Bundessozialgericht Urteil, 13. Mai 2015 - B 6 KA 14/14 R

bei uns veröffentlicht am13.05.2015

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Januar 2014 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 15. Juli 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2011 wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

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Die Klägerin ist Herstellerin des Medizinprodukts Jacutin® Pedicul Fluid, welches zur Behandlung des Kopflausbefalls eingesetzt wird und aus 100 Prozent reinem Dimeticon (Silikonöl) besteht. Sie wendet sich gegen dessen Herausnahme aus der "Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte" (Anlage V zum Abschnitt J <"Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten"> der Arzneimittel-Richtlinie ).

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Auf Antrag der Klägerin beschloss der Beklagte - der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) - in seiner Sitzung vom 19.6.2008 (schriftlicher Bescheid vom selben Tag), das Medizinprodukt Jacutin® Pedicul Fluid als medizinisch notwendig im Sinne von § 31 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V in die (seinerzeitige) Anlage 12 der AM-RL aufzunehmen. Zusammen mit Jacutin® Pedicul Fluid nahm der Beklagte zwei weitere Medizinprodukte zur physikalischen Behandlung des Kopfhaares bei Kopflausbefall in die Anlage auf, nämlich EtoPril® sowie Nyda®.

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Nach Anhörung der Klägerin nahm der Beklagte mit Beschluss und Bescheid vom 15.7.2010 den Bescheid vom 19.6.2008 zurück und verfügte, Jacutin® Pedicul Fluid sei aus der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte (nunmehr Anlage V der AM-RL) zu streichen. Der Bescheid vom 19.6.2008 sei rechtswidrig, weil bei seinem Erlass die Voraussetzungen für die Aufnahme von Jacutin® Pedicul Fluid in die Übersicht nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin habe keine belastbaren, methodisch und statistisch einwandfreien und mit guter Berichtsqualität veröffentlichten Daten der Evidenzstufe I zum Nachweis eines therapeutischen Nutzens beim Einsatz von Jacutin® Pedicul Fluid bei der Behandlung des Kopflausbefalls vorgelegt.

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Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.9.2011 zurück. Er - der Beklagte - habe Jacutin® Pedicul Fluid zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung der Versicherten in den neuen Leistungskatalog aufgenommen und sei dabei auf Grundlage niedrigeren Evidenzniveaus zunächst vom Nachweis des therapeutischen Nutzens ausgegangen. Inzwischen sei eine wesentliche Änderung der Sachlage eingetreten, da mit Beschlüssen vom 20.5.2010, 19.8.2010 und 21.7.2011 weitere Medizinprodukte zur physikalischen Behandlung des Kopfhaares bei Kopflausbefall in die Anlage V der AM-RL aufgenommen worden seien, nämlich Dimet®20, Paranix® ohne Nissenkamm und Mosquito® med LäuseShampoo. Im Vergleich zu dem Produkt der Klägerin sei der therapeutische Nutzen dieser weiteren Medizinprodukte weitaus besser belegt, nämlich auf der Basis jeweils mindestens einer methodisch adäquaten randomisierten und kontrollierten Studie. Dagegen liege für Jacutin® Pedicul Fluid keine Studie vergleichbar hohen Evidenzniveaus vor. Mit dem Beleg für den therapeutischen Nutzen der drei genannten Alternativpräparate sei eine wesentliche Voraussetzung für die Fortgeltung der Verordnungsfähigkeit von Jacutin® Pedicul Fluid nachträglich entfallen. Damit liege eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X vor.

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Auf die Klage hat das nach § 29 Abs 4 Nr 3 SGG erstinstanzlich zuständige LSG den Bescheid des Beklagten vom 15.7.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2011 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft, denn bei der Entscheidung des Beklagten, Jacutin® Pedicul Fluid aus der Anlage V der AM-RL zu streichen, handele es sich trotz des Zusammenhangs mit der Normsetzung um einen Verwaltungsakt (VA) im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. In der Sache sei die Aufhebung des Bescheides vom 19.6.2008 rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Aufhebung der bestandskräftigen Entscheidung, Jacutin® Pedicul Fluid in die Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufzunehmen, nicht vorlägen. Die Aufhebung des begünstigenden Bescheides müsse sich an den Regelungen der §§ 45 ff SGB X messen lassen. § 31 Abs 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB V ordne die entsprechende Geltung von § 34 Abs 6 SGB V an. Danach habe der Beklagte in der Rechtsform des VAs zu handeln, obwohl es sich bei der Aufnahme eines Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL nach § 91 Abs 6 SGB V zugleich um (untergesetzliche) Normgebung handele. Stelle die Aufnahme in die Übersicht einen VA dar, habe deren Aufhebung als actus contrarius die Regelungen der §§ 45 ff SGB X zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen der allein in Frage kommenden §§ 45, 48 SGB X seien jedoch nicht erfüllt.

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In den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19.6.2008 vorgelegen haben, sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Für eine "Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen" reiche es nicht aus, dass sich inzwischen die Anschauungen oder Erkenntnisse gewandelt hätten. Die bloße Neubewertung des im Jahre 2008 vorliegenden Erkenntnismaterials zum medizinischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid ohne Änderung der objektiv bei Bescheiderlass bestehenden Sachlage erlaube keine Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides. Eine Aufhebung der Listung von Jacutin® Pedicul Fluid komme nur in Betracht, wenn der Beklagte über neue Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin nachweisen könne, dass das Medizinprodukt der Klägerin nicht den Voraussetzungen von § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 29 der AM-RL entspreche. Solche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe es jedoch nicht, sondern im Gegenteil konkrete Anhaltspunkte für den medizinischen Nutzen. Allgemein würden dimeticonhaltige Medizinprodukte als Alternative zu insektizidhaltigen Arzneimitteln angeführt, wie etwa vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Eine unmittelbare Empfehlung für die Anwendung von Jacutin® Pedicul Fluid gebe auch das "arznei-telegramm" in seinem Heft 8/12 ab. Die Aufhebung des Bescheides vom 19.6.2008 basiere damit lediglich auf einer im Rahmen von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht relevanten anderen (und strengeren) Beurteilung der seit 2008 unverändert gegebenen Sachlage. Der Beklagte halte das im Jahre 2008 von der Klägerin vorgelegte Studienmaterial nun nicht mehr für ausreichend, um den medizinischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid zu belegen, weil eine bestimmte Evidenz nicht erreicht sei. Der Beklagte habe damit seine Anschauung gewandelt und wolle den medizinischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid nachträglich originär völlig neu bewerten.

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Die 2010/2011 erfolgte Aufnahme der drei Medizinprodukte Dimet®20, Paranix® ohne Nissenkamm und Mosquito® med LäuseShampoo in die Anlage V der AM-RL führe nicht zu einer "Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen" im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, da mit der Zulassung dieser drei Medizinprodukte nichts über den medizinischen Nutzen des Konkurrenzpräparats der Klägerin gesagt sei. Entscheidende therapeutische Vorteile dieser drei Produkte gegenüber Jacutin® Pedicul Fluid - bzw relevante therapeutische Nachteile bei Jacutin® Pedicul Fluid - seien nach dem Inhalt der Akten auch nicht erkennbar. Dass die Aufnahme der drei genannten Präparate in die Übersicht auf Grundlage höherwertiger Evidenz erfolgt sei, sei für den Verbleib von Jacutin® Pedicul Fluid in der Anlage V rechtlich unerheblich. Denn die Evidenzlage in Bezug auf Konkurrenzprodukte begründe so lange keine maßgebliche "Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen" im Sinne von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, wie damit nicht zugleich - zum Beispiel durch eine vergleichende Studie - der fehlende medizinische Nutzen des bereits gelisteten Produkts erwiesen sei. Insgesamt unterliege der Beklagte damit einer Fehlwertung, wenn er meine, ein später in die Anlage V der AM-RL aufgenommenes Medizinprodukt sei allein dadurch "zweckmäßiger" im Sinne von § 29 Nr 4 der AM-RL, dass es über eine Evidenz höheren Grades verfüge als ein schon länger in der Anlage V gelistetes Produkt. Sofern der Beklagte Medizinprodukte liste, die nicht über optimale Evidenz verfügten, weil er die Versorgung der Versicherten sicherstellen wolle, sei er ohne Weiteres nach § 32 Abs 2 Nr 1 SGB X berechtigt, die Aufnahme eines Produkts in die Anlage V der AM-RL nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer zeitlichen Befristung zu versehen, um die Zweckmäßigkeit des Präparats später im Lichte neuer Forschungsergebnisse erneut beurteilen zu können.

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Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG messe zu Unrecht dem Vertrauensschutz der Klägerin ein höheres Gewicht bei als dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung. Die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL sei der untergesetzlichen Normsetzung zuzuordnen. Die Entscheidung darüber, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden, nehme damit unmittelbar an der Gewährleistungsfunktion teil, wie sie den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V allgemein beigemessen werde. Dem GBA stehe bei der Zweckmäßigkeitsbeurteilung durch Bewertung der wissenschaftlichen Datenlage ein nur der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegender Gestaltungsspielraum als Normgeber zu. Die Überprüfung von Festlegungen in den Richtlinien sei den Maßstäben zur Beobachtungs- und Kontrollpflicht bei untergesetzlichen Rechtsnormen unterworfen. Der GBA sei verpflichtet, den sich stets weiterentwickelnden "allgemein anerkannten Stand der Medizin" zu beobachten und wesentliche Änderungen in den Richtlinien zu berücksichtigen. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit beschließe der GBA über die Konkretisierung des Leistungskatalogs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei der Auswahl der konkret notwendigen und geeigneten Medizinprodukte bestehe ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum; die Entscheidung müsse damit (nur) fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein.

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Demgegenüber gebe es grundsätzlich keinen Vertrauenstatbestand innerhalb des Systems der GKV, dass Leistungen dauerhaft als erstattungsfähige Leistungen im Markt positioniert werden könnten. Das Anbieten von Leistungen stehe insoweit unter dem Vorbehalt einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit der in Rede stehenden Behandlungsmaßnahme; ein fortdauernder Vergleich zu Qualität und Wirtschaftlichkeit der Therapiealternativen sei dieser Betrachtung immanent. Der GBA sei aufgrund der Fortentwicklung des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse berechtigt, Behandlungsmaßnahmen, die die Schwelle einer im Vergleich zu Therapiealternativen gleichermaßen wissenschaftlichen Untermauerung des therapeutischen Nutzens nicht (mehr) erreichten, aus der Erstattungsfähigkeit auszuschließen. Den Herstellern sei es zumutbar, den Anforderungen an die Fortentwicklung des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse Rechnung zu tragen und die wissenschaftliche Untermauerung des therapeutischen Nutzens auf dem gleichen Niveau wie Konkurrenzprodukte zu halten. Dem hätten die Hersteller von Nyda® sowie von EtoPril® durch die nachfolgende Vorlage von Studien ausreichender Evidenz Rechnung getragen.

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Das LSG beschränke seine Prüfung rechtsfehlerhaft auf die Frage des "medizinischen Nutzens" von Jacutin® Pedicul Fluid und verkenne damit die Bedeutung einer Zweckmäßigkeitsbeurteilung. Die Auswahl unter den - innerhalb des Korridors einer ausreichenden und notwendigen Versorgung liegenden - Leistungen nach feststehenden Kriterien sei letztlich Kern der Aufgabe des GBA und diene unmittelbar der Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 SGB V. Die verglichenen Medizinprodukte seien danach zu bewerten, welches den gesetzlichen Zielen näher komme. Die Tatsache einer nicht ausreichenden Datenlage rechtfertige die Annahme, dass das zu bewertende Medizinprodukt im Vergleich zu besser belegten Therapiealternativen therapierelevant unterlegen und damit unzweckmäßig sei. Eine schwächere Evidenz bedeute nämlich ein höheres Risiko, dass der erwartete Erfolg nicht eintrete und/oder Gefahren sich verwirklichten. Zu den Grundprinzipien der evidenzbasierten Medizin, an welche der GBA gemäß § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V iVm § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V gebunden sei, gehöre die Maxime, auf der Grundlage der besten verfügbaren Evidenz patientenrelevante Entscheidungen zu treffen.

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Es liege eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor. Er - der GBA - habe eine Neubewertung nicht allein in Bezug auf den therapeutischen Nutzen, sondern entscheidungsleitend in Bezug auf die Zweckmäßigkeit von Jacutin® Pedicul Fluid im Vergleich zu weiteren, zwischenzeitlich auch erstattungsfähigen Kopflausmitteln vollzogen. Er habe, obwohl der Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid zweifelhaft gewesen sei, den seinerzeitigen Antrag auf Aufnahme dieses Produkts in Anbetracht der Tatsache positiv entschieden, dass keine anderen, zweckmäßigeren Therapieoptionen zur Behandlung des Kopflausbefalls zur Verfügung gestanden hätten. Die Versorgungssituation innerhalb der GKV habe sich durch die nachfolgende Aufnahme weiterer Medizinprodukte (Dimet®20, Paranix® ohne Nissenkamm, Mosquito® med Läuseshampoo) maßgeblich geändert. Diese weiteren Medizinprodukte seien - anders als Jacutin® Pedicul Fluid - durch belastbare, methodisch und statistisch einwandfreie und mit guter Berichtsqualität veröffentlichte Daten der Evidenzstufe I in ihrem therapeutischen Nutzen als besser belegt anzusehen.

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Schließlich gehe das LSG fehlerhaft davon aus, dass zum medizinischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid konkrete Anhaltspunkte vorlägen. Die Gesundheitsinformationen des IQWiG würden nicht in Bewertungsverfahren wie nach § 139a Abs 5 SGB V entwickelt. Der Empfehlung des "arznei-telegramm(s)" sei keine wissenschaftliche Grundlage zu entnehmen. Die Entwesungsliste des Umweltbundesamtes (UBA) sei das Ergebnis von Laborexperimenten; diese Ergebnisse seien nicht mit denen randomisierter, kontrollierter klinischer Studien vergleichbar.

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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.1.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend. Der Beklagte wolle nicht mehr an seiner ursprünglichen Bewertung festhalten, obwohl sich nichts in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen geändert habe. Die zwischenzeitlich in die Übersicht aufgenommenen Konkurrenzprodukte seien lediglich auch positiv bewertet worden, wiesen hingegen keine Überlegenheit gegenüber Jacutin® Pedicul Fluid auf. Der Beklagte verkenne, dass ein Medizinprodukt immer dann in die Anlage V der AM-RL aufgenommen werde, wenn die Voraussetzungen des § 29 AM-RL bzw des Kapitel 4 § 39 VerfO des Beklagten erfüllt seien. Es gehe vorliegend nicht darum, "ob" ein Produkt aus der Übersicht gestrichen werden könne, sondern darum, dass ein Produkt nur dann gestrichen werden könne, wenn es nicht mehr medizinisch notwendig sei und damit die Voraussetzungen der §§ 45 ff SGB X erfüllt würden. Die Überlegenheit anderer Produkte sei vorliegend nicht belegt; der Umstand, dass lediglich die Art der Studien neueren Erfordernissen klinischer Evidenz entspreche, vermöge diesen Beleg nicht zu ersetzen. Es lägen keine Studien oder Erkenntnisse vor, nach denen der medizinische Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid heute anders zu bewerten wäre; insbesondere habe der Beklagte auch keine Erkenntnisse in Bezug auf andere Mittel vorweisen können, die einen besseren Nutzen belegten. Die Aufnahme anderer Produkte in die Übersicht bedeute nicht, dass nunmehr andere Behandlungsmöglichkeiten im Sinne des § 29 Nr 4 AM-RL verfügbar seien. Nicht die Anlage V mache die Behandlungsmethoden verfügbar, sondern die Hersteller, indem sie ihre Produkte auf den Markt brächten.

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Es treffe nicht zu, dass sich die "Zweckmäßigkeit" anderer Behandlungsmethoden daran orientiere, ob diese besser belegt seien. Belege in Form von Studien höherer Evidenzklassen könnten zwar einen Hinweis geben, doch sei die Studienlage nur einer von vielen Aspekten, die für die Zweckmäßigkeit einer Behandlung ausschlaggebend seien. Der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse, wie er durch die Behandlungsrealität definiert werde, sei das Hauptkriterium; er bestimme sich aber nicht anhand einer Studienlage, die in einem freiwilligen Antragsverfahren sichtbar werde. Der Beklagte verweise zu Unrecht darauf, dass Studien der Evidenzklasse I einen Rückschluss auf die Zweckmäßigkeit einer Behandlung mit Medizinprodukten zuließen. Der therapeutische Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid sei nach wie vor gegeben, und es sei aufgrund der besonders niedrigen Risiken auch zweckmäßiger als die verfügbaren Alternativen.

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Der Beklagte verkenne, dass im Medizinproduktebereich die Leistungsfähigkeit und damit auch der Nutzen und die Zweckmäßigkeit eines Medizinprodukts auch auf dem Wege wissenschaftlich belegter Äquivalenz nachgewiesen werden könne. Die klinische Bewertung nach § 19 Medizinproduktegesetz (MPG) sei für jedes Medizinprodukt durchzuführen; diese bestehe in der kritischen Bewertung klinischer Daten im Sinne des § 3 Nr 25 MPG. Der Nachweis der medizinischen Leistungsfähigkeit im Sinne der klinischen Bewertung nach § 19 MPG belege, dass mit dem Produkt eine Krankheit behandelt oder geheilt werden könne; es könnten auch Erkenntnisse über äquivalente Produkte herangezogen werden, soweit sie mit wissenschaftlicher Begründung auf das jeweilige Produkt übertragbar seien. Hiermit sei zugleich die Zweckmäßigkeit des Produktes belegt: Wenn das Medizinprodukt seinen Zweck, Krankheiten zu heilen, erreichen könne, sei es auch zweckmäßig. Sie - die Klägerin - habe unter Zugrundelegung der klinischen Daten, die bei der Antragstellung für Jacutin® Pedicul Fluid eingereicht worden seien, das Konformitätsbewertungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen. Der Nachweis der Leistungsfähigkeit und mithin des medizinischen Nutzens sei hiermit gegeben, ohne dass es Studien der Evidenzklasse I bedürfe. Derartige Studien erbrächten lediglich einen methodisch anderen Beleg der Zweckmäßigkeit. Ein höherer Evidenzgrad bedeute aber nicht, dass die geprüften Produkte auch zweckmäßiger seien. Dies könne allenfalls für Studien gelten, in denen konkrete Produktvergleiche mit dem in Frage stehenden Produkt angestellt würden (sog "Head-to-Head-Vergleich").

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Die vom LSG gewürdigten Nachweise belegten den therapeutischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid. Das IQWiG äußere sich ohne Vorbehalt positiv zur Behandlung mit dimeticonhaltigen Medizinprodukten; die positiven Eigenschaften des Dimeticon kämen Jacutin® Pedicul Fluid "erst recht" zu, da es aus 100 % reinem Dimeticon bestehe. Das "arznei-telegramm" empfehle Jacutin® Pedicul Fluid explizit. Es beziehe sich dabei auf die Studie des UBA, dessen Untersuchungen mit Alltagsbedingungen vergleichbar gewesen seien. Jacutin® Pedicul Fluid basiere nicht auf einer pharmakologischen, sondern einer physikalischen Wirkung; dadurch sei der Effekt unabhängig von den individuellen Eigenschaften der Parasiten und der Pharmakokinetik zu bewerten. Die Forderung des Beklagten nach doppelblind-randomisierten Prüfungen unter den realistischen Bedingungen des Alltags sei nicht durchführbar. Im Übrigen erreichten solche Prüfungen auch keine höhere Aussagekraft. Schon die Durchführung von weiteren Besuchen der Eltern von Kindern mit Kopflausbefall bei dem Arzt allein mit dem Zweck, die Daten zur klinischen Prüfung zu vervollständigen, sei unrealistisch: Wenn die Läuse tot seien, seien die Eltern zufrieden und an weiterer Kooperation nicht mehr interessiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei, dass bei (anerkannten) Präparaten wie EtoPril® das Risiko der Entflammbarkeit bestehe. Jacutin® Pedicul Fluid habe im Vergleich zu allen anderen Läusemitteln mit Abstand die kürzeste Behandlungsdauer. Der Widerruf der Listung schaffe also für die Patienten keinen höheren Nutzen, aber ein deutlich erhöhtes Risiko.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist begründet. Das LSG hat die angefochtenen Bescheide des Beklagten zu Unrecht aufgehoben.

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A. Die Klägerin hat mit der (isolierten) Anfechtungsklage die richtige Klageart gewählt.

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Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass in Verfahren, in denen es um die Aufnahme in die Übersicht der "Zugelassene(n) Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V (OTC-Liste)"(Anlage I zu den AM-RL) geht, der die Aufnahme in die Übersicht ablehnende Bescheid mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) angegriffen werden kann (BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 19 f - Buscopan; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 24 f - für SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und BSGE vorgesehen - Vertigoheel®): § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags(BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 19; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 24 für BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und BSGE vorgesehen - in Fällen ablehnender Entscheidungen). Dies gilt gemäß § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V entsprechend für Anträge auf Aufnahme eines Medizinprodukts in die Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte.

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Während es allerdings in derartigen Verfahren eines - das Anfechtungsbegehren ergänzenden - Feststellungsantrags bedarf, weil das Begehren auf die Aufnahme eines Arzneimittels bzw Medizinprodukts in die jeweilige Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 20; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 25 für BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), ist ein solcher weder erforderlich noch sonst geboten, wenn sich ein Unternehmer gegen die - in entsprechender Anwendung des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V ebenfalls zu verbescheidende(siehe hierzu noch unter B.2.a.) - Herausnahme des von ihm hergestellten oder vertriebenen Produkts aus der jeweiligen Übersicht wehrt. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Senats mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden; diese ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 20; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 25 für BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und BSGE vorgesehen - jeweils unter Hinweis auf BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24).

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Vorliegend bedarf es jedoch keines (ergänzenden) Feststellungsantrags, weil Jacutin® Pedicul Fluid bereits in die Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte (Anlage V AM-RL) aufgenommen wurde und die Klägerin nur die Revision dieser Entscheidung verhindern will; damit geht es gerade nicht um die Durchsetzung einer Normänderung, sondern um deren Verhinderung: Denn obgleich die Herausnahme eines Medizinprodukts aus der Übersicht letztlich im Wege der Normänderung erfolgt und erst hierdurch Wirksamkeit erlangt, hat dieser Normänderung - in entsprechender Anwendung des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V - ein gegenüber dem betroffenen Unternehmer zu erlassender Bescheid voranzugehen, welcher die vorgesehene Normänderung "ankündigt"(siehe hierzu noch B.2.a.). Erst wenn dieser Bescheid Bestandskraft erlangt hat, liegen die Voraussetzungen für eine im Wege der Normänderung umzusetzende Streichung des Medizinprodukts aus der Übersicht vor (siehe hierzu B.2.b.bb.). Wird dieser Bescheid hingegen erfolgreich angegriffen, hat auch eine nachfolgende Normänderung zu unterbleiben, sodass das betreffende Arzneimittel bzw Medizinprodukt weiterhin in der Übersicht gelistet bleibt.

24

B. Das LSG hat der Klage jedoch zu Unrecht stattgegeben, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 15.7.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2011, mit dem der Klägerin - im Ergebnis - mitgeteilt wurde, dass Jacutin® Pedicul Fluid aus der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte (Anlage V der AM-RL) zu streichen ist, rechtmäßig ist.

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1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 31 Abs 1 Satz 2 iVm § 34 Abs 6 und § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V.

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a. Nach § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) hat der GBA in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V - also der AM-RL - festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr 1 oder Nr 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Bei Jacutin® Pedicul Fluid handelt es sich um ein Medizinprodukt in Sinne von § 3 MPG.

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Die nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der GKV für Medizinprodukte verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht(BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21 RdNr 38-39 mwN; ebenso - zum gesetzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel - BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 22; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 30 für BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Sie beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen (BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21 RdNr 38-39 unter Hinweis auf BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, RdNr 36 mwN). Die Krankenkassen sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist; das SGB V hat vielmehr Medizinprodukte grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet (BSG aaO).

28

Die ihm durch § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V übertragene Aufgabe hat der Beklagte mit der Anlage V zum Abschnitt J der AM-RL ("Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte") umgesetzt. Die Befugnis des GBA, in seiner gesetzlich vorgegebenen Struktur (§ 91 SGB V) normsetzend tätig zu werden, ist in der Rechtsprechung des BSG hinreichend geklärt (vgl BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 33 unter Bezugnahme auf BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 58<6. Senat> und BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10<1. Senat>; zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA vgl auch BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN). Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden(siehe hierzu BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 26 - Medizinprodukte, Verfassungsbeschwerde anhängig unter 1 BvR 2056/12; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 23 - OTC-Liste; BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 31 für BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen - OTC-Liste). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Kreises der ausnahmsweise verordnungsfähigen Medizinprodukte durch die AM-RL.

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b. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ordnet § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V die entsprechende Geltung von § 34 Abs 6 SGB V an. Die Vorschrift sieht die Durchführung eines besonderen Verwaltungsverfahrens für die Aufnahme von Arzneimitteln in die "Zusammenstellung" nach § 34 Abs 1 Satz 2 und 4 SGB V vor. Dieses Verfahren wird durch einen entsprechenden Antrag des pharmazeutischen Unternehmers in Gang gesetzt (Satz 1 aaO) und endet mit der Bescheidung ausreichend begründeter Anträge (Satz 4 aaO); mit der Bescheidung ist der Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren (aaO). Ergänzend bestimmt Satz 5 aaO, dass eine ablehnende Entscheidung eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten muss. Diese Vorgaben gelten mithin auch für die Aufnahme von Medizinprodukten in die gemäß § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V zu erstellende Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte.

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Die Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) war Folge der Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (C-317/05 = SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Anwendbarkeit von Art 6 der "Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme" (Transparenz-RL). Nach dieser Entscheidung ist Art 6 Richtlinie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-RL) 89/105, welcher Vorgaben für den Fall enthält, dass Arzneimittel durch das staatliche Krankenversicherungssystem nur "gedeckt" sind, wenn sie in eine Positivliste aufgenommen worden sind, auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar (EuGH aaO RdNr 36 ff). § 34 Abs 6 SGB V setzt diese europarechtlichen Vorgaben um(vgl BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 24 = für SozR 4-2500 § 34 Nr 16 und BSGE - vorgesehen).

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2. Entgegen der Auffassung des LSG ist es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Belang, ob dieser den Anforderungen der §§ 45, 48 SGB X genügt, denn die Herausnahme von Jacutin® Pedicul Fluid aus der Übersicht setzt nicht die Aufhebung des Bescheides vom 19.6.2008 voraus, mit dem der GBA dem Antrag der Klägerin, dieses Medizinprodukt in die Anlage V der AM-RL aufzunehmen, stattgegeben hatte. Zwar sind Entscheidungen über die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL - wie auch über deren Herausnahme aus der Übersicht - (auch) in der Form eines VAs zu treffen, sodass auf das Antragsverfahren die allgemeinen Vorschriften für Sozialverwaltungsverfahren Anwendung finden (a.). Jedoch erfordert die Herausnahme eines bereits gelisteten Medizinprodukts aus der Übersicht nicht die Aufhebung des Bescheides, mit dem seine Aufnahme in die Übersicht verfügt wurde (b.). Somit muss der GBA für die Streichung eines Medizinprodukts aus der Übersicht auch nicht belegen, dass sich die Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gegenüber dem Zeitpunkt der Aufnahme des Medizinprodukts in die Übersicht wesentlich geändert haben. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind entsprechend umzudeuten (c.).

32

a. Wie bereits aus der Wendung "zu bescheiden" folgt, schreibt § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V eine Entscheidung durch VA vor(vgl schon BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 15 RdNr 26: "auf den Erlass eines VA gerichtet"; so auch Axer in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 34 RdNr 20; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 16). Auch wenn § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V ausdrücklich nur die Bescheidung eines "Antrags" regelt(zu einer Entscheidung durch VA in dieser Konstellation siehe bereits BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 19 - Buscopan® sowie BSG Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 34/13 R - Vertigoheel®), gebieten Systematik und Zweck der Regelung die entsprechende Anwendung der Norm und damit eine Bescheidung auch in der Konstellation, dass der GBA ein bereits in die Übersicht aufgenommenes Medizinprodukt aus dieser entfernen will (vgl - zur Streichung eines Hilfsmittels aus dem Hilfsmittelverzeichnis durch VA - BSGE 113, 33 = SozR 4-2500 § 139 Nr 6, RdNr 9): Zum einen stellt sich die Streichung eines Medizinprodukts aus der Übersicht als actus contrarius zu dessen Aufnahme dar (vgl zB - zur Honorarrückforderung durch VA als Umkehrung der ursprünglichen Leistungsgewährung - BSGE 74, 44, 45/46 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21 S 62). Zum anderen gelten die Vorgaben des Art 6 Transparenz-RL, die den deutschen Gesetzgeber zur Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V bewogen haben(siehe BT-Drucks 16/4247 S 32 zu § 34 SGB V), nicht nur für solche Entscheidungen, die einen Antrag auf Aufnahme in die "Liste" ablehnen (Art 6 Nr 2 Transparenz-RL), sondern ausdrücklich auch für die Entscheidung, ein Erzeugnis aus der "Liste" zu streichen (Art 6 Nr 5 Transparenz-RL). Selbst wenn man also davon ausginge, dass sich aus § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V nur die Verpflichtung zum Abschluss des Antragsverfahrens durch VA ergäbe, wäre eine entsprechende - die Streichung aus der Übersicht betreffende - Verpflichtung jedenfalls unmittelbar aus Art 6 der Transparenz-RL herzuleiten(siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 15 RdNr 24). Da der Gesetzgeber erkennbar den Vorgaben der Transparenz-RL umfassend Rechnung tragen wollte, ist jedoch davon auszugehen, dass § 34 Abs 6 SGB V auch auf die Herausnahme aus der Übersicht zumindest entsprechende Anwendung findet.

33

Folge des durch § 34 Abs 6 SGB V vorgeschriebenen Verfahrens ist, dass grundsätzlich die Vorschriften des Sozialverwaltungsverfahrensrechts Geltung beanspruchen. Nicht nur der Begriff der "Bescheidung", sondern auch die ansonsten verwendeten Begriffe wie "Antrag" und "Antragsverfahren", "Rechtsmittelfristen-" und "-belehrung" sprechen dafür, dass es sich bei dem in § 34 Abs 6 SGB V geregelten Verfahren - jedenfalls im Grundsatz - um ein Verwaltungsverfahren im Sinne des SGB X handelt. Damit folgt das Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V, da es insofern nicht auf eine Normsetzung, sondern auf den Erlass eines VAs gerichtet ist, (grundsätzlich) den allgemeinen Regelungen des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrensrechts(BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 15 RdNr 26; so auch Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 16).

34

b. Ungeachtet dessen und entgegen der Auffassung des LSG ist die in dem streitgegenständlichen Bescheid nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V (entsprechend) getroffene Entscheidung des Beklagten, Jacutin® Pedicul Fluid aus der Übersicht zu streichen, nicht anhand der in den §§ 45, 48 SGB X normierten Maßstäbe zu überprüfen. Denn notwendiger, aber auch ausreichender Regelungsgegenstand des Bescheides vom 15.7.2010 (idF des Widerspruchsbescheides vom 15.9.2011) ist allein die (beabsichtigte) Herausnahme des Medizinprodukts aus der Übersicht, nicht aber (zugleich) die Aufhebung des Bescheides vom 19.6.2008, mit dem die Aufnahme von Jacutin® Pedicul Fluid in die Übersicht verfügt worden war. Einer Aufhebung dieses Bescheides bedarf es schon deswegen nicht, weil sich dieser erledigt hat und es damit keinen VA (mehr) gibt, der zurückgenommen bzw aufgehoben werden müsste.

35

aa. Im Anwendungsbereich des § 34 Abs 6 SGB V besteht die Besonderheit, dass ein Normsetzungsverfahren durch den Antrag eines Normunterworfenen in Gang gesetzt wird und eine Bescheidungspflicht des Normgebers besteht(BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 15 RdNr 26): § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V bestimmt, dass der GBA die ausnahmsweise zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Medizinprodukte in der AM-RL festzulegen hat. Da die auf der Grundlage des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien des GBA in der Rechtsprechung des BSG als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt sind(stRspr, vgl zB BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 28 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32, 37; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 9 RdNr 22), stellt die Aufnahme von Medizinprodukten in die Anlage V der AM-RL einen Akt der Normsetzung durch den GBA dar (siehe hierzu BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 25 f); nichts anderes gilt auch für den actus contrarius - die Streichung eines Medizinprodukts aus der Übersicht. Durch die Vorgabe des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V, den Antrag auf Aufnahme eines Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL (bzw dessen Herausnahme aus der Anlage) zu bescheiden, erfolgt eine Verzahnung von Normsetzung durch den GBA bei der Gestaltung der AM-RL mit dem Verwaltungsverfahren gegenüber dem Hersteller.

36

Diese Verzahnung von Verwaltungsverfahren und Normsetzung erfordert es, die teils gegenläufigen Prinzipien beider Regelungsformen - insbesondere in Bezug auf den Rechtsschutz - zum Ausgleich zu bringen. Sicherzustellen ist dabei einerseits, dass der nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V zu erlassende Bescheid nicht dadurch zur "leeren Hülle" wird, dass der GBA unabhängig von dessen Rechtmäßigkeit oder Bestandskraft zu Änderungen der AM-RL berechtigt wäre, andererseits, dass die Normsetzung nicht dadurch übermäßig beschränkt wird, dass eine Normänderung nur bei Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X möglich wäre. Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass die Durchführung des Verwaltungsverfahrens gegenüber dem Unternehmer zwar - einerseits - für die Normsetzung vorgreiflich ist, sich aber - andererseits - auch in dieser Funktion erschöpft:

37

Ungeachtet des nach § 34 Abs 6 SGB V durchzuführenden Verwaltungsverfahrens ergibt sich die ausnahmsweise Verordnungsfähigkeit eines Medizinprodukts zu Lasten der GKV nicht aus § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V in Verbindung mit einem entsprechenden positiven Bescheid des GBA, sondern erst durch einen Akt der Normsetzung, nämlich durch die Aufnahme des Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL(vgl auch Spiegel/Jäkel, GesR 2008, 627). Erst die Aufnahme in die Übersicht zeitigt die mit der Antragstellung angestrebten rechtlichen Wirkungen, nämlich die Berechtigung der Ärzte, dieses Medizinprodukt zu Lasten der GKV verordnen zu dürfen, und der Versicherten, dieses im Bedarfsfall beanspruchen zu können. Daher besteht der Regelungsgehalt des durch § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V vorgeschriebenen VAs allein in der Zusage des den Bescheid erlassenden Normgebers, dem Antrag des Unternehmers auf Aufnahme eines Medizinprodukts (bzw Arzneimittels) in die Übersicht in dem Sinne zu entsprechen, dass dieses Begehren durch eine entsprechende Änderung der AM-RL erfüllt wird. Für den Fall einer Streichung eines Medizinprodukts aus der Übersicht gilt im Grundsatz nichts anderes, nur dass hier der Bescheid die Selbstverpflichtung des Normgebers enthält, das Medizinprodukt aus der Übersicht herauszunehmen. In beiden Fällen ist die Bescheidung notwendige (rechtliche) Voraussetzung für die nachfolgende Normsetzung, erschöpft sich aber auch hierin. In dem Moment, in dem der Normgeber diese Zusage bzw Selbstverpflichtung durch entsprechende Normänderung erfüllt, ist der nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V zu erlassende VA umgesetzt und hat sich damit erledigt:

38

Nach § 39 Abs 2 SGB X bleibt ein VA wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Von einer Erledigung "auf andere Weise" ist auszugehen, wenn der VA nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BSG SozR 4-1200 § 51 Nr 1 RdNr 20 unter Hinweis auf BVerwG Urteil vom 25.9.2008 - 7 C 5/08 - Juris RdNr 13 = NVwZ 2009, 122; ebenso schon BVerwG Beschluss vom 17.11.1998 - 4 B 100/98 - Juris RdNr 9 mwN; Steinwedel in Kasseler Komm, 2015, § 39 SGB X, RdNr 24). VAe ohne Dauerwirkung erledigen sich bereits durch das Erschöpfen ihrer Rechtswirkungen (Steinwedel aaO).

39

Um einen solchen VA ohne Dauerwirkung handelt es sich bei einem Bescheid nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V. VAe mit Dauerwirkung sind solche, deren Regelungswirkungen nach dem zugrunde liegenden materiellen Recht über die punktuelle Gestaltung eines Rechtsverhältnisses hinausreichen (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 64). Ein Bescheid, in dem einem Unternehmer zugesagt wird, das von ihm hergestellte Medizinprodukt in die Anlage V der AM-RL aufzunehmen, begründet jedoch selbst kein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis, wie dies bei einem VA mit Dauerwirkung der Fall wäre (zum VA mit Dauerwirkung vgl auch BSG SozR 4-1300 § 47 Nr 1 RdNr 33 mwN - Sonographiegenehmigung). Vielmehr besteht der Regelungsgehalt des Bescheides allein darin, einen Anspruch auf Tätigwerden zu vermitteln, indem die einmalige Gestaltung der Rechtslage zugesagt wird. Wie bereits dargelegt, ergeben sich die vom Unternehmer mit der Antragstellung angestrebten Rechtswirkungen - die Verordnungsfähigkeit seines Medizinprodukts zu Lasten der GKV - allein aus dessen Aufnahme in die Anlage V der AM-RL, also aus einem Akt der Normsetzung. Mit der Normänderung hat der diese zusagende Bescheid seinen - dergestalt begrenzten - Regelungsgehalt erschöpft, somit seinen Zweck erfüllt und verliert damit seine Rechtswirkungen.

40

Insofern ist der "Aufnahmebescheid" nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V in seinen rechtlichen Wirkungen anderen gestaltenden VAen im Recht des SGB V vergleichbar, insbesondere Bescheiden, mit denen die Errichtung einer Krankenkasse(vgl zB § 148 Abs 1 Satz 1 SGB V) oder ihre Fusion (vgl § 171a Abs 1 Satz 2 SGB V)genehmigt oder ihre Schließung verfügt wird (vgl § 153 Satz 1 SGB V). Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde ergeht in Form eines gestaltenden VAs, welcher sich mit dem Eintritt seiner Wirkungen - dem als Körperschaft des öffentlichen Rechts ins-Leben-Treten der Krankenkasse bzw deren Schließung zu dem von der Aufsichtsbehörde bestimmten Zeitpunkt - erledigt hat (stRspr des BSG zu Errichtungsgenehmigungen: BSGE 59, 122, 127 = SozR 2200 § 253 Nr 2 S 6; BSGE 68, 54, 56 = SozR 3-2500 § 147 Nr 2 S 4; BSG SozR 3-2200 § 225a Nr 2 S 5; vgl auch BSGE 83, 118, 123 = SozR 3-2500 § 145 Nr 1 S 7; zu Schließungsverfügungen: BSGE 113, 107 = SozR 4-1500 § 54 Nr 32, RdNr 10; zu Fusionsgenehmigungen: BSG SozR 4-2500 § 171a Nr 1 RdNr 10). In diesen Fallgestaltungen gilt, dass dann, wenn der VA vollzogen ist, dieser nicht mehr durch eine die Genehmigung der Errichtung bzw Fusion oder die Schließungsverfügung aufhebende Entscheidung beseitigt werden kann; beseitigt werden können allein die Folgen (BSG aaO).

41

Ähnlich stellt sich die Situation bei der Entscheidung über die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Übersicht dar. Die positive Bescheidung des Antrags gestaltet die Rechtslage zwar nicht unmittelbar, weil sich die begehrten rechtlichen Wirkungen erst aus der nachfolgenden Normänderung ergeben, doch hat sie jedenfalls mittelbar gestaltende Wirkung, denn sie verpflichtet den GBA, die Rechtslage der Verfügung im Bescheid entsprechend zu ändern. Tritt diese Gestaltungswirkung mit der Aufnahme des Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL ein, haben sich die Rechtswirkungen des Bescheides erschöpft; sein Zweck ist erreicht. Eine "Beseitigung der Folgen" kann nicht mehr durch Aufhebung des VAs, sondern nur über eine erneute Normänderung erreicht werden. Eines Aufrechterhaltens der Rechtswirkungen dieses VAs zum Schutze des Bescheidadressaten bedarf es - selbst wenn man davon ausginge, dass unter der Geltung des § 48 SGB X die "anderweitige Erledigung" als "absolute Ausnahme" zu verstehen ist(so Jährling-Rahnefeld, SGb 2006, 320, 325 f) - nicht, weil sich die vom Antragsteller begehrten (fortdauernden) Rechtswirkungen aus der Richtlinie selbst ergeben.

42

bb. Rechtliche Folge der Erledigung des die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Übersicht zusagenden VAs ist es, dass bei einer beabsichtigten Streichung des Medizinprodukts aus der Übersicht nicht zugleich auch der "Aufnahmebescheid" aufgehoben werden muss, sondern der nunmehr in entsprechender Anwendung des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V zu erlassende Bescheid lediglich die Verfügung zu enthalten hat, dass das Medizinprodukt aus der Übersicht herauszunehmen ist. Auf der Normebene hat der GBA dann die durch Bescheid vorgegebene Herausnahme des Medizinprodukts durch entsprechende Änderung der AM-RL umzusetzen.

43

Der gemäß § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V zu erlassende Bescheid über die Aufnahme eines von ihm hergestellten Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL verleiht dem Hersteller keinen anderen Status als ihn alle Hersteller oder Anbieter von Medizinprodukten, Arzneimitteln bzw Behandlungsmethoden haben, zu denen der GBA eine positive Empfehlung abgegeben oder Entscheidung getroffen hat und die deshalb in der vertragsärztlichen Versorgung zum Einsatz kommen dürfen. Derartige positive Feststellungen stehen unter dem - normativen - Vorbehalt, dass der GBA sie korrigieren muss, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht mehr gegeben sind, sich also etwa durch nachfolgende Studien gezeigt hat, dass eine Methode im Sinne des § 135 Abs 1 SGB V unwirksam ist oder der Einsatz eines OTC-Präparates oder eines in die Übersicht aufgenommenen Medizinprodukts mehr Schaden als Nutzen stiftet bzw nicht mehr Therapiestandard im Sinne des § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V ist. Etwaiger Vertrauensschutz ergibt sich damit allein aus der Normsetzung.

44

Damit läuft die Regelung, dass über die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Übersicht gemäß § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V durch Bescheid zu entscheiden ist, keineswegs leer. Insbesondere bleibt auch der Rechtsschutz des Unternehmers bei einer Herausnahme des von ihm hergestellten Medizinprodukts aus der Übersicht im Wege einer Änderung der AM-RL gewährleistet, weil der GBA auch hier die Vorgaben des § 34 Abs 6 SGB V sinngemäß beachten muss. Das Verwaltungsverfahren nach § 34 Abs 6 SGB V gegenüber dem Hersteller muss der Normänderung vorausgehen. Das bedeutet zum einen, dass der Unternehmer zunächst über die Absicht des GBA, das Medizinprodukt aus der Übersicht zu streichen, zu unterrichten ist, hierzu Stellung nehmen sowie ggf neue Studien vorlegen kann. Zum anderen wird die Wirksamkeit einer Richtlinienänderung durch vom Unternehmer gegen den Bescheid eingelegte Rechtsmittel hinausgeschoben und ggf verhindert.

45

Das Inkrafttreten der Richtlinie (bzw ihrer Änderung) steht unter einem doppelten Vorbehalt: Zum einen sind die vom GBA beschlossenen Richtlinien gemäß § 94 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorzulegen, welches sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden kann(Satz 2 aaO). Die Vorlagepflicht besteht für sämtliche Beschlüsse, mit denen Regelungen in Richtlinien einschließlich deren Anlagen getroffen oder geändert werden (Roters in Kasseler Komm, 2015, § 94 SGB V RdNr 2). Die Beanstandung ist als bindende Anordnung zu verstehen, die Richtlinie nicht in Kraft zu setzen (Roters aaO RdNr 3).

46

Zum anderen ist der VA nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V der Normsetzung in dem Sinne vorgeschaltet, dass der GBA die AM-RL erst dann - rechtswirksam - ändern darf, wenn der gegenüber dem Unternehmer erlassene Bescheid über die Herausnahme bestandskräftig geworden ist. Mithin darf eine Veröffentlichung der Richtlinie im Bundesanzeiger (§ 94 Abs 2 Satz 1 SGB V), mit der sie ihre rechtliche Wirkung entfaltet (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70), erst nach Bestandkraft des VAs erfolgen. Nur so wird dem mit der Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V letztlich verfolgten Ziel, den Rechtsschutz des betroffenen Unternehmers zu erhöhen, ausreichend Rechnung getragen.

47

Deutlich wird dies - auch wenn die Anfechtungsmöglichkeit gleichermaßen bei Ablehnung eines Aufnahmeantrags besteht - gerade im Falle einer Herausnahme eines Medizinprodukts aus der Übersicht: Da das BSG in ständiger Rechtsprechung die Möglichkeit bejaht, im Wege der Feststellungsklage die Unwirksamkeit einer - bereits in Kraft getretenen - Richtlinie feststellen lassen zu können (vgl zB BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 16 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; zur Normenfeststellungsklage siehe auch BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 2 RdNr 20 ff), besteht der Rechtsschutzgewinn durch § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V im Wesentlichen allein darin, das Wirksamwerden einer Richtlinienänderung hinauszuschieben bzw zu verhindern - mit der Folge, dass das Medizinprodukt jedenfalls bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens verordnungsfähig bleibt.

48

Da es für den Rechtsschutz des Unternehmers entscheidend darauf ankommt, das Inkrafttreten der Richtlinienänderung und damit deren Wirksamkeit zu verhindern, können der Erlass des Bescheides über die beabsichtigte Änderung der Übersicht und die entsprechende Beschlussfassung des GBA zeitgleich erfolgen; mit Zustellung des Bescheides läuft die Rechtsmittelfrist für den betroffenen Unternehmer, welcher den Bescheid anfechten kann, sowie - mit Vorlage des Beschlusses an das BMG - die Beanstandungsfrist nach § 94 Abs 1 Satz 2 SGB V. Die gegen einen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V ergangenen Bescheid erhobene (Anfechtungs-)Klage hat nach § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung, sofern nicht der GBA (oder das LSG) den Sofortvollzug anordnet. § 92 Abs 3 Satz 2 SGB V, der die aufschiebende Wirkung von Klagen "gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach § 92 Abs 2 SGB V" ausschließt, findet keine Anwendung, weil die Übersicht nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V keine Preisvergleichsliste in diesem Sinne darstellt. Nach Bestandskraft dieses Bescheides - sowie vorbehaltlich einer Nichtbeanstandung durch das BMG - setzt der GBA die Änderung der AM-RL durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

49

c. Dass der angefochtene Bescheid der Beklagten hier nicht die dargestellte Selbstverpflichtung des Normgebers GBA zur Herausnahme von Jacutin® Pedicul Fluid aus der Übersicht zum Ausdruck bringt, sondern den Verfügungssatz enthält, dass der Bescheid vom 19.6.2008 nach § 45 SGB X zurückgenommen (so der Ausgangsbescheid) bzw nach § 48 SGB X aufgehoben wird (so der Widerspruchsbescheid), ist unschädlich, weil der Bescheid nach § 43 SGB X in einen auf der Grundlage des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V (analog) ergangenen umgedeutet werden kann. Die Grundsätze des § 43 SGB X sind auch im gerichtlichen Verfahren anwendbar(vgl BSG SozR 4-1300 § 47 Nr 1 RdNr 29 mwN). Nach § 43 Abs 1 SGB X kann ein fehlerhafter VA in einen anderen VA umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Dies ist vorliegend der Fall: Sowohl die zunächst verfügte Rücknahme bzw Aufhebung des Bescheides über die Aufnahme von Jacutin® Pedicul Fluid in die Übersicht als auch ein in entsprechender Anwendung des § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V erlassener Bescheid über die (beabsichtigte) Herausnahme von Jacutin® Pedicul Fluid im Wege der Änderung der AM-RL sind auf das Ziel gerichtet, das Medizinprodukt aus der Übersicht der ausnahmsweise zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Medizinprodukte zu entfernen. Auch wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, seinen Bescheid von vornherein auf § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V zu stützen. Dessen Voraussetzungen liegen vor (siehe hierzu unter 3.).

50

3. Die Entscheidung des Beklagten, Jacutin® Pedicul Fluid aus der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte herauszunehmen, ist rechtmäßig.

51

a. Die dargestellten Wechselbeziehungen zwischen der Entscheidung durch VA und der Normsetzung sind auch bei den Maßstäben zu berücksichtigen, die an die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides anzulegen sind. Gefordert ist eine (inzidente) Überprüfung der Rechtmäßigkeit der mit dem Bescheiderlass intendierten, im Wege der Normänderung umzusetzenden Herausnahme von Jacutin® Pedicul Fluid aus der Anlage V der AM-RL, weil sich der GBA durch den Bescheid nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V nur dann (und insoweit) selbst binden darf, wenn die Normänderung ihrerseits rechtmäßig ist. Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Medizinprodukts in die Übersicht nicht mehr erfüllt werden oder von vornherein nicht gegeben waren (vgl BSGE 113, 33 = SozR 4-2500 § 139 Nr 6, RdNr 16 - zur Streichung eines Hilfsmittels aus dem Hilfsmittelverzeichnis).

52

Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze für die Änderung von Normen, die sich belastend auf Leistungserbringer auswirken können; so müssen die gesetzlichen Vorgaben beachtet und das Gleichbehandlungsgebot berücksichtigt sein. Dass sich an der Bewertung des medizinischen Nutzens von Jacutin® Pedicul Fluid zwischen 2008 und 2010 nichts geändert hat, ist hingegen ohne Bedeutung. Die Auffassung der Klägerin, ein Medizinprodukt, das unter bestimmten Vorzeichen rechtmäßig in die Übersicht aufgenommen worden ist, müsse dort bleiben, solange nicht seine Wirkungslosigkeit belegt ist, ist mit dem auf eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Versorgung ausgerichteten System des SGB V nicht kompatibel.

53

Bei der Prüfung ist der für jeden Normgeber kennzeichnende Gestaltungsspielraum des GBA beim Erlass von Richtlinien zu respektieren (stRspr des BSG, vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 68; BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 46). Daher beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle untergesetzlicher Normen regelmäßig darauf, ob die äußersten Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber eingehalten wurden (BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 46); dies ist der Fall, wenn sich die getroffene Regelung auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und die maßgeblichen Verfahrensvorschriften sowie die Grenzen des dem Normgeber ggf zukommenden Gestaltungsspielraums beachtet worden sind (BSG aaO unter Hinweis auf BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17).

54

b. Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den Verbleib von Jacutin® Pedicul Fluid in der Übersicht, weil das Medizinprodukt nicht den Anforderungen entspricht, die für eine Aufnahme in die Übersicht zu erfüllen sind. Die hierfür aufgestellten und vom Beklagten beachteten Anforderungen unterliegen keinen rechtlichen Bedenken (aa.). Der Beklagte durfte auch die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Übersicht davon abhängig machen, dass keine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit verfügbar ist (bb.). Schließlich durfte er bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit auch allein auf den Umstand abstellen, dass der medizinische Nutzen "konkurrierender" Medizinprodukte durch Studien höherer Evidenz belegt ist (cc.).

55

aa. Nach § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V hat der GBA (durch Aufnahme in die Übersicht) festzulegen, in welchen "medizinisch notwendigen Fällen" Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Der GBA hat den Begriff zum einen in § 29 AM-RL ("Medizinisch notwendige Fälle") und zum anderen in Kapitel 4 § 39 Abs 1 VerfO ("Bewertungskriterien") - gleichlautend - wie folgt konkretisiert: Danach ist ein Medizinprodukt medizinisch notwendig im Sinne des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V, wenn

        

1.    

es entsprechend seiner Zweckbestimmung nach Art und Ausmaß der Zweckerzielung zur Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V und § 28 AM-RL geeignet ist,

        

2.    

eine diagnostische oder therapeutische Interventionsbedürftigkeit besteht,

        

3.    

der diagnostische oder therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und

        

4.    

eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar ist.

56

Der GBA hat die genannten Kriterien für die Aufnahme in die Übersicht der ausnahmsweise verordnungsfähigen Medizinprodukte in der AM-RL unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten Regel-Ausnahmeverhältnisses (§ 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V) formell und inhaltlich rechtmäßig festgelegt, wie der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 3.7.2012 (B 1 KR 23/11 R) bereits dem Grunde nach entschieden hat (BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 34). Die in Kapitel 4 Abschnitt 5 VerfO festgelegten Anforderungen an die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medizinprodukts (Kapitel 4 § 38 VerfO), die Bewertungskriterien zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit (Kapitel 4 § 39 VerfO) sowie den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit (Kapitel 4 § 40 VerfO) harmonisierten durch die dort niedergelegten Erfordernisse der Verkehrsfähigkeit der Medizinprodukte, ihrer medizinischen Notwendigkeit nach Eignung, Interventionsbedürftigkeit, allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie fehlender Verfügbarkeit anderer, zweckmäßigerer Behandlungsmöglichkeiten sowie ferner deren Nachweis anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur mit dem gesetzlichen Regelungskonzept (§§ 27, 31, 34 SGB V iVm § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V). Gleiches gelte für die ergänzenden Konkretisierungen in §§ 27 ff AM-RL zum Umfang des Anspruchs unter näherer Berücksichtigung der Verordnungsausschlüsse nach §§ 31, 34 SGB V, zur zusätzlichen Bewertung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V im Falle der Anwendung einer ärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode sowie zur näheren Eingrenzung der arzneimittelähnlichen Medizinprodukte und der Notwendigkeit ihrer medizinischen Intervention unter Berücksichtigung von Spontanverläufen. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat in Bezug auf § 29 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 VerfO nach eigener Prüfung an.

57

Es kann dahingestellt bleiben, ob die dort normierten Anforderungen unmittelbar aus dem Begriff der "medizinischen Notwendigkeit" im Sinne des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V hergeleitet werden können, weil sich die Berechtigung des GBA, die Anforderungen an die "medizinisch notwendigen Fälle" zu konkretisieren, jedenfalls aus § 31 Abs 1 Satz 2 iVm § 92 Abs 1 SGB V ergibt. § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGB V bestimmt als allgemeinen Gegenstand dieser Richtlinien - und damit auch der AM-RL -, dass diese eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewähren sollen; damit dienen sie insbesondere dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Ergänzend ermächtigt § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V den GBA, "dabei" die Erbringung oder Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einzuschränken oder auszuschließen, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind.

58

Zu berücksichtigen ist weiter, dass dem GBA auch bei der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben ein Gestaltungsspielraum zusteht. Der Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 14.5.2014 (BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14 RdNr 32, mwN)und 22.10.2014 (B 6 KA 34/13 R - Juris RdNr 39, mwN - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 34 Nr 16 vorgesehen)bezüglich der Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL (OTC-Liste) ausgeführt, dass zwar die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben gerichtlich voll überprüfbar ist, ebenso die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt. Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben, wie sie durch die Regelungen in § 29 AM-RL bzw in Kapitel 4 § 39 VerfO erfolgt ist, bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann(BSG aaO; siehe hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 9 RdNr 25; BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 33). Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (BSG aaO, jeweils unter Hinweis auf BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25 und BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ergeben sich keine rechtlichen Bedenken gegen die vom GBA aufgestellten Vorgaben.

59

bb. Insbesondere ist auch die Vorgabe nicht zu beanstanden, dass ein Medizinprodukt nur dann medizinisch notwendig im Sinne des § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V ist, wenn eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar ist(§ 29 Nr 4 AM-RL, Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 4 VerfO), also unter den - an sich als zweckmäßig beurteilten - Medizinprodukten eine verfeinerte Auswahl zu treffen ist.

60

(1) Die "Zweckmäßigkeit" ist ein Teilelement des in § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V normierten Wirtschaftlichkeitsgebots. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Eine nähere Konkretisierung des Begriffes enthalten weder Gesetz noch AM-RL oder VerfO. Nach der herrschenden Auffassung ist eine Leistung zweckmäßig, wenn diese auf eines der in den §§ 11 Abs 1, Abs 2 und 27 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Ziele objektiv ausgerichtet ist und auch hinreichend wirksam ist, um diese Ziele zu erreichen(zB Wagner in Krauskopf, SGB V, 2015, § 12 RdNr 6; Engelhard in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 12 RdNr 52; Ulmer in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 12 RdNr 12; Rixen, SGb 2013, 140, 142; siehe auch Greiner/Benedix, SGb 2013, 1, 3; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, 2000, § 12 RdNr 19; vgl schon BSGE 64, 255, 257 = SozR 2200 § 182 Nr 114 S 257). Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Leistung - als Teilelement des Begriffes der "Zweckmäßigkeit" - sind die allgemeinen Anforderungen des Leistungsrechts in die Betrachtung einzubeziehen (in diesem Sinne auch Noftz aaO RdNr 20; vgl auch Kruse in LPK-SGB V, 4. Aufl 2012, § 12 RdNr 7): § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben; nach § 28 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die (ua) zur Behandlung von Krankheiten "nach den Regeln der ärztlichen Kunst" ausreichend und zweckmäßig ist.

61

(2) Der GBA ist auch berechtigt, die Zweckmäßigkeit von Medizinprodukten einer vergleichenden Betrachtung zu unterwerfen und weniger zweckmäßige Medizinprodukte nicht in die Übersicht aufzunehmen bzw wieder aus dieser zu entfernen. Auch wenn § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht zwingend verlangt, dass dann, wenn mehrere Methoden mit nachgewiesenem Wirkungszusammenhang zur Verfügung stehen, die anerkannteste bzw besterprobte zu erbringen ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein solches Vorgehen des GBA namentlich in Bezug auf Medizinprodukte gebilligt(BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21 RdNr 36 f; zum Vergleich der Zweckmäßigkeit von Monopräparaten und Wirkstoffkombinationen vgl auch BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 40).

62

Zwar wird eine solche Vergleichsbetrachtung - anders als etwa in § 135 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V für die Anerkennung neuer Behandlungsmethoden in Bezug auf die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - nicht ausdrücklich durch das Gesetz vorgegeben. Auch § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 4 SGB V, der den GBA dazu ermächtigt, die Verordnung von Arzneimitteln einzuschränken oder auszuschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist(siehe hierzu BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 40), ist jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar, da er sich auf Arzneimittel bezieht. Beide Regelungen lassen erkennen, dass eine Vergleichsbetrachtung dem Grunde nach bereits im Gesetz angelegt ist. In Bezug auf die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten rechtfertigt sich eine vergleichende Betrachtung zudem bereits aus dem gesetzlich vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis. Nach § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V hat der GBA festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte "ausnahmsweise" in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis der Verordnungsfähigkeit rechtfertigt es, an die in Frage kommenden Medizinprodukte höhere Anforderungen zu stellen und für den Fall, dass mehrere "zweckmäßige" Produkte zur Verfügung stehen, unter diesen eine Auswahl zu treffen. Ein Medizinprodukt ist (in Anlehnung an die für Arzneimittel geltende Regelung in Kapitel 4 § 12 Abs 1 Satz 1 VerfO) dann als "zweckmäßiger" anzusehen, wenn die mit ihm vergleichbaren Medizinprodukte einen höheren therapierelevanten Nutzen haben.

63

cc. Der Beklagte durfte schließlich seine Entscheidung, dass zur Behandlung des Kopflausbefalls zweckmäßigere Medizinprodukte zur Verfügung stehen, auch darauf stützen, dass der medizinische Nutzen - und speziell die Zweckmäßigkeit - dieser "Konkurrenzprodukte" durch Studien höchstmöglicher Evidenz belegt ist, derjenige von Jacutin® Pedicul Fluid hingegen nicht. Die ausnahmsweise Zulassung der Verordnung von Medizinprodukten in der vertragsärztlichen Versorgung ist nur soweit geboten, wie für das jeweilige Medizinprodukt die höchste erreichbare Evidenz (vgl Kapitel 4 § 40 Abs 1 VerfO: "höchstmöglicher")in der jeweiligen Indikation belegt ist.

64

Das schließt allerdings nicht aus, dass ein Medizinprodukt, dessen medizinische Notwendigkeit nicht durch Studien der höchsten Evidenzstufe, sondern nur mit solchen niedriger Evidenz nachgewiesen ist, zunächst aufgenommen wird, wenn Behandlungsalternativen für die jeweilige Indikation (noch) nicht zur Verfügung stehen. Dass die VerfO diese Konstellation nicht ausdrücklich regelt, sondern in Kapitel 4 § 40 Abs 1 VerfO regelhaft die höchstmögliche Evidenz fordert, steht dem nicht entgegen. Insofern besteht eine unter Versorgungsgesichtspunkten ausfüllungsbedürftige Lücke, die dadurch zu schließen ist, dass in die VerfO eine entsprechende Ausnahmeregelung mit hineinzulesen ist. Ein unter diesen Bedingungen aufgenommenes Medizinprodukt kann genauso wieder aus der Übersicht herausgenommen werden, wenn therapeutisch gleichwertige besser evidenzgesicherte Medizinprodukte vorhanden sind oder für solche, die schon länger verfügbar sind, deren Wirksamkeit durch aktuelle Studien höherer Evidenz belegt wird.

65

(1) Gemäß Kapitel 4 § 40 VerfO ("Anforderungen an den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit") ist die medizinische Notwendigkeit des Einsatzes eines Medizinprodukts nach den Kriterien des § 39 anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur zu belegen(Abs 1 aaO). Auf der Basis systematischer Literaturrecherchen ist nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen des Medizinprodukts zur Behandlung der Erkrankung besteht (Abs 2 aaO). Diese Anforderungen gelten für sämtliche der in § 29 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 VerfO aufgeführten Kriterien, also auch für die (höhere) Zweckmäßigkeit eines Medizinprodukts. Bei der Klassifizierung der Evidenzstufen ist im Hinblick auf die "höchstmögliche Evidenz" auf Kapitel 4 § 7 Abs 4 VerfO zurückzugreifen(BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21 RdNr 37); dort sind die einzelnen Evidenzstufen näher erläutert. Danach bedarf es grundsätzlich eines Beleges durch Unterlagen der Evidenzstufe I (Ia: Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe Ib, Ib: Randomisierte klinische Studien).

66

(2) Diese vom GBA in Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben aufgestellten Anforderungen an den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit sind auch als solche nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BSG unterliegt die Verfahrensweise des GBA, generell den Beleg der medizinischen Notwendigkeit des Einsatzes eines Medizinprodukts anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur zu fordern (Kapitel 4 § 40 Abs 1 VerfO) und die Aufnahme in die Anlage V AM-​RL abzulehnen, wenn die vorgelegten Belege niederer Evidenz im konkreten Bewertungsfall unter Beweisgesichtspunkten nicht als ausreichend erscheinen, keiner Beanstandung (so ausdrücklich BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21 RdNr 37 - Gepan instill; vgl auch BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 45 - Mindestmengen; BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 48 - Festbeträge; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 14, RdNr 45 - OTC-Liste). Die methodischen Anforderungen der evidenzbasierten Medizin im Leistungs- und Leistungserbringungsrecht sind ausgerichtet auf und gerechtfertigt durch die materiellen Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V, das grundsätzlich eine Versorgung nur mit Leistungen zulässt, die - entsprechend dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V - nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bieten(BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 45); diese müssen sich wiederum in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben (BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 8 RdNr 23 mwN).

67

(3) Diese Evidenzanforderungen erfüllt Jacutin® Pedicul Fluid nicht, weil keine der hierzu vorliegenden Veröffentlichungen der Evidenzstufe I entspricht. Die verbleibenden Zweifel an einem durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen (vgl Kapitel 4 § 40 Abs 2 VerfO) von Jacutin® Pedicul Fluid lassen daher die Entscheidung des GBA nachvollziehbar erscheinen. Die Klägerin hat weder im Anhörungsverfahren gegenüber dem Beklagten noch nachfolgend geltend gemacht, dass es auch für Jacutin® Pedicul Fluid eine Studie mit höchster Evidenz gebe oder eine solche Studie kurz vor dem Abschluss stehe. Im Gegenteil hat sie vorgetragen, eine solche Studie sei nicht durchführbar. Das nach dem MPG durchzuführende Konformitätsbewertungsverfahren vermag den nach der AM-RL bzw der VerfO erforderlichen Nachweis des medizinischen Nutzens nicht zu ersetzen. Erst recht kann der Argumentation der Klägerin nicht gefolgt werden, dass das Behandlungsergebnis bzw der medizinische Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid so evident sei, dass ein Nachweis durch entsprechende Studien nicht erforderlich sei.

68

Es ist auch kein Ausnahmefall gegeben, in dem der Nutzennachweis auf der bestverfügbaren ("best available") Evidenz in der Klassifikation der evidenzbasierten Medizin, mithin auf niedrigeren Rangstufen geführt werden kann. Zwar trifft es nach der Rechtsprechung des BSG zu, dass bei Fehlen höherrangiger Studien auf andere aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden kann (BSGE 107, 287 = SozR 4-​2500 § 35 Nr 4, RdNr 62 mwN - Sortis; BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 37 - Gepan instill; vgl auch BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 48-49). Hierfür besteht vorliegend jedoch keine Veranlassung. Für andere, zur Behandlung des Kopflausbefalls in die Anlage V der AM-RL aufgenommene Medizinprodukte liegen Studien höchster Evidenz vor, sodass der Vortrag der Klägerin, derartige Studien seien nicht durchführbar, nicht überzeugt. Eine Verringerung der Evidenzanforderungen verbietet sich zumindest für den Bereich der Medizinprodukte schon allein deswegen, weil diese ohnehin nur "ausnahmsweise" in die Versorgung zu Lasten der GKV einbezogen werden; dies rechtfertigt strengere Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens. Im Übrigen besteht jedenfalls im Rahmen der nach § 29 Nr 4 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 4 VerfO durchzuführenden Vergleichsbetrachtung keine Veranlassung, hinsichtlich des zur Überprüfung anstehenden Medizinprodukts auf Studien niedrigerer Evidenzstufe auszuweichen, wenn für andere Medizinprodukte, mit denen es verglichen wird und nach seiner Ausrichtung verglichen werden kann, Studien der höchsten Evidenzstufe vorliegen.

69

Der Senat verkennt nicht, dass es durchaus eine Reihe von Indizien gibt, die einen medizinischen Nutzen von Jacutin® Pedicul Fluid nahelegen. Hierzu gehört der Umstand, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in der "Bekanntmachung der geprüften und anerkannten Mittel und Verfahren zur Bekämpfung von tierischen Schädlingen nach § 18 Infektionsschutzgesetz" vom 20.6.2008 (Bundesgesundheitsbl 2008, 1220 ff) unter Teil A III. ("Mittel gegen Kopflausbefall") Jacutin® Pedicul Fluid (aaO S 1226) aufführt. Als Mittel der Wahl empfohlen wird Jacutin® Pedicul Fluid sowohl im "arznei-telegramm" als auch im - von den Herausgebern des "arznei-telegramm(s)" herausgegebenen "Arzneimittelkursbuch" (letztverfügbare Ausgabe 2010/11, S 2274 Stichwort Dimeticon, extern: "Mittel der Wahl. Dies gilt aber nur für das Präparat Jacutin® Pedicul Fluid."). Schließlich wird Jacutin® Pedicul Fluid in einer aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Ökotest" (Ausgabe Mai 2015 S 41 ff) als eines von zwei der 16 getesteten Mittel zur Behandlung des Kopflausbefalls mit "sehr gut" beurteilt.

70

Ungeachtet dessen hat es bei den vom GBA aufgestellten Anforderungen zu verbleiben, weil nur so eine einheitliche, identischen Maßstäben unterliegende Handhabung der Listung von Medizinprodukten in die Übersicht gewährleistet ist. Es ist daher Sache des Herstellers eines Medizinprodukts, die Studienlage im Blick zu behalten und den Beleg des medizinischen Nutzens des eigenen Medizinprodukts jeweils auf der höchsten verfügbaren Evidenzstufe zu halten. Dass dies umsetzbar und zumutbar ist, belegen die für Konkurrenzprodukte vorgelegten Studien.

71

dd. Ist der GBA somit nicht nur berechtigt, die Aufnahme eines Medizinprodukts in die Anlage V der AM-RL abzulehnen, sofern andere - zweckmäßigere - Medizinprodukte verfügbar sind, sondern auch dazu, in Bezug auf die Zweckmäßigkeit nach dem Grad des Nachweises des medizinischen Nutzens der Medizinprodukte - speziell der Zweckmäßigkeit - zu differenzieren, besteht kein Anspruch darauf, dass Jacutin® Pedicul Fluid in dieser Übersicht gelistet ist, weil der GBA zeitgleich (Nyda® sowie EtoPril®) bzw nachfolgend (Dimet®20, Paranix® ohne Nissenkamm und Mosquito® med LäuseShampoo) andere Medizinprodukte zur Behandlung des Kopflausbefalls in die Übersicht aufgenommen hat, die der GBA als "zweckmäßiger" ansehen durfte, weil ihre Wirksamkeit durch Studien höchster Evidenz belegt ist. Eines direkten Vergleiches der Zweckmäßigkeit verschiedener Medizinprodukte im Sinne eines "head to head-Vergleiches" bedarf es nicht.

72

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass unter Zugrundelegung der für die Aufnahme und den Verbleib eines Medizinprodukts in die bzw in der Übersicht zu stellenden Evidenzanforderungen Jacutin® Pedicul Fluid nicht allein als "unzweckmäßigeres" Medizinprodukt im Sinne von § 29 Nr 4 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 4 VerfO anzusehen ist. Die Voraussetzung, dass keine "zweckmäßigeren" Medizinprodukte verfügbar sein dürfen, beinhaltet die Anforderung, dass das zu beurteilende Medizinprodukt seinerseits "zweckmäßig" sein muss, um überhaupt in den Vergleich einbezogen werden zu können. Da für Jacutin® Pedicul Fluid keinerlei Studien der höchsten Evidenzstufe vorliegen, ist auch dessen Zweckmäßigkeit nicht den Anforderungen entsprechend belegt. Nichts anderes gilt für seinen therapeutischen Nutzen (vgl § 29 Nr 3 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 3 VerfO), hinsichtlich dessen aufgrund der Studienlage nicht belegt ist, dass er dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Dies folgt daraus, dass die Evidenzanforderungen für sämtliche in § 29 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 VerfO aufgeführte Kriterien gelten(siehe hierzu schon 3.b.cc <(1)>).

73

c. Schließlich ist der Beklagte nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, fortlaufend zu überprüfen, ob die in die Übersicht aufgenommenen Medizinprodukte weiterhin die in § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V iVm § 29 AM-RL sowie Kapitel 4 § 39 VerfO normierten Anforderungen an eine - ausnahmsweise - Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV erfüllen, und hierauf zu reagieren, sobald und soweit dies nicht mehr der Fall ist; einer "wesentlichen Änderung" im Sinne des § 48 Abs 1 SGB X bedarf es hierzu nicht.

74

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG obliegt dem GBA wie jedem Normgeber eine Beobachtungspflicht dahingehend, ob das von ihm verfolgte Ziel der Gewährleistung einer Krankenbehandlung entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse weiterhin erreicht wird (BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 62 - Protonentherapie; siehe zB auch BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 74 - Festbeträge; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 71 - Festbeträge; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 8 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen - Goldinlays). Eine solche Beobachtungspflicht ist auch in Kapitel 1 § 7 Abs 4 VerfO vorgegeben. Danach muss der GBA begründeten Hinweisen nachgehen, dass seine Entscheidungen nicht mehr mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse übereinstimmen.

75

Auch unabhängig von derartigen Hinweisen ist der GBA nach dem Erlass einer Richtlinie zu der Prüfung verpflichtet, ob neuere wissenschaftliche Erkenntnisse diese Entscheidung noch rechtfertigen oder deren Änderung gebieten (BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 62; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 74; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 71; siehe auch BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 8 RdNr 23 mwN). Wird das Ziel der Gewährleistung einer Krankenbehandlung entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse offenkundig nicht mehr erreicht, muss er nachbessern (BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 62 unter Hinweis ua auf BVerfGE 95, 267, 314 f und BVerfGE 111, 333, 360). Denn wesentlicher innerer Grund des gesetzlichen Regelungskonzepts, den GBA mit Normsetzungskompetenz auszustatten, ist es gerade, ihn die sich ständig ändernde Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie beobachten zu lassen, damit er wesentliche Änderungen umgehend in den Richtlinien berücksichtigt (BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 74; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 71; siehe auch BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 13 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 14 RdNr 21). Klarzustellen ist, dass die Beobachtungspflicht des GBA nicht allein in Bezug auf solche Erkenntnisse Geltung beansprucht, die die Aufhebung einer negativen Entscheidung rechtfertigen könnten, sondern auch für solche Erkenntnisse gilt, die die Änderung einer positiven Entscheidung - wie etwa die Aufnahme in die Übersicht - erfordern oder zumindest rechtfertigen können.

76

Neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen gleichzustellen ist insbesondere die Konstellation, dass sich die tatsächlichen Grundlagen der vom GBA nach § 29 Nr 4 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 4 VerfO anzustellenden Vergleichsbetrachtung dadurch ändern, dass andere - zweckmäßigere - Medizinprodukte verfügbar werden. Mit dem Begriff "verfügbar" ist in diesem Zusammenhang nicht gemeint, dass zur Behandlung derselben Krankheit vorgesehene Medizinprodukte überhaupt am Markt erhältlich sind; vielmehr bezieht sich die "Verfügbarkeit" darauf, ob ein Medizinprodukt durch seine Aufnahme in die Übersicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig geworden ist. Dies ergibt sich zwingend daraus, dass nur solche Medizinprodukte in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden, die miteinander um die Anerkennung ihrer ausnahmsweisen Verordnungsfähigkeit konkurrieren; dies können nur solche sein, die entweder bereits gelistet sind oder deren Aufnahme zur Überprüfung ansteht. Im Übrigen folgt dies aus der Funktion der gemäß § 31 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V zu erstellenden Übersicht, die Medizinprodukte aufzuführen, die ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden.

77

Gerade die nach § 29 Nr 4 AM-RL bzw Kapitel 4 § 39 Abs 1 Nr 4 VerfO anzustellende Vergleichsbetrachtung erfordert einen - über die allgemeine Beobachtungspflicht des Normgebers hinausgehenden - Prozess permanenter Überprüfung. Eine vergleichende Betrachtung der Zweckmäßigkeit, die sich in einer einmaligen Gegenüberstellung verschiedener - zur Behandlung identischer Krankheitsbilder bestimmter und verfügbarer - Medizinprodukte erschöpfte, würde zum einen den erkennbaren Zweck des Vergleiches verfehlen, nur die Medizinprodukte zur ausnahmsweisen Verordnung zuzulassen, deren Zweckmäßigkeit höchsten Anforderungen entspricht, und zum anderen zu einer Ungleichbehandlung der Hersteller von Medizinprodukten führen, weil die Aussicht, die Aufnahme ihres Medizinprodukts in die Übersicht zu erreichen, wesentlich von der im Zeitpunkt der Entscheidung des GBA bestehenden Konkurrenzsituation mitbestimmt würde.

78

Angesichts der dargestellten Verpflichtung des GBA, die Entwicklung des allgemein anerkannten Standes der Medizin und der Pharmakologie fortlaufend zu beobachten, kommt ein sich aus der Aufnahme in die Anlage V der AM-RL ergebender Vertrauensschutz nicht in Betracht. Die allgemeine Erwartung der Unveränderlichkeit der Rechtslage ist nicht Gegenstand des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes (vgl BVerfGE 105, 17, 40; 109, 133, 180 f; BVerfG Beschluss vom 15.5.2007 - 1 BvR 866/07 - Juris RdNr 20 = NZS 2008, 34; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 23-24; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10 RdNr 28).

79

d. Nach alledem ist die Entscheidung des GBA rechtlich nicht zu beanstanden, da die gesetzlichen Vorgaben für die Normänderung beachtet wurden, der Klägerin ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, zur beabsichtigten Normänderung Stellung zu nehmen und ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 GG nicht vorliegt, weil an alle Hersteller von Medizinprodukten zur Behandlung des Kopflausbefalls gleiche Anforderungen gestellt wurden.

80

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

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Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

Gesetz über Medizinprodukte


Medizinproduktegesetz - MPG

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 11 Leistungsarten


(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 28 Ärztliche und zahnärztliche Behandlung


(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 32 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfü

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 43 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes


(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können un

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 29


(1) Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. (2) Die Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über1.Klagen gegen

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 94 Wirksamwerden der Richtlinien


(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden; bei Beschlüssen nach § 20i Absatz 1 und bei Beschlüssen nach § 35 Absatz 1 inn

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 139a Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 gründet ein fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und ist dessen Träger. Hierzu kann eine Stiftung des privaten Rechts er

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 29 Kieferorthopädische Behandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeint

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 153 Auflösung


(1) Eine Betriebskrankenkasse kann auf Antrag des Arbeitgebers aufgelöst werden, wenn der Verwaltungsrat mit einer Mehrheit von mehr als drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder zustimmt. (2) Über den Antrag entscheidet die Aufsichtsbehörde

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 148 Ersatzkassen


Ersatzkassen sind am 31. Dezember 1992 bestehende Krankenkassen, bei denen Versicherte die Mitgliedschaft bis zum 31. Dezember 1995 durch Ausübung des Wahlrechts erlangen konnten. Der Zuständigkeitsbereich von Ersatzkrankenkassen erstreckt sich auf d

Referenzen - Urteile

Bundessozialgericht Urteil, 13. Mai 2015 - B 6 KA 14/14 R zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Juli 2012 - B 1 KR 23/11 R

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
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Bundessozialgericht Urteil, 25. Mai 2018 - B 13 R 33/15 R

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht NRW Urteil, 25. Aug. 2016 - L 7 AS 1942/13

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Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.09.2013 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 27.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2010 verurteilt, den Darlehensbe

Bundessozialgericht Urteil, 20. Apr. 2016 - B 3 KR 18/15 R

bei uns veröffentlicht am 20.04.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2015 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Be

Referenzen

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte.

(2) Die Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über

1.
Klagen gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter sowie der sektorenübergreifenden Schiedsgremien auf Landesebene und gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter und der sektorenübergreifenden Schiedsgremien auf Landesebene nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 75 Absatz 3c, § 111b Absatz 6, § 120 Absatz 4, § 132a Absatz 3 und § 132l Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, der Schiedsstellen nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, der Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und des Schiedsgremiums nach § 113c Absatz 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und der Schiedsstellen nach § 81 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
2.
Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, gegenüber den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, gegenüber der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Medizinischen Diensten sowie dem Medizinischen Dienst Bund, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird,
3.
Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch,
4.
Anträge nach § 55a,
5.
Streitigkeiten nach § 4a Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entscheidet im ersten Rechtszug über

1.
Streitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen untereinander betreffend den Risikostrukturausgleich sowie zwischen gesetzlichen Krankenkassen oder ihren Verbänden und dem Bundesamt für Soziale Sicherung betreffend den Risikostrukturausgleich, die Anerkennung von strukturierten Behandlungsprogrammen und die Verwaltung des Gesundheitsfonds,
2.
Streitigkeiten betreffend den Finanzausgleich der gesetzlichen Pflegeversicherung,
3.
Streitigkeiten betreffend den Ausgleich unter den gewerblichen Berufsgenossenschaften nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch,
4.
Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(4) Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entscheidet im ersten Rechtszug über

1.
Klagen gegen die Entscheidung der Bundesschiedsämter nach § 89 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, des weiteren Schiedsamtes auf Bundesebene nach § 89 Absatz 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, des sektorenübergreifenden Schiedsgremiums auf Bundesebene nach § 89a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie der erweiterten Bewertungsausschüsse nach § 87 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Klagen von den Einrichtungen erhoben werden, die diese Gremien bilden,
2.
Klagen gegen Entscheidungen des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 87 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gegenüber den Bewertungsausschüssen und den erweiterten Bewertungsausschüssen sowie gegen Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit gegenüber den Bundesschiedsämtern und dem sektorenübergreifenden Schiedsgremium auf Bundesebene,
3.
Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§§ 91, 92 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), Klagen in Aufsichtsangelegenheiten gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss, Klagen gegen die Festsetzung von Festbeträgen durch die Spitzenverbände der Krankenkassen oder den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach den §§ 125, 129, 130b, 131, 134, 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Schlichtungsstelle nach § 319 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie Klagen gegen Entscheidungen des Schlichtungsausschusses Bund nach § 19 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) geändert worden ist,
4.
Klagen gegen Entscheidungen des Qualitätsausschusses nach § 113b Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie des erweiterten Qualitätsausschusses nach § 113b Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gegen Entscheidungen des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 113b Absatz 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch gegenüber dem Qualitätsausschuss und dem erweiterten Qualitätsausschuss sowie über Klagen, welche die Mitwirkung an den Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund betreffen (§ 17 Absatz 1, §§ 18b, 112a Absatz 2, § 114a Absatz 7 und § 114c Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch).

(5) (weggefallen)

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 gründet ein fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und ist dessen Träger. Hierzu kann eine Stiftung des privaten Rechts errichtet werden.

(2) Die Bestellung der Institutsleitung hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit zu erfolgen. Wird eine Stiftung des privaten Rechts errichtet, erfolgt das Einvernehmen innerhalb des Stiftungsvorstands, in den das Bundesministerium für Gesundheit einen Vertreter entsendet.

(3) Das Institut wird zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen insbesondere auf folgenden Gebieten tätig:

1.
Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei ausgewählten Krankheiten,
2.
Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen der Qualität und Wirtschaftlichkeit der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung alters-, geschlechts- und lebenslagenspezifischer Besonderheiten,
3.
Recherche des aktuellen medizinischen Wissensstandes als Grundlage für die Entwicklung oder Weiterentwicklung von Leitlinien,
4.
Bewertungen evidenzbasierter Leitlinien für die epidemiologisch wichtigsten Krankheiten,
5.
Abgabe von Empfehlungen zu Disease-Management-Programmen,
6.
Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln,
7.
Bereitstellung von für alle Bürgerinnen und Bürger verständlichen allgemeinen Informationen zur Qualität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung sowie zu Diagnostik und Therapie von Krankheiten mit erheblicher epidemiologischer Bedeutung,
8.
Beteiligung an internationalen Projekten zur Zusammenarbeit und Weiterentwicklung im Bereich der evidenzbasierten Medizin.

(4) Das Institut hat zu gewährleisten, dass die Bewertung des medizinischen Nutzens nach den international anerkannten Standards der evidenzbasierten Medizin und die ökonomische Bewertung nach den hierfür maßgeblichen international anerkannten Standards, insbesondere der Gesundheitsökonomie erfolgt. Es hat in regelmäßigen Abständen über die Arbeitsprozesse und -ergebnisse einschließlich der Grundlagen für die Entscheidungsfindung öffentlich zu berichten.

(5) Das Institut hat in allen wichtigen Abschnitten des Bewertungsverfahrens Sachverständigen der medizinischen, pharmazeutischen und gesundheitsökonomischen Wissenschaft und Praxis, den Arzneimittelherstellern sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch Kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen sowie der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Bei der Bearbeitung von Aufträgen zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach Absatz 3 Nummer 1 findet lediglich ein Stellungnahmeverfahren zum Vorbericht statt.

(6) Zur Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit des Instituts haben die Beschäftigten vor ihrer Einstellung alle Beziehungen zu Interessenverbänden, Auftragsinstituten, insbesondere der pharmazeutischen Industrie und der Medizinprodukteindustrie, einschließlich Art und Höhe von Zuwendungen offen zu legen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

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Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

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Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

58

Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

68

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

57

Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

58

Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

68

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

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Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

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Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

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Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

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Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

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Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

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(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

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Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

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Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

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Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

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Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

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Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

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(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

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Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

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Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

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Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

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Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

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Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

68

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

57

Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

58

Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

68

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

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Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

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Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

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Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

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Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

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a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

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(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

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Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

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(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

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Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

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Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

58

Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

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(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

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Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

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Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

67

Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

Ersatzkassen sind am 31. Dezember 1992 bestehende Krankenkassen, bei denen Versicherte die Mitgliedschaft bis zum 31. Dezember 1995 durch Ausübung des Wahlrechts erlangen konnten. Der Zuständigkeitsbereich von Ersatzkrankenkassen erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet.

(1) Eine Betriebskrankenkasse kann auf Antrag des Arbeitgebers aufgelöst werden, wenn der Verwaltungsrat mit einer Mehrheit von mehr als drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder zustimmt.

(2) Über den Antrag entscheidet die Aufsichtsbehörde. Sie bestimmt den Zeitpunkt, an dem die Auflösung wirksam wird.

(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Satzung der Betriebskrankenkasse eine Regelung nach § 144 Absatz 2 Satz 1 enthält.

(4) Für die gemeinsame Betriebskrankenkasse mehrerer Arbeitgeber ist der Antrag nach Absatz 1 von allen beteiligten Arbeitgebern zu stellen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden; bei Beschlüssen nach § 20i Absatz 1 und bei Beschlüssen nach § 35 Absatz 1 innerhalb von vier Wochen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 2 unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erläßt das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien.

(2) Die Richtlinien sind im Bundesanzeiger und deren tragende Gründe im Internet bekanntzumachen. Die Bekanntmachung der Richtlinien muss auch einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten.

(3) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 1 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden; bei Beschlüssen nach § 20i Absatz 1 und bei Beschlüssen nach § 35 Absatz 1 innerhalb von vier Wochen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 2 unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erläßt das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien.

(2) Die Richtlinien sind im Bundesanzeiger und deren tragende Gründe im Internet bekanntzumachen. Die Bekanntmachung der Richtlinien muss auch einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten.

(3) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 1 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden; bei Beschlüssen nach § 20i Absatz 1 und bei Beschlüssen nach § 35 Absatz 1 innerhalb von vier Wochen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 2 unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erläßt das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien.

(2) Die Richtlinien sind im Bundesanzeiger und deren tragende Gründe im Internet bekanntzumachen. Die Bekanntmachung der Richtlinien muss auch einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten.

(3) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 1 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 24 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 24 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die künftige Versorgung der Klägerin mit dem Mittel Gepan instill.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet seit Jahren an einer sog interstitiellen Cystitis (Sonderform der abakteriellen Cystitis unklarer Ätiologie). Die Erkrankung hat eine erhebliche Verringerung der Harnblasenkapazität und eine Harnblasenentleerungsstörung mit ausgeprägten Dehnungsschmerzen und starkem Harndrang zur Folge. Die Klägerin beantragte unter Hinweis auf eine vertragsärztliche Verordnung, ihr Uropol-S zu gewähren (Januar 2006). Uropol-S, später in Gepan instill umbenannt, ist eine sterile Natrium-Chondroitinsulfat-Lösung zum vorübergehenden Ersatz der Glykosaminoglykan-Schicht (GAG-Schicht), der Innenwand-Schutzschicht der Blase. Die Instillation über einen Katheter soll während der ersten vier Behandlungswochen einmal pro Woche erfolgen, anschließend bis zum Abklingen der Symptome einmal pro Monat. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da Uropol-S ein nicht apothekenpflichtiges Medizinprodukt sei (Bescheid vom 16.1./15.2.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.9.2006). Das SG hat die Klage auf Versorgung mit Uropol-S abgewiesen, da ein Wirksamkeitsnachweis für das Präparat fehle (Urteil vom 5.9.2007). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe ihre Klage auf Versorgung mit Gepan instill umgestellt, da der Hersteller das Mittel Uropol-S aus markenrechtlichen Gründen nunmehr unter der Bezeichnung Gepan instill vertreibe. Diese Klageänderung sei unzulässig, da weder die Beklagte eingewilligt habe noch Sachdienlichkeit bestehe (Urteil vom 11.1.2011).

3

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen (§ 99 Abs 1 und 3 SGG) und materiellen Rechts (§ 27 Abs 1 und § 31 Abs 1 SGB V). Dazu trägt sie vor, das LSG habe verkannt, dass das Medizinprodukt lediglich eine Namensänderung erfahren habe und im Übrigen vollkommen unverändert geblieben sei. Sie habe jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens Anspruch auf Gepan instill, da der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) dieses zu Unrecht nicht zur Behandlung der interstitiellen Cystitis in Anl V der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) aufgenommen habe.

4

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Januar 2011 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 5. September 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Januar und 15. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin künftig auf vertragsärztliche Verordnung Gepan instill als Sachleistung zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen das die Klage abweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Zwar ist die Klage entgegen der Auffassung des LSG zulässig (dazu 1.) Die Klägerin hat aber mangels Einbeziehung des Mittels in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch den GBA keinen Anspruch gegen die beklagte KK auf Versorgung mit dem begehrten Medizinprodukt aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 3, § 31 Abs 1 S 2 SGB V(dazu 2.). Die Klägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe der GBA Gepan instill in die Versorgungspflicht einbezogen (dazu 3.). Die gesetzliche Konzeption begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu 4.).

8

1. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) auf Versorgung mit Gepan instill ist zulässig. Der erkennende Senat bejaht die von ihm als Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Erfüllung der Sachurteilsvoraussetzungen.

9

a) Entgegen der Rechtsauffassung des LSG liegt keine unzulässige Klageänderung (§ 99 Abs 1 und 2 SGG) darin, dass die Klägerin ihren Antrag im Berufungsverfahren auf Gewährung von Gepan instill umgestellt hat. Das folgt schon daraus, dass sich die Beklagte im Berufungsverfahren darauf eingelassen und einen Sachantrag gestellt hat (§ 99 Abs 2 SGG). Im Übrigen liegt in einer Namensänderung - weder bei einem Beteiligten noch bei einem begehrten Produkt - eine Klageänderung. Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die unrichtige Bezeichnung eines Beteiligten jederzeit - ohne die Beschränkungen des § 99 Abs 1 und 2 SGG - richtiggestellt werden kann(vgl BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 P 1/10 R - RdNr 12 mwN). In gleicher Weise gilt dies für die Berichtigung aus Anlass einer Namensänderung eines Beteiligten. Nichts anderes hat hinsichtlich der Bezeichnung des Streitobjekts zu gelten, insbesondere im Falle der Umbenennung eines Medizinprodukts, wenn dieses auch nach seiner Umbenennung die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme (§ 6 Medizinproduktegesetz) erfüllen muss. Denn die damit verbundene Frage, ob das begehrte Medizinprodukt die nötige Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit besitzt und in diesem Sinn auch den Anforderungen an die Qualitätssicherung in der GKV entspricht (vgl BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 37 mwN), ist keine Frage der Streitgegenstandsidentität, sondern der Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen (dazu sogleich unter 2.).

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b) Bei einer bloßen Umbenennung des streitbefangenen Produkts bedarf es auch keines neuen Verwaltungsverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Denn die behördliche Leistungsablehnung erfasst das betroffene Produkt jedenfalls dann noch, wenn sich lediglich seine Bezeichnung ändert. So liegt es hier nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG bei der Namensänderung von Uropol-S zu Gepan Instill. Auch wenn man unter dem Aspekt einer generellen Tatsache (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9 mwN) eine Ausnahme von der grundsätzlichen Bindung nach § 163 SGG machen wollte, ergäbe sich keine weitere Ermittlungspflicht des Senats. Denn die Feststellung des LSG entspricht dem publizierten Hinweis an die Ärzteschaft, dass Uropol-S bei gleichbleibendem Produktinhalt zur Schaffung einer einheitlichen internationalen Marke durch den Hersteller Pohl-Boskamp eine Namensänderung erfahren hat (s DÄ 2007, A 3353).

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2. Die Klägerin kann nach den gesetzlichen Vorgaben Versorgung mit Gepan instill nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 12 mwN) nicht beanspruchen, da es im hier maßgeblichen Rechtssinne kein Arznei- oder Hilfsmittel, sondern ein Medizinprodukt ist (dazu a), das der GBA nicht für verordnungsfähig erklärt hat. Versicherte haben nur dann Anspruch auf Versorgung mit einem Medizinprodukt - wie hier Gepan instill - als Teil notwendiger Krankenbehandlung, wenn das Mittel in den Leistungskatalog der GKV fällt. So liegt es, wenn die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des Anspruchs auf notwendige Krankenbehandlung erfüllt sind (vgl näher Hauck, NZS 2007, 461). Versicherte haben nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V), der Medizinprodukte nur ausnahmsweise unterfallen. Der GBA legt in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V fest, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr 1 oder Nr 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind(dazu b), ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs 1 S 5, 7 und 8 und Abs 6 sowie die §§ 35, 126 und 127 SGB V gelten entsprechend(vgl § 31 Abs 1 S 2 SGB V idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008, BGBl I 2426). Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach S 2 gilt § 34 Abs 1 S 6 SGB V entsprechend(§ 31 Abs 1 S 3 SGB V, dazu c). Auf die Apothekenpflicht des Medizinprodukts kommt es nicht an (dazu d). Notwendig ist indes die Verkehrsfähigkeit (dazu e). Entscheidend ist alsdann die rechtmäßige Festlegung durch den GBA in Richtlinien (dazu f).

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a) Gepan instill unterliegt dem Anspruchsregime der GKV für arzneimittelähnliche Medizinprodukte (§ 31 Abs 1 S 2 SGB V) und nicht jenem für Arzneimittel (§ 31 Abs 1 S 1 SGB V) oder Hilfsmittel (vgl dazu § 33 SGB V). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist notwendige, nicht hinreichende Bedingung für die Qualität als GKV-Arzneimittel (§ 31 Abs 1 S 1 SGB V), dass Arzneimitteleigenschaft iS des Arzneimittelgesetzes (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln , neugefasst durch Bekanntmachung vom 12.12.2005, BGBl I 3394, zuletzt geändert durch Art 13 Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) besteht (vgl zB BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 15 mwN - Lorenzos Öl). Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte iS des § 3 MPG(neugefasst durch Bekanntmachung vom 7.8.2002 BGBl I 3146, zuletzt geändert durch Art 13 Gesetz vom 8.11.2011, BGBl I 2178) sind gemäß § 2 Abs 3 Nr 7 AMG nicht Arzneimittel, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 Nr 2 AMG. Nach dieser Regelung sind Arzneimittel "Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, … 2. die im oder am menschlichen … Körper angewendet oder einem Menschen … verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen". Das MPG gilt seinerseits nicht für Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 Nr 2 AMG(vgl § 2 Abs 5 Nr 1 MPG).

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b) § 3 MPG definiert - soweit hier von Interesse - Medizinprodukte als alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen, c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder d) der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann(§ 3 Nr 1 MPG). Zudem sind Medizinprodukte auch Produkte nach § 3 Nr 1 MPG, die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 AMG angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können(§ 3 Nr 2 MPG).

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Gepan instill ist ein Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen iS des MPG. Das MPG definiert den Begriff Stoff nicht. Auch das dem MPG zugrunde liegende europäische Sekundärrecht (vgl Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte, ABl L 169 vom 12.7.1993, S 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.9.2007, ABl L 247 vom 21.9.2007, S 21; dazu d) enthält keine Definition des Stoffbegriffs. Im systematischen Gesamtzusammenhang kann jedoch der Stoffbegriff des AMG erläuternd herangezogen werden. Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind 1. chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen, 2. Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, 3. Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch oder Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, 4. Mikroorganismen einschließlich Viren sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte (§ 3 AMG). Eine Zubereitung aus Stoffen besteht aus der Verarbeitung mehrerer Stoffe durch ihr Verbinden, Mischen, Filtern oder sonstige Vorgänge (vgl Rehmann in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl, 2010, § 3 RdNr 1).

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Die bestimmungsgemäße Hauptwirkung von Gepan instill im oder am menschlichen Körper wird auch weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht. Entscheidend ist, dass die Zweckbestimmung vorwiegend auf physikalischem Weg erreicht wird. Die Zweckbestimmung muss medizinisch sein, sodass es auf die überwiegend physikalische Wirkung ankommt (hierzu BT-Drucks 12/6991 S 28; zur Abgrenzung vgl auch BGH GesR 2010, 435 - juris RdNr 16; Rehmann in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl 2010, § 3 RdNr 1).

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Als vorwiegend physikalisch wirkender "Stoff" oder als Zubereitung aus Stoffen ist Gepan instill kein Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 SGB V. Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel (stRspr, vgl zB BSGE 88, 204, 206 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 27 - D-Ribose). Zwar ließe sich bei einem weiten sprachlichen Verständnis Gepan instill als Sache ansehen, die die Funktion hat, die Folgen von Gesundheitsschäden zu mildern oder auszugleichen. Ein solches Gesetzesverständnis würde aber die Gesetzessystematik vernachlässigen, welche Arzneimittel, Ernährungstherapien, Nahrungsergänzungsmittel und Stoffe sowie Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr 1 oder Nr 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, einer eigenständigen Regelung in § 31 SGB V unterworfen hat(vgl BSG Urteil vom 5.7.2005 - B 1 KR 12/03 R - Quick & Dick; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 27 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 51 mwN - Lorenzos Öl). Andererseits hat die beschränkte Einzelverweisung auf Stoffe sowie Zubereitungen aus Stoffen in § 31 Abs 1 S 2 SGB V zur Folge, dass beispielsweise Instrumente, Apparate und Vorrichtungen iS des § 3 Nr 1 MPG ggf als Hilfsmittel zu Lasten der GKV verordnungsfähig sein können(vgl BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 37).

17

c) Es bedarf keiner Vertiefung, dass arzneimittelähnliche Medizinprodukte - entsprechend den Regeln für Arzneimittel - nicht Gegenstand des GKV-Leistungskatalogs sind, wenn es sich um sog Lifestyle-Präparate iS des § 34 Abs 1 S 7 und 8 SGB V handelt. Auch arzneimittelähnliche Bagatellmedizinprodukte gehören nicht zu den GKV-Leistungen (§ 31 Abs 1 S 3 iVm § 34 Abs 1 S 6 SGB V, entsprechend den Bagatellarzneimitteln bei sog geringfügigen Gesundheitsstörungen, § 34 Abs 1 S 6 SGB V), unabhängig davon, ob sie verschreibungspflichtig sind oder nicht (Nolte in Kasseler Komm, Stand April 2012, SGB V, § 31 RdNr 41; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Update-Stand Juni 2011, K § 31 RdNr 82). Diese Ausschlusstatbestände sind bei Gepan instill nicht erfüllt.

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d) Nach der heute geltenden Fassung des § 31 Abs 1 SGB V kommt es nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Zielsetzung nicht mehr darauf an, ob das Medizinprodukt apothekenpflichtig ist. Allerdings ist der Anspruch des Versicherten im Arzneimittelsektor auf eine Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln beschränkt (§ 31 Abs 1 S 1 SGB V, §§ 43 ff AMG iVm § 7 Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel idF vom 21.2.2011, BGBl I 314). Dies galt ursprünglich auch für arzneimittelähnliche Medizinprodukte, soweit sie bis zum Inkrafttreten des MPG vom 2.8.1994 (BGBl I 1963) dem Arzneimittelbegriff des AMG unterfielen (vgl § 2 Abs 1 AMG idF bis zum Inkrafttreten des MPG am 1.1.1995). Mit Inkrafttreten des MPG zur Umsetzung der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20.6.1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl L 189 vom 20.7.1990, S 17), zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/68/EWG (ABl L 220 S 1), der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte (ABl L 169 vom 12.7.1993, S 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/104/EG (ABl 2002 L 6 S 50) und der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.10.1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl L 331 vom 7.12.1998, S 1), gab es indessen Unklarheiten über den Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit arzneimittelähnlichen Medizinprodukten. Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (<2. MPG-ÄndG> vom 13.12.2001, BGBl I 3586) wurde daher in § 31 Abs 1 SGB V S 3 Halbs 1 mit folgendem Wortlaut eingefügt: "Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr 1 oder Nr 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt und apothekenpflichtig sind und die bei Anwendung der am 31. Dezember 1994 geltenden Fassung des § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetzes Arzneimittel gewesen wären, sind in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen…". Mit dieser Änderung sollte eine Anspruchsgrundlage für arzneimittelähnliche Medizinprodukte geschaffen werden, die vor dem Inkrafttreten des MPG vom 1.1.1995 in den Regelungsbereich des AMG einbezogen waren. Damit sollte klargestellt werden, dass insoweit ein Leistungsanspruch gegenüber den KKn besteht. Erfasst werden sollten ausschließlich arzneimittelähnliche Medizinprodukte (bereits auf dem Markt befindliche und künftig erscheinende), die bei Anwendung der am 31.12.1994 geltenden Fassung des § 2 Abs 1 AMG als Arzneimittel anzusehen gewesen wären. Es handelte sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei diesen Produkten insbesondere um viskoelastische Substanzen (Hyaluronsäure), einige Spüllösungen (zB Ringer-Lösung) für Nase und Augen oder künstliche Tränen. Ehemalige Geltungsarzneimittel nach § 2 Abs 2 AMG in der am 31.12.1994 geltenden Fassung wie zB Implantate oder Herzschrittmacher sollten dagegen nicht unter den Stoffbegriff fallen und daher nicht mittels dieser Regelung in die ambulante Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Die Apothekenpflicht von Medizinprodukten sollte wie bei den Arzneimitteln Voraussetzung für die Leistungspflicht der KKn sein (BT-Drucks 14/6281 S 41). Seit Inkrafttreten des 2. MPG-ÄndG war daher für den Versorgungsanspruch des Versicherten zu prüfen, ob das Medizinprodukt apothekenpflichtig war. Die Apothekenpflicht hing ua davon ab, ob das Medizinprodukt nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten (MPVerschrV) verschreibungspflichtig war (§ 11 Abs 3 MPG iVm § 1 Abs 1 Nr 1 Verordnung über Vertriebswege für Medizinprodukte vom 17.12.1997, BGBl I 3148). Nach § 1 Abs 1 S 1 Nr 2 MPVerschrV handelte es sich dabei ua um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, welche der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln - Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) unterlagen.

19

In der Folge führte die bisherige Fassung von § 31 Abs 1 S 3 SGB V in der Wahrnehmung des Gesetzgebers zu Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung. Ob Kosten eines arzneimittelähnliches Medizinproduktes tatsächlich erstattet werden konnten, war zum Teil Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen (vgl zum Erfordernis der namentlichen Nennung in der AMVV zB SG Gelsenkirchen Urteil vom 4.7.2006 - S 28 KR 5/05; auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17.7.2008 - L 24 KR 149/07). Zur Klarstellung der Erstattungspraxis hätte der GBA im Rahmen des geltenden Rechtes aufgrund von § 92 Abs 1 S 2 SGB V zwar die Möglichkeit gehabt, in Richtlinien das Nähere zu den in der vertragsärztlichen Versorgung jeweils verordnungsfähigen Leistungen zu regeln. Diese Möglichkeit hat der GBA bezogen auf die arzneimittelähnlichen Medizinprodukte nach Auffassung des Gesetzgebers indessen nicht genutzt (BT-Drucks 16/4455 S 41). Mit dem Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom 14.6.2007 (BGBl I 1066) hat der Gesetzgeber den GBA daher unter Verzicht auf die bisherige gesetzliche Abgrenzung der Medizinprodukte nach ihrer Qualifizierung als apothekenpflichtige Arzneimittel zum Stand 31.12.1994 nunmehr zum 1.7.2008 verpflichtet, für die Beteiligten, insbesondere für Versicherte, Ärzte und KKn, Rechtssicherheit für die Versorgung in der täglichen Praxis zu schaffen, indem er in Richtlinien festlegt, welche arzneimittelähnlichen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden (BT-Drucks 16/4455 S 41; BT-Drucks 16/5280 S 13). Auf die Apothekenpflicht des Medizinprodukts kommt es demnach nicht mehr an. Mit dem Verzicht des Gesetzgebers auf die Apothekenpflicht ist auch außerhalb des Bagatellbereichs (s dazu c) die Unterscheidung nach verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Medizinprodukten entbehrlich. Denn Apothekenpflicht und Verschreibungspflicht sind im Medizinprodukterecht - wie dargestellt - im Ansatz deckungsgleich (vgl § 11 Abs 3 MPG iVm § 1 Nr 1 MPVertrV).

20

e) Notwendige weitere Voraussetzung für die Zugehörigkeit eines arzneimittelähnlichen Medizinprodukts zum GKV-Leistungskatalog ist die Verkehrsfähigkeit des Produkts nach MPG. Der erkennende Senat geht für den Bereich der Arzneimittelversorgung in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Pharmakotherapien mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung als Voraussetzung des Inverkehrbringens bedürfen, von der Leistungspflicht der GKV grundsätzlich nur umfasst werden, wenn sie über die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung verfügen (vgl § 21 AMG für Fertigarzneimittel). Ohne die erforderliche Zulassung fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Arzneimitteltherapie (vgl § 2 Abs 1 S 1, § 12 Abs 1 SGB V; stRspr, vgl statt vieler zB BSGE 72, 252, 256 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 29 - Lorenzos Öl; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 12 - Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Für arzneimittelähnliche Medizinprodukte (§ 31 Abs 1 S 2 SGB V) beansprucht dieser Grundsatz der negativen Vorgreiflichkeit (BSGE 89, 184, 185 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 f - Sandoglobulin; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 40 mwN - Sortis) in gleicher Weise Geltung. Die arzneimittelähnlichen Medizinprodukte müssen hierfür die spezifisch medizinprodukterechtlichen Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit erfüllen. An die Stelle der arzneimittelrechtlichen Zulassung (§§ 21 ff AMG) tritt insoweit grundsätzlich die CE-Kennzeichnung, soweit sie nicht kraft ausdrücklicher Ausnahmeregelung entbehrlich ist oder an ihre Stelle eine Sonderzulassung tritt (vgl § 6 Abs 1 S 1 iVm § 11 Abs 1 MPG). Mit der CE-Kennzeichnung dürfen Medizinprodukte grundsätzlich nur versehen werden, wenn die Grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG, die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind, erfüllt sind und ein für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Medizinprodukteverordnung (MPV) durchgeführt ist(§ 6 Abs 2 S 1 MPG).

22

Die Grundlegenden Anforderungen sind für aktive implantierbare Medizinprodukte die Anforderungen des Anhangs 1 der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20.6.1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl L 189 vom 20.7.1990, S 17), die zuletzt durch Art 1 der Richtlinie 2007/47/EG (ABl L 247 vom 21.9.2007, S 21) geändert worden ist, für In-vitro-Diagnostika die Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 98/79/EG und für die sonstigen Medizinprodukte die Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte (ABl L 169 vom 12.7.1993, S 1), die zuletzt durch Art 2 der Richtlinie 2007/47/EG (ABl L 247 vom 21.9.2007, S 21) geändert worden ist, in den jeweils geltenden Fassungen (§ 7 Abs 1 MPG). Die Grundlegenden Anforderungen werden damit im Wege der dynamischen Verweisung ohne Umweg über eine Rechtsverordnung dem Unionsrecht entnommen (vgl Wagner in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl 2010, § 7 RdNr 1 f). Sie umfassen nicht nur Anforderungen an die Produktsicherheit, sondern ebenso an die Eignung entsprechend der Zweckbestimmung und an die Vertretbarkeit unerwünschter Nebenwirkungen. Der Nachweis der Übereinstimmung mit den Grundlegenden Anforderungen muss überdies eine klinische Bewertung umfassen (vgl zB Anhang I und X Richtlinie 93/42/EWG, §§ 19, 20 MPG, hierzu Rehmann in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl 2010, § 19 RdNr 1).

23

Mit der CE-Kennzeichnung geht dementsprechend auch der 3. BSG-Senat für den Hilfsmittelbereich davon aus, dass das als Hilfsmittel zu qualifizierende Medizinprodukt grundsätzlich geeignet ist, den medizinischen Zweck zu erfüllen, den es nach den Angaben des Herstellers besitzen soll, und dass es die erforderliche Qualität besitzt, die notwendig ist, um die Sicherheit seines Benutzers zu gewährleisten (vgl BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 8 - C-Leg). Mit der CE-Kennzeichnung gilt bei der Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis der Nachweis der Funktionstauglichkeit und Sicherheit grundsätzlich als erbracht (vgl § 139 Abs 5 S 1 SGB V). Mit der CE-Kennzeichnung ist ein Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich, ohne dass dies von den KKn oder Gerichten noch eigenständig zu prüfen wäre (vgl BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 37 f - Vacoped).

24

Nach den Angaben der Klägerin verfügt Gepan instill über die nötige CE-Kennzeichnung.

25

f) Das weitere tatbestandliche Erfordernis, dass der GBA in Richtlinien die Verordnungsfähigkeit der nach den aufgezeigten gesetzlichen Rahmenbedingungen in Betracht kommenden verkehrsfähigen arzneimittelähnlichen Medizinprodukte positiv festgelegt hat, ist zwar verfassungskonform, in der Sache aber nicht erfüllt. Der GBA hat den Auftrag des Gesetzgebers zur Festlegung, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind (§ 31 Abs 1 S 2 SGB V), in seiner AM-RL umgesetzt (vgl AM-RL idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009, in Kraft getreten am 1.4.2009, Kapitel J: Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten).

26

Die Richtlinien des GBA sind in der Rechtsprechung des BSG seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des GMG, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu auf Grund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (stRspr; vgl grundlegend BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 ff mwN - LITT; BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 18/10 R - juris RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR).

27

Gepan instill zur Behandlung der interstitiellen Cystitis ist in der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte nicht gelistet (AM-RL, Anl V zu Abschn J, Stand 15.3.2012, abrufbar unter www.g-ba.de).

28

3. Die Klägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe der GBA Gepan instill in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen. Weder besteht ein Fall des Systemversagens durch Untätigkeit (dazu a) noch durch rechtswidrige Verweigerung (dazu b).

29

a) Ein Systemversagen wegen Untätigkeit des GBA kann nach allgemeinen Grundsätzen bei arzneimittelähnlichen Medizinprodukten jedenfalls dann bewirken, dass Versicherte so zu stellen sind, als habe der GBA das begehrte Medizinprodukt gelistet, wenn er grundlos willkürlich untätig geblieben ist und jede andere Entscheidung unvertretbar, also willkürlich wäre. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 135 Abs 1 SGB V, die allerdings zu Sachverhalten vor Inkrafttreten der Ergänzung durch S 4 und 5 (GKV-WSG) ergangen ist, kann für Methoden iS von § 135 Abs 1 SGB V ungeachtet des im Gesetz aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht einer KK ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden(vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 18 mwN - LITT). Dieser Rechtsgedanke muss auch in den Fällen des § 31 Abs 1 S 2 SGB V greifen, um effektiven Rechtsschutz(Art 19 Abs 4 GG) zu gewährleisten.

30

Die Voraussetzungen einer willkürlichen Untätigkeit des GBA sind hier indes nicht erfüllt. Vielmehr hat der GBA den entsprechenden Antrag des Herstellers in vertretbarer Zeit abgelehnt. Der Gesetzgeber hat den GBA - wie ausgeführt - erst zum 1.7.2008 verpflichtet, durch Richtlinien festzulegen, welche arzneimittelähnlichen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einzubeziehen sind (dazu II.2.d). Den Antrag des Herstellers vom 21.4.2008, Gepan instill in Anl V der AM-RL aufzunehmen, hat der GBA am 17.7.2008 beschieden und über den Widerspruch vom 31.7.2008 alsdann am 18.2.2010 entschieden.

31

b) Auch bei einer zeitlich vertretbaren Entscheidung des GBA kann aber ein Versicherter verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn der GBA das begehrte Produkt gelistet hätte, wenn jede andere Entscheidung willkürlich wäre. Diese Voraussetzung ist ebenfalls nicht erfüllt. Das vor dem LSG Berlin-Brandenburg schwebende Verfahren (L 7 KA 7/10 KL) hindert den Senat insoweit nicht an einer eigenen Überprüfung der Entscheidung des GBA, Gepan instill nicht in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufzunehmen.

32

§ 31 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB V eröffnet dem pharmazeutischen Hersteller zwar in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 34 Abs 6 SGB V über das Verfahren der Aufnahme nicht verschreibungsfähiger Arzneimittel in die OTC (over the counter)-Liste die Möglichkeit eines Antrags auf Listung verordnungsfähiger Medizinprodukte durch den GBA und hieran anschließend eigene Rechtsschutzmöglichkeiten mit zentraler Zuständigkeit des LSG Berlin-Brandenburg(§ 29 Abs 4 Nr 3 SGG). Ein Ausschluss der Inzidentprüfung der AM-RL besteht nach dem gesetzlichen Rechtsschutzkonzept im Verhältnis zur Anfechtungs- und Leistungsklage des Versicherten bei Versagung des begehrten Medizinprodukts gleichwohl nicht (zum - allerdings anders gearteten - zweigeteilten Rechtsschutz nach § 35 SGB V, vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 KR 22/11 R, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR).

33

Soweit der oben (dazu II.2.f) dargelegte gesetzliche Regelungsgehalt reicht, verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Der GBA entscheidet erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 18/10 R - juris RdNr 19, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38 mwN - Sortis). Nach diesem Maßstab hat der GBA die Kriterien für die Aufnahme in die Liste der ausnahmsweise verordnungsfähigen Medizinprodukte in den AM-RL formell und inhaltlich rechtmäßig festgelegt.

34

Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation ausgestalteten verfahrensrechtlichen Anforderungen gewahrt (vgl Kap 1 und 4 Abschn 1 Verfahrensordnung des GBA idF vom 18.12.2008, veröffentlicht im BAnz Nr 84a vom 10.6.2009, zuletzt geändert am 19.1.2012, veröffentlicht im BAnz Nr 36, S 915 vom 2.3.2012). Der GBA hat zudem die Kriterien für die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten Regel-Ausnahmeverhältnisses (§ 31 Abs 1 S 2 Halbs 1 SGB V) auch inhaltlich rechtmäßig festgelegt. Die in Kap 4 Abschn 5 VerfO festgelegten Anforderungen an die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medizinprodukts (Kap 4 § 38 VerfO), die Bewertungskriterien zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit (Kap 4 § 39 VerfO) sowie den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit (Kap 4 § 40 VerfO) harmonisieren durch die dort niedergelegten Erfordernisse der Verkehrsfähigkeit der Medizinprodukte, ihrer medizinischen Notwendigkeit nach Eignung, Interventionsbedürftigkeit, allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie fehlender Verfügbarkeit anderer, zweckmäßigerer Behandlungsmöglichkeiten, sowie ferner deren Nachweis anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur mit dem gesetzlichen Regelungskonzept (§§ 27, 31, 34 SGB V iVm § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V). Gleiches gilt für die ergänzenden Konkretisierungen in §§ 27 ff AM-RL zum Umfang des Anspruchs unter näherer Berücksichtigung der Verordnungsausschlüsse nach §§ 31, 34 SGB V, zur zusätzlichen Bewertung nach § 135 Abs 1 S 1 SGB V im Falle der Anwendung einer ärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode(vgl zB BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 30/06 R - juris RdNr 12 mwN - Cannabinol) sowie zur näheren Eingrenzung der arzneimittelähnlichen Medizinprodukte und der Notwendigkeit ihrer medizinischen Intervention unter Berücksichtigung von Spontanverläufen.

35

Anhand der dargelegten Prüfkriterien ist es nicht als Systemversagen zu beanstanden, dass der GBA das Medizinprodukt Gepan instill bisher nicht in Anl V der AM-RL aufgenommen hat (zur Beobachtungspflicht nach Beschlussfassung vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 73 ff; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 70 ff mwN - Sortis).

36

Angesichts der multifaktorellen Genese der interstitiellen Cystitis durfte der GBA bereits berechtigte Zweifel an der Eignung von Gepan instill zur Behandlung der interstitiellen Cystitis hegen (Beschlussbegründungen vom 17.7.2008 S 3 und 18.2.2010 S 8 ff). Ebenso ist der GBA in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der therapeutische Nutzen von Gepan instill nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Verhältnisse entspricht, weil qualitativ hochwertige, belastbare Studien der Evidenzstufe I für Gepan instill in der vorgesehenen Indikation der interstitiellen Cystitis nicht vorhanden sind (Beschlussbegründungen vom 17.7.2008 S 3 und 18.2.2010 S 15 ff).

37

Dies behauptet auch die Klägerin nicht. Sie ist vielmehr der Ansicht, der Nutzennachweis sei eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die auf der best verfügbaren ("best available") Evidenz in der Klassifikation der evidenzbasierten Medizin beruhe, mithin auf niedrigeren Rangstufen geführt werden könne, wenn eine höherrangige Evidenz nicht vorhanden sei (unter Bezug auf Francke/Hart MedR 2008, S 2, 5). Zwar trifft es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu, dass bei Fehlen höherrangiger Studien auf andere aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden kann (vgl auch BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 62 mwN - Sortis). Keiner Beanstandung unterliegt indes die Verfahrensweise des GBA, generell den Beleg der medizinischen Notwendigkeit des Einsatzes eines Medizinprodukts anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur zu fordern (Kap 4 § 40 Abs 1 VerfO) und die Aufnahme in Anl V AM-RL abzulehnen, wenn die vorgelegten Belege niederer Evidenz im konkreten Bewertungsfall unter Beweisgesichtspunkten nicht als ausreichend erscheinen. Bei der Klassifizierung der Evidenzstufen ist im Hinblick auf die "höchstmögliche Evidenz" auf Kap 4 § 7 Abs 4 VerfO zurückzugreifen, wo die einzelnen Evidenzstufen näher erläutert sind. Danach bedarf es grundsätzlich eines Beleges durch Unterlagen der Evidenzstufe I (Ia: Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe Ib, Ib: Randomisierte klinische Studien). Keine der vorliegenden Veröffentlichungen genügt diesen Anforderungen, so dass die verbleibenden Zweifel an einem durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen (vgl Kap 4 § 40 Abs 2 VerfO) von Gepan instill die Entscheidung des GBA nachvollziehbar erscheinen lassen.

38

4. Die nach § 31 Abs 1 S 2 SGB V gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der GKV für Medizinprodukte beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen(vgl BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 36 mwN - Leucinose, zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR). Die KKn sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 28 f mwN - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl). Das SGB V hat vielmehr Medizinprodukte grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet (§ 2 Abs 1 S 1 SGB V), mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit trägt er der begrenzten Aufgabenstellung der GKV Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl; vgl auch BVerfG Beschluss 1. Senat 3. Kammer vom 17.11.2010 - 1 BvR 556/09). Die ausnahmsweise Einbeziehung arzneimittelähnlicher Medizinprodukte nach Festlegung durch den GBA beruht auf der sachlichen Nähe dieser Medizinprodukte zu Arzneimitteln und vermeidet Abgrenzungsprobleme, die nach früherem Recht zu Unklarheiten geführt hatten (s dazu II.2.d).

39

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufnahme von drei homöopathischen Komplexarzneimitteln in die Anlage I (OTC <= over the counter = über den Tresen verkäuflich> -Übersicht) der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AM-RL, bis zum 31.3.2009: AMR) als Standardtherapeutikum zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände.

2

Die klagende pharmazeutische Unternehmerin bringt die homöopathischen Fertigarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischung in den Verkehr (im Folgenden: Vertigoheel®). Die Anwendungsgebiete der apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ("OTC-Präparat") leiten sich nach ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. "Dazu gehören: verschiedene Schwindelzustände." Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid des BfArM vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid des BfArM vom 18.3.2010 unbefristet verlängert. Alle drei Arzneimittel enthalten die Wirkstoffe Anamirta cocculus (= Scheinmyrte), Conium maculatum (= Gefleckter Schierling), Ambra grisea (wird aus dem Grauen Amber hergestellt, einem Sekret des Pottwals) und Petroleum rectificatum. Der beklagte GBA hat die Arzneimittel nicht in die Anlage I zur AM-RL aufgenommen.

3

Eine seitens der Klägerin im März 2004 hierzu erbetene Begründung erfolgte nicht, sodass die Klägerin im September 2004 Klage vor dem SG Köln erhob auf Verpflichtung des Beklagten, die Indikation "Schwindelzustände" und zu deren Behandlung die drei vorgenannten Arzneimittel als Standardtherapeutika in Nr 16.4 AMR aufzunehmen. Das Gericht verwies die Sache an das SG Berlin (S 79 KA 90/05), das dem Beklagten im Dezember 2006 aufgab, den Antrag der Klägerin auf Aufnahme der drei Arzneimittel in die Anlage I zur AMR zu bescheiden. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20.3.2007 (Beschluss vom 15.3.2007) den Antrag ab. Die homöopathischen Einzelmittel von Vertigoheel® seien nicht zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände geeignet. Cocculus und Petroleum seien nur zur Behandlung solcher Schwindelzustände geeignet, die denen einer Reisekrankheit glichen. Soweit Conium für die Behandlung des Schwindels beim Hinlegen und Ambra für die Behandlung von Schwindel mit Schwäche im Kopf und Magen geeignet sei, wiesen diese Erscheinungen ebenfalls nicht auf symptomatische Beschwerden mit einem besonders hohen Schweregrad hin. Vertigoheel® sei daher nur zur Behandlung leichter Formen des Schwindels geeignet. Zudem müsse sich die Therapie des Schwindels an der Grunderkrankung orientieren, auf diese bezogen sei die Standardtherapie zu bestimmen. Vertigoheel® diene jedoch nicht der kausalen Therapie. Auch die von der Klägerin vorgelegten Studien seien nicht geeignet zu belegen, dass Vertigoheel® Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei.

4

Das SG Berlin erhob Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Facharzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Prof. Dr. D zu der Frage, ob das Arzneimittel Vertigoheel® bei den schweren Formen von Schwindel als Therapiestandard angesehen werden könne. In einem im Februar 2010 zur Beendigung des Rechtsstreits geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.3.2007 zu entscheiden.

5

Mit Bescheid vom 20.5.2010 (Beschluss ebenfalls vom 20.5.2010) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendungsgebiete von Vertigoheel® könnten nicht in der Weise ausgelegt werden, dass die Arzneimittel für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels zugelassen seien. Das BfArM stelle in einem Kriterienpapier ("Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie") vom 9.10.2002 fest, dass allein die Aufbereitungsergebnisse der Kommission D, auf deren Grundlage auch die unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel zugelassen worden seien, als Erkenntnismaterial zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht mehr ausreichend seien, insbesondere wenn es um die Zulassung homöopathischer Arzneimittel für die Behandlung schwerer bzw schwerwiegender Erkrankungen gehe. Orientiert an den Empfehlungen der evidence-based-medicine sei ein nach Schwere der Erkrankung abgestuftes Bewertungsschema entwickelt worden. Danach sei für die Zulassung eines homöopathischen Einzelmittels für die Behandlung schwerer Erkrankungen aktuelles wissenschaftliches Erkenntnismaterial unter Einschluss der Monografien der Kommission D und zusätzlich eine nachvollziehbar bewertete Literaturübersicht zur Anwendung des Arzneimittels bei der Indikation und mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung erforderlich. Für Vertigoheel® lägen entsprechende Studien nicht vor. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass Vertigoheel® zur Behandlung von schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels zugelassen und der therapeutische Nutzen des Arzneimittels nachgewiesen sei. Etwas anderes ergebe sich nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Dieser führe zwar gute Verordnungs- und Absatzzahlen bei Ärzten an, diese könnten jedoch einen Wirksamkeits- und Nutzenbeleg durch wissenschaftliche klinische Studien nicht ersetzen. Gleiches gelte im Hinblick auf die seitens des Sachverständigen angeführten Studien.

6

Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 27.3.2013 abgewiesen. § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beauftragt worden sei, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, bei diesen Erkrankungen durch den Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I der AM-RL lägen nicht vor. Weder handele es sich bei "Schwindelzuständen verschiedener Genese" um eine schwerwiegende Erkrankung noch gälten die unter der Bezeichnung Vertigoheel® verkehrsfähigen Arzneimittel diesbezüglich als Therapiestandard. Zu Gunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass ihrem Begehren keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegenstünden und alle drei Arzneimittel auch zur Behandlung schwerer Schwindelzustände zugelassen seien.

7

Die in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 des 4. Kapitels der Verfahrensordnung (VerfO - vom 19.6.2014, BAnz AT vom 18.11.2014 B 1) des Beklagten zu findende Begriffsbestimmung einer schwerwiegenden Erkrankung sei sachgerecht. Sie orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom BSG entwickelten Begrifflichkeit zur Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (Off-Label-Use). Unerheblich sei, dass Schwindel keine Krankheit, sondern ein Symptom sei. Schwindelzustände allgemein stellten aber weder eine lebensbedrohliche Erkrankung dar noch beeinträchtigten sie "die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig". Ein vergleichbarer Schweregrad wie in den Fallgruppen, in denen das BSG eine entsprechende Erkrankung bejaht habe, werde bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nicht erreicht. Da die Klägerin die Aufnahme der Arzneimittel in die Anlage I der AM-RL nicht allein für "schwere Schwindelzustände" beantragt habe, und dieses Begehren nicht als Minus in dem gestellten Antrag enthalten sei, sei das klägerische Begehren zwingend abzulehnen.

8

Unabhängig davon sei Vertigoheel® nicht der Therapiestandard zur Behandlung von Schwindelzuständen. Diese Voraussetzung sei nach § 12 Abs 4 AM-RL und § 34 Abs 1 4. Kapitel VerfO erfüllt, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Der Beklagte ermittele diesen auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin (§ 5 Abs 2 1. Kapitel VerfO). Allein diese Vorschriften bestimmten, anhand welcher Erkenntnisquellen der Beklagte über die Frage des Therapiestandards zu entscheiden habe.

9

Aus dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, folge insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich, zu berücksichtigen seien. Bei der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen sei deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen (Maßstab der sogenannten Binnenanerkennung). Eine Privilegierung der besonderen Therapierichtungen gebiete das SGB V, soweit es auf die Anforderungen an das Erkenntnismaterial und dessen Bewertung ankomme, allerdings nicht. Aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung ergebe sich kein Anspruch auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen. Folglich dürften auch an das Erkenntnismaterial zur Ermittlung der Standardtherapie im Bereich der Homöopathie keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Allopathie. Entsprechend § 34 Abs 2 4. Kapitel VerfO sei daher ein Nachweis anhand wissenschaftlicher Studien, vorrangig klinischer Art, zu fordern. Dieses Ergebnis werde aber auch erzielt, wenn mit der Klägerin davon ausgegangen werde, dass das Vorliegen des Therapiestandards nach § 12 Abs 6 AM-RL und damit nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen sei. Insofern sei es zulässig, auf das Kriterienpapier der Kommission D zurückzugreifen. Danach werde für die Zulassung zur Behandlung schwerer Erkrankungen ua mindestens eine nachvollziehbare klinische Prüfung gefordert. Auch wenn der Begriff der "schweren Erkrankung" in diesem Sinne nicht mit dem einer schwerwiegenden Erkrankung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V übereinstimme, bedürfe es folglich auch bei Auslegung von § 12 Abs 6 AM-RL im Sinne der Klägerin mindestens einer klinischen Prüfung oder Studie, um einen Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V bejahen zu können. Eine solche klinische Studie existiere vorliegend jedoch nicht; insoweit werde gemäß § 136 Abs 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten verwiesen.

10

Selbst wenn auf eine klinische Prüfung bzw Studie verzichtet werde, könne die Klage keinen Erfolg haben. Mit dem Begriff "Standard" verbinde sich die Erwartung, dass etwas im Sinne eines Konsenses weithin anerkannt sei und sich gegenüber anderem durchgesetzt habe. Ein wissenschaftlicher Standard könne daher nicht bestehen, wenn maßgebliche Stimmen eine andere Auffassung verträten. Insoweit komme der von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Diagnostik und Therapie von Schwindel erstellten S1-Leitlinie besondere Bedeutung zu. Hiernach existiere kein einheitlicher Therapiestandard für alle Formen von Schwindel; es werde vielmehr zwischen neun Arten des Schwindels differenziert. Vertigoheel® könne daher nicht als Therapiestandard zur Behandlung "verschiedener Schwindelzustände" angesehen werden.

11

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V vorlägen. Die Begründung des LSG werde den Anforderungen des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG nicht gerecht. Das Gericht benenne nur Beispiele aus der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use und behaupte dann ohne Begründung pauschal, dass ein vergleichbarer Schweregrad vorliegend nicht erreicht sei. Insoweit habe das LSG beispielsweise übersehen, dass das BSG auch das Restless-Legs-Syndrom aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität als schwerwiegende Erkrankung eingestuft habe. Diese seien aber mit den durch Schwindel hervorgerufenen Auswirkungen vergleichbar. Schwindel könne zu Stürzen führen und schränke die Patienten bei alltäglichen Handlungen ein.

12

Das LSG habe auch die formale Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten aufgrund der unterbliebenen Einbeziehung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker nicht erkannt. Diesen Personen und Institutionen habe der Beklagte nach § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V vor seiner Entscheidung über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; zudem seien bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte diesen Anforderungen nachgekommen sei.

13

In der Sache habe das LSG Schwindel unzutreffend nicht als schwerwiegende Erkrankung eingeordnet. Bereits der Ansatz des LSG, auf die Begriffsbestimmungen in § 12 Abs 3 AM-RL und § 33 Abs 1 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO abzustellen, sei nicht sachgerecht. Eine nicht lebensbedrohliche Krankheit könne niemals, wie in § 33 Abs 1 Satz 2 4. Kapitel VerfO gefordert, einer solchen Krankheit gleichgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Lebensqualität durch die Gesundheitsstörungen auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt werde. Schwindel schränke die alltäglichen Aktivitäten erheblich ein. Bestätigt werde dies durch einen Vergleich mit den in der Anlage I zur AM-RL berücksichtigten Erkrankungen, etwa der Eisenmangelanämie, den Schilddrüsenerkrankungen, den angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen und der seitens des BSG im Rahmen des Off-Label-Use als schwerwiegend eingeschätzten Erkrankungen, etwa des erwähnten Restless-Legs-Syndroms. Schwindelzustände seien nicht mit harmlosen Gleichgewichtsstörungen zu verwechseln und wiesen ein erhebliches Gefährdungspotential auf. Viele Patienten litten auch psychisch unter der Erkrankung. Entsprechend werde auch schon bei geringen Schwindelerscheinungen nach der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes ( - Versorgungsmedizin-Verordnung) ein Grad der Schädigung von 20 zuerkannt. Schon ein einziger Schwindelanfall könne zu einem Sturz mit erheblichen Folgen führen.

14

Wenn nicht für "verschiedene Schwindelzustände", habe der Beklagte Vertigoheel® jedenfalls für die Indikation "schwerer Schwindel" oder "schwere Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL aufnehmen müssen. Dies habe das LSG auch prüfen müssen, da ein entsprechender Antrag als Minus in dem Hauptantrag zu sehen sei; es handele sich nicht um ein aliud. Da das LSG den Antrag folglich nur unzureichend ausgelegt und das Klagebegehren nur unvollständig geprüft habe, liege ein Verstoß gegen § 123 SGG vor, auf dem das Urteil auch beruhe.

15

Vertigoheel® stelle auch den Therapiestandard iS von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V sowohl in der Indikation "Schwindel" als auch in der Indikation "schwerwiegende Schwindelzustände" oder "schwerer Schwindel" dar. Es komme nicht darauf an, was mustergültig oder modellhaft sei, sondern darauf, ob zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Soweit das LSG seine Einschätzung auf eine S1-Leitlinie stütze, sei dies nicht tragfähig, weil eine S1-Leitlinie nur informellen Charakter habe. Weiter lasse das LSG außer Acht, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung getragen werden müsse. Die Vorschrift des § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V sei in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V zu lesen, wonach Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen, wie der Homöopathie, nicht ausgeschlossen seien. Soweit § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein verlange, dass die Leistungen dem Stand der Erkenntnisse entsprechen müssten, sei das Spannungsverhältnis dahingehend aufzulösen, dass auf die Binnenanerkennung abgestellt werde, wobei auf wissenschaftliche Nachweise nicht gänzlich verzichtet werden könne. Bestätigt werde diese Auslegung durch eine Parallele zum Arzneimittelzulassungsrecht. Zum Nachzulassungsverfahren habe das BVerwG entschieden, dass auch bei homöopathischen Arzneimittelkombinationen die Sinnhaftigkeit durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial unterlegt werden müsse, Einschränkungen jedoch aus den Besonderheiten der Therapierichtung resultieren könnten.

16

Die Anforderungen an den Nachweis des Nutzens von Arzneimitteln in der Homöopathie seien geringer als in der Schulmedizin. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Erfahrungswissen in der Homöopathie ein höherer Stellenwert beigemessen werde. Soweit das LSG das Erfordernis mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Prüfung mit dem Kriterienpapier der Kommission D begründe, sei dem nicht zu folgen. Die Kommission beurteile das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung nach anderen Maßstäben als das SGB V. Zudem sei auch danach selbst bei "schweren Erkrankungen" nur das Erreichen des Evidenzlevels II notwendig.

17

Schließlich würdige das LSG die von ihr, der Klägerin, vorgelegten Nachweise fehlerhaft. Das Gericht habe nicht nach § 136 Abs 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen dürfen, weil der Beklagte die Unterlagen teilweise unzutreffend ausgewertet und sich nicht mit allen von ihr vorgelegten Nachweisen auseinandergesetzt habe. Das LSG habe durch die unzutreffende Beurteilung der von ihr vorgelegten Nachweise die Fehler des Beklagten fortgesetzt und damit gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG verstoßen. Da das LSG auch keine eigenen Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl sie diverse Beweisanträge gestellt habe, habe es auch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt.

18

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.3.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Arzneimittel "Vertigoheel® Tablette", "Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion" und "Vertigoheel® Mischungen" als Therapiestandard zur Behandlung verschiedener Schwindelzustände in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie aufzunehmen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

20

Der Bescheid vom 20.3.2007 sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere habe im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V kein Stellungnahmeverfahren durchgeführt werden müssen. Die Indikation "verschiedene Schwindelzustände" stelle keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 SGB V dar. Dies werde ua deutlich in der ICD-10 Klassifikation und den Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, "Schwindel-Diagnose". Vertigoheel® stelle auch nicht den Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel dar, sondern nur eine Behandlungsoption. Von den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin könne nicht allein deshalb abgesehen werden, weil das Arzneimittel einer besonderen Therapierichtung zugehöre. Es entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dass sich die Therapie von Schwindel zunächst an der Ursache und damit der Behandlung der Grunderkrankung orientieren müsse. Diese seien sehr differenziert, sodass ein Therapiestandard für alle Formen von Schwindel nicht existiere. Vertigoheel® diene zudem nicht der kausalen Therapie, sondern lediglich der Symptombehandlung eines differentialdiagnostisch noch nicht näher zugeordneten Schwindels. Das vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial sei nicht geeignet, hinreichend valide Schlussfolgerungen auf den therapeutischen Nutzen von Vertigoheel® zur Behandlung schwerwiegender Schwindelzustände zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die Aufnahme von Vertigoheel® in die Anlage I der AM-RL rechtmäßig abgelehnt hat.

22

I. Das LSG hat seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage zu Recht bejaht. Gemäß § 29 Abs 4 Nr 3 SGG entscheidet das LSG Berlin-Brandenburg im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA(§§ 91, 92 SGB V). Eine solche Konstellation ist auch die Ablehnung der Aufnahme von Arzneimitteln in die Anlage I der AM-RL.

23

II. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage.

24

1) Das LSG hat zutreffend angenommen, dass der Bescheid mit einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG angegriffen werden kann. Zwar begehrt die Klägerin letztlich die Aufnahme der drei mit Vertigoheel® bezeichneten Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit den Erlass einer untergesetzlichen Norm. § 34 Abs 6 SGB V gibt dem pharmazeutischen Unternehmer aber das Recht auf eine Bescheidung seines Antrags, sofern eine Ablehnung erfolgt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antrag hier bereits im Dezember 2006 gestellt wurde und der Ausgangsbescheid vom 20.3.2007 datiert, beides mithin vor Einfügung des § 34 Abs 6 SGB V mit Wirkung vom 1.4.2007 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) erfolgte. Die Klägerin hatte bereits auf der Grundlage des Art 6 der EWG-Richtlinie 89/105 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (Transparenz-RL) ein entsprechendes Antragsrecht, verbunden mit dem Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Einfügung von § 34 Abs 6 SGB V war Folge des Urteils des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5) zur Auslegung des Art 6 EWG RL 89/105 und hat die europarechtlichen Vorgaben umgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist Art 6 EWG RL 89/105 auf das Verfahren zur Aufnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in die AM-RL anwendbar. Soweit ein entsprechendes Verfahren in einem Mitgliedstaat (noch) nicht vorgesehen war, konnte der Arzneimittelhersteller das Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung unmittelbar aus Art 6 EWG RL 89/105 herleiten (EuGH aaO RdNr 44).

25

2) Soweit das Begehren der Klägerin auf eine Aufnahme der drei unter der Bezeichnung Vertigoheel® laufenden Arzneimittel in die OTC-Übersicht und damit auf den Erlass einer untergesetzlichen Norm gerichtet ist, ist eine Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zulässig. Das BSG hat für den Fall, dass ein Arzneimittelhersteller sich gegen eine Regelung in der AM-RL wendet, einen Feststellungsantrag für zulässig gehalten (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 19; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 24; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 11; jeweils mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Zulassung einer Feststellungsklage dient in dem Fall der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG, da das SGG eine § 47 VwGO entsprechende Norm nicht enthält(vgl BVerfGE 115, 81, 95 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3, RdNr 50). Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit der Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht werden (BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese - und nicht die Verpflichtungs- oder die allgemeine Leistungsklage - ist auch dann die richtige Klageart, wenn ein Kläger Änderungen von Richtlinien des GBA begehrt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für die generelle Statthaftigkeit der Feststellungsklage in diesen Fällen spricht, dass diese eher dem Gewaltenteilungsprinzip Rechnung trägt, weil die Entscheidung, in welcher Weise die festzustellende Rechtsverletzung zu beheben ist, dem Normgeber überlassen bleibt. Den genauen Inhalt einer Richtlinie iS des § 92 SGB V kann nur der GBA als Normgeber festlegen(BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 28; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage steht einem Verweis auf diese Verfahrensart nicht entgegen (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 27 unter Hinweis auf BVerfGE 115, 81, 96 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 52; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; BVerwGE 111, 276, 279). Im Übrigen ist auch in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Subsidiarität der Feststellungsklage keine Bedeutung hat, wenn sich eine Klage gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts richtet, weil dann zu erwarten ist, dass die Körperschaft wegen ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Recht und Gesetz auch ohne Leistungsklage mit Vollstreckungstitel ihren Pflichten nachkommt (BSGE 110, 245 = SozR 4-1500 § 55 Nr 12, RdNr 29 mwN; BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 20 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

26

III. Das LSG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

27

1) Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Sie leidet insbesondere nicht an einer fehlenden Begründung iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Diese Vorschrift fordert, dass aus den Entscheidungsgründen ersichtlich sein muss, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Das LSG hat sich hier ausführlich mit dem Streitstoff auseinandergesetzt und alle wesentlichen Punkte angesprochen. Es hat ausdrücklich auch das Restless-Legs-Syndrom als vom BSG als schwerwiegend anerkannte Erkrankung erwähnt. Ebenso ist nicht zu beanstanden, dass das LSG unter Hinweis auf § 136 Abs 3 SGG auf die als zutreffend erachteten Ausführungen des Beklagten verwiesen und die im gerichtlichen Verfahren seitens des Sachverständigen Prof. Dr. D und der Klägerin erwähnten Studien und Unterlagen nicht sämtlich im Einzelnen benannt und diskutiert hat.

28

Verfahrensfehlerhaft ist die Entscheidung auch nicht deshalb, weil das LSG der Auffassung gewesen ist, die Klägerin habe keinen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® in die OTC-Übersicht für die Indikation "schwere Schwindelzustände" gestellt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 123 SGG, sondern eine inhaltliche Bewertung des Antrags der Klägerin an den Beklagten.

29

2) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 34 Abs 1 Satz 1, Abs 6 iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Gemäß § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V in der mit Wirkung vom 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der beklagte GBA legt in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V erstmals bis zum 31.3.2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Dabei ist gemäß § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen.

30

a) Der gesetzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV verstößt nach der Rechtsprechung des BSG nicht gegen Verfassungsrecht (vgl hierzu BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 11 ff). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl BVerfGE 115, 25, 45 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26). Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 29 mwN).

31

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den GBA beauftragt hat, in der Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(vgl zur Zulässigkeit der Regelung durch Richtlinien des GBA zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN, stRspr). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28) ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorzusehen, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methoden zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Nichts anderes gilt für die Abgrenzung des Pharmakotherapiestandards für schwerwiegende Erkrankungen durch die AM-RL.

32

b) Den gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren hat der Beklagte genügt.

33

Der in § 92 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz) vom 15.2.2002 (BGBl I 684) vorgesehenen Beteiligung von Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker sowie von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen bedarf es im Verfahren nach § 34 Abs 6 SGB V nicht(§ 92 Abs 2 Satz 5 SGB V wurde durch Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 dahingehend geändert, dass nunmehr § 92 Abs 3a SGB V entsprechend gilt). § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V und § 92 Abs 2 SGB V erfassen unterschiedliche Verfahren. Während § 34 Abs 1 iVm § 34 Abs 6 SGB V Verfahren betrifft, in denen ein einzelner Arzneimittelhersteller eine Entscheidung über die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt, wird der GBA durch § 92 Abs 2 SGB V verpflichtet, als Bestandteil der Richtlinien unter Berücksichtigung der Bewertungen nach § 35 und § 35a SGB V eine Aufstellung zu fertigen, die dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht. Beide Verfahren betreffen mithin unterschiedliche Regelungsgegenstände.

34

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Beteiligung von Institutionen ergab sich auch nicht aus § 92 Abs 3a SGB V. Danach war bereits vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V am 1.4.2007 vor einer Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 92 Abs 3a SGB V erfasst demnach von einem Antrag pharmazeutischer Unternehmer losgelöste Entscheidungen des GBA über die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Das Stellungnahmeverfahren soll den Verbänden betroffener Leistungserbringer und Hersteller sowie einzelnen Sachverständigen Gelegenheit geben, ihre Sicht in einen noch laufenden Beratungsprozess einzubringen (Roters in Kasseler Komm, Stand: Juni 2014, § 92 SGB V RdNr 27). § 34 Abs 6 SGB V schützt demgegenüber die Interessen des Arzneimittelherstellers, der im Einzelfall die Aufnahme eines Arzneimittels in die OTC-Übersicht begehrt. In diesem Verfahren kann er alle aus seiner Sicht wichtigen Gesichtspunkte vortragen. Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 und dementsprechend auch § 34 Abs 6 SGB V vermitteln dem Arzneimittelhersteller im Fall einer Ablehnung das Recht auf eine begründete und hinreichend schnelle, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung. Die Partizipationsanforderungen des § 92 Abs 3a SGB V im Zusammenhang mit dem Erlass der AM-RL insgesamt sind auf dieses besondere Verfahren nicht übertragbar. Der Beklagte verweist insofern zu Recht darauf, dass sich dies auch in der Entscheidungsfrist von 90 Tagen nach § 34 Abs 6 Satz 4 SGB V dokumentiert.

35

Bestätigt wird dies - auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 34 Abs 6 SGB V - durch die Entscheidung des EuGH vom 26.10.2006 (SozR 4-2500 § 34 Nr 5). Der EuGH stellte ausdrücklich fest, dass den Arzneimittelherstellern ein Recht auf eine mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Entscheidung aus Art 6 Nr 2 EWG-RL 89/105 auch dann zusteht, wenn die mitgliedstaatliche Regelung weder ein entsprechendes Verfahren noch Rechtsbehelfe vorsieht (SozR 4-2500 § 34 Nr 5 RdNr 44). Als Reaktion hierauf ergänzte der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.4.2007 § 34 SGB V um dessen Abs 6(vgl BT-Drucks 16/4247 S 32). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber in § 92 Abs 3a SGB V nicht ein Verfahren sah, das auch die der Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Konstellation erfasste; anderenfalls hätte eine Anpassung von § 92 Abs 3a SGB V oder ein entsprechender Verweis in § 34 Abs 6 SGB V nahegelegen. Für die Zeit vor dem 1.4.2007 konnte damit zwar unmittelbar aus Art 6 Nr 2 EWG RL 89/105 der vorgenannte Anspruch abgeleitet werden. Eine Partizipation Dritter ist dort ebenso wenig vorgesehen wie nunmehr in § 34 Abs 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Beteiligungsrechte in § 92 Abs 3a SGB V drittschützenden Charakter haben, sich die Klägerin also auf deren Verletzung berufen könnte.

36

c) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

37

aa) Der Aufnahme in die OTC-Übersicht stehen keine arzneimittelrechtlichen Hindernisse entgegen. Alle unter dem Stamm Vertigoheel® geführten Arzneimittel verfügen über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) für "verschiedene Schwindelzustände". Die Zulassung von Vertigoheel® Tablette wurde durch Bescheid vom 28.3.2003, die Zulassung von Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion durch Bescheid vom 12.11.2008 und die Zulassung von Vertigoheel® Mischung durch Bescheid vom 18.3.2010 jeweils ohne Befristung verlängert. Gemäß § 31 Abs 1a AMG in der seit dem 6.9.2005 geltenden Fassung vom 29.8.2005 (eingefügt durch Art 1 Nr 30 Buchst c Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BGBl I 2570) gilt eine Zulassung, die verlängert wird, ohne zeitliche Begrenzung, soweit nicht die zuständige Bundesoberbehörde eine weitere Verlängerung um fünf Jahre angeordnet hat. Nach den Übergangsvorschriften in § 141 Abs 6 AMG gilt Entsprechendes auch für Arzneimittel, deren Zulassung nach dem 1.1.2001 und vor dem 6.9.2005 verlängert wurde (vgl Bekanntmachung des BfArM vom 27.3.2006). Da die Zulassung allgemein "verschiedene Schwindelzustände" umfasst, ist davon auszugehen, dass Schwindelzustände jedweder Ausprägung erfasst sind.

38

bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V liegen nicht vor. Bei dem von der Klägerin angeführten Anwendungsgebiet "verschiedene Schwindelzustände" handelt es sich im Grundsatz nicht um eine "schwerwiegende Erkrankung".

39

(1) Die in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V für die Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL normierten Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) bedürfen hinsichtlich der gebotenen gerichtlichen Kontrolle einer differenzierten Behandlung. Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dasselbe gilt für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat (BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 24 mwN) und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 73). Bei der weitergehenden Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben bzw der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 75; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 32 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Hinblick auf diese eingeschränkte gerichtliche Prüfung hat das LSG mit zutreffender Begründung die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung abgelehnt. Auf die Bewertung der betroffenen Arzneimittel durch einen einzelnen Sachverständigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 76).

40

(2) Die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "schwerwiegende Erkrankung" durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden (vgl insoweit zuletzt auch BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 12 Abs 3 AM-RL(idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009; gleichlautend mit Nr 16.2 der bis zum 31.3.2009 geltenden AMR) - ebenso wie § 33 Abs 1 Satz 1(§ 30 Abs 1 Satz 1 idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 - aF) 4. Kapitel VerfO - beschreiben eine Erkrankung als "schwerwiegend", "wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt". Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der von dem BSG zum Off-Label-Use entwickelten Definition der schwerwiegenden Krankheit, bei dem es ebenso wie bei der Aufnahme in die OTC-Übersicht um die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV in Ausnahmefällen geht. Der 1. Senat des BSG hat diese Anknüpfung gebilligt und ist davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt hat, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen (vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung (Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 33 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), die auch dem Verständnis des Begriffs der "schwerwiegenden Erkrankung" in der Literatur entspricht (vgl Beck in jurisPK SGB V, 2. Aufl 2012, § 34 RdNr 19; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Oktober 2014, K § 34 RdNr 15; Pflugmacher in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 34 RdNr 3).

41

Dass "verschiedene Schwindelzustände" eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen, behauptet auch die Klägerin nicht. Es liegt aber auch keine Erkrankung vor, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

42

Zu Recht hat es das LSG als unerheblich angesehen, dass es sich bei "verschiedenen Schwindelzuständen" nur um ein Symptom einer Erkrankung und nicht um die Erkrankung selbst handelt, die vielfältige Ursachen haben kann. In der OTC-Übersicht nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V finden sich gerade auch schwerwiegende Krankheitssymptome; so wird etwa in Nr 3 die Verordnung von Acetylsalicylsäure und Paracetamol nur zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen in Co-Medikation mit Opioiden zugelassen. Diese Sichtweise wird dem Zweck der Vorschrift gerecht. Eine Erkrankung äußert sich in Symptomen unterschiedlicher Ausprägung. Insbesondere bei Erkrankungen unklarer Genese, bei denen eine kausale Therapie ausscheidet, kann es bei der Therapie stets nur um ein Einwirken auf die Krankheitssymptome gehen, durch die die Lebensqualität beeinträchtigt wird. Ein Abstellen allein auf eine Grunderkrankung würde in diesen Fällen dem Behandlungsbedarf nicht gerecht (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 35 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

43

Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass gemessen an den bisher von der Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use als "schwerwiegend" beurteilten Erkrankungen, "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell als schwerwiegend anzusehen sind. Das BSG hat eine "schwerwiegende Erkrankung" bisher bejaht bei schwerer Verlaufsform der Neurodermitis (Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 24/10 R - BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9), fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen und Tumoren der Thoraxorgane (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 30), metastasierendem Karzinom der Eileiter (Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27), sekundärer pulmonaler Hypertonie bei CREST-Syndrom im Stadium IV (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R - BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5), Restless-Legs-Syndrom mit massiven Schlafstörungen und daraus resultierenden erheblichen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen (Urteil vom 26.9.2006 - B 1 KR 14/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 6), Myoadenylate-Deaminase-Mangel mit belastungsabhängigen, muskelkaterähnlichen Schmerzen, schmerzhaften Muskelversteifungen und (sehr selten) Untergang von Muskelgewebe (Urteil vom 4.4.2006 - B 1 KR 12/04 R - BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7) und Multipler Sklerose (Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 37/00 R - BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8).

44

Ein Schweregrad wie in einem dieser Fälle wird von "verschiedenen Schwindelzuständen" in der Regel nicht erreicht. Das LSG hat zutreffend dargelegt, dass "Schwindel" Erscheinungen unterschiedlicher Ätiologie und Pathogenese umfasst und in diesem Zusammenhang auf die S1-Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie "Schwindel-Diagnose" (Stand: September 2012) sowie auf die unterschiedlichen Diagnosen für Schwindelerscheinungen in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems - ICD) verwiesen. Auch wenn es sich bei der S1-Leitlinie um einen informellen Konsens handelt, liefert sie als Publikation einer wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaft gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes. Danach werden ausgehend von den vielfältigen Ursachen für Schwindel verschiedene Schwindeltypen unterschieden, insbesondere vestibuläre und nicht vestibuläre Formen des Schwindels, die wiederum jeweils in weitere Kategorien unterteilt werden. Zudem erfolgt eine Unterteilung nach subjektiver Wahrnehmung (Dreh-, Schwank-, Liftschwindel), dem Auslösemechanismus (Lagerungsschwindel, orthopädischer Schwindel, Reizschwindel durch physikalische Reize, phobischer Schwankschwindel in bestimmten Auslösesituationen, anderer psychogener Schwindel), der Dauer der Beschwerden (Attacken-, Dauerschwindel) oder dem Ort der Störung (vestibulärer Schwindel, okkularer Schwindel bei Erkrankung des visuellen Systems). Die in der Leitlinie aufgezeigten Einteilungen hat auch der im gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin gehörte Sachverständige Prof. Dr. D vorgenommen.

45

Entsprechend der äußerst unterschiedlichen Erscheinungsformen fällt nach der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" die relative Häufigkeit der verschiedenen Schwindelzustände in einer Spezialambulanz für Schwindel (insgesamt 14 689 Patienten) aus. Bei 17,8 % der Fälle handelt es sich um benignen (= gutartig) peripheren paroxysmalen (= anfallsartig) Lagerungsschwindel, bei 14,7 % der Fälle um einen phobischen Schwankschwindel, bei 12,2 % der Fälle um einen zentralen vestibulären Schwindel, bei 11,3 % um eine vestibuläre Migräne, bei 10,1 % um Morbus Menière, bei 8,2 % um Neuritis vestibularis/einseitiges peripheres vestibuläres Defizit, bei 7,3 % um bilaterale Vestibulopathie, bei 3,9 % um Vestibularisparoxysmie, bei 3,1 % um anderen psychogenen Schwindel und bei 0,6 % um eine Perilymphfistel handelt. Der somatoforme Schwindel macht einen großen Anteil der komplexen Schwindelsyndrome aus (Ziff 48.7 der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose").

46

Ausführungen dazu, wie stark die durch den Schwindel hervorgerufenen Beeinträchtigungen sind, finden sich nur vereinzelt. So lässt sich der S1-Leitlinie "Schwindel-Diagnose" entnehmen, dass es sich bei dem phobischen Schwankschwindel um eine eher leichte Form des somatoformen Schwindels handelt (Ziff 48.8 der S1-Leitlinie). Der benigne periphere paroxysmale Lagerungsschwindel wird definiert als ein attackenartiger lagerungsabhängiger Schwindel mit rezidivierenden, durch Kopflagerungswechsel gegenüber der Schwerkraft ausgelösten, Sekunden dauernden Drehschwindelattacken mit oder ohne Übelkeit und Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umwelt; Ziff 48.1 der S1-Leitlinie). Im Falle des Neuritis vestibularis, eines akuten einseitigen Labyrinthausfalls, wird hingegen angegeben, dass dieser mit über Tage bis wenige Wochen anhaltendem, heftigen Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien, Stand- und Gangunsicherheiten mit gerichteter Fallneigung sowie Übelkeit und Erbrechen einhergehe (Ziff 48.2 der S1-Leitlinie). Im Falle einer Vestibularisparoxysmie träten rezidivierende, kurze, meist nur Sekunden, selten bis Minuten dauernde Drehschwindelattacken (selten Schwankschwindel), meist spontan bis zu 30-mal täglich, auf (Ziff 48.4 der S1-Leitlinie). Im Hinblick auf die vestibuläre Migräne lässt sich der S1-Leitlinie insbesondere entnehmen, dass es zu Kombinationen aus Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Sehstörungen und Stand- und Gangataxien kommt (Ziff 48.6 der S1-Leitlinie).

47

Nach den Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum gutartigen Lagerungsschwindel, den danach etwa 2 von 100 Menschen in ihrem Leben irgendwann haben, kann es immer wieder zu kurzen Schwindelattacken kommen. Normalerweise hören Episoden mit häufigen Schwindelattacken innerhalb von ein bis zwei Wochen von selbst wieder auf. Gelegentlich treten sie über mehrere Monate immer wieder auf (http://www.gesundheitsinformation.de/gutartiger-lagerungsschwindel.2460.de.html, letzter Abruf am 20.8.2014).

48

Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D, das ebenso wie die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen in die Beurteilung einbezogen werden kann, ergeben sich keine Erkenntnisse, nach denen Schwindel generell als schwerwiegende Erkrankung einzuordnen wäre. Der Sachverständige führt insoweit aus, dass das Schwindelgefühl das Wohlbefinden beeinträchtige und ähnlich wie Schmerz für den Patienten ein mit Angst verbundenes Alarmsymptom sei. Gefährlich und bedrohlich werde die Schwindelsymptomatik vor allem durch die - mitunter plötzlich - auftretenden Gang- und Standunsicherheiten, die oftmals zu Stürzen und Verletzungen führten. Zudem werde häufig im Zusammenhang mit Schwindel über neurologische Defizite wie Doppelbilder, Gefühlsstörungen und Paresen oder andere Begleitsymptome wie Ohrgeräusche, Druckgefühl, Tinnitus, Erbrechen oder Übelkeit geklagt. Insgesamt könne festgestellt werden, dass Patienten, die unter dem Symptom "Schwindel" litten, sehr unterschiedliche Zustände und Empfindungen beschrieben.

49

Je nach der Ursache und Art des Schwindels können mithin leichte oder schwere und kurze oder längeranhaltende Anfälle oder Episoden mit oder ohne Begleitsymptome auftreten. Der Schweregrad des Schwindels ist damit abhängig von der Länge und der Häufigkeit der auftretenden Schwindelattacken und kaum losgelöst von den weiteren, mit dem Schwindel auftretenden Begleiterscheinungen zu fassen. In aller Regel wird der Grad einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht überschritten, sodass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V handelt. Soweit die Klägerin insbesondere auf das Restless-Legs-Syndrom verweist, das vom BSG im Zusammenhang mit einem Off-Label-Use als schwerwiegend beurteilt worden ist, ist auch dies von einem anderen Schweregrad, zumal die Indikation aus dem Syndrom folgende massive Schlafstörungen und daraus resultierende erhebliche körperliche und seelische Beeinträchtigungen fordert. Hieraus ergibt sich aber, dass "verschiedene Schwindelzustände" nicht generell den vorliegend maßgeblichen Schweregrad erreichen und damit nicht generell als schwerwiegende Erkrankung iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eingestuft werden können. Die Bewertungen der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Schwindels in anderen Rechtsbereichen, etwa des BVG, folgen anderen Vorgaben und sind hier nicht maßgeblich.

50

cc) Die Klägerin hat auch mit dem in ihrem Begehren enthaltenen Antrag auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I zur AM-RL in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch insoweit rechtmäßig, als dieser Antrag abgelehnt wurde.

51

Der Beklagte hat auch darüber entschieden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme von Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung "schwerer Schwindelzustände" in die Anlage I der AM-RL hat. Im Bescheid vom 20.3.2007 hat der Beklagte insgesamt den Antrag auf Aufnahme der Arzneimittel in die OTC-Übersicht abgelehnt. Aus der Entscheidungsbegründung ergibt sich, dass zum einen Vertigoheel® nur zur Behandlung von leichten Formen des Schwindels als geeignet eingestuft wurde. Zum anderen wurden die vorgelegten Unterlagen als unergiebig für einen Nachweis dafür angesehen, dass Vertigoheel® Therapiestandard bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010 wird wiederum ausgeführt, dass Vertigoheel® für die Behandlung schwerer oder schwerwiegender Verläufe des Schwindels nicht zugelassen sei. Zudem wird betont, dass zwar Schwindel eine schwerwiegende Erkrankung darstellen könne, Vertigoheel® indes bei schweren oder schwerwiegenden Verläufen des Schwindels nicht Therapiestandard sei.

52

Diese Bewertung ist unter Beachtung des dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Offenbleiben kann, ob und unter welchen Voraussetzungen "schwere Schwindelzustände" als schwerwiegende Krankheit im dargelegten Sinne angesehen werden können. Der Beklagte hat jedenfalls unter Auswertung des vorliegenden Studienmaterials nachvollziehbar entschieden, dass Vertigoheel® jedenfalls nicht den "Therapiestandard" iS von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Behandlung schwerer oder schwerster Schwindelzustände darstellen.

53

(1) Nach § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) - und gleichlautend § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO - gilt ein Arzneimittel als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Auch diese Auslegung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl bereits BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29; zuletzt BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Therapiestandard wird nicht durch eine ständige Praxis der Leistungserbringer definiert, kann also nicht dadurch begründet werden, dass ein Arzneimittel bei einer bestimmten Erkrankung "standardmäßig" eingesetzt wird. Dass dies der Fall sei, ist vorliegend von der Klägerin zwar behauptet, jedoch im Übrigen nicht belegt worden. In § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO heißt es in zulässiger Auslegung der Anforderungen weiter, auf der Basis systematischer Literaturrecherchen sei nachzuweisen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung bestehe; vorrangig seien klinische Studien, insbesondere direkt vergleichende mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob ein Arzneimittel den Therapiestandard für eine Erkrankung darstellt, kommt es mithin nicht auf einen Vergleich mit anderen nicht verschreibungspflichtigen oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder mit nicht pharmakologischen Behandlungsmethoden an, sondern auf den nachgewiesenen Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung (BSG Urteil vom 14.5.2014 - B 6 KA 21/13 R - RdNr 43 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

54

(2) Abgesehen davon, dass der Beklagte sich auf diese Vorschrift - zu Recht - nicht gestützt hat, ergibt sich eine Schlechterstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen nicht aus § 12 Abs 6 AM-RL(Nr 16.5 AMR). Hiernach ist das Vorliegen eines Therapiestandards "nach dem Erkenntnisstand … in der jeweiligen Therapierichtung" zu beurteilen. Dass diese Regelung, ausgehend von dem vorstehend erläuterten Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 zu Satz 3 SGB V, nicht zu beanstanden ist, hat der Senat zu Nr 16.5 AMR, der nahezu wortgleich mit § 12 Abs 6 AM-RL war, bereits entschieden(BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37). Soweit § 12 Abs 6 AM-RL formuliert, dass eine entsprechende Verordnung nur "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete" erfolgen kann, normiert er keine Voraussetzung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dahingehend, dass deren Aufnahme in die OTC-Übersicht nur möglich wäre, wenn für die in Rede stehende Indikation bereits ein allopathisches Arzneimittel in der OTC-Übersicht enthalten wäre.

55

Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Regelung steht. § 12 Abs 6 AM-RL bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufgenommen, sondern unter welchen Voraussetzungen dieses durch den behandelnden Arzt verordnet werden kann. Voraussetzung hierfür ist aber nach § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V eine Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V. Vor diesem Hintergrund ist der Bezug auf die Anlage I in § 12 Abs 6 AM-RL nicht als zusätzliche Voraussetzung für die Aufnahme der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in die OTC-Übersicht, sondern als Wiederholung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit dieser Arzneimittel zu sehen. § 12 AM-RL führt zunächst in den Abs 1 bis 5 die allgemeinen, auch für allopathische Arzneimittel geltenden Grundsätze auf und nimmt insbesondere in Abs 5 auf die Anlage I der AM-RL Bezug. Dabei folgt die Vorschrift im Aufbau der Regelungsstruktur des § 34 Abs 1 SGB V. Den Bezug zur Anlage I greift § 12 Abs 6 AM-RL sodann auf und stellt klar, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verordnet werden können. Dass auch der Beklagte § 12 Abs 6 AM-RL in diesem Sinne versteht, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sich in der OTC-Übersicht auch Substanzen finden, die (auch) Grundsubstanzen homöopathischer und anthroposophischer Arzneimittel sind. Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) waren etwa Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen, die dem Grunde nach von Nr 32 der OTC-Übersicht erfasst sind. In der vorgenannten Entscheidung ging es (insoweit nur) um die Frage, ob Mistelpräparate der besonderen Therapierichtungen über den Wortlaut von Nr 32 der OTC-Übersicht und damit über den Indikationsbereich, in welchem allopathische Mistelpräparate verordnet werden dürfen, auch im Falle einer kurativ-adjuvanten Therapie verordnet werden dürfen.

56

(3) Die in § 12 Abs 4 AM-RL(Nr 16.3 AMR) und § 34 Abs 1(§ 31 Abs 1 aF) 4. Kapitel VerfO normierten Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl zum Begriff der "besonderen Therapierichtung" BSGE 81, 54, 72 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 28; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72; BSGE 94, 221, RdNr 26 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin, 2. Aufl 2012, RdNr 76 ff). § 34 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt zwar, dass der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen ist. Damit stellt das Gesetz sicher, dass den homöopathischen und anthroposophischen Mitteln nicht von vornherein der Zugang zur Aufnahme in die OTC-Übersicht versagt wird. Hieraus kann jedoch weder abgeleitet werden, dass ein homöopathisches Arzneimittel nicht die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen, namentlich nicht den Therapiestandard darstellen müsste, noch dass für homöopathische Arzneimittel im Rahmen der Prüfung, ob sie den Therapiestandard darstellen, grundsätzlich andere Maßstäbe gelten müssten als im Falle allopathischer Arzneimittel. Das Verhältnis von § 34 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB V hat der Gesetzgeber so geregelt, dass er die Vorgaben des Satzes 2 vorangestellt und ihnen die Regelung des Satzes 3 in der Weise angeschlossen hat, dass "dabei … der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergibt sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein gewisser Vorrang der Vorgaben des Satzes 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 37; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33). Soweit daher bei der Bewertung der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen grundsätzlich der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung, also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit zugrunde zu legen ist (Maßstab der sog Binnenanerkennung, BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 33; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 39; unter Bezugnahme auf die weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 26.8.2009 - 13 A 4556/06 - Juris RdNr 17), befreit dies folglich nicht von der Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Freistellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von Wirtschaftlichkeitserwägungen, der Notwendigkeit der Qualitätssicherung oder sonstiger allgemeingültiger gesetzlicher Anforderungen ist dadurch nicht geboten (ausführlich BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13, RdNr 34 ff; vgl auch BT-Drucks 13/8280 S 2 mit Blick auf § 135 Abs 1 SGB V).

57

Eine über den Maßstab der Binnenanerkennung hinausgehende Privilegierung homöopathischer Arzneimittel folgt auch nicht aus der Hervorhebung der "besonderen Therapierichtungen" in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V. Mit dieser Norm sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden, ohne allerdings den besonderen Therapierichtungen eine Sonderstellung einzuräumen (BT-Drucks 11/3480 S 49; s hierzu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f). Hieraus sowie aus der textlichen Abfolge von § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, ergibt sich grundsätzlich, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen den identischen Voraussetzungen gerecht werden müssen wie schulmedizinische Leistungen, also keine Begünstigung der besonderen Therapierichtungen erfolgt(vgl hierzu BSGE 94, 221, RdNr 27 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28).

58

Bereits der Ausnahmecharakter von § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V gebietet die Annahme eines einheitlichen Maßstabs für allopathische Arzneimittel und solche der besonderen Therapierichtungen: Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind, kommt überhaupt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, für die ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard gilt. Bei einer schwerwiegenden Erkrankung sind per se wegen des erhöhten Gefährdungspotentials auch strenge Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit gerechtfertigt. Dass diese Anforderungen bei homöopathischen Arzneimitteln geringer sein sollten als bei den allopathischen Arzneimitteln, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Demgemäß muss es auch bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen zu deren Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 29 mwN). Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn im Rahmen eines engen Ausnahmetatbestandes allopathische Arzneimittel nur bei strengem Wirksamkeitsnachweis verordnungsfähig wären, bei den besonderen Therapierichtungen von diesem Erfordernis aber abgesehen würde.

59

Dabei wird nicht verkannt, dass insofern ein Spannungsverhältnis zwischen den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen und dem Selbstverständnis der besonderen Therapierichtungen entstehen kann. Die Möglichkeit eines solchen Konflikts ist jedoch im Gesetz angelegt, indem zwar bestimmt wird, dass den Eigenheiten besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen ist, jedoch diese Regelung systematisch der Regelung in § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V nachgeordnet ist und gerade keine besonderen Voraussetzungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normiert sind. Hätte der Gesetzgeber andere, namentlich geringere Anforderungen für die Aufnahme von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die AM-RL normieren wollen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen müssen. Allein die Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung schließt allerdings auch nicht aus, dass wissenschaftliches Erkenntnismaterial zum Nachweis des Nutzens vorgelegt werden kann. Dies bestreitet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht, vielmehr betont sie gerade, dass klinische Studien vorlägen, die ihre Ansicht bestätigten. Schließlich zeigt nicht zuletzt die Aufnahme der Mistelpräparate in die OTC-Übersicht, dass Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen durchaus die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen können.

60

Bestätigt wird diese Auffassung durch die besonderen Anforderungen, die bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel für schwere Erkrankungen im Arzneimittelrecht gelten. Bei Vorliegen einer solchen Krankheit werden nämlich - anders als bei nur leichten Erkrankungen - bereits im Zulassungsverfahren besondere Anforderungen gestellt; das zeigen die Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie der Kommission D (Kommission nach § 25 Abs 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung). Danach können bei der Zulassung eines Arzneimittels für die Behandlung einer schweren Erkrankung nur Aussagen auf der Grundlage von wissenschaftlichem Erkenntnismaterial akzeptiert werden (vgl auch BVerwG Buchholz 418.32 AMG Nr 53; BVerwG, NVwZ-RR 2014, 764). Dementsprechend wird das Vorliegen mindestens einer nachvollziehbaren klinischen Studie gefordert.

61

Die Maßstäbe der Kommission D aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren können allerdings nicht unmittelbar auf die Anwendung des § 34 Abs 1 SGB V übertragen werden. Im Rahmen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens werden Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels geprüft, während der Beklagte die Wirtschaftlichkeit und den Nutzen von Arzneimitteln untersucht. Die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall ausreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132, RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht, wie sich schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V ergibt. Eine Übertragung der Maßstäbe aus dem AMG würde hier aber auch zu einer strengeren Prüfung als bei allopathischen Arzneimitteln führen, weil § 34 Abs 2 Satz 1 und 2 4. Kapitel VerfO anders als die Kommission D, nicht zwingend eine klinische Studie verlangt, sondern ebenso einen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausreichen lässt. Erkennbar wird aber, dass auch im Arzneimittelzulassungsrecht für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen jedenfalls bei der Zulassung für schwere Erkrankungen im Hinblick auf die erforderliche Arzneimittelsicherheit an der evidenzbasierten Medizin orientierte Maßstäbe angelegt werden.

62

(4) Sind damit grundsätzlich die für allopathische Arzneimittel geltenden Maßstäbe heranzuziehen, hat der Beklagte zu Recht verneint, dass Vertigoheel® Therapiestandard für schwere Schwindelzustände ist. § 34 Abs 2 Satz 1 und 2(§ 31 Abs 2 Satz 1 und 2 aF) 4. Kapitel VerfO verlangt in zulässiger Auslegung der Anforderungen an den Therapiestandard einen Nachweis auf der Basis systematischer Literaturrecherchen, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, wobei vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen sind.

63

Die Voraussetzungen eines derartigen Konsenses hat der Beklagte nachvollziehbar verneint. Er hat sich mit den einschlägigen Fachveröffentlichungen und den von der Klägerin vorgelegten Studien und Stellungnahmen, im Widerspruchsbescheid auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. D auseinandergesetzt. Die hierauf fußenden Wertungen des Beklagten sind nicht zu beanstanden. Bei dem Einsatz von Vertigoheel® zur Behandlung von Schwindelzuständen mag es sich zwar um eine durchaus gängige Therapiemöglichkeit auch zur Behandlung von "schweren oder schwersten Schwindelzuständen" handeln. Die Einstufung als gängige Therapiemöglichkeit allein genügt jedoch nicht, um zu begründen, dass es sich bei dieser auch um den "Therapiestandard" im beschriebenen Sinne handelt.

64

Folge der zahlreichen Ursachen von Schwindel ist, dass diverse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die in Abhängigkeit von der Ursache eingesetzt werden. In der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgt eine Differenzierung nach medikamentösen, physikalischen, operativen und psychotherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung des Leitsymptoms Schwindel. Bereits vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen Therapieansätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursachenunabhängigen, medikamentösen Behandlung des Schwindels mit Vertigoheel® generell um den Therapiestandard handeln würde. Selbst wenn aber allein auf das medikamentöse Therapieverfahren abgestellt wird, ergibt sich aus der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" kein anderes Ergebnis. In einer Tabelle werden dort Indikationen bestimmten medikamentösen Behandlungsverfahren zugewiesen, etwa wird Betahistin und Gentamicin bei der Indikation Morbus Menière und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer und andere Antidepressiva im Falle eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt. Die in Vertigoheel® enthaltenen Wirkstoffe sind in dieser Übersicht sämtlich nicht aufgeführt. Gleiches gilt für die in einer weiteren Tabelle zu findenden Pharmakagruppen zur symptomatischen Behandlung von Schwindel und Übelkeit sowie die in Tabelle 49.3 der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie" aufgeführten wichtigsten Wirkstoffe zur Therapie bei Schwindel.

65

Ein anderes Ergebnis folgt nach der nachvollziehbaren Bewertung des Beklagten auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. D Zwar ist Vertigoheel® nach seiner persönlichen Auffassung als Therapiestandard zur Behandlung von Schwindel zu empfehlen. Objektive Hinweise darauf, dass die davon abweichende Bewertung des Beklagten rechtswidrig wäre, liefert das Gutachten indes nicht. Der Sachverständige begründet seine Einschätzung ua damit, dass Schwindel nach Kopfschmerz das zweithäufigste Symptom nicht nur in neurologischen Abteilungen sei. Dies ist allein eine Aussage zu der Häufigkeit des Auftretens dieses Symptoms, jedoch keine Begründung für die These, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung dieses Symptoms anzusehen sei. Soweit der Sachverständige sodann darlegt, dass es, um das krankheitsbedingte Symptom Schwindel genau der auslösenden Krankheit zuordnen zu können, in den meisten Fällen einer neurologischen Abklärung bedürfe, die jedoch aufgrund der begrenzten Kapazitäten neurologischer Praxen und Fachabteilungen und der hohen Kosten der Spezialdiagnostik nicht zu bewältigen sei, bestätigt dies die Angaben in der S1-Leitlinie "Schwindel-Therapie", wonach grundsätzlich eine ursachenbezogene Behandlung vorzunehmen ist.

66

Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verschiedenen Studien hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass der Studie von Kruschinski et al eine Aussage über die Therapie einer schwerwiegenden Schwindelsymptomatik entnommen werden kann. Gleiches gilt für die Studie von Davis/Moorjani, die im Übrigen allein auf einer Befragung von Patienten zu der Häufigkeit und der Form des Auftretens von Schwindel basiert, jedoch keine Aussagen zu dem Einsatz von Vertigoheel® enthält. In der beschriebenen Studie von Strösser/Weiser, die die Klägerin hervorhebt, wird die Wirkung von Betahistin, Gentamicin und Vertigoheel® insbesondere bei der Erkrankung Morbus Menière verglichen. Hieraus kann ebenfalls kein Rückschluss auf einen Therapiestandard bei schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen abgeleitet werden. Gleiches gilt schließlich für die Studie von Issing et al. Hier wurde ein Vergleich zwischen Vertigoheel® mit Ginkgo biloba bei einem Kollektiv von zwischen 60 und 80 Jahre alten Patienten durchgeführt, wobei sich eine Gleichwertigkeit bei der Behandlung von vestibulärem Schwindel herausgestellt habe. Zum einen lässt sich eine Differenzierung nach Schweregraden des Schwindels nicht erkennen, zum anderen ist diese Studie allein auf vestibulären Schwindel beschränkt. Im Übrigen benennt der Sachverständige Fundstellen in der Fachliteratur, die die Wirksamkeit von Vertigoheel® belegten, denen aber sämtlich ebenfalls keine Aussage zu der Therapie von schwerem oder schwerstem Schwindel entnommen werden kann. Vor diesem Hintergrund gelangt der Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass Vertigoheel® die vorhandenen schulmedizinischen Medikamente ergänze und unterstütze, weshalb es in seiner Klinik seit langem mit gutem Erfolg eingesetzt werde. Gleichzeitig räumt er indes ein, dass die "jetzige Studienlage" noch nicht umfassend genug sei.

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Die von der Klägerin vorgelegten weiteren Unterlagen vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass Vertigoheel® als Therapiestandard zur Behandlung von schweren oder schwersten Schwindelzuständen im Allgemeinen anzusehen wäre. Der in dem gerichtlichen Verfahren vor dem SG Berlin vorgelegte Bericht von Klopp et al über eine Studie bezüglich "Microcirculatory effects of a homeopathic preparation in patients with mild vertigo" hat, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, wie schon der Titel zeigt, allein leichten, milden Schwindel zum Gegenstand. Der Bericht ist daher bereits in Folge seiner Grundkonzeption nicht dazu geeignet, einen Therapiestandard bezüglich schwerer oder schwerster Formen des Schwindels zu begründen. Gleiches gilt für die Metaanalyse von Schneider aus Dezember 2003. Unabhängig von der Frage, ob die seitens des Beklagten angeführten methodischen Zweifel zutreffend sind, ist diese nicht geeignet, die klägerische Auffassung zu stützen. Gegenstand der Metaanalyse waren vier komparative klinische Studien mit Vertigoheel® bei der Behandlung von Schwindel. Bei jeweils zwei dieser Studien handelte es sich um kontrollierte klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen; keine der Studien oder Anwendungsbeobachtungen differenziert indes nach der Schwere des Schwindels, sodass bereits aus diesem Grund hierüber kein Therapiestandard für solche Formen des Schwindels begründet werden kann. Im Rahmen der von November 1995 bis November 1996 von Weiser/Strösser/Klein durchgeführten Studie wurde eine Einstufung der Intensität der Schwindelattacken auf einer Fünf-Punkt-Skala vorgenommen, wobei 0 keine täglichen Beschwerden und 4 etwa sehr starke Beschwerden täglich beschreibt. Zu Beginn der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 2,6 und damit zwischen mäßigen und starken Beschwerden. Rückschlüsse allein im Hinblick auf schwere und schwerste Formen des Schwindels, unabhängig von ihrer Ursache, können daher aus der Studie nicht gezogen werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Studie Betahistin mit Vertigoheel® vergleicht, Betahistin jedoch - anders als Vertigoheel® - zur Behandlung von Morbus Menière zugelassen ist. Aus diesem Grund moniert der Beklagte zutreffend, dass ein adäquater Vergleich schwierig ist. Die Kohortenstudie von Wolschner/Strösser/Weiser/Klein berücksichtigt Patienten mit einer anfänglichen mittleren Schwindelintensität, was mäßigen bis starken Beschwerden entsprach. Da die Studie nicht allein schwere oder schwerste Formen des Schwindels untersucht hat, ermöglicht sie ihrerseits keinen Rückschluss auf den hier maßgeblichen Therapiestandard.

68

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht.

(2) Versicherte leisten zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert.

(3) Der Vertragszahnarzt rechnet die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 befundbezogen die objektiv überprüfbaren Indikationsgruppen, bei denen die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei sind auch einzuhaltende Standards zur kieferorthopädischen Befunderhebung und Diagnostik vorzugeben.

(5) Wählen Versicherte im Fall von kieferorthopädischen Behandlungen Leistungen, die den im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildeten kieferorthopädischen Leistungen vergleichbar sind und sich lediglich in der Durchführungsart oder durch die eingesetzten Behandlungsmittel unterscheiden (Mehrleistungen), haben die Versicherten die Mehrkosten, die durch diese Mehrleistungen entstehen, selbst zu tragen. In diesem Fall ist von dem behandelnden Zahnarzt gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung die vergleichbare im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildete kieferorthopädische Leistung als Sachleistung abzurechnen. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(6) Der Bewertungsausschuss für die zahnärztlichen Leistungen beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2022 einen Katalog von Leistungen, die als Mehrleistungen vereinbart und abgerechnet werden können. Er kann solche nicht im Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen benennen, die nicht als Mehrleistungen anzusehen sind (Zusatzleistungen). Sofern es zur Abgrenzung zwischen Mehrleistungen und den im einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen kieferorthopädischen Leistungen erforderlich ist, konkretisiert der Bewertungsausschuss die im einheitlichen Bewertungsmaßstab abgebildete kieferorthopädische Leistung.

(7) Werden im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung neben kieferorthopädischen Leistungen, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen abgebildet sind, Mehrleistungen oder Zusatzleistungen erbracht, ist der Versicherte vor Beginn der Behandlung vom behandelnden Zahnarzt über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen mündlich aufzuklären und ist eine schriftliche oder elektronische Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen, in der die von der Krankenkasse zu tragenden Kostenanteile und die vom Versicherten zu tragenden Kostenanteile aufgeschlüsselt nach Leistungen gegenübergestellt werden. Hiermit ist eine schriftliche oder elektronische Erklärung des Versicherten zu verknüpfen, dass er über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen aufgeklärt worden ist. Die Bundesmantelvertragspartner vereinbaren für die schriftliche Vereinbarung nach Satz 1 und für die Erklärung des Versicherten nach Satz 2 verbindliche Formularvordrucke und bestimmen den Zeitpunkt, ab dem diese verbindlich zu verwenden sind.

(8) Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überprüfen anlassbezogen die Einhaltung der Informations- und Aufklärungspflichten aus Absatz 7 Satz 1. Der behandelnde Zahnarzt ist verpflichtet, der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung auf Verlangen die Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und die Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 vorzulegen. Soweit es zur Nachvollziehbarkeit der vereinbarten Mehr- und Zusatzkosten erforderlich ist, kann die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung auch behandlungs- und rechnungsbegründende Unterlagen von dem behandelnden Zahnarzt anfordern. Der behandelnde Zahnarzt ist in diesem Fall zur Übermittlung der behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen verpflichtet, wenn der Versicherte ihm gegenüber in die Übermittlung schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dürfen die in der Vereinbarung nach Absatz 7 Satz 1 und der Erklärung nach Absatz 7 Satz 2 enthaltenen Daten sowie die Daten, die in den ihnen übermittelten behandlungs- und rechnungsbegründenden Unterlagen enthalten sind, nur verarbeiten, soweit dies für die Prüfung nach Satz 1 erforderlich ist.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.