint es zweifelhaft, ob --wie noch im BFH-Urteil in BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428 angenommen-- für die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG deshalb verneint werden kann, weil diese Werte erheblich unter dem gemeinen Wert liegen. Für die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG könnte vielmehr sprechen, dass die im Ertragswertverfahren und im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswerte zueinander auch nicht annähernd in einem den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Verhältnis stehen (so bereits BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782). Für das Ertragswertverfahren ist auch zu berücksichtigen, dass den Wertverhältnissen im Jahr 1964 preisgestoppte Mieten zugrunde lagen; diese preisrechtlichen Bindungen sind jedoch seit langem entfallen (BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782).

19

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Dauer des Hauptfeststellungszeitraums führt zudem bei der Bewertung von Gebäuden im Sachwertverfahren zu einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots einer folgerichtigen Gesetzgebung. Aufgrund der Entwicklung des Bauwesens gibt es eine immer größere Zahl von Gebäuden, die sich nach Bauart, Bauweise, Konstruktion oder Objektgröße von den im Jahr 1958, dessen Baupreisverhältnisse für die Einheitsbewertung maßgeblich sind (§ 85 Satz 1 BewG), vorhandenen Gebäuden so sehr unterscheiden, dass ihre Bewertung nicht mehr mit einer verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Genauigkeit und Überprüfbarkeit möglich ist. Für derartige neue Gebäude ist ein Vergleich mit den Herstellungskosten für bereits im Jahr 1958 bestehende entsprechende Gebäude nicht möglich. Eine Schätzung, wie viel die Errichtung neuartiger Gebäude im Jahr 1958 gekostet hätte, wenn es damals bereits solche Gebäude gegeben hätte, kann nur zu mehr oder minder richtigen Näherungswerten führen.

20

Auf unbegrenzte Dauer ist es auch nicht hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt gemäß § 85 Satz 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.

21

e) Das jahrzehntelange Unterlassen einer erneuten Grundstücksbewertung führt darüber hinaus zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug. Ohne eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neubewertung sämtlicher der Einheitsbewertung unterliegender Objekte ist nicht sichergestellt, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die Wertänderungen bewirken und zu Fortschreibungen nach § 22 BewG führen müssten, im Sinne des erforderlichen gleichmäßigen Gesetzesvollzugs durchgehend erfasst werden. Umstände, die eine Fortschreibung auslösen können, werden den Finanzämtern oft nur von dritter Seite mitgeteilt. Meistens erhalten die Finanzämter die Mitteilung über den Grund für eine Fortschreibung erst nach längerer Zeit. § 22 Abs. 4 Satz 1 BewG verpflichtet die Finanzämter nicht, stets von sich aus tätig zu werden. Die Ermittlungspflicht der Finanzämter setzt vielmehr erst ein, wenn ihnen Umstände bekannt werden, die eine Fortschreibung rechtfertigen könnten (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Rz 66; Bruschke in Gürsching/ Stenger, Bewertungsrecht, § 22 BewG Rz 219).

22

f) Verfassungsrechtlich geboten ist eine erneute Hauptfeststellung auch im Beitrittsgebiet. Insoweit können die in §§ 129 ff. BewG getroffenen Regelungen künftig wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr --wie seinerzeit noch vom BFH (z.B. Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 56/05, BFH/NV 2006, 919) angenommen-- mit Übergangsschwierigkeiten nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden. Da im Beitrittsgebiet die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben sind (§ 129 BewG), wiegen die hiergegen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit noch schwerer als im alten Bundesgebiet. Seit dem 1. Januar 1935 haben sich die für die Bewertung maßgeblichen Verhältnisse noch wesentlich stärker entwickelt und verändert als seit dem 1. Januar 1964.

23

2. Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den Einheitswert für das Grundstück des Klägers nach § 22 BewG auf den 1. Januar 2007 fortschreiben konnte.

24

a) Nach § 22 Abs. 1 BewG findet wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Wertfortschreibung statt, wenn der nach § 30 BewG abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts in einem näher beschriebenen Ausmaß nach oben oder unten abweicht. Eine Wertfortschreibung findet nach § 22 Abs. 3 BewG auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. Die Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn der Finanzbehörde bekannt wird, dass die Voraussetzungen für sie vorliegen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 BewG).

25

b) Der Fortschreibungszeitpunkt ist in § 22 Abs. 4 Satz 3 BewG je nach dem Anlass der Fortschreibung unterschiedlich geregelt. Bei einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Liegt der Grund zur Fortschreibung nicht in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern in einem Fehler bei der vorangegangenen Feststellung (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG), so ist Fortschreibungszeitpunkt grundsätzlich der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 1. Alternative BewG), bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 2. Alternative BewG).

26

c) Im Streitfall kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der Wertfortschreibungsbescheid vom 9. Februar 2007 geänderten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt oder lediglich einen Rechtsfehler der letzten Feststellung beseitigt. Denn die Wertfortschreibung erfolgte auf den Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wurde und damit in jedem Fall auf einen zulässigen Fortschreibungszeitpunkt. Auch die Wertfortschreibungsgrenzen sind erreicht.

27

3. Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass § 19 Abs. 4 BewG der Feststellung des Einheitswerts nicht entgegenstand. Danach dürfen Feststellungen nur dann erfolgen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Feststellung des Einheitswerts im Streitfall für die Grundsteuer von Bedeutung. Denn der Grundbesitz des Klägers ist nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG grundsteuerbefreit. Die behauptete Grundsteuerbefreiung kann im Verfahren gegen den Einheitswertbescheid geprüft werden (BFH-Urteile vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BFHE 144, 201, BStBl II 1986, 128; vom 10. Juli 2002 II R 22/00, BFH/NV 2003, 202).

28

a) Von der Grundsteuer befreit ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG der Grundbesitz, der von einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung genutzt wird. Den Religionsgemeinschaften stehen nach Satz 2 der Vorschrift die jüdischen Kultusgemeinden gleich, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Nach § 4 Nr. 1 GrStG unterliegt ferner solcher Grundbesitz nicht der Grundsteuer, der, sofern er nicht nach § 3 GrStG steuerbefreit ist, dem Gottesdienst einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, oder einer jüdischen Kultusgemeinde gewidmet ist.

29

aa) Es bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Gottesdienst gewidmeter Grundbesitz nicht nach § 4 Nr. 1 GrStG, sondern bereits gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG befreit sein kann (dazu Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 3 Rz 55). Jedenfalls erfüllt der Kläger auch dann, wenn er eine Religionsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschriften sein sollte, die darin bestimmten Befreiungsvoraussetzungen deshalb nicht, weil er weder den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt noch eine jüdische Kultusgemeinschaft ist.

30

bb) Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG ist ausschließlich entscheidend, ob der Kläger den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--) hat. Die Befreiungsvoraussetzungen sind erst nach Ergehen eines entsprechenden Verleihungsakts (dazu z.B. P. Kirchhof in Handbuch des Staatskirchenrechts --HdbStKR--, Bd. 1, 1994, § 22 S. 686; vgl. auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV), an dem es im Streitfall fehlt, erfüllt. Ob der Kläger einen solchen Status erhalten kann und will, ist hingegen unerheblich. Abgesehen davon, dass der Kläger nach seinem Vorbringen einen solchen Rechtsstatus ersichtlich nicht anstrebt, reicht die bloße Möglichkeit zur Erlangung des Körperschaftsstatus für die Gewährung einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG nicht aus (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Juni 1951 III 69/51 U, BFHE 55, 376, BStBl III 1951, 148).

31

b) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiung auf Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und 3 GG).

32

aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG sind als steuerliche Begünstigungsnormen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner besonderen Ausprägung der Besteuerungsgleichheit zu messen (BVerfG-Beschluss vom 7. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108).

33

(1) Art. 3 Abs. 1 GG ist danach verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Entscheidungen vom 23. Oktober 1951  2 BVG 1/51, BVerfGE 1, 14, und in BVerfGE 107, 27, 47, m.w.N.). Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, 46, m.w.N.). Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren (BVerfG-Beschlüsse vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115).

34

(2) Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108).

35

(3) Soweit steuerliche Begünstigungsnormen --wie hier-- auf eine steuerliche Entlastung von Religionsgemeinschaften gerichtet sind, hat der Staat die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ergibt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvR 890/06, BVerfGE 123, 148). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (BVerfG-Beschlüsse vom 31. März 1971  1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, und in BVerfGE 123, 148, m.w.N.).

36

bb) Ob ein Verstoß der hier fraglichen Befreiungsregelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb ausscheidet, weil der Gesetzgeber insoweit einer gegenüber (einzelnen oder allen) korporierten Religionsgemeinschaften auferlegten verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Zwar fordert der Korporationsstatus des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV für sich allein noch keine (Grund-)Steuerbefreiung (Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1025). Ob es sich allerdings bei den hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen um vom Steuergesetzgeber lediglich freiwillig gewährte Bevorrechtigungen handelt (so Weides in Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1988, S. 885, 888; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 268), erscheint zweifelhaft. Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährleistung des Körperschaftsstatus (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV), des kirchlichen Besteuerungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV), der Garantie der Staatsleistungen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) sowie des Kirchengutes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV) legt vielmehr den Schluss nahe, dass diese Verfassungsgarantien in ihrer Zusammenschau auf die Sicherung der materiellen Ausstattung der korporierten Religionsgemeinschaften gerichtet sind (vgl. Hesse, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 10 <1961>, S. 27 und 53; für Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148). Es kommt hinzu, dass die § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG als Steuerverschonungen zu den "negativen Staatsleistungen" i.S. des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV gehören (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1096; Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1024 f., jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 28. April 1965  1 BvR 346/61, BVerfGE 19, 1). Dabei gehört die Befreiung des Grundbesitzes von Grundsteuer zu den ältesten einfachgesetzlichen Vergünstigungen zugunsten der Kirchen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und vom 30. September 2000  2 BvR 708/96, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2001, 318; ferner Beschlüsse des Reichsgerichts --RG-- vom 20. Juni 1925 IV Tgb 83/25, RGZ 111, 134; vom 10. Oktober 1927 IV Tgb 94/27, Lammers-Simons in Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich und des Reichsgerichts auf Grund Artikel 13 Absatz 2 der Reichsverfassung, Bd. 1, S. 538; vom 13. Juli 1931 IV Tgb 354/30, Lammers-Simons, a.a.O., Bd. 4, S. 306; dazu z.B. Werner Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948, S. 51 ff.). Die Grundsteuerbefreiung war seit jeher mit der Kirche und --ab dem 19. Jahrhundert-- mit den korporierten Religionsgemeinschaften verbunden. Diese Tradition führen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG fort.

37

cc) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf korporierte Religionsgemeinschaften ist jedenfalls unter Berücksichtigung des Sinngehalts und der Funktion des gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV verbürgten Korporationsstatus mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

38

(1) Die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften sind angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, die in den Staat organisch eingegliederte Verbände sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 17. Februar 1965  1 BvR 732/64, BVerfGE 18, 385; in BVerfGE 19, 1; in BVerfGE 30, 415; vom 21. September 1976 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312; BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2000 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit und soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen (BVerfG-Urteile in BVerfGE 102, 370; vom 1. Dezember 2009  1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 108). Er bedeutet daher nur eine Heraushebung über andere Religionsgemeinschaften, weil der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Überzeugung des Staates von der besonderen Wirksamkeit dieser Religionsgemeinschaften, von ihrer gewichtigen Stellung in der Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Gewähr der Dauer zugrunde liegt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 385, und vom 4. Oktober 1965 1 BvR 498/62, BVerfGE 19, 129, sowie BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1). Den Religionsgemeinschaften mit Korporationsstatus kommt eine besondere Bedeutung für das öffentliche Leben und die staatliche Rechtsordnung zu (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129; vom 4. Mai 1984  2 BvR 1837/83, Entscheidungen in Kirchensachen seit 1964 (KirchE) 22, 88; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. April 1987 7 C 24/85, NVwZ 1987, 678; vom 15. November 1990  7 C 9/89, BVerwGE 87, 115; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 III R 54/74, BFHE 116, 176, BStBl II 1975, 746; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1979  2 StR 791/78, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 462).

39

(2)  Diese besondere Rechtsstellung und Bedeutung der korporierten Religionsgemeinschaften rechtfertigt auch die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG getroffenen Befreiungsregelungen (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1068; Korioth in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 140 Rz 21, Stand: Februar 2003; Heckel, Vom Religionskonflikt zur Ausgleichsordnung, 2007, S. 123; Weides, a.a.O., S. 885, 887; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Dissertation, 2003, S. 199). Diese Steuerbefreiungen dienen in Bezug auf den Grundbesitz den im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und der ihnen gleichzustellenden Ordensgemeinschaften (so die Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG, BTDrucks VI/3418, S. 79).

40

Dem Vorbringen des Klägers, der Körperschaftsstatus rechtfertige keine Begünstigung der Religionsgemeinschaften außerhalb des hoheitlichen Bereichs (z.B. durch Zuerkennung des Besteuerungsrechts), kann nicht gefolgt werden. Vielmehr darf der Staat die besondere öffentliche Position der korporierten Religionsgemeinschaften im staatlichen und gesellschaftlichen Leben zum Anlass für eine auch finanzielle Förderung in Gestalt einer Grundsteuerbefreiung nehmen. Er unterstützt damit ihre --auch wirtschaftliche-- Eigenständigkeit sowie Unabhängigkeit und trägt damit der hohen Bedeutung der materiellen Ausstattung einer Religionsgemeinschaft für die Freiheit der Religionsausübung Rechnung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148, m.w.N.; Ehlers in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 140 Rz 9).

41

(3) Die Beschränkung der hier fraglichen Befreiungsregelungen auf Religionsgemeinschaften mit öffentlich-rechtlichem Körperschaftsstatus verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Weder beruhen diese Befreiungsregelungen auf einer Identifikation des Staates mit bestimmten Religionsgemeinschaften noch bewirken sie eine Privilegierung bestimmter Bekenntnisse. Die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV normierten Voraussetzungen des Korporationsstatus sind schon ihrem Wortlaut nach zunächst formal-organisatorischer Natur und als solche nicht etwa auf bestimmte Bekenntnisse beschränkt. Insbesondere ist der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht etwa den christlichen Religionsgemeinschaften vorbehalten, sondern grundsätzlich ebenso für islamische Glaubensgemeinschaften offen (vgl. z.B. Kloepfer, Die Öffentliche Verwaltung 2006, 45; Loschelder in Essener Gespräche, Bd. 20, S. 162). Soweit über den Wortlaut des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV hinaus weitere ungeschriebene Verleihungsvoraussetzungen abgeleitet werden (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 102, 370; Ehlers in Sachs, a.a.O., Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rz 28, m.w.N.), zielen diese nicht auf die Bewertung oder Unterbindung eines religiösen Bekenntnisses. Die Öffnung des Körperschaftsstatus für alle Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV) verletzt daher nicht die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, sondern verwirklicht sie (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 17. Dezember 1975 1 BvR 63/68, BVerfGE 41, 29, und in BVerfGE 102, 370; P. Kirchhof in HdbStKR, a.a.O., § 22, S. 666, 682; Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 Rz 31 f., Stand: Februar 2003; Morlok in Dreier, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 140 Rz 42). Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV vermittelt in Bezug auf die Verleihung des Körperschaftsstatus gleiche Chancen für alle Religionsgemeinschaften (v. Campenhausen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 222; Morlok in Dreier, a.a.O., Art. 140/Art. 137 WRV Rz 99). Ob eine Religionsgemeinschaft das Gleichstellungsangebot annehmen oder Distanz zum Staat wahren möchte, bleibt daher als "ihre Angelegenheit" (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) ihrer freien Entscheidung gemäß ihrem (religiösen) Selbstverständnis überlassen.

42

(4) Der Einwand des Klägers, die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf für den Gottesdienst und der religiösen Unterweisung dienenden Grundbesitz greife aufgrund des vorausgesetzten Korporationsstatus in den "religiösen Kerngehalt" ein, geht fehl. Die hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen bewirken lediglich eine Begünstigung im Zusammenhang mit der Ausübung der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Religionsfreiheit. Eine Beeinträchtigung oder Behinderung der Religionsausübung bei Nichterfüllung der grundsteuerlichen Befreiungsvoraussetzungen tritt jedoch nicht ein; insbesondere wird die Freiheit zur religiösen Vereinigung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 und 7 WRV) nicht eingeschränkt.

43

(5) Damit verstoßen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auch nicht gegen die Garantie der religionsrechtlichen Gleichheit (Parität), die eine sachlich nicht gerechtfertigte rechtliche Besserstellung der korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu kleinen bzw. nicht korporierten Religionsgemeinschaften ausschließt (z.B. Heckel in HdbStKR, a.a.O., § 20, S. 589, 605 ff.). Das Grundgesetz fordert, über das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthaltene Angebot zur Erlangung des Korporationsstatus hinaus nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich zu behandeln hat (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und in BVerfGE 19, 129). Bereits der Gesamtregelung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV liegt eine religionsverfassungsrechtliche Differenzierung insofern zugrunde, als die "altkorporierten", schon vor Erlass der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften diesen Rechtsstatus behalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Anderen Religionsgemeinschaften ist gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV dieser Status auf Antrag zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften sind vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben (vgl. oben II.3.b bb) sachlich begründet und verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 66; Weides, a.a.O., S. 888).

44

dd) Die Anknüpfung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und des § 4 Nr. 1 GrStG an den Körperschaftsstatus verletzt auch nicht etwa deshalb Art. 3 Abs. 1 GG, weil es dem Kläger in unzumutbarer Weise erschwert wäre, trotz Erfüllung der entsprechenden materiellen Voraussetzungen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlangen (vgl. zu diesem Merkmal BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129, und vom 12. Dezember 1978  1 BvR 1168/77, KirchE 17, 128, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1979, 159).

45

(1) Soweit der Kläger geltend macht, er könne nach seinem religiösen Selbstverständnis nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts werden, erschließen sich aus seinem Vorbringen die hierfür maßgebenden Gründe nicht. Mit dem Hinweis darauf, dass der Islam keine Hierarchie ausbilde und der Staat kaum auf rechtlich handlungsfähige und zur Vertretung der islamischen Glaubensangehörigen in einem bestimmten Gebiet legitimierte Verbände als Verhandlungspartner stoße, sind im religiösen Selbstverständnis des Islam liegende zwingende Ausschlussgründe zur Erlangung des Körperschaftsstatus nicht hinreichend belegt. Insoweit schränkt der Kläger sein diesbezügliches Vorbringen selbst dahingehend ein, dass es der islamischen Glaubensgemeinschaft "eher fremd" sei, den Körperschaftsstatus anzustreben. Gegen eine nach dem religiösen Selbstverständnis des Islam ausgeschlossene Erlangung des Körperschaftsstatus spricht zudem, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche --wenn auch letztlich erfolglose-- Anträge muslimischer Vereinigungen auf Erlangung des Körperschaftsstatus gestellt worden sind (vgl. Antworten der Bundesregierung, BTDrucks 14/4530, S. 34 ff. und BTDrucks 16/5033, S. 26 f.).

46

(2) Der Kläger hat sich zudem --im Gegensatz zu seinem Vorbringen, sein religiöses Selbstverständnis sei mit einer körperschaftlichen Struktur unvereinbar-- als eingetragener Verein und damit als Körperschaft (Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010, Einf. v. § 21 Rz 14), organisiert. Insoweit ist vom Kläger nichts dazu vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen auf der Grundlage dieser Organisationsstruktur die Erlangung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sein sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus nicht "an den Islam", sondern unabhängig von der Organisation und dem Organisationsgrad anderer islamischer Gemeinschaften im Bundesgebiet nur an eine konkrete islamische Gemeinschaft erfolgen kann (St. Mückl in Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 159 Rz 105).

47

(3) Weiter gehende Berechtigungen des Klägers lassen sich auch nicht daraus ableiten, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG --über den Charakter eines individuellen Abwehrrechts hinausgehend-- auch in einem positiven Sinne gebieten, "Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern" (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 41, 29). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Einzelnen oder der Religionsgemeinschaft Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen garantiert werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148; Kokott in Sachs, a.a.O., Art. 4 Rz 70, m.w.N.); dies muss auch für die vom Kläger begehrte Grundsteuerbefreiung gelten.

48

ee) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG verletzen auch nicht den besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG, nach dem niemand u.a. wegen seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet eine Ungleichbehandlung auf Grund der hier aufgeführten Merkmale, schließt jedoch sachbezogene Differenzierungen in Anknüpfung an religiöse oder weltanschauliche Sachverhalte nicht aus (Kästner in Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 140 Rz 144). Nach diesen Maßstäben sind Befreiungsregelungen des staatlichen Steuerrechts, die --wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG-- nach dem Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaft differenzieren, verfassungsrechtlich zulässig. Eine "Bewertung einer Konfession" findet insoweit --entgegen dem Vorbringen des Klägers-- aufgrund der religiös-weltanschaulich neutralen Ausgestaltung der vorgenannten Befreiungsregelungen nicht statt.

49

c) Die den jüdischen Kultusgemeinden gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG gewährte Steuerbefreiung verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies gilt selbst dann, wenn man, da Grundbesitz von Religionsgemeinschaften verschiedener Konfessionen ungleich besteuert wird, insoweit den strengeren Prüfungsmaßstab des besonderen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 3 GG) anlegt. Die Befreiung des Grundbesitzes jüdischer Kultusgemeinden war zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zwingend erforderlich.

50

aa) Den jüdischen Kultusgemeinden wurde bereits durch preußisches Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847 (Preußische Gesetzessammlung --GS-- 1847, S. 263) der Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft eingeräumt (RG-Urteil vom 7. Juli 1931 III 414/30, RGZ 133, 192), womit auch eine Grundsteuerbefreiung verbunden war (vgl. § 24 Buchst. g des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152; Nöll/Freund, Das Kommunalabgabengesetz, 1910, § 24 Rz 22; Scholz, Grundsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1954, § 4 Rz 60). Dieser Status wurde ihnen von den Nationalsozialisten durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 (RGBl I 1938, 338) wieder aberkannt, was den Verlust der Grundsteuerbefreiung zur Folge hatte (vgl. bereits Richtlinien für die Durchführung der Grundsteuer vom 19. Juli 1937, Nr. 26 Abs. 4, abgedruckt bei Dziegalowski, Grundsteuergesetz vom 1. Dezember 1936 mit Durchführungsbestimmungen, 1937, S. 277). Dieser Verlust des Körperschaftsstatus wurde durch die Bundesrepublik Deutschland im Grundsteuerrecht --ebenso im Erbschaftsteuerrecht (s. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)-- wieder rückgängig gemacht, indem der Grundbesitz der jüdischen Kultusgemeinden ausdrücklich neben dem Grundbesitz der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften befreit wurde (vgl. GrStG vom 10. August 1951, BGBl I 1951, 515 und Änderungsgesetz vom 24. August 1965, BGBl I 1965, 905). Die Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden und ihrer Verbände in der Gesetzesfassung des vormaligen § 4 Nr. 5 Buchst. b und c des GrStG i.d.F. des Gesetzes vom 10. August 1951, a.a.O. --als Vorgängerregelungen des jetzigen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG-- wurde zur Beseitigung des ihnen angetanen Unrechts als erforderlich angesehen, "solange ihre formelle Anerkennung als öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft noch nicht in allen Ländern wieder erfolgt ist" (BTDrucks I/1787, S. 9).

51

bb) Aus dieser Vorgeschichte ergibt sich, dass trotz der ausdrücklichen Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG diesen kein Sonderprivileg gegenüber den übrigen nichtkorporierten Religionsgemeinschaften verschafft werden sollte. Der Gesetzgeber wollte daher nicht --wie der Kläger meint-- die Befreiung auch solchen Religionsgemeinschaften zukommen lassen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht anstreben.

52

cc) Hinzu kommt, dass die Aberkennung des Körperschaftsstatus durch die Nationalsozialisten inzwischen für nichtig gehalten wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 15. Oktober 1997  7 C 21/96, BVerwGE 105, 255, unter Verweis auf den Beschluss des BVerfG zur Nichtigkeit der Ausbürgerung jüdischer Staatsangehöriger vom 14. Februar 1968  2 BvR 557/62, BVerfGE 23, 98). Die damit zumindest für bereits im Jahr 1938 bestehende jüdische Kultusgemeinden überflüssig gewordene ausdrückliche Befreiung des Grundbesitzes relativiert die Gegenüberstellung von jüdischen Kultusgemeinden und islamischen Religionsgemeinschaften und führt letztlich zurück zur --gerechtfertigten-- Begünstigung von korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den nichtkorporierten (vgl. oben II.3.b).

53

d) Nicht zu folgen ist dem Kläger schließlich darin, der Gesetzgeber habe seine Grundentscheidung, Grundbesitz unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Eigentümers mit Grundsteuer zu belasten, nicht folgerichtig umgesetzt, wenn er die Befreiung an die Gemeinnützigkeit oder den Körperschaftsstatus knüpfe. Insoweit missversteht er die Einordnung der Grundsteuer als Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO).

54

aa) Für Real- oder Objektsteuern ist charakteristisch, dass sie das Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfassen und bei denjenigen erhoben werden, denen diese Gegenstände zuzurechnen sind (BVerfG-Beschluss vom 18. Februar 2009  1 BvR 1334/07, HFR 2009, 611, NJW 2009, 1868, m.w.N.). Die Grundsteuer belastet demgemäß das bloße Innehaben von Grundbesitz und greift damit auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte (abstrakte) Leistungskraft zu (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983  2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72; BFH-Urteil vom 22. Juli 1987 II R 204/84, BFHE 150, 285, BStBl II 1987, 725), ohne jedoch die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers, die Ausdruck seiner persönlichen Leistungsfähigkeit sein können, tatbestandlich zur Kenntnis zu nehmen. Es werden daher beispielsweise weder das selbstgenutzte Wohneigentum verschont (BFH-Entscheidungen vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369; vom 19. Juli 2006 II R 81/05, BFHE 213, 222, BStBl II 2006, 767) noch familiäre Verhältnisse (z.B. Anzahl der Kinder) berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 II B 44/02, BFH/NV 2003, 508).

55

bb) Das schließt nicht aus, dass der Gesetzgeber Grundsteuerbefreiungen an Eigenschaften des Eigentümers knüpft, die nicht Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sind. Tatsächlich heben fast alle Grundsteuerbefreiungen --teilweise kombiniert mit sachlichen Kriterien-- auf ein solches Merkmal des Grundstückseigentümers ab. Neben der hier streitigen Befreiung von Grundbesitz der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", und der "jüdischen Kultusgemeinden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG) entlastet der Gesetzgeber z.B. auch den Grundbesitz einer "juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrStG), das "Bundeseisenbahnvermögen" (Nr. 2) oder Grundbesitz eines "Krankenhauses" (§ 4 Nr. 6 GrStG). Lediglich einzelne Grundsteuerbefreiungen setzen ausschließlich eine bestimmte Nutzung des Grundstücks voraus, so z.B. bei den "Bestattungsplätzen" (§ 4 Nr. 2 GrStG), den "dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen" (§ 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG) oder dem "Grundbesitz, der für Zwecke der Wissenschaft ... genutzt wird" (§ 4 Nr. 5 GrStG). Mit der Steuerbefreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften und jüdischen Kultusgemeinden wird somit das Realsteuerprinzip nicht systemwidrig umgesetzt. Es kann daher unerörtert bleiben, ob ein solcher Verstoß überhaupt die Verfassung verletzen kann und der Kläger aus einem solchen Verstoß einen Anspruch auf die begehrte Steuerbefreiung ableiten könnte.

56

cc) Im Übrigen berücksichtigt der Kläger bei seinem Einwand nicht ausreichend die verfassungsrechtlich verankerte Grundkonzeption der Grundsteuer einschließlich ihrer Steuerbefreiungen. Denn bereits aus der Erwähnung einer Steuerart in Art. 106 GG ist zu schließen, dass der Verfassungsgeber die jeweilige Steuer nicht in allen Einzelheiten, aber doch in ihrer üblichen Ausgestaltung und ihrer historisch gewachsenen Bedeutung billigt und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkennt (vgl. zur Erhebung der Gewerbesteuer bei Verschonung der Freiberufler: BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17, m.w.N.). Zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und aufgenommenen Steuern gehört auch die Grundsteuer (Art. 106 Abs. 6 GG) einschließlich des in §§ 3 und 4 GrStG enthaltenen Befreiungskatalogs, der in seinen Grundstrukturen --unter Berücksichtigung der Einbettung in die jeweilige Rechtsordnung-- bereits lange vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand (vgl. z.B. zur Befreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften in Preußen: § 4 Buchst. e des Gesetzes betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer vom 21. Mai 1861, GS 1861, S. 253, § 24 Buchst. g des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152, und § 4 Nr. 5 GrStG vom 1. Dezember 1936, RGBl I 1936, 986). Dieser verfassungsrechtliche Rahmen kann nicht nachträglich mit allgemeinen Strukturerwägungen beiseite geschoben werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der in Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung bietet. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung (AO).

2

Der Kläger erwarb im Jahre 1994 ein in R gelegenes bebautes Grundstück. Das vorhandene Gebäude baute er um und errichtete einen Anbau.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete durch Bescheid vom 10. September 1998 das Grundstück dem Kläger zum 1. Januar 1995 zu und stellte ihm gegenüber durch weiteren, bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 7. Dezember 1998 den Einheitswert im Wege der Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1997 auf 411.800 DM sowie die Grundstücksart "gemischtgenutztes Grundstück" fest. Hierbei berücksichtigte das FA die baulichen Veränderungen sowie die teilweise Nutzung des Gebäudes zu gemeinnützigen Zwecken und die sich daraus ergebende (teilweise) Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes (GrStG).

4

Im Jahre 2006 bildete der Kläger aus zu Wohnzwecken genutzten Teilen des Gebäudes selbständiges Wohnungseigentum. Im selben Jahr ging beim FA eine Kontrollmitteilung ein, nach der der Kläger bereits ab 1997 nicht mehr ausschließlich gemeinnützig tätig war und deshalb die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nicht erfüllte.

5

Das FA schrieb daraufhin den Einheitswert für das Grundstück des Klägers durch Bescheid vom 9. Februar 2007 auf den 1. Januar 2007 fort und stellte diesen auf 235.807 € fest. Hierbei berücksichtigte es einerseits den Flächenabgang infolge der Bildung des Wohnungseigentums und andererseits auch den Wegfall der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG infolge der nicht mehr ausschließlich gemeinnützigen Tätigkeit des Klägers.

6

Ferner stellte das FA mit Bescheid vom 14. Juni 2007 im Wege der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998 unter Nichtberücksichtigung der bisher gewährten Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger Nutzung des Grundstücks den Einheitswert auf 299.105 € (585.000 DM) fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens II R 13/09 und wurde durch heutiges Urteil des erkennenden Senats aufgehoben.

7

Einspruch und Klage des Klägers gegen die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2007 vom 9. Februar 2007, mit denen der Kläger geltend machte, das Grundstück sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit, blieben erfolglos.

8

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.

9

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einheitswertbescheid vom 9. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und deswegen zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens sind von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus dem lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden (BFH-Urteile vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428; vom 21. Februar 2006 II R 31/04, BFH/NV 2006, 1450; vom 30. Juli 2008 II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, und vom 4. Februar 2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244, m.w.N.). Daran ist jedenfalls noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten.

13

Der Senat weist aber darauf hin, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), nicht vereinbar ist. Das System der Hauptfeststellung auf einen bestimmten Stichtag ist darauf angelegt, dass Hauptfeststellungen in bestimmten, nicht übermäßig langen Abständen stattfinden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--: Hauptfeststellungen in Zeitabständen von je sechs Jahren). Die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ist nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreitet (s. bereits BFH-Beschluss vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782; Drosdzol, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 831, 832, und 2001, 689, 691; Dötsch in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einf. BewG Rz 110; Thöne in Lange, Reform der Gemeindesteuern, 2006, 173, 175 f.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 13 Rz 210 f.).

14

a) Der dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts zukommende weit reichende Entscheidungsspielraum wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, unter C.I.1.a und b; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1. und 2., und vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa, je m.w.N.). Knüpft die Besteuerung an die Werte von Wirtschaftsgütern an, müssen Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.2.; vom 22. Juni 1995  2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.II.1., und in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.3.b aa, m.w.N.).

15

b) Das BVerfG hat im Hinblick auf diese verfassungsrechtlichen Anforderungen im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.2.f bb, die durch § 138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG a.F. für die Bedarfsbewertung unbebauter Grundstücke angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 als nicht mehr mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen. Der Gesetzgeber habe damit den aus dem Gleichheitssatz folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag verfehlt, die Vermögensgegenstände mit Gegenwartswerten zu erfassen oder vergangenheitsbezogene Werte entwicklungsbegleitend fortzuschreiben, um eine in der Relation der Vermögenswerte realitätsgerechte Bewertung sicherzustellen.

16

c) Hiernach verfehlt erst recht die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes nach Maßgabe des Hauptfeststellungszeitpunkts auf den 1. Januar 1964 die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen.

17

Als Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer bedarf es auch innerhalb der Vermögensgruppe des Grundvermögens einer realitätsgerechten Bewertung. Es stellt sich hier zwar --anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer-- nicht das Problem der Gleichbehandlung mit anderen Gegenständen, die mit dem Verkehrswert (§ 9 BewG) angesetzt werden. Aber auch innerhalb des Grundvermögens können aus verfassungsrechtlichen Gründen auf einem übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraum beruhende Wertverzerrungen nicht uneingeschränkt hingenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass für die Bemessung der Grundsteuer nicht nur die festgestellten Einheitswerte, sondern auch die von den Gemeinden nach § 25 GrStG festgesetzten Hebesätze maßgebend sind; denn aufgrund eines übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraums kann es auch innerhalb des jeweiligen Gemeindegebiets zu einer deutlich unterschiedlichen Entwicklung der Wertverhältnisse kommen, die nicht auf bei der Einheitsbewertung zu berücksichtigenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG), sondern auf unterschiedlichen Änderungen der Wertverhältnisse in einzelnen Gemeindeteilen beruhen und nach § 27 BewG bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte nicht zugrunde zu legen sind.

18

d) Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bindungen der Einheitsbewertung erscheint es zweifelhaft, ob --wie noch im BFH-Urteil in BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428 angenommen-- für die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG deshalb verneint werden kann, weil diese Werte erheblich unter dem gemeinen Wert liegen. Für die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG könnte vielmehr sprechen, dass die im Ertragswertverfahren und im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswerte zueinander auch nicht annähernd in einem den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Verhältnis stehen (so bereits BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782). Für das Ertragswertverfahren ist auch zu berücksichtigen, dass den Wertverhältnissen im Jahr 1964 preisgestoppte Mieten zugrunde lagen; diese preisrechtlichen Bindungen sind jedoch seit langem entfallen (BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782).

19

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Dauer des Hauptfeststellungszeitraums führt zudem bei der Bewertung von Gebäuden im Sachwertverfahren zu einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots einer folgerichtigen Gesetzgebung. Aufgrund der Entwicklung des Bauwesens gibt es eine immer größere Zahl von Gebäuden, die sich nach Bauart, Bauweise, Konstruktion oder Objektgröße von den im Jahr 1958, dessen Baupreisverhältnisse für die Einheitsbewertung maßgeblich sind (§ 85 Satz 1 BewG), vorhandenen Gebäuden so sehr unterscheiden, dass ihre Bewertung nicht mehr mit einer verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Genauigkeit und Überprüfbarkeit möglich ist. Für derartige neue Gebäude ist ein Vergleich mit den Herstellungskosten für bereits im Jahr 1958 bestehende entsprechende Gebäude nicht möglich. Eine Schätzung, wie viel die Errichtung neuartiger Gebäude im Jahr 1958 gekostet hätte, wenn es damals bereits solche Gebäude gegeben hätte, kann nur zu mehr oder minder richtigen Näherungswerten führen.

20

Auf unbegrenzte Dauer ist es auch nicht hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt gemäß § 85 Satz 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.

21

e) Das jahrzehntelange Unterlassen einer erneuten Grundstücksbewertung führt darüber hinaus zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug. Ohne eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neubewertung sämtlicher der Einheitsbewertung unterliegender Objekte ist nicht sichergestellt, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die Wertänderungen bewirken und zu Fortschreibungen nach § 22 BewG führen müssten, im Sinne des erforderlichen gleichmäßigen Gesetzesvollzugs durchgehend erfasst werden. Umstände, die eine Fortschreibung auslösen können, werden den Finanzämtern oft nur von dritter Seite mitgeteilt. Meistens erhalten die Finanzämter die Mitteilung über den Grund für eine Fortschreibung erst nach längerer Zeit. § 22 Abs. 4 Satz 1 BewG verpflichtet die Finanzämter nicht, stets von sich aus tätig zu werden. Die Ermittlungspflicht der Finanzämter setzt vielmehr erst ein, wenn ihnen Umstände bekannt werden, die eine Fortschreibung rechtfertigen könnten (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Rz 66; Bruschke in Gürsching/ Stenger, Bewertungsrecht, § 22 BewG Rz 219).

22

f) Verfassungsrechtlich geboten ist eine erneute Hauptfeststellung auch im Beitrittsgebiet. Insoweit können die in §§ 129 ff. BewG getroffenen Regelungen künftig wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr --wie seinerzeit noch vom BFH (z.B. Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 56/05, BFH/NV 2006, 919) angenommen-- mit Übergangsschwierigkeiten nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden. Da im Beitrittsgebiet die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben sind (§ 129 BewG), wiegen die hiergegen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit noch schwerer als im alten Bundesgebiet. Seit dem 1. Januar 1935 haben sich die für die Bewertung maßgeblichen Verhältnisse noch wesentlich stärker entwickelt und verändert als seit dem 1. Januar 1964.

23

2. Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den Einheitswert für das Grundstück des Klägers nach § 22 BewG auf den 1. Januar 2007 fortschreiben konnte.

24

a) Nach § 22 Abs. 1 BewG findet wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Wertfortschreibung statt, wenn der nach § 30 BewG abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts in einem näher beschriebenen Ausmaß nach oben oder unten abweicht. Eine Wertfortschreibung findet nach § 22 Abs. 3 BewG auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. Die Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn der Finanzbehörde bekannt wird, dass die Voraussetzungen für sie vorliegen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 BewG).

25

b) Der Fortschreibungszeitpunkt ist in § 22 Abs. 4 Satz 3 BewG je nach dem Anlass der Fortschreibung unterschiedlich geregelt. Bei einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Liegt der Grund zur Fortschreibung nicht in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern in einem Fehler bei der vorangegangenen Feststellung (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG), so ist Fortschreibungszeitpunkt grundsätzlich der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 1. Alternative BewG), bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 2. Alternative BewG).

26

c) Im Streitfall kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der Wertfortschreibungsbescheid vom 9. Februar 2007 geänderten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt oder lediglich einen Rechtsfehler der letzten Feststellung beseitigt. Denn die Wertfortschreibung erfolgte auf den Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wurde und damit in jedem Fall auf einen zulässigen Fortschreibungszeitpunkt. Auch die Wertfortschreibungsgrenzen sind erreicht.

27

3. Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass § 19 Abs. 4 BewG der Feststellung des Einheitswerts nicht entgegenstand. Danach dürfen Feststellungen nur dann erfolgen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Feststellung des Einheitswerts im Streitfall für die Grundsteuer von Bedeutung. Denn der Grundbesitz des Klägers ist nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG grundsteuerbefreit. Die behauptete Grundsteuerbefreiung kann im Verfahren gegen den Einheitswertbescheid geprüft werden (BFH-Urteile vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BFHE 144, 201, BStBl II 1986, 128; vom 10. Juli 2002 II R 22/00, BFH/NV 2003, 202).

28

a) Von der Grundsteuer befreit ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG der Grundbesitz, der von einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung genutzt wird. Den Religionsgemeinschaften stehen nach Satz 2 der Vorschrift die jüdischen Kultusgemeinden gleich, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Nach § 4 Nr. 1 GrStG unterliegt ferner solcher Grundbesitz nicht der Grundsteuer, der, sofern er nicht nach § 3 GrStG steuerbefreit ist, dem Gottesdienst einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, oder einer jüdischen Kultusgemeinde gewidmet ist.

29

aa) Es bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Gottesdienst gewidmeter Grundbesitz nicht nach § 4 Nr. 1 GrStG, sondern bereits gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG befreit sein kann (dazu Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 3 Rz 55). Jedenfalls erfüllt der Kläger auch dann, wenn er eine Religionsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschriften sein sollte, die darin bestimmten Befreiungsvoraussetzungen deshalb nicht, weil er weder den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt noch eine jüdische Kultusgemeinschaft ist.

30

bb) Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG ist ausschließlich entscheidend, ob der Kläger den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--) hat. Die Befreiungsvoraussetzungen sind erst nach Ergehen eines entsprechenden Verleihungsakts (dazu z.B. P. Kirchhof in Handbuch des Staatskirchenrechts --HdbStKR--, Bd. 1, 1994, § 22 S. 686; vgl. auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV), an dem es im Streitfall fehlt, erfüllt. Ob der Kläger einen solchen Status erhalten kann und will, ist hingegen unerheblich. Abgesehen davon, dass der Kläger nach seinem Vorbringen einen solchen Rechtsstatus ersichtlich nicht anstrebt, reicht die bloße Möglichkeit zur Erlangung des Körperschaftsstatus für die Gewährung einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG nicht aus (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Juni 1951 III 69/51 U, BFHE 55, 376, BStBl III 1951, 148).

31

b) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiung auf Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und 3 GG).

32

aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG sind als steuerliche Begünstigungsnormen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner besonderen Ausprägung der Besteuerungsgleichheit zu messen (BVerfG-Beschluss vom 7. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108).

33

(1) Art. 3 Abs. 1 GG ist danach verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Entscheidungen vom 23. Oktober 1951  2 BVG 1/51, BVerfGE 1, 14, und in BVerfGE 107, 27, 47, m.w.N.). Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, 46, m.w.N.). Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren (BVerfG-Beschlüsse vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115).

34

(2) Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108).

35

(3) Soweit steuerliche Begünstigungsnormen --wie hier-- auf eine steuerliche Entlastung von Religionsgemeinschaften gerichtet sind, hat der Staat die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ergibt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvR 890/06, BVerfGE 123, 148). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (BVerfG-Beschlüsse vom 31. März 1971  1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, und in BVerfGE 123, 148, m.w.N.).

36

bb) Ob ein Verstoß der hier fraglichen Befreiungsregelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb ausscheidet, weil der Gesetzgeber insoweit einer gegenüber (einzelnen oder allen) korporierten Religionsgemeinschaften auferlegten verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Zwar fordert der Korporationsstatus des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV für sich allein noch keine (Grund-)Steuerbefreiung (Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1025). Ob es sich allerdings bei den hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen um vom Steuergesetzgeber lediglich freiwillig gewährte Bevorrechtigungen handelt (so Weides in Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1988, S. 885, 888; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 268), erscheint zweifelhaft. Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährleistung des Körperschaftsstatus (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV), des kirchlichen Besteuerungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV), der Garantie der Staatsleistungen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) sowie des Kirchengutes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV) legt vielmehr den Schluss nahe, dass diese Verfassungsgarantien in ihrer Zusammenschau auf die Sicherung der materiellen Ausstattung der korporierten Religionsgemeinschaften gerichtet sind (vgl. Hesse, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 10 <1961>, S. 27 und 53; für Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148). Es kommt hinzu, dass die § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG als Steuerverschonungen zu den "negativen Staatsleistungen" i.S. des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV gehören (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1096; Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1024 f., jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 28. April 1965  1 BvR 346/61, BVerfGE 19, 1). Dabei gehört die Befreiung des Grundbesitzes von Grundsteuer zu den ältesten einfachgesetzlichen Vergünstigungen zugunsten der Kirchen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und vom 30. September 2000  2 BvR 708/96, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2001, 318; ferner Beschlüsse des Reichsgerichts --RG-- vom 20. Juni 1925 IV Tgb 83/25, RGZ 111, 134; vom 10. Oktober 1927 IV Tgb 94/27, Lammers-Simons in Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich und des Reichsgerichts auf Grund Artikel 13 Absatz 2 der Reichsverfassung, Bd. 1, S. 538; vom 13. Juli 1931 IV Tgb 354/30, Lammers-Simons, a.a.O., Bd. 4, S. 306; dazu z.B. Werner Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948, S. 51 ff.). Die Grundsteuerbefreiung war seit jeher mit der Kirche und --ab dem 19. Jahrhundert-- mit den korporierten Religionsgemeinschaften verbunden. Diese Tradition führen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG fort.

37

cc) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf korporierte Religionsgemeinschaften ist jedenfalls unter Berücksichtigung des Sinngehalts und der Funktion des gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV verbürgten Korporationsstatus mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

38

(1) Die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften sind angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, die in den Staat organisch eingegliederte Verbände sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 17. Februar 1965  1 BvR 732/64, BVerfGE 18, 385; in BVerfGE 19, 1; in BVerfGE 30, 415; vom 21. September 1976 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312; BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2000 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit und soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen (BVerfG-Urteile in BVerfGE 102, 370; vom 1. Dezember 2009  1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 108). Er bedeutet daher nur eine Heraushebung über andere Religionsgemeinschaften, weil der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Überzeugung des Staates von der besonderen Wirksamkeit dieser Religionsgemeinschaften, von ihrer gewichtigen Stellung in der Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Gewähr der Dauer zugrunde liegt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 385, und vom 4. Oktober 1965 1 BvR 498/62, BVerfGE 19, 129, sowie BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1). Den Religionsgemeinschaften mit Korporationsstatus kommt eine besondere Bedeutung für das öffentliche Leben und die staatliche Rechtsordnung zu (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129; vom 4. Mai 1984  2 BvR 1837/83, Entscheidungen in Kirchensachen seit 1964 (KirchE) 22, 88; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. April 1987 7 C 24/85, NVwZ 1987, 678; vom 15. November 1990  7 C 9/89, BVerwGE 87, 115; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 III R 54/74, BFHE 116, 176, BStBl II 1975, 746; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1979  2 StR 791/78, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 462).

39

(2)  Diese besondere Rechtsstellung und Bedeutung der korporierten Religionsgemeinschaften rechtfertigt auch die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG getroffenen Befreiungsregelungen (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1068; Korioth in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 140 Rz 21, Stand: Februar 2003; Heckel, Vom Religionskonflikt zur Ausgleichsordnung, 2007, S. 123; Weides, a.a.O., S. 885, 887; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Dissertation, 2003, S. 199). Diese Steuerbefreiungen dienen in Bezug auf den Grundbesitz den im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und der ihnen gleichzustellenden Ordensgemeinschaften (so die Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG, BTDrucks VI/3418, S. 79).

40

Dem Vorbringen des Klägers, der Körperschaftsstatus rechtfertige keine Begünstigung der Religionsgemeinschaften außerhalb des hoheitlichen Bereichs (z.B. durch Zuerkennung des Besteuerungsrechts), kann nicht gefolgt werden. Vielmehr darf der Staat die besondere öffentliche Position der korporierten Religionsgemeinschaften im staatlichen und gesellschaftlichen Leben zum Anlass für eine auch finanzielle Förderung in Gestalt einer Grundsteuerbefreiung nehmen. Er unterstützt damit ihre --auch wirtschaftliche-- Eigenständigkeit sowie Unabhängigkeit und trägt damit der hohen Bedeutung der materiellen Ausstattung einer Religionsgemeinschaft für die Freiheit der Religionsausübung Rechnung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148, m.w.N.; Ehlers in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 140 Rz 9).

41

(3) Die Beschränkung der hier fraglichen Befreiungsregelungen auf Religionsgemeinschaften mit öffentlich-rechtlichem Körperschaftsstatus verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Weder beruhen diese Befreiungsregelungen auf einer Identifikation des Staates mit bestimmten Religionsgemeinschaften noch bewirken sie eine Privilegierung bestimmter Bekenntnisse. Die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV normierten Voraussetzungen des Korporationsstatus sind schon ihrem Wortlaut nach zunächst formal-organisatorischer Natur und als solche nicht etwa auf bestimmte Bekenntnisse beschränkt. Insbesondere ist der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht etwa den christlichen Religionsgemeinschaften vorbehalten, sondern grundsätzlich ebenso für islamische Glaubensgemeinschaften offen (vgl. z.B. Kloepfer, Die Öffentliche Verwaltung 2006, 45; Loschelder in Essener Gespräche, Bd. 20, S. 162). Soweit über den Wortlaut des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV hinaus weitere ungeschriebene Verleihungsvoraussetzungen abgeleitet werden (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 102, 370; Ehlers in Sachs, a.a.O., Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rz 28, m.w.N.), zielen diese nicht auf die Bewertung oder Unterbindung eines religiösen Bekenntnisses. Die Öffnung des Körperschaftsstatus für alle Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV) verletzt daher nicht die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, sondern verwirklicht sie (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 17. Dezember 1975 1 BvR 63/68, BVerfGE 41, 29, und in BVerfGE 102, 370; P. Kirchhof in HdbStKR, a.a.O., § 22, S. 666, 682; Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 Rz 31 f., Stand: Februar 2003; Morlok in Dreier, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 140 Rz 42). Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV vermittelt in Bezug auf die Verleihung des Körperschaftsstatus gleiche Chancen für alle Religionsgemeinschaften (v. Campenhausen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 222; Morlok in Dreier, a.a.O., Art. 140/Art. 137 WRV Rz 99). Ob eine Religionsgemeinschaft das Gleichstellungsangebot annehmen oder Distanz zum Staat wahren möchte, bleibt daher als "ihre Angelegenheit" (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) ihrer freien Entscheidung gemäß ihrem (religiösen) Selbstverständnis überlassen.

42

(4) Der Einwand des Klägers, die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf für den Gottesdienst und der religiösen Unterweisung dienenden Grundbesitz greife aufgrund des vorausgesetzten Korporationsstatus in den "religiösen Kerngehalt" ein, geht fehl. Die hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen bewirken lediglich eine Begünstigung im Zusammenhang mit der Ausübung der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Religionsfreiheit. Eine Beeinträchtigung oder Behinderung der Religionsausübung bei Nichterfüllung der grundsteuerlichen Befreiungsvoraussetzungen tritt jedoch nicht ein; insbesondere wird die Freiheit zur religiösen Vereinigung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 und 7 WRV) nicht eingeschränkt.

43

(5) Damit verstoßen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auch nicht gegen die Garantie der religionsrechtlichen Gleichheit (Parität), die eine sachlich nicht gerechtfertigte rechtliche Besserstellung der korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu kleinen bzw. nicht korporierten Religionsgemeinschaften ausschließt (z.B. Heckel in HdbStKR, a.a.O., § 20, S. 589, 605 ff.). Das Grundgesetz fordert, über das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthaltene Angebot zur Erlangung des Korporationsstatus hinaus nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich zu behandeln hat (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und in BVerfGE 19, 129). Bereits der Gesamtregelung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV liegt eine religionsverfassungsrechtliche Differenzierung insofern zugrunde, als die "altkorporierten", schon vor Erlass der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften diesen Rechtsstatus behalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Anderen Religionsgemeinschaften ist gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV dieser Status auf Antrag zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften sind vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben (vgl. oben II.3.b bb) sachlich begründet und verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 66; Weides, a.a.O., S. 888).

44

dd) Die Anknüpfung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und des § 4 Nr. 1 GrStG an den Körperschaftsstatus verletzt auch nicht etwa deshalb Art. 3 Abs. 1 GG, weil es dem Kläger in unzumutbarer Weise erschwert wäre, trotz Erfüllung der entsprechenden materiellen Voraussetzungen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlangen (vgl. zu diesem Merkmal BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129, und vom 12. Dezember 1978  1 BvR 1168/77, KirchE 17, 128, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1979, 159).

45

(1) Soweit der Kläger geltend macht, er könne nach seinem religiösen Selbstverständnis nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts werden, erschließen sich aus seinem Vorbringen die hierfür maßgebenden Gründe nicht. Mit dem Hinweis darauf, dass der Islam keine Hierarchie ausbilde und der Staat kaum auf rechtlich handlungsfähige und zur Vertretung der islamischen Glaubensangehörigen in einem bestimmten Gebiet legitimierte Verbände als Verhandlungspartner stoße, sind im religiösen Selbstverständnis des Islam liegende zwingende Ausschlussgründe zur Erlangung des Körperschaftsstatus nicht hinreichend belegt. Insoweit schränkt der Kläger sein diesbezügliches Vorbringen selbst dahingehend ein, dass es der islamischen Glaubensgemeinschaft "eher fremd" sei, den Körperschaftsstatus anzustreben. Gegen eine nach dem religiösen Selbstverständnis des Islam ausgeschlossene Erlangung des Körperschaftsstatus spricht zudem, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche --wenn auch letztlich erfolglose-- Anträge muslimischer Vereinigungen auf Erlangung des Körperschaftsstatus gestellt worden sind (vgl. Antworten der Bundesregierung, BTDrucks 14/4530, S. 34 ff. und BTDrucks 16/5033, S. 26 f.).

46

(2) Der Kläger hat sich zudem --im Gegensatz zu seinem Vorbringen, sein religiöses Selbstverständnis sei mit einer körperschaftlichen Struktur unvereinbar-- als eingetragener Verein und damit als Körperschaft (Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010, Einf. v. § 21 Rz 14), organisiert. Insoweit ist vom Kläger nichts dazu vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen auf der Grundlage dieser Organisationsstruktur die Erlangung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sein sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus nicht "an den Islam", sondern unabhängig von der Organisation und dem Organisationsgrad anderer islamischer Gemeinschaften im Bundesgebiet nur an eine konkrete islamische Gemeinschaft erfolgen kann (St. Mückl in Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 159 Rz 105).

47

(3) Weiter gehende Berechtigungen des Klägers lassen sich auch nicht daraus ableiten, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG --über den Charakter eines individuellen Abwehrrechts hinausgehend-- auch in einem positiven Sinne gebieten, "Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern" (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 41, 29). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Einzelnen oder der Religionsgemeinschaft Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen garantiert werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148; Kokott in Sachs, a.a.O., Art. 4 Rz 70, m.w.N.); dies muss auch für die vom Kläger begehrte Grundsteuerbefreiung gelten.

48

ee) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG verletzen auch nicht den besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG, nach dem niemand u.a. wegen seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet eine Ungleichbehandlung auf Grund der hier aufgeführten Merkmale, schließt jedoch sachbezogene Differenzierungen in Anknüpfung an religiöse oder weltanschauliche Sachverhalte nicht aus (Kästner in Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 140 Rz 144). Nach diesen Maßstäben sind Befreiungsregelungen des staatlichen Steuerrechts, die --wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG-- nach dem Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaft differenzieren, verfassungsrechtlich zulässig. Eine "Bewertung einer Konfession" findet insoweit --entgegen dem Vorbringen des Klägers-- aufgrund der religiös-weltanschaulich neutralen Ausgestaltung der vorgenannten Befreiungsregelungen nicht statt.

49

c) Die den jüdischen Kultusgemeinden gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG gewährte Steuerbefreiung verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies gilt selbst dann, wenn man, da Grundbesitz von Religionsgemeinschaften verschiedener Konfessionen ungleich besteuert wird, insoweit den strengeren Prüfungsmaßstab des besonderen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 3 GG) anlegt. Die Befreiung des Grundbesitzes jüdischer Kultusgemeinden war zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zwingend erforderlich.

50

aa) Den jüdischen Kultusgemeinden wurde bereits durch preußisches Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847 (Preußische Gesetzessammlung --GS-- 1847, S. 263) der Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft eingeräumt (RG-Urteil vom 7. Juli 1931 III 414/30, RGZ 133, 192), womit auch eine Grundsteuerbefreiung verbunden war (vgl. § 24 Buchst. g des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152; Nöll/Freund, Das Kommunalabgabengesetz, 1910, § 24 Rz 22; Scholz, Grundsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1954, § 4 Rz 60). Dieser Status wurde ihnen von den Nationalsozialisten durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 (RGBl I 1938, 338) wieder aberkannt, was den Verlust der Grundsteuerbefreiung zur Folge hatte (vgl. bereits Richtlinien für die Durchführung der Grundsteuer vom 19. Juli 1937, Nr. 26 Abs. 4, abgedruckt bei Dziegalowski, Grundsteuergesetz vom 1. Dezember 1936 mit Durchführungsbestimmungen, 1937, S. 277). Dieser Verlust des Körperschaftsstatus wurde durch die Bundesrepublik Deutschland im Grundsteuerrecht --ebenso im Erbschaftsteuerrecht (s. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)-- wieder rückgängig gemacht, indem der Grundbesitz der jüdischen Kultusgemeinden ausdrücklich neben dem Grundbesitz der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften befreit wurde (vgl. GrStG vom 10. August 1951, BGBl I 1951, 515 und Änderungsgesetz vom 24. August 1965, BGBl I 1965, 905). Die Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden und ihrer Verbände in der Gesetzesfassung des vormaligen § 4 Nr. 5 Buchst. b und c des GrStG i.d.F. des Gesetzes vom 10. August 1951, a.a.O. --als Vorgängerregelungen des jetzigen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG-- wurde zur Beseitigung des ihnen angetanen Unrechts als erforderlich angesehen, "solange ihre formelle Anerkennung als öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft noch nicht in allen Ländern wieder erfolgt ist" (BTDrucks I/1787, S. 9).

51

bb) Aus dieser Vorgeschichte ergibt sich, dass trotz der ausdrücklichen Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG diesen kein Sonderprivileg gegenüber den übrigen nichtkorporierten Religionsgemeinschaften verschafft werden sollte. Der Gesetzgeber wollte daher nicht --wie der Kläger meint-- die Befreiung auch solchen Religionsgemeinschaften zukommen lassen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht anstreben.

52

cc) Hinzu kommt, dass die Aberkennung des Körperschaftsstatus durch die Nationalsozialisten inzwischen für nichtig gehalten wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 15. Oktober 1997  7 C 21/96, BVerwGE 105, 255, unter Verweis auf den Beschluss des BVerfG zur Nichtigkeit der Ausbürgerung jüdischer Staatsangehöriger vom 14. Februar 1968  2 BvR 557/62, BVerfGE 23, 98). Die damit zumindest für bereits im Jahr 1938 bestehende jüdische Kultusgemeinden überflüssig gewordene ausdrückliche Befreiung des Grundbesitzes relativiert die Gegenüberstellung von jüdischen Kultusgemeinden und islamischen Religionsgemeinschaften und führt letztlich zurück zur --gerechtfertigten-- Begünstigung von korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den nichtkorporierten (vgl. oben II.3.b).

53

d) Nicht zu folgen ist dem Kläger schließlich darin, der Gesetzgeber habe seine Grundentscheidung, Grundbesitz unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Eigentümers mit Grundsteuer zu belasten, nicht folgerichtig umgesetzt, wenn er die Befreiung an die Gemeinnützigkeit oder den Körperschaftsstatus knüpfe. Insoweit missversteht er die Einordnung der Grundsteuer als Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO).

54

aa) Für Real- oder Objektsteuern ist charakteristisch, dass sie das Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfassen und bei denjenigen erhoben werden, denen diese Gegenstände zuzurechnen sind (BVerfG-Beschluss vom 18. Februar 2009  1 BvR 1334/07, HFR 2009, 611, NJW 2009, 1868, m.w.N.). Die Grundsteuer belastet demgemäß das bloße Innehaben von Grundbesitz und greift damit auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte (abstrakte) Leistungskraft zu (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983  2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72; BFH-Urteil vom 22. Juli 1987 II R 204/84, BFHE 150, 285, BStBl II 1987, 725), ohne jedoch die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers, die Ausdruck seiner persönlichen Leistungsfähigkeit sein können, tatbestandlich zur Kenntnis zu nehmen. Es werden daher beispielsweise weder das selbstgenutzte Wohneigentum verschont (BFH-Entscheidungen vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369; vom 19. Juli 2006 II R 81/05, BFHE 213, 222, BStBl II 2006, 767) noch familiäre Verhältnisse (z.B. Anzahl der Kinder) berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 II B 44/02, BFH/NV 2003, 508).

55

bb) Das schließt nicht aus, dass der Gesetzgeber Grundsteuerbefreiungen an Eigenschaften des Eigentümers knüpft, die nicht Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sind. Tatsächlich heben fast alle Grundsteuerbefreiungen --teilweise kombiniert mit sachlichen Kriterien-- auf ein solches Merkmal des Grundstückseigentümers ab. Neben der hier streitigen Befreiung von Grundbesitz der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", und der "jüdischen Kultusgemeinden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG) entlastet der Gesetzgeber z.B. auch den Grundbesitz einer "juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrStG), das "Bundeseisenbahnvermögen" (Nr. 2) oder Grundbesitz eines "Krankenhauses" (§ 4 Nr. 6 GrStG). Lediglich einzelne Grundsteuerbefreiungen setzen ausschließlich eine bestimmte Nutzung des Grundstücks voraus, so z.B. bei den "Bestattungsplätzen" (§ 4 Nr. 2 GrStG), den "dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen" (§ 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG) oder dem "Grundbesitz, der für Zwecke der Wissenschaft ... genutzt wird" (§ 4 Nr. 5 GrStG). Mit der Steuerbefreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften und jüdischen Kultusgemeinden wird somit das Realsteuerprinzip nicht systemwidrig umgesetzt. Es kann daher unerörtert bleiben, ob ein solcher Verstoß überhaupt die Verfassung verletzen kann und der Kläger aus einem solchen Verstoß einen Anspruch auf die begehrte Steuerbefreiung ableiten könnte.

56

cc) Im Übrigen berücksichtigt der Kläger bei seinem Einwand nicht ausreichend die verfassungsrechtlich verankerte Grundkonzeption der Grundsteuer einschließlich ihrer Steuerbefreiungen. Denn bereits aus der Erwähnung einer Steuerart in Art. 106 GG ist zu schließen, dass der Verfassungsgeber die jeweilige Steuer nicht in allen Einzelheiten, aber doch in ihrer üblichen Ausgestaltung und ihrer historisch gewachsenen Bedeutung billigt und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkennt (vgl. zur Erhebung der Gewerbesteuer bei Verschonung der Freiberufler: BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17, m.w.N.). Zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und aufgenommenen Steuern gehört auch die Grundsteuer (Art. 106 Abs. 6 GG) einschließlich des in §§ 3 und 4 GrStG enthaltenen Befreiungskatalogs, der in seinen Grundstrukturen --unter Berücksichtigung der Einbettung in die jeweilige Rechtsordnung-- bereits lange vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand (vgl. z.B. zur Befreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften in Preußen: § 4 Buchst. e des Gesetzes betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer vom 21. Mai 1861, GS 1861, S. 253, § 24 Buchst. g des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152, und § 4 Nr. 5 GrStG vom 1. Dezember 1936, RGBl I 1936, 986). Dieser verfassungsrechtliche Rahmen kann nicht nachträglich mit allgemeinen Strukturerwägungen beiseite geschoben werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der in Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung bietet. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung (AO).

2

Der Kläger erwarb im Jahre 1994 ein in R gelegenes bebautes Grundstück. Das vorhandene Gebäude baute er um und errichtete einen Anbau.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete durch Bescheid vom 10. September 1998 das Grundstück dem Kläger zum 1. Januar 1995 zu und stellte ihm gegenüber durch weiteren, bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 7. Dezember 1998 den Einheitswert im Wege der Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1997 auf 411.800 DM sowie die Grundstücksart "gemischtgenutztes Grundstück" fest. Hierbei berücksichtigte das FA die baulichen Veränderungen sowie die teilweise Nutzung des Gebäudes zu gemeinnützigen Zwecken und die sich daraus ergebende (teilweise) Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes (GrStG).

4

Im Jahre 2006 bildete der Kläger aus zu Wohnzwecken genutzten Teilen des Gebäudes selbständiges Wohnungseigentum. Im selben Jahr ging beim FA eine Kontrollmitteilung ein, nach der der Kläger bereits ab 1997 nicht mehr ausschließlich gemeinnützig tätig war und deshalb die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nicht erfüllte.

5

Das FA schrieb daraufhin den Einheitswert für das Grundstück des Klägers durch Bescheid vom 9. Februar 2007 auf den 1. Januar 2007 fort und stellte diesen auf 235.807 € fest. Hierbei berücksichtigte es einerseits den Flächenabgang infolge der Bildung des Wohnungseigentums und andererseits auch den Wegfall der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG infolge der nicht mehr ausschließlich gemeinnützigen Tätigkeit des Klägers.

6

Ferner stellte das FA mit Bescheid vom 14. Juni 2007 im Wege der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1998 unter Nichtberücksichtigung der bisher gewährten Steuerbefreiung wegen gemeinnütziger Nutzung des Grundstücks den Einheitswert auf 299.105 € (585.000 DM) fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Revisionsverfahrens II R 13/09 und wurde durch heutiges Urteil des erkennenden Senats aufgehoben.

7

Einspruch und Klage des Klägers gegen die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2007 vom 9. Februar 2007, mit denen der Kläger geltend machte, das Grundstück sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG von der Grundsteuer befreit, blieben erfolglos.

8

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.

9

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einheitswertbescheid vom 9. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

10

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet und deswegen zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens sind von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus dem lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden (BFH-Urteile vom 2. Februar 2005 II R 36/03, BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428; vom 21. Februar 2006 II R 31/04, BFH/NV 2006, 1450; vom 30. Juli 2008 II R 5/07, BFH/NV 2009, 7, und vom 4. Februar 2010 II R 1/09, BFH/NV 2010, 1244, m.w.N.). Daran ist jedenfalls noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten.

13

Der Senat weist aber darauf hin, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), nicht vereinbar ist. Das System der Hauptfeststellung auf einen bestimmten Stichtag ist darauf angelegt, dass Hauptfeststellungen in bestimmten, nicht übermäßig langen Abständen stattfinden (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--: Hauptfeststellungen in Zeitabständen von je sechs Jahren). Die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ist nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreitet (s. bereits BFH-Beschluss vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782; Drosdzol, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 831, 832, und 2001, 689, 691; Dötsch in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einf. BewG Rz 110; Thöne in Lange, Reform der Gemeindesteuern, 2006, 173, 175 f.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 13 Rz 210 f.).

14

a) Der dem Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts zukommende weit reichende Entscheidungsspielraum wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98 und 1735/00, BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534, unter C.I.1.a und b; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1. und 2., und vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa, je m.w.N.). Knüpft die Besteuerung an die Werte von Wirtschaftsgütern an, müssen Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.2.; vom 22. Juni 1995  2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.II.1., und in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.3.b aa, m.w.N.).

15

b) Das BVerfG hat im Hinblick auf diese verfassungsrechtlichen Anforderungen im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.2.f bb, die durch § 138 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG a.F. für die Bedarfsbewertung unbebauter Grundstücke angeordnete, bis Ende 2006 geltende Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1996 als nicht mehr mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen. Der Gesetzgeber habe damit den aus dem Gleichheitssatz folgenden verfassungsrechtlichen Auftrag verfehlt, die Vermögensgegenstände mit Gegenwartswerten zu erfassen oder vergangenheitsbezogene Werte entwicklungsbegleitend fortzuschreiben, um eine in der Relation der Vermögenswerte realitätsgerechte Bewertung sicherzustellen.

16

c) Hiernach verfehlt erst recht die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes nach Maßgabe des Hauptfeststellungszeitpunkts auf den 1. Januar 1964 die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen.

17

Als Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer bedarf es auch innerhalb der Vermögensgruppe des Grundvermögens einer realitätsgerechten Bewertung. Es stellt sich hier zwar --anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer-- nicht das Problem der Gleichbehandlung mit anderen Gegenständen, die mit dem Verkehrswert (§ 9 BewG) angesetzt werden. Aber auch innerhalb des Grundvermögens können aus verfassungsrechtlichen Gründen auf einem übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraum beruhende Wertverzerrungen nicht uneingeschränkt hingenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass für die Bemessung der Grundsteuer nicht nur die festgestellten Einheitswerte, sondern auch die von den Gemeinden nach § 25 GrStG festgesetzten Hebesätze maßgebend sind; denn aufgrund eines übermäßig langen Hauptfeststellungszeitraums kann es auch innerhalb des jeweiligen Gemeindegebiets zu einer deutlich unterschiedlichen Entwicklung der Wertverhältnisse kommen, die nicht auf bei der Einheitsbewertung zu berücksichtigenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG), sondern auf unterschiedlichen Änderungen der Wertverhältnisse in einzelnen Gemeindeteilen beruhen und nach § 27 BewG bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte nicht zugrunde zu legen sind.

18

d) Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bindungen der Einheitsbewertung erscheint es zweifelhaft, ob --wie noch im BFH-Urteil in BFHE 209, 138, BStBl II 2005, 428 angenommen-- für die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG deshalb verneint werden kann, weil diese Werte erheblich unter dem gemeinen Wert liegen. Für die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG könnte vielmehr sprechen, dass die im Ertragswertverfahren und im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswerte zueinander auch nicht annähernd in einem den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Verhältnis stehen (so bereits BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782). Für das Ertragswertverfahren ist auch zu berücksichtigen, dass den Wertverhältnissen im Jahr 1964 preisgestoppte Mieten zugrunde lagen; diese preisrechtlichen Bindungen sind jedoch seit langem entfallen (BFH-Urteil in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782).

19

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Dauer des Hauptfeststellungszeitraums führt zudem bei der Bewertung von Gebäuden im Sachwertverfahren zu einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots einer folgerichtigen Gesetzgebung. Aufgrund der Entwicklung des Bauwesens gibt es eine immer größere Zahl von Gebäuden, die sich nach Bauart, Bauweise, Konstruktion oder Objektgröße von den im Jahr 1958, dessen Baupreisverhältnisse für die Einheitsbewertung maßgeblich sind (§ 85 Satz 1 BewG), vorhandenen Gebäuden so sehr unterscheiden, dass ihre Bewertung nicht mehr mit einer verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Genauigkeit und Überprüfbarkeit möglich ist. Für derartige neue Gebäude ist ein Vergleich mit den Herstellungskosten für bereits im Jahr 1958 bestehende entsprechende Gebäude nicht möglich. Eine Schätzung, wie viel die Errichtung neuartiger Gebäude im Jahr 1958 gekostet hätte, wenn es damals bereits solche Gebäude gegeben hätte, kann nur zu mehr oder minder richtigen Näherungswerten führen.

20

Auf unbegrenzte Dauer ist es auch nicht hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt gemäß § 85 Satz 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.

21

e) Das jahrzehntelange Unterlassen einer erneuten Grundstücksbewertung führt darüber hinaus zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug. Ohne eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neubewertung sämtlicher der Einheitsbewertung unterliegender Objekte ist nicht sichergestellt, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die Wertänderungen bewirken und zu Fortschreibungen nach § 22 BewG führen müssten, im Sinne des erforderlichen gleichmäßigen Gesetzesvollzugs durchgehend erfasst werden. Umstände, die eine Fortschreibung auslösen können, werden den Finanzämtern oft nur von dritter Seite mitgeteilt. Meistens erhalten die Finanzämter die Mitteilung über den Grund für eine Fortschreibung erst nach längerer Zeit. § 22 Abs. 4 Satz 1 BewG verpflichtet die Finanzämter nicht, stets von sich aus tätig zu werden. Die Ermittlungspflicht der Finanzämter setzt vielmehr erst ein, wenn ihnen Umstände bekannt werden, die eine Fortschreibung rechtfertigen könnten (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Rz 66; Bruschke in Gürsching/ Stenger, Bewertungsrecht, § 22 BewG Rz 219).

22

f) Verfassungsrechtlich geboten ist eine erneute Hauptfeststellung auch im Beitrittsgebiet. Insoweit können die in §§ 129 ff. BewG getroffenen Regelungen künftig wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr --wie seinerzeit noch vom BFH (z.B. Beschluss vom 12. Januar 2006 II B 56/05, BFH/NV 2006, 919) angenommen-- mit Übergangsschwierigkeiten nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden. Da im Beitrittsgebiet die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben sind (§ 129 BewG), wiegen die hiergegen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit noch schwerer als im alten Bundesgebiet. Seit dem 1. Januar 1935 haben sich die für die Bewertung maßgeblichen Verhältnisse noch wesentlich stärker entwickelt und verändert als seit dem 1. Januar 1964.

23

2. Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass das FA den Einheitswert für das Grundstück des Klägers nach § 22 BewG auf den 1. Januar 2007 fortschreiben konnte.

24

a) Nach § 22 Abs. 1 BewG findet wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Wertfortschreibung statt, wenn der nach § 30 BewG abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts in einem näher beschriebenen Ausmaß nach oben oder unten abweicht. Eine Wertfortschreibung findet nach § 22 Abs. 3 BewG auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. Die Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn der Finanzbehörde bekannt wird, dass die Voraussetzungen für sie vorliegen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 BewG).

25

b) Der Fortschreibungszeitpunkt ist in § 22 Abs. 4 Satz 3 BewG je nach dem Anlass der Fortschreibung unterschiedlich geregelt. Bei einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Liegt der Grund zur Fortschreibung nicht in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern in einem Fehler bei der vorangegangenen Feststellung (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG), so ist Fortschreibungszeitpunkt grundsätzlich der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem FA bekannt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 1. Alternative BewG), bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 2. Alternative BewG).

26

c) Im Streitfall kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der Wertfortschreibungsbescheid vom 9. Februar 2007 geänderten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt oder lediglich einen Rechtsfehler der letzten Feststellung beseitigt. Denn die Wertfortschreibung erfolgte auf den Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wurde und damit in jedem Fall auf einen zulässigen Fortschreibungszeitpunkt. Auch die Wertfortschreibungsgrenzen sind erreicht.

27

3. Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass § 19 Abs. 4 BewG der Feststellung des Einheitswerts nicht entgegenstand. Danach dürfen Feststellungen nur dann erfolgen, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Feststellung des Einheitswerts im Streitfall für die Grundsteuer von Bedeutung. Denn der Grundbesitz des Klägers ist nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG grundsteuerbefreit. Die behauptete Grundsteuerbefreiung kann im Verfahren gegen den Einheitswertbescheid geprüft werden (BFH-Urteile vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BFHE 144, 201, BStBl II 1986, 128; vom 10. Juli 2002 II R 22/00, BFH/NV 2003, 202).

28

a) Von der Grundsteuer befreit ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG der Grundbesitz, der von einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, einem ihrer Orden, einer ihrer religiösen Genossenschaften oder einem ihrer Verbände für Zwecke der religiösen Unterweisung, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Erziehung oder für Zwecke der eigenen Verwaltung genutzt wird. Den Religionsgemeinschaften stehen nach Satz 2 der Vorschrift die jüdischen Kultusgemeinden gleich, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Nach § 4 Nr. 1 GrStG unterliegt ferner solcher Grundbesitz nicht der Grundsteuer, der, sofern er nicht nach § 3 GrStG steuerbefreit ist, dem Gottesdienst einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, oder einer jüdischen Kultusgemeinde gewidmet ist.

29

aa) Es bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Gottesdienst gewidmeter Grundbesitz nicht nach § 4 Nr. 1 GrStG, sondern bereits gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG befreit sein kann (dazu Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 3 Rz 55). Jedenfalls erfüllt der Kläger auch dann, wenn er eine Religionsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschriften sein sollte, die darin bestimmten Befreiungsvoraussetzungen deshalb nicht, weil er weder den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt noch eine jüdische Kultusgemeinschaft ist.

30

bb) Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG ist ausschließlich entscheidend, ob der Kläger den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--) hat. Die Befreiungsvoraussetzungen sind erst nach Ergehen eines entsprechenden Verleihungsakts (dazu z.B. P. Kirchhof in Handbuch des Staatskirchenrechts --HdbStKR--, Bd. 1, 1994, § 22 S. 686; vgl. auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 8 WRV), an dem es im Streitfall fehlt, erfüllt. Ob der Kläger einen solchen Status erhalten kann und will, ist hingegen unerheblich. Abgesehen davon, dass der Kläger nach seinem Vorbringen einen solchen Rechtsstatus ersichtlich nicht anstrebt, reicht die bloße Möglichkeit zur Erlangung des Körperschaftsstatus für die Gewährung einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder § 4 Nr. 1 GrStG nicht aus (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Juni 1951 III 69/51 U, BFHE 55, 376, BStBl III 1951, 148).

31

b) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiung auf Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und 3 GG).

32

aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG sind als steuerliche Begünstigungsnormen am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner besonderen Ausprägung der Besteuerungsgleichheit zu messen (BVerfG-Beschluss vom 7. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108).

33

(1) Art. 3 Abs. 1 GG ist danach verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Entscheidungen vom 23. Oktober 1951  2 BVG 1/51, BVerfGE 1, 14, und in BVerfGE 107, 27, 47, m.w.N.). Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dafür kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, 46, m.w.N.). Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche präzisieren (BVerfG-Beschlüsse vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 3. September 2009  1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115).

34

(2) Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt auch für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 110, 412, und in BVerfGE 121, 108).

35

(3) Soweit steuerliche Begünstigungsnormen --wie hier-- auf eine steuerliche Entlastung von Religionsgemeinschaften gerichtet sind, hat der Staat die ihm durch den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität gesetzten Grenzen zu beachten. Dieser Grundsatz, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ergibt, verpflichtet den Staat zu einer am Gleichheitssatz orientierten Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 2009  2 BvR 890/06, BVerfGE 123, 148). Die Förderung von Religionsgemeinschaften durch den Staat darf nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen (BVerfG-Beschlüsse vom 31. März 1971  1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, und in BVerfGE 123, 148, m.w.N.).

36

bb) Ob ein Verstoß der hier fraglichen Befreiungsregelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb ausscheidet, weil der Gesetzgeber insoweit einer gegenüber (einzelnen oder allen) korporierten Religionsgemeinschaften auferlegten verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Zwar fordert der Korporationsstatus des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV für sich allein noch keine (Grund-)Steuerbefreiung (Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1025). Ob es sich allerdings bei den hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen um vom Steuergesetzgeber lediglich freiwillig gewährte Bevorrechtigungen handelt (so Weides in Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1988, S. 885, 888; v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 268), erscheint zweifelhaft. Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährleistung des Körperschaftsstatus (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV), des kirchlichen Besteuerungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV), der Garantie der Staatsleistungen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV) sowie des Kirchengutes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV) legt vielmehr den Schluss nahe, dass diese Verfassungsgarantien in ihrer Zusammenschau auf die Sicherung der materiellen Ausstattung der korporierten Religionsgemeinschaften gerichtet sind (vgl. Hesse, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Bd. 10 <1961>, S. 27 und 53; für Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148). Es kommt hinzu, dass die § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG als Steuerverschonungen zu den "negativen Staatsleistungen" i.S. des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 WRV gehören (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1096; Isensee in HdbStKR, a.a.O., § 35, S. 1024 f., jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 28. April 1965  1 BvR 346/61, BVerfGE 19, 1). Dabei gehört die Befreiung des Grundbesitzes von Grundsteuer zu den ältesten einfachgesetzlichen Vergünstigungen zugunsten der Kirchen (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und vom 30. September 2000  2 BvR 708/96, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2001, 318; ferner Beschlüsse des Reichsgerichts --RG-- vom 20. Juni 1925 IV Tgb 83/25, RGZ 111, 134; vom 10. Oktober 1927 IV Tgb 94/27, Lammers-Simons in Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich und des Reichsgerichts auf Grund Artikel 13 Absatz 2 der Reichsverfassung, Bd. 1, S. 538; vom 13. Juli 1931 IV Tgb 354/30, Lammers-Simons, a.a.O., Bd. 4, S. 306; dazu z.B. Werner Weber, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, 1948, S. 51 ff.). Die Grundsteuerbefreiung war seit jeher mit der Kirche und --ab dem 19. Jahrhundert-- mit den korporierten Religionsgemeinschaften verbunden. Diese Tradition führen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG fort.

37

cc) Die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf korporierte Religionsgemeinschaften ist jedenfalls unter Berücksichtigung des Sinngehalts und der Funktion des gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV verbürgten Korporationsstatus mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

38

(1) Die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften sind angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, die in den Staat organisch eingegliederte Verbände sind (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 17. Februar 1965  1 BvR 732/64, BVerfGE 18, 385; in BVerfGE 19, 1; in BVerfGE 30, 415; vom 21. September 1976 2 BvR 350/75, BVerfGE 42, 312; BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 2000 2 BvR 1500/97, BVerfGE 102, 370). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit und soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen (BVerfG-Urteile in BVerfGE 102, 370; vom 1. Dezember 2009  1 BvR 2857/07, 1 BvR 2858/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 108). Er bedeutet daher nur eine Heraushebung über andere Religionsgemeinschaften, weil der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Überzeugung des Staates von der besonderen Wirksamkeit dieser Religionsgemeinschaften, von ihrer gewichtigen Stellung in der Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Gewähr der Dauer zugrunde liegt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 18, 385, und vom 4. Oktober 1965 1 BvR 498/62, BVerfGE 19, 129, sowie BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82 u.a., BVerfGE 66, 1). Den Religionsgemeinschaften mit Korporationsstatus kommt eine besondere Bedeutung für das öffentliche Leben und die staatliche Rechtsordnung zu (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129; vom 4. Mai 1984  2 BvR 1837/83, Entscheidungen in Kirchensachen seit 1964 (KirchE) 22, 88; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. April 1987 7 C 24/85, NVwZ 1987, 678; vom 15. November 1990  7 C 9/89, BVerwGE 87, 115; vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Mai 1975 III R 54/74, BFHE 116, 176, BStBl II 1975, 746; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Oktober 1979  2 StR 791/78, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1980, 462).

39

(2)  Diese besondere Rechtsstellung und Bedeutung der korporierten Religionsgemeinschaften rechtfertigt auch die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG getroffenen Befreiungsregelungen (Hammer in HdbStKR, a.a.O., § 36, S. 1068; Korioth in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 140 Rz 21, Stand: Februar 2003; Heckel, Vom Religionskonflikt zur Ausgleichsordnung, 2007, S. 123; Weides, a.a.O., S. 885, 887; Heinig, Öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, Dissertation, 2003, S. 199). Diese Steuerbefreiungen dienen in Bezug auf den Grundbesitz den im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften und der ihnen gleichzustellenden Ordensgemeinschaften (so die Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG, BTDrucks VI/3418, S. 79).

40

Dem Vorbringen des Klägers, der Körperschaftsstatus rechtfertige keine Begünstigung der Religionsgemeinschaften außerhalb des hoheitlichen Bereichs (z.B. durch Zuerkennung des Besteuerungsrechts), kann nicht gefolgt werden. Vielmehr darf der Staat die besondere öffentliche Position der korporierten Religionsgemeinschaften im staatlichen und gesellschaftlichen Leben zum Anlass für eine auch finanzielle Förderung in Gestalt einer Grundsteuerbefreiung nehmen. Er unterstützt damit ihre --auch wirtschaftliche-- Eigenständigkeit sowie Unabhängigkeit und trägt damit der hohen Bedeutung der materiellen Ausstattung einer Religionsgemeinschaft für die Freiheit der Religionsausübung Rechnung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148, m.w.N.; Ehlers in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 140 Rz 9).

41

(3) Die Beschränkung der hier fraglichen Befreiungsregelungen auf Religionsgemeinschaften mit öffentlich-rechtlichem Körperschaftsstatus verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates. Weder beruhen diese Befreiungsregelungen auf einer Identifikation des Staates mit bestimmten Religionsgemeinschaften noch bewirken sie eine Privilegierung bestimmter Bekenntnisse. Die in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV normierten Voraussetzungen des Korporationsstatus sind schon ihrem Wortlaut nach zunächst formal-organisatorischer Natur und als solche nicht etwa auf bestimmte Bekenntnisse beschränkt. Insbesondere ist der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht etwa den christlichen Religionsgemeinschaften vorbehalten, sondern grundsätzlich ebenso für islamische Glaubensgemeinschaften offen (vgl. z.B. Kloepfer, Die Öffentliche Verwaltung 2006, 45; Loschelder in Essener Gespräche, Bd. 20, S. 162). Soweit über den Wortlaut des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV hinaus weitere ungeschriebene Verleihungsvoraussetzungen abgeleitet werden (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 102, 370; Ehlers in Sachs, a.a.O., Art. 140 GG/ Art. 137 WRV Rz 28, m.w.N.), zielen diese nicht auf die Bewertung oder Unterbindung eines religiösen Bekenntnisses. Die Öffnung des Körperschaftsstatus für alle Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV) verletzt daher nicht die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, sondern verwirklicht sie (vgl. BVerfG-Entscheidungen vom 17. Dezember 1975 1 BvR 63/68, BVerfGE 41, 29, und in BVerfGE 102, 370; P. Kirchhof in HdbStKR, a.a.O., § 22, S. 666, 682; Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 Rz 31 f., Stand: Februar 2003; Morlok in Dreier, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. III, 2. Aufl. 2008, Art. 140 Rz 42). Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV vermittelt in Bezug auf die Verleihung des Körperschaftsstatus gleiche Chancen für alle Religionsgemeinschaften (v. Campenhausen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2005, Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 222; Morlok in Dreier, a.a.O., Art. 140/Art. 137 WRV Rz 99). Ob eine Religionsgemeinschaft das Gleichstellungsangebot annehmen oder Distanz zum Staat wahren möchte, bleibt daher als "ihre Angelegenheit" (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) ihrer freien Entscheidung gemäß ihrem (religiösen) Selbstverständnis überlassen.

42

(4) Der Einwand des Klägers, die Beschränkung der Grundsteuerbefreiungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auf für den Gottesdienst und der religiösen Unterweisung dienenden Grundbesitz greife aufgrund des vorausgesetzten Korporationsstatus in den "religiösen Kerngehalt" ein, geht fehl. Die hier fraglichen Grundsteuerbefreiungen bewirken lediglich eine Begünstigung im Zusammenhang mit der Ausübung der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Religionsfreiheit. Eine Beeinträchtigung oder Behinderung der Religionsausübung bei Nichterfüllung der grundsteuerlichen Befreiungsvoraussetzungen tritt jedoch nicht ein; insbesondere wird die Freiheit zur religiösen Vereinigung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 und 7 WRV) nicht eingeschränkt.

43

(5) Damit verstoßen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG auch nicht gegen die Garantie der religionsrechtlichen Gleichheit (Parität), die eine sachlich nicht gerechtfertigte rechtliche Besserstellung der korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu kleinen bzw. nicht korporierten Religionsgemeinschaften ausschließt (z.B. Heckel in HdbStKR, a.a.O., § 20, S. 589, 605 ff.). Das Grundgesetz fordert, über das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV enthaltene Angebot zur Erlangung des Korporationsstatus hinaus nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich zu behandeln hat (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 1, und in BVerfGE 19, 129). Bereits der Gesamtregelung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV liegt eine religionsverfassungsrechtliche Differenzierung insofern zugrunde, als die "altkorporierten", schon vor Erlass der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften diesen Rechtsstatus behalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Anderen Religionsgemeinschaften ist gemäß Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV dieser Status auf Antrag zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Die durch den öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus begründeten Unterschiede zu den privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften sind vor dem Hintergrund der im Körperschaftsstatus zum Ausdruck kommenden besonderen Bedeutung dieser Religionsgemeinschaften für das öffentliche Leben (vgl. oben II.3.b bb) sachlich begründet und verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz (Korioth in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 140 GG, Art. 137 WRV Rz 66; Weides, a.a.O., S. 888).

44

dd) Die Anknüpfung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und des § 4 Nr. 1 GrStG an den Körperschaftsstatus verletzt auch nicht etwa deshalb Art. 3 Abs. 1 GG, weil es dem Kläger in unzumutbarer Weise erschwert wäre, trotz Erfüllung der entsprechenden materiellen Voraussetzungen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlangen (vgl. zu diesem Merkmal BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 19, 129, und vom 12. Dezember 1978  1 BvR 1168/77, KirchE 17, 128, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1979, 159).

45

(1) Soweit der Kläger geltend macht, er könne nach seinem religiösen Selbstverständnis nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts werden, erschließen sich aus seinem Vorbringen die hierfür maßgebenden Gründe nicht. Mit dem Hinweis darauf, dass der Islam keine Hierarchie ausbilde und der Staat kaum auf rechtlich handlungsfähige und zur Vertretung der islamischen Glaubensangehörigen in einem bestimmten Gebiet legitimierte Verbände als Verhandlungspartner stoße, sind im religiösen Selbstverständnis des Islam liegende zwingende Ausschlussgründe zur Erlangung des Körperschaftsstatus nicht hinreichend belegt. Insoweit schränkt der Kläger sein diesbezügliches Vorbringen selbst dahingehend ein, dass es der islamischen Glaubensgemeinschaft "eher fremd" sei, den Körperschaftsstatus anzustreben. Gegen eine nach dem religiösen Selbstverständnis des Islam ausgeschlossene Erlangung des Körperschaftsstatus spricht zudem, dass in den letzten Jahrzehnten zahlreiche --wenn auch letztlich erfolglose-- Anträge muslimischer Vereinigungen auf Erlangung des Körperschaftsstatus gestellt worden sind (vgl. Antworten der Bundesregierung, BTDrucks 14/4530, S. 34 ff. und BTDrucks 16/5033, S. 26 f.).

46

(2) Der Kläger hat sich zudem --im Gegensatz zu seinem Vorbringen, sein religiöses Selbstverständnis sei mit einer körperschaftlichen Struktur unvereinbar-- als eingetragener Verein und damit als Körperschaft (Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010, Einf. v. § 21 Rz 14), organisiert. Insoweit ist vom Kläger nichts dazu vorgetragen, aus welchen konkreten Gründen auf der Grundlage dieser Organisationsstruktur die Erlangung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgeschlossen sein sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verleihung des Körperschaftsstatus nicht "an den Islam", sondern unabhängig von der Organisation und dem Organisationsgrad anderer islamischer Gemeinschaften im Bundesgebiet nur an eine konkrete islamische Gemeinschaft erfolgen kann (St. Mückl in Handbuch des Staatsrechts, Bd. VII, 2009, § 159 Rz 105).

47

(3) Weiter gehende Berechtigungen des Klägers lassen sich auch nicht daraus ableiten, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG --über den Charakter eines individuellen Abwehrrechts hinausgehend-- auch in einem positiven Sinne gebieten, "Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern" (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 41, 29). Daraus ergibt sich nicht, dass dem Einzelnen oder der Religionsgemeinschaft Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen garantiert werden (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 123, 148; Kokott in Sachs, a.a.O., Art. 4 Rz 70, m.w.N.); dies muss auch für die vom Kläger begehrte Grundsteuerbefreiung gelten.

48

ee) § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG verletzen auch nicht den besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG, nach dem niemand u.a. wegen seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet eine Ungleichbehandlung auf Grund der hier aufgeführten Merkmale, schließt jedoch sachbezogene Differenzierungen in Anknüpfung an religiöse oder weltanschauliche Sachverhalte nicht aus (Kästner in Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), BK, Art. 140 Rz 144). Nach diesen Maßstäben sind Befreiungsregelungen des staatlichen Steuerrechts, die --wie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG-- nach dem Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaft differenzieren, verfassungsrechtlich zulässig. Eine "Bewertung einer Konfession" findet insoweit --entgegen dem Vorbringen des Klägers-- aufgrund der religiös-weltanschaulich neutralen Ausgestaltung der vorgenannten Befreiungsregelungen nicht statt.

49

c) Die den jüdischen Kultusgemeinden gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG gewährte Steuerbefreiung verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies gilt selbst dann, wenn man, da Grundbesitz von Religionsgemeinschaften verschiedener Konfessionen ungleich besteuert wird, insoweit den strengeren Prüfungsmaßstab des besonderen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 3 GG) anlegt. Die Befreiung des Grundbesitzes jüdischer Kultusgemeinden war zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zwingend erforderlich.

50

aa) Den jüdischen Kultusgemeinden wurde bereits durch preußisches Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847 (Preußische Gesetzessammlung --GS-- 1847, S. 263) der Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft eingeräumt (RG-Urteil vom 7. Juli 1931 III 414/30, RGZ 133, 192), womit auch eine Grundsteuerbefreiung verbunden war (vgl. § 24 Buchst. g des Preußischen Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152; Nöll/Freund, Das Kommunalabgabengesetz, 1910, § 24 Rz 22; Scholz, Grundsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1954, § 4 Rz 60). Dieser Status wurde ihnen von den Nationalsozialisten durch das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom 28. März 1938 (RGBl I 1938, 338) wieder aberkannt, was den Verlust der Grundsteuerbefreiung zur Folge hatte (vgl. bereits Richtlinien für die Durchführung der Grundsteuer vom 19. Juli 1937, Nr. 26 Abs. 4, abgedruckt bei Dziegalowski, Grundsteuergesetz vom 1. Dezember 1936 mit Durchführungsbestimmungen, 1937, S. 277). Dieser Verlust des Körperschaftsstatus wurde durch die Bundesrepublik Deutschland im Grundsteuerrecht --ebenso im Erbschaftsteuerrecht (s. § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes)-- wieder rückgängig gemacht, indem der Grundbesitz der jüdischen Kultusgemeinden ausdrücklich neben dem Grundbesitz der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften befreit wurde (vgl. GrStG vom 10. August 1951, BGBl I 1951, 515 und Änderungsgesetz vom 24. August 1965, BGBl I 1965, 905). Die Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden und ihrer Verbände in der Gesetzesfassung des vormaligen § 4 Nr. 5 Buchst. b und c des GrStG i.d.F. des Gesetzes vom 10. August 1951, a.a.O. --als Vorgängerregelungen des jetzigen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG-- wurde zur Beseitigung des ihnen angetanen Unrechts als erforderlich angesehen, "solange ihre formelle Anerkennung als öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft noch nicht in allen Ländern wieder erfolgt ist" (BTDrucks I/1787, S. 9).

51

bb) Aus dieser Vorgeschichte ergibt sich, dass trotz der ausdrücklichen Erwähnung der jüdischen Kultusgemeinden in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 4 Nr. 1 GrStG diesen kein Sonderprivileg gegenüber den übrigen nichtkorporierten Religionsgemeinschaften verschafft werden sollte. Der Gesetzgeber wollte daher nicht --wie der Kläger meint-- die Befreiung auch solchen Religionsgemeinschaften zukommen lassen, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht anstreben.

52

cc) Hinzu kommt, dass die Aberkennung des Körperschaftsstatus durch die Nationalsozialisten inzwischen für nichtig gehalten wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 15. Oktober 1997  7 C 21/96, BVerwGE 105, 255, unter Verweis auf den Beschluss des BVerfG zur Nichtigkeit der Ausbürgerung jüdischer Staatsangehöriger vom 14. Februar 1968  2 BvR 557/62, BVerfGE 23, 98). Die damit zumindest für bereits im Jahr 1938 bestehende jüdische Kultusgemeinden überflüssig gewordene ausdrückliche Befreiung des Grundbesitzes relativiert die Gegenüberstellung von jüdischen Kultusgemeinden und islamischen Religionsgemeinschaften und führt letztlich zurück zur --gerechtfertigten-- Begünstigung von korporierten Religionsgemeinschaften im Vergleich zu den nichtkorporierten (vgl. oben II.3.b).

53

d) Nicht zu folgen ist dem Kläger schließlich darin, der Gesetzgeber habe seine Grundentscheidung, Grundbesitz unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Eigentümers mit Grundsteuer zu belasten, nicht folgerichtig umgesetzt, wenn er die Befreiung an die Gemeinnützigkeit oder den Körperschaftsstatus knüpfe. Insoweit missversteht er die Einordnung der Grundsteuer als Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO).

54

aa) Für Real- oder Objektsteuern ist charakteristisch, dass sie das Steuerobjekt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihre persönliche Beziehung zum Steuerobjekt erfassen und bei denjenigen erhoben werden, denen diese Gegenstände zuzurechnen sind (BVerfG-Beschluss vom 18. Februar 2009  1 BvR 1334/07, HFR 2009, 611, NJW 2009, 1868, m.w.N.). Die Grundsteuer belastet demgemäß das bloße Innehaben von Grundbesitz und greift damit auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte (abstrakte) Leistungskraft zu (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 1983  2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, BStBl II 1984, 72; BFH-Urteil vom 22. Juli 1987 II R 204/84, BFHE 150, 285, BStBl II 1987, 725), ohne jedoch die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers, die Ausdruck seiner persönlichen Leistungsfähigkeit sein können, tatbestandlich zur Kenntnis zu nehmen. Es werden daher beispielsweise weder das selbstgenutzte Wohneigentum verschont (BFH-Entscheidungen vom 12. Oktober 2005 II B 36/05, BFH/NV 2006, 369; vom 19. Juli 2006 II R 81/05, BFHE 213, 222, BStBl II 2006, 767) noch familiäre Verhältnisse (z.B. Anzahl der Kinder) berücksichtigt (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 II B 44/02, BFH/NV 2003, 508).

55

bb) Das schließt nicht aus, dass der Gesetzgeber Grundsteuerbefreiungen an Eigenschaften des Eigentümers knüpft, die nicht Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sind. Tatsächlich heben fast alle Grundsteuerbefreiungen --teilweise kombiniert mit sachlichen Kriterien-- auf ein solches Merkmal des Grundstückseigentümers ab. Neben der hier streitigen Befreiung von Grundbesitz der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", und der "jüdischen Kultusgemeinden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG) entlastet der Gesetzgeber z.B. auch den Grundbesitz einer "juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrStG), das "Bundeseisenbahnvermögen" (Nr. 2) oder Grundbesitz eines "Krankenhauses" (§ 4 Nr. 6 GrStG). Lediglich einzelne Grundsteuerbefreiungen setzen ausschließlich eine bestimmte Nutzung des Grundstücks voraus, so z.B. bei den "Bestattungsplätzen" (§ 4 Nr. 2 GrStG), den "dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen" (§ 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG) oder dem "Grundbesitz, der für Zwecke der Wissenschaft ... genutzt wird" (§ 4 Nr. 5 GrStG). Mit der Steuerbefreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften und jüdischen Kultusgemeinden wird somit das Realsteuerprinzip nicht systemwidrig umgesetzt. Es kann daher unerörtert bleiben, ob ein solcher Verstoß überhaupt die Verfassung verletzen kann und der Kläger aus einem solchen Verstoß einen Anspruch auf die begehrte Steuerbefreiung ableiten könnte.

56

cc) Im Übrigen berücksichtigt der Kläger bei seinem Einwand nicht ausreichend die verfassungsrechtlich verankerte Grundkonzeption der Grundsteuer einschließlich ihrer Steuerbefreiungen. Denn bereits aus der Erwähnung einer Steuerart in Art. 106 GG ist zu schließen, dass der Verfassungsgeber die jeweilige Steuer nicht in allen Einzelheiten, aber doch in ihrer üblichen Ausgestaltung und ihrer historisch gewachsenen Bedeutung billigt und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkennt (vgl. zur Erhebung der Gewerbesteuer bei Verschonung der Freiberufler: BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17, m.w.N.). Zu den vom Verfassungsgeber vorgefundenen und aufgenommenen Steuern gehört auch die Grundsteuer (Art. 106 Abs. 6 GG) einschließlich des in §§ 3 und 4 GrStG enthaltenen Befreiungskatalogs, der in seinen Grundstrukturen --unter Berücksichtigung der Einbettung in die jeweilige Rechtsordnung-- bereits lange vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand (vgl. z.B. zur Befreiung des Grundbesitzes der korporierten Religionsgemeinschaften in Preußen: § 4 Buchst. e des Gesetzes betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer vom 21. Mai 1861, GS 1861, S. 253, § 24 Buchst. g des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, GS 1893, S. 152, und § 4 Nr. 5 GrStG vom 1. Dezember 1936, RGBl I 1936, 986). Dieser verfassungsrechtliche Rahmen kann nicht nachträglich mit allgemeinen Strukturerwägungen beiseite geschoben werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst. Wird das Verfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand des Vereins vorsieht, aufgehoben, so kann die Mitgliederversammlung die Fortsetzung des Vereins beschließen. Durch die Satzung kann bestimmt werden, dass der Verein im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als nicht rechtsfähiger Verein fortbesteht; auch in diesem Falle kann unter den Voraussetzungen des Satzes 2 die Fortsetzung als rechtsfähiger Verein beschlossen werden.

(2) Der Vorstand hat im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die Bahá'í-Gemeinde in Deutschland, beantragte bei dem Hessischen Kultusministerium, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Das Kultusministerium lehnte den Antrag ab: Die Klägerin biete nicht durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Nach der Verwaltungspraxis müsse die Religionsgemeinschaft eine Mitgliederzahl von mindestens einem Promille der Bevölkerung des jeweiligen Landes aufweisen. Die Zahl der Mitglieder der Klägerin in Hessen (900 bis 950) unterschreite ein Promille der hessischen Bevölkerung (= 6089) bei weitem.

2

Die Klägerin hat mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

3

Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land verpflichtet, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

4

Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof durch das angefochtene Urteil das Hessische Kultusministerium unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheides verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen: Die Klägerin biete nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Weder der Wortlaut des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV noch seine Entstehungsgeschichte gäben etwas dafür her, die Verleihung der Körperschaftsrechte von einer bestimmten Relation der Mitgliederzahl zur Gesamtbevölkerung abhängig zu machen. Unter Heranziehung aller anderen Kriterien ergebe sich für die Klägerin eine günstige Prognose. Sie habe in Hessen zwar nur relativ wenige Mitglieder. Die Mitgliederzahl in Deutschland sei langsam, aber konstant angestiegen und betrage insgesamt ca. 5 000. Die Altersstruktur lasse erwarten, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen werde. Hinzu komme eine solide Finanzausstattung. Die Klägerin bestehe in Deutschland seit über 100 Jahren. Dem komme umso größere Bedeutung zu, als sie ihr Verbot im Dritten Reich und in der DDR überstanden und in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder strukturierte Aktivitäten aufgenommen und bis heute konsequent fortgesetzt habe. Für die Gewähr der Dauer gerade in Hessen sei von erheblicher Bedeutung, dass die Klägerin hier mittlerweile ihren Sitz und mit dem Europäischen Haus der Andacht und anderen Einrichtungen ein für ihre Mitglieder überregional bedeutsames Zentrum habe.

5

Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, mit der es beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen: Es gebe bisher keine hinreichend sichere Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer biete. Ihr fehle eine Satzung. Die mitgliedschaftlichen Strukturen seien nicht eindeutig geregelt. Ihre Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof nicht ermittelt. Insbesondere sei unklar, ob sie über ausreichende Mittel für ihre Arbeit in Hessen verfüge. Die Klägerin biete ferner nicht durch die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Die Zahl der Mitglieder bilde ein eigenständiges verfassungsrechtliches Kriterium. Es stehe gleichrangig neben dem Erfordernis der Verfassung. Der Ablehnungsbescheid orientiere sich an der Richtgröße von einem Promille der Bevölkerung. Dieser Richtwert konkretisiere die Forderung, dass die Religionsgemeinschaft eine gewisse Bedeutung im öffentlichen Leben des Landes erlangt haben müsse. Erst diese Bedeutung rechtfertige es, eine Religionsgemeinschaft gegenüber anderen Akteuren des gesellschaftlichen Lebens durch die Verleihung der Körperschaftsrechte zu begünstigen. Im Vordergrund habe dabei die Zahl der Mitglieder in dem Bundesland zu stehen, in dem die Verleihung der Körperschaftsrechte begehrt werde, hier also in Hessen. Der Verwaltungsgerichtshof rücke zu Unrecht die Zahl der Mitglieder im Bundesgebiet und die Zahl der Bahá'í weltweit in den Vordergrund. Davon abgesehen sei ein erheblicher Teil der Mitglieder Iraner. Sie suchten in Deutschland Zuflucht vor dem Regime in ihrem Heimatland. Ihre Rückkehr dorthin sei nicht ausgeschlossen, wenn sich die politischen Verhältnisse im Iran änderten. Zudem lebten nach den eigenen Angaben der Klägerin ihre Mitglieder an 865 verschiedenen Orten, die 109 örtlichen Geistigen Räten zugeordnet seien. Bei rund 5 100 Bahá'í in Deutschland lebten nur durchschnittlich sechs Gläubige an einem Ort. Im Schnitt nur 47 Gläubige gehörten einer Gemeinde an, für die ein örtlicher Geistiger Rat bestehe. Wohnten die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft derart verstreut in einem Land, biete ihre Gesamtzahl nicht die gleiche Gewähr der Dauer wie bei einer Gemeinschaft, deren Mitglieder in einzelnen geschlossenen Gemeinden lebten. Von allenfalls geringer Bedeutung sei die Zahl der Mitglieder im Ausland. Die Verbindungen zum Ausland unterlägen vielfältigen Unsicherheiten, zumal bei einer Religion, deren Anhänger zu einem erheblichen Teil - wie die Bahá'í im Iran - in einem feindlichen Umfeld lebten.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Sie verfüge aufgrund der innergemeinschaftlichen Regelungen über eine hinreichende rechtliche Organisation und eindeutige mitgliedschaftliche Strukturen. Eine ausreichende Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof festgestellt. Dagegen habe das beklagte Land keine zulässigen Revisionsrügen vorgebracht. Es beurteile in diesem wie auch in anderem Zusammenhang zu Unrecht isoliert die Verhältnisse in Hessen. Sie - die Klägerin - sei eine ganz Deutschland umfassende einheitliche Organisation mit einheitlicher Finanzausstattung und einheitlicher Bestandszeit. Die - im Übrigen oftmals durchbrochene - Verwaltungspraxis, für die Verleihung der Körperschaftsrechte einen Mitgliederbestand von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes zu verlangen, scheide mangels normativer Wirkung als Rechtsgrundlage für die Verweigerung der Körperschaftsrechte aus. Bei der stattdessen erforderlichen Gesamtbetrachtung spiele neben den Gesichtspunkten der Altersstruktur, der sozialen Schichtung und der örtlichen Verteilung der Mitglieder vor allem der Umstand eine Rolle, dass die Religionsgemeinschaft in anderen Bundesländern mehr Mitglieder habe, bereits weit über dreißig Jahre in Deutschland tätig sei oder Teil einer im Ausland seit langer Zeit festgefügten Religionsgemeinschaft sei. Der Anteil an Ausländern unter ihren Mitgliedern spreche nicht gegen die Gewähr der Dauer. Von den Mitgliedern iranischer Herkunft hätten mehr als die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine breite Streuung ihrer Mitglieder in Deutschland habe es seit jeher gegeben, ohne sich auf ihre Existenz auszuwirken. Wegen der Mobilität heute habe eine geringe Dichte von Gläubigen an einem Ort nur eingeschränkte Bedeutung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

8

Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung - WRV) sind einer Religionsgemeinschaft die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in zutreffender Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung angenommen, dass die Klägerin durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet.

9

1. Diese Voraussetzung ist auf die Zukunft bezogen und verlangt demnach eine Prognose, ob die Religionsgemeinschaft auf Dauer Bestand haben wird. Die Verfassung der Religionsgemeinschaft und die Zahl ihrer Mitglieder sind Grundlage dieser Prognose. Dabei bezeichnet der Begriff der Verfassung mehr als eine rechtliche Satzung, die den Erfordernissen des Rechtsverkehrs genügt. Im Zusammenhang mit Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint Verfassung auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft, ihre Verfasstheit (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <384 f.>).

10

a) Wird der Begriff der Verfassung in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV im Sinne des tatsächlichen Gesamtzustands einer Religionsgemeinschaft verstanden, lässt sich die Zahl der Mitglieder als weiteres Tatbestandsmerkmal von der so verstandenen Verfassung nicht trennscharf abgrenzen. Zum tatsächlichen Gesamtzustand einer Religionsgemeinschaft gehört wesentlich ihr Bestand an Mitgliedern. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV ist dahin zu verstehen, dass mit dem Merkmal der Verfassung auf den tatsächlichen Gesamtzustand der Religionsgemeinschaft abgehoben wird und die Zahl der Mitglieder als wesentliches Element dieses Gesamtzustands eigens betont wird.

11

b) Zwar ist der gegenwärtige Mitgliederbestand der Religionsgemeinschaft Grundlage der Prognose, ob die Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird. Jedoch kann regelmäßig allein aus der Zahl der Mitglieder nicht unmittelbar auf den künftigen Fortbestand der Religionsgemeinschaft geschlossen werden. Wie jede statistische Zahl bedarf die Zahl der Mitglieder einer Bewertung, wenn aus ihr eine Aussage für die zukünftige Entwicklung abgeleitet werden soll. Dieselbe Zahl an Mitgliedern kann im Lichte notwendiger weiterer Bewertungsfaktoren die Prognose dauerhaften Bestandes stützen oder zu Fall bringen. Zur Bewertung ist insbesondere heranzuziehen, wie lange die Religionsgemeinschaft bereits besteht, wie sich ihr Mitgliederbestand in der Vergangenheit entwickelt hat, wie die Alterstruktur der Mitglieder, aber auch ihre soziale Zusammensetzung ist; daneben kann eine Rolle spielen, ob die in Deutschland ansässige Religionsgemeinschaft in eine größere, gar weltweit verbreitete Gemeinschaft eingebunden ist. Ist die Zahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft in der Vergangenheit stetig, zuletzt gar beschleunigt gesunken und gehören die noch verbliebenen Mitglieder überwiegend den älteren Jahrgängen an, ist der gegenwärtige Mitgliederbestand Ausdruck eines Tiefpunktes, von dem aus eine Prognose dauerhaften Bestandes nur noch schwer oder gar nicht mehr möglich ist. Umgekehrt kann dieselbe Zahl an Mitgliedern die Prognose eines dauerhaften Bestandes ermöglichen, wenn sie über Generationen gleichgeblieben oder sogar stetig angewachsen ist und die Mitglieder eine ausgewogene, der Gesamtheit der Bevölkerung in etwa entsprechende Altersstruktur aufweisen. Wiederum dieselbe Zahl kann bei einer neu aufgetretenen Religionsgemeinschaft keine eindeutige Prognose zulassen, wenn etwa der Kreis der Mitglieder sich auf die Gründergeneration um den Stifter beschränkt und nicht absehbar ist, wie die Gemeinschaft sich nach dem Tod des Stifters entwickelt. Das Merkmal der Gewähr der Dauer hat gerade auch die Funktion, die Zuerkennung der Körperschaftsrechte an neu entstandene Bewegungen zu verhindern, deren weiterer Weg noch im Dunkeln liegt.

12

Diese Bewertungsfaktoren machen die Zahl der Mitglieder als Grundlage einer Prognose erst handhabbar. Sie sind notwendig schon in dem Merkmal der Zahl der Mitglieder, jedenfalls in dem Merkmal der Verfassung verstanden als tatsächlicher Gesamtzustand, mitgedacht und mitgemeint. Es handelt sich bei ihnen nicht um nachrangige Hilfskriterien, denen ein geringerer Stellenwert zukommt als der absoluten Zahl der Mitglieder, wie das beklagte Land meint. Verfehlt ist insbesondere dessen Ansatz, von dem Verhältnis der Mitgliederzahl zur Bevölkerungszahl als einem Richtwert auszugehen und anderen für die Bewertung des Mitgliederbestandes wesentlichen Faktoren nur die Funktion von Indizien zuzuweisen, die allenfalls geeignet sein können, eine geringe Unterschreitung des Richtwerts ausnahmsweise auszugleichen.

13

Die absolute Zahl der Mitglieder oder ihr Verhältnis zur Größe der Bevölkerung kann zwar unter Umständen schon für sich von Bedeutung für die Frage sein, ob die Religionsgemeinschaft die Gewähr der Dauer bietet. So mag, auch zur Erleichterung des Verwaltungsvollzugs, von einer bestimmten Richtzahl an ohne weitere Prüfung angenommen werden können, dass die Religionsgemeinschaft nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet, weil schon die schiere Größe der Religionsgemeinschaft ihr Erlöschen nicht erwarten lässt. Jedoch taugt die Festlegung einer Richtzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes nicht umgekehrt als Kriterium, um die Religionsgemeinschaft von der Verleihung der Körperschaftsrechte auszuschließen. Das könnte mangels normativer Festlegung dieses Kriteriums nur dann angenommen werden, wenn seiner Wahl verlässliche allgemeine Erfahrungswerte zugrunde lägen, dass bei einem Unterschreiten dieses Mitgliederbestands mit einem dauerhaften Bestand nicht mehr gerechnet werden kann. An einem solchen Erfahrungssatz fehlt es indes. Das beklagte Land hat selbst nur vorgetragen, die Erfahrung habe gezeigt, dass Religionsgemeinschaften, die das Kriterium einer Mitgliederzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes erfüllten, tatsächlich auf Dauer Bestand gehabt hätten. Einen umgekehrten Erfahrungssatz, dass kleinere Religionsgemeinschaften auf Dauer keinen Bestand haben, hat es hingegen nicht behauptet. Unstreitig ist zahlreichen Religionsgemeinschaften der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden, obwohl sie nicht den Richtwert von einem Tausendstel der Bevölkerung erreicht hatten.

14

c) Die Zahl der Mitglieder hat nach der Regelung in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV keine eigenständige Bedeutung, die sich von der Funktion dieses Tatbestandsmerkmals löst, Grundlage für zu prognostizierende Gewähr der Dauer zu sein. Sie soll nicht selbständig die Bedeutung der Religionsgemeinschaft im öffentlichen Leben als einer (zusätzlichen) Voraussetzung für die Verleihung der Körperschaftsrechte anzeigen.

15

Die Gewährleistungen der Weimarer Kirchenartikel sind funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt. Der den Religionsgemeinschaften in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV angebotene Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Sie stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber. Dass sie ihre Tätigkeit frei von staatlicher Bevormundung und Einflussnahme entfalten können, schafft die Voraussetzung und den Rahmen, in dem die Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen können (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <387 f.>).

16

Der Körperschaftsstatus wird jeder Religionsgemeinschaft, die die Gewähr der Dauer bietet, zur Entfaltung ihrer Religionsfreiheit angeboten, unabhängig von ihrer wie auch immer zu umschreibenden Bedeutung für das öffentliche Leben. Das Grundgesetz geht davon aus, dass Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen. Ihr Nutzen hierfür ist nicht im Einzelfall, etwa anhand der Größe und einer damit vielleicht einhergehenden Bedeutung für das öffentliche Leben, konkret festzustellen, wenn nur die Gewähr der Dauer gegeben ist.

17

2. Ausgehend von diesem Verständnis des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV kann nicht beanstandet werden, dass der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin zugebilligt hat, sie biete die Gewähr der Dauer.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat hierfür den festgestellten gegenwärtigen Stand an Mitgliedern anhand zutreffender Kriterien bewertet, nämlich darauf abgestellt, dass die Klägerin in Deutschland seit über 100 Jahren besteht, ihre Mitgliederzahl in Deutschland langsam, aber konstant angestiegen ist, die Altersstruktur erwarten lässt, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen wird. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof der Dauer des Bestands in Deutschland umso größere Bedeutung zumessen, als die Klägerin ihr Verbot im Dritten Reich, den nachfolgenden Zweiten Weltkrieg und ihr Verbot in der DDR überstanden und sich in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder in Gemeinden organisiert und ihr Gemeindeleben bis heute fortgesetzt hat.

19

Rechtlich unerheblich ist der Einwand des beklagten Landes, der Verwaltungsgerichtshof hätte statt auf die Verhältnisse in Deutschland entscheidend auf die Dauer des Bestands der Klägerin in Hessen und ihre Mitgliederzahl dort abstellen müssen. Die Klägerin ist eine bundesweit tätige Organisation, der als solche die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden sollen. Ob die Voraussetzungen der Verleihung vorliegen, ist bezogen auf die bundesweit tätige Organisation als solche zu prüfen. Bezogen auf sie, nicht aber auf einen rechtlich und tatsächlich nicht ausscheidbaren Tätigkeitsbereich in einem Bundesland müssen die Voraussetzungen einer Gewähr auf Dauer vorliegen. Dass diese Voraussetzungen von einer Landesbehörde festzustellen sind, ist unerheblich. Eine Landesbehörde hat selbstverständlich in Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts einen Sachverhalt umfassend zu prüfen und zu berücksichtigen, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der anzuwendenden Rechtsnorm einen Blick über die Landesgrenzen hinaus erfordern. Ebenso unerheblich ist, dass sich einzelne Wirkungen der Verleihung auf das Land beschränken mögen. Dadurch ändern sich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verleihung und der für sie maßgebliche Sachverhalt. Davon abgesehen wirken die wesentliche Konstituierung der Religionsgemeinschaft als juristischer Person und der damit einhergehende Erwerb der Rechtsfähigkeit ohnehin bundesweit.

20

b) Die Klägerin bietet auch durch ihre Verfassung im Übrigen die Gewähr der Dauer. Die an dieser Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs erstmals im Revisionsverfahren geäußerten Zweifel des beklagten Landes sind unbegründet.

21

aa) Soweit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV auf die Verfassung der Religionsgemeinschaft verweist, ist damit zwar auch die rechtliche Verfasstheit der Religionsgemeinschaft gemeint. Jedoch fordert Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV nicht, die Religionsgemeinschaft habe sich zunächst als eingetragener Verein zu bewähren (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385 f.>). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Religionsgemeinschaft im Zeitpunkt der Anerkennung rechtlich hinreichend organisiert ist. Sie muss organisatorisch und institutionell in der Lage sein, die Rechte, die sich aus dem Körperschaftsstatus ergeben, auszuüben. Erforderlich ist insbesondere eine mitgliedschaftlich verfasste Organisation. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Personenverband. Dieser Status kommt mithin nur für Religionsgemeinschaften in Betracht, die mitgliedschaftlich verfasst sind. Das setzt voraus, dass nach bestimmten, innergemeinschaftlichen Regeln festgelegt ist, wer Mitglied der Religionsgemeinschaft ist. Das Gegenbild dazu wäre eine Einrichtung, die von beliebig wechselnden Personen genutzt werden kann, die sich als Anhänger einer bestimmten Glaubenslehre verstehen, ohne dass als Träger der Einrichtung ein abgrenzbarer, organisatorisch zusammengefasster Personenverband feststellbar ist.

22

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auf der Grundlage ihres innergemeinschaftlichen Rechts, wie es sich aus der Satzung des Nationalen Geistigen Rates ergibt. Danach bestehen Regeln über den Erwerb der Mitgliedschaft, die daraus folgende Beteiligung an der Willensbildung in der Gemeinschaft und die Kreierung von Vertretungs- und Leitungsorganen der Gemeinschaft. Damit setzt sich das beklagte Land in seiner Revisionsbegründung nicht auseinander. Das Kultusministerium hat in seinem ablehnenden Bescheid insoweit keine Zweifel an dem dauerhaften Bestand der Klägerin geäußert.

23

bb) Für die Einschätzung dauerhaften Bestands aufgrund des tatsächlichen Gesamtzustandes der Gemeinschaft können weitere Indizien herangezogen werden, wie eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität des religiösen Lebens (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385>).

24

Die Klägerin verfügt über eine ausreichende Finanzausstattung. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich festgestellt. Er konnte dafür auf einen internen Vermerk des Kultusministeriums zurückgreifen. In ihm wird der Klägerin eine die Gewähr der Dauer bietende ausreichende Finanzausstattung bestätigt, nachdem sie dem Kultusministerium Unterlagen hierzu vorgelegt hatte. Diese Bewertung hat das Kultusministerium im weiteren Verfahren nicht in Zweifel gezogen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Sollte die in diese Richtung zielende Rüge des beklagten Landes als Verfahrensrüge im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gemeint sein, genügt sie nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Soweit das beklagte Land geltend macht, den vorgelegten Unterlagen lasse sich die Finanzausstattung der Klägerin für ihre Arbeit in Hessen nicht entnehmen, ist dieser Einwand - wie schon in anderem Zusammenhang ausgeführt - rechtlich unbegründet.

(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.

(2) Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die Bahá'í-Gemeinde in Deutschland, beantragte bei dem Hessischen Kultusministerium, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Das Kultusministerium lehnte den Antrag ab: Die Klägerin biete nicht durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Nach der Verwaltungspraxis müsse die Religionsgemeinschaft eine Mitgliederzahl von mindestens einem Promille der Bevölkerung des jeweiligen Landes aufweisen. Die Zahl der Mitglieder der Klägerin in Hessen (900 bis 950) unterschreite ein Promille der hessischen Bevölkerung (= 6089) bei weitem.

2

Die Klägerin hat mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

3

Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land verpflichtet, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

4

Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof durch das angefochtene Urteil das Hessische Kultusministerium unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheides verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen: Die Klägerin biete nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Weder der Wortlaut des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV noch seine Entstehungsgeschichte gäben etwas dafür her, die Verleihung der Körperschaftsrechte von einer bestimmten Relation der Mitgliederzahl zur Gesamtbevölkerung abhängig zu machen. Unter Heranziehung aller anderen Kriterien ergebe sich für die Klägerin eine günstige Prognose. Sie habe in Hessen zwar nur relativ wenige Mitglieder. Die Mitgliederzahl in Deutschland sei langsam, aber konstant angestiegen und betrage insgesamt ca. 5 000. Die Altersstruktur lasse erwarten, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen werde. Hinzu komme eine solide Finanzausstattung. Die Klägerin bestehe in Deutschland seit über 100 Jahren. Dem komme umso größere Bedeutung zu, als sie ihr Verbot im Dritten Reich und in der DDR überstanden und in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder strukturierte Aktivitäten aufgenommen und bis heute konsequent fortgesetzt habe. Für die Gewähr der Dauer gerade in Hessen sei von erheblicher Bedeutung, dass die Klägerin hier mittlerweile ihren Sitz und mit dem Europäischen Haus der Andacht und anderen Einrichtungen ein für ihre Mitglieder überregional bedeutsames Zentrum habe.

5

Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, mit der es beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen: Es gebe bisher keine hinreichend sichere Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer biete. Ihr fehle eine Satzung. Die mitgliedschaftlichen Strukturen seien nicht eindeutig geregelt. Ihre Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof nicht ermittelt. Insbesondere sei unklar, ob sie über ausreichende Mittel für ihre Arbeit in Hessen verfüge. Die Klägerin biete ferner nicht durch die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Die Zahl der Mitglieder bilde ein eigenständiges verfassungsrechtliches Kriterium. Es stehe gleichrangig neben dem Erfordernis der Verfassung. Der Ablehnungsbescheid orientiere sich an der Richtgröße von einem Promille der Bevölkerung. Dieser Richtwert konkretisiere die Forderung, dass die Religionsgemeinschaft eine gewisse Bedeutung im öffentlichen Leben des Landes erlangt haben müsse. Erst diese Bedeutung rechtfertige es, eine Religionsgemeinschaft gegenüber anderen Akteuren des gesellschaftlichen Lebens durch die Verleihung der Körperschaftsrechte zu begünstigen. Im Vordergrund habe dabei die Zahl der Mitglieder in dem Bundesland zu stehen, in dem die Verleihung der Körperschaftsrechte begehrt werde, hier also in Hessen. Der Verwaltungsgerichtshof rücke zu Unrecht die Zahl der Mitglieder im Bundesgebiet und die Zahl der Bahá'í weltweit in den Vordergrund. Davon abgesehen sei ein erheblicher Teil der Mitglieder Iraner. Sie suchten in Deutschland Zuflucht vor dem Regime in ihrem Heimatland. Ihre Rückkehr dorthin sei nicht ausgeschlossen, wenn sich die politischen Verhältnisse im Iran änderten. Zudem lebten nach den eigenen Angaben der Klägerin ihre Mitglieder an 865 verschiedenen Orten, die 109 örtlichen Geistigen Räten zugeordnet seien. Bei rund 5 100 Bahá'í in Deutschland lebten nur durchschnittlich sechs Gläubige an einem Ort. Im Schnitt nur 47 Gläubige gehörten einer Gemeinde an, für die ein örtlicher Geistiger Rat bestehe. Wohnten die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft derart verstreut in einem Land, biete ihre Gesamtzahl nicht die gleiche Gewähr der Dauer wie bei einer Gemeinschaft, deren Mitglieder in einzelnen geschlossenen Gemeinden lebten. Von allenfalls geringer Bedeutung sei die Zahl der Mitglieder im Ausland. Die Verbindungen zum Ausland unterlägen vielfältigen Unsicherheiten, zumal bei einer Religion, deren Anhänger zu einem erheblichen Teil - wie die Bahá'í im Iran - in einem feindlichen Umfeld lebten.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Sie verfüge aufgrund der innergemeinschaftlichen Regelungen über eine hinreichende rechtliche Organisation und eindeutige mitgliedschaftliche Strukturen. Eine ausreichende Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof festgestellt. Dagegen habe das beklagte Land keine zulässigen Revisionsrügen vorgebracht. Es beurteile in diesem wie auch in anderem Zusammenhang zu Unrecht isoliert die Verhältnisse in Hessen. Sie - die Klägerin - sei eine ganz Deutschland umfassende einheitliche Organisation mit einheitlicher Finanzausstattung und einheitlicher Bestandszeit. Die - im Übrigen oftmals durchbrochene - Verwaltungspraxis, für die Verleihung der Körperschaftsrechte einen Mitgliederbestand von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes zu verlangen, scheide mangels normativer Wirkung als Rechtsgrundlage für die Verweigerung der Körperschaftsrechte aus. Bei der stattdessen erforderlichen Gesamtbetrachtung spiele neben den Gesichtspunkten der Altersstruktur, der sozialen Schichtung und der örtlichen Verteilung der Mitglieder vor allem der Umstand eine Rolle, dass die Religionsgemeinschaft in anderen Bundesländern mehr Mitglieder habe, bereits weit über dreißig Jahre in Deutschland tätig sei oder Teil einer im Ausland seit langer Zeit festgefügten Religionsgemeinschaft sei. Der Anteil an Ausländern unter ihren Mitgliedern spreche nicht gegen die Gewähr der Dauer. Von den Mitgliedern iranischer Herkunft hätten mehr als die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine breite Streuung ihrer Mitglieder in Deutschland habe es seit jeher gegeben, ohne sich auf ihre Existenz auszuwirken. Wegen der Mobilität heute habe eine geringe Dichte von Gläubigen an einem Ort nur eingeschränkte Bedeutung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

8

Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung - WRV) sind einer Religionsgemeinschaft die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in zutreffender Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung angenommen, dass die Klägerin durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet.

9

1. Diese Voraussetzung ist auf die Zukunft bezogen und verlangt demnach eine Prognose, ob die Religionsgemeinschaft auf Dauer Bestand haben wird. Die Verfassung der Religionsgemeinschaft und die Zahl ihrer Mitglieder sind Grundlage dieser Prognose. Dabei bezeichnet der Begriff der Verfassung mehr als eine rechtliche Satzung, die den Erfordernissen des Rechtsverkehrs genügt. Im Zusammenhang mit Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint Verfassung auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft, ihre Verfasstheit (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <384 f.>).

10

a) Wird der Begriff der Verfassung in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV im Sinne des tatsächlichen Gesamtzustands einer Religionsgemeinschaft verstanden, lässt sich die Zahl der Mitglieder als weiteres Tatbestandsmerkmal von der so verstandenen Verfassung nicht trennscharf abgrenzen. Zum tatsächlichen Gesamtzustand einer Religionsgemeinschaft gehört wesentlich ihr Bestand an Mitgliedern. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV ist dahin zu verstehen, dass mit dem Merkmal der Verfassung auf den tatsächlichen Gesamtzustand der Religionsgemeinschaft abgehoben wird und die Zahl der Mitglieder als wesentliches Element dieses Gesamtzustands eigens betont wird.

11

b) Zwar ist der gegenwärtige Mitgliederbestand der Religionsgemeinschaft Grundlage der Prognose, ob die Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird. Jedoch kann regelmäßig allein aus der Zahl der Mitglieder nicht unmittelbar auf den künftigen Fortbestand der Religionsgemeinschaft geschlossen werden. Wie jede statistische Zahl bedarf die Zahl der Mitglieder einer Bewertung, wenn aus ihr eine Aussage für die zukünftige Entwicklung abgeleitet werden soll. Dieselbe Zahl an Mitgliedern kann im Lichte notwendiger weiterer Bewertungsfaktoren die Prognose dauerhaften Bestandes stützen oder zu Fall bringen. Zur Bewertung ist insbesondere heranzuziehen, wie lange die Religionsgemeinschaft bereits besteht, wie sich ihr Mitgliederbestand in der Vergangenheit entwickelt hat, wie die Alterstruktur der Mitglieder, aber auch ihre soziale Zusammensetzung ist; daneben kann eine Rolle spielen, ob die in Deutschland ansässige Religionsgemeinschaft in eine größere, gar weltweit verbreitete Gemeinschaft eingebunden ist. Ist die Zahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft in der Vergangenheit stetig, zuletzt gar beschleunigt gesunken und gehören die noch verbliebenen Mitglieder überwiegend den älteren Jahrgängen an, ist der gegenwärtige Mitgliederbestand Ausdruck eines Tiefpunktes, von dem aus eine Prognose dauerhaften Bestandes nur noch schwer oder gar nicht mehr möglich ist. Umgekehrt kann dieselbe Zahl an Mitgliedern die Prognose eines dauerhaften Bestandes ermöglichen, wenn sie über Generationen gleichgeblieben oder sogar stetig angewachsen ist und die Mitglieder eine ausgewogene, der Gesamtheit der Bevölkerung in etwa entsprechende Altersstruktur aufweisen. Wiederum dieselbe Zahl kann bei einer neu aufgetretenen Religionsgemeinschaft keine eindeutige Prognose zulassen, wenn etwa der Kreis der Mitglieder sich auf die Gründergeneration um den Stifter beschränkt und nicht absehbar ist, wie die Gemeinschaft sich nach dem Tod des Stifters entwickelt. Das Merkmal der Gewähr der Dauer hat gerade auch die Funktion, die Zuerkennung der Körperschaftsrechte an neu entstandene Bewegungen zu verhindern, deren weiterer Weg noch im Dunkeln liegt.

12

Diese Bewertungsfaktoren machen die Zahl der Mitglieder als Grundlage einer Prognose erst handhabbar. Sie sind notwendig schon in dem Merkmal der Zahl der Mitglieder, jedenfalls in dem Merkmal der Verfassung verstanden als tatsächlicher Gesamtzustand, mitgedacht und mitgemeint. Es handelt sich bei ihnen nicht um nachrangige Hilfskriterien, denen ein geringerer Stellenwert zukommt als der absoluten Zahl der Mitglieder, wie das beklagte Land meint. Verfehlt ist insbesondere dessen Ansatz, von dem Verhältnis der Mitgliederzahl zur Bevölkerungszahl als einem Richtwert auszugehen und anderen für die Bewertung des Mitgliederbestandes wesentlichen Faktoren nur die Funktion von Indizien zuzuweisen, die allenfalls geeignet sein können, eine geringe Unterschreitung des Richtwerts ausnahmsweise auszugleichen.

13

Die absolute Zahl der Mitglieder oder ihr Verhältnis zur Größe der Bevölkerung kann zwar unter Umständen schon für sich von Bedeutung für die Frage sein, ob die Religionsgemeinschaft die Gewähr der Dauer bietet. So mag, auch zur Erleichterung des Verwaltungsvollzugs, von einer bestimmten Richtzahl an ohne weitere Prüfung angenommen werden können, dass die Religionsgemeinschaft nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet, weil schon die schiere Größe der Religionsgemeinschaft ihr Erlöschen nicht erwarten lässt. Jedoch taugt die Festlegung einer Richtzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes nicht umgekehrt als Kriterium, um die Religionsgemeinschaft von der Verleihung der Körperschaftsrechte auszuschließen. Das könnte mangels normativer Festlegung dieses Kriteriums nur dann angenommen werden, wenn seiner Wahl verlässliche allgemeine Erfahrungswerte zugrunde lägen, dass bei einem Unterschreiten dieses Mitgliederbestands mit einem dauerhaften Bestand nicht mehr gerechnet werden kann. An einem solchen Erfahrungssatz fehlt es indes. Das beklagte Land hat selbst nur vorgetragen, die Erfahrung habe gezeigt, dass Religionsgemeinschaften, die das Kriterium einer Mitgliederzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes erfüllten, tatsächlich auf Dauer Bestand gehabt hätten. Einen umgekehrten Erfahrungssatz, dass kleinere Religionsgemeinschaften auf Dauer keinen Bestand haben, hat es hingegen nicht behauptet. Unstreitig ist zahlreichen Religionsgemeinschaften der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden, obwohl sie nicht den Richtwert von einem Tausendstel der Bevölkerung erreicht hatten.

14

c) Die Zahl der Mitglieder hat nach der Regelung in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV keine eigenständige Bedeutung, die sich von der Funktion dieses Tatbestandsmerkmals löst, Grundlage für zu prognostizierende Gewähr der Dauer zu sein. Sie soll nicht selbständig die Bedeutung der Religionsgemeinschaft im öffentlichen Leben als einer (zusätzlichen) Voraussetzung für die Verleihung der Körperschaftsrechte anzeigen.

15

Die Gewährleistungen der Weimarer Kirchenartikel sind funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt. Der den Religionsgemeinschaften in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV angebotene Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Sie stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber. Dass sie ihre Tätigkeit frei von staatlicher Bevormundung und Einflussnahme entfalten können, schafft die Voraussetzung und den Rahmen, in dem die Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen können (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <387 f.>).

16

Der Körperschaftsstatus wird jeder Religionsgemeinschaft, die die Gewähr der Dauer bietet, zur Entfaltung ihrer Religionsfreiheit angeboten, unabhängig von ihrer wie auch immer zu umschreibenden Bedeutung für das öffentliche Leben. Das Grundgesetz geht davon aus, dass Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen. Ihr Nutzen hierfür ist nicht im Einzelfall, etwa anhand der Größe und einer damit vielleicht einhergehenden Bedeutung für das öffentliche Leben, konkret festzustellen, wenn nur die Gewähr der Dauer gegeben ist.

17

2. Ausgehend von diesem Verständnis des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV kann nicht beanstandet werden, dass der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin zugebilligt hat, sie biete die Gewähr der Dauer.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat hierfür den festgestellten gegenwärtigen Stand an Mitgliedern anhand zutreffender Kriterien bewertet, nämlich darauf abgestellt, dass die Klägerin in Deutschland seit über 100 Jahren besteht, ihre Mitgliederzahl in Deutschland langsam, aber konstant angestiegen ist, die Altersstruktur erwarten lässt, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen wird. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof der Dauer des Bestands in Deutschland umso größere Bedeutung zumessen, als die Klägerin ihr Verbot im Dritten Reich, den nachfolgenden Zweiten Weltkrieg und ihr Verbot in der DDR überstanden und sich in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder in Gemeinden organisiert und ihr Gemeindeleben bis heute fortgesetzt hat.

19

Rechtlich unerheblich ist der Einwand des beklagten Landes, der Verwaltungsgerichtshof hätte statt auf die Verhältnisse in Deutschland entscheidend auf die Dauer des Bestands der Klägerin in Hessen und ihre Mitgliederzahl dort abstellen müssen. Die Klägerin ist eine bundesweit tätige Organisation, der als solche die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden sollen. Ob die Voraussetzungen der Verleihung vorliegen, ist bezogen auf die bundesweit tätige Organisation als solche zu prüfen. Bezogen auf sie, nicht aber auf einen rechtlich und tatsächlich nicht ausscheidbaren Tätigkeitsbereich in einem Bundesland müssen die Voraussetzungen einer Gewähr auf Dauer vorliegen. Dass diese Voraussetzungen von einer Landesbehörde festzustellen sind, ist unerheblich. Eine Landesbehörde hat selbstverständlich in Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts einen Sachverhalt umfassend zu prüfen und zu berücksichtigen, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der anzuwendenden Rechtsnorm einen Blick über die Landesgrenzen hinaus erfordern. Ebenso unerheblich ist, dass sich einzelne Wirkungen der Verleihung auf das Land beschränken mögen. Dadurch ändern sich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verleihung und der für sie maßgebliche Sachverhalt. Davon abgesehen wirken die wesentliche Konstituierung der Religionsgemeinschaft als juristischer Person und der damit einhergehende Erwerb der Rechtsfähigkeit ohnehin bundesweit.

20

b) Die Klägerin bietet auch durch ihre Verfassung im Übrigen die Gewähr der Dauer. Die an dieser Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs erstmals im Revisionsverfahren geäußerten Zweifel des beklagten Landes sind unbegründet.

21

aa) Soweit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV auf die Verfassung der Religionsgemeinschaft verweist, ist damit zwar auch die rechtliche Verfasstheit der Religionsgemeinschaft gemeint. Jedoch fordert Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV nicht, die Religionsgemeinschaft habe sich zunächst als eingetragener Verein zu bewähren (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385 f.>). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Religionsgemeinschaft im Zeitpunkt der Anerkennung rechtlich hinreichend organisiert ist. Sie muss organisatorisch und institutionell in der Lage sein, die Rechte, die sich aus dem Körperschaftsstatus ergeben, auszuüben. Erforderlich ist insbesondere eine mitgliedschaftlich verfasste Organisation. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Personenverband. Dieser Status kommt mithin nur für Religionsgemeinschaften in Betracht, die mitgliedschaftlich verfasst sind. Das setzt voraus, dass nach bestimmten, innergemeinschaftlichen Regeln festgelegt ist, wer Mitglied der Religionsgemeinschaft ist. Das Gegenbild dazu wäre eine Einrichtung, die von beliebig wechselnden Personen genutzt werden kann, die sich als Anhänger einer bestimmten Glaubenslehre verstehen, ohne dass als Träger der Einrichtung ein abgrenzbarer, organisatorisch zusammengefasster Personenverband feststellbar ist.

22

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auf der Grundlage ihres innergemeinschaftlichen Rechts, wie es sich aus der Satzung des Nationalen Geistigen Rates ergibt. Danach bestehen Regeln über den Erwerb der Mitgliedschaft, die daraus folgende Beteiligung an der Willensbildung in der Gemeinschaft und die Kreierung von Vertretungs- und Leitungsorganen der Gemeinschaft. Damit setzt sich das beklagte Land in seiner Revisionsbegründung nicht auseinander. Das Kultusministerium hat in seinem ablehnenden Bescheid insoweit keine Zweifel an dem dauerhaften Bestand der Klägerin geäußert.

23

bb) Für die Einschätzung dauerhaften Bestands aufgrund des tatsächlichen Gesamtzustandes der Gemeinschaft können weitere Indizien herangezogen werden, wie eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität des religiösen Lebens (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385>).

24

Die Klägerin verfügt über eine ausreichende Finanzausstattung. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich festgestellt. Er konnte dafür auf einen internen Vermerk des Kultusministeriums zurückgreifen. In ihm wird der Klägerin eine die Gewähr der Dauer bietende ausreichende Finanzausstattung bestätigt, nachdem sie dem Kultusministerium Unterlagen hierzu vorgelegt hatte. Diese Bewertung hat das Kultusministerium im weiteren Verfahren nicht in Zweifel gezogen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Sollte die in diese Richtung zielende Rüge des beklagten Landes als Verfahrensrüge im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gemeint sein, genügt sie nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Soweit das beklagte Land geltend macht, den vorgelegten Unterlagen lasse sich die Finanzausstattung der Klägerin für ihre Arbeit in Hessen nicht entnehmen, ist dieser Einwand - wie schon in anderem Zusammenhang ausgeführt - rechtlich unbegründet.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die Bahá'í-Gemeinde in Deutschland, beantragte bei dem Hessischen Kultusministerium, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen. Das Kultusministerium lehnte den Antrag ab: Die Klägerin biete nicht durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Nach der Verwaltungspraxis müsse die Religionsgemeinschaft eine Mitgliederzahl von mindestens einem Promille der Bevölkerung des jeweiligen Landes aufweisen. Die Zahl der Mitglieder der Klägerin in Hessen (900 bis 950) unterschreite ein Promille der hessischen Bevölkerung (= 6089) bei weitem.

2

Die Klägerin hat mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihr die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

3

Das Verwaltungsgericht hat das beklagte Land verpflichtet, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

4

Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof durch das angefochtene Urteil das Hessische Kultusministerium unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheides verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen: Die Klägerin biete nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Weder der Wortlaut des Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV noch seine Entstehungsgeschichte gäben etwas dafür her, die Verleihung der Körperschaftsrechte von einer bestimmten Relation der Mitgliederzahl zur Gesamtbevölkerung abhängig zu machen. Unter Heranziehung aller anderen Kriterien ergebe sich für die Klägerin eine günstige Prognose. Sie habe in Hessen zwar nur relativ wenige Mitglieder. Die Mitgliederzahl in Deutschland sei langsam, aber konstant angestiegen und betrage insgesamt ca. 5 000. Die Altersstruktur lasse erwarten, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen werde. Hinzu komme eine solide Finanzausstattung. Die Klägerin bestehe in Deutschland seit über 100 Jahren. Dem komme umso größere Bedeutung zu, als sie ihr Verbot im Dritten Reich und in der DDR überstanden und in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder strukturierte Aktivitäten aufgenommen und bis heute konsequent fortgesetzt habe. Für die Gewähr der Dauer gerade in Hessen sei von erheblicher Bedeutung, dass die Klägerin hier mittlerweile ihren Sitz und mit dem Europäischen Haus der Andacht und anderen Einrichtungen ein für ihre Mitglieder überregional bedeutsames Zentrum habe.

5

Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, mit der es beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen: Es gebe bisher keine hinreichend sichere Grundlage für die Annahme, dass die Klägerin durch ihre Verfassung die Gewähr der Dauer biete. Ihr fehle eine Satzung. Die mitgliedschaftlichen Strukturen seien nicht eindeutig geregelt. Ihre Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof nicht ermittelt. Insbesondere sei unklar, ob sie über ausreichende Mittel für ihre Arbeit in Hessen verfüge. Die Klägerin biete ferner nicht durch die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer. Die Zahl der Mitglieder bilde ein eigenständiges verfassungsrechtliches Kriterium. Es stehe gleichrangig neben dem Erfordernis der Verfassung. Der Ablehnungsbescheid orientiere sich an der Richtgröße von einem Promille der Bevölkerung. Dieser Richtwert konkretisiere die Forderung, dass die Religionsgemeinschaft eine gewisse Bedeutung im öffentlichen Leben des Landes erlangt haben müsse. Erst diese Bedeutung rechtfertige es, eine Religionsgemeinschaft gegenüber anderen Akteuren des gesellschaftlichen Lebens durch die Verleihung der Körperschaftsrechte zu begünstigen. Im Vordergrund habe dabei die Zahl der Mitglieder in dem Bundesland zu stehen, in dem die Verleihung der Körperschaftsrechte begehrt werde, hier also in Hessen. Der Verwaltungsgerichtshof rücke zu Unrecht die Zahl der Mitglieder im Bundesgebiet und die Zahl der Bahá'í weltweit in den Vordergrund. Davon abgesehen sei ein erheblicher Teil der Mitglieder Iraner. Sie suchten in Deutschland Zuflucht vor dem Regime in ihrem Heimatland. Ihre Rückkehr dorthin sei nicht ausgeschlossen, wenn sich die politischen Verhältnisse im Iran änderten. Zudem lebten nach den eigenen Angaben der Klägerin ihre Mitglieder an 865 verschiedenen Orten, die 109 örtlichen Geistigen Räten zugeordnet seien. Bei rund 5 100 Bahá'í in Deutschland lebten nur durchschnittlich sechs Gläubige an einem Ort. Im Schnitt nur 47 Gläubige gehörten einer Gemeinde an, für die ein örtlicher Geistiger Rat bestehe. Wohnten die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft derart verstreut in einem Land, biete ihre Gesamtzahl nicht die gleiche Gewähr der Dauer wie bei einer Gemeinschaft, deren Mitglieder in einzelnen geschlossenen Gemeinden lebten. Von allenfalls geringer Bedeutung sei die Zahl der Mitglieder im Ausland. Die Verbindungen zum Ausland unterlägen vielfältigen Unsicherheiten, zumal bei einer Religion, deren Anhänger zu einem erheblichen Teil - wie die Bahá'í im Iran - in einem feindlichen Umfeld lebten.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Sie verfüge aufgrund der innergemeinschaftlichen Regelungen über eine hinreichende rechtliche Organisation und eindeutige mitgliedschaftliche Strukturen. Eine ausreichende Finanzausstattung habe der Verwaltungsgerichtshof festgestellt. Dagegen habe das beklagte Land keine zulässigen Revisionsrügen vorgebracht. Es beurteile in diesem wie auch in anderem Zusammenhang zu Unrecht isoliert die Verhältnisse in Hessen. Sie - die Klägerin - sei eine ganz Deutschland umfassende einheitliche Organisation mit einheitlicher Finanzausstattung und einheitlicher Bestandszeit. Die - im Übrigen oftmals durchbrochene - Verwaltungspraxis, für die Verleihung der Körperschaftsrechte einen Mitgliederbestand von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes zu verlangen, scheide mangels normativer Wirkung als Rechtsgrundlage für die Verweigerung der Körperschaftsrechte aus. Bei der stattdessen erforderlichen Gesamtbetrachtung spiele neben den Gesichtspunkten der Altersstruktur, der sozialen Schichtung und der örtlichen Verteilung der Mitglieder vor allem der Umstand eine Rolle, dass die Religionsgemeinschaft in anderen Bundesländern mehr Mitglieder habe, bereits weit über dreißig Jahre in Deutschland tätig sei oder Teil einer im Ausland seit langer Zeit festgefügten Religionsgemeinschaft sei. Der Anteil an Ausländern unter ihren Mitgliedern spreche nicht gegen die Gewähr der Dauer. Von den Mitgliedern iranischer Herkunft hätten mehr als die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine breite Streuung ihrer Mitglieder in Deutschland habe es seit jeher gegeben, ohne sich auf ihre Existenz auszuwirken. Wegen der Mobilität heute habe eine geringe Dichte von Gläubigen an einem Ort nur eingeschränkte Bedeutung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht den Bescheid des Hessischen Kultusministeriums aufgehoben und das beklagte Land verpflichtet, der Klägerin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.

8

Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung - WRV) sind einer Religionsgemeinschaft die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in zutreffender Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung angenommen, dass die Klägerin durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet.

9

1. Diese Voraussetzung ist auf die Zukunft bezogen und verlangt demnach eine Prognose, ob die Religionsgemeinschaft auf Dauer Bestand haben wird. Die Verfassung der Religionsgemeinschaft und die Zahl ihrer Mitglieder sind Grundlage dieser Prognose. Dabei bezeichnet der Begriff der Verfassung mehr als eine rechtliche Satzung, die den Erfordernissen des Rechtsverkehrs genügt. Im Zusammenhang mit Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint Verfassung auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft, ihre Verfasstheit (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <384 f.>).

10

a) Wird der Begriff der Verfassung in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV im Sinne des tatsächlichen Gesamtzustands einer Religionsgemeinschaft verstanden, lässt sich die Zahl der Mitglieder als weiteres Tatbestandsmerkmal von der so verstandenen Verfassung nicht trennscharf abgrenzen. Zum tatsächlichen Gesamtzustand einer Religionsgemeinschaft gehört wesentlich ihr Bestand an Mitgliedern. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV ist dahin zu verstehen, dass mit dem Merkmal der Verfassung auf den tatsächlichen Gesamtzustand der Religionsgemeinschaft abgehoben wird und die Zahl der Mitglieder als wesentliches Element dieses Gesamtzustands eigens betont wird.

11

b) Zwar ist der gegenwärtige Mitgliederbestand der Religionsgemeinschaft Grundlage der Prognose, ob die Religionsgemeinschaft dauerhaft bestehen wird. Jedoch kann regelmäßig allein aus der Zahl der Mitglieder nicht unmittelbar auf den künftigen Fortbestand der Religionsgemeinschaft geschlossen werden. Wie jede statistische Zahl bedarf die Zahl der Mitglieder einer Bewertung, wenn aus ihr eine Aussage für die zukünftige Entwicklung abgeleitet werden soll. Dieselbe Zahl an Mitgliedern kann im Lichte notwendiger weiterer Bewertungsfaktoren die Prognose dauerhaften Bestandes stützen oder zu Fall bringen. Zur Bewertung ist insbesondere heranzuziehen, wie lange die Religionsgemeinschaft bereits besteht, wie sich ihr Mitgliederbestand in der Vergangenheit entwickelt hat, wie die Alterstruktur der Mitglieder, aber auch ihre soziale Zusammensetzung ist; daneben kann eine Rolle spielen, ob die in Deutschland ansässige Religionsgemeinschaft in eine größere, gar weltweit verbreitete Gemeinschaft eingebunden ist. Ist die Zahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft in der Vergangenheit stetig, zuletzt gar beschleunigt gesunken und gehören die noch verbliebenen Mitglieder überwiegend den älteren Jahrgängen an, ist der gegenwärtige Mitgliederbestand Ausdruck eines Tiefpunktes, von dem aus eine Prognose dauerhaften Bestandes nur noch schwer oder gar nicht mehr möglich ist. Umgekehrt kann dieselbe Zahl an Mitgliedern die Prognose eines dauerhaften Bestandes ermöglichen, wenn sie über Generationen gleichgeblieben oder sogar stetig angewachsen ist und die Mitglieder eine ausgewogene, der Gesamtheit der Bevölkerung in etwa entsprechende Altersstruktur aufweisen. Wiederum dieselbe Zahl kann bei einer neu aufgetretenen Religionsgemeinschaft keine eindeutige Prognose zulassen, wenn etwa der Kreis der Mitglieder sich auf die Gründergeneration um den Stifter beschränkt und nicht absehbar ist, wie die Gemeinschaft sich nach dem Tod des Stifters entwickelt. Das Merkmal der Gewähr der Dauer hat gerade auch die Funktion, die Zuerkennung der Körperschaftsrechte an neu entstandene Bewegungen zu verhindern, deren weiterer Weg noch im Dunkeln liegt.

12

Diese Bewertungsfaktoren machen die Zahl der Mitglieder als Grundlage einer Prognose erst handhabbar. Sie sind notwendig schon in dem Merkmal der Zahl der Mitglieder, jedenfalls in dem Merkmal der Verfassung verstanden als tatsächlicher Gesamtzustand, mitgedacht und mitgemeint. Es handelt sich bei ihnen nicht um nachrangige Hilfskriterien, denen ein geringerer Stellenwert zukommt als der absoluten Zahl der Mitglieder, wie das beklagte Land meint. Verfehlt ist insbesondere dessen Ansatz, von dem Verhältnis der Mitgliederzahl zur Bevölkerungszahl als einem Richtwert auszugehen und anderen für die Bewertung des Mitgliederbestandes wesentlichen Faktoren nur die Funktion von Indizien zuzuweisen, die allenfalls geeignet sein können, eine geringe Unterschreitung des Richtwerts ausnahmsweise auszugleichen.

13

Die absolute Zahl der Mitglieder oder ihr Verhältnis zur Größe der Bevölkerung kann zwar unter Umständen schon für sich von Bedeutung für die Frage sein, ob die Religionsgemeinschaft die Gewähr der Dauer bietet. So mag, auch zur Erleichterung des Verwaltungsvollzugs, von einer bestimmten Richtzahl an ohne weitere Prüfung angenommen werden können, dass die Religionsgemeinschaft nach der Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bietet, weil schon die schiere Größe der Religionsgemeinschaft ihr Erlöschen nicht erwarten lässt. Jedoch taugt die Festlegung einer Richtzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes nicht umgekehrt als Kriterium, um die Religionsgemeinschaft von der Verleihung der Körperschaftsrechte auszuschließen. Das könnte mangels normativer Festlegung dieses Kriteriums nur dann angenommen werden, wenn seiner Wahl verlässliche allgemeine Erfahrungswerte zugrunde lägen, dass bei einem Unterschreiten dieses Mitgliederbestands mit einem dauerhaften Bestand nicht mehr gerechnet werden kann. An einem solchen Erfahrungssatz fehlt es indes. Das beklagte Land hat selbst nur vorgetragen, die Erfahrung habe gezeigt, dass Religionsgemeinschaften, die das Kriterium einer Mitgliederzahl von einem Tausendstel der Bevölkerung des jeweiligen Landes erfüllten, tatsächlich auf Dauer Bestand gehabt hätten. Einen umgekehrten Erfahrungssatz, dass kleinere Religionsgemeinschaften auf Dauer keinen Bestand haben, hat es hingegen nicht behauptet. Unstreitig ist zahlreichen Religionsgemeinschaften der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden, obwohl sie nicht den Richtwert von einem Tausendstel der Bevölkerung erreicht hatten.

14

c) Die Zahl der Mitglieder hat nach der Regelung in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV keine eigenständige Bedeutung, die sich von der Funktion dieses Tatbestandsmerkmals löst, Grundlage für zu prognostizierende Gewähr der Dauer zu sein. Sie soll nicht selbständig die Bedeutung der Religionsgemeinschaft im öffentlichen Leben als einer (zusätzlichen) Voraussetzung für die Verleihung der Körperschaftsrechte anzeigen.

15

Die Gewährleistungen der Weimarer Kirchenartikel sind funktional auf die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt. Der den Religionsgemeinschaften in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV angebotene Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Mittel zur Entfaltung der Religionsfreiheit. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen. Sie stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber. Dass sie ihre Tätigkeit frei von staatlicher Bevormundung und Einflussnahme entfalten können, schafft die Voraussetzung und den Rahmen, in dem die Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen können (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <387 f.>).

16

Der Körperschaftsstatus wird jeder Religionsgemeinschaft, die die Gewähr der Dauer bietet, zur Entfaltung ihrer Religionsfreiheit angeboten, unabhängig von ihrer wie auch immer zu umschreibenden Bedeutung für das öffentliche Leben. Das Grundgesetz geht davon aus, dass Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen. Ihr Nutzen hierfür ist nicht im Einzelfall, etwa anhand der Größe und einer damit vielleicht einhergehenden Bedeutung für das öffentliche Leben, konkret festzustellen, wenn nur die Gewähr der Dauer gegeben ist.

17

2. Ausgehend von diesem Verständnis des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV kann nicht beanstandet werden, dass der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin zugebilligt hat, sie biete die Gewähr der Dauer.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat hierfür den festgestellten gegenwärtigen Stand an Mitgliedern anhand zutreffender Kriterien bewertet, nämlich darauf abgestellt, dass die Klägerin in Deutschland seit über 100 Jahren besteht, ihre Mitgliederzahl in Deutschland langsam, aber konstant angestiegen ist, die Altersstruktur erwarten lässt, dass sich die Mitgliederzahl zumindest auf absehbare Zeit nicht wesentlich verringern, sondern eher weiterhin ansteigen wird. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof der Dauer des Bestands in Deutschland umso größere Bedeutung zumessen, als die Klägerin ihr Verbot im Dritten Reich, den nachfolgenden Zweiten Weltkrieg und ihr Verbot in der DDR überstanden und sich in Westdeutschland sofort nach dem Krieg, in der DDR sofort nach der Beseitigung des SED-Regimes wieder in Gemeinden organisiert und ihr Gemeindeleben bis heute fortgesetzt hat.

19

Rechtlich unerheblich ist der Einwand des beklagten Landes, der Verwaltungsgerichtshof hätte statt auf die Verhältnisse in Deutschland entscheidend auf die Dauer des Bestands der Klägerin in Hessen und ihre Mitgliederzahl dort abstellen müssen. Die Klägerin ist eine bundesweit tätige Organisation, der als solche die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden sollen. Ob die Voraussetzungen der Verleihung vorliegen, ist bezogen auf die bundesweit tätige Organisation als solche zu prüfen. Bezogen auf sie, nicht aber auf einen rechtlich und tatsächlich nicht ausscheidbaren Tätigkeitsbereich in einem Bundesland müssen die Voraussetzungen einer Gewähr auf Dauer vorliegen. Dass diese Voraussetzungen von einer Landesbehörde festzustellen sind, ist unerheblich. Eine Landesbehörde hat selbstverständlich in Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts einen Sachverhalt umfassend zu prüfen und zu berücksichtigen, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der anzuwendenden Rechtsnorm einen Blick über die Landesgrenzen hinaus erfordern. Ebenso unerheblich ist, dass sich einzelne Wirkungen der Verleihung auf das Land beschränken mögen. Dadurch ändern sich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verleihung und der für sie maßgebliche Sachverhalt. Davon abgesehen wirken die wesentliche Konstituierung der Religionsgemeinschaft als juristischer Person und der damit einhergehende Erwerb der Rechtsfähigkeit ohnehin bundesweit.

20

b) Die Klägerin bietet auch durch ihre Verfassung im Übrigen die Gewähr der Dauer. Die an dieser Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs erstmals im Revisionsverfahren geäußerten Zweifel des beklagten Landes sind unbegründet.

21

aa) Soweit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV auf die Verfassung der Religionsgemeinschaft verweist, ist damit zwar auch die rechtliche Verfasstheit der Religionsgemeinschaft gemeint. Jedoch fordert Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV nicht, die Religionsgemeinschaft habe sich zunächst als eingetragener Verein zu bewähren (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385 f.>). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Religionsgemeinschaft im Zeitpunkt der Anerkennung rechtlich hinreichend organisiert ist. Sie muss organisatorisch und institutionell in der Lage sein, die Rechte, die sich aus dem Körperschaftsstatus ergeben, auszuüben. Erforderlich ist insbesondere eine mitgliedschaftlich verfasste Organisation. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Personenverband. Dieser Status kommt mithin nur für Religionsgemeinschaften in Betracht, die mitgliedschaftlich verfasst sind. Das setzt voraus, dass nach bestimmten, innergemeinschaftlichen Regeln festgelegt ist, wer Mitglied der Religionsgemeinschaft ist. Das Gegenbild dazu wäre eine Einrichtung, die von beliebig wechselnden Personen genutzt werden kann, die sich als Anhänger einer bestimmten Glaubenslehre verstehen, ohne dass als Träger der Einrichtung ein abgrenzbarer, organisatorisch zusammengefasster Personenverband feststellbar ist.

22

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auf der Grundlage ihres innergemeinschaftlichen Rechts, wie es sich aus der Satzung des Nationalen Geistigen Rates ergibt. Danach bestehen Regeln über den Erwerb der Mitgliedschaft, die daraus folgende Beteiligung an der Willensbildung in der Gemeinschaft und die Kreierung von Vertretungs- und Leitungsorganen der Gemeinschaft. Damit setzt sich das beklagte Land in seiner Revisionsbegründung nicht auseinander. Das Kultusministerium hat in seinem ablehnenden Bescheid insoweit keine Zweifel an dem dauerhaften Bestand der Klägerin geäußert.

23

bb) Für die Einschätzung dauerhaften Bestands aufgrund des tatsächlichen Gesamtzustandes der Gemeinschaft können weitere Indizien herangezogen werden, wie eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität des religiösen Lebens (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <385>).

24

Die Klägerin verfügt über eine ausreichende Finanzausstattung. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich festgestellt. Er konnte dafür auf einen internen Vermerk des Kultusministeriums zurückgreifen. In ihm wird der Klägerin eine die Gewähr der Dauer bietende ausreichende Finanzausstattung bestätigt, nachdem sie dem Kultusministerium Unterlagen hierzu vorgelegt hatte. Diese Bewertung hat das Kultusministerium im weiteren Verfahren nicht in Zweifel gezogen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Sollte die in diese Richtung zielende Rüge des beklagten Landes als Verfahrensrüge im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gemeint sein, genügt sie nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Soweit das beklagte Land geltend macht, den vorgelegten Unterlagen lasse sich die Finanzausstattung der Klägerin für ihre Arbeit in Hessen nicht entnehmen, ist dieser Einwand - wie schon in anderem Zusammenhang ausgeführt - rechtlich unbegründet.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.