Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 18. Aug. 2016 - 18 Sa 241/16
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 30.09.2015 – 6 Ca 1047/15 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.161,64 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf 282,37 € seit dem 01.01.2014, auf 282,94 € seit dem 01.06.2014, auf 160,27 € seit dem 01.08.2014, auf 217,14 € seit dem 01.10.2014, auf 150,92 € seit dem 01.11.2014, auf 293,25 € seit dem 01.03.2015, auf 208,75 € seit dem 01.03.2015, auf 300,00 € seit dem 01.04.2015 und auf 266,00 € seit dem 01.06.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Zulage, die der Kläger für insgesamt 17 Monate (September und Oktober 2013, März bis Dezember 2014 sowie Januar bis Mai 2015) beansprucht.
3Der Kläger ist seit dem 01.03.2010 bei der Beklagten als Maschinenführer tätig. Er ist seit dem 01.06.2011 Mitglied der Gewerkschaft IG Metall. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, dass mit der Herstellung von Innentüren befasst ist. Sie ist Mitglied mit Tarifbindung im Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Westfalen-Lippe e.V.
4§ 4 Ziffer 4 des Lohntarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelbaus in Westfalen-Lippe (nachfolgend: LTV) lautet in der seit dem 01.05.2009 geltenden Fassung wie folgt:
5MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten. Voraussetzung ist, dass die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen“ festlegen. Bis dahin gilt folgende Bestimmung weiter: MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.
6Die tarifschließenden Parteien haben bislang den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen“ nicht in einem Katalog festgelegt.
7Im Zeitraum, für den der Kläger die Zahlung der tariflichen Zulage gemäß § 4 Ziffer 4 Satz 3 LTV einfordert, war er ausschließlich an der Ummantelungsanlage tätig. An dieser Anlage werden die Rohlinge an mehreren Bearbeitungsvorgängen mindestens dreimal gefräst. Die Rohlinge werden automatisch eingelegt und mit Transportbändern weiterbefördert. Sie werden zunächst so zurecht gefräst, dass sie danach durch die Faltanlage gefaltet werden können. Nach dem Faltvorgang werden die Rohteile weitergefördert durch die Weinigfräskabine. Dort befinden sich verschiedene Fräsköpfe, die die Rohlinge für die Ummantelung vorbereiten. Hier werden dann die Rundungen gefräst, die Breite und eine Schräge. Schließlich werden die Rohlinge durch die Transportbänder und Transportketten über einen Wender weiterbefördert und mit verschiedenen Dekoren versehen. Anschließend erfolgt der Klebevorgang. Nach dem Auftragen der Dekore werden die Teile dann ein letztes Mal gefräst, um überstehendes Material zu entfernen. Der Kläger arbeitete weder im Akkord noch in einem Prämiensystem.
8Nachdem der Kläger die tarifliche Zulage gemäß § 4 Ziffer 4 Satz 3 LTV für die Monate September und Oktober 2013, März bis Dezember 2014 sowie Januar bis Mai 2015 erfolglos schriftlich gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte, verfolgt er seine Ansprüche mit der am 23.04.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und mit den Schriftsätzen vom 21.07.2015 sowie 30.07.2015 erweiterten Klage weiter. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die Arbeit an der Ummantelungsanlage die tarifliche Zulage in Höhe von 7 % zu. Da an der Ummantelungsanlage gefräst werde, handele es sich um eine spanabhebende Holzverarbeitungsmaschine im Sinne der tariflichen Vorschrift. „Spanabhebend“ seien alle Bearbeitungsverfahren, bei denen bei einem Trennvorgang mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten zur Änderung der Werksstückform oder -oberflächen in Form von Spänen abgetragen werden.
9Der Kläger hat die Klage in Höhe von 95,-- € zurückgenommen und zuletzt beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 282,37 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.01.2014 zu zahlen;
11die Beklagte zu verurteilen, an ihn 282,94 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.06.2014 zu zahlen;
12die Beklagte zu verurteilen an ihn 160,27 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.08.2014 zu zahlen;
13die Beklagte zu verurteilen, an ihn 217,14 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.10.2014 zu zahlen;
14die Beklagte zu verurteilen an ihn 150,92 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.11.2014 zu zahlen;
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn 300,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.04.2015 zu zahlen;
16die Beklagte zu verurteilen an ihn 266,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.06.2015 zu zahlen;
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn 293,25 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.03.2015 zu zahlen;
18die Beklagte zu verurteilen an ihn 208,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.03.2015 zu zahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei der Ummantelungsanlage handele es sich nicht um eine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine. Fräsen, Sägen, Bohren und Schleifen seien keine spanabhebenden Verfahren, da bei diesen Verfahren der Span nicht „abgehoben“ werde. Bei allen Holzbearbeitungsmaschinen, die das Werkstück mittels eines Werkzeugs bearbeiteten, fielen Späne an. Nach dem Tarifwortlaut sei aber die „Spanabhebung“ ausschlaggebend. Als spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen seien die Dickenhobelmaschinen, die zweiseitigen Hobelmaschinen und die mehrseitigen Hobelmaschinen anzusehen. Angesichts des weiten Geltungsbereichs der tariflichen Regelung hätte eine Gleichstellung von „spanenden Maschinen“ und „spanabhebenden Maschinen“ zur Folge, dass alle Mitarbeiter der Holzplattenfabrikation die tarifliche Zulage erhielten. Dies entspreche nicht dem Willen der Tarifparteien, die mit dem Merkmal der Spanabhebung eine deutliche Einschränkung hätten normieren wollen.
22Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 2.225,09 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des LAG Hamm vom 08.05.2015 – 10 Sa 1655/14 ausgeführt, die Auslegung des Lohntarifvertrages ergebe, dass sämtliche Arbeiten an Holzbearbeitungsmaschinen, bei denen Späne, gleich welcher Größe und Form anfielen, als spanabhebend zu klassifizieren seien.
23Gegen das Urteil hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung fristgerecht begründet. Insoweit wird auf die Feststellungen im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht Bezug genommen.
24Die Beklagte meint, der Kläger arbeite nicht an einer spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine. Die Bearbeitung der Rohlinge an der Ummantelungsanlage erfolge durch Fräsen, Falten und Bekleben. Falten und Kleben seien jedenfalls keine spanabhebenden Tätigkeiten. Daher könne die Tätigkeit an einer Maschinenstraße mit unterschiedlichen Arbeitsschritten nicht als Tätigkeit an einer spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine angesehen werden. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sei zwischen spanabhebenden Maschinen und anderen spanenden Maschinen zu differenzieren, weil im Entstehungszeitpunkt der Tarifnorm spanabhebende Tätigkeiten qualifiziertere Tätigkeiten gewesen seien als das Sägen und das Bohren. Anderenfalls hätten die Tarifvertragsparteien in den Wortlaut des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV einfach das Adjektiv „spanend“ und nicht „spanabhebend“ aufnehmen können.
25Die Beklagte beantragt,
26das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld, Az.: 6 Ca 1047/15, vom 30.09.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
27Der Kläger beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.
30Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32I.
33Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur im geringen Umfang Erfolg.
341. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 2.161,64 € brutto (2.530,01 € brutto) gegen die Beklagte zu. Der Anspruch ergibt sich aus § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV.
35a) Diese Tarifvorschrift gilt für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien.
36Das folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Beide Parteien sind tarifgebunden im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG. Sie sind jeweils Mitglied der tarifschließenden Verbände.
37b) Der Lohntarifvertrag findet nach seinem räumlich/fachlichen Geltungsbereich Anwendung.
38Nach § 1 LTV entspricht der Geltungsbereich des Lohnvertrages den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie in Westfalen-Lippe. Der Geltungsbereich des Manteltarifvertrages vom 09.12.2008 (nachfolgend: MTV). ist gemäß Nr. 1.5. MTV eröffnet. Die Beklagte stellt Türen (Innentüren) her.
39c) Die Voraussetzungen für eine Zahlung der Zulage gemäß § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV sind für die Monate September und Oktober 2013, März bis Dezember 2014 sowie Januar bis Mai 2015 erfüllt.
40aa) Die Regelung des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV wird nicht durch § 4 Ziff. 4 Satz 1 und 2 LTV verdrängt, da die Tarifparteien bislang den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen“ nicht in einem Katalog festgelegt haben.
41bb) Der Anspruch auf Zahlung der Zulage ist nicht nach § 4 Ziff. 4 Satz 3 a. E. LTV ausgeschlossen. Der Kläger arbeitete weder im Akkord noch in einem Prämiensystem.
42cc) Der Kläger bediente eine Holzbearbeitungsmaschine.
43Unter einer Holzbearbeitungsmaschine ist eine stationäre Maschine zu verstehen, deren Arbeitsaggregate nicht durch menschliche Kraft angetrieben und nicht von Hand geführt werden und die das Holz ge- bzw. verformt (vgl. BAG, Urteil vom 25.07.1962 – 4 AZR 535/61). Die Ummantelungsanlage, an der der Kläger arbeitet, erfüllt diese Voraussetzungen. Darüber besteht auch zwischen den Parteien kein Streit.
44dd) Bei der Ummantelungsanlage handelt es sich auch um eine „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschine.
45Das Attribut „spanabhebend“ wird in der Rechtsprechung unterschiedlich verstanden. Teilweise wird darauf abgestellt, dass die Maschine die Späne „ab“-heben müsse, es sei zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen zu unterscheiden (so BAG, Urteil vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94: Eine Bandsäge ist keine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine). Nach dieser Auffassung, die auch die Beklagte vertritt, wären im Wesentlichen nur Hobelmaschinen als spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen anzusehen. - Andererseits werden die Begriffe „spanabhebend“ und „spanabnehmend“ gleichgesetzt (so BAG, Urteil vom 25.07.1962 – 4 AZR 535/61: Eine Leistenbündelmaschine, mit der Leisten durch Sägen gekürzt und Nuten gesägt und in einen Bindfaden eingedrückt werden, ist eine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine) oder der Begriff „spanabhebend“ als „spanend“ verstanden (LAG Hamm, Urteil vom 08.05.2015 – 10 Sa 1655/14: Maschinenstraßen, an denen gesägt, gefräst und geschliffen wird, sind spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen; ebenso LAG Hamm, Urteile vom 23.05.2016 – 10 Sa 1730/15, 10 Sa 1734/15, 10 Sa 1796/15).
46Der letztgenannten Auffassung, die die 10. Kammer des LAG Hamm vertritt, ist zu folgen. Spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen sind solche Maschinen, die Werkstoffschichten von dem Werkstück zur Änderung der Werkstückform und/oder der Werkstückoberfläche mechanisch abtragen und dabei Späne bilden; darunter fallen u.a. Fräs-, Hobel-, Säge- und Bohrmaschinen. Das ergibt sich aus einer sachgerechten Auslegung des § 4 Ziffer 4 Satz 3 LTV.
47(1) Für die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen sind die Grundsätze maßgeblich, die auch für die Gesetzesauslegung gelten (BAG, Urteil vom 02.06.1961 – 1 AZR 573/59, seitdem ständige Rechtsprechung).
48Um den Inhalt einer Tarifnorm festzustellen, muss der Auslegungskanon herangezogen werden, der bei der Gesetzesinterpretation üblich ist (Löwisch/Rieble, 2. Aufl. 2004, § 1 TVG, Rdnr. 554 ff.; Wank, in: Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl. 2007, § 1 TVG, Rdnr. 999 ff.; Wißmann, in: Thüsing/Braun, Tarifrecht, 4. Kapitel, Rdnr. 154 ff.): Zu berücksichtigen sind Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Tarifvorschrift. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa BAG, Urteil vom 11.10.2010 – 8 AZR 392/09, Urteil vom 12.08.2015 – 7 AZR 592/13 m.w.N.) ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Norm ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist stets abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Verwenden die Tarifvertragsparteien ein branchenspezifischen Begriff, ist davon auszugehen, dass sie den Begriff verstanden wissen wollen, wie er den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entspricht (BAG, Urteil vom 24.09.2014 – 4 AZR 316/12, Urteil vom 05.09.2012 – 4 AZR 584/10 m.w.N.).
49(2) Den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entspricht es, den branchenspezifischen Begriff „spanabhebend“ im Sinne von „spanend“ oder „zerspanend“ zu verstehen. Danach ist maßgeblich, ob bei der maschinellen Holzbearbeitung überhaupt Späne entstehen. Es ist nicht darauf abzustellen, ob die Späne durch einen besonderen Vorgang des „Ab“-hebens entstehen.
50Die für die spanende Fertigung maßgeblichen DIN-Normen enthalten den Begriff „spanabhebend“ nicht. Auch der Begriff „zerspanen“ wird nicht verwendet. Die DIN-Norm 8580 unterteilt die verschiedenen Fertigungsverfahren in sechs Hauptverfahren und definiert als eines dieser Verfahren das „Spanen“ (formgebend). Die verschiedenen Fertigungsverfahren des „Spanens“ sind in Deutschland in der Norm DIN 8589 definiert. Das „Spanen“ beschreibt danach „einen Trennvorgang, bei dem von einem Werkstück mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeugs Werkstoffschichten von Spänen zur Änderung der Werkstückform und (oder) Werkstückoberfläche mechanisch abgetrennt werden“. Eine Unterscheidung der Begriffe „spanabhebend“ und „spanend“ bzw. „zerspanend“ findet sich hier nicht.
51In der Fachliteratur wird die „spanabhebende Bearbeitung“ als „eine Schnittbewegung, die den eigentlichen Spanabhub bewirkt, und eine Vorschubbewegung, ohne die eine mehrmalige, zeitlich aufeinanderfolgende Spanabnahme nicht möglich wäre“ beschrieben (Gerhard Maier, Spanabhebende Maschinen in der Holzverarbeitung, 1997, S. 18). Die Wirkbewegung bei dem Spanungsvorgang, die aus Schnittbewegung und Vorschubbewegung entsteht, wird als diejenige Bewegung bezeichnet, die das „Abheben der Späne“ bewirkt (Zentralinstitut für Holztechnologie, Lexikon der Holztechnik, 1964, S. 85). Unter „spanabhebender Fertigung“ wird ein „technisches Verfahren verstanden, bei dem vom Werkstück (Rohling) Werkstoffteile abgetrennt werden“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 35/Archiv/74265/ spanabhebende-fertigung-v4.html). So wird das Trennen mit Schneidkeil „spanabhebend“ genannt, wenn „einseitig ein dünner, biegsamer Span abgehoben wird, während die Gegenseite relativ dick und relativ starr bleibt“ (Wagenführ/Scholz, Taschenbuch der Holztechnik, 2008, S. 267). Als Beispiel für „spanabhebende Bearbeitung“ werden das Drehen, Hobeln, Bohren und Fräsen genannt (Gabler, Wirtschaftslexikon, a.a.O.; Maier, a.a.O., S. 18; vgl. auch www.wissen.de/lexikon/Holzbearbeitungsmaschinen: Fräsmaschinen bearbeiten Holz auf spanabhebendem Weg, google.com.patents/ WO2009100708A2?cl=de: Verfahren und Vorrichtung für eine spanabhebende Bearbeitung von Werkstücken mit einem Bohrer). Unter dem Gesichtspunkt der Erfassung von Holzspänen und –stäuben wird das Sägen, Fräsen und Schleifen zur spanabhebenden Holzverarbeitung gezählt (Jörn Blecken, Optimierung der Staub- und Späneerfassung in stationären Holzbearbeitungsmaschinen, 2004, S. 19, books.google.de).
52Der Begriff des „Zerspanens“ wird nicht anders verstanden. Nach dem Online-Lexikon zum Maschinenbau (Maschinenbau.de) wird „zerspanen“ definiert als „mechanischer Trennvorgang, bei dem mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten in Form von Spänen zur Änderung der Werkstückform abgetrennt werden, als Formen des Zerspanens werden das „Drehen, Fräsen, Bohren, Sägen, Hobeln, Feilen, Räumen, Hohnen, Läppen, Schleifen, Trommel- und Strahlspanen“ bezeichnet.
53Auch die Berufsgenossenschaften bezeichnen Drehmaschinen, Bohrmaschinen, Fräsen und Sägen als spanabhebende Werkzeugmaschinen (bgbau-medien.de/bausteine/c_315/c_315.htm; vbg.de /apl/arbhilf/unterw /66_Spa.htm). Unternehmen der holzverarbeitenden Industrie verwenden den Begriff „spanabhebend“ ebenfalls im Sinne von „spanend“ (vgl. LAG Hamm, Urteile vom 23.05.2016, Urteil vom 08.05.2015 – 10 Sa 1655/14).
54Das Begriffsverständnis der Berufskreise geht somit dahin, dass eine „spanabhebende“ Bearbeitungsweise dadurch gekennzeichnet ist, dass Späne (überhaupt) entstehen, und nicht dadurch, dass Späne (im Rahmen einer Vorwärtsbewegung nach oben gerichtet) „ab“-gehoben werden, wie dies beim Hobeln der Fall ist.
55Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die DIN-Normen 8580 und 8589 bei der Normierung der Vorschrift des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV seien noch nicht bekannt gewesen und das derzeitige Verständnis der beteiligten Berufskreise (insbesondere der Fachliteratur) vom Begriff des „Spanabhebens“ spiegele nicht das seinerzeitige Begriffsverständnis der beteiligten Berufskreise wider. Denn schon in der älteren Fachliteratur wurde der Begriff des „Spanabhebens“ mit „Spanen“ bzw. „Zerspanen“ gleichgesetzt. So wurden Sägen, Hobelmaschinen, Lochbohrmaschinen und Schleifmaschinen als spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen angesehen (Hermann Fischer, Die Werkzeugmaschinen, 2. Band Die Holzbearbeitungs-Maschinen, 1901, S. 16 ff., books.google.de; vgl. hinsichtlich der Bearbeitung von Kunststoffen auch Franz Kainer, Polyvinylchlorid und Vinylchlorid-Mischpolymerisate, 1952, S. 280, books.google.de: Spanabhebende Bearbeitung durch Abdrehen, Fräsen, Bohren, Stanzen, Hobeln, Sägen und Schneiden). Hobel, Bohrer und Fräsen wurden als spanabhebende Werkzeuge bezeichnet (Hermann Meyer, Leitfaden der Werkzeugmaschinenkunde, 1921, S. 14, books.google.de). Differenziert wurde zwischen spangebender und spanloser Formgebung bei der Holzbearbeitung (Franz Kollmann, Technologie des Holzes und der Holzwerkstoffe, Bd. 2 Holzschutz, 1955, S. 604, books.google.de). Demgegenüber findet sich (auch in der älteren Literatur), soweit für das Berufungsgericht ersichtlich, keine einzige Stellungnahme, die den Begriff des „Spanabhebens“ unter Betonung des „Ab“-Hebevorgangs definiert, und – wie es der Auffassung der Beklagten entspricht – lediglich Hobelmaschinen als spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen ansieht. Das Holzwirtschaftliche Jahrbuch Nr. 6-7 „Holzbearbeitungsmaschinen“ aus Februar 1957, das die Beklagte im Rahmen ihrer Argumentation zur Auslegung der Tarifvorschrift erwähnt, verhält sich zum Begriff der „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ nicht. Es gibt in diesem Werk ausweislich des Inhaltsverzeichnisses zwar ein eigenes Kapitel über „Zerspanungsmaschinen für die Holzspanplattenfabrikation“. In diesem Kapitel werden allerdings die Hobelmaschinen, die auch nach der Auffassung der Beklagten als „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ zu gelten haben, gar nicht erwähnt. Ein eigenes Kapitel zu „spanabhebenden“ oder „spanenden“ Maschinen enthält das Werk nicht.
56(3) Das vorstehend beschriebene Verständnis der beteiligten Berufskreise vom branchenspezifischen Begriff des „Spanabhebens“ steht mit dem Wortlaut des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV im Einklang.
57Der Wortsinn des Begriffs „spanabhebend“ wird als „formend bearbeitend, in dem man mit Hobel, Feile etc. Schichten in Spänen entfernt“ verstanden (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1981). Im Duden (Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 6 1981) wird unter dem Stichwort „spanabhebend“ auf „spanende Bearbeitung/Fertigung“ verwiesen.
58Nach dem Wortlaut lässt sich unter „Spanabhebung“ nicht nur das Abtragen von (größeren) Spänen nach oben bei einer horizontalen Vorwärtsbewegung des Werkzeuges – wie beim Hobeln – sondern auch das Abheben von (kleineren) Spänen durch eine Auf- und Abbewegung wie beim Sägen verstehen. Die Zähne des Sägeblattes heben ja letztlich auch nur Teile des Werkstoffes, nämlich Späne, ab, wodurch der Werkstoff zerteilt wird. Das gleiche gilt für das Bohren und Fräsen, das sich als Abheben von Spänen durch die rotierende Bewegung des Werkzeuges begreifen lässt.
59(4) Entstehungsgeschichtliche Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen.
60Insbesondere kann nicht angenommen werden, die Tarifparteien hätten sich nach der Normierung des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV zu einem späteren Zeitpunkt die Auslegung des Begriffs „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine“ durch das BAG im Urteil vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94 zu eigen gemacht. § 3 LTV enthält ausdrückliche Bezugnahmen auf die Rechtsprechung des BAG zum Begriff der „körperlichen Belastungen“ (Urteil vom 27.08.1988 - 4 AZR 707/87). Eine solche Bezugnahme auf die Rechtsprechung findet sich in § 4 Ziff. 4 LTV nicht.
61(5) Die Annahme, alle „spanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen seien „spanabhebend“, entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV.
62Indem der Tarifvertrag bestimmt, dass nicht jeder Arbeiter an einer Holzbearbeitungsmaschine eine Zulage erhält, sondern nur derjenige, der an einer „spanabhebenden“ Holzbearbeitungsmaschine tätig ist, soll offenbar eine Einschränkung des Kreises der Zulagenberechtigten erfolgen. Dafür spricht auch, dass gemäß § 4 Ziff. 4 Satz 2 LTV der Wille der Tarifvertragsparteien darauf gerichtet war, einen Katalog von Holzbearbeitungsmaschinen zu erstellen, deren Bedienung die Zahlung der Zulage nach sich zieht. Die tariflich gewollte Beschränkung der Zulage lässt sich auch dann erreichen, wenn man „spanabhebend“ mit „spanend“ gleichsetzt. Es gibt eine Vielzahl von Maschinen, deren Bediener keinen Anspruch auf die Zulage haben, beispielsweise Holzpressmaschinen, Klebe- und Leimmaschinen sowie Beiz- und Lackieranlagen.
63Wollte man den Begriff „spanabhebend“ aber so verstehen, wie es die Beklagte befürwortet, bestünde nur noch ein ganz geringer Anwendungsbereich für die Zahlung der Zulage gemäß § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV. Wären nur Holzbearbeitungsmaschinen erfasst, bei denen die Schnittbewegung durch einen Hub erfolgt, ist schon fraglich, ob Dickenhobel- und Abrichthobelmaschinen überhaupt als „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ anzusehen sind, da diese – wie Fräsmaschinen – mit rotierenden Werkzeugen arbeiten. Fordert man – wie beim klassischen Hobel – eine geradlinige, abhebende (nicht rotierende) Schnittbewegung, hätte schon Mitte des letzten Jahrhunderts so gut wie kein Anwendungsbereich für die Zulagenregelung existiert, da die „wirklichen“ Hobelmaschinen wie Putzhobel- oder Ziehklingenmaschinen in der Holzbearbeitung keine nennenswerte Rolle spielten (Ingenieurschule für Holztechnik, Taschenbuch der Holztechnologie, 1965, S. 321; Wagenführ/Scholz, a.a.O., S. 315).
64Es wäre nicht einzusehen, warum der Tarifvertrag nur für Maschinenarbeiter an Hobelmaschinen Zulagen vorsehen sollte, für Maschinenarbeiter an anderen spanenden Holzbearbeitungsmaschinen jedoch nicht. Aus der Regelungssystematik des § 4 LTV ergibt sich, dass Zulagen entweder für besonders schmutzige, bzw. gesundheitsgefährdende Arbeiten (z.B. gemäß Ziffer 5 für „Spritzer“ und „Bleicher“) oder für handwerklich anspruchsvolle Tätigkeiten (z.B. gemäß Ziffer 6 für „individuelle Bildhauerarbeiten“) gezahlt werden sollen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeit an einer Hobelmaschine gefährlicher oder anspruchsvoller ist als die Arbeit an einer Säge- oder Fräsmaschine. Die Unfallgefahr, die durch die Benutzung scharfklingiger Werkzeugteile in den Maschinen entsteht, ist dieselbe. Als die Vorschrift des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV im Jahr 1958 normiert wurde, dürfte es noch keine Absauganlagen in heutiger Form an den Maschinenarbeitsplätzen gegeben haben, so dass sich die Arbeit an allen spanenden Holzbearbeitungsmaschinen gleichermaßen als schmutzig und gesundheitsschädlich dargestellt haben wird. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeit an Hobelmaschinen handwerklich anspruchsvoller ist als die Arbeit an anderen spanenden Maschinen. Die Schwierigkeiten, beim „Schneiden“ des faserigen Holzwerkstoffs (dazu Hermann Fischer, a.a.O., S. 2 ff.), die zur ungewollten Beschädigung des Rohstoffs durch die maschinelle Arbeit führen können, bestehen bei allen spanenden Holzbearbeitungsverfahren. Falls Hintergrund der Zulage gemäß § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV gewesen sein sollte, dass Ende der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts qualifizierte Mitarbeiter, die die damals „modernen“ Holzbearbeitungsmaschinen bedienen konnten, rar waren, so gilt dies für Mitarbeiter an allen spanenden Holzbearbeitungsmaschinen gleichermaßen.
65In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen wäre es auch nicht mit Sinn und Zweck der Tarifnorm vereinbar, den Bedienern von Säge- und Fräsmaschinen die Zulage mit dem Argument zu versagen, bei dem Einsatz dieser Maschinen entstünden – anders als bei dem Einsatz von Hobelmaschinen – gar keine Späne, sondern nur Staub bzw. (Säge-) Mehl. Nach dem Zweck der Zulage kann es auf die Größe der Späne nicht ankommen. Wollte man auf die Größe der Späne abstellen, so bestünden auch Abgrenzungsschwierigkeiten, die eine praktikable Anwendung der Norm nicht mehr zuließen: Man müsste nämlich festlegen, wie groß (mindestens) der Span zu sein hat, der beim Bedienen der Holzbearbeitungsmaschine entsteht. Vorgaben hierzu lassen sich dem tariflichen Regelungswerk nicht entnehmen.
66ee) Dem Anspruch des Klägers aus § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV steht nicht entgegen, dass er an einer Anlage arbeitet, in der mehrere Fertigungsschritte vollzogen werden.
67In der Ummantelungsanlage, in der der Kläger tätig ist, findet jedenfalls in Gestalt des Fräsens eine spanabhebende Holzbearbeitung statt. Zwar wird in der Ummantelungsanlage das Werkstück auch dekoriert und geklebt. Jedoch verliert die spanabhebende Fräsmaschine ihre Eigenschaft nicht dadurch, dass sie mit weiteren Maschinen zu einer Maschinenstraße zusammengeschlossen wird oder dadurch, dass auf dem gleichen Arbeitsplatz nicht nur gefräst, sondern auch dekoriert und geklebt wird. Dem Tarifwortlaut lässt sich eine derartige Einschränkung nicht entnehmen. Die Gründe, die für die Gewährung der Zulage bei allen spanenden Holzbearbeitungsverfahren sprechen, gelten auch dann, wenn innerhalb einer Anlage nicht nur spanend, sondern auch spanlos gefertigt wird. Der Kläger hat in der Ummantelungsanlage jedenfalls nicht eine Tätigkeit zu verrichten, bei der das Fräsen eine völlig untergeordnete Rolle spielt. Bis zur Fertigstellung des Produkts finden immerhin drei unterschiedliche Fräsvorgänge statt.
68d) Die Ansprüche des Klägers sind nicht nach Nr. 108 MTV verfallen.
69Der Kläger hat die in dieser Tarifvorschrift vorgesehene Frist von zwei Monaten ab Fälligkeit für die Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausdrücklich erklärt, die rechtzeitige Geltendmachung der Klageforderung nicht in Abrede stellen zu wollen.
70e) Hinsichtlich der Höhe der Klageforderung hat das Berufungsgericht einen Rechenfehler des Arbeitsgerichts korrigiert. Der Kläger verlangt nach erfolgter teilweiser Klagerücknahme von der Beklagten insgesamt nur einen Betrag in Höhe von 2.161,64 €.
71Über die Höhe der Klageforderung besteht zwischen den Parteien nach der Teilklagerücknahme kein Streit. Der Kläger hat seine Klageforderung nachvollziehbar und rechnerisch richtig in der Klageschrift sowie in den erstinstanzlichen Schriftsätzen vom 21.07.2015, vom 30.07.2015 und vom 24.09.2015 dargelegt. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.
722. Die Zinsansprüche des Klägers folgen aus § 288 Abs. 1 BGB.
73Die Beklagte befand sich zu den Zeitpunkten, die im Urteilstenor als Beginn der Verzinsungspflicht ausgewiesen sind, mit der Zahlung der jeweiligen Teilbeträge im Verzug. Eine Mahnung war gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Die Leistungszeit war kalendermäßig bestimmt. Nach Nr. 59 MTV ist das Arbeitsentgelt jeweils am Monatsletzten zu zahlen.
74II.
75Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten der nahezu erfolglos eingelegten Berufung zu tragen. Die Zuvielforderung des Klägers war verhältnismäßig geringfügig und warf keine höheren Kosten auf, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
76Die Revision ist zugelassen worden, weil die Auslegung des § 4 Ziff. 4 Satz 3 LTV grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 72 Abs. 2 Nr. 1, 76 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG – die Tarifregelung gilt bundesweit) und weil das Berufungsgericht von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94) abgewichen ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG).
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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.
(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Für Wasserfahrzeuge, die ein Seelotsrevier befahren, sind Lotsabgaben nach der Anlage 1 zu entrichten. Satz 1 gilt nicht für
- 1.
Wasserfahrzeuge mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) bis zu 300, die keine Beratung durch Seelotsen an Bord oder von einer Landradarzentrale aus in Anspruch nehmen, - 2.
Binnenschiffe, die keine Beratung durch Seelotsen an Bord oder von einer Landradarzentrale aus in Anspruch nehmen, und - 3.
folgende Fahrzeuge - a)
Dienstfahrzeuge des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, - b)
Dienstfahrzeuge von Bund und Ländern, sofern diese Fahrzeuge der Wahrnehmung schifffahrtspolizeilicher Vollzugsaufgaben dienen, sowie - c)
Fahrzeuge der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
(1a) (weggefallen)
(2) Kehrt ein Fahrzeug um und tritt es nach Wegfall der die Umkehr veranlassenden Gründe die Fahrt in der ursprünglichen Richtung erneut an, so ist die Lotsabgabe nur einmal zu entrichten.
(3) Die Lotsabgaben werden ermäßigt
- 1.
für Fahrzeuge, die keinen Seelotsen annehmen, a) auf den Seelotsrevieren
Wismar/Rostock/Stralsund
im regelmäßigenPersonenverkehr um 80 vom Hundert im Übrigen um 50 vom Hundert b) auf den übrigen Seelotsrevieren
im regelmäßigen
Personenverkehrum 60 vom Hundert im Übrigen um 10 vom Hundert - 2.
für Fahrzeuge, die einen Seelotsen annehmen, - a)
auf dem Seelotsrevier
Wismar/Rostock/Stralsund
für Passagierschiffe um30 vom Hundert für Passagierautofähren und
Ro-Ro-Schiffe um35 vom Hundert - b)
auf der Trave für Fahrzeuge
im regelmäßigen Personen-
verkehr, die zur Annahme
eines Seelotsen verpflichtet
sind, um60 vom Hundert
- 3.
für Fahrzeuge im regelmäßigen
Post- und Personenverkehr
mit den Nordseeinseln und der
niederländischen Emsküste um90 vom Hundert - 4.
für Containerschiffe mit einer
Bruttoraumzahl über 20 000 im
Liniendienst für eine Reederei,
die mit solchen Schiffen im
Liniendienst auf der Ems
mindestens 50 Fahrten im
Kalenderjahr durchführt, um60 vom Hundert. Die Reederei hat die Absicht, einen solchen Liniendienst durchzuführen, jeweils spätestens bei der ersten Fahrt im Kalenderjahr der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt schriftlich anzuzeigen. Die Ermäßigung wird bei jeder Fahrt sofort gewährt. Sind bis Ende des Kalenderjahres die Voraussetzungen nicht erfüllt, sind die erlangten Ermäßigungsbeträge sofort nachzuentrichten.
(4) Die Lotsabgaben werden erhöht im Seelotsrevier Wismar/Rostock/Stralsund um 15 vom Hundert für Schiffe mit gasförmiger oder flüssiger Ladung einschließlich Tanker in Ballast sowie für Schiffe mit feuergefährlicher oder explosiver Gesamtladung, die einen Seelotsen annehmen.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.10.2014 – Az. 3 Ca 703/14 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Maschinenzulage von 7% des Stundenlohns für die zwischen September 2013 und November 2013 sowie im August und September 2014 geleisteten Arbeitsstunden.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18.08.1997 als Maschinenbediener zu einem Bruttostundenlohn während des streitgegenständlichen Zeitraums von 14,57 € beschäftigt. Unter Ziffer 5 des Arbeitsvertrages vom 11.07.1997 (Bl. 5 ff. d.A.) heißt es:
4„Im Übrigen richten sich die Arbeitsbedingungen und sonstigen Fragen aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sich aus diesem Vertrage nichts anderes ergibt, nach den tariflichen Bestimmungen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie im nordwestdeutschen Raum, Herford, ohne Rücksicht auf seine Tarifbindungen, sowie nach den vorhandenen Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen. Gekündigte Tarifverträge sind auch dann anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht von der Nachwirkung (§ 4 TVG) erfaßt wird.“
5Aufgrund dessen findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der „Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelbaus in Westfalen-Lippe“ (im Folgenden: LTV) Anwendung. § 4 Ziffer 4 des LTV in der seit dem 01.05.2009 geltenden Fassung lautet wie folgt:
6„MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten. Voraussetzung ist, dass die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festlegen. Bis dahin gilt folgende Bestimmung weiter: MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.“
7Die Beklagte produziert Wohnraumtüren aus Holz. Sie arbeitet mit Maschinenstrassen, die teilweise mehrere Arbeitsgänge zusammenfassen. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum die Maschine „IMA-Postforming“ bedient, ferner die miteinander verbundenen „Heesemann UKP 20“ und „Vacumat“ sowie die „Folding 1“. An der „IMA Postforming“ werden Spanplatten gesägt und gefräst. Auch an der „Folding 1“ werden Spanplatten und MDF-Platten gefräst; anschließend werden die gefrästen Teile „gefaltet“. Mit der „Heesemann UKP 20“ werden Schleifarbeiten vorgenommen, mit der „Vacumat“ die anschließende Lackierung. Die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ sind miteinander verbunden und werden einheitlich bedient. Der Kläger war an diesen Maschinen - außer an der Folding 1“ - dafür zuständig, die Maschinen einzustellen, das Werkzeug zu wechseln sowie an allen Maschinen die Werkstücke auf die Maschinen zu legen und am Ende des Bearbeitungsvorgangs wieder abzunehmen.
8Mit Schreiben vom 28.11.2013 (Bl. 20 d.A.) und vom 06.02.2014 (Bl.21 d.A.) hat der Kläger die Zulagen für die Monate September bis November 2013 erfolglos gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für die streitgegenständlichen Zeiträume die Maschinenzulage i.H.v. 7%, mithin 1,02 €/ Stunde zustehe, da er im Bereich der Zerspanung tätig gewesen sei und dabei an spanabhebenden Maschinen gearbeitet habe. Denn „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ seien alle Maschinen, die mit Schneiden versehen seien und beim Schneiden Späne bildeten. Späne seien Sekundärprodukte, die dünn, biegsam und nicht das Werkstück selbst seien. Dabei werde auch ein gewisses Volumen „zerspant“, d.h. vollständig in Späne umgewandelt. Das „Zerspanen“ beruhe damit auf einem spanabhebenden Prozess, so dass sämtliche Holzbearbeitungsmaschinen, an denen gesägt, gefräst, gebohrt oder geschliffen werde, „spanabhenbend“ seien. Sämtliche vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bedienten Maschinen seien damit „spanabhebend“ i.S.d. § 4 LTV.
10Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
111. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen,
122. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen,
133. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen,
144. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen,
155. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger die begehrte Zulage nicht zustehe. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.1995 (10 AZR 1059/94) sei zu unterscheiden zwischen zerspanenden und spananhebenden Holzbearbeitungsmaschinen. Da der Kläger selbst vorgetragen habe, im Bereich der Zerspanung tätig gewesen zu sein, sei die Klage schon unschlüssig.
19Mit Urteil vom 29.10.2014, dem Kläger zugestellt am 04.11.2014, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass – da die Tarifpartner den Begriff der Holzbearbeitungsmaschinen immer noch nicht festgelegt haben – es allein darauf ankomme, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum an einer spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine gearbeitet habe. Der klägerischen Auffassung, nach der alle Holzbearbeitungsmaschinen spanabhebend seien, da auch das Zerspanen auf einem spanabhebenden Prozess basiere, könne nicht gefolgt werden. Denn § 4 LTV unterscheide klar zwischen Holzbearbeitungsmaschinen und spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen. Damit solle nach der tariflichen Reglung nicht an jeder Holzbearbeitungsmaschine ein Anspruch auf eine Zulage bestehen. So habe auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18.10.1995 zwischen spanabhebenden und zerspanenden Holzbearbeitungsmaschinen unterschieden. Nach dieser Differenzierung habe der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen gearbeitet. Die „IMA- Postforming“ habe der Kläger selbst der Zerspanung zugeordnet und keine weiteren Anhaltspunkte vorgetragen, die erkennen ließen, dass es sich bei dieser Maschine um eine spanabhebende Maschine handelt. Auch die „Heesemann UKP 20“, die „Vacumat“ sowie die „Folding 1“ seien keine spanabhebenden Maschinen, da an diesen Maschinen im Wesentlichen Schleifarbeiten vorgenommen würden. Dabei handele es sich lediglich um ein Glätten von Oberflächen mit Staub-, nicht aber mit Spanbildung.
20Gegen das klageabweisende Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24.11.2014, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.02.2015 mit am 04.02.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Der Kläger führt unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens zur Begründung aus, dass das Arbeitsgericht mit dem Bundesarbeitsgericht zwar zutreffend davon ausgehe, dass § 4 Ziff. 4 LTV mit dem Begriff der „spanabhebenden Maschinen“ eine besondere Gruppe von Maschinen erfassen wolle. Diese Maschinen seien aber nicht von den „zerspanenden“ Maschinen abzugrenzen, denn diese Differenzierung finde keinen Anklang im Wortlaut der tariflichen Bestimmung. Vielmehr sei die Abgrenzung vorzunehmen zu anderen Holzbearbeitungsmaschinen, die weder „spanabhebend“, noch „zerspanend“ seien, wie beispielsweise Klebemaschinen, Pressen, Kantenleimmaschinen etc. In diesem Sinne seien die „IMA- Postforming“, mit der gefräst, gesägt und geleimt werde, die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ als Schleifmaschine sowie die „Folding 1“ als weitere Fräsmaschine „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ im Sinne der tariflichen Regelung.
21Der Kläger beantragt,
22das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.10.2014– Az. 3 Ca 703/14 – abzuändern und
231. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen;
242. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen;
253. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen;
264. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen;
275. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger habe zwischen September und November 2013 schon nicht in dem angegebenen Umfang an der „IMA- Postforming“ gearbeitet. Jedenfalls seien alle von dem Kläger bedienten Maschinen nicht „spanabhebend“ im Sinne der tariflichen Regelung, Bei der „IMA- Postforming“ und der „Folding 1“ handele es sich aufgrund des Fräsvorgangs um „zerspanende Maschinen“, die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ produzierten ohnehin lediglich Schleifstaub.
31Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokollerklärungen vom 29.10.2014 und vom 08.05.2015 Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33I. Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 24.11.2014 gegen das am 04.11.2014 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde auch innerhalb der verlängerten Frist des § 66 Abs. 1 S. 1, S. 5 ArbGG ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 04.02.2015 begründet und ist damit insgesamt zulässig.
34II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Maschinenzulage i.H.v. insgesamt 640,24 € für die Monate September bis November 2013 sowie August und September 2014.
351. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung der 7%-igen Zulage nach § 4 Ziff. 4 des LTV. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
36a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG, Urteile vom 10. Februar 2015 – 3 AZR 904/13 – Rn. 27, juris; 18. Februar 2014 - 3 AZR 808/11 - Rn. 2, juris; 9; 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN, juris).
37b) Danach ergibt sich aus § 4 Ziff. 4 LTV ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der 7%-igen Zulage, da er im streitgegenständlichen Zeitraum die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat.
38aa) Die Tarifnorm gewährt MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen eine Zulage von 7 % auf ihren tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder einem Prämiensystem arbeiten und die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festgelegt haben. Solange das noch nicht geschehen ist, gilt die Regelung, dass MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen die Zulage von 7 % erhalten. Die Tarifpartner haben einen derartigen Katalog von "Holzbearbeitungsmaschinen" nicht festgelegt.
39bb) Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass nach dem Wortlaut des Tarifvertrages zwischen „Holzbearbeitungsmaschinen“ und „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ zu unterscheiden ist (so auch BAG, Urteil vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94 – juris). Die vom Arbeitsgericht in Übereinstimmung mit der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18.10.1995, a.a.O.) vorgenommene Differenzierung zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen lässt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts dem Tarifwortlaut hingegen nicht entnehmen.
40Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass es neben Holzbearbeitungsmaschinen, die in irgendeiner Weise ein Werkstück bearbeiten, indem sie „Späne abheben“ oder ein Werkstück „zerspanen“, zahlreiche andere Holzbearbeitungsmaschinen gibt, die kein Material abtragen, z.B. verschiedene Arten von Holzpressmaschinen, Klebe- und Leimmaschinen, Beizanlagen oder Lackieranlagen. Das lässt das Arbeitsgerichts außer Acht, indem es ausführt, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Zulage nicht bei „jedweder Tätigkeit an einer Holzbearbeitungsmaschine bestehen soll“ und deshalb die „spanabhebenden“ Holzbearbeitungsmaschinen von „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen abzugrenzen seien (a.A. auch schon BAG, Urteil vom 25.07.1962 - Az. 4 AZR 535/61 – juris, das nicht zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen differenziert und sowohl Fräsen als auch Sägen als „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen im Sinne von § 4 Ziff. 6 des LTV 1957 bzw. des § 4 Ziff. 6 des LTV 1958, die mit dem aktuellen § 4 Ziff. 4 LTV 2009 identisch sind, angesehen hat). Allein mit dem Argument, dass die „spanabhebenden“ von anderen Holzbearbeitungsmaschinen abzugrenzen seien, lässt sich die Differenzeirung zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Maschinen jedenfalls nicht begründen.
41cc) Die Differenzierung zwischen „spanabhebenden“ zu „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen wird auch nicht durch die der Kammer zugängliche (Fach-) Literatur aus dem Bereich der Holzbearbeitung gestützt. Die Begriffe des „Spanabhebens“, des „Spanens“ und des „Zerspanens“ werden dort nicht voneinander abgegrenzt, sondern größtenteils synonym verwendet. Dabei wird abgestellt auf die Art und Weise, in der das Werkstück mit Schneidwerkzeugen bearbeitet wird. Prof. Dr. Ing. G. Maier (von 1977 bis 1993 Professor an der Fachhochschule Rosenheim im Fachbereich Holztechnik für das Fachgebiet spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen, spanabhebende Maschinenwerkzeuge und spanungstechnische Grundlagen) kennzeichnet die „spanabhebende Bearbeitung“ als „eine Schnittbewegung, die den eigentlichen Spanabhub bewirkt, und einer Vorschubbewegung, ohne die eine mehrmalige, zeitlich aufeinanderfolgende Spanabnahme nicht möglich wäre“ (G. Maier, „Spanabhebende Maschinen in der Holzverarbeitung, DRW-Verlag, 1997, S. 18). Nach dem Online-Lexikon zum Maschinenbau („maschinenbau.de“) wird „Zerspanen“ definiert als „mechanischer Trennvorgang, bei dem mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten in Form von Spänen zur Änderung der Werkstückform abgetrennt werden.“ Es benennt als Formen des Zerspanens das „Drehen, Fräsen, Bohren, Sägen, Hobeln, Feilen, Räumen, Honen, Läppen, Schleifen, Trommel- und Strahlspanen“.
42Eine ähnliche Definition findet sich unter dem Begriff des „Zerspanens“ bei www.wissen.de/lexikon/zerspanung oder unter http://de.wikipedia.org/wiki/Zerspanen als „Bezeichnung aller mechanischen Bearbeitungsverfahren, bei denen das Material in die gewünschte Form gebracht wird, indem überflüssiges Material in Form von Spänen abgetragen wird“. Wahrig (Deutsches Wörterbuch, 1981) definiert „spanabhebend“ als „formend bearbeiten, indem man mit Hobel, Feile etc. Schichten in Spänen entfernt“. Auch Maier definiert in seinem Buch als spanabhebende Bearbeitungsarten „das Fräsen, Hobeln, Drehen, Sägen, Bohren und Schleifen“ (Maier, a.a.O.).
43dd) Auch die maßgeblichen DIN-Normen enthalten eine Abgrenzung zwischen „Spanabheben“, „Spanen“ und „Zerspanen“ nicht. Der Bundesgerichtshof hat zwar mehrfach betont, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen sind, sondern nur private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013, Az. V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 (2272 f.); Urteil vom 14. Juni 2007, Az. VII ZR 45/06, NJW 2007, 2983, RdNr. 37 m. w. Nachw.). Dennoch spricht nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung eine widerlegbare Vermutung dafür, dass DIN-Normen den anerkannten Stand der Technik wiedergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. April 2011 – I-23 U 90/10, 23 U 9023 U 90/10 –, Rn. 38, juris).
44Die vorliegend maßgeblichen Regelungen sind enthalten in den DIN-Normen 8580 und 8589. Die DIN-Norm 8580 unterteilt die verschiedenen Fertigungsverfahren in sechs Hauptverfahren und definiert als eines dieser Verfahren das „Spanen“ (formgebend). Die verschiedenen Fertigungsverfahren des „Spanens“ sind in Deutschland in der Norm DIN 8589 definiert. Unter „Spanen“ versteht man danach „einen Trennvorgang, bei dem von einem Werkstück mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeugs Werkstoffschichten von Spänen zur Änderung der Werkstückform und (oder) Werkstückoberfläche mechanisch abgetrennt werden“. Dabei wird unterschieden zwischen dem „Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden“ (z.B. Drehen, Fräsen, Hobeln und Sägen) und dem „Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden“ (z. B. Schleifen, Honen, Läppen, Gleitspanen). Die DIN-Norm 8589 benennt als Verfahren des Spanens neben dem Hobeln ausdrücklich die hier streitgegenständlichen Verfahren des Fräsens, des Sägens und des Schleifens. Dabei bildet sich ein Span aus, der über die Spanfläche des Schneidteils abläuft und der die unterschiedlichsten Formen haben kann (Fritz/ Schulze (Hrsg.): Fertigungstechnik. 10. Aufl., Springer, Berlin 2012, S. 271 ff.).
45ee) Damit ist nach all diesen Quellen nicht zu unterscheiden zwischen den Bearbeitungsverfahren des „Spanabhebens“ und des „Zerspanens“. Denn unabhängig davon, welcher dieser beiden Begriffe verwendet wird, wird er jedenfalls einheitlich für alle Verfahren verwendet, bei denen überflüssiges Material in Form von Spänen abgetragen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form Späne von dem Werkstück abgetragen werden – ob in Form von größeren Sägespänen, die z.B. durch Hobeln erzeugt werden, das von der Allgemeinheit möglicherweise am ehesten mit dem Vorgang des „Spanabhebens“ in Verbindung gebracht wird, oder aber in Form von Sägemehl, das beim Fräsen oder Bohren entsteht, oder auch von Schleifstaub, der beim Schleifen entsteht. Die (Fach-) Literatur ordnet alle diese Bearbeitungsformen und Maschinen einheitlich entweder dem Begriff des „Spanabhebens“ oder des „Zerspanens“ zu. Entscheidend ist allein, dass Werkstoffschichten von dem Werkstück zur Änderung der Werkstückform und (oder) der Werkstückoberfläche mechanisch abgetragen werden und dabei in irgendeiner Form Späne als eine Art Abfallprodukt des bearbeiteten Materials entstehen.
46Es sind nach Auffassung der Kammer dem Tarifvertragswortlaut keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien entgegen diesem allgemein in der Fachliteratur vorherrschenden Verständnis die verschiedenen Bearbeitungsverfahren, bei denen Späne im Sinne von Holzabfallprodukten erzeugt und die damit von dem Werkstück „abgehoben“ werden, unterschiedlich behandeln wollten. Deshalb ist der Begriff „spanabhebend“ i.S.d. Tarifvertrages nach Auffassung der Kammer so auszulegen, dass davon alle Bearbeitungsverfahren erfasst werden, bei denen bei einem Trennvorgang mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten zur Änderung der Werkstückform oder –oberfläche abgetrennt werden, die in Form von Spänen abgetragen werden.
47c) Der Kläger hat an allen von ihm im streitgegenständlichen Zeitraum bedienten Maschinen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien entweder gefräst, gesägt oder geschliffen. Da es sich bei all diesen Bearbeitungsverfahren nach Auffassung der Kammer aus den unter b) dargelegten Gründen um „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen handelt, steht dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Maschinenzulage zu.
482. Dem Kläger steht die Zulage auch in der eingeklagten Höhe zu. Dabei kann die zwischen den Parteien streitige Frage, in welchem Umfang der Kläger zwischen September 2013 und November 2013 an der Maschine „IMA-Postforming“ tätig war, offen bleiben. Denn jedenfalls war der Kläger entweder an dieser Maschine oder aber an der „Heesemann UKP 20“ und der „Vacumat“ tätig. Da an allen Maschinen gesägt, gefräst oder geschliffen wird, handelt es sich bei allen Maschinen um spanabhebende Maschinen i.S.v. § 4 Ziff. 4 LTV. In den Monaten August und September 2014 war der Kläger unstreitig an den von ihm angegebenen Maschinen „Heesemann UKP 20“ und der „Vacumat“ in dem angegebenen Umfang tätig.
49III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 03.11.2015 – 5 Ca 1160/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.933,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 264,18 € seit dem 12.12.2013, aus 226,16 € seit dem 19.02.2014, aus 266,77 € seit dem 01.05.2014, aus 281,19 € seit dem 24.06.2014, aus 136,99 € seit dem 30.08.2014, aus 100,94 € seit dem 29.04.2015, aus 108,15 € seit dem 18.09.2014, aus 163,24 € seit dem 29.10.2014, aus 126,14 € seit dem 19.12.2014, aus 148,40 € seit dem 19.12.2014 und aus 111,13 € brutto seit dem 12.02.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Zahlung einer tariflichen Maschinenzulage.
3Der Kläger ist seit dem 18.07.1994 bei der Beklagten als Tischler beschäftigt. Die Einstellung erfolgte auf Grundlage des „Zeitarbeitsvertrags“ vom 14.07.1994 (Bl. 13/ 14 d.A.). Der Bruttostundenlohn des Klägers betrug im Oktober und November 2013 14,57 €, von Dezember 2013 bis einschließlich August 2014 14,80 € und erhöhte sich ab September 2014 auf 15,28 €. Im Akkord oder Prämiensystem arbeitete der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.
4Der Kläger ist seit dem 01.07.2008 Mitglied der Gewerkschaft IG Metall. Die Beklagte stellt Innentüren her und ist Mitglied des Verbands der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Westfalen-Lippe e.V. mit Sitz in Herford.
5Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der „Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelbaus in Westfalen-Lippe“ (Bl. 127-137 d. A., im Folgenden: LTV) Anwendung. § 4 Ziffer 4 LTV in der seit dem 01.05.2009 geltenden Fassung lautet wie folgt:
6„MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten. Voraussetzung ist, dass die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festlegen. Bis dahin gilt folgende Bestimmung weiter: MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.“
7Eine Festlegung des Begriffs „Holzbearbeitungsmaschinen“ in einem Katalog ist durch die Tarifpartner nicht erfolgt.
8Der Kläger ist als Maschinenbediener an sogenannten IMA Türenstraße beschäftigt. Bei der IMA Türenstraße handelt es sich um eine Maschinenstraße, an der das Werkstück automatisch bearbeitet wird. Die Kläger ist an der Maschine 2 und an der Maschine 4 der IMA Türenstraße eingesetzt. Er überwacht den Bearbeitungsvorgang, bestückt die Maschinen mit Material wie Kanten und Leim und wechselt Werkzeuge, soweit dies erforderlich ist.
9Bei den einzelnen Bearbeitungsschritten der Maschine 2 kommen Vorfräse/Reparaturfräse, Ritzsäge, Falzvorzerspaner, Prismenfräser, Fasenfräser, Bündigfräser/Fügefräser, Kappsägen, Schleifband, Flachziehklingen, Nutfräser und Zerspaner als Werkzeuge zum Einsatz. An dieser Maschine wird der Türrohling mittels Sägen, Fräsen und Schleifband bearbeitet. Das Werkstück wird zudem gefalzt, die Kanten verleimt sowie Schmutz mit Flachziehklingen entfernt.
10Bei den einzelnen Bearbeitungsschritten von Maschine 4 kommen Reparatur/Fügefräser, Deckvorzerspaner, Falzvorzerspaner, Prismenfräser, Profilfräser, Ritzsäge, Schlitzsäge, Bündigfräser/Fügefräser, Kappsägen, Fasenfräse, Schleifband (schmal und breit), Flachziehklingen, Nutfräser als Werkzeuge zum Einsatz. An der Maschine 4 wird nach Auslauf des Türrohlings aus der Maschine 2 die linke Seite der Tür bearbeitet. Das Werkstück wird mittels Sägen, Fräsen und Schleifband bearbeitet, gefalzt, die Kanten verleimt sowie Schmutz mit Flachziehklingen entfernt.
11Mit Schreiben vom 30.11.2013, 14.02.2014, 22.04.2014, 12.06.2014, 29.08.2014, 15.09.2014, 27.10.2014, 27.10.2014, 17.12.2014 und 09.02.2015 (Bl. 5-12, 58-59 d.A.) beanspruchte der Kläger erfolglos die Zahlung von Zulagen gemäß § 4 Ziffer 4 LTV für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich Dezember 2014.
12Mit einer am 07.05.2015 bei dem Arbeitsgericht Bielefeld eingegangenen Klageschrift hat der Kläger die Zahlung der Maschinenzulage gemäß § 4 Ziffer 4 LTV für die Zeit von Oktober 2013 bis einschließlich September 2014 geltend gemacht und die Klage mit Schriftsatz vom 20.10.2015 um die Ansprüche für die Monate Oktober 2014 bis Dezember 2014 erweitert.
13Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die Arbeit an der IMA Türenstraße die tarifliche Zulage in Höhe von 7 % zu. Da an den Maschinen 2 und 4 u.a. gesägt, geschliffen und gefräst werden, handele es sich um „spanabhebende Holzverarbeitungsmaschinen“ im Sinne der tariflichen Vorschrift. Hierunter seien alle Maschinen zu verstehen, die mit Schneiden versehen sind und beim Schneiden Späne bildeten.
14Der Kläger hat beantragt,
15- 16
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 264,18 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12.12.2013 zu zahlen,
- 18
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 226,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.02.2014 zu zahlen,
- 20
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 266,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 01.05.2014 zu zahlen,
- 22
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 281,19 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24.06.2014 zu zahlen,
- 24
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 136,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 30.08.2014 zu zahlen,
- 26
6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 100,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29.04.2015 zu zahlen,
- 28
7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 108,15 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.09.2014 zu zahlen,
- 30
8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 163,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29.10.2014 zu zahlen,
- 32
9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 126,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.12.2014 zu zahlen,
- 34
10. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 148,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.12.2014 zu zahlen,
- 36
11. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 111,13 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12.02.2015 zu zahlen,
Die Beklagte hat beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, bei der IMA Türenstraße handele es sich nicht um eine „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine“. Sägen und Fräsen seien keine spanabhebenden Verfahren, da bei diesen der Span nicht „abgehoben“ werde, sondern aufgrund einer Drehbewegung anfalle. Auch bei Schleifen würden keine Späne „abgehoben“; es falle lediglich Schleifstaub an. Lediglich Hobelmaschinen fielen in den Anwendungsbereich von § 4 Ziffer 4 LTV.
40Mit Urteil vom 03.11.2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Tätigkeiten an Maschinenstraßen, bei denen das Holz in unterschiedlicher Weise bearbeitet wird, seien nicht von § 4 Ziffer 4 LTV umfasst. Unter einer Maschinenstraße sei keine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine zu verstehen, selbst wenn diese teilweise spanabhebende Vorrichtungen enthalte. Soweit an beiden Maschinen gesägt werde, stelle sich dies als „zerspanende“, nicht jedoch als „spanabhebende“ Bearbeitung dar. Auch das Leimen an beiden Maschinen sei nicht „spanabhebend“.
41Gegen das am 10.11.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.11.2015 eingelegte und am 10.02.2016 innerhalb der bis dahin verlängerten Frist begründete Berufung des Klägers, die er unter Wiederholung und Vertiefung seines Sachvortrages erster Instanz ergänzend wie folgt begründet:
42Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Maschinenstraßen nicht unter den Anwendungsbereich von § 4 Ziffer 4 LTV fielen. Es könne keinen Unterschied machen, ob einzelne Maschinen zu einer Maschinenstraße verbunden seien. Das Arbeitsgericht habe ebenfalls unzutreffend angenommen, dass die Begriffe „spanabhebend“ und „zerspanend“ unterschiedliche Fertigungsvorgänge beschreiben. Im Bereich der Holzverarbeitung gebe es keine Unterscheidung dieser Begriffe; vielmehr würden diese synonym verwendet. Dies zeige auch die einschlägige Fachliteratur sowie die von den Berufsgenossenschaften verwendeten Begrifflichkeiten. All diese Quellen zählten das Sägen zu den spanabhebenden Verfahren. Auch die maßgeblichen DIN-Normen enthielten keine Unterscheidung der Begriffe „spanabhebend“ und „zerspanend“.
43Der Kläger beantragt,
44das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 03.11.2015– 5 Ca 1160/15 –abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.933,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 264,18 € seit dem 12.12.2013, aus 226,16 € seit dem 19.02.2014, aus 266,77 € seit dem 01.05.2014, aus 281,19 € seit dem 24.06.2014, aus 136,99 € seit dem 30.08.2014, aus 100,94 € seit dem 29.04.2015, aus 108,15 € seit dem 18.09.2014, aus 163,24 € seit dem 29.10.2014, aus 126,14 € seit dem 19.12.2014, aus 148,40 € seit dem 19.12.2014, aus 111,13 € brutto seit dem 12.02.2015 zu zahlen.
45Die Beklagte beantragt,
46die Berufung zurückzuweisen.
47Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und weist in rechtlicher Hinsicht darauf hin, dass im Rahmen von § 4 Ziffer 4 LTV sehr wohl zwischen „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ und „zerspanenden Holzbearbeitungsmaschinen“ zu unterscheiden sei, wobei eine Säge eine „zerspanende Holzbearbeitungsmaschine“ darstelle. Auch sei das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass Maschinenstraßen nicht unter § 4 Ziffer 4 LTV fielen.
48Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe
50I. Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG) und nach § 519 ZPO, §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG am 30.11.2015 gegen das am 10.11.2015 zugestellte Urteil form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der nach § 66 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 ArbGG verlängerten Frist am 10.02.2016 begründet worden. Sie ist damit zulässig.
51II. Die Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zulagen gemäß § 4 Ziffer 4 LTV für die Zeit von Oktober 2013 bis Dezember 2014 in Höhe von 1.933,29 Euro brutto.
521. Die Regelungen des LTV finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
532. Für die von ihm im streitgegenständlichen Zeitraum erbrachte Arbeit an den Maschinen 2 und 4 der IMA Türenstraße hat der Kläger Anspruch auf Zahlung einer Zulage von 7 % gemäß § 4 Ziffer 4 LTV.
54a) § 4 Ziffer 4 LTV gewährt MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen eine Zulage von 7 % auf ihren tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder einem Prämiensystem arbeiten oder die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festgelegt haben. Solange das noch nicht geschehen ist, gilt die Regelung, dass MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen die Zulage von 7 % erhalten. Die Tarifpartner haben einen derartigen Katalog von "Holzbearbeitungsmaschinen" nicht festgelegt. Auch arbeitete der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Akkord oder einem Prämiensystem.
55b) Somit ist dem Kläger eine Zulage von 7 % zu zahlen, wenn dieser als Maschinenarbeiter an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen arbeitet. Dies ist bei der Tätigkeit des Klägers an den Maschinen 2 und 4 der IMA Türenstraße der Fall. Die Auslegung von § 4 Ziffer 4 LTV ergibt, dass die Maschinen 2 und 4 der IMA Türenstraße „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ i.S.v. § 4 Ziffer 4 darstellen.
56aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 12.08.2015 – 7 AZR 592/13 – NZA 2016, 173 m.w.N.).
57Verwenden die Tarifvertragsparteien einen branchenspezifischen Begriff, ist davon auszugehen, dass sie den Begriff verstanden wissen wollen, wie er den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entspricht (vgl. BAG vom 24.09.2014 – 4 AZR 316/12 – juris m.w.N.).
58bb) Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages ist zunächst zwischen „Holzbearbeitungsmaschinen“ und „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ zu unterscheiden ist (vgl. auch BAG vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94 – juris; LAG Hamm vom 08.05.2015 – 10 Sa 1655/14 - juris). Nicht „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen sind beispielsweise Klebe- und Leimmaschinen, Beizanlagen oder Lackieranlagen, bei denen kein Material abgetragen wird.
59Zwar wird sowohl an der Maschine 2, als auch an der Maschine 4 geleimt. Jedoch wird an beiden Maschinen darüber hinaus auch gesägt, geschliffen und gefräst und damit Material abgetragen.
60cc) In der Rechtsprechung wird der Begriff der „spanabhebenden“ Holzbearbeitungsmaschine nicht einheitlich verstanden.
61Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.10.1995 (Az: 10 AZR 1059/94, juris) zu § 4 Ziffer 4 LTV ausgeführt, eine Bandsäge sei keine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine, da „eine Säge keine Späne abhebt“. Hierbei ging das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die Tarifvertragsparteien zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen unterschieden haben. In diesem Sinne hat auch das Arbeitsgericht den Begriff der „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine“ ausgelegt.
62Hingegen differenzierte das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25.07.1962 (Az: 4 AZR 535/61, juris) nicht zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen und sah eine Leistenbündelmaschine, mit der Leisten durch Sägen gekürzt sowie Nuten gesägt werden, als „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschine im Sinne der identischen Vorgängervorschriften des § 4 Ziffer 4 LTV an. In dieser Entscheidung verstand das Bundesarbeitsgericht den Begriff „spanabhebend“ i.S.v. „spanabnehmend“.
63In der Entscheidung vom 08.05.2015 (Az. 10 Sa 1655/14, juris) kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen nicht zu unterscheiden sei. Der Begriff der „spanabhebenden“ Bearbeitung bzw. Fertigung werde vielmehr synonym für sämtliche Vorgänge der spanenden Bearbeitung benutzt. Von daher seien auch Maschinenstraßen wie die „IMA-Postforming“ sowie die miteinander verbundenen „Heesemann UKP 20“ und „Vacumat“ als spanabhebende Maschinen anzusehen, da an diesen gesägt, gefräst und geschliffen werde.
64An dieser Auslegung hält die Kammer fest.
65dd) Anders als das Arbeitsgericht geht die Kammer davon aus, dass auch Maschinenstraßen unter die Regelung des § 4 Ziffer 4 LTV fallen. Die tarifliche Regelung nimmt Maschinenstraßen nicht ausdrücklich aus. Eine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine verliert ihre Eigenschaft als solche auch nicht dadurch, dass sie mit weiteren Maschinen zu einer Maschinenstraße zusammengeschlossen wird. Maßgeblich ist lediglich, dass der Maschinenarbeiter an einer spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine beschäftigt ist. Ob an diese beispielsweise eine Lackiermaschine angeschlossen ist, ist jedenfalls dann ohne Relevanz, wenn der Maschinenarbeiter an der spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine eingesetzt ist.
66ee) Bei dem Begriff „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschine ist bei der Auslegung des Tarifwortlauts der maßgebliche Sinn dieser Formulierung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Mit dem Begriff „spanabhebend“ haben die Tarifvertragsparteien einen branchenspezifischen Begriff verwandt, so dass davon auszugehen ist, dass dieser im branchenüblichen Sinn verstanden werden soll.
67(1) Die für spanende Fertigung maßgeblichen DIN-Normen enthalten den Begriff „spanabhebend“ nicht. Auch der Begriff „Zerspanen“ wird nicht verwendet. Die DIN-Norm 8580 unterteilt die verschiedenen Fertigungsverfahren in sechs Hauptverfahren und definiert als eines dieser Verfahren das „Spanen“ (formgebend). Die verschiedenen Fertigungsverfahren des „Spanens“ sind in Deutschland in der Norm DIN 8589 definiert. Unter „Spanen“ versteht man danach „einen Trennvorgang, bei dem von einem Werkstück mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeugs Werkstoffschichten von Spänen zur Änderung der Werkstückform und (oder) Werkstückoberfläche mechanisch abgetrennt werden“. Dabei wird unterschieden zwischen dem „Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden“ (z.B. Drehen, Fräsen, Hobeln und Sägen) und dem „Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden“ (z. B. Schleifen, Honen, Läppen, Gleitspanen).
68(2) In der Fachliteratur wird der Begriff des „Spanabhebens“ zum Teil bei der Beschreibung der Spanungsbewegung verwendet, dies jedoch nicht einheitlich. So wird die „spanabhebende Bearbeitung“ als „eine Schnittbewegung, die den eigentlichen Spanabhub bewirkt, und einer Vorschubbewegung, ohne die eine mehrmalige, zeitlich aufeinanderfolgende Spanabnahme nicht möglich wäre“ bezeichnet (vgl. Gerhard Maier, Spanabhebende Maschinen in der Holzverarbeitung, (1997), S. 18). Auch die Wirkbewegung beim Spanungsvorgang, welche aus Schnittbewegung und Vorschubbewegung entsteht, wird als diejenige Bewegung beschrieben, die das „Abheben der Späne bewirkt“ (vgl. Zentralinstiut für Holztechnologie, Lexikon der Holztechnik (1964), S. 85). Ebenso wird das Trennen mit Schneidkeil „spanabhebend“ genannt, wenn „einseitig ein dünner, biegsamer Span abgehoben wird, während die Gegenseite relativ dick und relativ starr bleibt“ (vgl. Wagenführ/ Scholz, Taschenbuch der Holztechnik (2008), S. 267).
69Häufig wird der Begriff „spanabhebend“ im Kontext mit dem Begriff der „Fertigung“ bzw. „Bearbeitung“ verwendet. Das Gabler Wirtschaftslexikon (35/Archiv/74265/ spanabhebende-fertigung-v4.html) versteht unter „spanabhebender Fertigung“ ein „technisches Verfahren, bei dem vom Werkstück (Rohling) Werkstoffteile abgetrennt werden“. Wahrig (Deutsches Wörterbuch, 1981) definiert „spanabhebend“ als „formend bearbeiten, indem man mit Hobel, Feile etc. Schichten in Spänen entfernt“. Im Duden (Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 6, 1981) wird unter dem Stichwort „spanabhebend“ auf „spanende Bearbeitung/ Fertigung“ verwiesen.
70Auch die in der Fachliteratur genannten Beispiele für „spanabhebende Bearbeitung“ zeigen, dass mit dieser Bezeichnung nicht ausschließlich auf eine bestimmte spanende Bearbeitungsweise wie beispielsweise das Hobeln abgestellt wird. So werden als Beispiele das Drehen, Hobeln, Bohren und Fräsen genannt (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, a.a.O.). Auch Maier definiert in seinem Buch als spanabhebende Bearbeitungsarten „das Fräsen, Hobeln, Drehen, Sägen, Bohren und Schleifen“ (Maier, a.a.O.). Die Berufsgenossenschaften bezeichnen u.a. Sägen als spanabhebende Werkzeugmaschinen, worauf der Kläger in seiner Berufungsbegründung hingewiesen hat. Dieses weite Verständnis des Begriffs „spanabhebend“ ist seit langem vorherrschend. So wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts als „Beispiele spanabhebender Holzbearbeitungsmaschinen“ u.a. Sägemaschinen wie Kreissägen und Lochbohrmaschinen verstanden (vgl. Hermann Fischer, Die Werkzeugmaschinen, 2. Band (1901)).
71(3) Der Begriff des „Zerspanens“ wird nicht anders verstanden. Nach dem Online-Lexikon zum Maschinenbau („maschinenbau.de“) wird „Zerspanen“ definiert als „mechanischer Trennvorgang, bei dem mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten in Form von Spänen zur Änderung der Werkstückform abgetrennt werden.“ Es benennt als Formen des Zerspanens das „Drehen, Fräsen, Bohren, Sägen, Hobeln, Feilen, Räumen, Honen, Läppen, Schleifen, Trommel- und Strahlspanen. Eine ähnliche Definition findet sich unter dem Begriff des „Zerspanens“ bei www.wissen.de/lexikon/zerspanung. Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Zerspanen wird „Zerspanen oder Spanen“ als „Sammelbegriff für eine Gruppe von Fertigungsverfahren, die Werkstücke eine bestimmte geometrische Form geben, indem von Rohteilen überflüssiges Material in Form von Spänen abgetrennt wird“ bezeichnet. Dies entspricht dem Berufsbild des „Zerspanungsmechanikers“, der „Präzisionsbauteile meist aus Metall durch spanende Verfahren wie Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen“ fertigt (berufenet.arbeitsagentur.de).
72(4) Auch Unternehmen der metall- und holzverarbeitenden Industrie bzw. deren Zulieferer verwenden den Begriff „spanabhebend“ i.S.v. „spanend“. So wirbt die Firma WKK Stanzteile unter der Überschrift „spanabhebende Fertigung“ auf ihrer Homepage (www.wkk-stanzteile.ch): „Eine weitere Kernkompetenz der WKK ist das Zerspanen von Werkstücken. Bei der spanhebenden Fertigung handelt es sich um ein technisches Verfahren, bei dem von einem Rohling aus der üblichen Materialgüte und Materialqualität Werkstoffteile abgetrennt werden.“ Die Firma besa schreibt auf ihrer Homepage (www.besa-hydraulik.de): „Unsere Bearbeitungsmöglichkeiten umfassen dabei nahezu das ganze Spektrum der spanabhebenden Fertigung. Wir fertigen auf CNC-Drehmaschinen, Bearbeitungszentren, können konventionell Drehen (…), Fräsen, Verzahnen, Bohren, Nuten, Schleifen (…)“ Die Firma Streitlein GmbH bezeichnet sich als „kompetenter Ansprechpartner für Maschinen, Werkzeuge, Zubehör und Ersatzteile in der spanabhebenden Fertigung, auf deren Know-How Unternehmen aus Holz- und Metallverarbeitung, Möbelfertigung (…) seit Jahren setzen“ und bietet unter der Rubrik „Werkzeuge“ u.a. Kreissägen und Fräsköpfe an (www.streitlein.com).
73(5) Aus alledem ergibt sich, dass die Begriffe „spanabhebend“ und des „zerspanend“ keine unterschiedlichen Bearbeitungsverfahren beschreiben, sondern synonym i.S.v. „spanend“ zu verstehen sind. Die Begriffe „spanend“, „zerspanend“ und „spanabhebend“ werden in holz- und metallverarbeitenden Industrie einheitlich für alle Verfahren verwendet, bei denen überflüssiges Material in Form von Spänen abgetragen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form Späne von dem Werkstück abgetragen werden – ob in Form von größeren Sägespänen oder aber in Form von Sägemehl, das beim Fräsen oder Bohren entsteht, oder auch von Schleifstaub, der beim Schleifen entsteht. Entscheidend ist allein, dass Werkstoffschichten von dem Werkstück zur Änderung der Werkstückform und (oder) der Werkstückoberfläche mechanisch abgetragen werden und dabei in irgendeiner Form Späne als eine Art Abfallprodukt des bearbeiteten Materials entstehen (vgl. LAG Hamm vom 08.05.2015 - 10 Sa 1655/14 – a.a.O.).
74ff) Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, den Begriff „spanabhebend“ i.S.v. „spanend“ auszulegen.
75(1) Unter § 4 LTV sind „Lohngruppenschlüssel und Zulagen“ geregelt. Hiernach werden Zulagen entweder für besonders schmutzige bzw. gesundheitsgefährdende Arbeiten gewährt (z.B. gemäß Ziffer 5 für „Spritzer“ und „Bleicher“) oder handwerklich anspruchsvolle Tätigkeiten (z.B. gemäß Ziffer 6 für „individuelle Bildhauerarbeiten“).
76(2) Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei § 4 Ziffer 4 LTV um eine Vorschrift handelt, die in identischer Form bereits dem LTV aus dem Jahr 1958 zugrunde lag. Zu dieser Zeit dürfte es noch keine Absauganlagen in heutiger Form an den Maschinenarbeitsplätzen gegeben haben, so dass sich die Arbeit an spanenden Holzbearbeitungsmaschinen als schmutzig und gesundheitsschädlich dargestellt haben dürfte.
77Sollte Hintergrund gewesen sein, dass zu damaliger Zeit qualifizierte Mitarbeiter, die die damals „modernen“ Holzbearbeitungsmaschinen bedienen konnten, rar waren, hätte die Zulagengewährung ihren Grund in der seinerzeit anspruchsvollen Arbeit der Maschinenarbeiter gehabt.
78gg) Dieses Auslegungsergebnis, wonach alle „spanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen „spanabhebend“ sind, erweist sich als praktikabel und bereitet keine Abgrenzungsprobleme.
79Ein enges Verständnis des Begriffs der „spanabhebenden“ Holzbearbeitungsmaschine führt hingegen zu erheblichen Abgrenzungsproblemen und nicht nachvollziehbaren Ergebnissen.
80Nach dem in der Allgemeinheit vorherrschenden Verständnis dürfte jedenfalls das Hobeln eine „spanabhebende“ Bearbeitung darstellen. Dementsprechend versteht auch die Beklagte den Begriff des „Spanabhebens“, so dass nach ihrer Auffassung beispielsweise Säge- und Bohrmaschinen keine „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ darstellen. Nach ihrem Verständnis charakterisiert der Begriff „spanabhebend“ eine Schnittbewegung, bei der Späne „abgehoben“ und nicht in sonstiger Weise produziert werden.
81Es ist schon nicht plausibel, weshalb die Tarifvertragsparteien nur für Maschinenarbeiter an Hobelmaschinen Zulagen vorsehen sollten, für Maschinenarbeiter an anderen spanenden Holzbearbeitungsmaschinen jedoch nicht. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Arbeit an einer Hobelmaschine weitaus gefährlicher oder anspruchsvoller darstellt als beispielsweise die Arbeit an einer Kreissäge oder Fräse bestehen nicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass dies in den 50iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Fall war.
82Wendete man § 4 Ziffer 4 LTV nur auf Holzbearbeitungsmaschinen an, bei denen die Schnittbewegung durch einen „Hub“ erfolgt, ist zudem fraglich, ob Dickenhobel- und Abrichthobelmaschinen überhaupt als „Hobelmaschinen“ anzusehen sind, da diese wie Fräsmaschinen mit rotierenden Werkzeugen arbeiten. Fordert man - wie beim klassischen Hobel - eine geradlinige, abhebende (nicht rotierende) Schnittbewegung, hätte schon Mitte des letzten Jahrhunderts so gut wie kein Anwendungsbereich für die Zulagenregelung existiert, da die „wirklichen“ Hobelmaschinen wie Putzhobel- oder Ziehklingenmaschinen in der Holzbearbeitung keine nennenswerte Rolle spielten (vgl. Ingenieurschule für Holztechnik, Taschenbuch der Holztechnologie (1965), S. 321; Wagenführ/ Scholz, a.a.O., S. 315).
83hh) Da somit die Auslegung zweifelsfrei ergibt, dass der Begriff „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen i.S.v. „spanende“ Holzbearbeitungsmaschinen zu verstehen ist, bedurfte es der Heranziehung weiterer Kriterien nicht.
84c) Der Kläger hat zu den streitgegenständlichen Zeiten ausschließlich an den Maschinen 2 und 4 der IMA Türenstraße gearbeitet. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Auslegung von § 4 Ziffer 4 LTV ergibt sich, dass es sich bei den Maschinen 2 und 4 der IMA Türenstraße um „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen handelt. Dass an diesen Maschinen auch gefalzt und geleimt wird, steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen, da an beiden Maschinen auch gefräst, gesägt und geschliffen wird. Somit hat der Kläger Anspruch auf Gewährung von Zulagen gemäß § 4 Ziffer 4 LTV.
853. Die Höhe der Ansprüche auf Gewährung von Zulagen gemäß § 4 Ziffer 4 LTV für den streitgegenständlichen Zeitraum ist nach den beiderseitigen Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung am 23.05.2016 unstreitig. Somit war auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs. 1, 247 BGB.
86III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1, 2 ArbGG.
Tenor
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Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. November 2012 - 6 Sa 99/11 - werden zurückgewiesen.
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Das beklagte Land hat 2/5, der Kläger hat 3/5 der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung am 22. Januar 2010 geendet hat.
- 2
-
Der Kläger ist bei dem beklagten Land und dessen Rechtsvorgänger seit 1988 als Forstarbeiter (Vorarbeiter) beschäftigt, zuletzt im Bereich des Betreuungsforstamts D. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder aus dem Geltungsbereich des MTW / MTW-O in den TV-Forst und zur Regelung des Übergangsrechts vom 18. Dezember 2007 (TVÜ-Forst) Anwendung. Dieser Tarifvertrag enthält folgende Regelung zur sog. Winterruhe:
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„§ 19
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung
in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt
(1)
1Das Arbeitsverhältnis gilt in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Ausnahme des Nationalparks Harz ohne besondere Kündigung als beendet, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. 2Sobald die Arbeit wieder aufgenommen werden kann, ist der/die Beschäftigte wieder einzustellen. 3Diese Verpflichtung entfällt, wenn der/die Beschäftigte die Arbeit nach Aufforderung nicht unverzüglich wieder aufnimmt; die Verpflichtung entfällt auch, wenn während der Unterbrechung ein Sachverhalt eintritt, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. 4Die tariflichen Rechte, die bis zur Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses erworben wurden, leben nach der Wiedereinstellung wieder auf. …
(2)
1Die Beschäftigten in den Ländern Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Ausnahme des Nationalparks Harz, deren Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 16. November bis 15. April geendet hat und die bei Wiederaufnahme der Arbeit nach Absatz 1 Satz 2 wieder eingestellt worden sind, erhalten nach einer Wartezeit von 14 Kalendertagen, gerechnet vom Beginn der ersten Arbeitsunterbrechung an, für jeden folgenden Kalendertag in dem Zeitraum, für den ihnen während der Arbeitsunterbrechung Arbeitslosengeld, Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch III und V, Verletztengeld nach dem Sozialgesetzbuch VII zustehen, einen Zuschuss in Höhe von 0,82 Euro.
…“
- 3
-
Mit Schreiben vom 14. Januar 2010, das dem Kläger nach Beendigung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 23. Januar 2010 ausgehändigt wurde, teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis wegen außerordentlicher winterlicher Witterungseinflüsse gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst mit Ablauf des 22. Januar 2010 vorübergehend beendet werde. Der Kläger war zu dieser Zeit Mitglied des Personalrats. Nachdem er Anfang Februar 2010 erfahren hatte, dass von der Anordnung der Winterruhe einige im Bereich des Betreuungsforstamts beschäftigte Kollegen ausgenommen waren, erhob er die vorliegende, am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage. Mit Wirkung zum 1. März 2010 stellte das beklagte Land den Kläger nach § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst wieder ein.
- 4
-
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht aufgrund Bedingungseintritts am 22. Januar 2010 beendet worden. Die in § 19 TVÜ-Forst vorgesehene (fristlose) Beendigung von Arbeitsverhältnissen sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Der ihm als Personalratsmitglied zustehende Sonderkündigungsschutz werde umgangen. Auch hätten die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst nicht vorgelegen. Außerdem sei die von dem beklagten Land getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich der von der Winterruhe nicht betroffenen Arbeitnehmer ermessensfehlerhaft. Die Klage sei nicht wegen Versäumung der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG unbegründet. Die Klagefrist sei gewahrt, da sie erst mit seiner Kenntnisnahme von der ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung in Lauf gesetzt worden sei. Die Ermessensfehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung könne außerhalb der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage geltend gemacht werden.
- 5
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt
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festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht wegen Winterruhe vom 22. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2010 beendet war.
- 6
-
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat behauptet, die extreme Schneelage habe ein Arbeiten in den betroffenen Waldgebieten aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen unmöglich gemacht. Lediglich einige Arbeitnehmer seien im Rahmen eines Notdienstes beschäftigt worden. Ein Einsatz des Klägers im Rahmen der Notdienstarbeiten sei nach Abwägung der betrieblichen und persönlichen Interessen nicht in Betracht gekommen.
- 7
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes vom 14. Januar 2010 nicht bereits zum 22. Januar 2010, sondern erst zum 6. Februar 2010 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
- 8
-
Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers sind unbegründet. Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst geendet hat, allerdings nicht bereits am 22. Januar 2010, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch das beklagte Land über den Zeitpunkt des Eintritts der Winterruhe und damit am 6. Februar 2010.
- 9
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I. Die Klage ist zulässig.
- 10
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1. Es handelt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts um eine Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 TzBfG, auch wenn der Antragswortlaut sich nicht an § 17 Satz 1 TzBfG orientiert. Dies ergibt die Auslegung der Prozesserklärungen des Klägers.
- 11
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a) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 12. November 2013 - 3 AZR 92/12 - Rn. 27 mwN).
- 12
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b) Danach ist das Klagebegehren nicht als allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, sondern als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Dies entspricht dem Klageziel und der wohlverstandenen Interessenlage des Klägers. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei nicht durch den Eintritt der Winterruhe gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst am 22. Januar 2010 beendet worden, da die in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst bestimmte auflösende Bedingung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei und zudem die in der Regelung genannten Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen hätten. Damit beruft sich der Kläger auf die Unwirksamkeit und den Nichteintritt der auflösenden Bedingung. Beides ist nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage, sondern mit einer Bedingungskontrollklage geltend zu machen. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt im Streit steht. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt regelmäßig von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff., 21, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 23; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 12 f.; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 18, BAGE 148, 357; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 13). Hierunter fällt auch der Einwand des Klägers, das beklagte Land habe eine fehlerhafte Auswahlentscheidung hinsichtlich der nicht von der Winterruhe betroffenen Arbeitnehmer getroffen. Damit rügt der Kläger, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, da § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst die getroffene Auswahlentscheidung nicht zulasse.
- 13
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2. Die Bedingungskontrollklage ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er bezeichnet die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung hinreichend genau. Für eine Bedingungskontrollklage bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses (vgl. BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 10 zur Befristungskontrollklage).
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II. Die Klage ist überwiegend unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst am 6. Februar 2010 geendet. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt als wirksam und eingetreten, da der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes am 23. Januar 2010 Klage erhoben hat. Allerdings ist das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung des beklagten Landes über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts beendet worden.
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1. § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst regelt eine auflösende Bedingung für das Arbeitsverhältnis. Danach wird das Arbeitsverhältnis bei witterungsbedingter Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nicht suspendiert, sondern rechtlich beendet. Dies ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmung.
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a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 904/13 - Rn. 27; 22. Januar 2014 - 7 AZR 243/12 - Rn. 28).
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b) Bereits die Formulierung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst, das Arbeitsverhältnis gelte „ohne besondere Kündigung als beendet“, spricht - ebenso wie die Überschrift von § 19 TVÜ-Forst „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt“ - dafür, dass das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen rechtlich beendet ist und nicht nur ruht. Dieses Verständnis wird durch den Gesamtzusammenhang der tarifvertraglichen Regelung bestätigt. § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst sieht einen Wiedereinstellungsanspruch vor und § 19 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-Forst regelt die Voraussetzungen für die Wiedereinstellung. Bei einer Wiedereinstellung geht es um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur um die Wiederaufnahme der Arbeit nach einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Von diesem Verständnis des Begriffs der Wiedereinstellung geht auch § 19 Abs. 1 TVÜ-Forst aus. Das zeigt die Unterscheidung zwischen der Wiederaufnahme der Arbeit und der Wiedereinstellung in § 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Forst. Zudem hat die Regelung zum Erhalt der tariflichen Rechte in § 19 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Forst nur dann einen Anwendungsbereich, wenn die Winterruhe zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Schließlich entspricht diesem Verständnis auch der mit dieser Bestimmung von den Tarifvertragsparteien verfolgte Zweck, den Arbeitgeber von den witterungsbedingten Vergütungsrisiken zu entlasten und den Arbeitnehmern den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen. Dieser Normzweck schlägt sich in der Wintergeldregelung in § 19 Abs. 2 TVÜ-Forst nieder(vgl. BAG 28. August 1987 - 7 AZR 249/86 - zu I 2 b der Gründe, zu § 62 MTW).
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2. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten.
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a) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als wirksam und eingetreten, wenn der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der auflösenden Bedingung und den fehlenden Eintritt der Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat.
- 20
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Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist(grundlegend BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 14; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 19, BAGE 148, 357).
- 21
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b) Der Kläger hat die vorliegende Bedingungskontrollklage nicht rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes erhoben. Die Klagefrist begann mit Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes vom 14. Januar 2010 beim Kläger am 23. Januar 2010 und endete nach Ablauf von drei Wochen am Montag, dem 15. Februar 2010 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO). Die Klage ist erst am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangen.
- 22
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c) Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage liegen nicht vor.
- 23
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aa) War ein Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Bedingungskontrollklage innerhalb von drei Wochen zu erheben, so ist nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 KSchG ist mit dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung die Klageerhebung zu verbinden. Der Antrag kann gemäß §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr gestellt werden.
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bb) Danach kommt eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage nicht in Betracht. Der Kläger hat keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage gestellt. Selbst wenn seine Erklärung im Schriftsatz vom 1. August 2012, ihm müsse schon von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, als ein solcher Antrag auszulegen wäre, hätte der Antrag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gestellt werden können. Die Frist nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG war bereits am 15. August 2010 abgelaufen. Die Frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist eine absolute Frist, in die der Säumige auch nach § 233 ZPO nicht wieder eingesetzt werden kann(BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 24, BAGE 133, 149).
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d) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es nicht, die auflösende Bedingung als eingetreten anzusehen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz (vgl. dazu BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - Rn. 81, BVerfGE 131, 20; 14. Januar 1987 - 1 BvR 1052/79 - BVerfGE 74, 129, 154; BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 33, BAGE 117, 281; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 3 d der Gründe) liegen nicht vor. Die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG galten zwar nach der früheren Rechtsprechung des Senats (BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 111, 148; 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 2 b bb der Gründe; 18. Oktober 2006 - 7 AZR 662/05 - Rn. 20; 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 12, 15) nicht für Streitigkeiten über den Eintritt auflösender Bedingungen. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch Urteil vom 6. April 2011 (- 7 AZR 704/09 - BAGE 137, 292) und damit nach dem hier streitigen Eintritt der auflösenden Bedingung geändert. Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der früheren Rechtsprechung des Senats entstehen konnte. Jedenfalls hat der Kläger nicht geltend gemacht, die Klagefrist im Vertrauen auf diese Rechtsprechung versäumt zu haben. Davon kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger sich nicht nur auf den Nichteintritt der auflösenden Bedingung, sondern auch auf deren Unwirksamkeit berufen hat.
- 26
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3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst am 6. Februar 2010 geendet.
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a) Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis deshalb erst mit Ablauf der Zweiwochenfrist. Das Arbeitsverhältnis wird bis dahin fortgesetzt, ohne dass ein Fall von §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 67).
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b) Dies gilt entgegen der Ansicht des beklagten Landes auch für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der Winterruhe nach § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst.
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aa) § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst sieht zwar vor, dass das Arbeitsverhältnis bereits dann als beendet gilt, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 TzBfG ist jedoch nach § 22 TzBfG zwingend. Zu Ungunsten des Arbeitnehmers darf von dieser Vorschrift auch durch Tarifvertrag nicht abgewichen werden.
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bb) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ist eine Abweichung von § 15 Abs. 2 TzBfG zu Ungunsten des Arbeitnehmers auch dann nicht zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis nur vorübergehend beendet wird, weil der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die Wiedereinstellung verlangen kann. Die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen der dauerhaften und der vorübergehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Gesetzeszweck. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/4374 S. 20) soll die Auslauffrist dem Arbeitnehmer Zeit geben, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, insbesondere einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Dieser Gesetzeszweck kommt auch dann zum Tragen, wenn dem Arbeitnehmer - wie nach § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst - zu einem späteren Zeitpunkt ein Wiedereinstellungsanspruch zusteht. Auch in diesem Fall ermöglicht es die Auslauffrist dem Arbeitnehmer, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, indem er sich arbeitslos meldet oder zur Sicherung seines Lebensunterhalts einen anderen Arbeitsplatz für die Dauer der Winterruhe sucht.
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cc) Das beklagte Land beruft sich ohne Erfolg auf den Normzweck des § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst. Die Regelung dient vorrangig dazu, den Arbeitgeber von dem Risiko zu entlasten, Arbeitnehmer vergüten zu müssen, die er witterungsbedingt nicht einsetzen kann. Dieser Zweck wird auch bei Einhaltung der Frist des § 15 Abs. 2 TzBfG erreicht. Den Arbeitgeber trifft lediglich für die Dauer von zwei Wochen das Risiko der Entgeltzahlung ohne Gegenleistung; für die darüber hinausgehende Zeit ist er von diesem Risiko befreit.
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dd) Aus der Entscheidung des Senats vom 28. August 1987 (- 7 AZR 249/86 -) kann das beklagte Land nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Entscheidung erging vor dem Inkrafttreten des TzBfG.
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c) Danach endete das Arbeitsverhältnis nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes beim Kläger. Die Mitteilung des beklagten Landes ging dem Kläger am 23. Januar 2010 zu. Das Arbeitsverhältnis endete daher mit Ablauf des 6. Februar 2010. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes Bedingungskontrollklage erhoben hat. Die Klagefrist und die Fiktion nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gelten nicht für die Einhaltung der Auslauffrist des § 15 Abs. 2 TzBfG(BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 2 b bb der Gründe). § 15 Abs. 2 TzBfG regelt keinen Unwirksamkeitsgrund für die auflösende Bedingung, vielmehr wird das vereinbarte Vertragsende durch die gesetzliche Anordnung modifiziert.
- 34
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III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.
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Gräfl
Kiel
M. Rennpferdt
Holzhausen
Jacobi
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2012 - 3 Sa 238/11 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und damit in Zusammenhang stehende Entgeltansprüche.
- 2
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Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern im Waldklinikum G seit dem Jahr 1987 tätig. Sie verfügt über eine Berufsausbildung als staatlich anerkannte Krankenschwester, die nach den Ausbildungsinhalten dem heutigen Berufsbild der Berufsausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin entspricht. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen vom 30. März 1998 ist sie als „Krankenschwester im OP“ beschäftigt.
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Zur Tätigkeit der Klägerin gehört die Vorbereitung, Überwachung, Nachsorge sowie die Assistenz bei operativen Eingriffen. Die Beklagte beschäftigt in den bei ihr vorhandenen Operationssälen auch Beschäftigte, die nach Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung eine zweijährige Weiterbildung für den Operationsdienst auf Grundlage der Fachempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) absolviert haben - sog. Fachpflegerinnen im Operationsdienst (nachfolgend: Fachpflegerin OP).
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Die Klägerin wurde zunächst nach der VergGr. Kr. V des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und nach einem Bewährungsaufstieg bis zum Ende des Jahres 2009 nach der VergGr. Kr. VI BAT-O vergütet.
- 5
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Mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft schloss ua. die Beklagte einen für sie zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen „Eingruppierungs- und Vergütungstarifvertrag vom 4. Februar 2010 für die SRH Kliniken (SRH-Kliniken-EVTV)“ (nachfolgend: EVTV). Die Beklagte ordnete die Klägerin in Anwendung der im EVTV enthaltenen Überleitungsbestimmungen der Entgeltgruppe (EG) 5 zu. Die Klägerin hat erfolglos für die Zeit ab Beginn des Jahres 2010 eine Vergütung nach der EG 6 EVTV geltend gemacht.
- 6
-
Mit ihrer Klage hat sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, nach ihrem Bewährungsaufstieg habe ihr eine Vergütung wie einer Fachpflegerin OP zugestanden, die ein Entgelt nach der VergGr. Kr. VI BAT-O erhalten habe. Gleiches müsse auch nach der Überleitung gelten. Nach der Überleitungstabelle in der Anlage D EVTV werde die VergGr. Kr. VI BAT-O der EG 6 EVTV zugeordnet. Da der EVTV vorrangig auf die auszuübenden Tätigkeiten und nicht auf eine etwaige Qualifikation abstelle, komme es nicht darauf an, dass sie keine Weiterbildung zur Fachpflegerin OP absolviert habe. Sie erbringe Leistungen einer Gesundheits- und Krankenpflegerin im sog. OP-Dienst und übe damit im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten wie eine Fachpflegerin OP aus.
- 7
-
Die Klägerin hat zuletzt in der Sache beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 680,00 Euro brutto nebst Verzugszinsen in näher bestimmtem Umfang zu zahlen,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ein Entgelt ab dem 1. November 2010 nach der Entgeltgruppe 6, Stufe 4 SRH-Kliniken-EVTV vom 4. Februar 2010 zu zahlen.
- 8
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die in Anwendung der Überleitungstabelle sich zunächst ergebende Entgeltgruppe sei nur maßgebend, wenn diese nicht den Bestimmungen der Entgeltordnung des EVTV widerspreche. Nach der Entgeltordnung sei für eine Zuordnung zur EG 6 EVTV aber eine Fachweiterbildung erforderlich, über die die Klägerin nicht verfüge. Im Übrigen übe sie auch nicht alle Tätigkeiten einer Fachpflegerin OP aus.
- 9
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das Landesarbeitsgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die auch hinsichtlich des Feststellungsantrags als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage (st. Rspr., ua. BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 304/10 - Rn. 16 mwN) ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Klägerin in Anwendung der Überleitungsbestimmung des § 18 Abs. 1 EVTV, auf die sie ihr Begehren stützt, keinen Vergütungsanspruch ab dem 1. Januar 2010 nach der EG 6 EVTV hat.
- 11
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I. Die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme maßgebenden Regelungen des EVTV lauten ua. wie folgt:
-
„§ 6
Entgeltordnung
(1)
Die Differenzierung zwischen den Entgeltgruppen findet auf der Basis der auszuübenden Tätigkeiten statt. Mit steigender Anforderung an die auszuübende Tätigkeit nimmt die Qualifikation an Bedeutung zu, wobei diese in keiner Entgeltgruppe das ausschlaggebende Kriterium ist.
(2)
Zu jeder Entgeltgruppe gibt es für die Zuordnung eine Beschreibung der Anforderungen sowie die Aufzählung mehrerer Tätigkeiten. Die Entgeltordnung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit für die Zukunft. Bei neuen Berufsbildern befindet eine paritätisch besetzte Kommission über die Zuordnung.
(3)
Jeder Beschäftigte wird gem. der jeweils auszuübenden Tätigkeit in eine Entgeltgruppe nach der Anlage C rückwirkend ab dem 01. Januar 2010 eingruppiert.
§ 7
Eingruppierung
(1)
Voraussetzung für die Zahlung des Entgelts ist eine Eingruppierung des Beschäftigten gem. der Entgeltordnung (Anlage C) in eine Entgeltgruppe und Entgeltstufe rückwirkend ab dem 01. Januar 2010.
(2)
Die Eingruppierung richtet sich nach der nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte ihrer individuellen Wochenarbeitszeit auszuübenden Tätigkeit.
...
§ 18
Überleitung und Besitzstand
(1)
Die mit Datum des Inkrafttretens dieses Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmer werden auf Grundlage ihrer vorliegenden Eingruppierung gem. der Zuordnungen in Anlage D rückwirkend ab dem 01. Januar 2010 vorbehaltlich der inhaltlichen Übereinstimmung der Tätigkeit gem. Entgeltordnung (Anlage C) übergeleitet.
(2)
Die abrechnungstechnische Überleitung gem. Anlage D darf dabei nicht der maßgeblichen Zuordnung zur Entgeltordnung gem. Anlage C widersprechen. Im Einzelfall ist eine Korrektur vorzunehmen, bei der die Differenz der Vergütung ggf. die Besitzstandszulage gem. Absatz 5 erhöht.
(3)
Für die Beschäftigten werden zum 1. Januar 2010 jeweils Vergleichsentgelte auf der Grundlage der bisherigen Regelungen ermittelt. Für das Vergleichsentgelt werden die festen monatlichen Bezüge (…) auf Basis der Abrechnung für den Monat Dezember 2009 berücksichtigt. …
(4)
Die Beschäftigten erhalten in der neuen Entgeltgruppe mindestens den Betrag, der dem Vergleichsentgelt entspricht. Es finden keine Berücksichtigungen von erbrachten Beschäftigungszeiten statt.
(5)
Liegt das Vergleichsentgelt nach Absatz 3 über dem Betrag der Endstufe der entsprechenden Entgeltgruppe, erhalten die Beschäftigten jeweils eine persönliche monatliche Besitzstandszulage in Höhe der Differenz zwischen diesem Betrag und dem Vergleichsentgelt. … Ab dem 1. Dezember 2010 wird die Besitzstandszulage über drei Jahre in gleichen Teilen mit 1/36 pro Monat abgeschmolzen.
…
Anlage C Entgeltordnung
EG
Beschreibung
Tätigkeiten
...
...
...
5
Arbeitnehmer/in mit staatlich anerkannter abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender höherwertiger Tätigkeit
Gesundheits- und Krankenpfleger/in
...
Operationstechnische/r Assistent/in
...
6
Arbeitnehmer/in mit staatlich anerkannter abgeschlossener Berufsausbildung, anerkannter Fachweiterbildung nach DKG und entsprechender Tätigkeit
Fachpfleger/in OP, …
...
...
...
Anlage D Überleitungstabelle
EG
KR
BAT
LG
...
...
…
…
6
VI
…
…
5
V - Va
…
…“
- 12
-
II. Danach kann die Klägerin in Anwendung der Überleitungsbestimmungen des EVTV (zu den Auslegungsmaßstäben etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40 mwN, BAGE 124, 240) keine Vergütung nach der EG 6 des Tarifvertrags beanspruchen.
- 13
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1. Die Klägerin gehört zwar zu den Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrags iSd. § 18 Abs. 1 EVTV beschäftigt waren. Dementsprechend war sie, da ihre Tätigkeit der VergGr. Kr. VI BAT-O zugeordnet war, nach § 18 Abs. 1 EVTV „auf Grundlage ihrer vorliegenden Eingruppierung gem. der Zuordnungen in Anlage D rückwirkend ab dem 1. Januar 2010“ nach der Tabelle in der Anlage D EVTV in die (neue) EG 6 des Tarifvertrags überzuleiten.
- 14
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2. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestimmt § 18 Abs. 1 iVm. der Anlage D EVTV aber keine „endgültige“ Zuordnung zu einer der Entgeltgruppen des Tarifvertrags. Die „vorläufige“ Zuordnung ist vielmehr daraufhin zu überprüfen, ob die auszuübende Tätigkeit den Anforderungen der Entgeltordnung der Anlage C EVTV entspricht. Allein dieses Ergebnis ist für die Bestimmung der zutreffenden Entgeltgruppe maßgebend.
- 15
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a) Die Überleitung in Anwendung der Anlage D EVTV ist nach § 18 Abs. 1 und 2 EVTV - „vorbehaltlich der inhaltlichen Übereinstimmung der Tätigkeit gem. Entgeltordnung (Anlage C)“ - unter den ausdrücklichen Vorbehalt gestellt, dass die auszuübende Tätigkeit inhaltlich mit den in der Anlage C EVTV geregelten Voraussetzungen übereinstimmt. Diese Überleitung verfolgt, wie § 18 Abs. 2 Satz 1 EVTV zeigt, zunächst „abrechnungstechnische“ Ziele. Auch in dieser Bestimmung haben die Tarifvertragsparteien nochmals festgelegt, die Überleitung dürfe nicht „der maßgeblichen Zuordnung zur Entgeltordnung gem. Anlage C widersprechen“. Anderenfalls ist „eine Korrektur“ durchzuführen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 EVTV).
- 16
-
Der Annahme, § 18 Abs. 2 EVTV sei „lediglich als Einleitung für die nachfolgenden Absätze“ zu verstehen - wie die Revision es meint -, steht der schon nach dem Wortlaut eindeutige Regelungsgehalt der Tarifbestimmung entgegen.
- 17
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b) Die Überleitungstabelle der Anlage D EVTV ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht „überflüssig“. Die Klägerin übersieht, dass es bei einer Korrektur der Zuordnung nach § 18 Abs. 2 Satz 1 EVTV nach dessen Satz 2 zu einer Erhöhung der „Besitzstandszulage gem. Absatz 5“ kommen kann, wenn infolge einer „Korrektur“ iSd. § 18 Abs. 2 Satz 2 EVTV das sich in Anwendung der Überleitungstabelle der Anlage D EVTV ergebende Entgelt höher sein sollte, als das nach § 18 Abs. 3 EVTV zu ermittelnde Vergleichsentgelt.
- 18
-
c) Die Klägerin kann sich für ihren Anspruch nicht darauf stützen, § 18 Abs. 1 EVTV beziehe sich nach seinem Wortlaut auf die „Tätigkeit gem. Entgeltordnung (Anlage C)“ und es könne deshalb auf eine in der Spalte „Beschreibung“ der Anlage C EVTV aufgeführte Qualifikation nicht ankommen; ausreichend sei es, dass sie Tätigkeiten ausübe, die auch von einer Fachpflegerin OP wahrgenommen würden. Das ist unzutreffend.
- 19
-
aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass mit dem Begriff „der Tätigkeit“ in § 18 Abs. 1 EVTV der Prüfungsgegenstand beschrieben, nicht aber der Prüfungsmaßstab für die „inhaltliche Übereinstimmung“ beschränkt wird. § 18 Abs. 1 EVTV nimmt nach seinem Wortlaut die „Entgeltordnung (Anlage C)“ insgesamt und nicht nur teilweise in Bezug. Mit dem Begriff „der Tätigkeit“ ist die von den Beschäftigten jeweils auszuübende Tätigkeit beschrieben, die für die Eingruppierung nach der Entgeltordnung maßgebend ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 7 EVTV). Deren inhaltliche Übereinstimmung ist anhand der gesamten Entgeltordnung zu prüfen. Das wird durch § 18 Abs. 2 Satz 1 EVTV bestätigt. Danach darf die Überleitung „der maßgeblichen Zuordnung zur Entgeltordnung gem. Anlage C“ - auf die gleichfalls insgesamt verwiesen wird - nicht widersprechen.
- 20
-
bb) Darüber hinaus haben die Tarifvertragsparteien mit dem Tätigkeitsbeispiel „Fachpfleger/in OP“ nicht eine Tätigkeit beschrieben, sondern zugleich die erfolgreiche Fachweiterbildung für den Operationsdienst zur Voraussetzung des Tätigkeitsbeispiels erhoben, über die die Klägerin nicht verfügt.
- 21
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Mit dem Tätigkeitsbeispiel „Fachpfleger/in OP“ (Fachpflegerin im Operationsdienst) verwenden die Tarifvertragsparteien einen branchenspezifischen Begriff. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass sie den Begriff verstanden wissen wollen, wie er den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entspricht (zu diesem Verständnis s. nur BAG 5. September 2012 - 4 AZR 584/10 - Rn. 14 mwN). Das sind Beschäftigte, die über die einschlägige Weiterbildung verfügen. Dieses Verständnis wird durch die im Tätigkeitsmerkmal aufgenommene subjektive Anforderung einer „anerkannten Fachweiterbildung nach DKG“ bestätigt.
- 22
-
d) Die Klägerin kann sich für ihr Verständnis, es komme allein auf die auszuübende Tätigkeit an, schließlich nicht auf § 6 Abs. 1 Satz 2 EVTV stützen. Soweit sie meint, einer Qualifikation komme in keiner Entgeltgruppe eine ausschlaggebende Bedeutung zu, ist dies nur insoweit zutreffend, als stets die auszuübende Tätigkeit für die Eingruppierung maßgebend ist und nicht allein eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung oder eine Weiterbildung. Setzt aber ein Tätigkeitsmerkmal oder ein Tätigkeitsbeispiel wie bei der EG 6 EVTV eine solche voraus, ist sie neben der „entsprechenden Tätigkeit“, die die Beschäftigte auszuüben hat, auch erforderlich.
- 23
-
e) Diesem Auslegungsergebnis steht schließlich nicht der von der Klägerin angeführte „Sinn und Zweck einer Vereinheitlichung“ vormaliger Tarifregelungen entgegen. Die Tarifvertragsparteien sind rechtlich grundsätzlich nicht verpflichtet, eine „nach altem Tarifrecht erreichte Gleichstellung“ einer Eingruppierung von Beschäftigten mit unterschiedlichen Ausbildungen in zukünftigen Tarifverträgen beizubehalten.
- 24
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Tarifvertragsparteien die Eingruppierung von einem bestimmten Ausbildungserfordernis abhängig machen. Dies kann zur Folge haben, dass Arbeitnehmer, die die geforderte Ausbildung nicht besitzen, bei gleicher Tätigkeit eine niedrigere Vergütung erhalten. Den Tarifvertragsparteien steht es frei, den Vergütungsanspruch nicht nur von der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern auch von weiteren persönlichen Voraussetzungen, wie dem Nachweis bestimmter Kenntnisse oder einer speziellen Ausbildung, abhängig zu machen (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 39, BAGE 140, 291; 30. November 1988 - 4 AZR 412/88 - mwN zur Rspr.).
- 25
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bb) Die Tarifvertragsparteien können bei der vergütungsrechtlichen Bewertung einzelner Tätigkeiten als integralem Bestandteil der ihnen zustehenden Tarifautonomie (dazu etwa BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 32 mwN, BAGE 140, 291) weiterhin grundsätzlich - solange sie nicht Verfassungsgrundsätze verletzen - frei darüber befinden, im Rahmen von Eingruppierungsregelungen bestimmte Aus- oder Weiterbildungen als Voraussetzung für eine bestimmte Entgeltgruppe (neu) festzulegen und demgegenüber Arbeitnehmer, die nach einer abgelösten Entgeltordnung die gleiche Entgeltgruppe vermittelt über einen Bewährungsaufstieg erreicht haben, im ablösenden Tarifvertrag einer niedrigeren Entgeltgruppe zuzuordnen (vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - Rn. 65; 14. Juni 1995 - 4 AZR 225/94 - zu II 7 der Gründe), zumal wenn dies - wie vorliegend durch § 18 Abs. 3 bis 5 EVTV - mit einer Besitzstandsregelung verbunden ist(dazu BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 903/08 - Rn. 66).
- 26
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cc) In der Folge erweist sich die tarifliche Bewertung einer Tätigkeit wie die der Klägerin mit einem Entgelt nach der EG 5 EVTV gegenüber der Tätigkeit einer Fachpflegerin OP, die zusätzlich zu einer staatlich anerkannten Berufsausbildung über die entsprechende Weiterbildung verfügt, nach der EG 6 EVTV als rechtswirksam.
- 27
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III. Die Klage ist auch nicht nach §§ 6, 7 EVTV iVm. der Anlage C EVTV begründet. Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt weder die Voraussetzung des Tätigkeitsmerkmals der EG 6 EVTV noch das Tätigkeitsbeispiel „Fachpfleger/in OP“, weil sie keine „anerkannte Fachweiterbildung nach DKG“ abgeschlossen hat. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Klägerin eine „entsprechende Tätigkeit“ wie eine Fachpflegerin OP auszuüben hat.
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IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Eylert
Rinck
Treber
Pieper
Dierßen
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. April 2010 - 9 Sa 729/09 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin und in diesem Zusammenhang über deren zutreffende Eingruppierung.
- 2
-
Die Klägerin ist als Kassiererin bei der Beklagten tätig und wird nach der Gehaltsgruppe II des § 3 des zwischen dem Landesverband Einzelhandel Rheinland-Pfalz e. V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di - Landesverband Rheinland-Pfalz - geschlossenen Gehaltstarifvertrages (vom 22. Juli 2008, GTV) vergütet. Sie ist in einem Betrieb in K beschäftigt, in dem etwa 1.600 Artikel auf einer Verkaufsfläche von ca. 593 qm angeboten werden.
- 3
-
Mit Schreiben vom 14. Januar 2009 verlangte die Klägerin den Unterschiedsbetrag zwischen dem geleisteten Gehalt und der von ihr begehrten Gehaltsgruppe III GTV sowie die sich auf dieser Grundlage ergebende Differenz für die Sonderzuwendung gemäß dem Tarifvertrag über Sonderleistungen für die Beschäftigten des Einzelhandels Rheinland-Pfalz für das Kalenderjahr 2008. Mit ihrer Klage verfolgt sie ihre Ansprüche weiter. Sie ist der Auffassung, ihr stehe die höhere Vergütung einer Kassiererin in einer Kassenzone eines Lebensmittel-Supermarkts iSd. Fußnote 2 zur Gehaltsgruppe III GTV zu. Auf einer Verkaufsfläche von mehr als 400 qm würden Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Frischwaren und ergänzend Waren des täglichen und des kurzfristigen Bedarfs anderer Branchen vorwiegend in Selbstbedienung angeboten. Die Anzahl der angebotenen Artikel sei für das Tarifmerkmal ohne Bedeutung.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an sie
1.
831,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 18. März 2009 zu zahlen,
2.
250,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 27. März 2009 zu zahlen,
3.
250,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13. Mai 2009 zu zahlen,
4.
250,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 17. Juli 2009 zu zahlen.
- 5
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, der Betrieb sei kein Lebensmittel-Supermarkt im Tarifsinne, sondern ein davon abzugrenzender Lebensmitteldiscounter. Eine höhere tarifliche Bewertung für die Tätigkeit als Kassiererin rechtfertige sich aufgrund des in einem Lebensmittel-Supermarkt erheblichen umfangreicheren Sortiments, das bei einer Verkaufsfläche von 400 bis 600 qm etwa 4.000 bis 5.000 Artikel umfassen müsse.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 7
-
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist nicht in einem Lebensmittel-Supermarkt iSd. Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe III GTV beschäftigt.
-
I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach ihrem übereinstimmenden Vortrag der GTV Anwendung, in dem es ua. heißt:
-
„§ 2 Eingruppierung und Einstufung
1.
Die Angestellten werden entsprechend ihrer Tätigkeit und unter Beachtung der Bestimmungen des § 9 Manteltarifvertrag in eine der in § 3 aufgeführten Gehaltsgruppen eingruppiert.
…
§ 3 Gehaltsgruppen
…
Gehaltsgruppe II
Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/oder technischer Tätigkeit, z. B. Verkaufen, Blumenbinden im Verkauf, einfache Kassiertätigkeit (z. B. Ladenkassierer/in)1, …
Gehaltsgruppe III
Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert, z. B.
… Kassierer/in mit höheren Anforderungen2, Kassierer/in in Verbrauchermärkten, …________________________________________________
1 Kassierer/innen, deren Tätigkeit über die Anforderungen dieser Tarifgruppe hinausreicht, ohne die Anforderungen der folgenden Tarifgruppe zu erfüllen, erhalten ab 01.09.2002 eine Tätigkeitszulage von 52,- €.
2 Die für Kassierer/innen geforderten höheren Anforderungen werden in der Regel von Kassierer/innen erfüllt, die überwiegend in Kassenzonen von Lebensmittel-Supermärkten (ab 400 qm Verkaufsfläche) sowie an Sammelkassen beschäftigt sind.
…“
- 9
-
II. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der Klägerin erfüllt nicht das in der Revision allein noch im Streit stehende Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe III GTV „Kassierer/in mit höheren Anforderungen“ iVm. der Fußnote 2 „Kassierer/innen …, die überwiegend in Kassenzonen von Lebensmittel-Supermärkten (ab 400 qm Verkaufsfläche) ... beschäftigt sind“.
- 10
-
1. Bei der Fußnote 2 zur Gehaltsgruppe III GTV handelt es sich um eine Tarifnorm (s. nur BAG 22. September 2010 - 4 AZR 33/09 - Rn. 16 ff.). Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.
- 11
-
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, dass es sich bei der Fußnote 2 zur Gehaltsgruppe III GTV „Kassierer/innen …, die überwiegend in Kassenzonen von Lebensmittel-Supermärkten (ab 400 qm Verkaufsfläche)“ um ein Tätigkeitsbeispiel iSd. ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt (s. nur BAG 22. September 2010 - 4 AZR 33/09 - Rn. 23 ff. mwN ).
- 12
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3. Die Klägerin ist nicht in einem Lebensmittel-Supermarkt iSd. Fußnote 2 der Gehaltsgruppe III GTV beschäftigt.
- 13
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a) Da die tariflichen Bestimmungen des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz keine eigenständige Definition des Begriffs „Lebensmittel-Supermarkt“ enthalten, ist für dessen Auslegung ein branchenspezifisches Verständnis der Tarifnorm maßgebend. Dies gilt umso mehr, als die Tarifvertragsparteien hier keinen in der Rechtsterminologie feststehenden Begriff in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet haben (BAG 8. Februar 1984 - 4 AZR 158/83 - BAGE 45, 121).
- 14
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b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei einer branchenspezifischen Verwendung eines Begriffs davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff so angewendet wissen wollen, wie er im Handelsverkehr und Wirtschaftsleben verstanden wird, und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise und dem Handelsbrauch (§ 346 HGB) entspricht (ausführlich BAG 8. Februar 1984 - 4 AZR 158/83 - BAGE 45, 121; weiterhin 23. September 2009 - 4 AZR 333/08 - Rn. 24, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95; 15. November 2001 - 8 AZR 113/01 - zu II 2 b bb der Gründe; 9. Dezember 1987 - 4 AZR 461/87 - ).
- 15
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c) Danach erfüllt der Betrieb zwar die im Tätigkeitsbeispiel genannte Anforderung einer Verkaufsfläche von mehr als 400 qm. Es handelt sich aber aufgrund des angebotenen Sortiments von lediglich etwa 1.600 Artikeln nicht um einen Lebensmittel-Supermarkt im Tarifsinne.
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aa) Im Wirtschaftsleben wird unter einem „Supermarkt“ ein Einzelhandelsbetrieb verstanden, der auf einer Verkaufsfläche von mindestens 400 qm Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Frischwaren (Obst, Gemüse, Südfrüchte, Fleisch uä.) und ergänzend „problemlose“ Waren anderer Branchen vorwiegend in Selbstbedienung anbietet. Unter dem Begriff problemlose Waren werden allgemein bekannte Güter des Massenbedarfs verstanden, bei deren Auswahl und Erwerb der Verbraucher im Allgemeinen keine Beratung erwartet oder wünscht, und die für den Absatz im Wege der Selbstbedienung geeignet sind (Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution Katalog E - Definitionen zu Handel und Distribution 5. Aufl. S. 56 f.; so schon Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft Katalog E - Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft 3. Aufl. S. 28; Metro Group Metro-Handelslexikon 2011/2012 S. 205; BAG 8. Februar 1984 - 4 AZR 369/83 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 3). Der Supermarkt ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der sog. Non-Food-Bereich nicht mehr als 25 vH der Verkaufsfläche in Anspruch nimmt (Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution aaO S. 57). Der Begriff erfasst als Distributionsform des Lebensmitteleinzelhandels auch den Lebensmittel-Supermarkt iSd. Gehaltsgruppe III GTV.
- 17
-
Weiteres kennzeichnendes Merkmal eines Lebensmittel-Supermarkts ist neben der Größe der Verkaufsfläche der Umfang des angebotenen Sortiments. Ein Supermarkt dient der Nahversorgung der Bevölkerung und verfügt daher über ein sog. Vollsortiment (Gabler Wirtschaftslexikon 16. Aufl. Stichwort: Supermarkt S. 2869 f.; Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“, ZfBR 2002, 598; BVerwG 24. November 2005 - 4 C 10/04 - zu 1.3.2 der Gründe, BVerwGE 124, 364). Ein Lebensmittel-Supermarkt als „Vollsortimenter“ wird entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings erst dann angenommen, wenn er über ein Sortiment von durchschnittlich mehr als 7.000 Artikel verfügt (s. Arbeitsgruppe „Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ aaO; Metro Group Metro-Handelslexikon 2011/2012 S. 205; Elmar Pfeiffer Betriebsformen des Einzelhandels Stichwort: Supermarkt [Onlinedokument unter www.stalys.de]). Das übersieht die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (13. Oktober 1999 - 9 Sa 617/99 - zu I 1 der Gründe, BeckRS 1999, 30466207), die diesen Aspekt unberücksichtigt lässt.
- 18
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bb) Diesem Begriffsverständnis entspricht die Judikatur zum Bauplanungsrecht (zu § 11 Abs. 3 BauNVO vgl. BVerwG 24. November 2005 - 4 C 10/04 - zu 1.3.3 der Gründe, BVerwGE 124, 364; VG Minden 18. September 2008 - 9 K 893/08 -; s. auch König/Roeser/Stock BauNVO § 11 Rn. 56a). Zwar kann nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien des Einzelhandels wollten auf Rechtsbegriffe des Bauplanungsrechts zurückgreifen ( BAG 8. Februar 1984 - 4 AZR 369/83 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 3 ). Die Entscheidungen verdeutlichen aber das Verständnis der einschlägigen Berufskreise und den Handelsbrauch.
- 19
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cc) Gegen dieses Ergebnis spricht nicht der von der Revision angeführte Umstand, die Tarifvertragsparteien hätten den Sortimentsumfang gerade nicht als weiteres Merkmal in den Tarifwortlaut aufgenommen. Die quantitative Anforderung - „Vollsortiment“ - ergibt sich bereits aus der Verwendung des Begriffs „Lebensmittel-Supermarkt“. Eine gesonderte tarifliche Bestimmung zur Sortimentsgröße war zur Bestimmung des Tarifmerkmales nicht geboten. Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien demgegenüber die Mindestverkaufsfläche (400 qm) konkretisierend benannt haben. Daraus kann nicht geschlossen werden, sie hätten den Begriff des Lebensmittel-Supermarkts unabhängig von den (weiteren) Vorstellungen und Anschauungen der beteiligten Berufskreise festlegen wollen. Wenn dem so wäre, hätte es ausgereicht, den Begriff des Lebensmittelhandels, der in der Gehaltsgruppe III GTV ebenfalls verwendet wird, heranzuziehen und für solche Betriebe eine Mindestverkaufsfläche festzulegen. Das gilt umso mehr, als die Gehaltsgruppe III GTV auch Kassiererinnen in Verbrauchermärkten, die ein noch umfangreicheres Sortiment vorhalten (über 20.000 Artikel, vgl. Metro-Group Metro-Handelslexikon 2011/2012 S. 211), aufführt.
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dd) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt demnach nicht die Voraussetzungen des Merkmales „Lebensmittel-Supermarkt“ iSd. Fußnote 2 zur Gehaltsgruppe III GTV.
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(1) Im Betrieb des Beklagten wird lediglich ein Sortiment von etwa 1.600 Artikeln angeboten. Es handelt sich daher nicht um ein Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft, das neben der erforderlichen Mindestgröße auch über ein sog. Vollsortiment verfügt. Es kann dahinstehen, ob bei einem geringfügig kleineren als 7.000 Artikel gleichwohl noch von einem Vollsortiment ausgegangen werden kann, und ob die von der Klägerin angeführte Sortimentszusammenstellung im Betrieb der Beklagten der Annahme entgegensteht, sie betreibe keinen Lebensmittel-Supermarkt. Jedenfalls liegt bei einem Sortiment von ca. 1.600 Artikeln kein Lebensmittel-Supermarkt vor.
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(2) Die Rüge der Klägerin, das Landesarbeitsgericht habe nicht darauf hingewiesen, es werde auf den Umfang des von der Beklagten angebotenen Sortiments abstellen, ist unzulässig (zu den Anforderungen gem. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO s. nur BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 22, NZA-RR 2008, 362). Die Klägerin legt bereits nicht dar, weshalb sie, nachdem die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung den erforderlichen Sortimentsumfang für das Tarifmerkmal eines Lebensmittel-Supermarkts angeführt hat, nicht damit rechnen musste, das Landesarbeitsgericht werde diesen Umstand heranziehen (vgl. auch BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 37, NZA-RR 2007, 495).
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(3) Im Übrigen ist die von der Revision angeführte besondere Belastung bei der Tätigkeit an Scannerkassen im Streitfall ohne Bedeutung. Besondere Anforderungen an die Tätigkeit von Kassierern und Kassiererinnen, die über die der Gehaltsgruppe II GTV hinausgehen und nicht zugleich das Tätigkeitsmerkmal der Gehaltsgruppe III GTV erfüllen, werden von den Tarifvertragsparteien lediglich durch die Tätigkeitszulage (Fußnote 1 zur Gehaltsgruppe II GTV), nicht aber im Rahmen des hier maßgebenden Tätigkeitsbeispiels oder im Oberbegriff des Tätigkeitsmerkmales des Gehaltsgruppe III GTV berücksichtigt. Diese Bewertung liegt grundsätzlich im Rahmen der tariflichen Regelungsbefugnis (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 333/08 - Rn. 44 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95).
- 24
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III. Die Klägerin erfüllt nach ihrem Vortrag auch nicht die allgemeinen tariflichen Anforderungen des Oberbegriffs der Gehaltsgruppe III GTV. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt und wird von der Revision auch nicht mehr gerügt.
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IV. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer erfolglosen Revision (§ 97 Abs. 1 ZPO).
-
Eylert
Winter
Treber
Kiefer
Görgens
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.10.2014 – Az. 3 Ca 703/14 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Maschinenzulage von 7% des Stundenlohns für die zwischen September 2013 und November 2013 sowie im August und September 2014 geleisteten Arbeitsstunden.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18.08.1997 als Maschinenbediener zu einem Bruttostundenlohn während des streitgegenständlichen Zeitraums von 14,57 € beschäftigt. Unter Ziffer 5 des Arbeitsvertrages vom 11.07.1997 (Bl. 5 ff. d.A.) heißt es:
4„Im Übrigen richten sich die Arbeitsbedingungen und sonstigen Fragen aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sich aus diesem Vertrage nichts anderes ergibt, nach den tariflichen Bestimmungen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie im nordwestdeutschen Raum, Herford, ohne Rücksicht auf seine Tarifbindungen, sowie nach den vorhandenen Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen. Gekündigte Tarifverträge sind auch dann anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht von der Nachwirkung (§ 4 TVG) erfaßt wird.“
5Aufgrund dessen findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der „Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelbaus in Westfalen-Lippe“ (im Folgenden: LTV) Anwendung. § 4 Ziffer 4 des LTV in der seit dem 01.05.2009 geltenden Fassung lautet wie folgt:
6„MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten. Voraussetzung ist, dass die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festlegen. Bis dahin gilt folgende Bestimmung weiter: MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 % auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.“
7Die Beklagte produziert Wohnraumtüren aus Holz. Sie arbeitet mit Maschinenstrassen, die teilweise mehrere Arbeitsgänge zusammenfassen. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum die Maschine „IMA-Postforming“ bedient, ferner die miteinander verbundenen „Heesemann UKP 20“ und „Vacumat“ sowie die „Folding 1“. An der „IMA Postforming“ werden Spanplatten gesägt und gefräst. Auch an der „Folding 1“ werden Spanplatten und MDF-Platten gefräst; anschließend werden die gefrästen Teile „gefaltet“. Mit der „Heesemann UKP 20“ werden Schleifarbeiten vorgenommen, mit der „Vacumat“ die anschließende Lackierung. Die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ sind miteinander verbunden und werden einheitlich bedient. Der Kläger war an diesen Maschinen - außer an der Folding 1“ - dafür zuständig, die Maschinen einzustellen, das Werkzeug zu wechseln sowie an allen Maschinen die Werkstücke auf die Maschinen zu legen und am Ende des Bearbeitungsvorgangs wieder abzunehmen.
8Mit Schreiben vom 28.11.2013 (Bl. 20 d.A.) und vom 06.02.2014 (Bl.21 d.A.) hat der Kläger die Zulagen für die Monate September bis November 2013 erfolglos gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
9Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für die streitgegenständlichen Zeiträume die Maschinenzulage i.H.v. 7%, mithin 1,02 €/ Stunde zustehe, da er im Bereich der Zerspanung tätig gewesen sei und dabei an spanabhebenden Maschinen gearbeitet habe. Denn „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ seien alle Maschinen, die mit Schneiden versehen seien und beim Schneiden Späne bildeten. Späne seien Sekundärprodukte, die dünn, biegsam und nicht das Werkstück selbst seien. Dabei werde auch ein gewisses Volumen „zerspant“, d.h. vollständig in Späne umgewandelt. Das „Zerspanen“ beruhe damit auf einem spanabhebenden Prozess, so dass sämtliche Holzbearbeitungsmaschinen, an denen gesägt, gefräst, gebohrt oder geschliffen werde, „spanabhenbend“ seien. Sämtliche vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bedienten Maschinen seien damit „spanabhebend“ i.S.d. § 4 LTV.
10Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
111. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen,
122. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen,
133. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen,
144. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen,
155. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger die begehrte Zulage nicht zustehe. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.1995 (10 AZR 1059/94) sei zu unterscheiden zwischen zerspanenden und spananhebenden Holzbearbeitungsmaschinen. Da der Kläger selbst vorgetragen habe, im Bereich der Zerspanung tätig gewesen zu sein, sei die Klage schon unschlüssig.
19Mit Urteil vom 29.10.2014, dem Kläger zugestellt am 04.11.2014, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass – da die Tarifpartner den Begriff der Holzbearbeitungsmaschinen immer noch nicht festgelegt haben – es allein darauf ankomme, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum an einer spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschine gearbeitet habe. Der klägerischen Auffassung, nach der alle Holzbearbeitungsmaschinen spanabhebend seien, da auch das Zerspanen auf einem spanabhebenden Prozess basiere, könne nicht gefolgt werden. Denn § 4 LTV unterscheide klar zwischen Holzbearbeitungsmaschinen und spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen. Damit solle nach der tariflichen Reglung nicht an jeder Holzbearbeitungsmaschine ein Anspruch auf eine Zulage bestehen. So habe auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18.10.1995 zwischen spanabhebenden und zerspanenden Holzbearbeitungsmaschinen unterschieden. Nach dieser Differenzierung habe der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen gearbeitet. Die „IMA- Postforming“ habe der Kläger selbst der Zerspanung zugeordnet und keine weiteren Anhaltspunkte vorgetragen, die erkennen ließen, dass es sich bei dieser Maschine um eine spanabhebende Maschine handelt. Auch die „Heesemann UKP 20“, die „Vacumat“ sowie die „Folding 1“ seien keine spanabhebenden Maschinen, da an diesen Maschinen im Wesentlichen Schleifarbeiten vorgenommen würden. Dabei handele es sich lediglich um ein Glätten von Oberflächen mit Staub-, nicht aber mit Spanbildung.
20Gegen das klageabweisende Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24.11.2014, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.02.2015 mit am 04.02.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Der Kläger führt unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens zur Begründung aus, dass das Arbeitsgericht mit dem Bundesarbeitsgericht zwar zutreffend davon ausgehe, dass § 4 Ziff. 4 LTV mit dem Begriff der „spanabhebenden Maschinen“ eine besondere Gruppe von Maschinen erfassen wolle. Diese Maschinen seien aber nicht von den „zerspanenden“ Maschinen abzugrenzen, denn diese Differenzierung finde keinen Anklang im Wortlaut der tariflichen Bestimmung. Vielmehr sei die Abgrenzung vorzunehmen zu anderen Holzbearbeitungsmaschinen, die weder „spanabhebend“, noch „zerspanend“ seien, wie beispielsweise Klebemaschinen, Pressen, Kantenleimmaschinen etc. In diesem Sinne seien die „IMA- Postforming“, mit der gefräst, gesägt und geleimt werde, die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ als Schleifmaschine sowie die „Folding 1“ als weitere Fräsmaschine „spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen“ im Sinne der tariflichen Regelung.
21Der Kläger beantragt,
22das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.10.2014– Az. 3 Ca 703/14 – abzuändern und
231. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen;
242. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 161,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen;
253. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157,34 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen;
264. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 107,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen;
275. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 57,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger habe zwischen September und November 2013 schon nicht in dem angegebenen Umfang an der „IMA- Postforming“ gearbeitet. Jedenfalls seien alle von dem Kläger bedienten Maschinen nicht „spanabhebend“ im Sinne der tariflichen Regelung, Bei der „IMA- Postforming“ und der „Folding 1“ handele es sich aufgrund des Fräsvorgangs um „zerspanende Maschinen“, die „Heesemann UKP 20“ und die „Vacumat“ produzierten ohnehin lediglich Schleifstaub.
31Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokollerklärungen vom 29.10.2014 und vom 08.05.2015 Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33I. Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 24.11.2014 gegen das am 04.11.2014 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde auch innerhalb der verlängerten Frist des § 66 Abs. 1 S. 1, S. 5 ArbGG ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 04.02.2015 begründet und ist damit insgesamt zulässig.
34II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Maschinenzulage i.H.v. insgesamt 640,24 € für die Monate September bis November 2013 sowie August und September 2014.
351. Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung der 7%-igen Zulage nach § 4 Ziff. 4 des LTV. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
36a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG, Urteile vom 10. Februar 2015 – 3 AZR 904/13 – Rn. 27, juris; 18. Februar 2014 - 3 AZR 808/11 - Rn. 2, juris; 9; 26. März 2013 - 3 AZR 68/11 - Rn. 25 mwN, juris).
37b) Danach ergibt sich aus § 4 Ziff. 4 LTV ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der 7%-igen Zulage, da er im streitgegenständlichen Zeitraum die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat.
38aa) Die Tarifnorm gewährt MaschinenarbeiterInnen an Holzbearbeitungsmaschinen eine Zulage von 7 % auf ihren tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder einem Prämiensystem arbeiten und die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff "Holzbearbeitungsmaschinen" festgelegt haben. Solange das noch nicht geschehen ist, gilt die Regelung, dass MaschinenarbeiterInnen an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen die Zulage von 7 % erhalten. Die Tarifpartner haben einen derartigen Katalog von "Holzbearbeitungsmaschinen" nicht festgelegt.
39bb) Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass nach dem Wortlaut des Tarifvertrages zwischen „Holzbearbeitungsmaschinen“ und „spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen“ zu unterscheiden ist (so auch BAG, Urteil vom 18.10.1995 – 10 AZR 1059/94 – juris). Die vom Arbeitsgericht in Übereinstimmung mit der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18.10.1995, a.a.O.) vorgenommene Differenzierung zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen lässt sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts dem Tarifwortlaut hingegen nicht entnehmen.
40Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass es neben Holzbearbeitungsmaschinen, die in irgendeiner Weise ein Werkstück bearbeiten, indem sie „Späne abheben“ oder ein Werkstück „zerspanen“, zahlreiche andere Holzbearbeitungsmaschinen gibt, die kein Material abtragen, z.B. verschiedene Arten von Holzpressmaschinen, Klebe- und Leimmaschinen, Beizanlagen oder Lackieranlagen. Das lässt das Arbeitsgerichts außer Acht, indem es ausführt, dass ein Anspruch auf Zahlung einer Zulage nicht bei „jedweder Tätigkeit an einer Holzbearbeitungsmaschine bestehen soll“ und deshalb die „spanabhebenden“ Holzbearbeitungsmaschinen von „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen abzugrenzen seien (a.A. auch schon BAG, Urteil vom 25.07.1962 - Az. 4 AZR 535/61 – juris, das nicht zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen differenziert und sowohl Fräsen als auch Sägen als „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen im Sinne von § 4 Ziff. 6 des LTV 1957 bzw. des § 4 Ziff. 6 des LTV 1958, die mit dem aktuellen § 4 Ziff. 4 LTV 2009 identisch sind, angesehen hat). Allein mit dem Argument, dass die „spanabhebenden“ von anderen Holzbearbeitungsmaschinen abzugrenzen seien, lässt sich die Differenzeirung zwischen „spanabhebenden“ und „zerspanenden“ Maschinen jedenfalls nicht begründen.
41cc) Die Differenzierung zwischen „spanabhebenden“ zu „zerspanenden“ Holzbearbeitungsmaschinen wird auch nicht durch die der Kammer zugängliche (Fach-) Literatur aus dem Bereich der Holzbearbeitung gestützt. Die Begriffe des „Spanabhebens“, des „Spanens“ und des „Zerspanens“ werden dort nicht voneinander abgegrenzt, sondern größtenteils synonym verwendet. Dabei wird abgestellt auf die Art und Weise, in der das Werkstück mit Schneidwerkzeugen bearbeitet wird. Prof. Dr. Ing. G. Maier (von 1977 bis 1993 Professor an der Fachhochschule Rosenheim im Fachbereich Holztechnik für das Fachgebiet spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen, spanabhebende Maschinenwerkzeuge und spanungstechnische Grundlagen) kennzeichnet die „spanabhebende Bearbeitung“ als „eine Schnittbewegung, die den eigentlichen Spanabhub bewirkt, und einer Vorschubbewegung, ohne die eine mehrmalige, zeitlich aufeinanderfolgende Spanabnahme nicht möglich wäre“ (G. Maier, „Spanabhebende Maschinen in der Holzverarbeitung, DRW-Verlag, 1997, S. 18). Nach dem Online-Lexikon zum Maschinenbau („maschinenbau.de“) wird „Zerspanen“ definiert als „mechanischer Trennvorgang, bei dem mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten in Form von Spänen zur Änderung der Werkstückform abgetrennt werden.“ Es benennt als Formen des Zerspanens das „Drehen, Fräsen, Bohren, Sägen, Hobeln, Feilen, Räumen, Honen, Läppen, Schleifen, Trommel- und Strahlspanen“.
42Eine ähnliche Definition findet sich unter dem Begriff des „Zerspanens“ bei www.wissen.de/lexikon/zerspanung oder unter http://de.wikipedia.org/wiki/Zerspanen als „Bezeichnung aller mechanischen Bearbeitungsverfahren, bei denen das Material in die gewünschte Form gebracht wird, indem überflüssiges Material in Form von Spänen abgetragen wird“. Wahrig (Deutsches Wörterbuch, 1981) definiert „spanabhebend“ als „formend bearbeiten, indem man mit Hobel, Feile etc. Schichten in Spänen entfernt“. Auch Maier definiert in seinem Buch als spanabhebende Bearbeitungsarten „das Fräsen, Hobeln, Drehen, Sägen, Bohren und Schleifen“ (Maier, a.a.O.).
43dd) Auch die maßgeblichen DIN-Normen enthalten eine Abgrenzung zwischen „Spanabheben“, „Spanen“ und „Zerspanen“ nicht. Der Bundesgerichtshof hat zwar mehrfach betont, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen sind, sondern nur private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013, Az. V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 (2272 f.); Urteil vom 14. Juni 2007, Az. VII ZR 45/06, NJW 2007, 2983, RdNr. 37 m. w. Nachw.). Dennoch spricht nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung eine widerlegbare Vermutung dafür, dass DIN-Normen den anerkannten Stand der Technik wiedergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. April 2011 – I-23 U 90/10, 23 U 9023 U 90/10 –, Rn. 38, juris).
44Die vorliegend maßgeblichen Regelungen sind enthalten in den DIN-Normen 8580 und 8589. Die DIN-Norm 8580 unterteilt die verschiedenen Fertigungsverfahren in sechs Hauptverfahren und definiert als eines dieser Verfahren das „Spanen“ (formgebend). Die verschiedenen Fertigungsverfahren des „Spanens“ sind in Deutschland in der Norm DIN 8589 definiert. Unter „Spanen“ versteht man danach „einen Trennvorgang, bei dem von einem Werkstück mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeugs Werkstoffschichten von Spänen zur Änderung der Werkstückform und (oder) Werkstückoberfläche mechanisch abgetrennt werden“. Dabei wird unterschieden zwischen dem „Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden“ (z.B. Drehen, Fräsen, Hobeln und Sägen) und dem „Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden“ (z. B. Schleifen, Honen, Läppen, Gleitspanen). Die DIN-Norm 8589 benennt als Verfahren des Spanens neben dem Hobeln ausdrücklich die hier streitgegenständlichen Verfahren des Fräsens, des Sägens und des Schleifens. Dabei bildet sich ein Span aus, der über die Spanfläche des Schneidteils abläuft und der die unterschiedlichsten Formen haben kann (Fritz/ Schulze (Hrsg.): Fertigungstechnik. 10. Aufl., Springer, Berlin 2012, S. 271 ff.).
45ee) Damit ist nach all diesen Quellen nicht zu unterscheiden zwischen den Bearbeitungsverfahren des „Spanabhebens“ und des „Zerspanens“. Denn unabhängig davon, welcher dieser beiden Begriffe verwendet wird, wird er jedenfalls einheitlich für alle Verfahren verwendet, bei denen überflüssiges Material in Form von Spänen abgetragen wird. Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form Späne von dem Werkstück abgetragen werden – ob in Form von größeren Sägespänen, die z.B. durch Hobeln erzeugt werden, das von der Allgemeinheit möglicherweise am ehesten mit dem Vorgang des „Spanabhebens“ in Verbindung gebracht wird, oder aber in Form von Sägemehl, das beim Fräsen oder Bohren entsteht, oder auch von Schleifstaub, der beim Schleifen entsteht. Die (Fach-) Literatur ordnet alle diese Bearbeitungsformen und Maschinen einheitlich entweder dem Begriff des „Spanabhebens“ oder des „Zerspanens“ zu. Entscheidend ist allein, dass Werkstoffschichten von dem Werkstück zur Änderung der Werkstückform und (oder) der Werkstückoberfläche mechanisch abgetragen werden und dabei in irgendeiner Form Späne als eine Art Abfallprodukt des bearbeiteten Materials entstehen.
46Es sind nach Auffassung der Kammer dem Tarifvertragswortlaut keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien entgegen diesem allgemein in der Fachliteratur vorherrschenden Verständnis die verschiedenen Bearbeitungsverfahren, bei denen Späne im Sinne von Holzabfallprodukten erzeugt und die damit von dem Werkstück „abgehoben“ werden, unterschiedlich behandeln wollten. Deshalb ist der Begriff „spanabhebend“ i.S.d. Tarifvertrages nach Auffassung der Kammer so auszulegen, dass davon alle Bearbeitungsverfahren erfasst werden, bei denen bei einem Trennvorgang mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeuges Werkstoffschichten zur Änderung der Werkstückform oder –oberfläche abgetrennt werden, die in Form von Spänen abgetragen werden.
47c) Der Kläger hat an allen von ihm im streitgegenständlichen Zeitraum bedienten Maschinen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien entweder gefräst, gesägt oder geschliffen. Da es sich bei all diesen Bearbeitungsverfahren nach Auffassung der Kammer aus den unter b) dargelegten Gründen um „spanabhebende“ Holzbearbeitungsmaschinen handelt, steht dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Maschinenzulage zu.
482. Dem Kläger steht die Zulage auch in der eingeklagten Höhe zu. Dabei kann die zwischen den Parteien streitige Frage, in welchem Umfang der Kläger zwischen September 2013 und November 2013 an der Maschine „IMA-Postforming“ tätig war, offen bleiben. Denn jedenfalls war der Kläger entweder an dieser Maschine oder aber an der „Heesemann UKP 20“ und der „Vacumat“ tätig. Da an allen Maschinen gesägt, gefräst oder geschliffen wird, handelt es sich bei allen Maschinen um spanabhebende Maschinen i.S.v. § 4 Ziff. 4 LTV. In den Monaten August und September 2014 war der Kläger unstreitig an den von ihm angegebenen Maschinen „Heesemann UKP 20“ und der „Vacumat“ in dem angegebenen Umfang tätig.
49III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG.
Zur Zahlung der Lotsabgaben und der Lotsgelder sind neben dem Eigentümer des Wasserfahrzeuges diejenigen Personen verpflichtet, die das Befahren des Reviers und die Inanspruchnahme der Leistungen der Seelotsen im eigenen oder fremden Namen veranlasst haben. Mehrere Zahlungspflichtige haften als Gesamtschuldner.
(1) Die Zahlungspflicht entsteht bei den Lotsabgaben mit Befahren des Reviers, bei den Lotsgeldern mit der Anforderung des Seelotsen.
(2) Lotsabgaben und Lotsgelder werden mit Rechnungserteilung fällig. Sie sind ab dem 15. Tag nach Fälligkeit nach den Vorschriften der §§ 288 und 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu verzinsen, § 286 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechend Anwendung.
(3) Besteht ein Zahlungsrückstand kann das Befahren des Reviers und die Tätigkeit der Seelotsen von der Zahlung eines angemessenen Vorschusses oder von einer angemessenen Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.