Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2017 - 11 S 383/17

bei uns veröffentlicht am14.03.2017

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2017 - 7 K 3259/16 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen den Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 10. August 2016 wird hinsichtlich der Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Nr. 1 des Bescheids) wiederhergestellt und hinsichtlich der Fristsetzung einer Ausreisefrist mit Abschiebungsandrohung (Nr. 2 und Nr. 3 des Bescheids) angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 16. August 2016 gegen die Versagung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 10. August 2016 anzuordnen. Mit den im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zieht er die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel. Die deshalb erforderliche umfassende Prüfung seines Rechtsschutzbegehrens führt auf dessen Begründetheit.
1. a) Das Verwaltungsgericht hat u.a. entschieden, dass der Antragsteller keinen Anspruch aus § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG hinsichtlich seiner beiden Töchter A. und E. ableiten könne. Es sei keine familiäre Lebensgemeinschaft zu erkennen. Der Kontakt mit den beiden Kindern sei unregelmäßig und dies teilweise über längere Zeiträume. Auch wenn nunmehr nach Angaben des Antragstellers vermehrt direkt vereinbarte Umgangskontakte stattfänden, gebe es keine Hinweise darauf, dass das Wohl seiner Töchter die dauernde Anwesenheit des Antragstellers in unmittelbarer Nähe erfordere.
b) Hiergegen wendet der Antragsteller mit der Beschwerde ein, dass die Umgangssituation nicht zum aktuellen Zeitpunkt, sondern bezogen auf die Vergangenheit bezogen betrachtet worden sei. Im zweiten Halbjahr 2016 hätten neun begleitete Umgangskontakte stattgefunden, 2017 sei der erste für den 1. März geplant. Die Mutter sei an einem regelmäßigen Umgangskontakt interessiert, die Kinder genössen den Umgang mit dem Antragsteller. Darüber hinaus habe der Antragsteller zwischenzeitlich mit Frau D. ein gemeinsames Kind, das in Deutschland lebe.
c) Mit diesem Vortrag zieht der Antragsteller die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel. Denn es trifft zu, dass das Verwaltungsgericht die Umgangskontakte im zweiten Halbjahr 2016 nicht hinreichend in den Blick genommen hat. Vor dem Hintergrund des Vortrags des Antragstellers im Schriftsatz vom 17. Oktober 2016, wonach „seit dem Jahr 2016 wieder regelmäßige Umgangskontakte“ stattfänden, wäre das Verwaltungsgericht, das erst drei Monate nach diesem Vortrag zu der angegriffenen Entscheidung kam, mit Blick auf die Pflicht zur Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) gehalten gewesen, jedenfalls dem Antragsteller aufzugeben, detaillierter zum Umfang der Kontakte vorzutragen.
2. Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) - wie hier - , dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, InfAuslR 2016, 281 und vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, 384 m.w.N.).
Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat hier Erfolg, weil die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache derzeit jedenfalls offen sind und die Interessen des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens die öffentlichen Interessen am Vollzug deutlich überwiegen.
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers fällt zu dessen Gunsten aus. Die Erfolgsaussichten sind derzeit offen (a). Ausgehend davon kommt dem Suspensivinteresse des Antragstellers hier der Vorrang zu (b).
a) aa) Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zu prüfen, ob überwiegende öffentliche Belange dafür streiten, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt. Das gilt im Grundsatz unabhängig davon, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (BVerfG, Beschluss vom 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 < 228 f.>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.05.2007 - 2 BvR 2483/06 -, BVerfGK 11, 179). So bedürfen gerade Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung von Ausländern eine besondere Rechtfertigung, die eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Bezug auf den Zeitraum zwischen beabsichtigtem Vollzug und Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren erfordert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.08. 2011 - 1 BvR 1611/11 -, NVwZ 2012, 104 <105>).
10 
bb) Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers sind derzeit jedenfalls deswegen offen, weil die Ablehnung seines Antrags bislang rechtlich zweifelhaft erscheint und es durchaus möglich ist, dass die Widerspruchsbehörde die erforderliche - und bislang nicht getroffene - Ermessensentscheidung zu Gunsten des Antragstellers treffen wird.
11 
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Antragsteller den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG in Bezug auf die Töchter A. und E. erfüllt. Nach dieser Norm kann dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Deutschen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die familiäre Lebensgemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird.
12 
(1) Bei der Auslegung des tatbestandlichen Begriffs der familiären Lebensgemeinschaft ist zuvörderst die wertentscheidende Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Sie verpflichtet die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, BVerfGE 76, 1 <49 ff.> und vom 18.04.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81 <93>). Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse 30.01.2002 - 2 BvR 231/00 -, InfAuslR 2002, 171 <173>; und vom 22.12.2003 - 2 BvR 2108/00 -, BVerfGK 2, 190 <194>), auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 31.08.1999 - 2 BvR 1523/99 -, InfAuslR 2000, 67 <68>, vom 23.01.2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, 682 <683> und vom 09.01.2009 - 2 BvR 1064/08 -, NVwZ 2009, 387).
13 
Bei der Bewertung der familiären Beziehungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.04.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81 <95>; und vom 09.01.2009 - 2 BvR 1064/08 -, NVwZ 2009, 387 <388>). Die Entwicklung eines Kindes wird nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt, was im Rahmen ausländerrechtlicher Entscheidungen zu berücksichtigen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -, BVerfGK 7, 49 <56> m.w.N.). Die familiäre (Lebens-)Gemeinschaft zwischen einem Elternteil und seinem minderjährigen Kind ist getragen von tatsächlicher Anteilnahme am Leben und Aufwachsen des Kindes. Im Falle eines regelmäßigen Umgangs des ausländischen Elternteils, der dem auch sonst Üblichen entspricht, wird in der Regel von einer familiären Gemeinschaft auszugehen sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12.2005 - 2 BvR 1001/04 -, BVerfGK 7, 49 <58>, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.12.2008 - 2 BvR 1830/08 -, BVerfGK 14, 458). Bei Umgangskontakten unterscheidet sich die Eltern-Kind-Beziehung typischerweise deutlich von dem Verhältnis des Kindes zur täglichen Betreuungsperson. Dass der Umgangsberechtigte nur ausschnittsweise am Leben des Kindes Anteil nehmen kann und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft, steht der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft nicht entgegen. Es ist insbesondere im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte (BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.12.2008 - 2 BvR 1830/08 -, BVerfGK 14, 458 <464 f.>).Bei der Bewertung des „sonst Üblichen“ ist auch in den Blick zu nehmen, ob das Verhältnis der Eltern der Kinder einem intensiveren Umgang - noch - im Wege steht und ob - bei objektiv allgemeiner Betrachtung geringem Kontaktumfang zwischen Elternteil und Kind - eine für das Kind günstige Entwicklung der Ausgestaltung des Umgangs eingesetzt hat. Gerade in Fällen, in denen es bislang lediglich zu einem begleiteten Umgang kommt, sind die Hintergründe der Entscheidung der Eltern - oder des Familiengerichts - für diese Umgangsform in den Blick zu nehmen. Auch ein regelmäßiger begleiteter Umgang führt dabei grundsätzlich auf eine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG.
14 
(2) Gemessen an diesen Maßstäben ist jedenfalls offen, ob eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinen Töchtern A. und E. besteht. Nach Aktenlage spricht sogar eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die erforderliche familiäre Lebensgemeinschaft besteht.
15 
Gerade der Stellungnahme des Kreisjugendamtes vom 3. März 2017 deutet auf das Vorliegen einer - hinreichend ausgeprägten - Lebensgemeinschaft im Sinne des Aufenthaltsgesetzes hin. Aus dieser Stellungnahme lässt sich erkennen, dass es zwischen den Eltern von A. und E. offenkundig erhebliche Differenzen gibt und beide Eltern nicht nur unwesentlich dazu beitragen, dass die Terminierung begleiteter Umgangskontakte Schwierigkeiten bereitet. Überdies lässt sich dem Aktenvermerk über die Vorsprache der Kindesmutter entnehmen, dass der Antragsteller auch unbegleiteten Kontakt zu seinen Töchtern hat - er wohnt nur wenig entfernt von ihnen - und dass sie der Auffassung ist, dass er sich um seine Kinder bemühe. Für das Vorliegen ernsthafter Bemühungen um das Finden einer gemeinsamen Lösung zwischen den Eltern für die Regelung eines regelmäßigen Umgangs spricht derzeit auch, dass es bislang noch keiner familiengerichtlichen Entscheidung bedurfte und die Eltern trotz der erheblichen Probleme zwischen ihnen weiter um Lösungen bemüht scheinen. Jedenfalls verliert eine Bewertung, wonach es keine Hinweise darauf gebe, dass das Wohl der Töchter die dauernde Anwesenheit im Bundesgebiet erforderte, die erforderliche Sicht des Kindes (BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.12.2008 - 2 BvR 1830/08 -, BVerfGK 14, 458) aus dem Blick. Deshalb kommt es auf die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Besuchsmöglichkeiten, bei denen zu prüfen wäre, ob diese mit einer Erwerbstätigkeit noch zu vereinbaren und überdies zu finanzieren wären, hier nicht an.
16 
Im Rahmen des Hauptsacherechtsbehelfs besteht jedenfalls weiterer Aufklärungsbedarf. Es spricht einiges dafür, dass eine persönliche Anhörung des Antragstellers und der Töchter A. und E. sowie eine umfassende Stellungnahme des Jugendamtes unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung sein dürften. Dabei wird auch mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellten langen Zeiten des fehlenden oder geringen Kontakts des Antragstellers zu seinen Kindern aufzuklären sein, ob diese einen Rückschluss auf die Ernsthaftigkeit seiner jetzigen Bemühungen um Umgang zulassen oder nicht.
17 
(3) Sollte der Antragsteller im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zusammen mit seinen Töchtern A. und E. in einer familiären Lebensgemeinschaft leben, käme es zunächst nicht mehr zwingend auf das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG an. Darüber hinaus liegt es auf der Hand, dass die Wertungen aus Art. 6 Abs. 1 GG die vom Verwaltungsgericht angenommene fehlende Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG verdrängte und zum Vorliegen eines Ausnahmefalls führte. Darüber hinaus ist in den Blick zu nehmen, dass der Senat nach Aktenlage abweichend vom Verwaltungsgericht keine „zahlreichen Straftaten“ zu erkennen vermag, die im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG relevant sein könnten. Denn jedenfalls mit der - soweit aus den Akten ersichtlich vorbehaltlosen - Verlängerung seines Aufenthaltstitels am 16. Februar 2014 sind die Verurteilungen aus den Jahren 2006 bis 2012 als Ausweisungsinteressen verbraucht (vgl. Samel, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 5 AufenthG Rn. 55 ff.).
18 
(4) Da der Antragsgegner bislang davon ausging, dass der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nicht erfüllt ist, fehlt die Ausübung des hier - wahrscheinlich - eröffneten Ermessens. Angesichts der Vielschichtigkeit der Familienverhältnisse des Antragstellers ist für den Fall, dass der Antragsteller regelmäßigen Umgangskontakt zu seinen Kindern oder jedenfalls zu einigen von ihnen pflegt, eine positive Ermessensausübung im Lichte von Art. 6 Abs. 2 GG mindestens naheliegend.
19 
b) Ausgehend von den dargestellten (jedenfalls) offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse deutlich. Sollte die Ausreisepflicht des Antragstellers vollzogen werden, hätte dies unmittelbare und erhebliche Folgen für ihn und seine Töchter, wobei zu berücksichtigen ist, dass A. und E. mit fünf und vier Jahren noch zu jung sind, um auch nur eine vorübergehende Abwesenheit des Antragstellers begreifen zu können. Dem gegenüber muss das Vollzugsinteresse zurücktreten. Sollte sich in der Hauptsache erweisen, dass der Antragsteller mit seinen Kindern nicht - auch nicht mit der jüngst geborenen Tochter - in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, wären die negativen Folgen der hier stattgebenden Entscheidung - nämlich ein längerer Aufenthalt des Antragsteller ohne Anspruch auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels - erkennbar geringer als für den Fall, dass seine Kinder keinen Kontakt zum Vater haben können, obwohl diesem ein Aufenthaltsrecht zukommt.
20 
c) Auf die weiter geltend gemachten, behaupteten Erteilungs- oder Verlängerungsansprüche des Antragstellers kommt es nach alledem nicht mehr an. Ebenso wenig ist die Beziehung des Klägers zu seiner Tochter C. entscheidungserheblich. Diese ist im Widerspruchsverfahren allerdings ebenso in den Blick zu nehmen.
21 
d) Angesichts der offenen Erfolgsaussichten bezüglich des Anspruchs auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis sind auch die Erfolgsaussichten bezogen auf die erlassene Abschiebungsandrohung offen. Insoweit ordnet der Senat die aufschiebende Wirkung an.
22 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung und-änderung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat legt in ständiger Rechtsprechung bei familienbezogenen Aufenthaltstiteln regelmäßig einen Streitwert von 7.500 EUR zugrunde, weil diese gemäß § 27 Abs. 5 AufenthG zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen. Eine Reduzierung des Streitwerts für das Eilverfahren ist aufgrund der mit dem Vollzug der Ausreisepflicht verbundenen Folgen für den Antragsteller - sowohl was dem Kontakt zu seinen Kindern angeht als auch was die möglichen Folgen für seine Beschäftigung betrifft - und mit Blick darauf, dass er bereits über ein gesichertes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt hat, hier nicht angezeigt (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 01.07.2016 - 11 S 46/16 -, InfAuslR 2016, 412 und vom 09.11.2012 - 11 S 2015/12 -, juris). Soweit es im Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2016 (11 S 1460/16 -, juris Rn. 26) heißt, dass der Betrag „für das Eilverfahren regelmäßig zu halbieren“ sei, bezieht sich dies allein auf die Fälle, in denen der Antragsteller oder die Antragstellerin noch über kein gesichertes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt haben.
23 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2017 - 11 S 383/17

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2017 - 11 S 383/17

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Februar 2016 - 6 K 5836/15 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhoben und begründete Beschwerde (vgl. §§ 146 Abs. 4 Sätze 1 bis 3, 147 Abs. 1 VwGO), hat keinen Erfolg. Zwar zieht die Beschwerde mit den dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die angegriffene Entscheidung, mit der es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Ausweisungsverfügung wiederherzustellen und gegen die ebenfalls verfügte Abschiebungsandrohung anzuordnen, erfolgreich in Zweifel (I.). Jedoch erweist sich der Beschluss im Ergebnis als zutreffend (II.).
I.
1. Das Verwaltungsgericht hat u.a. entschieden, dass der Antragsgegner hinsichtlich des Antragstellers eine zutreffende Gefährdungsprognose gestellt habe. Dabei sei das zur Ausweisung führende Strafurteil ausführlich ausgewertet worden. Unter anderem heißt es in dem angegriffenen Beschluss:
„Nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart … habe der Antragsteller am Tatabend ein Einhandmesser in der Hosentasche mit sich geführt. Das hinter dem Rücken versteckt gehaltene und deshalb von Tatopfer nicht erkennbare Messer habe er aus nichtigem Anlass heimtückisch eingesetzt und es dem Tatopfer wuchtig in den Oberbauch gestoßen.“
Mit der Beschwerde wird hiergegen geltend gemacht, dass der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht dem Antragsteller das Tatmerkmal der Heimtücke vorwürfen. Das Landgericht habe den Antragsteller aber nicht wegen versuchten Mordes, sondern wegen versuchten Totschlags verurteilt.
2. Mit diesem zutreffenden Vorbringen zieht die Beschwerde den angegriffenen Beschluss erfolgreich in Zweifel, da der Sache nach ein Verstoß sowohl gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO iVm. § 122 Abs. 1 VwGO als auch gegen Art. 103 Abs. 1 GG dargetan ist, der auch vorliegt.
a) Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung. Ein Mangel bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung liegt u.a. dann vor, wenn die angegriffene Entscheidung auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (BVerwG, Beschluss vom 23.12.2015 - 2 B 40.14 -, juris Rn. 53 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.07.2012 - 2 S 1265/12 -, NVwZ-RR 2012, 778). Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch eine Entscheidung aufgrund unzutreffender, aktenwidriger Tatsachengrundlage beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugleich einen Verstoß gegen den in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (BVerwG, Urteil vom 15.04.1997 - 8 C 20.96 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr 274 m.w.N.).
b) Der angegriffene Beschluss verstößt davon ausgehend gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG, da mit ihm eine aktenwidrige Feststellung zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt getroffen wird. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Feststellungen des Antragsgegner-Vertreters im angegriffenen Bescheid vom 2. Oktober 2015 (dort S. 8 unten) zur heimtückischen Verwendung der Tatwaffe zutreffend seien und übernimmt diese auch für sich und die weitere Würdigung. Hingegen hat das Landgericht im seinem Strafurteil vom 21. Januar 2013 ein heimtückisches Handeln des Antragstellers mangels Arglosigkeit des Opfers ausdrücklich verneint (Urteilsabdruck S. 15). Die zutreffende tatsächliche und rechtliche Erfassung der Straftat, die zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt hat, die wiederum der Ausgangspunkt einer Ausweisungsverfügung geworden ist, ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ausweisungsverfügung zwingend zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu rechnen.
II.
1. a) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, 384 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der angegriffene Beschluss - wie hier - unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG zustande gekommen und dies mit der Beschwerde geltend gemacht worden ist. Eine isolierte Prüfung, ob der Gehörsverstoß sich auch nach der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts auf eine entscheidungserhebliche Tatsache bezieht und die angegriffene Entscheidung also auf dem Grundrechtsverstoß beruht, hat im Unterschied zum Berufungszulassungsverfahren, zur Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und zum Revisionsverfahren (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a, Rn. 224) zu unterbleiben. Denn im Unterschied zu den genannten Verfahrensarten ist das Beschwerdeverfahren grundsätzlich unmittelbar auf die endgültige Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch gerichtet (VGH Bad-Württ., Beschluss vom 27.02.2014 - 8 S 2146/13 -, VBlBW 2015, 78; SächsOVG, Beschluss vom 15.03.2016 - 3 B 302/15 -, juris, Rn. 7, BayVGH, Beschluss vom 19.01.2015 - 10 C 14.1799 -, juris, Rn. 14).
b) Mit der umfassenden Prüfung durch den Senat (unter 2.b)) wird auch der dem angegriffene Beschluss anhaftende Verstoß gegen § 5 Abs. 3 VwGO geheilt.
10 
Die Kammer in der Besetzung von drei Richterinnen und nicht die Einzelrichterin wäre zur Entscheidung berufen gewesen, da der Beschluss über die Übertragung des Rechtsstreits auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Sachentscheidung selbst noch nicht wirksam geworden war.
11 
aa) Nach § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 VwGO entscheidet die Kammer des Verwaltungsgerichts bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Besetzung von drei Richtern. Nach § 6 Abs. 1 und Abs. 4 VwGO soll die Kammer den Rechtsstreit bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 durch Beschluss in der Regel einem ihrer Mitglieder übertragen. Der nicht anfechtbare Beschluss ist den Beteiligten in Anwendung von § 173 Satz 1 VwGO iVm. § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO formlos mitzuteilen (BVerwG; Beschluss vom 15.10.2001 - 8 B 104.01 -, NVwZ-RR 2002, 150; Stelkens/Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Mai 2010, § 6, Rn. 46). Der Beschluss über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter erlangt Wirksamkeit mit seiner Bekanntgabe (BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001 - 8 B 104.01 -, NVwZ-RR 2002, 150; BFH, Beschluss vom 10.08.1994 - II R 29/94 -, BFHE 175, 16; aA. <Übergabe an die Geschäftsstelle>: Kronisch, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 6, Rn. 83), wobei teilweise vertreten wird, dass es auf den Beginn der Bekanntgabe durch die Hinausgabe der Entscheidung durch die Geschäftsstelle zur Post zum Zwecke der Bekanntgabe ankomme (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 14.09.1993 - 14 S 1312/93 -, ESVGH 44, 81). Von der - hier erheblichen - Wirksamkeit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter - im Außenverhältnis - ist die für den Spruchkörper eintretende interne Bindung, die durch die dokumentierte Übergabe an die Geschäftsstelle eintreten dürfte (Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 6, Rn. 12), zu unterscheiden. Jedenfalls ist ein gleichzeitiges Erlassen des Übertragungsbeschlusses und der Sachentscheidung durch den Einzelrichter unzulässig (Kronisch, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 6, Rn. 84), da in diesem Fall die Bestimmung des gesetzlichen Richters aus der Perspektive der Beteiligten nicht mehr klar und eindeutig möglich wäre. Der Beschluss zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter muss vor der Sachentscheidung durch den Einzelrichter wirksam werden.
12 
Darüber hinaus kann eine spätere Bekanntgabe nicht zurückwirken; Entscheidungen des Einzelrichters, die dieser vor seiner wirksamen Bestellung trifft, sind auch dann nicht vom zuständigen Richter erlassen, wenn der Übertragungsbeschluss nachfolgend bekannt gegeben wird (Stelkens/Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Mai 2010, § 6, Rn. 46; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 6, Rn. 12; aA. Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 6, Rn. 10; Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 01.07.2015, § 6, Rn. 18), weil es an einer gesetzlichen Anordnung der Möglichkeit fehlt, gerichtliche Beschlüsse rückwirkend wirksam werden zu lassen.
13 
bb) Gemessen hieran war die Einzelrichterin zum Zeitpunkt der Übergabe des hier angegriffenen Beschlusses nicht zur Entscheidung berufen. Zunächst ist die Übergabe des Einzelrichterübertragungsbeschlusses vom 9. Februar 2016 an die Geschäftsstelle nicht dokumentiert. Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 11. Februar 2016 lässt sich entnehmen, dass neben der Endentscheidung auch der Beschluss über die Einzelrichterübertragung an die Beteiligen geschickt wurde („+je EZBs“). Auch ist dokumentiert, dass der angegriffene Beschluss am 11. Februar 2016 bei der Geschäftsstelle eingegangen ist. Damit sind die beiden Beschlüsse zeitgleich - frühestens mit der Herausgabe der Beschlüsse an die Post (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1994 - 6 C 2.92 -, BVerwGE 95, 64) - wirksam geworden, was nach Vorstehendem dazu führt, dass eine Zuständigkeit der Einzelrichterin zum erheblichen Zeitpunkt nicht wirksam begründet worden ist.
14 
2. Die umfassende Prüfung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO durch den Senat ergibt, dass das Verwaltungsgericht diesen in der Sache zu Recht abgelehnt hat.
15 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers dahingehend aufgefasst, dass er auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Ausweisung als Nr. 1 des Bescheids vom 2. Oktober 2015 (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO iVm § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gegen die Abschiebungsandrohung einschließlich der gesetzten Ausreisefrist (Nr. 3 und Nr. 4 des Bescheids; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO iVm. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 12 LVwVG) gerichtet ist. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist ausweislich des eindeutigen Antrags des Antragstellers im Schriftsatz vom 10. März 2016 die Dauer der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots.
16 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausweisung durch den Beklagten-Vertreter in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht werdenden Weise begründet worden ist.
17 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers fällt zu dessen Lasten aus. Der Klage kommen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.07.2013 - 1 C 9.12 - BVerwGE 147, 261, Rn. 8 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, BVerwGE 144, 230, Rn. 16) weder gegen die Ausweisungsverfügung (a) noch gegen die Abschiebungsandrohung mit Ausreisefristsetzung (b) Erfolgsaussichten zu. Darüber hinaus liegt auch das erforderliche besondere Vollzugsinteresse vor, das den Vollzug der Ausweisungsverfügung und der Abschiebungsandrohung vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren rechtfertigt (c).
18 
a) Die gegen den Antragsteller verfügte Ausweisung ist rechtmäßig ergangen. Ermächtigungsgrundlage für die Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 1a AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016, BGBl. I., S. 394).
19 
aa) Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dieser Grundtatbestand des neuen Ausweisungsrechts umreißt die Ausweisungszwecke auf tatbestandlicher Ebene, die in § 54 AufenthG in vertypter und zugleich gewichteter Form als Ausweisungsinteressen ausdifferenziert werden. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des gesetzlichen Systemwechsels, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris, Rn. 49; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, § 53 AufenthG, Rn. 5; Neidhardt, in: HTK-AuslR, § 53 AufenthG, Abs. 1, Stand 10.02.2016, Rn. 54 ff.).
20 
Hier erfüllt das Verhalten des Antragstellers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und - soweit mit Blick auf Art. 13 ARB 1/80 anwendbar - des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG (1). Dem Ausweisungsinteresse gegenüberzustellen ist das Bleibeinteresse des Antragstellers nach § 55 AufenthG, das der Gesetzgeber ebenfalls vertypt und zugleich gewichtet, hat (2). Der Aufenthalt des Antragstellers gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung (3). § 53 Abs. 1 AufenthG verlangt davon ausgehend ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, im konkreten Fall in Form des Interesses an der Beendigung der Rechtsmäßigkeit des weiteren Aufenthalts, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende umfassende und abschließende Abwägung des Ausweisungsinteresses mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände einzubeziehen sind (4). Auch die hier einschlägigen Vorgaben des § 53 Abs. 3 AufenthG werden durch die Ausweisungsverfügung beachtet (5).
21 
(1) Beim Antragsteller liegt ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor, da er wegen einer vorsätzlichen Straftat - nämlich wegen eines versuchten Totschlags in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung - zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren - nämlich drei Jahren und sechs Monaten - verurteilt worden ist. Damit lag beim Antragsteller auch nach der vom 1. Januar 2016 bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor. Dort war bei Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Jedenfalls diese erste Neufassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist auch unbeschadet der Anwendbarkeit des Art. 13 ARB 1/80 hier einschlägig. Denn der mit der grundlegenden Neuregelung des Ausweisungsrechts durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386) einhergehende Systemwechsel, weg von einer Ausweisung im Ermessenswege, hin zu einer zwar gebundenen, dafür aber anhand des Maßstabes der Verhältnismäßigkeit zu messenden, beinhaltet bei der gebotenen Gesamtbetrachtung keine neue Beschränkung in Sinne der Stand-Still-Klauseln des Assoziationsrechts (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris, Rn. 150).
22 
Mit der Verurteilung vom 21. Januar 2013 erfüllt der Antragsteller auch den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG, denn er ist wegen einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden und hat die Straftat mit Gewalt begangen. Es kann offen bleiben, ob die Vorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG auf den von Art. 13 ARB 1/80 begünstigten Personenkreis anwendbar ist oder sich die nachträgliche Einfügung eines ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisierenden Tatbestands als neue Beschränkung der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt im Sinne des Art. 13 ARB 1/80 darstellt, ohne dass dies durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt wäre (siehe zu dieser immanenten Schranke der Stand-Still-Klausel des Art. 13 ARB 1/80: EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C 225/12 - , NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 40) mit der Folge, dass dieser Tatbestand außer Anwendung zu bleiben hätte. Ebenso kann offen bleiben, ob die Einführung neuer Ausweisungsinteressen nach dem 1. Januar 2016 überhaupt um eine neue Beschränkung im Sinne der Stand-Still-Klauseln des Assoziationsrechts darstellt oder mit Blick darauf, dass die verschiedenen Ausweisungsinteressen Teil der nach den § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG geforderten Gesamtabwägung sind, deren Ausgang wiederum an § 53 Abs. 3 AufenthG zu messen ist, soweit eine Privilegierung nach Art. 14 ARB 1/80 vorliegt, eine Neugewichtung von Interessen und Belangen durch den Gesetzgeber vor Art. 13 ARB 1/80 weitgehend unproblematisch erscheint. Denn in den Fällen, in denen durch eine strafrechtliche Verurteilung aufgrund einer Tat im materiellen Sinne mehrere Tatbestände des § 54 AufenthG erfüllt werden, führt dies nicht zu einer typisierten Verstärkung des besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses. Daher kommt es hier nicht darauf an, ob neben § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein weiterer Tatbestand auf ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse führt oder ob § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG bei Verurteilungen wegen Straftaten gegen das Leben im Verhältnis zu § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die speziellere Norm ist.
23 
(2) Dem Antragsteller kommt ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse zu, da dieser im Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).
24 
(3) Der Aufenthalt des Antragstellers gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG.
25 
Die hohe vom Antragsteller ausgehende Wiederholungsgefahr folgt aus seiner hohen Aggressivität, die sich in dem der Ausweisung zugrunde liegenden Verbrechen das erste Mal aktenkundig manifestiert hat. Der Senat schließt sich den Ausführungen der 4. großen Jugendkammer des Landgerichts an, wonach bei der Tatbegehung aus nichtigem Anlass die hohe Hemmschwelle eines vorsätzlichen Tötungsdelikts überwunden worden ist. Daraus, dass der Anlass für die Tat und deren Ausführung in keinem auch nur im Ansatz nachvollziehbaren Verhältnis zueinander stehen, schließt auch der Senat darauf, dass beim Antragsteller erhebliche Persönlichkeitsmängel bestehen, die - weiterhin - Anlass zur Befürchtung weiterer gravierender Straftaten geben. Insbesondere hat der Strafvollzug nicht dazu beigetragen, diese vom Aufenthalt des Klägers ausgehende erhebliche Gefahr für Leib und Leben Anderer zu senken. So geht das Amtsgericht Ravensburg in seinem Beschluss vom 22. Juni 2015, mit dem es die Aussetzung der Restjugendstrafe zur Bewährung ablehnt, nach persönlicher Anhörung des Antragstellers davon aus, dieser sich mit seiner Suchtproblematik - während des Vollzuges wurde der Antragsteller einmal positiv auf THC und Subutex getestet und ist damit nicht, wie die Beschwerde irrig behauptet, „im Strafvollzug nie durch … Drogenkonsum aufgefallen“ - nur unzureichend auseinandergesetzt habe und die bei ihm bestehende Gewalt- und Aggressionsproblematik nicht hinreichend therapiert worden sei. Das Landgericht Ravensburg hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 1. Juli 2015 bestätigt und betont, dass die Stellungnahme der JVA Ravensburg überdurchschnittlich negativ ausgefallen sei. Die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit stünden auch angesichts der unbehandelt im Raum stehenden Gewalt- und Suchtproblematik einer vorzeitigen Entlassung klar entgegen. Diese Prognosen des Vollstreckungsgerichts haben sich auch noch während des weiteren Vollzugs als zutreffend erwiesen. So ist der Antragsteller am 12. September 2015 in der JVA Ravensburg gegenüber einem Vollzugsbeamten durch Drohung von Anwendung körperlicher Gewalt und durch ein unangepasstes, distanzloses Verhalten aufgefallen. Dies führte zu der Anordnung von zwei Tagen Arrest, dessen Vollzug auf Bewährung ausgesetzt worden ist. Selbst einen Monat vor der Vollverbüßung seiner Strafe, am 17. November 2015, kann es beim Antragsteller zu einem gegen einen Mitgefangenen gerichteten aggressiven Verhalten. Er schlug dabei so heftig gegen eine Glastüre, dass diese zersprang und beleidigte den Mitgefangen u.a. als „Hurensohn“. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung des Antragsgegner-Vertreters und des Verwaltungsgerichts, dass beim Antragsteller eine bedeutende Wiederholungsgefahr vorliegt, als offenkundig richtig. Unerheblich ist, dass das sich beim Antragsteller zeigende aggressive, gewalttätige Verhalten nicht zu einer strafrechtlichen Verfolgung, sondern allein zu einer disziplinarischen Ahndung geführt hat. Denn für die Bejahung einer Wiederholungsgefahr bedarf es keiner weiteren strafrechtlichen Verurteilungen, sondern der Bewertung der Gesamtpersönlichkeit, für die als ein wesentlicher Gesichtspunkt das Verhalten während des Strafvollzugs heranzuziehen ist.
26 
Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller mit seinem Vortrag in der Klagebegründung, die Entscheidung der Strafvollstreckungsgerichte, die am Maßstab des § 88 JGG orientiert seien, bezögen sich auf die Gefahr der Begehung jeglicher Straftaten, ohne dass es auf eine - zu erwartende - Tatschwere ankommen könne, deswegen sei auch nicht festgestellt, dass vom Antragsteller weitere schwere Gewalttaten zu erwarten seien. Denn sowohl die begangene Tat als auch das Verhalten des Antragstellers im Strafvollzug lassen keinen ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass er - weiterhin - Gewalt auch gegen Personen als Lösung von tatsächlichen oder von ihm angenommenen Konflikten, seien sie auch noch so unbedeutend, ansieht. Im Übrigen ist auch bei einer Entscheidung nach § 88 Abs. 1 JGG das Restrisiko möglicherweise doch drohender Straftaten zu bewerten, wobei bei der Frage, ob dieses vertretbar oder unvertretbar ist, die Bedeutung und Wertigkeit des gefährdeten Rechtsguts zentral ist. Je höherwertiger das gefährdete Rechtsgut, umso geringer muss das Risiko eines Rückfalls sein, um den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit im Sinne des § 88 Abs. 1 JGG den Vorzug zu geben (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.07.2006 - 3 Ws 213/06 -, StV 2007, 12). Daher bezieht sich die Prognose in den Beschlüssen des Amts- und des Landgerichts Ravensburg nicht auf das Risiko der Begehung von Bagatellstraftaten durch den Antragsteller.
27 
Soweit der Antragsteller - mit der Klagebegründung - geltend macht, dass vieles dafür spreche, dass sein Reifeprozess noch nicht abgeschlossen sei und sein jugendspezifisches Aggressionsverhalten sich auch ohne besondere Therapie bessern könne und diese deshalb nicht die einzige Möglichkeit sei, sein Leben künftig besser in den Griff zu bekommen, zeigt dies nicht auf, dass die Gefahrenprognose im angegriffenen Bescheid zu seinen Lasten fehlerhaft sein könnte. Denn letztlich räumt er damit ein derzeit bestehendes hohes Aggressionspotential ein. Hingegen ist der Umstand, dass der Antragsteller, wie in der Klagebegründung formuliert - „…zu der Auffassung gelangt ist, dass er für sich keine Wiederholungsgefahr mehr sieht und deshalb keine Sozialtherapie braucht…“, ein neuerlicher deutlicher Beleg dafür, dass der Antragsteller die Tat und ihren Ursprung nicht aufzuarbeiten willens ist, so dass die in der Tat zum Ausdruck gebrachte erhebliche Gefährlichkeit weiterhin fortbesteht. Im Übrigen vermag der Senat in dem begangenen versuchten Totschlag kein jugendspezifisches Aggressionsverhalten zu erkennen.
28 
Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedürfen die Verwaltungsgerichte im Falle des Antragstellers keines Sachverständigen, um die Frage der vom Aufenthalt des Klägers ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hinreichend festzustellen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nämlich geklärt, dass bei der gerichtlichen Überprüfung der Ausweisung eines strafgerichtlich verurteilten Ausländers hinsichtlich der gebotenen Gefahrenprognose nicht allein auf das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat, sondern auf die Gesamtpersönlichkeit abzustellen ist und dabei auch nachträgliche Entwicklungen einzubeziehen sind. Bei dieser Prognoseentscheidung bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind. Der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedarf es nur ausnahmsweise, wenn die Prognose aufgrund besonderer Umstände - etwa bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen - nicht ohne spezielle, dem Gericht nicht zur Verfügung stehende fachliche Kenntnisse erstellt werden kann (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, BVerwGE 144, 230, Rn. 12 und Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 - InfAuslR 2016, 1, Rn. 12).
29 
(4) (a) § 53 Abs. 1 AufenthG verlangt davon ausgehend ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren.
30 
Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (Bauer, a. a. O., § 53 AufenthG, Rn. 51).
31 
(b) Bei der erforderlichen Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen am weiteren Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet ist zu seinen Gunsten insbesondere in den Blick zu nehmen, dass er seit seiner Geburt in der Bundesrepublik Deutschland lebt, hier seine Schul- und Berufsausbildung absolviert hat, dass seine Eltern und Geschwister im Bundesgebiet leben und sein Bleibeinteresse schon allein aufgrund der gesetzgeberischen Wertung in § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwer wiegt. Weiter ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu seinen Gunsten zu unterstellen, dass sein Vortrag, in der Türkei lebten keine Verwandten ersten bis dritten Grades, zutreffend ist und die Ausweisung auch deshalb eine erheblichen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 7 GRCh) darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er nach der Entlassung aus der Strafhaft zwischenzeitlich wieder in die elterliche Wohnung eingezogen und mit seinen Eltern in familiärer Lebensgemeinschaft lebt.
32 
Der Senat glaubt dem Antragsteller nicht, dass er nur rudimentäre Kenntnisse der türkischen Sprache haben will. Das Landgericht hat in seinem Strafurteil nämlich aufgrund der Angaben des Antragstellers in der Hauptverhandlung festgestellt, dass in seiner Familie deutsch und türkisch gesprochen werde. Es kann dahinstehen, ob er die türkische Schriftsprache tatsächlich nicht beherrscht, wie er behauptet. Da er alphabetisiert ist und er hinreichende Kenntnisse der gesprochenen türkischen Sprache besitzen dürfte, spricht nichts dagegen, sich in kürzerer Zeit auch die Schriftsprache anzueignen.
33 
(c) Zu Lasten des Antragstellers ist bereits die abstrakte Schwere des begangenen Verbrechens, das zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 1a AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der oben bereits festgestellten besonders hohen Wiederholungsgefahr, die sich auch während des gesamten Strafvollzugs immer wieder bestätigte und die zwischenzeitlich auch nicht durch die Teilnahme an einer Therapie gesenkt worden ist, muss zu Lasten des Antragstellers auch die fehlende Bereitschaft und / oder Fähigkeit zur Rechtstreue (zur Problematik dieses Tatbestandsmerkmals: Bauer/Beichel-Benedetti, NVwZ 2016, 416 <420>) berücksichtigt werden.
34 
Der Antragsteller ist bereits als Jugendlicher im Alter von 15 Jahren sieben tatmehrheitlicher Vergehen des gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall, davon in drei Fällen als Versuch schuldig gesprochen worden. Er hatte eine Arbeitsauflage von 70 Stunden abzuleisten. Auch im Strafvollzug verstieß er wiederholt gegen die Hausordnung und verhielt sich trotz wiederholter disziplinarischer Ahndungen distanzlos und beachtete Regeln nicht. Auch insoweit verhielt er sich nicht rechtstreu im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG. Eine neue, eigenständige Bedeutung kommt diesem zum 17.03.2016 ausdrücklich eingeführten Abwägungskriterium aber nicht zu. Diese Umstände waren auch zuvor bei der erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu bewerten und zu berücksichtigen und sind insbesondere auch im Rahmen der Gefahrenprognose auch vor der Gesetzesänderung von erheblicher Bedeutung gewesen.
35 
(d) Das Ergebnis der gesetzlich geforderten Gesamtabwägung ist hier ein deutliches Überwiegen des - öffentlichen - Interesses an der Ausreise gegenüber den bestehenden, besonders schwerwiegenden Bleibeinteressen. Die hohe Gefahr der Begehung von Gewaltstraftaten durch den Antragsteller ist auch mit Blick auf seine Bindungen an das Bundesgebiet und seine im Faktischen nur lose Bindung an die Türkei nicht hinzunehmen, die Ausweisung erweist sich trotz der erheblichen Eingriffe in den Rechtskreis des Antragstellers als verhältnismäßig.
36 
Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ist gemessen an den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten Anforderungen (zu den Kriterien siehe insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.) mit Blick auf die erheblichen vom Aufenthalt des Klägers ausgehenden Gefahren für Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer gerechtfertigt.
37 
Dies gilt auch hinsichtlich Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich bei langjährigem rechtmäßigen Inlandsaufenthalt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, dass die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, die Integration in die deutsche Gesellschaft, auch soweit sie keinen familiären Bezug hat, und das Fehlen tatsächlicher Bindungen an den Staat seiner Staatsangehörigkeit bei einer Ausweisung angemessen zu gewichten sind (BVerfG, Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 -, NVwZ 2007, 1300). Diesen Beziehungen kommt bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zu (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946; Thym, EuGRZ 2006, 541 <544>; Hoppe, ZAR 2006, 125 <130>; Hofmann, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Art. 8 EMRK, Stand: 01.11.2015, Rn. 20 ff.; Beichel-Benedetti, in: Huber, AufenthG, 1. Aufl., 2010, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 14 ff.). Daraus folgt auch für Ausweisungen von Ausländern, die über keine schützenswerten familiären Bindungen im Sinne von Art. 6 GG verfügen, eine Verpflichtung zur einzelfallbezogenen Abwägung unter angemessener Berücksichtigung dieser das Recht auf Privatleben konstituierenden Bindungen. Fehlen Bindungen an den Herkunftsstaat, kann sich daraus eine Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung - selbst bei langjährigen Freiheitsstrafen und zahlreichen Verurteilungen - ergeben (vgl. die Nachweise bei Mayer, a.a.O.). Andererseits folgt aus fehlenden Bindungen an den Herkunftsstaat aber nicht, dass eine Ausweisung sich deshalb stets als unverhältnismäßig erweisen würde. Dem Antragsteller kann es zugemutet werden, neue Bindungen und Beziehungen in der Türkei aufzubauen und sie dort mit Leben zu erfüllen. Dies gilt insbesondere wegen der festgestellten, außergewöhnlich hohen Wiederholungsgefahr. Weiter wesentlich für dieses klare Abwägungsergebnis dürfte auch sein, dass keine Familienangehörigen auf die Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet angewiesen sind. Es spricht auch nichts dafür, dass sein Einzug in den elterlichen Haushalt und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sich unmittelbar günstig auf das vorhandene Aggressionspotential des Antragstellers auswirken könnten, nachdem er dessen Ursachen bislang nicht hinreichend bekämpft hat.
38 
(5) Die verfügte Ausweisung des Antragstellers genügt auch den Anforderungen des § 53 Abs. 3 Var. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.
39 
(a) Dem Antragsteller kommt als in Deutschland geborenen Sohn eines hier abhängig beschäftigten türkischen Staatsangehörigen freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis zu im Sinne des Art. 7 Satz 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80 (siehe zum „Nachzug“ im Sinne des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 durch Geburt: EuGH, Urteil vom 11.11.2004 - C-467/02 -, InfAuslR 2005, 13 Rn. 26). Da sein Vater mehr als drei Jahre ordnungsgemäß im Bundesgebiet beschäftigt war und der Antragsteller in Deutschland seine Berufsausbildung zum Teilezurichter abgeschlossen hat, darf er sich auf jedes Stellenangebot bewerben (Art. 7 Satz 2 ARB 1/80).
40 
(b) Die Vorgaben des § 53 Abs. 3 AufenthG sind in ihrer Reichweite vor dem Hintergrund der jeweils unionsrechtlich privilegierten Personengruppe autonom unionsrechtlich und insbesondere bereichsspezifisch eigenständig auszulegen, was sich auch aus der Gesetzesbegründung ergibt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris, Rn. 123; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 53 AufenthG, Rn. 54). Der unionsrechtliche Bezugsrahmen für Art. 14 ARB 1/80 ist dabei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. 2004, L 16, S. 44). Danach ist eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung - im Sinne des Unionsrechts - mit Art. 14 ARB 1/80 zu vereinbaren, sofern das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 -, NVwZ 2012, 422, Rn. 86).
41 
(c) Auch gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die gegen den Antragsteller verfügte Ausweisung als rechtmäßig. Angesichts der hohen Gefahr für Leib und Leben anderer, die durch den Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet ausgeht (siehe oben), ist auch eine tatsächliche und schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft festzustellen, denn die Gefahr von Kapitalverbrechen, noch dazu bei einer gleichsam willkürlichen Auswahl der potentiellen Opfer, bedroht die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung insgesamt und damit sogar die öffentliche Sicherheit im unionsrechtlichen Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - , NVwZ 2011, 221, Rn. 47). Die Maßnahme erweist sich auch am Maßstab des Art. 14 ARB 1/80 gemessen als verhältnismäßig und damit unerlässlich (siehe zum Begriff der Unerlässlichkeit als Umschreibung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit: Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Art. 14 ARB 1/80 Rn. 42). Hier gilt angesichts der erheblichen vom Antragsteller ausgehenden Gefahren nichts anderes als oben zu § 53 Abs. 2 AufenthG bereits ausgeführt.
42 
bb) Das von der Ausweisung ausgelöste Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 Abs. 1 AufenthG) ist entsprechend den Vorgaben des § 11 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 AufenthG mit dem angegriffenen Bescheid befristet worden. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats handelt es sich bei der Befristungsentscheidung - entgegen dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG - weiterhin um eine gebundene, gerichtlich vollständig überprüfbare Entscheidung (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris Rn. 25). Daraus folgt, dass mit rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens gesichert eine Entscheidung zur Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots besteht und nicht - wie bei der Annahme eine Ermessensentscheidung über die Dauer der Befristung - die Folge einer aufzuhebenden weil ermessensfehlerhaften Befristungsentscheidung eine im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlende Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Ausweisung selbst sein kann (siehe zum - ausnahmsweisen - Rechtmäßigkeitszusammenhang von Ausweisung und Befristungsentscheidung etwa: EGMR, Urteil vom 27.10.2005 - 32231/02 -, InfAuslR 2006, 3). Deshalb hängt die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nicht von der rechtmäßigen Bestimmung der Länge der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ab. Es bedarf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes daher keiner inzidenten Überprüfung der Länge der Befristung.
43 
b) Auch die verfügte Abschiebungsandrohung - nebst der Ausreisefristsetzung nach Haftentlassung - ist rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Die dem Antragsteller eingeräumte Ausreisefrist von zwei Wochen nach Haftentlassung ist angesichts des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von sieben bis dreißig Tagen ermessensfehlerfrei bestimmt worden. Insbesondere ist die tragende Erwägung im angegriffenen Bescheid für die Unterschreitung der Regelhöchstfrist, dass zu berücksichtigen sei, dass der Antragsteller weder ein Arbeitsverhältnis noch Wohnraum kündigen müsse, nicht zu beanstanden (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
44 
c) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die - wenn auch nicht mit einer ausdrücklichen Begründung untermauerte - Auffassung des Verwaltungsgerichts, es bestehe ein besonderes Vollzugsinteresse, dass die Vollziehung der Ausweisung und der daraus resultierenden Ausreisepflicht schon vor rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens erfolgt, zutreffend.
45 
aa) Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist immer auch zu prüfen, ob überwiegende öffentliche Belange dafür streiten, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Der Rechtsschutzanspruch des Betroffenen ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt. Das gilt unabhängig davon, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 oder Satz 2 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (BVerfG, Beschluss vom 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 < 228 f.>; BVerfG (K), Beschluss vom 11.05.2007 - 2 BvR 2483/06 -, BVerfGK 11, 179 ). Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht - auch bei gesetzlich angeordnetem Sofortvollzug - nicht aus, um die Umsetzung der Maßnahme vor der endgültigen Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren zu rechtfertigen. So bedürfen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung von Ausländern eine besondere Rechtfertigung, die von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und eine Gefährdungsprognose bezogen auf den Zeitraum zwischen beabsichtigtem Vollzug und Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren erfordert (BVerfG (K), Beschluss vom 24.08.2011 - 1 BvR 1611/11 -, NVwZ 2012, 104 <105>; VGH Bad.-Württ, Beschlüsse vom 17.12.2015 - 8 S 2187/15 -, juris, Rn. 18 und vom 16.06.2011 - 11 S 1305/11 -, InfAuslR 2011, 349).
46 
bb) Gemessen an diesen Maßstäben liegt das geforderte besondere Vollzugsinteresse vor. Der Antragsteller ist bis zu seiner Entlassung nach der vollständigen Verbüßung seiner Jugendstrafe immer wieder durch Distanz- und Disziplinlosigkeit im Vollzug aufgefallen. Noch im November 2015 hat er im Rahmen eines Streits mit einem Mitgefangenen eine Glasscheibe mit der Faust zerschlagen. Der damit zum Ausdruck kommende, weiterhin vom Antragsteller nicht kontrollierte Hang zur Gewalttätigkeit rechtfertigt die Prognose, dass von ihm bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, die sich im diesem Zeitraum auch realisieren kann. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller bei der der Ausweisung zugrunde liegenden Tat aus nichtigem Anlass handelte.
47 
Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der Anspruch des Antragsteller auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG durch den Sofortvollzug nicht berührt. Zum einen ist er durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten. Auch kann er sich selbst schriftlich gegenüber dem Verwaltungsgericht äußern. Soweit eine Teilnahme an einer etwaigen mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts über seine Ausweisung erforderlich sein sollte, kommt die Erteilung einer Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 Satz 1 AufenthG in Betracht (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 02.12.2014 - 3 EO 757/14 - InfAuslR 2015, 141).
48 
d) Andere Gründe, die es gebieten würden, trotz nicht bestehender Erfolgsaussichten der Klage und trotz eines bestehenden besonderen Vollzugsinteresses dennoch den Suspensivinteressen des Antragstellers den Vorrang einzuräumen, gibt es für den Senat nicht.
49 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2015 - 11 K 5021/15 - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert wird für die Beschwerdeinstanz auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Auch unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen, die die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung an die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Ausweisungsverfügung stellt (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.06.2005 - 2 BvR 485/05 -, juris; Discher, in: GK-AufenthG, Vor §§ 53 ff. Rn. 1530 ff. m. w. N.), hat die Beschwerde Erfolg.

Der Sofortvollzug einer Ausweisung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO setzt ein besonderes öffentliches Interesse voraus, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Ein solches besonderes öffentliches Interesse kann dann angenommen werden, wenn - mit Blick auf den spezialpräventiven Zweck der Ausweisung - die begründete Besorgnis besteht, die vom Ausländer ausgehende, mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich schon in dem Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ausweisung realisieren; der allgemeine Verdacht einer Beeinträchtigung erheblicher Belange der Bundesrepublik genügt nicht. Die das Sofortvollzugsinteresse begründende negative Gefahrenprognose muss auf Tatsachen beruhen, bloße Behauptungen und Vermutungen genügen nicht.

Davon ausgehend begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausweisung in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners keinen Bedenken.

Die Ausweisung des Antragstellers erweist sich nach dem aktuellen Sach- und Streitstand aus den in der ausführlich begründeten Verfügung dargelegten und in tatsächlicher Hinsicht überwiegend unbestritten gebliebenen Umständen ebenso als voraussichtlich rechtmäßig wie die Anordnung des Sofortvollzugs. Die Anordnung des Sofortvollzugs der Ausweisung ist im Bescheid vom 25. September 2015 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Ausweisungsverfügung - ursprünglich nach § 54 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG aF - ist nunmehr auf § 53 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG in der seit1. Januar 2016 geltenden Fassung (Art. 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BGBl. I, S. 1386 <1399>) zu stützen; maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der der letzten Entscheidung des Senats (BVerwG, Urteil vom 04. Oktober 2012 - 1 C 13.11 -, Rn. 16, BVerwGE 144, 230, Rn. 16 und vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 -, BVerwGE 143, 277, Rn. 12).

Für den Senat bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Feststellung in der angegriffenen Verfügung, wonach der Antragsteller zu den „Leitern“ eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderliefen oder der Verein sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtete, wie es § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG nF und § 54 Nr. 7 AufenthG aF gleichermaßen voraussetzen.

Dass es sich bei den „Red Legion“ um einen Verein in diesem Sinne gehandelt hat und dieser durch das Innenministerium Baden-Württemberg am 22. Mai 2013 und seit 15. Juli 2013 bestandskräftig aus Gründen verboten wurde, die von diesen Vorschriften erfasst werden - nämlich solchen, die nicht nur § 14 Abs. 2 VereinsG, sondern darüber hinaus auch § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG genügen -, kann angesichts der Begründung der Verbotsverfügung nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden.

Soweit der Antragsteller meint, das Vereinsverbot müsse im Ausweisungsverfahren inzident auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden, weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass sich der Prüfungsumfang dabei nur auf die vom Betroffenen selbst vorgebrachten Umstände beschränkt (so Discher, in: GK-AufenthG, § 54, August 2009, Rn. 794 zu § 54 Nr. 7 AufenthG aF), die die Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung in Zweifel ziehen könnten. Solche trägt der Antragsteller aber nicht vor.

Seine Zweifel beziehen sich überwiegend nicht auf die dem Vereinsverbot zugrunde gelegten Tatsachen, sondern auf rechtliche Fragen, die sich jedoch - entgegen der Auffassung des Antragstellers - so nicht stellen.

Dies gilt zunächst schon, wenn der Antragsteller davon ausgeht, ein Vereinsverbot im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG setze einen eingetragenen Verein und förmlich gewählte Vertreter voraus. § 2 Abs. 1 VereinsG geht vielmehr von einem weiten Vereinsbegriff aus („....ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.“), was dem gefahrenabwehrrechtlichen Zweck des Vereinsgesetzes entspricht und durch diesen seine Rechtfertigung erfährt (BVerwG, Urteil vom 14.05.2014 - 6 A 3.13 -, juris Rn. 24, m. w. N.). Erforderlich ist danach ein Zusammenschluss von Personen, wenn diese sich durch einen konstitutiven Akt verbunden haben, wobei an die Qualität dieses Aktes keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Eine stillschweigende Übereinkunft reicht aus. Hinsichtlich des gemeinsamen Zwecks genügt eine faktische Übereinstimmung über die wesentlichen Ziele des Zusammenschlusses, gleichviel worin diese Ziele bestehen. Die vom Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung, der die Mitglieder kraft der Verbandsdisziplin untergeordnet sein müssen, erfordert weder eine Satzung noch spezifische Vereinsorgane. Ausreichend ist eine Organisationsstruktur, die faktisch auf eine organisierte Willensbildung schließen lässt. Das Vorliegen sämtlicher Begriffsmerkmale kann aus Indizien hergeleitet werden (so BVerwG, a. a. O. Rn. 25). Daran knüpft § 3 VereinsG als die das Verbot solcher Vereine regelnde Vorschrift ebenso an wie § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG.

Gründe, die es fraglich erscheinen lassen könnten, dass ein Verbot nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG von § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG erfasst wird, sind nicht ersichtlich, nachdem die tatbestandlichen Voraussetzungen in beiden Vorschriften gleichlautend formuliert sind und § 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG das Vereinsverbot unstreitig flankiert bzw. absichert (Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 54 AufenthG Rn. 42). Die vom Antragsteller formulierten verfassungsrechtlichen Bedenken, die dieser etwa in einem Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sehen will, teilt der Senat nicht. Dafür ist nichts ersichtlich. Der Antragsteller wird nicht ernsthaft argumentieren wollen, er könne sich hinsichtlich der von ihm oder anderen Mitgliedern der „Red Legion“ entfalteten Aktivitäten auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Der dahingehende Vortrag befremdet umso mehr, als der Antragsteller die in der Ausweisungsverfügung im Einzelnen dargestellten, teilweise schweren Straftaten und Machtdemonstrationen aus der Vereinigung heraus schon nicht substantiell in Frage gestellt hat. Da zudem jede Ausweisungsverfügung unabdingbar voraussetzt, dass eine konkrete Gefahr für ein Ausweisungsinteresse im Sinne des 53 Abs. 1 AufenthG besteht, vermag der Senat die vom Antragsteller formulierten Einwände gegen 54 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG nicht zu teilen wie er im Übrigen auch nicht dessen Rechtsauffassung teilt, dass sämtliche vor dem Vereinsverbot entfalteten Vereinsaktivitäten in Ermangelung eines Verbot umfassend und ohne Einschränkung als erlaubt zu betrachten seien.

Ebenso wenig vermag der Senat die Bedenken des Antragstellers hinsichtlich seiner Einstufung als Leiter des verbotenen Vereins zu teilen. Angesichts der vom Antragsgegner dargelegten und im Einzelnen belegten, zahlreichen Indizien, hat der Senat keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Antragsteller „Präsident“ der „Red Legion“ war und damit Leiter eines inzwischen verbotenen Vereins, und dies in einem Zeitraum vor der Verbotsverfügung in dem durch Mitglieder der „Red Legion“ schwere Straftaten begangen wurden, deren Ursache gerade in dem Zusammenschluss zur „Red Legion“ angelegt waren. Darüber hinaus belegen die Erkenntnisse aus einer Telefon- und Kommunikationsüberwachung in dem Verfahren 221 Js 14504/14 im Zeitraum November und Dezember 2014, dass der Antragsteller sich mitnichten von der „Red Legion“ und seinem Führungsanspruch in der Gruppierung distanziert hat.

Die Argumentation des Antragstellers zu seiner Rolle bei der „Red Legion“ überzeugt den Senat schon im Ansatz nicht. Er beschränkt sich dabei auf die Behauptung, einen „Präsidenten“ oder vergleichbare Führungsfiguren habe es bei der „Red Legion“ nicht gegeben und er sei eine solche jedenfalls nicht gewesen. Es ist schon lebensfremd, annehmen zu wollen, bei einer Gruppe wie der „Red Legion“ könne es sich um eine lose Zusammenkunft von Personen gehandelt haben, nachdem diese mehrfach in hohem Maße gewalttätige Auseinandersetzungen mit streng hierarchisch und nicht minder gewaltbereiten Gruppierungen („Black Jackets“, „United Tribuns“, „Hells Angels“) gesucht hat. Die Verbotsverfügung und die im Ausweisungsverfahren dargelegten Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Für den Senat bestehen aufgrund der Aktenlage und der gesammelten Erkenntnisse auch keine Zweifel daran, dass auch die „Red Legion“ eine streng hierarchisch organisierte Gruppierung war, bei der es völlig undenkbar wäre, dass ein einfaches Mitglied sich unzutreffender Weise als „Präsident“ bezeichnen lässt oder als solches von anderen Mitgliedern bezeichnet wird. Wenn es bei derartigen Gruppierungen überhaupt etwas gibt, was den Mitgliedern wichtig ist, dann die Hierarchie in der Gruppe, die einer solchen erst die Durchschlagskraft und damit das hohe Macht- und Drohpotential vermittelt.

Das (teilweise) rechtskräftige Urteil der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2015 (3 KLs (a) 115 Js 35416/13 Hw., in dem ein Mitglied der „Red Legion“ wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in acht tateinheitlichen Fällen zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten sowie zwei weitere Mitglieder wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in acht tateinheitlichen Fällen zu Jugendstrafen von vier Jahren und neun Monaten bzw. vier Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt wurden, nachdem aus nichtigem Anlass am 21. Dezember 2012 ein Streit mit Mitgliedern der „Black Jackets“ in Esslingen provoziert und in dessen Folge ein Mitglied derselben erstochen und zahlreiche weitere Personen teilweise schwer verletzt worden sind, macht beispielhaft den Charakter der Gruppierung und seiner Mitglieder deutlich, der sich durch ein massives und organisiertes Auftreten bei unbedingter Gewaltbereitschaft auszeichnet.

Die in der Verfügung im Einzelnen aufgelisteten und belegten Indizien, die für seine Stellung als „Präsident“ sprechen, hat der Antragsteller nur insoweit konkret in Frage gestellt, als sich aus einem Telefonat verschiedener „Red Legion“-Mitglieder am 28. Dezember 2014 ergeben soll, dass er Einfluss auf die Wahl der Anwälte von Mitgliedern genommen und über die finanzielle Unterstützung hierzu entscheiden haben soll. Diese Umstände sind angesichts der Fülle weiterer unbestrittener Indizien jedoch nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Soweit er den Wahrheitsgehalt der Äußerungen des „Präsidenten“ der „United Tribunes“, ..., bestreitet, der gegenüber der Polizei angegeben hatte, der Antragsteller sei „Präsident“ und bei der Auseinandersetzung am 29. März 2015 in Ludwigsburg anwesend gewesen, mag dies hinsichtlich letzterer Behauptung dahinstehen. In Bezug auf die Frage der Stellung des Antragstellers innerhalb der Gruppierung kommt es hierauf nicht an. Soweit allerdings die Aussage des ... seine Stellung bei den „Red Legion“ als solche betrifft, deckt sich diese mit den weiteren in der angegriffenen Verfügung dargestellten Indizien, die allesamt dafür sprechen, dass dieser „Präsident“ der „Red Legion“ war, er also in der streng hierarchischen Struktur die führende Figur darstellte, die von den übrigen Mitgliedern als solche akzeptiert war. Die Verurteilungen des Antragstellers vom 18. August 2010 und vom 10. Oktober 2012, denen Gewalttaten des Antragstellers, gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der „Red Legion“ gerade im Kontext solcher Gruppenauseinandersetzungen zugrunde lagen und die zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten mit dreijähriger Bewährungszeit und einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe, ohne Bewährung, für diesen führten, machen überdies deutlich, dass der Antragsteller in die kriminellen Aktivitäten der „Red Legion“ tief verstrickt war.

Es liegt daher fern, die Titulierungen des Antragstellers in Telefonadressen verschiedener Mitglieder des Vereins als „President“, die häufigen Besuche durch solche Mitglieder während seiner letzten Inhaftierung, sein in den TKÜProtokollen von solchen geschildertes Auftreten nach seiner Haftentlassung und die insoweit deckungsgleichen Aussagen eines Mitglieds der „United Tribunes“ und eines ehem. Mitgefangenen eines „Red Legion“-Mitglieds als zufällige Koinzidenzen zu bewerten. Insbesondere die Ergebnisse der Telefon-und Kommunikationsverbindungsüberwachung geben für den Senat ein verlässliches Bild von den Machtverhältnissen innerhalb der „Red Legion“, selbst nach deren Verbot. Dem setzt der Antragsteller die nicht näher substantiierte Behauptung entgegen, die abgehörten Gespräche könnten anders interpretiert werden. Dafür spricht hier nichts.

Die in der angegriffenen Verfügung dargestellten Gesprächsinhalte sprechen ohne weiteres für die Führerschaft des Antragstellers bei den „Red Legion“ auch noch nach dem Verbot des Vereins, nach seiner Haftentlassung. Sie widerlegen seine Beteuerungen im Erörterungstermin vor der damaligen Berichterstatterin des Senats am 1. Dezember 2014, in dem er erklärt hatte, er habe sich von dem Verein und seinen früheren Mitgliedern distanziert.

Neben der Sache liegt vor dem Hintergrund der Abhörprotokolle die Behauptung des Antragstellers, „mäßigend“ gewirkt haben zu wollen. Die Protokolle belegen dies nicht. Nach dem Verbot des Vereins und der Haftentlassung gab es keinen nachvollziehbar anderen Anlass für den Antragsteller, sich Ende 2014 mit seinen ehemaligen Mitgliedern zu besprechen, als den, seinen Machtanspruch innerhalb der Gruppe erneut zu bekräftigen. Genau dies entspricht auch dem zitierten Inhalt der abgehörten Gespräche. Soweit der Antragsteller seinen „mäßigenden“ Einfluss darin sehen wollte, dass er ausweislich der abgehörten Gespräche die Benutzung von Messern kritisiert und statt dessen auf die Möglichkeit hingewiesen hat, sich der antrainierten Kampfsporttechniken zu bedienen, ergibt sich daraus kein Gewaltverzicht, allenfalls könnte dies als taktisches Manöver in Bezug auf die Außenwirkung in der Öffentlichkeit interpretiert werden.

Daher bestehen für den Senat auch keine Zweifel daran, dass der Antragsteller selbst durch sein nach seiner Haftentlassung fortgeführtes Handeln Gründe für die Annahme eines weiterhin bestehenden hohen Sicherheitsrisikos gesetzt hat. Mögen die ehemaligen Mitglieder der „Red Legion“ nach deren Verbot auch nicht mehr unter deren Namen auftreten, so spricht doch alles dafür, dass die tatsächlichen Machtverhältnisse bei diesen Personen weiterhin bestehen und der Antragsteller sich mitnichten hiervon distanziert hat. Die aus der Akte zu entnehmenden aktuellen Erkenntnisse über fortgesetzte Aufmärsche, Gewalttaten und Ankündigungen hierzu in „sozialen“ Netzwerken machen bei verständiger Würdigung auch deutlich, dass alleine durch das Vereinsverbot diese Gefahren nicht gebannt sind, zumal sich aus dem Aktenvermerk der Polizei vom 15. April 2016 ergibt, dass etwa im Rahmen einer Pro-türkischen Demonstration am 10. April 2016 auch pro-kurdische Gegendemonstranten anzutreffen waren, die zuvor der „Red Legion“ angehörten. Wenn der Antragsteller nun behauptet, dass sein polizeilich festgestellter Aufenthalt in der Innenstadt von Stuttgart in der Nähe dieser Demonstration nur so zu deuten sei, dass er die Demonstrationen nur habe „beobachten“ wollen, kann ihm der Senat dies schon vor dem Hintergrund seiner bewusst unwahren Behauptung, er habe sich nach seiner Inhaftierung distanziert, nicht mehr glauben.

Eine nennenswerte und daher in vorliegendem Kontext möglicherweise relevante Verringerung der vom Antragsteller auch aktuell ausgehenden Gefahr kann der Senat angesichts dessen nicht erkennen. Das schon in Bezug genommene Strafverfahren wegen des Mordes in Esslingen macht im Übrigen deutlich, dass die von einer grundsätzlich gewaltbereiten Gruppierung ausgehenden Gefahren auch dann hoch sind, wenn der Einsatz von Waffen im konkreten Einzelfall nicht allen an einer Auseinandersetzung beteiligten Gruppenmitgliedern strafrechtlich zugerechnet werden kann.

Die von Antragsteller vorgelegte Therapiebescheinigung ist nicht geeignet, den Wegfall einer fortwirkende Gefahr zu begründen, nachdem diese, unbeschadet ihrer inhaltlichen Vagheit, von einer tatsächlich nicht festzustellenden veränderten Einstellung des Antragstellers und einem tatsächlich nicht erfolgten Abstandnehmen von seiner früheren Rolle bei den „Red Legion“ ausgeht.

Diese Gefahr genügt auch § 53 Abs. 3 AufenthG, der im Falle des Besitzes einer assoziationsrechtlichen Rechtsstellung eine Ausweisung nur zulässt, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses „unerlässlich“ ist (EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 -; BVerwG, Urteile vom 13.12.2012 - 1 C 20.11 -, InfAuslR 2013, 169 und vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, InfAuslR 2013, 217; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris Rn. 64 ff.). In Anbetracht des differenzierten, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkten Grads der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris und vom 02.09.2009 - 1 C 2.09 - In-fAuslR 2010, 3) liegt eine fortwirkenden hohe Gefährlichkeit des Antragstellers in Bezug auf hochrangige Rechtsgüter vor.

Die Ausweisung verstößt auch nicht gegen die aus Art. 13 ARB 1/80 folgende Stand-Still-Klausel, da hier eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Rede steht, die auch schon nach dem 1965 geltenden Ausländergesetz ohne Weiteres einen Ausweisungsgrund darstellte. Die Leitung eines Vereins, der in Mord, Totschlag, gefährliche Körperverletzungen und schweren Landfriedensbruch verstrickt ist, stellt eine solche Gefahr dar. Unbeschadet dessen wäre eine unterstellte Gesetzesverschärfung auch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, DVBl 2016, 387 ff.).

Dem nach gesetzlicher Wertung besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht aufgrund seines rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland seit seiner Geburt, der Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Ehefrau und dem gemeinsamen minderjährigen ledigen deutschen Kind (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG) ein ebenfalls besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse des Antragstellers entgegen.

Bei der nach § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG notwendigen Gesamtabwägung aller den Fall prägenden Umstände und unter Berücksichtigung der Rechtsstellung des Antragstellers sowie seiner Familienangehörigen überwiegt das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse nach aktuellem Sach- und Streitstand aufgrund der hohen und weiterhin aktuellen Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die von dem Antragsteller ausgeht. Auch angesichts des seit vielen Jahren konsequent gewalttätigen Verhaltens des Antragstellers, von dem dieser sich auch durch zahlreiche Verurteilungen und Inhaftierungen nicht hat abhalten lassen, ist der Gesellschaft nicht zuzumuten, die vom Antragsteller ausgehende Gefahr hinzunehmen. Die persönlichen und familiären Belange haben im konkreten Fall zurückzutreten, auch wenn dies aufgrund des anzunehmenden Verbleibs der Frau und des gemeinsamen noch kleinen Kindes in Deutschland zunächst zu einer durchaus erheblichen Beeinträchtigung der familiären Bindungen führen werden. Denn es ist dabei in Rechnung zu stellen, dass der Antragsgegner mit Blick auf die Geburt des gemeinsamen Kindes das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf ein Jahr befristet hat, womit den familiären Belangen angesichts der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr genügt wird. Diese Frist kann allerdings nach § 11 Abs. 4 Satz 3 AufenthG auch verlängert werden, wenn sich beim Antragsteller keine nachhaltige Verhaltensänderung abzeichnen sollte.

Keine ausschlaggebende Bedeutung kommt der vom Antragsteller behaupteten Betreuungsbedürftigkeit seiner Eltern zu, bei denen dieser im Übrigen auch nicht mehr wohnt. Weder ist eine Betreuungsbedürftigkeit der Eltern konkret ersichtlich noch ist für den Senat erkennbar, dass der Antragsteller solche von erheblichem Gewicht tatsächlich geleistet hätte oder dies gar noch täte. Schon nach seinem eigenen Vortrag erschöpfte sich seine Unterstützung in gelegentlichen Einkäufen und dem Ausführen des Kleinsthundes.

Nach all dem bestehen auch für den Senat keine Zweifel daran, dass die für die Begründung eines besonderen Sofortvollzugsinteresses notwendigen Voraussetzungen vorliegen, da vom Antragsteller weiterhin eine erhebliche und aktuelle Gefahr ausgeht, die sich schon vor rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens in der Hauptsache realisieren kann, hinter die das Aufschubinteresse des Antragstellers zurückzutreten hat.

Bedenken gegen die Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG bestehen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG. Danach ist der Streitwert in der Beschwerdeinstanz auf 10.000,-- EUR festzusetzen.

Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,-- Euro anzunehmen, § 52 Abs. 2 GKG.

Ausgehend hiervon bestimmt der Senat - in Änderung seiner bislang ständigen Rechtsprechung - den Streitwert für die Beschwerdeinstanz auf 10.000,- EUR.

Der Senat erachtet die Orientierung an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57), der bei Klagen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln und bei Klagen gegen Ausweisungen ohne weitere Differenzierung auf den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG verweist, nach Überprüfung seiner eigenen Rechtsprechung für nicht zutreffend und hält nicht mehr an ihr fest. Denn die Bedeutung der genannten Klagen für den Kläger ist - auch in wirtschaftlicher Hinsicht - regelmäßig durchaus zu bestimmen; es gibt also Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts. Es liegt weiter auf der Hand, dass die Bedeutung einer Klage gegen eine Ausweisungsverfügung für den Kläger davon abhängt, ob und gegebenenfalls welches Aufenthaltsrecht mit ihr beendet (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) werden soll. Bei der Klage auf Erteilung von Aufenthaltstiteln hängt das in Geld zu bemessende Interesse vom Aufenthaltszweck ab. Wird die Aufenthaltserlaubnis unmittelbar zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehrt, kann eine Orientierung an einem Bruchteil (etwa ein Viertel) des zu erwartenden Jahresbruttogehalts in Betracht kommen. Im Unterschied zu den gesetzlich speziell geregelten Streitwerten in dienstrechtlichen Streitigkeiten (§ 52 Abs. 6 GKG) kann hier nicht auf das gesamte zu erwartende Jahreseinkommen (vgl. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG) oder die Hälfte (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG) abgestellt werden, weil im Streit um den Aufenthaltstitel nur um eine Vorbedingung für die Aufnahme der Erwerbstätigkeit gestritten wird. Hingegen steht nicht das Dienst- oder Arbeitsverhältnis selbst im Streit (vgl. VGH Bad.,-Württ., Beschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, im Falle einer Ausweisung eines Ausländers, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war). Davon ausgehend ist hier der Streitwert - wie im Falle der Niederlassungserlaubnis - für beide Instanzen auf 10.000,- EUR festzusetzen, nachdem der Antragsteller im Besitz eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 gewesen ist.

Eine Reduzierung des Streitwerts dieses Eilverfahrens ist aufgrund der schon mit dem Vollzug der Ausweisungsverfügung eintretenden Folgen für den Antragsteller nicht angezeigt (vgl. näher: VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 31.01.2011 - 11 S 2517/10 -, NVwZ-RR 2011, 341 und vom 17.11.2005 - 11 S 611/05 -, ZAR 2006, 72 L).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. September 2012 - 4 K 1993/12 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.09.2012, mit dem der Antrag abgelehnt wurde, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums an der Hochschule Ludwigshafen und gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.08.2012 anzuordnen, ist zwar fristgerecht eingelegt (§ 147 (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und auch sonst zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdegericht zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern.
Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf eine Mitteilung der Hochschule vom 09.08.2012 im Einzelnen ausgeführt, weshalb die nach § 16 Abs. 1 Satz 5 HS 2 AufenthG erforderliche Prognose, dass die Antragstellerin ihr Studium in der Fachrichtung Marketing (Studiengang Bachelor) noch in einem angemessen Zeitraum abschließt, nicht getroffen werden kann. Hierauf nimmt der Senat nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend auszuführen:
Soweit die Antragstellerin vorbringt, ihr Studium sei doch schon weitgehend gefördert, so dass von einer günstigen Prognose hinsichtlich des Studienabschlusses ausgegangen werden könne, ist dies aufgrund der bisherigen Leistungen gerade nicht erkennbar. Zwar trifft es nach ergänzender Auskunft der Hochschule Ludwigshafen vom 08.11.2012 zu, dass die Antragstellerin nicht null, sondern zwei Studienleistungen im 4. Fachsemester erbracht hat (Praxisprojekte I Note 2,5 <5 Credits> sowie eine Leistung aus dem Bereich Studium Generale II ohne Benotung <2 Credits>). Insgesamt hat die Antragstellerin, die sich mittlerweile im 5. Fachsemester befindet, jedoch bislang lediglich 25 Credits erworben. Das von ihr gewählte Studium ist so angelegt, dass für den Abschluss 180 Credits vorliegen müssen. Diese wird die Antragstellerin voraussichtlich nicht innerhalb der durchschnittlichen Studiendauer von 6,1 Semester und auch nicht innerhalb zusätzlicher drei Semester (vgl. Ziffer 16.1.1.6.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz) erreichen. Der bisherige Studienverlauf der Antragstellerin zeichnet sich dadurch aus, dass die Antragstellerin bei Prüfungen, die mit einer Note bewertet werden, außer das Praxisprojekt I nur noch das Fach Recht I bestanden hat (Note 3,7); sonstige Prüfungen wurden nicht erfolgreich absolviert. In der Notenbescheinigung sind auch zahlreiche Prüfungen aufgelistet, denen die Antragstellerin ohne anerkannten Grund ferngeblieben ist.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die bisherigen Leistungen zukünftig entscheidend verbessern würden. Die Antragstellerin hat in einer E-Mail vom 14.06.2012 gegenüber der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin ausführt, dass sie seit jeher mit Mathematik große Schwierigkeiten habe. Durchgängige Leistungsdefizite liegen jedoch nicht nur in Fächern vor, die einen mathematischen Bezug aufweisen, sondern auch in anderen Fachgebieten (so wurde etwa die Klausur in Business English IV vom 28.06.2012 nicht bestanden). Der Prozessbevollmächtigte trägt zwar im Schriftsatz vom 16.10.2012 vor, die Antragstellerin erhalte zwischenzeitlich „intensive Nacharbeitsunterstützung, was durch die im Fachbereich Marketing tätige Frau S.-B. in einer noch nachzureichenden Stellungnahme ergebe“. Abgesehen davon, dass eine solche Stellungnahme bis heute nicht vorgelegt worden ist, ist das Vorbringen insbesondere mit Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen auch nicht hinreichend substantiiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren und die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen beruhen auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats entspricht der Streitwert in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes betreffend die sofortige Vollziehung der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sowie einer damit verbundenen Abschiebungsandrohung dann dem in der Hauptsache anzunehmenden Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG, wenn er zuvor bereits aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einen längerfristigen legalen Aufenthalt verfügt hat. Wie der Senat im Beschluss vom 31.01.2011 (11 S 2517/10 - NVwZ-RR 2011, 341) ausgeführt hat, liegt dem der Gedanke zugrunde, dass es dem Ausländer durch die Erteilung des Aufenthaltstitels ermöglicht worden ist, eine Lebensgrundlage im Bundesgebiet aufzubauen oder jedenfalls hiermit zu beginnen. Der Senat schließt aus den mit der - freiwilligen oder erzwungenen -Ausreise verbundenen besonderen faktischen Folgen (Verlust von Arbeitsstelle, Wohnung und sozialem Umfeld), denen insbesondere eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, dass der Ausländer bereits im Eilverfahren ein Interesse an der erstrebten Entscheidung hat, das demjenigen im Hauptsacheverfahren gleichkommt; denn selbst wenn er im Hauptsacheverfahren obsiegen würde, wären die mit der Ausreise verbundenen Folgen nicht mehr ohne weiteres und in der Regel auch nicht in vollem Umfang wieder zu beseitigen (vgl. näher Senatsbeschluss vom 17.11.2005 - 11 S 611/05 - juris). Fehlt allerdings dem in der Vergangenheit erteilten Titel aus seinem Zweck heraus von vornherein die Eignung, hierauf einen längerfristig angelegten Aufenthalt stützen zu können, so ist kein Grund ersichtlich, den Regelstreitwert anzusetzen. Denn der Ausländer verfügt in einem solchen Fall nicht über schützenswerte wirtschaftliche oder soziale Bindungen, deren (drohender) Verlust in einer auch in der Höhe des Streitwerts zum Ausdruck kommenden Bewertung seiner Interessen zu berücksichtigen wäre.
Bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG, mit der der Ausländer bezweckt, ein Studium im Bundesgebiet aufzunehmen und abzuschließen, ist dem Titel gerade nicht mehr immanent, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet nach einem erfolgreichen Abschluss des Studium auf jeden Fall beendet werden wird. Vielmehr eröffnet § 16 Abs. 4 AufenthG - wenn auch nur im Ermessensweg - ausdrücklich die Möglichkeit, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums einen angemessenen Arbeitsplatz in Deutschland zu suchen bzw. eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und hierfür einen Aufenthaltstitel zu erhalten (vgl. auch § 39 Nr. 1 Alt. 2 AufenthV).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 22. Juli 2016 - 6 K 1932/16 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 1. August 2016 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert für das Verfahren beider Instanzen wird auf 3.750,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragstellers gegen den am 25.07.2016 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. Ausgehend vom Beschwerdevorbringen des Antragstellers (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) überwiegt im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung sein Suspensivinteresse das vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehene (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, § 12 LVwVG) öffentliche Interesse am Sofortvollzug der ablehnenden Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG.
I.
In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt es hinsichtlich der sofortigen Vollziehung von Verwaltungsakten bei Anträgen auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen zunächst darauf an, wie die Erfolgsaussichten des betreffenden Rechtsbehelfs einzuschätzen sind; je höher die Erfolgsaussicht ist, desto eher überwiegt in der Regel das private Interesse an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs, während umgekehrt die Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Verfügung ein wesentlicher Gesichtspunkt dafür sein kann, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an ihrer Vollziehung besteht.
In der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts ist auch geklärt, dass Art. 19 Abs. 4 GG es gebietet, nicht mehr korrigierbare Nachteile, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit wie möglich auszuschließen; der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts auf einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung beruht (siehe dazu etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93, vom 10.05.2007 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 336 und vom 21.02.2011 - 2 BvR 1392/10 -, InfAuslR 20111, 235). In den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs ist danach die Wertung des Gesetzgebers zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit zwar angemessen zu berücksichtigen; lässt sich nicht feststellen, dass der Rechtsbehelf wahrscheinlich erfolgreich sein wird, so überwiegt in der Regel entsprechend dieser Wertung das Vollzugsinteresse. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betroffene ein besonderes Suspensivinteresse geltend machen kann, weil ihm durch den Vollzug irreparable Schäden oder sonstige unzumutbare Folgen drohen, z.B. wenn durch die negative Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (und den Vollzug der angefochtenen Verfügung) die Erfolgsaussichten der Hauptsache und/oder persönliche, wirtschaftliche und soziale Beziehungen unzumutbar gefährdet würden (siehe BVerfG, a.a.O.).
II.
Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann sonstigen Familienangehörigen eines Ausländers zum Familiennachzug eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand spricht Überwiegendes dafür, dass im vorliegenden Fall eine „außergewöhnliche Härte“ vorliegt. Ob auch die Voraussetzungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 sowie § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG erfüllt werden, ist jedenfalls offen und bedarf weiterer Klärung in der Hauptsache. Dem Antragsteller kann nicht zugemutet werden, diese Klärung vom Ausland aus zu betreiben, weil dies dazu führen würde, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen und dem Schutz des Art. 6 GG unterfallenden Vater-Kind-Beziehung irreparable Nachteile eintreten würden.
1. Der Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger. Er ist im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sonstiger Familienangehöriger seiner am 12.08.2001 im Bundesgebiet geborenen Tochter M..., für die er am 16.10.2001 rechtswirksam die Vaterschaft anerkannt hat. Diese besitzt die mazedonische Staatsangehörigkeit. Ihr Aufenthaltsrecht beruht auf § 33 AufenthG. Der Antragsteller ist als nicht mit der Mutter des Kindes verheirateter Vater keinem der sonst in Betracht kommenden Tatbestände des Familiennachzugs zuzuordnen.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG grundsätzlich voraus, dass der schutzbedürftige Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe dringend angewiesen ist, und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur in Deutschland erbracht werden kann (BVerwG, Urteile vom 30.07.2013 - 1 C 15.12 -, BVerwGE 147, 278 und vom 10.03.2011 - 1 C 7.10 - Buchholz 402.242 § 7 AufenthG Nr. 5 Rn. 10; ebenso zur Vorgängervorschrift in § 22 AuslG: Beschluss vom 25.06.1997 - 1 B 236.96 -, juris). Ob dies der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung aller im Einzelfall relevanten, auf die Notwendigkeit der Herstellung oder Erhaltung der Familiengemeinschaft bezogenen konkreten Umstände beantwortet werden (siehe im Einzelnen hierzu BVerwG, Urteil vom 30.07.2013 - 1 C 15.12 -, BVerwGE 147, 278).
a) Bei der Anwendung der Definition der außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG ist der Einfluss von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 8 EMRK auf das deutsche Ausländerrecht zu beachten (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 20.06.2016 - 2 BvR 748/13 -, InfAuslR 2016, 274; Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 36 AufenthG Rn. 47; Hailbronner, AuslR, § 36 Rn. 12 f. ).
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 8 EMRK gewähren keinen unmittelbaren Aufenthaltsanspruch, verpflichten die Ausländerbehörden jedoch, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, umfassend zu berücksichtigen. Die Pflicht des Staates zum Schutz der Familie drängt einwanderungspolitische Belange dann zurück, wenn die gelebte Familiengemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann, etwa weil besondere Umstände demjenigen Mitglied dieser Gemeinschaft, zu dem der Ausländer eine außergewöhnlich enge Beziehung hat, ein Verlassen des Bundesgebiets unzumutbar machen. Handelt es sich bei diesem Mitglied der Familiengemeinschaft um ein Kind, so ist maßgeblich auf die Sicht des Kindes abzustellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.04.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81, vom 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83, 101, 313/84 -, BVerfGE 76, 1, vom 05.06.2013 - 2 BvR 586/13 -, AuAS 2013, 160, vom 10.05. 2008 - 2 BvR 588/08 -, InfAuslR 2008, 347 und vom 23.01.2006 - 2 BvR 1935/05 -, InfAuslR 2006, 320). Im Rahmen der fallbezogenen Konkretisierung der außergewöhnlichen Härte können auch im Bundesgebiet mit Blick auf das Kindeswohl ergangene familiengerichtliche Entscheidungen von besonderer Bedeutung sein.
b) Im Mittelpunkt des vorliegenden Falls steht die Tatsache, dass der Aufenthalt von M... auf absehbare Zeit nicht unter Verweis auf ein Leben in Serbien, dem Herkunftsstaat ihres Vaters, oder Mazedonien, des Heimatlandes ihrer Mutter, beendet werden wird. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Nachdem die zuletzt am 10.09.2013 verlängerte Aufenthaltserlaubnis nicht mehr gültig ist, wurde seitens der Antragsgegnerin die weitere Legalisierung ihres Aufenthalts nach § 33 AufenthG zugesichert. Eine dauerhafte Verbringung nach Serbien oder Mazedonien wäre aus Sicht des Jugendamts nicht mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen. Die Eltern könnten eine solche Entscheidung auch nicht treffen, weil aufenthaltsbestimmungsberechtigt allein ein Amtsvormund des Jugendamts der Antragsgegnerin ist. M... Vater kann daher in Serbien nicht in familiärer Gemeinschaft mit seiner Tochter leben.
10 
c) Das Sorgerecht für das nichtehelich geborene Kind stand ursprünglich allein ihrer am 10.12.1984 in Skopje geborenen Mutter zu, die mittlerweile eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Auf Antrag der Mutter entzog das Amtsgericht ... - Familiengericht - mit Beschluss vom 21.11.2012 - 3 F 258/12 - ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug dieses dem Jugendamt der Antragsgegnerin als Vormund. Dieses hat seit dem bis heute das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M... inne. Grund für den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts war, dass M... Mutter keinerlei Kontrolle mehr über das damals 11 Jahre alte und ein tagtäglich sozialschädigendes Verhalten zeigende Kind hatte. Dem familiengerichtlichen Beschluss zufolge sei im derzeitigen Umfeld keine kindgerechte Entwicklung möglich, sondern das Kind sei entwicklungsgefährdenden Einflüssen unterworfen. Ab 06.01.2013 wurde M... durch das Jugendamt im Wege einer stationären Jugendhilfemaßnahme in einem Kinderheim untergebracht. Jedoch auch dort zeigte sich eine gravierende und eigengefährdende Verhaltensproblematik des Kindes (Email des Jugendamts vom 09.12.2013 an die deutsche Auslandsvertretung in Serbien, Bl. 91 der den Antragsteller betreffenden Ausländerakte).
11 
d) Nachdem der Antragsteller, der als abgelehnter Asylbewerber am 09.07.2002 in sein Heimatland abgeschoben worden war, aufgrund der Befristung der Sperrwirkung seiner Abschiebung zum 27.10.2010 die Möglichkeit der visumsfreien Einreise für touristische Zwecke in Anspruch nehmen konnte, kam es zu Kontakten zwischen ihm und M... Diese führten letztlich dahin, dass auf seinen Antrag hin beim Amtsgericht ... - Familiengericht - am 16.08.2013 eine vergleichsweise Umgangsvereinbarung zwischen den Kindeseltern getroffen wurde (siehe im Einzelnen Protokoll vom 16.08.2013 - 2 F 178/13) und mit Beschluss des Amtsgerichts ... - Familiengericht - vom 09.05.2014 (2 F 178/13) das Sorgerecht mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts für M... beiden Eltern übertragen wurde. Grundlage dieser Entscheidung war § 1626a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 06.04.2013, in Kraft getreten am 19.05.2013 (BGBl I, 795), wonach die Mitsorge auch gegen den Willen eines Elternteils und nur bezogen auf Teile des Sorgerechts möglich ist, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht (siehe im Einzelnen Hamdan, in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2016, § 1626a BGB, Rn. 14 ff.). Diese gerichtliche Übertragung wurde erforderlich, weil die Mutter mit einer Übernahme der Sorge auch durch den Vater nicht einverstanden war. Das Leitbild des Gesetzgebers bei dieser Bestimmung ist, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht und ihm verdeutlicht, dass beide Eltern gleichermaßen bereit sind, für das Kind Verantwortung zu tragen (vgl. näher Gesetzesbegründung BT-Drs. 17/11048 vom 17.10.2012, S. 11 f., 16 ff.); insbesondere muss der Kindesvater nach der Reform des Sorgerechtes nicht beweisen, dass er das gemeinsame Sorgerecht „verdient“ hat (näher Hamdan, a.a.O., Rn. 27 ff.; Coester, in: Staudinger, BGB, 2015 § 1626a Rn. 86 ff.).
12 
Aus der Begründung des familiengerichtlichen Beschlusses lässt sich schließen, dass im vorliegenden Fall die Übertragung des Sorgerechts auch an den Antragsteller nicht - wie im Gesetz angelegt - allein deshalb erfolgte, weil dies dem Kindeswohl nicht widerspricht, sondern vor allem, weil solches das Kindeswohl gerade geboten hat. Das Familiengericht hegte zusammen mit dem Jugendamt die Erwartung, die gemeinsame elterliche Sorge und der Aufenthalt des Kindes beim Vater werde entscheidend dazu beitragen, das Kind zu stabilisieren und seine Zukunftsperspektiven entscheidend zu verbessern. Wie sich aus dem Email des Jugendamts vom 09.12.2013 (a.a.O.) ersehen lässt, sollte die Rolle des Vaters in erster Linie darin bestehen, dass M... ihn realitätsbezogen erlebt, hierdurch von ihrer Phantasie und Vorstellung (Vater = absolute Freiheit) Abstand nimmt und sich selbst somit besser auf Jugendhilfeangebote einlassen kann (ähnlich auch Schreiben des Jugendamts vom 03.07.2013 an das Amtsgericht ... und 01.04.2014 an das Amtsgericht ...). Ausgehend davon, dass eine (Mit-)Verantwortung des Vaters und seine Einbeziehung in die Elternarbeit im Rahmen von Jugendhilfemaßnahmen nur dann verlässlich gestaltet werden können, wenn er selbst eine Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet hat, setzte sich gerade auch das Jugendamt - etwa gegenüber der deutschen Auslandsvertretung in Serbien - für eine jedenfalls befristete Legalisierung seines Aufenthalts im Bundesgebiet ein. Die Tatsache, dass die Erziehung M... aufgrund von Tendenzen zur Eigen- und Fremdgefährdung in hohem Maße herausfordernd ist und bei Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII selbst pädagogisch professionelle Kräfte immer wieder an Grenzen gestoßen sind (vgl. etwa Schreiben des Jugendamts vom 01.04.2014 an das Familiengericht ...), spielte hierbei für das entsprechende Engagement des Jugendamts wohl eine entscheidende Rolle.
13 
e) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob allein schon aufgrund der durch ein deutsches Gericht erfolgten Übertragung wesentlicher Bereiche der elterlichen Sorge an den Antragsteller, der eine elterliche Beziehung zu seinem Kind auch tatsächlich lebt bzw. leben will, bei gleichzeitig feststehendem weiteren Verbleib des Kindes außerhalb des Herkunftsstaats des Vaters mit Blick auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 2 GG eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG anzunehmen wäre. Auch der Vater eines nichtehelichen Kindes kann sich auf das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG berufen (BVerfG, Beschluss vom 07.03.1995 - 1 BvR 790/91 u.a. -, BVerfGE 92, 158 ff.). Dies beinhaltet nicht nur, dass der Vater unmittelbar seinem nichtehelichen Kind gegenüber zu Pflege und Erziehung verpflichtet ist und dieser Pflicht auch nachkommen muss (BVerfG, Urteil vom 01.04.2008 - 1 BvR 1620/04 -, BVerfGE 121, 69 ff.). Ihm steht vielmehr auch das Recht zu, an der Entwicklung des Kindes Anteil zu nehmen und eine Vater-Kind-Beziehung aufzubauen, sofern wiederum Rechte des Kindes (Kindeswohl) nicht entgegenstehen (vgl. hierzu Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, Art. 6 Rn. 60 ff. ). Dass - wie im Fall des Antragstellers - auch aufgrund der Unterbringung seiner Tochter ab Januar 2013 im Kinderheim bzw. ab August 2014 im Wege einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII in Portugal die Vater-Kind-Kontakte noch nicht in einer Weise derart regelmäßig und intensiv waren, dass sich in ihnen die elterliche Erziehungs- und Betreuungsverantwortung bereits endgültig verfestigt hätte, steht einer Berufung des nichtehelichen Vaters auf Art. 6 GG nicht entgegen (vgl. zur aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkung des Art. 6 GG in der Aufbauphase einer Vater-Kind-Beziehung auch OVG BB, Beschluss vom 20.10.2016 - OVG 12 S 25.16 -, juris). Das Bestreben des nichtehelichen Vaters eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen, kann zudem mit Blick auf Art. 8 EMRK schutzwürdig sein (Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 8 Rn. 18).
14 
f) Im vorliegenden Fall ist jedenfalls unter Einbeziehung der besonderen Situation der 15 Jahre alten Tochter, deren Leben durch Entwicklungs- und Persönlichkeitsdefizite gekennzeichnet ist, von einer außergewöhnlichen Härte auszugehen.
15 
Ein Bedarf der Tochter an Erziehung durch ihren Vater ist nicht deshalb zu verneinen, weil Jugendhilfemaßnahmen erfolgen. Leistungen der Jugendhilfe berücksichtigen, dass die Sicherung des Kindeswohls primär über die Sicherung der Bindung zwischen Eltern und Kind zu erfolgen hat (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2014, § 1 SGB VIII Rn. 9). Erziehung ist nicht Aufgabe der Jugendhilfe, sondern Aufgabe der Eltern. Jugendhilfe hat bei der Erziehung lediglich beratende und unterstützende Bedeutung (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2, §§ 27 ff. SGB VIII).
16 
M... bzw. ihre Mutter erhalten seit vielen Jahren Unterstützung durch das Jugendamt. So wurde M... in den Jahren 2007 bis 2012 in einer sozialpädagogischen Tagesgruppe über die Jugendhilfe untergebracht, wobei diese Hilfeleistung von M... Mutter beendet wurde (vgl. den Bericht des Jugendamts vom 05.09.2016). Nachdem auch die Unterbringung in einem Kinderheim ab Januar 2013 nicht mehr als ausreichend erachtet wurde, begann im August 2014 eine Jugendhilfeleistung nach §§ 27, 35 SGB VIII in Gestalt einer Unterbringung von M... im Wege der Einzelbetreuung in einer Großfamilie in Portugal in - so die Auskunft der Vertreterin des Jugendamts gegenüber dem Senat - „reizarmer Umgebung“. Damit sollte M... die Chance zu einer Neuorientierung eröffnet werden. Ein Ziel der Maßnahme ist der Erwerb des Hauptschulabschlusses, wobei der Schulunterricht über eine Flex Schule in Deutschland erfolgt. Wie das Jugendamt anlässlich der Anhörung vor dem Senat berichtet hat, besteht bei einem derzeitigen Notendurchschnitt von 2,5 die Erwartung, dass M... weiter im Rahmen der Maßnahme in Portugal verbleibt und 2017 den Hauptschulabschluss hat.
17 
Ob die Mutter überhaupt (noch) Interesse an ihrer Tochter hat und gewillt ist, ihren Aufgaben als Erziehungsberechtigte nachzukommen, erachtet der Senat für sehr zweifelhaft. Aus den die Mutter betreffenden Ausländerakten ergibt sich, dass sie mehrfach aufgrund starker Alkoholisierung aufgefallen war (vgl. etwa den Vorfall vom 03.03.2011, bei dem sie von der Polizei stark angetrunken und völlig desorientiert aufgegriffen worden ist). Sie lebte mit zwei weiteren, im März 2008 und Juli 2010 geborenen Kindern in einer Beziehung, in der die Beachtung allgemeiner sozialer Regelungen nicht selbstverständlich ist (vgl. etwa den Polizeibericht vom 13.01.2015 über einen Einsatz in der Wohnung der Familie wegen nächtlicher Ruhestörung). Aktuell hat sich M... Mutter zwar von ihrem bisherigen Lebensgefährten, dem Vater ihrer beiden jüngeren Kinder getrennt, sie ist jedoch schwer erkrankt (vgl. die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 11.10.2016 und der Antragsgegnerin vom 17.10.2016).
18 
M... Vater wurde - auch mit Blick auf die Defizite in der Beziehung zwischen M... und ihrer Mutter - von Seiten des Jugendamts bewusst nach Deutschland geholt, um ihm die Möglichkeit zu geben, als Erziehungsberechtigter stabilisierenden Einfluss auf M... auszuüben. Nach dem Eindruck, den der Senat vom Antragsteller anlässlich der Anhörung gewonnen hat, ist er gewillt und in der Lage, zum Wohl von M... zu handeln und sich entsprechend in die Elternarbeit einzubringen. So hat der Antragsteller etwa auf die Empfehlung des Jugendamts der Maßnahme nach § 35 SBG VIII zugestimmt - ungeachtet dessen, dass er sich damit kurz nach seiner Einreise im Juli 2014 in die Situation gebracht hat, aus Sicht der Ausländerbehörde kein Aufenthaltsrecht mehr im Bundesgebiet erhalten zu können. Dass ein Vater im Leben von M... zum heutigen Zeitpunkt objektiv nicht (mehr) nötig wäre, ist für den Senat nicht erkennbar. Es gibt auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass er M... zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts in Deutschland instrumentalisieren würde oder aus sonstigen Gründen die Präsenz des Antragsteller gar dem Kindeswohl abträglich wäre. Soweit es anlässlich des gemeinsamen Aufenthalts von ihm und M... in Serbien im Frühsommer 2014 zu von ihm ausgehenden Handgreiflichkeiten gekommen ist, disqualifiziert ihn dies nicht als Vater. Wie der Antragsteller - den Vorfall bedauernd - erläutert hat, habe er in einer zugespitzten Situation, weil sich seine Tochter „mit Jungs eingelassen habe“, überreagiert. Ein herausforderndes Verhalten M... gerade im Bereich der Sexualität auch schon vor diesem Vorfall ist der Jugendhilfe bekannt gewesen (vgl. etwa Schreiben des Jugendamts vom 01.04.2014 an das Amtsgericht ... - Familiengericht). Zwar ist nicht zu verkennen, dass es kommunikative Defizite auf seiner Seite im Umgang mit Kindesmutter, Tochter und Jugendamt gibt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass solche Schwierigkeiten beim Antragsteller nicht durch einen zweckgerichteten Einsatz entsprechender (Jugend-)Hilfemaßnahmen, die aber in Serbien gerade nicht, jedenfalls nicht gleich wirksam, zur Verfügung stehen, behoben werden könnten.
19 
Vor allem mit Blick auf die vom Jugendamt befürwortete Stabilität der Lebensverhältnisse von M..., in denen auch ihre von der Vertreterin des Jugendamts in der Anhörung geschilderte Sehnsucht nach Familie einen Platz findet, ist die verlässliche Anwesenheit des Vaters und die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Erziehungsberichtigter erforderlich.
20 
Soweit Hilfemaßnahmen in Portugal stattfinden, dürfte dies einer Legalisierung des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet ebenfalls nicht entgegenstehen. Nach § 27 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 GG erteilt und verlängert. Eine im Ausland erfolgende intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung lässt aber die Anbindung der Minderjährigen an das Bundesgebiet unberührt; sie verlagert nicht ihr Leben vollständig in das Ausland. Die Maßnahme hat immer nur temporären Charakter und unterliegt hinsichtlich ihrer Notwendigkeit einer stetigen Überprüfung durch die Hilfeplanung. Hilfemaßnahmen sollen unter Einbeziehung der Eltern so angelegt sein, dass die Herkunftsfamilie den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann; Aufgabe des Jugendamts ist es daher auch, durch Unterstützung und Beratung bei der gesamten Familie anzusetzen und ihr Erziehungspotential zu stärken (Stähr in: Hauck/Noftz, SGB, 10/06, § 27 SGB VIII, § 27 Rn. 36 ff.). Die dem Jugendamt nach §§ 36 f. SGB VIII hinsichtlich der Stärkung der Erziehungsberechtigten übertragenen Aufgaben lassen sich im Übrigen nur dann sinnvoll bewältigen, wenn der Betreffende für das Jugendamt für persönliche Gespräche jederzeit erreichbar ist und diese vor Ort durchführen kann. Die Auffassung der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin, der Antragsteller könne seinen Vaterpflichten auch via Internet und durch visafreie Kurzaufenthalte nachkommen, greift mit Blick auf die Lebenswirklichkeit zu kurz. Es geht nämlich darum, den sozialen Empfangsraum Herkunftsfamilie jederzeit offen zu halten und zudem familiäre Gemeinschaft - soweit dies mit der Hilfemaßnahme vereinbar ist - im Bundesgebiet zu leben. In Anbetracht dessen, dass M... über eine lange Biographie als „schwer erziehbares Kind“ verfügt, muss der Antragsteller auch mit Hilfe des Jugendamts die Möglichkeit haben ggfs. seine Fähigkeiten weiter zu entwickeln, angemessen erziehen und vernünftig Grenzen setzen zu können.
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Im Übrigen hält sich M... seit dem 28.09.2016 wieder im Bundesgebiet auf. Nach dem Schreiben des Jugendamts vom 17.10.2016 ruht derzeit die Maßnahme, da M... Reisepass zum 27.10.2017 ausläuft und eine Einreise in Portugal nur mit einem gültigen Passdokument möglich ist. Die Verlängerung des Reisepasses kann etliche Monate in Anspruch nehmen, wobei zwischen den Beteiligten der Weg zur Verlängerung im Einzelnen streitig ist. Das Jugendamt prüft derzeit die Möglichkeit über das Familiengericht, ob M... in Begleitung ihres Amtsvormunds nach Mazedonien reisen kann um dort direkt die Passverlängerung zu erlangen. Der Antragsteller hat seine Bereitschaft erklärt, bei der Passbeschaffung auch dergestalt mitzuwirken, dass die Verlängerung beim Konsulat im Bundesgebiet beantragt werden kann; M... Mutter hat der Antragsgegnerin eine Vollmacht zur Passbeschaffung erteilt (vgl. im Einzelnen Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.10.2016). Wie die Gestaltung des Hilfeplans in Zukunft aussehen wird, ist nicht eindeutig; das letzte Hilfeplangespräch vom April 2016 ist ohne Eltern erfolgt (vgl. Schreiben des Jugendamts vom 05.09.2016).
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3. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG muss zu dem Nachzug zu einem Ausländer ausreichender Wohnraum (§ 2 Abs. 4 AufenthG) zur Verfügung stehen. Der Antragsteller hatte zwar bis 31.03.2016 eine Wohnung inne, die für ihn und seine Tochter ausreichend gewesen wäre, konnte diese jedoch aus finanziellen Gründen nicht behalten. Gemeldet ist er seitdem im ...-Weg (Ausländerakte des Antragstellers, Bl. 777 f., 787). Ob die Unterkunft des Antragstellers für ihn allein ggfs. den Anforderungen des § 2 Abs. 4 AufenthG genügt, ist unklar. M... wohnt derzeit bei der Mutter des Antragstellers. Dort übernachtet auch dieser während der Anwesenheit von M... (vgl. die Schriftsätze des Antragsgegners vom 17.10.2016 und des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 15.10.2016). Ob M... bei ihrer Großmutter verbleibt oder anderweitig untergebracht wird, hat das Jugendamt, das das Aufenthaltsbestimmungsrecht hat, aber noch nicht entschieden (Schriftsatz des Antragsgegners vom 17.10.2016). Erst recht gilt dies für die Frage, ob M... mit ihrem Vater zusammen wohnen darf. Solange aber keine verbindliche Aussage des Jugendamts hierzu vorliegt, wird man den Antragsteller nicht darauf verweisen können, Wohnraum zu besorgen, der sowohl für ihn als auch seine Tochter ausreichend ist. Prognostisch betrachtet dürfte der Antragsteller allerdings in der Lage sein, ggfs. für sich und seine Tochter ausreichend großen Wohnraum wieder anmieten zu können.
23 
4. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verlangt als Regelerteilungsvoraussetzung die Sicherung des Lebensunterhalts (§ 2 Abs. 3 AufenthG). Der Antragsteller bezieht seit kurzem SGB II - Leistungen. Zuvor hatte er ab dem 15.08.2014 - und damit ca. einen Monat nach seiner Einreise - für die Dauer von etwa zwei Jahren versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bei unterschiedlichen Arbeitgebern mit monatlichen Brutto-Entgelten, die sich in einer Größenordnung um ca. 1.600 Euro bewegten, inne. Der Antragsteller arbeitete als ungelernte Kraft etwa als Verkaufshilfe, im Gaststättengewerbe oder bei einer Recycling-Firma. Bedingt waren die Wechsels der Arbeitgeber nach den Angaben des Antragstellers zum einen dadurch, dass die Probezeit ohne Angabe von Gründen nicht verlängert wurde, zum anderen durch das Drängen der Antragsgegnerin zur Sicherung des Lebensunterhalts auch seiner Tochter mehr verdienen zu müssen. Prognostisch dürfte daher einiges dafür sprechen, dass der Antragsteller demnächst erneut eine Berufstätigkeit findet wird. Ob und ggfs. in welcher Höhe auch für M... der Lebensunterhalt zu sichern ist, wird auch von der Frage abhängen, welche weiteren Jugendhilfemaßnahmen erfolgen. Im Übrigen dürfte es unter dem Aspekt der Atypik unschädlich sein, wenn eine Sicherung des Lebensunterhalts jedenfalls nicht in voller Höhe gelingen würde, denn im vorliegenden Fall wäre eine Situation gegeben, in denen der Ausländer auf den Aufenthalt im Bundesgebiet zur Realisierung der Familieneinheit (Art. 6 GG) unabdingbar angewiesen wäre (BVerfG, Beschluss vom 11.05.2007 - 2 BvR 2483/06 -, InfAuslR 2007, 336; Hailbronner, AuslR, § 5 Rn. 21c )
24 
Auch die beiden geringfügigen strafrechtlichen Verurteilungen zu jeweils 15 Tagessätzen dürften mit Blick auf die besonders schutzbedürftige familiäre Lebensgemeinschaft jedenfalls die Annahme einer atypischen Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des fehlenden Ausweisungsinteresses (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) rechtfertigen (vgl. etwa VGH Bad.-Würt., Urteil vom 18. November 2009 - 13 S 2002/09 -, juris; näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 5 Rn. 73 f. ).
III.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
26 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren und die Streitwertänderung für das erstinstanzliche Verfahren finden ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 und 3, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat hat mit Beschluss vom 25.05.2016 (11 S 2480/15 -, juris) entschieden, seine Orientierung am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) aufzugeben. Bei Aufenthaltstiteln, die zwar nicht unmittelbar auf die Erwerbstätigkeit bezogenen sind, die aber - wie der familienbezogene Titel nach § 29 Abs. 5 AufenthG - zur Erwerbstätigkeit berechtigen und bei denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Ausländer objektiv ernsthaft in Betracht kommen kann, hält der Senat in der Hauptsache einen Streitwert von 7.500,-- Euro für sachgerecht. Dieser Betrag ist für das Eilverfahren regelmäßig zu halbieren.
27 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).