Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 101/17

bei uns veröffentlicht am25.01.2018

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg, Az. 27 Ca 524/16, vom 21. Juni 2017 wird teilweise, und zwar hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2. aus der Berufungsbegründung vom 13. Oktober 2017, zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten und darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Abfindung aus einem durch Spruch einer Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplan zusteht.

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Die Beklagte betrieb bis zum 31. Dezember 2016 auf dem Gelände „A.“ am Hamburger Hafen einen Terminalbetrieb (Umschlagplatz für Container und Stückgut) mit mehr als 10 Arbeitnehmern in Vollzeit. Bei ihr war ein Betriebsrat gewählt.

3

Der am xx.xxx 1955 geborene, verheiratete und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit dem 15. Mai 1986 als technischer Angestellter zuletzt zu einem regelmäßigen Bruttomonatsgehalt von EUR 6.677,54 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Rahmentarifvertrag für die technischen Angestellten in den Stückgut-Kaibetrieben (im Weiteren: „RTV TA Kaibetriebe“) Anwendung. Der RTV TA Kaibetriebe gültig ab 1. Mai 1992 enthält in der Fassung vom 6. Mai 2003 für Kündigungsfristen unter § 15 Ziff. 1 die folgenden Regelungen:

4

Für die Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.
Bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat.
Soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende.

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In einer Auskunft des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 (vgl. Anlage Bf 4, Blatt 414 f. der Akten) anlässlich eines Auskunftsersuchen des Arbeitsgerichts Hamburg (Anlage Bf 3, Blatt 413 der Akten) heißt es zu einer inhaltsgleichen Regelung im Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe u.a.:

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Die Tarifvertragsparteien waren sich einig, dass bei Erweiterung des Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer mit mehr als 15-jähriger Betriebszugehörigkeit im Fall konjunkturbedingter Entlassungen die Möglichkeit eröffnet werden müsse, auch längere Beschäftigungsverhältnisses mit einer verkürzten Kündigungsfrist wie sie bereits für 5-järhige Betriebszugehörigkeit bestand, beenden zu können, wenn diese im Rahmen der Anwendung eines hierfür abgeschlossenen Sozialplanes erfolgt. Die Voraussetzung der Anwendung eines abgeschlossenen Sozialplans kann nur so interpretiert werde, dass die Tarifvertragsparteien den Schutz länger beschäftigter Arbeitnehmer mit Abschluss eines Sozialplans hinreichend gewährleistet sahen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien auch davon ausgingen, dass ein Arbeitnehmer Vorteile aus einem Sozialplan erhalten würde.

7

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. November 2016 (Anlage K 1, Blatt 13 der Akten), dem Kläger am selben Tag zugegangen, zum 31. Dezember 2016.

8

Die Beklagte hatte bereits mit Gesellschafterbeschluss vom 19. Februar 2016 die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihren einzigen Betrieb zum 31. Dezember 2016 zu schließen und allen Mitarbeitern zu kündigen, nachdem der Pachtvertrag für die Nutzung ihres Betriebsgeländes zu diesem Stichtag auslief und sowohl eine Laufzeitverlängerung nicht zustande kam als auch eine Ausweichfläche nicht gefunden werden konnte.

9

Wie dem Kläger wurde sämtlichen Mitarbeitern unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gekündigt, nachdem am 14. September 2016 Verhandlungen über einen Interessenausgleich zwischen den Betriebsparteien gescheitert waren und am gleichen Tag gegen die Stimmen des Betriebsrats durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan beschlossen wurde (vgl. Anlagen B 2 und B 3, Blatt 126 und 140 der Akten).

10

Der Sozialplan, der vom Betriebsrat angefochten wurde (das Beschlussverfahren ist bislang nicht rechtskräftig abgeschlossen), sieht u.a. einen Ausschluss von rentennahen Arbeitnehmern von Sozialplanleistungen, insbesondere einer Abfindung vor. Insoweit heißt es unter Teil I, § 1 Abs. 2:

11

Keine Leistungen nach den Bestimmungen dieses Sozialplanes erhalten Mitarbeiter (Ausschlusstatbestände),

12

* ...

13

* die aus Gründen ausscheiden, die nicht mit der Stilllegung des Betriebs zusammenhängen, insbesondere Mitarbeiter,

14

** deren Arbeitsverhältnis aus einem personen- oder verhaltensbedingten Grund ordentlich oder außerordentlich endet oder bei denen das Arbeitsverhältnis aus diesen Gründen einvernehmlich beendet wird;

15

** die infolge Eigenkündigung, die nicht arbeitgeberseitig veranlasst ist, ausscheiden;

16

** die infolge Eigenkündigung ohne Wahrung der einschlägigen ordentlichen vertraglichen/tariflichen Kündigungsfrist ausscheiden;

17

** die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder im Anschluss an eine mögliche Bezugnahme von Arbeitslosengeld I (unabhängig von der tatsächlichen Bezugnahme des Arbeitslosengeldes) eine Altersrente (gekürzt oder ungekürzt) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen können (sog. „rentennahe Arbeitnehmer“), wobei eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gem. §§ 37, 236a SGB VI sowie eine Altersrente für Frauen gem. § 237a SGB VI außer Betracht bleibt.

18

** die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und bei denen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit ein Grund zur krankheitsbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. …

19

Der Kläger kann nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I eine gekürzte Altersrente in Anspruch nehmen und soll demnach keine Abfindung von der Beklagten erhalten.

20

Mit seiner Klage vom 13. Dezember 2016, die am gleichen Tag vorab per Fax beim Arbeitsgericht Hamburg einging und der Beklagten am 22. Dezember 2016 zugestellt wurde, hat der Kläger sich gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung gewendet. Mit der Klagerweiterung vom 3. Februar 2017, der Beklagten am 6. Februar 2017 übergeben, hat der Kläger seine Klage u.a. hilfsweise auf Zahlung eines Abfindungsanspruchs aus dem Sozialplan in Höhe von 53.588,25 EUR erweitert. Diesen Antrag hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2017 in einen Feststellungsantrag geändert.

21

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren erheblich, die Auffassung vertreten, die zutreffende Kündigungsfrist sei nicht eingehalten worden. Die Regelung in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 des RTV TA Kaibetriebe sei nicht eindeutig und daher unwirksam. Die tarifvertragliche Regelung zur pauschalen Abkürzung von Kündigungsfristen bei abgeschlossenem Sozialplan verlasse das gesetzliche Leitbild und die Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien bei weitem. Sie verstoße zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG und §§ 1, 7 Abs. 2 AGG. Die Tarifvertragsparteien hätten ungleiche Lebenssachverhalte gleich behandelt und würden dadurch ältere Arbeitnehmer benachteiligen. Dies sei auch deshalb gleichbehandlungswidrig und altersdiskriminierend, weil der vorliegende Sozialplan keine adäquate Kompensation vorsehe. Die Dotierung des Sozialplans mit ca. EUR 1,6 Mio. unterschreite die Vergütungsersparnis durch die abgekürzten Kündigungsfristen, die ca. EUR 2,1 Mio. betrage. Insbesondere rentennahe Arbeitnehmer, die ganz von Sozialplanabfindungen ausgeschlossen sind, würden durch die abgekürzte Kündigungsfrist doppelt benachteiligt. Dementsprechend gelte die tarifvertragliche Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2017 und jedenfalls die gesetzliche Kündigungsfrist zum 30. Juni 2017.

22

Der Kläger hat beantragt, nachdem er weitergehende Klaganträge zurückgenommen hat,

23

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. November 2016 aufgelöst ist,

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2. hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 31. Dezember 2017 unverändert fortbesteht,

25

3. weiter hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 30. Juni 2017 unverändert fortbesteht,

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4. weiter hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger – zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2016, hilfsweise zum 30. Juni 2017, hilfsweise zum 31. Dezember 2017 – eine Abfindung in Höhe von EUR 53.588,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

27

Die Beklagte hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat vorgetragen, die Abkürzung der Kündigungsfrist in § 15 Ziff. 1 RTV TA Kaibetriebe bei der Anwendung von Sozialplänen verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, sondern halte sich im Rahmen des nach § 622 Abs. 4 BGB zulässigen Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien. Abgesehen davon, dass die von dem Kläger in den Raum gestellten Zahlen unzutreffend seien, hätten längere Kündigungsfristen und/oder ein höheres Sozialplanvolumen mit großer Sicherheit zur Insolvenz der Beklagten geführt.

30

Das Arbeitsgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 21. Juni 2017 (Blatt 301 ff. der Akten) abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche Kündigung vom 24. November 2016 sei sozial gerechtfertigt und beende das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2016. Die Kündigung sei gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, da die Beklagte ihren einzigen Terminalbetrieb zum 31. Dezember 2016 eingestellt habe. Vor Ausspruch der Kündigung des Klägers sei der Betriebsrat von der Beklagten nach § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört worden. Die Kündigung sei auch nicht mangels ordnungsgemäßer Konsultation des Betriebsrats im Rahmen der Massenentlassungsanzeige gemäß §§ 17 Abs. 2 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Die Kündigung sei unter Einhaltung der sich zutreffend aus § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe ergebenden Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende, d.h. zum 31. Dezember 2016 ausgesprochen worden. Die Anwendung der Tarifnorm sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Sozialplan unter dem Az. 29 BV 23/16 vor dem Arbeitsgericht Hamburg angefochten worden sei und deshalb nicht zur Anwendung komme. Denn eine Anfechtung entfalte keine suspendierende Wirkung in Bezug auf die Geltung des Spruchs der Einigungsstelle. Der Spruch gelte solange als wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig feststehe. Die tarifvertragliche Regelung gemäß § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unwirksam. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Vielmehr sei die tarifvertragliche Regelung nach Wortlaut und Sinn dahin auszulegen, dass die abgekürzte Kündigungsfrist dann zur Anwendung gelange, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer wegen einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung gemäß § 112 BetrVG durch Kündigung betroffen sei und in den betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans falle. Die tarifvertragliche Regelung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der gesetzlichen Definition in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG stelle ein Sozialplan eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, dar. Die Tarifvertragsparteien seien somit offensichtlich davon ausgegangen, dass der Schutz älterer Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit, der außerhalb der Anwendung eines Sozialplans (u.a.) durch lange Kündigungsfristen erreicht werde, von den Betriebspartnern bei den Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans berücksichtigt werde. Dies genüge für das Vorliegen eines sachlich vertretbaren Grundes für die tarifliche Regelung, die alle Beschäftigten ohne Ansehung von Alter und Dauer der bereits erdienten Kündigungsfrist gleichermaßen treffe. Die Regelung verstoße auch nicht wegen unmittelbarer oder mittelbarer Altersdiskriminierung gegen §§ 1, 7 Abs. 2 AGG. Denn die dahinterstehende Motivation für den Eingriff in erworbene Kündigungsfristen, die lange beschäftigte und damit ältere Arbeitnehmer härter trifft als kürzer Beschäftigte und solche unter Lebensalter 50, knüpfe an eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung an. Auch eine ergänzende Tarifauslegung im Wege der teleologischen Reduktion gebiete kein anderes Ergebnis. Ausgehend von Sinn und Zweck der tariflichen Regelung könne zwar die Tarifnorm für solche Sozialpläne nicht zur Anwendung gelangen, deren Dotierung die durch die abgekürzten Kündigungsfristen ersparte Vergütungssumme nicht erreiche oder jedenfalls signifikant unterschreite. Allerdings setze dies voraus, dass es den Tarifvertragsparteien mit der Tarifregelung ausschließlich darauf angekommen sei, durch die abgekürzten Kündigungsfristen die Dotierung des Sozialplans zu bestimmen oder jedenfalls zu beeinflussen. Das sei jedoch nicht feststellbar. Es komme daher nicht darauf an, ob tatsächlich eine signifikante Disparität zwischen der Sozialplandotierung und dem Einsparvolumen durch abgekürzte Kündigungsfristen bestehe. Ebenso wenig komme es darauf an, ob die Beklagte bei längeren Kündigungsfristen deutlich früher Kündigungen habe aussprechen müssen. Die tarifvertragliche Regelung unter § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe komme für den vorliegende Sozialplan auch zur Anwendung, obwohl für einzelne Arbeitnehmer bzw. eine Gruppe von Arbeitnehmern gar keine Kompensation im Sozialplan vorgesehen sei. Das folge vorliegend aus Teil I § 1 Abs. 2 des Sozialplans, wonach sog. rentennahe Arbeitnehmer keine Abfindung erhielten. Jedenfalls liege ein gleichbehandlungswidriger Wertungswiderspruch nicht vor. Die als rentennah ausgenommene Gruppe von Arbeitnehmern wäre ohne abgekürzte Fristen erst recht rentennah gewesen und gleichfalls kompensationslos ausgeschieden, was für sich betrachtet nicht zu beanstanden sei. Der besondere Nachteil liege darin begründet, dass sich bei unterstellter Arbeitslosigkeit die Dauer des Bezuges von ALG I bis zum Erreichen des Rentenbezuges und die damit einhergehenden Einkommenseinbußen individuell je nach Lebensalter und erfüllter Wartezeit gemäß §§ 236, 236 b SGB VI verlängerten. Gegenüber der Gruppe von – in unterschiedlichem Ausmaß betroffenen – rentennahen Arbeitnehmern würden allerdings diejenigen Arbeitnehmer, die gerade wegen der abgekürzten Fristen nicht als rentennah anzusehen seien, nämlich weil sie wegen früheren Ausscheidens längere Wartezeiten nicht erfüllen und/oder das erforderliche Lebensalter nicht erreichen, einen Abfindungsanspruch erwerben, der ansonsten nicht entstehen würde.

31

Das Zusammenspiel von tarifvertraglicher Kündigungsregelung einerseits und Sozialplan andererseits führe folglich zu Verschiebungen, die bei Einzelfallbetrachtung zu Härten führen könnten, in der Gesamtschau jedoch einen Ausgleich erführen. Dies sei als Ergebnis des Umstandes, dass sowohl den Tarifvertragsparteien als auch den Betriebsparteien pauschalierte Regelungen erlaubt seien, hinzunehmen. Die Tarifvertragsparteien hätten zulässigerweise der wirtschaftlichen Absicherung zulasten längerer Kündigungsfristen Priorität eingeräumt und den Betriebsparteien als sachnäher die Verantwortung übertragen. Die Abkürzung der Kündigungsfristen sei auch nicht in Ansehung der Fristbestimmung auf (nur) einen Monat zu beanstanden. Denn den Tarifvertragsparteien komme insoweit gemäß § 622 Abs. 4 BGB eine umfassende Regelungskompetenz zu. Etwas anderes folge auch nicht aus der Entscheidung des BAG vom 26. Oktober 2016 (Az: 7 AZR 140/15) zur Befristungsdauer für die sachgrundlose Befristung durch Tarifvertrag. Die für den Sonderfall der Betriebsänderung mit Kündigungen vorgesehene tarifvertragliche Regelung weiche jedenfalls nicht mehr als um das Dreifache vom gesetzlichen Leitbild ab. Dabei sei für die Vergleichsgröße auf die Kündigungsfrist gemäß § 113 Satz 2 InsO abzustellen. Eine Nivellierung der Kündigungsfrist ohne Ansehung von Alter und Beschäftigungsdauer sei für den Fall der Insolvenz gesetzlich mit einer Abkürzung auf eine maximale Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende vorgesehen. Dass in bestimmten Sonderfällen in „erdiente“ Kündigungsfristen unterschiedslos und auch zulasten von langjährig Beschäftigten eingegriffen werden dürfe, sei gesetzlich gerade nicht ohne Vorbild.

32

Der Kläger habe trotz Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Kündigung vom 24. November 2016 zum 31. Dezember 2016 keinen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung gemäß Sozialplan. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder unmittelbar aus dem Sozialplan, noch aus einer dahingehenden Individualzusage oder nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

33

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 4. August 2017 zugestellt wurde, hat er mit Schriftsatz vom 31. August 2017, beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt. Nachdem auf seinen Antrag die Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 25. September 2017 bis zum 6. November 2017 verlängert wurde, hat der Kläger die Berufung mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2017, beim Landesarbeitsgericht am 17. Oktober 2017 eingegangen, begründet.

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Der Kläger hält das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit für unzutreffend, als es auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (schon) zum 31. Dezember 2016 erkannt und ihm einen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan in Höhe von 51.083,18 EUR versagt habe. Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2018 hat der Kläger die begehrte Abfindung aus dem Sozialplan auf 46.833,64 EUR reduziert und die weitergehende Klage auf Zahlung einer Abfindung zurückgenommen.

35

Im Hinblick auf die einzuhaltende Kündigungsfrist trägt der Kläger vor, die Abkürzung der Kündigungsfrist bei Anwendung von Sozialplänen auf nur einen Monat stelle eine erhebliche Ungleichbehandlung gegenüber solchen Arbeitnehmern dar, die nicht bei Anwendung von Sozialplänen ausschieden. Ihm entgehe etwa für ein Jahr eine Bruttovergütung von 74.000,- EUR. Die Regelungsmacht der Tarifpartner sei nicht unbeschränkt, insbesondere dürften diese nur differenzieren, wenn hierfür ein sachlich vertretbarer Grund gegeben sei. Dies sei hier nicht der Fall. Der Differenzierungsgrund genüge auch nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Er sei nicht deutlich und klar formuliert. Der Begriff des Sozialplans sei nicht festgelegt. Wenn man davon ausgehe, dass auch ein Sozialplan mit geringen oder gar keinen Abfindungen, sogar der eines anderen Unternehmens, ausreiche, könne es sein, dass der Verlust der langen Kündigungsfristen in keiner Weise kompensiert werde. Der der BAG-Entscheidung vom 18. September 2003 (Az. 2 AZR 537/02) zugrunde liegende Sachverhalt sei ein wesentlich anderer. Der Sozialplan sei höher dotiert gewesen und habe auch keine Ausnahmen für über 60jährige enthalten. Dort habe die Frage der Wirksamkeit der Abkürzung der Kündigungsfristen praktisch keine Rolle mehr gespielt, da die Arbeitnehmer aufgrund der Widersprüche des Betriebsrats weiterbeschäftigt worden seien. Zudem sei die gesetzliche Absicherung für Arbeitslose besser gewesen als heute. Der vorliegende Sozialplan trage auch den Erwägungen des BAG gerade nicht Rechnung. Im Sozialplan habe die Abkürzung der Kündigungsfristen gar keinen Niederschlag gefunden. Es komme nicht zum Ausdruck, dass er Grundlage und Rechtfertigung für die Abkürzung der Kündigungsfristen sei. Aufgrund der Verkürzung der Kündigungsfrist stünden sich die Mitarbeiter schlechter als ohne Sozialplan. Im Übrigen verliere bei langer Betriebszugehörigkeit das Interesse an flexibler Personalplanung an Gewicht. Art. 3 GG sei nur dann nicht verletzt, wenn der Sozialplan zumindest die Nachteile ausgleiche, die die Abkürzung der Kündigungsfristen für die Beschäftigten habe.

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Die Regelung sei altersdiskriminierend und verstoße gegen §§ 1, 7 Abs. 2 AGG. Die Regelung treffe die Älteren nach Vollendung des 50. Lebensjahres unmittelbar und diejenigen, die längere, etwa gesetzliche Kündigungsfristen aufwiesen, mittelbar, da die längere Betriebszugehörigkeit in erster Linie von Älteren erreicht werde. Die Regelung greife in bereits erdiente Ansprüche auf längere Kündigungsfristen ein. Ein Rechtfertigungsgrund liege nicht vor.

37

Jedenfalls ergebe die Auslegung des Tarifvertrages, dass in der hier vorliegenden Konstellation die Abkürzung der Kündigungsfrist auf einen Monat nicht gewollt gewesen sei. Die Tarifnorm finde keine Anwendung für Sozialpläne, deren Dotierung die durch die Abkürzung der Kündigungsfristen ersparte Vergütungssumme nicht erreiche oder wesentlich unterschreite oder eine Gruppe – hier die rentennahen Jahrgänge – gänzlich von den Sozialplanleistungen ausnehme.

38

Hier gehe es nicht um konjunkturbedingte Entlassungen, sondern Entlassungen aufgrund der Rückgabe des Pachtgeländes an die Stadt, die zur Schließung des Betriebes geführt habe. Hätten die Tarifvertragsparteien diese Konstellation vor Augen gehabt, hätten sie eine andere Regelung befürwortet. Es handele sich nicht um einen hierfür abgeschlossenen Sozialplan. Schließlich mache die Differenzierung nur Sinn, wenn durch die Leistungen aus dem Sozialplan der Verlust der langen Kündigungsfrist ausgeglichen werde.

39

Die Ersparnis der Beklagten durch die Abkürzung der Kündigungsfristen betrage etwa 2,113 Mio. EUR, das Sozialplanvolumen hingegen nur 1,619 Mio. EUR.

40

Schließlich entferne sich die tarifliche Regelung zu weit von den gesetzlichen Kündigungsfristen, die Tarifvertragsparteien überschritten hier ihren Gestaltungsrahmen. Die Abkürzung der Kündigungsfrist stelle eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung um das Siebenfache dar. Insoweit werde auf die aktuelle Rechtsprechung zur Begrenzung der tariflichen Regelungsbefugnis bei Befristungen verwiesen. Auf die Regelung in § 113 InsO komme es nicht an, der Extremfall der Insolvenz sei nicht mit der vorliegenden Personalreduzierung zu vergleichen.

41

Der Kläger beantragt,

42

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg – 27 Ca 524/16 – vom 21. Juni 2017, zugestellt am 4. August 2017,

43

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bis zum 31. Dezember 2017,

44

2. hilfsweise bis zum 30. Juni 2017 unverändert fortbesteht;

45

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung von 46.833,64 EUR brutto zu zahlen zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

46

Die Beklagte beantragt,

47

die Berufung zurückzuweisen.

48

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie weist ergänzend darauf hin, dass nur in ganz besonderen Ausnahmefällen eine tarifliche Regelung wegen mangelnder Bestimmtheit als unwirksam angesehen werden könne. Ein solcher liege hier nicht vor. Eine Auslegung des Tarifvertrages, es genüge, wenn irgendein, auch der Sozialplan eines anderen Unternehmens zur Anwendung komme, sei nicht zutreffend. Die Erwägungen des BAG zur inhaltsgleichen Regelung im Tarifvertrag für Hafenarbeiter (BAG vom 18. September 2003, Az. 2 AZR 537/02) würden auch hier gelten. Die Mitarbeiter stünden aufgrund des Sozialplans auch nicht schlechter. Hätte sie, die Beklagte, keinen Sozialplan abschließen müssen, so hätte sie bereits Anfang 2016 Kündigungen ausgesprochen. Dann sei eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls zum 31. Dezember 2016 erfolgt, die Mitarbeiter hätten dann aber keine Abfindungen erhalten. Allein aufgrund der zu führenden Sozialplanverhandlungen seien die Mitarbeiter besser gestellt worden. Im Übrigen müsse der Sozialplan gerade nicht einen bestimmten Inhalt haben, damit die Voraussetzungen der Tarifnorm erfüllt seien. Ausreichend sei, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen seien, dass die Anwendung eines Sozialplanes den betroffenen Mitarbeitern Vorteile bringen könne, nicht müsse, und der Schutz älterer Mitarbeiter von den Betriebsparteien berücksichtigt werden könne, nicht müsse. Es sei auch nicht erforderlich, dass der Sozialplan auf die kurzen tariflichen Kündigungsfristen ausdrücklich Bezug nehme. Eine solche Regelung wäre im Interessenausgleich zu vereinbaren, da es dort um die Umsetzung der Betriebsänderung gehe. So habe sie, die Beklagte, auch von vornherein in den Entwürfen zum Interessenausgleich vorgesehen, dass die einschlägige tarifliche Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende zur Anwendung gelangen solle. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung müsse auch berücksichtigt werden, dass die Betriebsparteien außerhalb der Anwendung eines Sozialplanes sehr lange Kündigungsfristen vorgesehen hätten.

49

Die Rechtsprechung dazu, dass mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit das Interesse an der flexiblen Personalplanung an Gewicht verliere, betreffe die Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten und könne hier nicht herangezogen werden.

50

Ein deutlich höheres Sozialplanvolumen hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Insolvenz der Beklagten geführt.

51

Es liege auch kein Verstoß gegen §§ 1, 7 Abs. 2 AGG vor. § 622 Abs. 4 BGB verschaffe den Tarifvertragsparteien einen umfassenden Regelungsspielraum. Es bestehe keine Verpflichtung, für ältere Arbeitnehmer und / oder Mitarbeiter mit längerer Betriebszugehörigkeit längere Kündigungsfristen vorzusehen. Zudem werde durch die Tarifnorm gerade eine Gleichbehandlung erreicht. Es komme gerade nicht zu einer Benachteiligung einzelner Mitarbeitergruppen. Es werde auch nicht eine an sich bestehende längere Kündigungsfrist verkürzt. Bei Anwendung von Sozialplänen habe von vornherein kein Vertrauensschutz für eine längere Kündigungsfrist bestanden. Selbst eine etwaige Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt. Es bestehe ein weitgehender Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung und Einschätzungsprärogative bezüglich der sachlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Rechtsfolgen einer solchen Regelung.

52

Es gebe keine Höchstgrenze für den Umfang der Abweichung der Tarifvertragsparteien von gesetzlichen Regelungen. Die Erwägungen des BAG zur sachgrundlosen Befristung seien nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zumindest sei das Maß der Abweichung an der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO zu messen.

53

Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien vorausgesetzt hätten, dass der Dotierungsrahmen des Sozialplanes dem Einsparvolumen aufgrund der kürzeren Kündigungsfristen entspreche bzw. dieses nicht signifikant unterschreite. Auch der zuständige Sachbearbeiter im ZDS habe zu der bereits 1977 eingeführten Tarifnorm nur Mutmaßungen äußern können.

54

Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

I.

55

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig, jedoch hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) aus der Berufungsbegründung nicht begründet. Hinsichtlich des Antrages zu 3) ist in diesem Verfahren noch keine Entscheidung ergangen.

56

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG statthaft und wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist für den Kläger bis zum 6. November 2017 verlängert worden war, wahrt sein Schriftsatz, der am 17. Oktober 2017, beim LAG einging, die Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

57

2. Die Berufung ist hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) aus der Berufungsbegründung jedoch unbegründet. Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Kündigung vom 24. November 2016 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2016 beendet. Die Beklagte konnte das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt auf Grund der tariflichen Kündigungsfrist des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe wirksam mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende beenden. Die Kammer schließt sich insoweit im Wesentlichen den zutreffenden Ausführungen der 4. Kammer des LAG Hamburg (Urteil vom 13. Februar 2018, Az. 4 Sa 92/17) zur inhaltlich vergleichbaren Regelung in § 21 Ziff. 1 Abs. 5 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe an. Im Einzelnen:

58

(a) Die Voraussetzungen des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe sind gegeben. Nach der tariflichen Regelung beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende, soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden. Der Kündigung des Klägers liegt eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung zugrunde. Ein Sozialplan ist durch Spruch der Einigungsstelle am 14. September 2016 zustande gekommen. Der Anwendung des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe steht hier nicht entgegen, dass der Betriebsrat den Spruch der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 5 BetrVG angefochten hat. Wenn der Betriebsrat Erfolg hat in dem eingeleiteten Anfechtungsverfahren, hieße dies nicht, dass ein Sozialplan nicht abgeschlossen würde. In diesem Fall ist das Einigungsstellenverfahren fortzusetzen bis zum Zustandekommen eines neuen Sozialplans durch einvernehmliche Regelung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle (BeckOK Arbeitsrecht/Werner, § 76 BetrVG Rn. 57 f.; Fitting/Engels/Schmidt, § 76 BetrVG Rn. 162 m.w.N.). Bis dahin ist der Spruch der Einigungsstelle zudem in der Welt und umzusetzen, seine Anfechtung entfaltet keine suspendierende Wirkung (Fitting/Engels/Schmidt, § 76 BetrVG Rn. 164 m.w.N.).

59

(b) Nicht Voraussetzung für die Anwendung der verkürzten Kündigungsfrist ist nach § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe, dass der Kläger Leistungen aus dem Sozialplan in bestimmtem Umfang erhält, insbesondere dass er Leistungen in einem Umfang erhält, die dem Verlust der langen Kündigungsfrist entsprechen und diesen Verlust ausgleichen. Nicht Voraussetzung ist auch, dass der Sozialplan Bezug nimmt auf die tarifliche Regelung oder erkennen lässt, dass die Betriebsparteien einen Ausgleich für die kürzeren tariflichen Kündigungsfristen vorgesehen haben. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.

60

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG vom 26. April 2017, Az. 10 AZR 589/15, Rz. 14, vom 12. August 2015, Az. 7 AZR 592/13, Rn. 16; vom 26. März 2013, Az. 3 AZR 68/11, Rn. 25; vom 11. Juli 2012, Az. 10 AZR 236/11, Rn. 12; vom 16. Juni 2010, Az. 4 AZR 944/08, Rn. 18; vom 23. September 2009, Az. 4 AZR 382/08, Rn. 14; alle veröffentlicht in juris). Diese Grundsätze gelten auch hier.

61

Wendet man diese Auslegungsgrundsätze an, so ergibt sich hier Folgendes: Weder dem Wortlaut von § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass nur bestimmte Sozialpläne den Tatbestand erfüllen sollen. Voraussetzung dafür, dass die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende beträgt, ist nur, dass Sozialpläne abgeschlossen wurden. Es werden gerade keine Anforderungen an den Inhalt des Sozialplans gestellt. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es durchaus möglich, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung den Arbeitgebern die Möglichkeit geben wollten, Betriebsänderungen schnell umzusetzen, und es ihnen für einen solchen Fall nicht darauf ankam, dass der Dotierungsrahmen des Sozialplans mindestens der Summe der ersparten Vergütungen entspricht. Anhaltspunkte für einen solchen einschränkenden Willen ergeben sich auch nicht aus der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des ZDS vom 1. Dezember 1994 (vgl. Anlage Bf 4, Bl. 414 f. d.A.). Die Stellungnahme ist zu einer § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe vergleichbaren Regelung im Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe, die erstmals 1977 vereinbart wurde, ergangen. Diese Stellungnahme stammt aber schon nicht von einem an den Tarifverhandlungen Beteiligten. Sie kann mithin auch nur interpretieren und ist nicht geeignet, Rückschlüsse auf den Willen der Tarifvertragsparteien zuzulassen. Selbst inhaltlich ergibt sich aus der Stellungnahme nicht, dass der Sozialplan auf die verkürzten Kündigungsfristen Bezug nehmen muss oder einen bestimmten Inhalt haben muss, um die Voraussetzung des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe zu erfüllen. Vielmehr wird darauf abgestellt, dass die Tarifvertragsparteien den Schutz länger beschäftigter Arbeitnehmer mit Abschluss eines Sozialplans als hinreichend gewährleistet angesehen hätten. Hinsichtlich des Inhalts des Sozialplans ergeben sich daraus gerade keine bestimmten Anforderungen. Vielmehr wird die Verantwortung für den Schutz länger Beschäftigter Arbeitnehmer den Betriebsparteien überantwortet. Aus der Stellungnahme des ZDS ergibt sich, dass die verkürzte Kündigungsfrist eingeführt wurde im Zuge eine Erweiterung des Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer mit mehr als 15jähriger Betriebszugehörigkeit, um konjunkturbedingte Entlassungen zu ermöglichen. Während die Arbeitnehmer mithin hinsichtlich der anzuwendenden Kündigungsfrist außerhalb von Betriebsänderungen bessergestellt wurden als die gesetzliche Regelung dies vorsieht, wurden sie bei Betriebsänderungen schlechter gestellt. Weder der Tarifnorm selbst noch der Stellungnahme des ZDS lässt sich aber entnehmen, dass der ausschließliche Anwendungsbereich der Tarifnorm die Anwendung der verkürzten Kündigungsfrist bei konjunkturbedingten Entlassungen sein sollte, mag dieser Umstand auch Beweggrund für die Schaffung der tariflichen Regelung gewesen sein. Die Tarifparteien haben ihre Regelung auf den Fall der Anwendung von Sozialplänen bezogen, also auf die Durchführung von Betriebsänderungen. Diese und dadurch bedingte Entlassungen können konjunkturbedingt sein, der Tarifvertrag würde aber zu weit ausgelegt, würde man den Begriff der Sozialpläne ersetzen durch konjunkturbedingte Entlassungen.

62

Anhaltspunkte für einen Willen der Tarifvertragsparteien, dass nur solche Sozialpläne die Voraussetzungen von § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe erfüllen, nach denen jeder einzelne Mitarbeiter eine Abfindung aus dem Sozialplan erhält, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

63

Eine ergänzende Tarifvertragsauslegung kann vorliegend nicht vorgenommen werden, denn tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen die Möglichkeit, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Eine ergänzende Auslegung scheidet dagegen aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG vom 15. Januar 2015, Az. 6 AZR 646/13, Rz. 26, juris; BAG vom 12. September 2013, Az. 6 AZR 512/12, Rn. 59, juris; vgl. auch BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 29. März 2010, Az. 1 BvR 1373/08, Rn. 29, juris).

64

Nach diesen Grundsätzen kommt eine ergänzende Tarifvertragsauslegung nicht in Betracht. Die Tarifvertragsparteien sind offenkundig davon ausgegangen, dass die Betriebsparteien bzw. die Einigungsstelle ihrer Normsetzungskompetenz beim Sozialplan unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des BetrVG nachkommen werden. Zweck und Inhalt eines Sozialplanes sind nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Regelungen zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile für von einer Betriebsänderung Betroffene. Der Verweis auf die Anwendung von Sozialplänen lässt sich folgerichtig nur so verstehen, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgingen, die entstehenden Nachteile würden im Rahmen der Verhandlungen der Betriebspartner berücksichtigt, ohne dass sie eine Vorgabe gemacht hätten, wie diese Berücksichtigung auszusehen hätte.

65

(c) Mit diesem Inhalt ist § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe auch wirksam. Es fehlt der tariflichen Regelung nicht an der hinreichenden Bestimmtheit. Fernliegend ist die Annahme des Klägers, es genüge für die Anwendbarkeit der kurzen tariflichen Kündigungsfrist dass irgendein Sozialplan zur Anwendung gebracht werde. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem Verweis auf den Abschluss von Sozialplänen auf die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür und die Regelungen dazu Bezug genommen. Bereits durch die Anknüpfung an den gesetzlich definierten Begriff „Sozialplan“ ist ein hinreichender Bezug zu § 112 BetrVG und die dort genannten Voraussetzungen für den Abschluss eines Sozialplans hergestellt.

66

(d) Die tarifliche Regelung des § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe ist nicht nach Art. 3 GG unwirksam. Zwar werden unter den Tarifvertrag fallende Arbeitnehmer bei gleicher Betriebszugehörigkeit insoweit unterschiedlich behandelt, als ihre Kündigungsfrist bei Abschluss von Sozialplänen nur 1 Monat zum Monatsende beträgt, während es ohne Sozialplan etwa bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und nach Vollendung des 50. Lebensjahres 9 Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres sind (§ 15 Ziff. 1 Abs. 2 RTV TA Kaibetriebe). Insoweit gelten die Erwägungen des BAG im Urteil vom 18. September 2003 (Az. 2 AZR 537/02, Rz. 82 und 89 f, juris) zu einer inhaltsgleichen Regelung auch hier:

67

„Diese Ungleichbehandlung ist allerdings unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt. Nach der gesetzlichen Definition in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG stellt ein Sozialplan eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, dar. Die Tarifvertragsparteien sind somit offensichtlich davon ausgegangen, dass der Schutz älterer Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit, der außerhalb der Anwendung eines Sozialplans (ua.) durch lange Kündigungsfristen erreicht wird, von den Betriebspartnern bei den Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans berücksichtigt wird. Dabei haben sie einerseits das Interesse des Arbeitgebers berücksichtigt, bei anstehenden Betriebsänderungen schnell handeln zu können und die geplante Umstrukturierung vorzunehmen, ohne Arbeitnehmer über mehrere Monate weiterbeschäftigen oder zumindest vergüten zu müssen, obwohl der Bedarf an der Arbeitsleistung längst entfallen ist. Andererseits kann für Arbeitnehmer eine Verkürzung der Kündigungsfrist, die bei einer derartigen tariflichen Regelung nicht zu Nachteilen im Hinblick auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld führt, von Vorteil sein. Ein Vorteil ergibt sich insbesondere dann, wenn die Betriebspartner die Ersparnis des Arbeitgebers durch die Verkürzung der Kündigungsfristen bei ihren Verhandlungen über die Höhe der Abfindung in ihre Überlegungen einstellen.“

68

In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der konkret abgeschlossene Sozialplan dieser Erwartungshaltung Rechnung trägt. Die Wirksamkeit einer Tarifnorm wird nicht in Bezug auf einen konkreten Sozialplan entschieden. Entscheidend ist allein, ob § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe abstrakt betrachtet wirksam ist. Auf den Inhalt des konkreten Sozialplans kommt es bei der Frage, ob die Tarifnorm wirksam ist, nicht an.

69

(e) § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV TA Kaibetriebe ist auch nicht altersdiskriminierend und nach §§ 1, 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Durch die Tarifnorm kommt es zu einer Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, weil bei Anwendung von Sozialplänen für alle Mitarbeiter (unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und unabhängig vom Alter) eine identische Kündigungsfrist gilt. Folglich wird durch die tarifliche Regelung sichergestellt, dass gerade keine im Sinne des AGG verbotene Benachteiligung einzelner Mitarbeiter(gruppen) eintritt. Die gleiche Behandlung unterschiedlicher Vergleichspersonen führt nicht zu einer Benachteiligung. Daher scheidet eine Benachteiligung aus, wenn wie hier alle Betroffenen einer einheitlichen Regelung unterworfen sind (vgl. BeckOK Arbeitsrecht/Roloff, § 3 AGG Rn. 4), nämlich der Möglichkeit, mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt zu werden.

70

(f) Schließlich ist der den Tarifparteien durch § 622 Abs. 4 BGB eingeräumte Regelungsspielraum nicht überschritten. Es besteht keine, aus dieser Regelung abzuleitende oder allgemein gültige Grenze dergestalt, dass die Tarifvertragsparteien von einer ihnen eröffneten Abweichungsmöglichkeit von gesetzlichen Regelungen nur in einem gewissen Umfang Gebrauch machen dürfen. Das Urteil des BAG vom 26. Oktober 2016 zur Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien im Rahmen von § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Das BAG hat in dieser Entscheidung die Höchstgrenze der Abweichung von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG (Abweichung von der gesetzlichen Regelung um nicht mehr als das Dreifache) aus dem in anderen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen, Befristungen und deren Verlängerungen nicht schrankenlos zu gestatten, abgeleitet. Es begründet seine Entscheidung damit, dass das Konzept der Sachgrundbefristung konterkariert würde, wenn die Tarifvertragsparteien völlig schrankenlos Befristungen gestatten könnten. Das BAG entwickelt insoweit eine Obergrenze für tarifvertragliche Abweichungsmöglichkeiten nach § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG ganz wesentlich aus den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999. Vor dem Hintergrund des in dieser Richtlinie zum Ausdruck gekommenen Ziels, den institutionellen Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zu verhindern, kann die gesetzliche Tariföffnungsklausel keine Tarifverträge erlauben, die diesem Ziel erkennbar zuwiderlaufen (BAG aaO., Rz. 31 ff.). Diese Überlegungen sind auf die Vereinbarung tariflicher Kündigungsfristen nicht zu übertragen.

71

Die Tarifvertragsparteien sind auch nicht verpflichtet, gerade älteren Arbeitnehmern verlängerte Kündigungsfristen einräumen, um diese stärker zu schützen (so aber KR/Spilger, § 622 BGB Rn. 214 m.w.N.). § 622 Abs. 4 BGB räumt ihnen umfassende Gestaltungsmöglichkeiten ein (vgl. BAG vom 23. April 2008, Az. 2 AZR 21/07, AP Nr. 65 zu § 622 BGB). Die Tarifpartner sind nicht verpflichtet, sich bei einer eigenständigen tariflichen Regelung am tarifdispositiven gesetzlichen Leitbild zu orientieren (ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn. 22; Ascheid/Preis/Schmidt/Linck, Kündigungsrecht, § 622 BGB Rn. 79 f.; BeckOK Arbeitsrecht/Gotthardt, § 622 BGB Rn. 35). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Tarifvertragsparteien hier nicht voraussetzungslos eine Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen vorgesehen haben, sondern den Abschluss von Sozialplänen zur Voraussetzung für die Anwendung der kürzeren Kündigungsfrist gemacht haben.

72

3. Die Kostenentscheidung war der Schlussentscheidung vorzubehalten.

73

Die Revision war vor dem Hintergrund des § 72 Abs. 2 Ziffer 2 ArbGG für den Kläger zuzulassen. Durch Urteil vom 11. Januar 2018 hat das LAG Hamburg in einem Parallelverfahren zum Az. 7 Sa 95/17 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der dortigen Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. November 2016 nicht zum 31. Dezember 2016, sondern zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist. Diese Entscheidung ist zwar zu § 21 Ziffer 1 Abs. 5 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe ergangen. Gleichwohl war zur einheitlichen Klärung der Frage anzuwendenden Kündigungsfrist und die inhaltlich nahezu identische Regelung die Revision zuzulassen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 101/17

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der
Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 101/17 zitiert 27 §§.

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(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


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Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen


(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die K

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(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet wer

Insolvenzordnung - InsO | § 113 Kündigung eines Dienstverhältnisses


Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündig

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236a Altersrente für schwerbehinderte Menschen


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet haben,2. bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 37 Altersrente für schwerbehinderte Menschen


Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet haben,2. bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und3. die Wartezeit von 35 J

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 237a Altersrente für Frauen


(1) Versicherte Frauen haben Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. vor dem 1. Januar 1952 geboren sind,2. das 60. Lebensjahr vollendet,3. nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. März 2013 - 3 AZR 68/11

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2010 - 9 Sa 428/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Juli 2012 - 10 AZR 236/11

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Februar 2011 - 8 Sa 1317/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ein Zinsa

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Oktober 2008 - 3 Sa 254/08 - teilweise aufgehoben.

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Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Berechnung der in Form von Startgutschriften ermittelten Rentenanwartschaften der sogenannte

Referenzen

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Versicherte Frauen haben Anspruch auf Altersrente, wenn sie

1.
vor dem 1. Januar 1952 geboren sind,
2.
das 60. Lebensjahr vollendet,
3.
nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und
4.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt
haben.

(2) Die Altersgrenze von 60 Jahren wird bei Altersrenten für Frauen für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1939 geboren sind, angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenzen und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrenten bestimmen sich nach Anlage 20.

(3) Die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente für Frauen wird für Frauen, die

1.
bis zum 7. Mai 1941 geboren sind und
a)
am 7. Mai 1996 arbeitslos waren, Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus, Vorruhestandsgeld oder Überbrückungsgeld der Seemannskasse bezogen haben oder
b)
deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 7. Mai 1996 erfolgt ist, nach dem 6. Mai 1996 beendet worden ist,
2.
bis zum 7. Mai 1944 geboren sind und aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchstabe b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V), die vor dem 7. Mai 1996 genehmigt worden ist, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden sind oder
3.
vor dem 1. Januar 1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren,
wie folgt angehoben:
Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
vor 19410600600
1941
Januar-April1601600
Mai-August2602600
September-Dezember3603600
1942
Januar-April4604600
Mai-August5605600
September-Dezember6606600
1943
Januar-April7607600
Mai-August8608600
September-Dezember9609600
1944
Januar-April106010600
Mai116011600

Einer vor dem 7. Mai 1996 abgeschlossenen Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht eine vor diesem Tag vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses oder Bewilligung einer befristeten arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gleich. Ein bestehender Vertrauensschutz wird insbesondere durch die spätere Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses oder den Eintritt in eine neue arbeitsmarktpolitische Maßnahme nicht berührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.

(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.

(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.

(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.

(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.

(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.

(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. August 2015 - 5 Sa 87/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung tarifvertraglicher Mehrarbeitszuschläge für von ihr über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinaus geleistete Arbeitsstunden.

2

Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten, einem Cateringunternehmen, als Verkäuferin. Ihre monatliche Arbeitszeit beträgt 97,6 Stunden. Sie erhält eine Vergütung von 9,49 Euro brutto pro Stunde. Bei der Beklagten werden zusätzlich geleistete Arbeitsstunden einschließlich etwaig anfallender Mehrarbeitszuschläge stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Ein Arbeitszeitkonto wird für die Arbeitnehmer nicht geführt.

3

Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossenen Haustarifverträge Anwendung, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 15. Juni 2013 (MTV). Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 3 – Arbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten

        

1.    

Arbeitszeit (bis 31.12.2014)

                 

Die durchschnittliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt bis zum 31.12.2014 wöchentlich 40 Stunden. Diese sind an 5 Arbeitstagen innerhalb der Woche von Montag (0.00 Uhr) bis Sonntag (24.00 Uhr) abzuleisten. Dabei sind folgende Ober- und Untergrenzen für Vollzeitkräfte zu berücksichtigen:

                 

1.    

Die tägliche Arbeitszeit darf 5 Stunden nicht unter- und 10 Stunden nicht überschreiten.

                 

2.    

Die wöchentliche Arbeitszeit darf 28 Stunden nicht unter- und 48 Stunden nicht überschreiten.

                 

3.    

Die monatliche Arbeitszeit darf 139 Stunden nicht unter- und 200 Stunden nicht überschreiten.

                 

Für Teilzeitkräfte gelten die obigen Arbeitszeitgrenzen entsprechend des Verhältnisses der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur Vollzeitarbeit. Davon abweichende Ober- und Untergrenzen können gelten, sofern der/die Arbeitnehmer/in ausdrücklich sein/ihr Einverständnis erklären.

                 

…       

        

§ 4 – Zuschlagspflichtige Tätigkeiten

        

1.    

Mehrarbeit

                 

Mehrarbeit ist zu vermeiden.

                 

Die über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde, ist Mehrarbeit. Diese ist mit dem tariflichen Stundenlohn, zuzüglich 25 % Zuschlag, zu vergüten.

                 

Mehrarbeit kann im Folgequartal in Freizeit oder in Geld abgegolten werden. Hierüber ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin in jedem Einzelfall herzustellen. Freizeit wird im Verhältnis 1:1 gewährt. Die anfallenden Mehrarbeitszuschläge von 25 % werden in Geld bezahlt.“

4

In § 13 MTV ist eine zweistufige Ausschlussfrist geregelt. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ua. innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

5

Die Klägerin leistete von April bis September 2014 über ihre vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus folgende weitere Arbeitsstunden:

        

April:

98,41 Stunden

        

Mai:   

64,41 Stunden

        

Juni: 

57,41 Stunden

        

Juli: 

86,41 Stunden

        

August:

63,20 Stunden

        

September:

82,41 Stunden

6

Die Beklagte vergütete diese zusätzlichen Arbeitsstunden mit dem vereinbarten Stundenlohn. Einen Mehrarbeitszuschlag von 25 % zahlte die Beklagte jedenfalls für die Monate Mai, Juni und August 2014 nicht. Ob die Beklagte an die Klägerin für die Monate April und Juli 2014 für 22,5 bzw. 10,5 Stunden Mehrarbeitszuschläge gezahlt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Für den Monat September 2014 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Mehrarbeitszuschlag für 6,5 Arbeitsstunden.

7

Mit Schreiben vom 29. August 2014, welches der Beklagten am 8. September 2014 zugegangen ist, beanspruchte die Klägerin tarifvertragliche Mehrarbeitszuschläge für alle von April bis Juni 2014 über ihre vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinausgehenden Arbeitsstunden. Mit ihrer im November 2014 erhobenen Klage begehrt die Klägerin tarifliche Mehrarbeitszuschläge für die von ihr im Zeitraum April bis September 2014 geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden abzüglich der bereits für September gezahlten Zuschläge für 6,5 Stunden.

8

Die Klägerin hat gemeint, der tarifvertragliche Mehrarbeitszuschlag sei für jede Arbeitsstunde, die sie über ihre individuell vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von monatlich 97,6 Stunden hinaus leiste, zu zahlen. Außer für 6,5 Stunden im September 2014 habe die Beklagte keine Mehrarbeitszuschläge an sie gezahlt. Die Mehrarbeitszuschläge für April 2014 seien nicht verfallen, da diese nach der tarifvertraglichen Regelung erst nach Ablauf des Quartals fällig gewesen seien.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.057,55 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, eine Auslegung des MTV ergebe, dass Mehrarbeitszuschläge nur für die Arbeitsstunden zu zahlen seien, die die tarifvertragliche monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers von 173,5 Stunden überstiegen. Die danach begründeten Mehrarbeitszuschläge für die Monate April, Juli und September 2014 habe die Beklagte an die Klägerin ausgezahlt. Der von der Klägerin für den Monat April 2014 geforderte Mehrarbeitszuschlag sei Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig gewesen und mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen und die Beklagte lediglich zur Zahlung von 24,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen als Zuschlag für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 verurteilt. Hinsichtlich dieses Teils ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrten tarifvertraglichen Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden, die nur ihre individuell vereinbarte monatliche Arbeitszeit übersteigen. Dies ergibt eine Auslegung von § 4 Nr. 1 MTV(dazu I.). Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden der Klägerin im April 2014, die die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, sind mangels rechtzeitiger Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen(dazu II.).

13

I. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

14

1. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 14 mwN).

15

2. Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (BAG 2. November 2016 - 10 AZR 615/15 - Rn. 15 mwN).

16

3. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sind Mehrarbeitszuschläge nach § 4 Nr. 1 MTV nur für Arbeitsstunden zu zahlen, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, nicht aber schon für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin hinausgehen.

17

a) Der Begriff „Mehrarbeit“ der tarifvertraglichen Regelung hat für sich betrachtet keinen hinreichend konkreten Regelungsgehalt. Soweit man aus dem Wortlaut etwas ableiten kann, spricht dies allerdings eher für ein Verständnis, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

18

aa) Nach § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV ist „Mehrarbeit“ die „über die regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit, die nicht innerhalb des Quartals mit Freizeit ausgeglichen wurde“. Diese Definition lässt offen, ob die „regelmäßige“ Arbeitszeit individuell oder betrieblich zu verstehen ist. Zwar kann die Bezeichnung von Arbeitszeit als „regelmäßig“ in einem Tarifvertrag darauf hindeuten, dass es um die dort geregelte Arbeitszeit geht, die Vollzeitarbeitnehmer betrifft. Allerdings folgt auch die einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten „Regelungen“, wie sie die Vertragsparteien getroffen haben.

19

bb) Der Begriff der „Mehrarbeit“ wird weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im juristischen Bereich in klarer Abgrenzung gegenüber dem Begriff der „Überstunden“ verwendet. Ein allgemein gültiges Begriffsverständnis des Inhalts, dass mit „Mehrarbeit“ stets nur Arbeitsstunden bezeichnet werden, die über die im Betrieb übliche Arbeitszeit hinaus geleistet werden, während sich „Überstunden“ auf das Überschreiten der individuellen Arbeitszeit beziehen, besteht nicht.

20

(1) Dies zeigen schon § 7 Abs. 6 und 7 TVöD-AT bzw. TV-L. Dort wird der Begriff „Mehrarbeit“ gerade umgekehrt auf ein Überschreiten der individuellen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten bezogen und der Begriff „Überstunden“ an der Arbeitszeit von Vollbeschäftigten gemessen. Auch in dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag wird in § 3 Abs. 4 betreffend das Weisungsrecht von Vorgesetzten der Begriff „Mehrarbeit“ offenkundig mit dem Überschreiten der individuellen Arbeitszeit in Verbindung gebracht.

21

(2) Demgegenüber wird in der Rechtsprechung verschiedentlich Mehrarbeit „nach dem arbeitsrechtlichen Sprachgebrauch“ bzw. „nach der herkömmlichen arbeitsrechtlichen Begriffsverwendung“ nicht auf individuelle Vereinbarungen bezogen, sondern als die Arbeit angesehen, die über die gesetzliche Arbeitszeit hinausgeht (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - Rn. 21; 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa (1) der Gründe, BAGE 104, 73). Aber selbst im arbeitsrechtlichen Schrifttum werden die Begriffe „Mehrarbeit“ und „Überstunden“ nicht klar voneinander getrennt (vgl. ErfK/Wank 17. Aufl. § 3 ArbZG Rn. 23).

22

(3) Soweit der Begriff „Mehrarbeit“ in gesetzlichen Regelungen verwendet wird, bezieht er sich allerdings durchweg nicht auf das Überschreiten einer individuell vereinbarten Arbeitszeit, sondern auf die regelmäßige betriebliche oder gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 MuSchG, § 21 Abs. 2 iVm. § 8 JArbSchG sowie den bis 30. Juni 1994 geltenden § 15 AZO). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den in § 124 SGB IX(vgl. 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - zu A II 1 b aa der Gründe, BAGE 104, 73) und in § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG (vgl. BAG 7. Februar 1985 - 6 AZR 370/82 -) verwendeten Begriff „Mehrarbeit“.

23

b) Der Begriff „regelmäßige Arbeitszeit“ spricht nach Wortlaut und seiner systematischen Verwendung im MTV bereits deutlich für eine Auslegung, wonach „Mehrarbeit“ nur die Arbeitsstunden betrifft, die über die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgehen.

24

Zwar ist in § 3 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV, der die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten regelt, von der „durchschnittlichen Arbeitszeit“ die Rede und nicht - wie in § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 MTV, der zuschlagpflichtige Mehrarbeit betrifft - von der „regelmäßigen Arbeitszeit“. Darin liegt aber kein inhaltlicher Unterschied. Die Begriffe „durchschnittlich“ und „regelmäßig“ werden im MTV synonym verwendet. Dies zeigt § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 MTV, der von einer „regelmäßigen 40-Stunden-Woche“ spricht. Die dort geregelte Arbeitszeitverkürzung wird für Teilzeitbeschäftigte in § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV aus einer Gegenüberstellung der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten Arbeitszeit“ eines Teilzeitbeschäftigten mit der „regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit“ gebildet. Dies spricht für das Verständnis, wonach mit „regelmäßiger Arbeitszeit“ - auch im Sinne von § 4 Nr. 1 MTV - die betriebliche Arbeitszeit (eines Vollzeitbeschäftigten) gemäß § 3 MTV gemeint ist.

25

c) Die übrige Systematik der tarifvertraglichen Regelung macht deutlich, dass die „regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“ iSv. § 4 Nr. 1 MTV die betriebliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers meint und nicht die individuelle Arbeitszeit eines Teilzeitarbeitnehmers.

26

Der MTV beinhaltet eine Reihe von Sonderregelungen für Teilzeitbeschäftigte (vgl. § 3 Nr. 1 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit bis 31. Dezember 2014), § 3 Nr. 2 Abs. 3 MTV (durchschnittliche Arbeitszeit ab 1. Januar 2015), § 3 Nr. 3 Abs. 1 Satz 6 MTV (Arbeitszeitverkürzung für Teilzeitbeschäftigte), § 5 Nr. 4 Abs. 2 MTV (Entgeltfortzahlung), § 5 Nr. 5 Abs. 2 MTV (regelmäßiges Monatseinkommen), § 8 Nr. 13 Abs. 3 Satz 2 MTV (zusätzliches Urlaubsgeld), § 10 Abs. 2 MTV (Jahressonderzuwendung)). Bezüglich der Zuschlagpflicht von Mehrarbeit gemäß § 4 Nr. 1 MTV fehlt eine solche Sonderregel für Teilzeitbeschäftigte. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien, die die besondere Stellung von Teilzeitarbeitnehmern im Übrigen vielfältig bedacht haben, für die Zuschlagpflicht von Mehrarbeitsstunden keine Veranlassung sahen, eine Stundengrenze abweichend von der für Vollzeitarbeitnehmer zu schaffen. Soweit im MTV besondere Regelungen für Teilzeitarbeitnehmer getroffen sind, wird dort ferner durchweg von der „vereinbarten“ oder der „tatsächlich geleisteten, mindestens aber der vereinbarten“ Arbeitszeit gesprochen. Diese Systematik unterstreicht, dass der Wortlaut von § 4 Nr. 1 MTV („regelmäßige quartalsmäßige Arbeitszeit“) nicht auf die mit Teilzeitbeschäftigten vereinbarte Arbeitszeit bezogen ist.

27

d) Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.

28

aa) Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge allein davon abhängig macht, dass über ein bestimmtes Tages- oder Wochenarbeitsvolumen oder das Monatssoll hinaus gearbeitet wurde, bezweckt regelmäßig, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 358/10 - Rn. 26; 27. August 2008 - 5 AZR 647/07 - Rn. 12 mwN). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthält, dass andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen. Ohne solche Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den Tarifvertragsparteien darum geht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 1 der Gründe; 20. Juni 1995 - 3 AZR 684/93 - zu II 2 b der Gründe). Auf die Frage, welcher Zweck typischerweise mit einer Tarifregelung verfolgt wird, kann es jedoch nicht ankommen, wenn bei mehreren denkbaren Zwecken der von den Tarifvertragsparteien gewollte Zweck durch Tarifauslegung ermittelt werden kann. Dann ist allein dieser Zweck maßgebend, weil er Inhalt der durch die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) geschützten kollektiven Regelung geworden ist (BAG 25. Juli 1996 - 6 AZR 138/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 83, 327).

29

bb) Die tarifvertragliche Regelung benennt selbst nicht unmittelbar den Zweck der Mehrarbeitszuschläge. Zwar kann § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 MTV - wonach Mehrarbeit zu vermeiden ist - für das häufig von Gewerkschaftsseite verfolgte arbeitsmarktpolitische Ziel der Verteilung der Arbeit auf Arbeitslose und der Sicherung von Arbeitsplätzen sprechen. Dies könnte darauf hindeuten, dass Regelungszweck die Zuschlagpflicht für alle Arbeitsstunden ist, die die individuell vereinbarte Arbeitszeit übersteigen. Die Bestimmung kann aber auch so verstanden werden, dass Mehrarbeit wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen zu vermeiden ist. Insoweit würde ein systematischer Zusammenhang mit der Regelung von Zuschlägen für Nachtarbeit in § 4 Nr. 2 MTV bestehen, die eine vom Gesetzgeber als gesundheitlich belastende Tätigkeit betrifft(vgl. § 1 Nr. 1 iVm. § 6 ArbZG). Dann wäre Anknüpfungspunkt der Zuschläge das Übersteigen einer bestimmten Arbeitszeitdauer, die für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte nicht unterschiedlich zu beurteilen wäre. Demgegenüber könnten die ebenfalls in § 4 MTV geregelten Zuschläge für Arbeit an Feiertagen(§ 4 Nr. 3 MTV)und an Sonntagen (§ 4 Nr. 4 MTV) für den Schutz des individuellen Freizeitbereichs sprechen, wenngleich sie aber auch den Ausgleich von Erschwernissen für Arbeit zu ungünstigen Zeiten betreffen (vgl. BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 28).

30

cc) Die quartalsbezogene Betrachtung und Ausgleichsmöglichkeit in § 4 Nr. 1 MTV zeigt aber deutlich, dass die tarifvertragliche Regelung nicht den Schutz des individuellen Freizeitbereichs bezweckt. Eingriffe des Arbeitgebers in den individuellen Freizeitbereich des Arbeitnehmers können ggfs. ohne Mehrarbeitszuschläge dadurch kompensiert werden, dass der Arbeitnehmer in anderen Zeiträumen Freizeit erhält, ohne darüber selbst - etwa im Rahmen eines Arbeitszeitkontos - bestimmen zu können. Damit verbleibt es bei dem regelmäßigen Zweck eines Mehrarbeitszuschlags, durch das zusätzliche Entgelt eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Dieser Zweck verlangt einen finanziellen Ausgleich erst dann, wenn die Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten wird.

31

dd) Soweit die Klägerin meint, mit dem Zuschlag könne kein Ausgleich für die besondere mit der Mehrarbeit verbundene Arbeitsbelastung bezweckt werden, da in § 4 Nr. 1 MTV an das Quartal und nicht die arbeitstägliche Arbeitszeit oder die Wochenarbeitszeit angeknüpft werde, trifft dies nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht hat auch bei einem Ausgleichszeitraum von einem Monat als Ausgleichszweck eines Mehrarbeitszuschlags die erhöhten Arbeitsbelastungen durch die Mehrarbeit angesehen (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 12; 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 - zu III 2 e der Gründe). Auch mit § 4 Nr. 1 MTV soll eine Dauerbelastung im Zeitraum eines Quartals ausgeglichen werden. Belastungen innerhalb des Quartals, die über die flexible Arbeitszeitgestaltung ausgeglichen werden, sollen demgegenüber nicht zuschlagpflichtig sein. Diese Annahme liegt in der Einschätzungsprärogative und dem Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gefunden haben, unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle. Das Abstellen auf längere Ausgleichszeiträume ist im Übrigen auch dem ArbZG nicht fremd (vgl. bspw. § 3 Satz 2 ArbZG).

32

e) Angesichts des nach Systematik und Zweck der tarifvertraglichen Regelung klaren Auslegungsergebnisses kommt es auf die Entstehungsgeschichte, die dieses bestätigen würde, nicht weiter an. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, die tarifvertragsschließende Gewerkschaft habe bei den letzten Tarifvertragsverhandlungen im Dezember 2011 ohne Erfolg gefordert, dass künftig durch eine neue Formulierung Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitarbeitnehmern schon ab Überschreiten der individuell vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden sollen.

33

4. Das vorstehende Auslegungsergebnis verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 8/03 -; EuGH 15. Dezember 1994 - C-399/92 -). Eine Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist nicht gegeben. Für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden wird für Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet.

34

II. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung weiterer Mehrarbeitszuschläge für Arbeitsstunden zu, die im streitgegenständlichen Zeitraum die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten übersteigen.

35

1. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum nur in den Monaten April, Juli und September 2014 die tarifvertragliche Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers überschritten, nicht aber in den Monaten Mai, Juni und August 2014. Den insoweit für 6,5 Mehrarbeitsstunden im September 2014 geschuldeten und nicht Gegenstand der Klage gewesenen Zuschlag hat die Beklagte an die Klägerin gezahlt. Zur Zahlung eines Zuschlags für 10,5 Mehrarbeitsstunden im Juli 2014 ist die Beklagte vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig verurteilt worden.

36

2. Betreffend 22,5 Mehrarbeitsstunden im April 2014 ist die Klage auf Zahlung eines Zuschlags unbegründet. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ist mangels rechtzeitiger schriftlicher Geltendmachung gemäß § 13 Nr. 1 MTV verfallen.

37

a) Nach § 13 Nr. 1 MTV müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, anderenfalls sind sie ausgeschlossen.

38

b) Das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 29. August 2014, welches auch Mehrarbeitszuschläge für April 2014 betraf, ist erst am 8. September 2014 bei der Beklagten eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs bereits abgelaufen, da der Anspruch bereits Ende Mai 2014 zur Zahlung fällig war.

39

aa) Allerdings sieht die Regelung in § 4 Nr. 1 MTV eine quartalsmäßige Betrachtung und Bezahlung von Mehrarbeit vor. In diesem Fall wäre die schriftliche Geltendmachung rechtzeitig gewesen.

40

bb) Vorliegend haben sich die Parteien aber auf eine von § 4 Nr. 1 MTV abweichende Fälligkeit geeinigt. Mehrarbeitsstunden und deren Zuschläge werden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Beklagten stets am Ende des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt. Der entsprechenden Handhabung der Beklagten hat die Klägerin konkludent zugestimmt, wie ihre eigene auf die einzelnen Monate bezogene Berechnung zeigt. Da der MTV nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme gilt, konnten die Parteien durch konkludente Vereinbarung von einer quartalsmäßigen Betrachtung und Bezahlung absehen. Die einfache Schriftformklausel in § 9 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 17, BAGE 139, 156).

41

cc) Selbst bei unterstellter beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien und normativer Geltung des MTV würde sich nichts anderes ergeben. Die monatliche Betrachtung der Mehrarbeit und die Fälligkeit der Zuschläge am Ende des Folgemonats stellen im Rahmen des gebotenen Sachgruppenvergleichs (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 ff. mwN, BAGE 151, 221) eine Regelung zugunsten der Klägerin iSv. § 4 Abs. 3 TVG dar. Mehrarbeitsstunden eines Monats können - anders als von § 4 Nr. 1 Abs. 1 MTV vorgesehen - nicht mit Freizeit in einem anderen Monat des Quartals unter Fortfall der Zuschläge ausgeglichen werden. Die Klägerin hätte bei einer quartalsmäßigen Betrachtung bspw. im zweiten Quartal 2014 keinerlei Mehrarbeitszuschläge zu beanspruchen, da die von ihr geleisteten 513,03 Arbeitsstunden die Mehrarbeitsgrenze von 520,5 Stunden (3 x 173,5 Stunden) nicht überschritten haben. Ferner führt die monatliche Betrachtungsweise zu einer durchweg früheren Fälligkeit der Ansprüche, was ebenfalls für die Klägerin günstiger ist. Die Ausschlussfrist des § 13 Nr. 1 MTV knüpft allein an die Fälligkeit des Anspruchs an, so dass eine frühere Fälligkeit nur zu einer Verschiebung, nicht aber zu einer Verkürzung der Ausschlussfrist führt. Dabei kann die Klägerin bei der monatlichen Betrachtungsweise in dem Maße, wie die Fälligkeit früher eintritt, auch früher feststellen, ob ihr ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge zusteht.

42

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    Schlünder    

        

        

        

    R. Bicknase    

        

    Rudolph    

                 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. November 2012 - 6 Sa 99/11 - werden zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat 2/5, der Kläger hat 3/5 der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung am 22. Januar 2010 geendet hat.

2

Der Kläger ist bei dem beklagten Land und dessen Rechtsvorgänger seit 1988 als Forstarbeiter (Vorarbeiter) beschäftigt, zuletzt im Bereich des Betreuungsforstamts D. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder aus dem Geltungsbereich des MTW / MTW-O in den TV-Forst und zur Regelung des Übergangsrechts vom 18. Dezember 2007 (TVÜ-Forst) Anwendung. Dieser Tarifvertrag enthält folgende Regelung zur sog. Winterruhe:

        

㤠19

        

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung

        

in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt

                 
        

(1)     

1Das Arbeitsverhältnis gilt in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Ausnahme des Nationalparks Harz ohne besondere Kündigung als beendet, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. 2Sobald die Arbeit wieder aufgenommen werden kann, ist der/die Beschäftigte wieder einzustellen. 3Diese Verpflichtung entfällt, wenn der/die Beschäftigte die Arbeit nach Aufforderung nicht unverzüglich wieder aufnimmt; die Verpflichtung entfällt auch, wenn während der Unterbrechung ein Sachverhalt eintritt, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. 4Die tariflichen Rechte, die bis zur Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses erworben wurden, leben nach der Wiedereinstellung wieder auf. …

        

(2)     

1Die Beschäftigten in den Ländern Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Ausnahme des Nationalparks Harz, deren Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 16. November bis 15. April geendet hat und die bei Wiederaufnahme der Arbeit nach Absatz 1 Satz 2 wieder eingestellt worden sind, erhalten nach einer Wartezeit von 14 Kalendertagen, gerechnet vom Beginn der ersten Arbeitsunterbrechung an, für jeden folgenden Kalendertag in dem Zeitraum, für den ihnen während der Arbeitsunterbrechung Arbeitslosengeld, Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch III und V, Verletztengeld nach dem Sozialgesetzbuch VII zustehen, einen Zuschuss in Höhe von 0,82 Euro.

                 

…“    

3

Mit Schreiben vom 14. Januar 2010, das dem Kläger nach Beendigung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 23. Januar 2010 ausgehändigt wurde, teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis wegen außerordentlicher winterlicher Witterungseinflüsse gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst mit Ablauf des 22. Januar 2010 vorübergehend beendet werde. Der Kläger war zu dieser Zeit Mitglied des Personalrats. Nachdem er Anfang Februar 2010 erfahren hatte, dass von der Anordnung der Winterruhe einige im Bereich des Betreuungsforstamts beschäftigte Kollegen ausgenommen waren, erhob er die vorliegende, am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage. Mit Wirkung zum 1. März 2010 stellte das beklagte Land den Kläger nach § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst wieder ein.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht aufgrund Bedingungseintritts am 22. Januar 2010 beendet worden. Die in § 19 TVÜ-Forst vorgesehene (fristlose) Beendigung von Arbeitsverhältnissen sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Der ihm als Personalratsmitglied zustehende Sonderkündigungsschutz werde umgangen. Auch hätten die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst nicht vorgelegen. Außerdem sei die von dem beklagten Land getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich der von der Winterruhe nicht betroffenen Arbeitnehmer ermessensfehlerhaft. Die Klage sei nicht wegen Versäumung der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG unbegründet. Die Klagefrist sei gewahrt, da sie erst mit seiner Kenntnisnahme von der ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung in Lauf gesetzt worden sei. Die Ermessensfehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung könne außerhalb der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage geltend gemacht werden.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht wegen Winterruhe vom 22. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2010 beendet war.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat behauptet, die extreme Schneelage habe ein Arbeiten in den betroffenen Waldgebieten aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen unmöglich gemacht. Lediglich einige Arbeitnehmer seien im Rahmen eines Notdienstes beschäftigt worden. Ein Einsatz des Klägers im Rahmen der Notdienstarbeiten sei nach Abwägung der betrieblichen und persönlichen Interessen nicht in Betracht gekommen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes vom 14. Januar 2010 nicht bereits zum 22. Januar 2010, sondern erst zum 6. Februar 2010 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers sind unbegründet. Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst geendet hat, allerdings nicht bereits am 22. Januar 2010, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch das beklagte Land über den Zeitpunkt des Eintritts der Winterruhe und damit am 6. Februar 2010.

9

I. Die Klage ist zulässig.

10

1. Es handelt sich entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts um eine Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 TzBfG, auch wenn der Antragswortlaut sich nicht an § 17 Satz 1 TzBfG orientiert. Dies ergibt die Auslegung der Prozesserklärungen des Klägers.

11

a) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 12. November 2013 - 3 AZR 92/12 - Rn. 27 mwN).

12

b) Danach ist das Klagebegehren nicht als allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, sondern als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Dies entspricht dem Klageziel und der wohlverstandenen Interessenlage des Klägers. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei nicht durch den Eintritt der Winterruhe gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst am 22. Januar 2010 beendet worden, da die in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst bestimmte auflösende Bedingung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei und zudem die in der Regelung genannten Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen hätten. Damit beruft sich der Kläger auf die Unwirksamkeit und den Nichteintritt der auflösenden Bedingung. Beides ist nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage, sondern mit einer Bedingungskontrollklage geltend zu machen. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt im Streit steht. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt regelmäßig von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff., 21, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 23; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 12 f.; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 18, BAGE 148, 357; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 13). Hierunter fällt auch der Einwand des Klägers, das beklagte Land habe eine fehlerhafte Auswahlentscheidung hinsichtlich der nicht von der Winterruhe betroffenen Arbeitnehmer getroffen. Damit rügt der Kläger, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, da § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst die getroffene Auswahlentscheidung nicht zulasse.

13

2. Die Bedingungskontrollklage ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er bezeichnet die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung hinreichend genau. Für eine Bedingungskontrollklage bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses (vgl. BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 10 zur Befristungskontrollklage).

14

II. Die Klage ist überwiegend unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst am 6. Februar 2010 geendet. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt als wirksam und eingetreten, da der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes am 23. Januar 2010 Klage erhoben hat. Allerdings ist das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung des beklagten Landes über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts beendet worden.

15

1. § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst regelt eine auflösende Bedingung für das Arbeitsverhältnis. Danach wird das Arbeitsverhältnis bei witterungsbedingter Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nicht suspendiert, sondern rechtlich beendet. Dies ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmung.

16

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 10. Februar 2015 - 3 AZR 904/13 - Rn. 27; 22. Januar 2014 - 7 AZR 243/12 - Rn. 28).

17

b) Bereits die Formulierung in § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst, das Arbeitsverhältnis gelte „ohne besondere Kündigung als beendet“, spricht - ebenso wie die Überschrift von § 19 TVÜ-Forst „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt“ - dafür, dass das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen rechtlich beendet ist und nicht nur ruht. Dieses Verständnis wird durch den Gesamtzusammenhang der tarifvertraglichen Regelung bestätigt. § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst sieht einen Wiedereinstellungsanspruch vor und § 19 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-Forst regelt die Voraussetzungen für die Wiedereinstellung. Bei einer Wiedereinstellung geht es um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur um die Wiederaufnahme der Arbeit nach einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Von diesem Verständnis des Begriffs der Wiedereinstellung geht auch § 19 Abs. 1 TVÜ-Forst aus. Das zeigt die Unterscheidung zwischen der Wiederaufnahme der Arbeit und der Wiedereinstellung in § 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Forst. Zudem hat die Regelung zum Erhalt der tariflichen Rechte in § 19 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Forst nur dann einen Anwendungsbereich, wenn die Winterruhe zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Schließlich entspricht diesem Verständnis auch der mit dieser Bestimmung von den Tarifvertragsparteien verfolgte Zweck, den Arbeitgeber von den witterungsbedingten Vergütungsrisiken zu entlasten und den Arbeitnehmern den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen. Dieser Normzweck schlägt sich in der Wintergeldregelung in § 19 Abs. 2 TVÜ-Forst nieder(vgl. BAG 28. August 1987 - 7 AZR 249/86 - zu I 2 b der Gründe, zu § 62 MTW).

18

2. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten.

19

a) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als wirksam und eingetreten, wenn der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der auflösenden Bedingung und den fehlenden Eintritt der Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat.

20

Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist(grundlegend BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 14; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 19, BAGE 148, 357).

21

b) Der Kläger hat die vorliegende Bedingungskontrollklage nicht rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes erhoben. Die Klagefrist begann mit Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes vom 14. Januar 2010 beim Kläger am 23. Januar 2010 und endete nach Ablauf von drei Wochen am Montag, dem 15. Februar 2010 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO). Die Klage ist erst am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangen.

22

c) Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage liegen nicht vor.

23

aa) War ein Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Bedingungskontrollklage innerhalb von drei Wochen zu erheben, so ist nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 KSchG ist mit dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung die Klageerhebung zu verbinden. Der Antrag kann gemäß §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr gestellt werden.

24

bb) Danach kommt eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage nicht in Betracht. Der Kläger hat keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage gestellt. Selbst wenn seine Erklärung im Schriftsatz vom 1. August 2012, ihm müsse schon von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, als ein solcher Antrag auszulegen wäre, hätte der Antrag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gestellt werden können. Die Frist nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG war bereits am 15. August 2010 abgelaufen. Die Frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist eine absolute Frist, in die der Säumige auch nach § 233 ZPO nicht wieder eingesetzt werden kann(BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 24, BAGE 133, 149).

25

d) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es nicht, die auflösende Bedingung als eingetreten anzusehen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz (vgl. dazu BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - Rn. 81, BVerfGE 131, 20; 14. Januar 1987 - 1 BvR 1052/79 - BVerfGE 74, 129, 154; BAG 23. März 2006 - 2 AZR 343/05 - Rn. 33, BAGE 117, 281; 18. Januar 2001 - 2 AZR 616/99 - zu II 3 d der Gründe) liegen nicht vor. Die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG galten zwar nach der früheren Rechtsprechung des Senats (BAG 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 111, 148; 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 2 b bb der Gründe; 18. Oktober 2006 - 7 AZR 662/05 - Rn. 20; 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 12, 15) nicht für Streitigkeiten über den Eintritt auflösender Bedingungen. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch Urteil vom 6. April 2011 (- 7 AZR 704/09 - BAGE 137, 292) und damit nach dem hier streitigen Eintritt der auflösenden Bedingung geändert. Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der früheren Rechtsprechung des Senats entstehen konnte. Jedenfalls hat der Kläger nicht geltend gemacht, die Klagefrist im Vertrauen auf diese Rechtsprechung versäumt zu haben. Davon kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger sich nicht nur auf den Nichteintritt der auflösenden Bedingung, sondern auch auf deren Unwirksamkeit berufen hat.

26

3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst am 6. Februar 2010 geendet.

27

a) Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis deshalb erst mit Ablauf der Zweiwochenfrist. Das Arbeitsverhältnis wird bis dahin fortgesetzt, ohne dass ein Fall von §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 67).

28

b) Dies gilt entgegen der Ansicht des beklagten Landes auch für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der Winterruhe nach § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst.

29

aa) § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst sieht zwar vor, dass das Arbeitsverhältnis bereits dann als beendet gilt, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 TzBfG ist jedoch nach § 22 TzBfG zwingend. Zu Ungunsten des Arbeitnehmers darf von dieser Vorschrift auch durch Tarifvertrag nicht abgewichen werden.

30

bb) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ist eine Abweichung von § 15 Abs. 2 TzBfG zu Ungunsten des Arbeitnehmers auch dann nicht zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis nur vorübergehend beendet wird, weil der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die Wiedereinstellung verlangen kann. Die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen der dauerhaften und der vorübergehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Gesetzeszweck. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/4374 S. 20) soll die Auslauffrist dem Arbeitnehmer Zeit geben, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, insbesondere einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Dieser Gesetzeszweck kommt auch dann zum Tragen, wenn dem Arbeitnehmer - wie nach § 19 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Forst - zu einem späteren Zeitpunkt ein Wiedereinstellungsanspruch zusteht. Auch in diesem Fall ermöglicht es die Auslauffrist dem Arbeitnehmer, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, indem er sich arbeitslos meldet oder zur Sicherung seines Lebensunterhalts einen anderen Arbeitsplatz für die Dauer der Winterruhe sucht.

31

cc) Das beklagte Land beruft sich ohne Erfolg auf den Normzweck des § 19 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Forst. Die Regelung dient vorrangig dazu, den Arbeitgeber von dem Risiko zu entlasten, Arbeitnehmer vergüten zu müssen, die er witterungsbedingt nicht einsetzen kann. Dieser Zweck wird auch bei Einhaltung der Frist des § 15 Abs. 2 TzBfG erreicht. Den Arbeitgeber trifft lediglich für die Dauer von zwei Wochen das Risiko der Entgeltzahlung ohne Gegenleistung; für die darüber hinausgehende Zeit ist er von diesem Risiko befreit.

32

dd) Aus der Entscheidung des Senats vom 28. August 1987 (- 7 AZR 249/86 -) kann das beklagte Land nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Entscheidung erging vor dem Inkrafttreten des TzBfG.

33

c) Danach endete das Arbeitsverhältnis nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes beim Kläger. Die Mitteilung des beklagten Landes ging dem Kläger am 23. Januar 2010 zu. Das Arbeitsverhältnis endete daher mit Ablauf des 6. Februar 2010. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung des beklagten Landes Bedingungskontrollklage erhoben hat. Die Klagefrist und die Fiktion nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gelten nicht für die Einhaltung der Auslauffrist des § 15 Abs. 2 TzBfG(BAG 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 2 b bb der Gründe). § 15 Abs. 2 TzBfG regelt keinen Unwirksamkeitsgrund für die auflösende Bedingung, vielmehr wird das vereinbarte Vertragsende durch die gesetzliche Anordnung modifiziert.

34

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Jacobi    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2010 - 9 Sa 428/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Gas- und Stromkosten iHv. 25 vH freizustellen.

2

Der im Dezember 1948 geborene Kläger war seit dem 1. März 1976 bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (im Folgenden: WSW AG) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ua. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen; daneben fanden die für die Angestellten des Arbeitgebers geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen Anwendung.

3

Am 26. September 1975 hatte der damalige Vorstand der WSW AG eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen erlassen. Diese Vorstandsverfügung bestimmte auszugsweise:

        

„Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975

        

Betrifft : Werkstarif

        

0       

Bezugsberechtigte

                 

00    

Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:

                          

000     

vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,

                          

001     

ehemaligen Betriebsangehörigen,

                          

002     

Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,

                          

…       

        
        

1       

Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:

                 

10    

der eigene Haushalt,

                 

11    

die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den WSW / BEV bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der

                          

110     

Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,

                          

111     

ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5 Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,

                 

12    

der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.

        

…       

        
        

3       

Wohnen außerhalb des Versorgungsbereichs der WSW

                 

Bezugsberechtigte, die nicht im Versorgungsbereich der WSW wohnen, erhalten - sofern ihr Verbrauch an elektrischer Energie und Gas von ihrem Versorgungsunternehmen im Währungsgebiet der Deutschen Mark zu einem höheren Preis abgerechnet wird, als er nach dem Werkstarif zur Verrechnung kommen würde - den Unterschiedsbetrag zwischen dem von ihnen bezahlten Rechnungsbetrag und dem nach dem Werkstarif zu verrechnenden Betrag erstattet.

        

…       

        
        

5       

Tarife

                 

Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.

        

6       

Besitzstand

                 

Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.

        

7       

Kündigung

                 

Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden.

        

8       

Die Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 (alte Fassung) wird am 31.12.1975 ungültig.“

4

Ab dem 1. Januar 2005 fand auf das Arbeitsverhältnis des Klägers der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Dieser bestimmt in § 2 Abs. 1:

        

„Der Arbeitsvertrag wird schriftlich unter Angabe der Entgeltgruppe abgeschlossen. Nebenabreden sind schriftlich zu vereinbaren.“

5

Im Jahr 2007 wurden die mit der Erstellung zentraler Dienstleistungen befassten Organisationseinheiten der WSW AG abgespalten und im Wege der Aufnahme nach §§ 123 ff. UmwG auf die Beklagte übertragen. Diese ist weder Erzeuger noch Lieferant von Strom und Gas. Im Zuge der zum 1. Januar 2007 erfolgten Umwandlung wies die WSW AG den Kläger darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergehen und diese in seinen Arbeitsvertrag eintreten werde.

6

Im Zuge der Umstrukturierung der WSW AG schlossen die WSW AG und die der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte zählt, einerseits und die Gewerkschaft ver.di andererseits den Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der WSW Unternehmensgruppe vom 10. November 2006 (im Folgenden: TV-SR). Dieser bestimmt ua.:

        

Präambel

        

Die Wuppertaler Stadtwerke AG, ein einheitliches und sich mehrheitlich im Eigentum der Stadt Wuppertal befindliches Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, wird durch eine grundlegende Umstrukturierung in mehrere Unternehmen geteilt. Dieser Tarifvertrag wird zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der WSW-Unternehmensgruppe abgeschlossen.

                 
        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten der diesen Tarifvertrag abschließenden oder beitretenden Unternehmen, sofern der Geltungsbereich für einzelne Regelungen dieses Tarifvertrages nachstehend nicht abweichend festgelegt wird.

        

(2) Der § 4 I dieses Tarifvertrages gilt nur für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 2 III.

        

(3) Der Tarifvertrag bindet und verpflichtet die ihn abschließenden und die ihm beitretenden Unternehmen und Parteien.

        

§ 2     

        

Definitionen

        

(1) Der Begriff ‚WSW-Unternehmensgruppe’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint folgende bestehende, sich in Gründung befindliche bzw. zu gründende Unternehmen:

        

WSW Holding GmbH (Arbeitstitel),

        

WSW Verkehr GmbH (Arbeitstitel),

        

Wuppertaler Stadtwerke AG und die

        

WSW Netz GmbH.

        

(2) ‚Stichtag’ im Sinne dieses Tarifvertrages ist:

        

       

für die WSW Holding GmbH und die WSW Verkehr GmbH der Tag, an dem die ersten Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wuppertaler Stadtwerke AG durch Betriebsübergang auf eines der beiden Unternehmen übergehen.

        

       

für die Wuppertaler Stadtwerke AG der Tag, auf den der spätere der beiden oben genannten Stichtage fällt.

        

(3) Der Begriff ‚heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die

        

       

am jeweiligen Stichtag in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen werden und

        

       

am Vortag des oben genannten Stichtages in einem Arbeitsverhältnis mit der Wuppertaler Stadtwerke AG standen.

        

Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind ausgeschlossen.

        

§ 3     

        

Tarifbindung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe führen die bei der Wuppertaler Stadtwerke AG am Vortag des Stichtages geltenden Tarifverträge - ausdrücklich einschließlich des Tarifvertrages ‚Tarifvertrag vom 17. Januar 2005 zur Einführung des TV-V bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (WSW AG)’ - in ihrer jeweils gültigen Fassung weiter und erklären ihren Willen, den Abschluss identischer Tarifverträge beim Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen zu beantragen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erklärt sich schon jetzt zum Abschluss dieser Tarifverträge bereit.

        

(2) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen beantragen, sofern dadurch die Regelungen in Absatz 1 keine Einschränkungen erfahren.

        

§ 4     

        

Kündigungsschutz

        

(1) Der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen ist gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bis zum 31.12.2020 unzulässig. Ausnahmsweise ist der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jedoch auch innerhalb des Zeitraums bis zum 31.12.2020 zulässig, wenn sich die jeweilige betriebliche Geschäftsgrundlage (durch z. B. drohenden Verlust von Leistungen, Genehmigungen oder Aufträgen) so ändert, dass das jeweilige Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe zu Maßnahmen greifen muss, die es zur Anzeige gemäß § 17 I KSchG verpflichtet.

        

…       

        

§ 5     

        

Materielle Sicherung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten zum Stichtag in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG bestehenden und im Zuge des Betriebsübergangs jeweils auf die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe übergegangenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein. Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung der Eingruppierung und Einstufung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und keine Streichung von Entgeltbestandteilen und auch keine andere Veränderung des derzeitigen Entgelts vorgenommen.

        

(2) Die zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen werden für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag ihr Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe beginnen, werden die bis zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen bis zu einer Neuregelung in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt.

        

§ 6     

        

Immaterielle Sicherung

        

Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung des Tätigkeitsbereichs, des Arbeitsinhaltes und des Arbeitsortes der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgenommen. Eventuelle spätere Veränderungen in den vorgenannten Bereichen erfolgen auf der Grundlage der dann in dem jeweiligen Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe geltenden Regelwerke.

        

§ 7     

        

Betriebsvereinbarungen

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG geltenden Betriebsvereinbarungen ein.

        

…       

        

§ 8     

        

Zusatzversorgung

        

Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Ansprüche aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 18 TV-V, auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) oder des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) in ihrer jeweils geltenden Fassung, erfüllen.“

7

Am 24. September 2007 beschlossen der Vorstand der WSW AG und die Geschäftsführungen der Beklagten und der WSW mobil GmbH, dass künftig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der WSW-Unternehmensgruppe angestellt werden, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ab dem 1. Oktober 2007 ihr Arbeitsverhältnis beenden und anschließend in den Ruhestand wechseln, Energierabatte iHv. 15 vH erhalten, wenn die Energie von der WSW AG bezogen wird.

8

Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und befindet sich seit dem 1. Januar 2009 im Ruhestand. Bis zum 31. Dezember 2008 gewährte ihm die Beklagte einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH; seit dem 1. Januar 2009 erhält er nur noch einen Rabatt iHv. 15 vH.

9

Gegen diese Absenkung des Energiekostenrabatts hat sich der Kläger gewandt und von der Beklagten weiterhin die Freistellung von den abgerechneten Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH begehrt.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe aufgrund betrieblicher Übung ein Energiekostenrabatt für Strom und Gas iHv. 25 vH zu. Der Entstehung einer betrieblichen Übung stehe das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT und des § 2 Abs. 1 Satz 2 TV-V nicht entgegen. Bei der Vereinbarung des Personalrabatts handele es sich nicht um eine Nebenabrede. Die Zusage übertariflicher Sonderleistungen gehöre zu den vertraglichen Hauptpflichten. Im Übrigen stelle sich die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform als unzulässige Rechtsausübung dar. Die Vorstandsverfügung vom 26. September 1975 stehe der Begründung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung nicht entgegen. Diese Verfügung sei ihm nicht bekannt. Im Übrigen sei ihm gegenüber ein Widerruf nicht erklärt worden. Schließlich stehe ihm der Anspruch auch aufgrund § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR zu.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn von Forderungen der Wuppertaler Stadtwerke AG freizustellen, soweit diese vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 mehr als 75 % der gemessenen Energiekosten (Gas und Strom) gegenüber ihm abgerechnet hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn auf Lebenszeit, nach seinem Tod seine Witwe auf Lebenszeit, in Höhe von 25 % von den Kosten der Energielieferung (Gas und Strom) durch die WSW AG oder einen Nachfolge-Versorgungsbetrieb freizustellen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Energiepreisvergünstigung von 25 % entsprechend den bisherigen Bedingungen bei der Energielieferung durch die WSW AG zu gewähren.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht mit den Hauptanträgen entsprochen. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn auf Lebenszeit und ggf. nach seinem Tod seine Witwe auf deren Lebenszeit - jedenfalls für die Dauer ihres Witwenstands - von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH der anfallenden Kosten freistellt.

15

I. Die Klage ist zulässig.

16

1. Die Hauptanträge bedürfen der Auslegung.

17

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat vielmehr den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25, EzTöD 650 TV-Ärzte/VKA § 16 Entgeltgruppe III Nr. 13; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, WM 2003, 1919).

18

b) Mit den Hauptanträgen begehrt der Kläger trotz der Formulierung als (unbezifferte) Leistungsanträge die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 (Hauptantrag zu 1) und für die Zeit ab dem 1. November 2009 bis zu seinem Tod sowie ggf. für die Dauer des Witwenstands seiner Ehefrau (Hauptantrag zu 2) freizustellen. Dieses Verständnis seiner Anträge hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.

19

2. In dieser Auslegung sind die Hauptanträge zulässig.

20

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Klage muss sich dabei nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen. Es reicht, wenn sie sich auf einzelne sich daraus ergebende Rechte oder Folgen beschränkt, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 14).

21

b) Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihn von den Forderungen der WSW AG oder eines Nachfolge-Versorgungsunternehmens aus dem Bezug von Strom und Gas iHv. 25 vH der tatsächlich angefallenen Kosten in der Zeit ab dem 1. Januar 2009 freizustellen. Hierbei handelt es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Da die Beklagte die vom Kläger begehrte Freistellungsverpflichtung leugnet, steht dem Kläger auch ein Feststellungsinteresse zur Seite. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 286/09 - Rn. 17; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11). Dies ist hier der Fall.

22

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 TV-SR Anspruch auf die begehrte Freistellung von den Kosten für Strom und Gas. Bis zum 1. Januar 2007 gewährte die WSW AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten allen Arbeitnehmern, die in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt des Versorgungsfalls in einem Arbeitsverhältnis zu ihr standen, auch für die Dauer des Ruhestands und darüber hinaus nach ihrem Tod deren Witwen einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH der gemessenen Verbrauchskosten für Strom und Gas. Hierbei handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung iSv. § 5 Abs. 2 TV-SR. Nach dieser Tarifbestimmung ist es unerheblich, ob auf deren Gewährung in der Vergangenheit ein Rechtsanspruch bestanden hat. Entscheidend ist allein die tatsächliche Gewährung. Es kann deshalb dahinstehen, ob bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine betriebliche Übung auf die Gewährung eines Energiekostenrabatts entstanden ist.

23

1. Der TV-SR ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anzuwenden. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 10. Februar 1976 finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die für Angestellte des Arbeitgebers geltenden Tarifverträge Anwendung. Hierzu zählt auch der TV-SR. Dieser gilt nach § 2 Abs. 1 TV-SR für die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte gehört.

24

2. § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR erfasst auch den von der WSW AG an ihre Mitarbeiter und Betriebsrentner gewährten Energiekostenrabatt als betriebliche Sozialleistung. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

25

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 236/11 - Rn. 12; 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08 - Rn. 18; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe mwN, BAGE 113, 291).

26

b) Danach erfasst § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten spätestens seit 1975 tatsächlich gewährten Energiekostenrabatt, ohne dass es darauf ankäme, ob hierauf ein Rechtsanspruch, etwa in Gestalt einer betrieblichen Übung, bestanden hat.

27

aa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR. Danach werden die von der WSW AG zum Vortag des Stichtags gewährten betrieblichen Sozialleistungen für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, somit auch im Unternehmen der Beklagten, fortgeführt.

28

Bei dem Energiekostenrabatt handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung. Diese soll nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR „heutigen“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von der Beklagten weitergewährt werden. Nach der Definition in § 2 Abs. 3 TV-SR sind heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am Stichtag(§ 2 Abs. 2 TV-SR), dem 1. Januar 2007, in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen und am Vortrag des Stichtags, dem 31. Dezember 2006, in einem Arbeitsverhältnis mit der WSW AG gestanden haben. Diese Arbeitnehmer sollen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR den Energiekostenrabatt auch weiterhin erhalten. Davon zu unterscheiden sind diejenigen Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag in ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe eintreten. Diesen Arbeitnehmern werden die bis zum Stichtag gewährten Sozialleistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR nur bis zu einer Neuregelung in der WSW-Unternehmensgruppe weiter gewährt. Die „heutigen“ Arbeitnehmer mussten nach der Tarifbestimmung nicht mit einer Neuregelung rechnen. Da der Energiekostenrabatt von der WSW AG nicht nur während des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Ruhestand gewährt wurde, ist der Rabatt den „heutigen“ Arbeitnehmern auch dann weiterzugewähren, wenn sie in den Ruhestand treten.

29

Nach dem Tarifwortlaut kommt es für die Weitergewährung der betrieblichen Sozialleistung nicht darauf an, ob hierauf ein Rechtsanspruch bestand. Mit der Formulierung „gewährte betriebliche Sozialleistungen“ haben die Tarifvertragsparteien allein darauf abgestellt, dass die Sozialleistung von der WSW AG tatsächlich erbracht wurde.

30

bb) Für diese Auslegung sprechen auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen und ihr Sinn und Zweck.

31

Der TV-SR dient nach seiner Präambel der Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmer im Zuge der grundlegenden Umstrukturierung der WSW AG und der damit verbundenen Schaffung der WSW-Unternehmensgruppe. Diese Sicherung soll nach § 4 TV-SR den kündigungsrechtlichen Bestandsschutz gewährleisten und nach § 5 Abs. 1 TV-SR die Sicherung des Arbeitsentgelts einschließlich der Eingruppierung und Einstufung umfassen. Durch § 5 Abs. 2 TV-SR sollen die gewährten betrieblichen Sozialleistungen gesichert werden und mit § 6 TV-SR werden die bisherigen Tätigkeitsbereiche, Arbeitsinhalte und Arbeitsorte weitgehend gegen Veränderungen geschützt. Schließlich enthält § 8 TV-SR Regelungen zur zusätzlichen Altersversorgung. Die tarifliche Regelung bezweckt damit, wie sich etwa aus § 6 TV-SR ergibt, eine über den Schutz aus § 613a BGB hinausgehende Absicherung der von der Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmer. Diesen sollten ihre bisherigen (Rechts-)Positionen und die ihnen tatsächlich gewährten Leistungen erhalten bleiben und durch den Tarifvertrag rechtlich abgesichert werden. Zu diesen tatsächlich gewährten Leistungen gehört auch der Energiekostenrabatt, der auch im Ruhestand weitergewährt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien bei den gewährten betrieblichen Sozialleistungen zwischen Leistungen an aktive Arbeitnehmer und an Versorgungsempfänger unterschieden haben, sind nicht ersichtlich. Ob auf den Energiekostenrabatt bereits gegenüber der WSW AG ein Rechtsanspruch - ggf. aus betrieblicher Übung - bestand, ist daher ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Beklagte selbst weder Gas noch Strom produziert oder liefert.

32

c) Der Kläger kann daher von der Beklagten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch während seines Ruhestands, nach seinem Tod seine Witwe für die Dauer des Witwenstands, Freistellung von den anfallenden Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH verlangen. Er stand am 1. Januar 2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe. Am Vortrag dieses Stichtags war er Arbeitnehmer der WSW AG. Somit erfüllt er die tariflichen Voraussetzungen für die Weitergewährung des Energiekostenrabatts in der bisherigen Höhe.

33

III. Der Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an, denn er ist erkennbar nur für den Fall der Abweisung der Hauptanträge gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

34

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Lohre     

        

    C. Reiter     

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Februar 2011 - 8 Sa 1317/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ein Zinsanspruch aus 1.470,22 Euro erst seit dem 10. April 2010 besteht.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung einer Jahressonderzahlung für das Jahr 2009.

2

Die Klägerin trat im Jahr 2000 in die Dienste der Beklagten, die ein Altenwohnzentrum betreibt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die für die AWO-Gruppe Weser-Ems geltenden Tarifverträge Anwendung. Der Manteltarifvertrag vom 11. September 2006 (MTV) enthält unter § 19 folgende Regelung:

        

„(1)   

Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

        

(2)     

Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten,

                          

in den Entgeltgruppen X - X

90 vH,

                          

in den Entgeltgruppen X - X

80 vH und

                          

in den Entgeltgruppen X - X

60 vH 

                 

des der/dem Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts; unberücksichtigt bleiben hierbei das zusätzlich für Überstunden gezahlte Entgelt (mit Ausnahme der im Dienstplan vorgesehenen Überstunden), Leistungszulagen, Leistungs- und Erfolgsprämien. Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30. September begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses. …“

3

Gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 MTV wird die Jahressonderzahlung mit dem Tabellenentgelt für November ausbezahlt.

4

Gleichzeitig schlossen die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zum Ausgleich des strukturellen Defizits der Unternehmensgruppe des ehemaligen AWO-Bezirksverbandes Weser-Ems (im Folgenden: TV AstD). Nach dessen § 2 wird § 19 MTV außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig regelt § 3 TV AstD Ausgleichsleistungen für ver.di-Mitglieder. Diesen Tarifvertrag, dessen Nachwirkung in § 12 Abs. 2 TV AstD ausgeschlossen war, kündigte die Gewerkschaft ver.di zum 30. Juni 2009.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 19 Abs. 1 MTV gewähre ihr wie allen Beschäftigten dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Die Höhe des Anspruchs betrage gemäß § 19 Abs. 2 MTV mindestens 60 vH des durchschnittlichen monatlichen Entgelts.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.470,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Eintritt der Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, § 19 MTV stelle eine unvollständige Regelung dar und gewähre keinerlei Ansprüche. Die Vorschrift enthalte zwei Regelungslücken. Sie regele weder die Zuordnung der jeweiligen Vomhundertsätze zu Entgeltgruppen noch sehe sie überhaupt für irgendeine Entgeltgruppe einen Sonderzahlungsanspruch vor. Den Gerichten sei es verwehrt, diese zwei offenkundig bewussten Regelungslücken auszufüllen. Zudem seien einige Gesellschaften der AWO-Gruppe finanziell nicht imstande, eine Sonderzahlung zu leisten.

8

Die Vorinstanzen haben, soweit von Interesse, nach dem Klageantrag erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden.

10

A. Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Jahressonderzahlung iHv. 60 vH des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts der Monate Juli bis September 2009 (zu Ziff. I). § 19 MTV ist durch § 2 TV AstD nicht außer Kraft gesetzt worden(zu Ziff. II). Der Anspruch besteht ungekürzt (zu Ziff. III). Zinsen sind allerdings erst ab dem Tag zu zahlen, der auf den Tag der Zustellung der Klage folgt (zu Ziff. IV).

11

I. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin eine Jahressonderzahlung für 2009 in Höhe von 60 vH des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts der Monate Juli bis September 2009 zu zahlen. Grundlage des Anspruchs ist § 19 MTV. Die Vorschrift sieht für die Beschäftigten aller Entgeltgruppen einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von mindestens 60 vH der Bemessungsgrundlage vor. Dies ergibt eine Auslegung des kraft einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren § 19 MTV. Da die Regelung in diesem Punkt nicht lückenhaft ist, bedarf es - jedenfalls wegen eines Anspruchs in dieser Höhe - keiner ergänzenden Tarifauslegung. Der Anspruch lässt sich auch ohne Festlegung der Entgeltgruppen bereits berechnen.

12

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st.  Rspr., etwa BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08 - Rn. 18; 23. September 2009 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe mwN, BAGE 113, 291 ).

13

2. Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie ohne Rechtsfehler angewandt.

14

a) Der Wortlaut der Tarifvorschrift spricht bereits deutlich für die Annahme, dass der Klägerin ein Anspruch in dieser Höhe zusteht. Nach § 19 Abs. 1 MTV haben Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, „Anspruch“ auf eine Jahressonderzahlung. Die Klägerin ist Beschäftigte der Beklagten und stand am 1. Dezember 2009 im Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

15

aa) Dieser Regelungsgehalt wird durch § 19 Abs. 2 MTV nicht infrage gestellt. § 19 Abs. 2 MTV baut seinem Wortlaut nach auf der Regelung in Absatz 1 auf(„die“ Jahressonderzahlung). Absatz 2 differenziert zwar nach verschiedenen Entgeltgruppen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass Beschäftigte in einer bestimmten Entgeltgruppe von dem Anspruch auf Jahressonderzahlung ausgeschlossen sein sollen. Beleg dafür ist auch der Wortlaut in § 19 Abs. 3 MTV. Diese Regelung sieht unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass sich der Anspruch vermindert. Anspruchsberechtigt sind aber ebenfalls die Beschäftigten. Eine Differenzierung innerhalb des Kreises der Beschäftigten nimmt diese Bestimmung nicht vor.

16

bb) In § 19 MTV ist nicht vorgesehen, dass Angehörige einzelner Entgeltgruppen keinen Anspruch auf Sonderzahlung haben sollten. Sowohl Absatz 1 als auch Absatz 2 der Vorschrift sprechen von „Beschäftigten“. Nach dem in § 1 MTV festgelegten Sprachgebrauch des Tarifvertrags sind Beschäftigte alle Arbeitnehmer mit Ausnahme bestimmter leitender Angestellter. Danach kann es keine „Beschäftigten“ geben, die nicht nach § 19 Abs. 1 MTV Anspruch auf Sonderzahlung hätten. Deshalb muss auf alle Beschäftigten mindestens der niedrigste der drei in § 19 Abs. 2 MTV vorgesehenen Bemessungssätze anwendbar sein.

17

b) Das vom Wortlaut nahegelegte Auslegungsergebnis findet seine Bestätigung im Gesamtzusammenhang der tarifvertraglichen Regelung.

18

aa) Die Tarifvertragsparteien haben eine Zuordnung von Entgeltgruppen zur Höhe der Jahressonderzahlung unterlassen, weil eine Einigung auf eine neue Entgeltordnung und folglich auch auf neue Entgeltgruppen nicht erfolgt ist. Eine Benennung der Entgeltgruppen und ihre konkrete Zuordnung zu den festgelegten Vomhundertsätzen war (und ist) bisher nicht möglich und musste deshalb unterbleiben. Aus der getroffenen Regelung wird jedoch der Wille der Tarifvertragsparteien hinreichend deutlich, allen Beschäftigten mindestens 60 vH des in den Monaten Juli bis September durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts zukommen zu lassen. Andernfalls hätte keine Veranlassung bestanden, die noch offenen Entgeltgruppen zwar jeweils mit einem „x“ zu kennzeichnen, die verschiedenen Prozenthöhen in dem Rahmen von 60 vH bis 90 vH hingegen bereits konkret festzulegen.

19

bb) Da die Höhe des Anspruchs - wenn auch unvollständig - geregelt ist, besteht insoweit auch keine Regelungslücke. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Arbeitsgerichte nicht befugt sind, eine bewusste Regelungslücke in einem Tarifvertrag auszufüllen. Denn dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie. Hierdurch würden entgegen dem Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifvertragliche Regelungen geschaffen (st. Rspr., vgl. zB BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 19/08 - AP BAT § 23b Nr. 6; 24. April 1985 - 4 AZR 457/83 - BAGE 48, 307). Eine bewusste Regelungslücke im Rahmen des § 19 MTV besteht hier jedoch allein in der Frage der Zuordnung der Vomhundertsätze zu den Entgeltgruppen. Eindeutig geregelt ist dagegen, dass ein Anspruch bestehen soll und wie hoch er mindestens ist. Insoweit weist das Regelwerk keine Lücke auf.

20

cc) Die Beklagte rügt ohne Erfolg, der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung lasse sich noch nicht berechnen, weil Ausgangspunkt hierfür nach § 19 Abs. 2 Satz 2 MTV die jeweils geltende Entgeltgruppe sei, die - wie unstreitig - ihrerseits noch keine Regelung gefunden habe. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 MTV ist auf das „gezahlte Entgelt“ abzustellen. Einer tarifvertraglichen Festlegung der Entgeltgruppe bedarf es nur für den Bemessungssatz, nicht für die Bemessungsgrundlage. Im Zeitpunkt der Fälligkeit November 2009 (vgl. § 19 Abs. 4 MTV) standen die zur Berechnung allein erforderlichen Größen, nämlich die Bemessungsgrundlage und der Mindestbemessungssatz fest.

21

dd) Die Vorschrift des § 19 MTV kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht als bloßer „Platzhalter“ für eine erst später beabsichtigte Regelung angesehen werden. Ein Grund zur Vereinbarung einer gewissermaßen „leeren“ Norm, die keinen Regelungsgehalt hat, ist nicht erkennbar. Die Tarifvertragsparteien haben für zwei Normen (§§ 16, 17 MTV) deren zeitweilige Nichtgeltung angeordnet. Wenn sie Gleiches für § 19 MTV beabsichtigt hätten, hätte es nahegelegen, dies auch ausdrücklich so vorzusehen.

22

ee) Auch der Zusammenhang des MTV mit dem TV AstD belegt, dass § 19 MTV den erhobenen Anspruch gewährt. Die Tarifvertragsparteien haben in § 2 des zeitgleich mit dem MTV am 1. Juli 2006 in Kraft getretenen TV AstD die in § 19 MTV enthaltene Regelung über Sonderzahlungen befristet außer Kraft gesetzt und für ver.di-Mitglieder nach § 3 TV AstD eine Kompensation für den Verzicht auf die Leistung vorgesehen, indem sie ihnen einen Anspruch auf Sonderzahlung iHv. 535,00 Euro brutto gewährt haben. Einer Kompensation bedurfte es jedoch nur, wenn § 19 MTV einen Anspruch gewährte. Ein Verzicht auf die bloße Chance, dass in Zukunft ein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung entstehen könnte, hätte die Arbeitgeberseite zu einer Kompensation schwerlich veranlassen können.

23

c) Die Revision kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, die Verpflichtung zur Gewährung von Sonderzahlungen könne zur Insolvenz führen und dies stehe einer Auslegung in dem von ihr abgelehnten Sinn entgegen. Die mangelhafte Zahlungsfähigkeit der Mitglieder einer Tarifvertragspartei kann nicht zur Auslegung einer Tarifvorschrift entgegen ihrem sich aus Wortlaut und Regelungszusammenhang ergebenden Sinn herangezogen werden. Zwar befand sich die Beklagte bei Abschluss der streitigen tarifvertraglichen Regelungen tatsächlich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Dieser haben die Tarifvertragsparteien jedoch erkennbar durch die Regelung in § 12 TV AstD Rechnung getragen. Das darin vorgesehene Verfahren hat die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht betrieben.

24

II. Dem nach § 19 MTV entstandenen Anspruch steht § 2 TV AstD nicht entgegen. Danach wird § 19 MTV durch den TV AstD außer Kraft gesetzt. Der TV AstD ist jedoch zum 30. Juni 2009 gekündigt worden. Eine Nachwirkung haben die Parteien ausdrücklich ausgeschlossen (§ 12 Abs. 2 TV AstD). Ein solcher Ausschluss der Nachwirkung durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ist rechtlich zulässig (BAG 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 24).

25

III. Der Anspruch reduziert sich nicht um 6/12 durch die Kündigung des TV AstD zum 30. Juni 2009. § 19 Abs. 3 MTV sieht unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich eine Verminderung des Anspruchs um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat vor. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

26

IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Prozesszinsen sind in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem Tag zu zahlen, der auf den Tag der Zustellung der Klage folgt(BAG 19. Dezember 2007 - 5 AZR 1008/06 - Rn. 35, EzA BGB 2002 § 306 Nr. 3; Palandt/Ellenberger 70. Aufl. § 187 Rn. 1). Die Zustellung erfolgte hier am 9. April 2010, sodass der Zinsanspruch ab dem 10. April 2010 besteht.

27

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Beklagten als der unterlegenen Partei nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Rigo Züfle    

        

    A. Effenberger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Oktober 2008 - 3 Sa 254/08 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23. Mai 2008 - 1 Ca 1092b/07 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und im Hauptausspruch zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 889,35 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. September 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Parteien haben die Kosten erster und zweiter Instanz je zur Hälfte zu tragen. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen Stundenlohn in Höhe von 15,04 Euro brutto nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 20. August 2007 (TV Lohn/West) statt der von ihnen einzelvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto zu zahlen.

2

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 6. Juni 2006 bis zum 18. Juli 2007 als Fliesenleger beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), vormals Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden (IG BSE). Die Beklagte ist Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster. Diese ist seit Ende der 1980er Jahre nicht mehr Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein. Sie schloss aber unter dem 23. Mai 1990 mit der IG BSE, Landesverband Nordmark, den Tarifvertrag über die Anwendung der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes (Anwendungs-TV). Der darin ua. in Bezug genommene „Bezirkslohntarifvertrag … für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ wurde zuletzt am 19. April 2000 als Bezirkslohntarifvertrag (Lohntabellen) für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein gültig vom 1. April 2000 bis 31. März 2002 (Bezirkslohn-TV) zwischen dem Bauindustrieverband Schleswig-Holstein e.V., dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und der IG BAU, Landesverband Nord, abgeschlossen. Kraft ausdrücklicher Regelung galt dieser Bezirkslohn-TV mit der Kündigung des zentralen Lohntarifvertrages, der ebenfalls am 19. April 2000 abgeschlossen worden war, als gleichzeitig gekündigt. Dieser zentrale Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin - TV Lohn/West 2000 - wurde zum 31. März 2002 gekündigt.

3

Der Kläger beansprucht für den Klagezeitraum einen tariflichen Stundenlohn von 15,04 Euro brutto statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 13,54 Euro brutto und daraus sich ergebend ein Differenzentgelt von 864,00 Euro brutto. Mit dem Anwendungs-TV werde die Gleichbehandlung mit den Beschäftigungsverhältnissen bei Arbeitgebern, die unmittelbar an die Tarifverträge im Bauhauptgewerbe gebunden seien, bezweckt. Da seit dem 1. April 2002 kein Bezirkslohntarifvertrag mehr abgeschlossen worden sei, fänden nunmehr aufgrund der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV die Lohnsätze des bezirksübergreifenden TV Lohn/West vom 20. August 2007 - abgeschlossen mit Wirkung zum 1. April 2007 zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V., dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. und der IG BAU - Anwendung auf sein Arbeitsverhältnis. Die Bezirkslohntarifverträge seien über viele Jahre als zusätzliche regionale Regelungen zum TV Lohn/West vereinbart worden. Sie stellten lediglich dessen Ausformungen dar, den sie nicht veränderten, sondern nur ergänzten. Mit Schreiben vom 28. Juni 2007 hat der Kläger die Differenzbeträge für die Monate April und Mai 2007 (240,00 Euro und 252,00 Euro) geltend gemacht. Die Beklagte kam dem nicht nach, woraufhin der Kläger unter dem 30. August 2007 Klage erhob, mit der er zugleich seine Ansprüche für die Monate Juni und Juli 2007 (252,00 Euro und 120,00 Euro) geltend gemacht hat.

4

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 864,00 Euro brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. August 2007 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung nach den Lohnsätzen des TV Lohn/West vom 20. August 2007. Der Anwendungs-TV sei nach seinem eindeutigen Wortlaut lediglich auf den Bezirkslohn-TV bezogen. Bei dessen Wegfall ergebe sich keine automatische Bezugnahme auf der TV Lohn/West. Vielmehr sei in einem solchen Fall gemäß § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV zwischen den Tarifvertragsparteien neu zu verhandeln.

6

Beide Vorinstanzen haben der Klage, die unter Einschluss einer Forderung auf Zahlung des tariflichen 13. Monatseinkommens ursprünglich auf einen Gesamtbetrag von 1.753,35 Euro gerichtet war, insgesamt stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag nur noch weiter, soweit sie zur Zahlung von 864,00 Euro verurteilt worden ist. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie in der Revisionsinstanz angefallen ist, zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der beanspruchten Entgeltdifferenz von 864,00 Euro brutto. Der TV Lohn/West vom 20. August 2007 ist nicht lückenfüllend nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV an die Stelle des nicht mehr neu abgeschlossenen, nur noch nachwirkenden Bezirkslohn-TV getreten. Zudem besteht auch kein Anspruch auf den Tariflohn in der Höhe des letzten Bezirkslohn-TV, da dieser nach seiner Kündigung einzelvertraglich durch eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG ersetzt werden konnte und ersetzt wurde.

8

I. Im Anwendungs-TV heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

Geltungsbereich           

        

Fachlich und räumlich:

Alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen der Innung des Baugewerbes Neumünster, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.

        

Persönlich:

Alle gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende, die unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes fallen.

        

§ 2

        

Leistungen           

        

Es gelten alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes sowie alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung:

                 

Gewerbliche Arbeitnehmer           

                 

1.    

Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein

                 

2. - 4.

…       

                 

Angestellte           

                 

5. - 13.

…       

        

§ 3

        

Inkrafttreten und Laufdauer           

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 01. April 1990 in Kraft und ist mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten - erstmalig zum 31. März 1991 - kündbar.

        

Die Parteien sind sich einig, daß, wenn sich die Zugehörigkeit der Tarifvertragsparteien dieses Vertrages zu den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes verändert, dieser Tarifvertrag ohne Kündigung endet.

        

Werden für das Bauhauptgewerbe andere als die in diesem Vertrag aufgeführten Verträge abgeschlossen, so verpflichten sich die Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages, unverzüglich in Verhandlungen hierüber einzutreten.“

9

II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verweist § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nicht mangels Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge über den Wortlaut hinaus auf den jeweils aktuellen, bundesweit geltenden Entgelttarifvertrag TV Lohn/West.

10

1. Der Anwendungs-TV findet normativ auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung.

11

a) Zweifel an der Tarifzuständigkeit der Innung des Baugewerbes Neumünster zum Abschluss des Anwendungs-TV bestehen nicht. Ihr ist nach § 54 Abs. 3 Nr. 1 HwO Tarifsetzungsbefugnis verliehen, der auch nicht die vom Innungsverband - hier Baugewerbeverband Schleswig-Holstein - geschlossenen Tarifverträge entgegenstehen, weil die Innung vor Abschluss des Anwendungs-TV aus dem Innungsverband ausgetreten ist.

12

b) Der ungekündigte, zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE, Landesverband Nordmark, geschlossene Anwendungs-TV gilt zwischen dem Kläger und der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend.

13

aa) Die Beklagte führt als Mitglied der Innung des Baugewerbes Neumünster einen Betrieb, der unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes iSd. § 1 Abs. 2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe(BRTV) fällt.

14

bb) Die Tarifgebundenheit des Klägers, der gewerblicher Arbeitnehmer im Sinne des persönlichen Geltungsbereichs nach § 1 Anwendungs-TV ist, folgt gemäß § 3 Abs. 1 TVG aus seiner Mitgliedschaft in der IG BAU, die Rechtsnachfolgerin der tarifschließenden Gewerkschaft IG BSE ist. Die normative Geltung des Anwendungs-TV wurde durch die Fusion und Umbenennung der IG BSE in die IG BAU zum 1. Januar 1996 nicht berührt (vgl. im Einzelnen BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - BAGE 125, 169).

15

2. Es bestehen keine Zweifel an der Zulässigkeit der Verweisung in § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV als Delegation tariflicher Rechtssetzungsbefugnis(zu den Kriterien ua. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Der betriebliche, fachliche und persönliche Geltungsbereich des Bezirkslohn-TV und des Anwendungs-TV stimmen überein und die Bezugnahme ist hinreichend bestimmt. Die in Bezug genommenen Tarifverträge werden genau bezeichnet.

16

3. § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV enthält eine zeitdynamische Bezugnahme, die den TV Lohn/West nicht erfasst.

17

a) Die Anwendbarkeit des TV Lohn/West ergibt sich nicht aus einer am Wortlaut und dem im Tarifvertrag zum Ausdruck gekommenen Sinn des Anwendungs-TV orientierten Auslegung.

18

aa) Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 3 und 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - mwN, BAGE 113, 291, 299).

19

bb) § 2 Anwendungs-TV ist eine zeitdynamische Verweisungsbestimmung, weil in ihm die betreffenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung in Bezug genommen werden.

20

cc) Die Bezugnahme in § 2 Anwendungs-TV erfasst nach ihrem Wortlaut nicht den TV Lohn/West. § 2 Anwendungs-TV enthält eine genaue Bezeichnung der Tarifverträge, die im Geltungsbereich des Anwendungs-TV maßgebend sein sollen. Der TV Lohn/West gehört nicht dazu.

21

(1) Verwiesen wird einerseits auf „alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Bauhauptgewerbes“. Dies löst keine über einen Hinweis auf die Rechtslage hinausgehenden Wirkungen aus, weil diese Tarifverträge auch ohne den Anwendungs-TV bereits aufgrund ihrer Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 Abs. 4 TVG die nicht durch Mitgliedschaft tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihres Geltungsbereichs erfassen.

22

(2) Verwiesen wird auf der anderen Seite auf „alle nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe in der jeweils geltenden Fassung“. Damit wird aus der Gesamtzahl der Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe durch „nachfolgend aufgeführt“ eine konkret bezeichnete und abschließende Auswahl vorgenommen. Hierzu gehören unter der Rubrik „Gewerbliche Arbeitnehmer“ der „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“, womit der Bezirkslohn-TV gemeint ist. Der TV Lohn/West ist nicht aufgeführt und von der Verweisung nicht erfasst.

23

(a) Die Verweisung auf „Bezirkslohntarifvertrag und Ausbildungsvergütungen für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein“ ordnet die Anwendung des Bezirkslohn-TV an, auch wenn dessen Überschrift nicht die „Ausbildungsvergütungen“ enthält. Diese sind jedoch im Bezirkslohn-TV geregelt. Mit der Verweisung wird nur zusätzlich klargestellt, dass sich im Geltungsbereich des Anwendungs-TV nicht nur die Löhne, sondern auch die Ausbildungsvergütungen nach den bezirkstariflichen Festlegungen richten sollen.

24

(b) Die Liste der „nachfolgend aufgeführten Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe“ in § 2 Anwendungs-TV bezeichnet unter dreizehn Ordnungsziffern dreizehn konkrete Tarifverträge, die für gewerbliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie für Angestellte im Bereich der Innung des Baugewerbes Neumünster gelten sollen. Diese Aufzählung ist abschließend. Der Tarifvertragstext enthält keinen Hinweis darauf, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien weitere oder andere Tarifverträge wie der TV Lohn/West ebenfalls übernommen werden sollen.

25

dd) Diese Auslegung des insoweit eindeutigen Tarifwortlauts entspricht dem erkennbaren Sinn der Erklärung der Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV, so wie er sich auch im tariflichen Gesamtzusammenhang widerspiegelt. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, dass vom Sinn und Zweck des Anwendungs-TV abgewichen würde, wenn bei Nichtabschluss von Bezirkslohntarifverträgen im Land Schleswig-Holstein die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster in der Folge auch von dem den Bezirkslohntarifverträgen zugrunde liegenden bundesweit geltenden TV Lohn/West abgekoppelt würden, findet nicht nur keinen Niederschlag im Anwendungs-TV. Dessen Tarifvertragsparteien haben vielmehr sogar in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV einen dem entgegenstehenden Regelungswillen zum Ausdruck gebracht.

26

(1) Bezüglich der Höhe der Arbeitsentgelte haben die Tarifvertragsparteien auf den regionalen Tarif Bezug genommen, der auch gegolten hätte, wenn die Innung des Baugewerbes Neumünster Mitglied im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein geblieben wäre. Dazu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass es Sinn und Zweck des Anwendungs-TV vom 23. Mai 1990 war zu verhindern, dass der nur auf innerorganisatorische Streitigkeiten zurückzuführende Austritt der Innung des Baugewerbes Neumünster aus dem Baugewerbeverband Schleswig-Holstein dazu führt, die Tarifbindung der Mitglieder dieser Innung im Hinblick auf die Vergütungsansprüche der beschäftigten tarifgebundenen Arbeitnehmer entfallen zu lassen.

27

(2) Dieser Regelungshintergrund könnte zunächst dafür sprechen, den TV Lohn/West als in der Sache von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV mitumfasst anzusehen. Denn nach der Beendigung der Fortführung der Bezirkslohntarifverträge im Land Schleswig-Holstein läuft bei Wortlaut getreuer Umsetzung des Anwendungs-TV das Entgeltgefüge der Innungen des Baugewerbes des Landes auseinander, weil für die Mitglieder der Innung des Baugewerbes Neumünster anders als für die Mitglieder anderer Innungen, die nach wie vor Mitglied im Baugewerbeverband des Landes sind, der TV Lohn/West nicht zur Anwendung kommt.

28

(3) Davon abgesehen, dass dieser Regelungshintergrund und ein daraus gefolgerter Gleichstellungswille in den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Anwendungs-TV nicht zum Ausdruck kommt, steht der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auslegung durchgreifend § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV entgegen. In dieser auf das Zustandekommen anderer als der aufgelisteten Tarifverträge im Bauhauptgewerbe bezogenen Bestimmung kommt der Wille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, nur die in § 2 Anwendungs-TV ausdrücklich genannten Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung ohne weiteres zur Geltung zu bringen. Neue Tarifentwicklungen im Bauhauptgewerbe außerhalb der aufgeführten Tarifwerke sollen erst auf der Grundlage einer Einigung in Neuverhandlungen zwischen der Innung des Baugewerbes Neumünster und der IG BSE/IG BAU, zu deren unverzüglicher Aufnahme sich beide Tarifvertragsparteien verpflichten, für das Baugewerbe Neumünster übernommen - oder auch nicht übernommen - werden.

29

(a) Die Tarifautonomie als Möglichkeit und Aufgabe der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen eigenverantwortlich zu regeln, schließt es zwar nicht aus, die Rechtssetzungsbefugnis zu delegieren oder auf jeweils andere Tarifnormen zu verweisen. Mit einer insoweit zulässigen Verweisung geht jedoch die jederzeit bestehende Möglichkeit der Tarifvertragsparteien einher, die Delegation oder Verweisung wieder aufheben (vgl. BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327, 335), modifizieren oder ersetzen zu können und nicht durch die Ausgestaltung der Kündigungsregelungen eine zeitlich zu lange Bindung einzugehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28 mwN, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41). Diese grundsätzliche Wertung ist auch bei der Auslegung einer tarifvertraglichen Verweisung zu berücksichtigen. Sie spricht dafür, eine Verweisung im Zweifel eng auszulegen.

30

(b) Der Verhandlungsvorrang des § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV erfasst auch den Fall der Ersetzung des nicht fortgeführten Bezirkslohn-TV durch einen anderen nicht bezirklichen Tarifvertrag.

31

(aa) Die Tarifvertragsparteien haben in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV vereinbart, dass sie sich zum unverzüglichen Eintritt in Verhandlungen verpflichten, wenn für das Bauhauptgewerbe andere als die im Anwendungs-TV aufgeführten Verträge abgeschlossen werden.

32

(bb) Damit haben sie für den Fall, dass anstelle eines der in § 2 Einleitungssatz und Nr. 1 bis 13 aufgeführten Verträge ein anderer Tarifvertrag abgeschlossen oder in den bezirklichen Arbeitsverhältnissen des Bauhauptgewerbes außerhalb von Neumünster heranzuziehen ist, eine in sich abgeschlossene Auffangregelung vereinbart. Der Tatbestand von § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV ist nicht, wie das Landesarbeitsgericht annimmt, auf „andere Tarifverträge“ iSv. thematisch „zusätzlichen“ Tarifverträgen beschränkt. „Andere“ Tarifverträge idS sind nach dem Tarifwortlaut sämtliche Tarifverträge des Bauhauptgewerbes, die weder allgemeinverbindlich noch in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführt sind. Dieses Auslegungsergebnis steht auch in Übereinstimmung mit dem vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Regelungshintergrund. Bei verbliebener Mitgliedschaft der Innung des Baugewerbes Neumünster im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein hätte die Innung bei jedem Neuabschluss von Tarifverträgen die Möglichkeit der Einflussnahme auf den innerverbandlichen Willen gehabt, ob der betreffende Tarifvertrag abgeschlossen oder übernommen werden soll. Die nach dem Austritt fehlende Einflussnahmemöglichkeit gleicht § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV aus. Damit ist eine Erstreckung der Geltungsanordnung auf andere Tarifverträge, auch wenn diese noch so sehr mit einem der in § 2 Nr. 1 bis 13 Anwendungs-TV aufgeführten Tarifverträge verbunden sein sollten, angesichts des tariflichen Regelungsziels des Anwendungs-TV ausgeschlossen. Daran ändert auch eine gemeinsame Kündigungsregelung für die Bezirkslohntarifverträge und den TV Lohn/West wie in § 10 Abs. 2 TV Lohn/West nichts. Sie dokumentiert die Verbundenheit der beiden Regelungen, die ohne Mitwirkung der Baugewerbeinnung Neumünster zustande gekommen sind, ändert aber an dem Rechtssetzungsvorbehalt der Parteien des Anwendungs-TV in § 3 Abs. 3 Anwendungs-TV nichts.

33

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen des vom Kläger angeführten TV Lohn/West vom 20. August 2007 ergibt sich auch nicht aufgrund einer ergänzenden Auslegung von § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV nach Nichtfortschreibung des Bezirkslohn-TV.

34

aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (statt aller BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60).

35

bb) Die Kündigung des Bezirkslohn-TV 2000 und die unterbliebene Fortschreibung der Bezirkslohntarifverträge für das Bauhauptgewerbe im Land Schleswig-Holstein lässt innerhalb des Anwendungs-TV keine Regelungslücke entstehen. Die Verweisung auf den Bezirkslohn-TV im Anwendungs-TV bezieht sich seit dessen Kündigung auf den nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.

36

(1) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass die Tarifvertragsparteien in Anerkennungstarifverträgen die Übernahme fremder Tarifregelungen im jeweiligen Geltungszustand vereinbaren können. Dies ist Inhalt ihrer allgemeinen Rechtssetzungsbefugnis (29. August 2007 - 4 AZR 561/06 - Rn. 28, AP TVG § 4 Nr. 27 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 41; 18. Februar 2003 - 1 AZR 142/02 - zu D II der Gründe, BAGE 105, 5; 13. August 1986 - 4 ABR 2/86 - AP MTV Ang-DFVLR § 2 Nr. 1 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 15; 3. Dezember 1985 - 4 ABR 7/85 - BAGE 50, 277, 285, 287; vgl. auch 24. November 1999 - 4 AZR 666/98 - zu I 1 e bb der Gründe, BAGE 93, 34; anders noch 30. Januar 1990 - 1 ABR 98/88 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 64, 94, 98). Darin eingeschlossen ist auch der Geltungszustand der Nachwirkung iSv. § 4 Abs. 5 TVG.

37

(2) Die Einbeziehung des Bezirkslohn-TV in den Anwendungs-TV „in der jeweils geltenden Fassung“ führt zu dessen Einbeziehung mit seinem jeweiligen Inhalt und in seinem jeweiligen Geltungszustand. Dies ergibt sich bereits aus dem Wort „geltend“ in der Verweisungsnorm in § 2 Einleitungssatz Anwendungs-TV. Für eine Übereinstimmung im Geltungszustand spricht zudem, dass die Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV im Wesentlichen den Zustand herzustellen beabsichtigten, welcher bei unmittelbarer Tarifgeltung der in Bezug genommenen Tarifverträge bestünde.

38

(3) Auch der Wegfall der Dynamik des Bezirkslohn-TV und deren Ersetzung innerhalb des Bauhauptgewerbes im Übrigen durch die Entwicklung des TV Lohn/West hat nicht zu einer lückenhaften Regelung im Anwendungs-TV geführt. Dessen Tarifvertragsparteien haben für eine derartige Tarifentwicklung eine Verhandlungspflicht zur Prüfung der Übernahme festgelegt. Wenn es auf dieser Grundlage nicht zu der Übernahme einer anderweitigen, zwingend wirkenden Entgeltdynamik kommt, entspricht dies einer der von den Tarifvertragsparteien des Anwendungs-TV von vornherein mit einbezogenen Möglichkeit.

39

III. Die angegriffene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein höherer als der vereinbarte Stundenlohn von 13,54 Euro brutto ergibt sich nicht aus § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV iVm. Lohntabelle Abschnitt A Nr. 3 III 2 (Fliesenleger) des nachwirkenden Bezirkslohn-TV 2000.

40

Es kann dahinstehen, ob auf der Grundlage des Klagebegehrens durch die Gerichte für Arbeitssachen auch der nachwirkende Bezirkslohn-TV 2000 zur - teilweisen - Rechtfertigung der Klageforderung herangezogen werden könnte. Die Parteien des Rechtsstreits haben für ihr am 6. Juni 2006 begründetes Arbeitsverhältnis eine arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung über 13,54 Euro brutto je Stunde als andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG getroffen. Diese geht dem nach § 2 Nr. 1 Anwendungs-TV im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch nachwirkend geltenden Bezirkslohn-TV 2000 vor.

41

IV. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in dem Umfang zu tragen, in dem er unterlegen ist (§ 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Zugleich für den ehrenamtlichen Richter
Jürgens, der wegen Endes seiner Amtszeit
an einer Unterzeichnung verhindert ist.
Bepler    

        

    Grimm    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 6. März 2013 - 10 Sa 1018/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Strukturausgleich.

2

Der Kläger ist auf der Grundlage eines mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Arbeitsvertrags seit dem 1. Januar 1995 bei dem Beklagten als technischer Angestellter beschäftigt. Der Beklagte ist nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst vom 10. September 1998 (DWDG) seit dem 1. Januar 1999 eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (jetzt Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur). Nach den vertraglichen Vereinbarungen bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Der Kläger war zunächst in die Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert. Zum 1. Mai 2005 erfolgte der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IIa BAT.

3

Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund). Entsprechend der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgte eine Überleitung des Klägers von der Vergütungsgruppe IIa BAT in die Entgeltgruppe 12 TVöD.

4

Der Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2006 über die „Umstellung“ seines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des TVÜ-Bund. Das Schreiben enthielt zudem folgenden Passus:

        

„Außerdem erhalten Sie - vorbehaltlich noch ausstehender, ergänzender Regelungen - ab 01.10.2009 dauerhaft einen monatlichen Strukturausgleich in Höhe von 100,00 Euro (bei Teilzeittätigkeit anteilig).“

5

Der Anspruch auf Strukturausgleich ist in § 12 TVÜ-Bund geregelt. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund erhalten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O übergeleitete Beschäftigte ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-Bund aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen Strukturausgleich. Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-Bund nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.Die Anlage 3 TVÜ-Bund sieht in Spalte 2 unter der Überschrift „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ einen Anspruch auf Strukturausgleich bei Überleitung in die Entgeltgruppe 12 TVöD nur bei Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT vor. Diesbezüglich werden insgesamt 30 Konstellationen geregelt, welche zu einem dauerhaften oder zeitlich begrenzten Anspruch auf Strukturausgleich zwischen 50,00 Euro und 100,00 Euro brutto monatlich führen. Bei Vorliegen der Vergütungsgruppe IIa BAT „bei In-Kraft-Treten TVÜ“ kommt nach der Tabelle der Anlage 3 TVÜ-Bund ein Strukturausgleich nur bei Überleitung in die Entgeltgruppen 13 oder 14 TVöD in Betracht.

6

Der Kläger erhielt ab dem 1. Oktober 2009 einen Strukturausgleich iHv. 100,00 Euro brutto monatlich. Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 teilte der Beklagte dem Kläger jedoch mit, dass „aufgrund neuer höchstrichterlicher Rechtsprechung zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung eines Strukturausgleichs gemäß § 12 TVÜ-Bund“ eine Überprüfung erforderlich geworden sei. Bis zu deren Abschluss würden die Zahlungen des Strukturausgleichs unter Vorbehalt geleistet. Am 28. Juni 2011 vertrat der Beklagte schließlich die Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung des Strukturausgleichs nicht zustehe und nicht zugestanden habe. Mit Wirkung ab dem 1. Juli 2011 werde die Zahlung des Strukturausgleichs daher eingestellt. Für die Monate April, Mai und Juni 2011 ergebe sich eine Überzahlung iHv. 300,00 Euro. Der entsprechende Rückforderungsanspruch werde mit der Entgeltzahlung für den Monat August 2011 verrechnet. Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 30. Juni 2011. Der Beklagte nahm dennoch wie angekündigt sowohl die Zahlungseinstellung als auch die Aufrechnung vor.

7

Mit seiner am 20. April 2012 eingegangenen Klage hat der Kläger die Weiterzahlung des Strukturausgleichs verlangt. Unter Berücksichtigung der im August 2011 vorgenommenen Aufrechnung und der Zinsen seien für die Zeit bis einschließlich März 2012 insgesamt 1.224,89 Euro brutto nachzuzahlen. Der Anspruch auf Zahlung des bisherigen Strukturausgleichs bestehe ab April 2012 unverändert fort. Der Beklagte habe ihm diesen Strukturausgleich mit Schreiben vom 30. Januar 2006 zugesichert. Der Einschub „vorbehaltlich noch ausstehender, ergänzender Regelungen“ sei für ihn als Empfänger des Schreibens so zu verstehen gewesen, dass die Zahlung ab dem 1. Oktober 2009 dauerhaft gewährt werden soll, wenn sich bis dahin nichts ändert. Dieses Verständnis des Vorbehalts ergebe sich auch daraus, dass der Beklagte die Zahlung des Strukturausgleichs mit seinem Schreiben vom 9. Mai 2011 erneut unter Vorbehalt gestellt habe. Der Beklagte sei mithin selbst davon ausgegangen, dass der im Schreiben vom 30. Januar 2006 ausgedrückte Vorbehalt mit Aufnahme der Zahlung des Strukturausgleichs keine Wirkung mehr entfalte. Zudem habe sich durch die Leistung des Strukturausgleichs ein Vertrauenstatbestand gebildet. Die Streichung der Zulage stelle deshalb eine unzulässige Rechtsausübung dar.

8

Weiterhin habe er einen tarifvertraglichen Anspruch auf den Strukturausgleich. Die Tarifvertragsparteien hätten die bei ihm vorliegende Konstellation eines kurz vor der Überleitung in den TVöD erfolgten Bewährungsaufstiegs von der Vergütungsgruppe III BAT in die Vergütungsgruppe IIa BAT offensichtlich versehentlich unberücksichtigt gelassen. Er werde damit ungerechtfertigt wesentlich schlechter behandelt als ein Arbeitnehmer, dessen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IIa BAT vor dem Überleitungsstichtag noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Hierfür sei kein Sachgrund ersichtlich. Die unbewusste Regelungslücke sei dahin gehend zu schließen, dass bei den vor der Überleitung aufgestiegenen Arbeitnehmern auf die originäre Vergütungsgruppe III BAT zurückgegriffen werden müsse. Die Tarifvertragsparteien seien über mehrere Jahre davon ausgegangen, dass mit der „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ“ nach der Anlage 3 TVÜ-Bund die originäre Vergütungsgruppe gemeint gewesen sei, das heißt die Vergütungsgruppe ohne Aufstieg vor der Überleitung. Dementsprechend habe auch der Beklagte die tariflichen Regelungen verstanden und angewandt. Die Gerichte für Arbeitssachen seien daher befugt, die tarifliche Regelungslücke im Sinne der bisherigen Anwendungspraxis auszufüllen.

9

Der Kläger hat daher beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.224,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.200,00 Euro seit dem 1. April 2012 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab April 2012 für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu zahlen.

10

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass keine Anspruchsgrundlage für den verlangten Strukturausgleich bestehe. Eine einzelvertragliche Zusicherung des Strukturausgleichs sei nicht erfolgt. Es sei nur eine Erfüllung vermeintlicher tariflicher Ansprüche bezweckt gewesen. Dies komme durch den im Schreiben vom 30. Januar 2006 erklärten Vorbehalt zum Ausdruck. Ein tariflicher Anspruch bestehe nicht, weil ihn die Anlage 3 TVÜ-Bund nicht vorsehe. Eine unbewusste Regelungslücke sei nicht erkennbar. Selbst bei Annahme einer solchen sei deren Schließung durch eine ergänzende Tarifauslegung nicht möglich, weil mehrere Möglichkeiten der Schließung in Betracht kämen. Die Ausgestaltung sei den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Strukturausgleich.

13

I. Die Klage ist zulässig.

14

1. Der Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, obwohl er keine Angaben zur Höhe des zu zahlenden Strukturausgleichs enthält. Nach dem gesamten Vorbringen des Klägers ist der Antrag dahin zu verstehen, dass der Kläger die Zahlung eines gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund nicht dynamischen Strukturausgleichs von monatlich 100,00 Euro brutto begehrt. Dies entspricht dem bis einschließlich März 2011 geleisteten Strukturausgleich. Eine Bezifferung musste auch deshalb nicht erfolgen, weil der Strukturausgleich nach § 12 Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Bund bei Teilzeitbeschäftigung anteilig zu zahlen ist und die Höhe des Strukturausgleichs damit vom jeweiligen zeitlichen Umfang der Beschäftigung des Klägers abhängt(vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 12, BAGE 134, 184).

15

2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Klägers auf Strukturausgleich beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. BAG 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 14; 13. November 2014 - 6 AZR 1102/12 - Rn. 23).

16

3. Der Beklagte ist parteifähig iSd. § 50 Abs. 1 ZPO, auch wenn er eine nur teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Als juristische Person des öffentlichen Rechts, welche nach § 8 Abs. 1 Satz 3 DWDG vor Gericht durch den Vorstand vertreten wird, hat er die Fähigkeit, Subjekt eines Prozessrechtsverhältnisses zu sein(vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 17. Aufl. § 43 Rn. 1, 7).

17

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat dem Grunde nach keinen Anspruch auf den streitgegenständlichen Strukturausgleich. Es kann daher offenbleiben, ob der Beklagte passivlegitimiert ist.

18

1. An der Passivlegitimation des Beklagten bestehen Zweifel. Ursprünglich war er eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Bundesrepublik Deutschland war die Arbeitgeberin der bei dem Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Seit dem 1. Januar 1999 ist er nach § 1 Abs. 1 DWDG eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Teilrechtsfähigkeit beschränkt sich nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auf die in § 5 Abs. 2 DWDG genannten Bereiche(vgl. BT-Drs. 13/9510 S. 9, 10). Dies betrifft die Zusammenarbeit des Beklagten mit Dritten und seine Berechtigung, in eigenem Namen Unternehmen zu gründen oder sich zu beteiligen. Der Abschluss von Arbeitsverträgen ist hiervon nicht erfasst. Für den Verbleib der Arbeitgeberstellung bei der Bundesrepublik Deutschland spricht auch, dass eine Beurlaubung von Beschäftigten des Beklagten zur Tätigkeit in Unternehmen iSd. § 5 Abs. 2 DWDG im dienstlichen Interesse liegt und die Einzelheiten zwischen dem Bund und dem Unternehmen vereinbart werden(§ 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 DWDG). Den übrigen Regelungen des DWDG kann nicht entnommen werden, dass der Beklagte nunmehr selbst Arbeitgeber ist. Dies gilt auch für § 8 Abs. 1 Satz 3 DWDG. Demnach erfolgt die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des Beklagten durch die Mitglieder des Vorstands. Hierbei handelt es sich um eine bloße Vertretungsregelung, welche den Inhalt der Arbeitsverhältnisse nicht berührt.

19

2. Die Passivlegitimation des Beklagten kann hier jedoch dahinstehen. Die Klage ist schon deshalb unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Weiterzahlung des Strukturausgleichs hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei entschieden.

20

a) Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 611 Abs. 1 BGB aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage. Es ist nicht ersichtlich, dass die Zahlung des Strukturausgleichs unabhängig von den unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst des Bundes erfolgen sollte.

21

aa) Von einem entsprechenden Regelungswillen wäre nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte auszugehen, weil Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Zweifel lediglich Normvollzug betreiben wollen und ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes deshalb nur auf eine korrekte Anwendung der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen vertrauen darf (BAG 13. November 2014 - 6 AZR 1102/12 - Rn. 26; 31. Juli 2014 - 6 AZR 955/12 - Rn. 21; 28. Januar 2009 - 4 AZR 904/07 - Rn. 24 f.).

22

bb) Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Insbesondere konnte der Kläger dem Schreiben des Beklagten vom 30. Januar 2006 keine einzelvertragliche Zusage des begehrten Strukturausgleichs entnehmen. Zwar wird dort angeführt, dass der Kläger ab dem 1. Oktober 2009 dauerhaft einen monatlichen Strukturausgleich iHv. 100,00 Euro brutto erhalte. Diese Aussage steht aber offensichtlich im Zusammenhang mit der Umsetzung der tariflichen Vorgaben bei der Überleitung in den TVöD. In dem besagten Schreiben wird dies durch die Mitteilung klargestellt, dass die „Umstellung“ des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des TVÜ-Bund erfolge. Die anschließenden Ausführungen erläutern die sich daraus aus Sicht des Beklagten ergebenden Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis des Klägers. Hinsichtlich des Strukturausgleichs hat der Beklagte angeführt, dass dessen Zahlung nur „vorbehaltlich noch ausstehender, ergänzender Regelungen“ erfolge. Damit wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Strukturausgleich nicht einzelvertraglich zugesichert werden soll, sondern von der tariflichen Ausgestaltung abhängen soll. Der Vorbehalt bezieht sich auf die damit verbundene Ungewissheit künftiger tariflicher Regelungen. Es sollte gerade kein Vertrauen des Klägers in eine zeitlich unbegrenzte Zahlung begründet werden. Seine Auffassung, wonach der Vorbehalt mit Aufnahme der Zahlungen seine Wirkung verlieren sollte, ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Gesamtzusammenhang des Schreibens vom 30. Januar 2006 vereinbar. Dieses Verständnis kann auch nicht aus dem Schreiben vom 9. Mai 2011 abgeleitet werden. Mit diesem wurde lediglich vor dem Hintergrund neuerer Rechtsprechung zum Strukturausgleich (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - BAGE 134, 184; LAG Baden-Württemberg 15. Dezember 2010 - 13 Sa 73/10 -) ein erneuter Vorbehalt erklärt. Dies entspricht der Bindung des Strukturausgleichs an die tariflichen Vorgaben. Konsequenterweise wird auch in diesem Schreiben auf § 12 TVÜ-Bund Bezug genommen.

23

b) Ein tariflicher Anspruch auf den begehrten Strukturausgleich besteht nicht. § 12 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund iVm. der Anlage 3 TVÜ-Bund sieht bei einer Überleitung in die Entgeltgruppe 12 TVöD keinen Strukturausgleich vor, wenn der Arbeitnehmer - wie der Kläger - bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund in die Vergütungsgruppe IIa BAT eingruppiert ist. Eine ergänzende Auslegung im Sinne der Revision kommt nicht in Betracht.

24

aa) Nach dem Stichtagsprinzip des Strukturausgleichs (§ 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund) und der Überschrift in Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle der Anlage 3 TVÜ-Bund ist Stichtag für den Anspruch auf den Strukturausgleich der erste Geltungstag des neuen Tarifrechts und maßgeblich die Vergütungsgruppe „bei In-Kraft-Treten TVÜ“. Gleiches gilt für die Ortszuschlagsstufe und die Lebensalterstufe. Für den Strukturausgleich kommt es damit ausschließlich auf die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Verhältnisse an. Er soll die Exspektanzverluste ausgleichen, die im Vergleich zur Vergütungsentwicklung bei Weitergeltung des BAT eintreten. Basis für die Vergleichsberechnung der Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund war der bei dessen Ablösung durch den TVöD erreichte Ist-Zustand. Dies ist mit einem Rückgriff auf die Ausgangsvergütungsgruppe in der Spalte 2 der Tabelle nicht zu vereinbaren (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 69; vgl. auch Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV F § 12 Stand Januar 2013 Rn. 11, 12; Stier öAT 2013, 35; Chipkovenska ZBVR online 2013, 27, 29; Thoms ArbRAktuell 2013, 78). Der im Klammerzusatz in § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund sowie in der Überschrift der Spalte 2 der Strukturausgleichstabelle verwendete Begriff der „Vergütungsgruppe“ differenziert nicht zwischen „originärer“ bzw. „Ausgangsvergütungsgruppe“ und insbesondere nicht danach, wie der Beschäftigte die am Stichtag maßgebliche Vergütungsgruppe erreicht hat. Er ist insoweit unspezifisch. Der durchschnittliche Normunterworfene, der seinen vergütungsrechtlichen Werdegang und vor allem seine aktuelle Eingruppierung kennt, wird deshalb die Spalte 2 aufgrund des Zusatzes „bei In-Kraft-Treten TVÜ“ dahin verstehen, dass die Vergütungsgruppe maßgeblich sein soll, aus der er bei Inkrafttreten des TVöD seine Vergütung bezog, ohne danach zu differenzieren, ob er „originär“ dort eingruppiert war oder im Wege des Aufstiegs dorthin gelangt war (vgl. zu § 12 Abs. 1 TVÜ-Länder BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 89).

25

bb) Eine ergänzende Auslegung der Anlage 3 TVÜ-Bund dahin gehend, dass ein Strukturausgleich auch den zunächst aus der Vergütungsgruppe III BAT in die Vergütungsgruppe IIa BAT aufgestiegenen und dann in die Entgeltgruppe 12 TVöD übergeleiteten Beschäftigten zusteht, ist nicht möglich.

26

(1) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 512/12 - Rn. 59; 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29, BVerfGK 17, 203 ).

27

(2) Es ist schon nicht erkennbar, dass die von der Revision angenommene unbewusste Regelungslücke besteht. Die Tarifvertragsparteien haben in der Strukturausgleichstabelle der Anlage 3 TVÜ-Bund eine Vielzahl von Konstellationen geregelt. Die Tabelle ist nicht durchgehend stimmig (vgl. zur Auslegung des Merkmals „Aufstieg - ohne“ BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 59 ff.; 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 19 ff., BAGE 134, 184). Es ist daher grundsätzlich nicht feststellbar, ob eine in der Tabelle nicht berücksichtigte Kombination bewusst oder unbewusst keine Berücksichtigung gefunden hat. Dies gilt auch bei einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT nach Aufstieg aus der Vergütungsgruppe III BAT (vgl. zum TVÜ-Länder BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 30 bis 32).

28

(3) Sollte die Strukturausgleichstabelle der Anlage 3 TVÜ-Bund bezüglich der vor der Überleitung in die Entgeltgruppe 12 TVöD in die Vergütungsgruppe IIa BAT aufgestiegenen Arbeitnehmer eine unbewusste Regelungslücke enthalten, könnte diese nicht - wie von der Revision angenommen - durch eine ergänzende Auslegung geschlossen werden. Eine tarifliche Regelung wäre wegen mehrerer Möglichkeiten der Lückenschließung den Tarifvertragsparteien vorbehalten.

29

(a) Dies wird schon dadurch deutlich, dass die Tarifvertragsparteien entsprechend den in der Strukturausgleichstabelle vorgesehenen Differenzierungen einen Strukturausgleich in unterschiedlicher Höhe und Dauer vornehmen könnten. Allein für die Entgeltgruppe 12 TVöD sieht die Strukturausgleichstabelle monatliche Bruttobeträge zwischen 50,00 Euro und 100,00 Euro und eine Dauer der Gewährung zwischen drei Jahren und dauerhafter Leistung vor.

30

(b) Die dem Kläger bis einschließlich März 2011 gewährte Leistung von 100,00 Euro brutto könnte keinen Maßstab für die Lückenschließung darstellen. Es handelt sich hierbei nur um eine Arbeitgeberleistung und nicht um eine Tarifpraxis, die einen Rückschluss auf den Willen der Tarifvertragspartner bei Vertragsabschluss erlauben würde (vgl. BAG 22. Oktober 2009 - 6 AZR 500/08 - Rn. 27). Abweichendes ergibt sich nicht aus dem von der Revision herangezogenen Urteil des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. November 1998 (- 3 AZR 432/97 - zu I 2 b der Gründe). In diesem Falle wurde „unter den besonderen Umständen des Einzelfalles“ eine Tariflücke in einem Versorgungstarifvertrag entsprechend einer Handhabung des Arbeitgebers geschlossen. Allerdings ließ sich hier aus Unterlagen und Auskünften der tarifschließenden Gewerkschaften ableiten, dass diese die entsprechende Praxis des tarifschließenden Arbeitgebers nicht nur hingenommen hatten. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien war erkennbar. Zudem gingen die Tarifvertragsparteien davon aus, dass die Handhabung durch den Arbeitgeber der materiellen Rechtslage entspreche. Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Gegenteil bestanden zwischen den Tarifvertragsparteien bezüglich des Strukturausgleichs im Detail erhebliche Differenzen (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 48 ff.). Dies stünde der Ermittlung des mutmaßlichen Willens der Tarifvertragsparteien entgegen. Eine „übereinstimmende Handhabungspraxis“ der Tarifvertragsparteien lag jedenfalls nicht vor. Die Zahlungen des Beklagten wurden lediglich nicht beanstandet.

31

cc) Sollten die Tarifvertragsparteien für die von der Vergütungsgruppe IIa BAT in die Entgeltgruppe 12 TVöD übergeleiteten Arbeitnehmer bewusst keinen Strukturausgleich vorgesehen haben, würde dies nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

32

(1) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl. BAG 3. Juli 2014 - 6 AZR 1067/12 - Rn. 25; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12  - Rn. 43 ; 21. November 2013 -  6 AZR 23/12  - Rn. 58 ). Tarifvertragsparteien sind durch Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht gehindert, für bestimmte Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen(vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 ua. - zu C III der Gründe, BVerfGE 87, 1). Stichtage sind als Ausdruck einer pauschalisierenden Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Zeitpunktes am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist. Eine Umstellung von Vergütungssystemen wäre ohne Stichtagsregelungen nicht durchführbar (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 33 mwN; 17. April 2013 - 4 AZR 770/11 - Rn. 26).

33

(2) Demnach hätten die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Bei dem Abstellen auf die bei Inkrafttreten des TVÜ-Bund geltende Vergütungsgruppe handelt es sich um eine sachlich begründete Stichtagsregelung. Die Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TVöD nach Maßgabe des TVÜ-Bund stellt eine einschneidende Zäsur dar, welche es rechtfertigt, auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt seiner Überleitung auch bezüglich des Strukturausgleichs abzustellen. Dies entspricht der Zielsetzung des Strukturausgleichs. Ausgehend von dem bei der Überleitung erreichten Status quo soll der Strukturausgleich typische „Exspektanzverluste“ ausgleichen. Welche Verluste davon erfasst werden und wie der Ausgleich erfolgen soll, liegt grundsätzlich im Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Die Revision verkennt die Reichweite dieser Gestaltungsmacht, von der die Tarifvertragsparteien hier in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht haben. Sie bedachten bei der Ausgestaltung des Strukturausgleichs nicht nur den Aufstieg in den Lebensalterstufen und den Ortszuschlag, sondern auch den in verschiedenen Vergütungsgruppen möglichen Bewährungsaufstieg (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 261/11 - Rn. 46). Bei dieser typisierenden Betrachtungsweise durften die Tarifvertragsparteien zu dem Schluss kommen, dass bei einer Überleitung aus der Vergütungsgruppe IIa BAT in die Entgeltgruppe 12 TVöD kein Strukturausgleich erfolgen soll. Sie konnten bei der zukunftsbezogenen Betrachtungsweise berücksichtigen, dass ein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IIa BAT vor der Überleitung zu einem höheren Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-Bund führte und ein weiterer Bewährungsaufstieg nicht mehr möglich gewesen wäre. Dabei ergeben sich zwangsläufig - wie im Fall des Klägers - Härten, wenn der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IIa BAT relativ zeitnah vor der Überleitung erfolgte. Hanau (ZTR 2009, 403, 409) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beschäftigten der Vergütungsgruppe III BAT ohne Aufstieg vor der Überleitung besserstehen, obwohl sie ebenfalls in die Entgeltgruppe 12 TVöD übergeleitet wurden. Dies ist jedoch der Stichtagsregelung geschuldet. Eine sich im Einzelfall aus einer knappen Verfehlung des Stichtags ergebende Härte ist unvermeidbar (vgl. BVerfG 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - Rn. 73, BVerfGE 117, 272; BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 43, BAGE 140, 83).

34

c) Die Einstellung der Zahlung des Strukturausgleichs verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen Treu und Glauben. Zwar kann eine Rechtsausübung gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen(vgl. BAG 20. März 2013 - 10 AZR 744/11 - Rn. 28; 11. November 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 64). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Der Beklagte hat - wie dargelegt - kein Vertrauen des Klägers in die dauerhafte Zahlung eines Strukturausgleichs unabhängig von den tariflichen Vorgaben geweckt.

35

3. Entgegen der Auffassung der Revision ist das angefochtene Urteil nicht wegen einer Verkennung des § 563 Abs. 2 ZPO aufzuheben. Nach dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die einer Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Das vorliegend angegriffene Urteil erging nicht nach der Aufhebung eines vorangegangenen Berufungsurteils in einem Revisionsverfahren. Das Landesarbeitsgericht hat eine erstmalige Entscheidung getroffen.

36

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    K. Jerchel     

        

    Kammann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 10. Mai 2012 - 3 Sa 182/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einem Betriebsübergang bei Anwendung der Regelungen des TVöD (VKA) für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst.

2

Die Klägerin wurde 1988 von der beklagten Stadt als Kindergärtnerin in einer Kindertagesstätte eingestellt. In dieser Einrichtung ist sie bis heute ununterbrochen tätig. Mit Vertrag vom 1. Januar 1992 vereinbarten die Parteien, dass auf das Arbeitsverhältnis die Regelungen des BAT-O sowie die diesen ändernden, ergänzenden oder ersetzenden Tarifnormen Anwendung finden. Beide Seiten waren zudem tarifrechtlich an den BAT-O gebunden. Die Klägerin war damals bereits Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und ist es heute noch. Gleiches gilt bzgl. der Mitgliedschaft der Beklagten im Kommunalen Arbeitgeberverband.

3

Im Jahr 1996 übernahm der Kreisverband „W“ e. V. der Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Kindertagesstätte im Wege eines Betriebsübergangs. Unter dem 10. Dezember 1996 schloss die Klägerin mit der beklagten Stadt, dem übernehmenden Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt und dem Personalrat der Stadtverwaltung einen „Personalüberleitungsvertrag“, welcher auszugsweise wie folgt lautet:

        

㤠1

        

(1)     

Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband „W“ e. V., tritt unter Anwendung des § 613a BGB ohne Probezeit in das bestehende Arbeitsverhältnis ein und verpflichtet sich, ab dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges den MTV-G AWO für das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

        

(2)     

Die AWO rechnet die Beschäftigungszeit ab 09.11.1988 im Sinne der Tarifverträge in vollem Umfang an.

        

...“   

        
4

Die Klägerin war nicht aufgrund Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft an die Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt gebunden. In der Folgezeit wandte der neue Arbeitgeber diese Tarifverträge jedoch ohne Beanstandung durch die Klägerin an.

5

Zum 1. Januar 2002 erfolgte ein Übergang der Kindertagesstätte auf die Arbeiterwohlfahrt A gGmbH (AWO A gGmbH) in E. Anlässlich dieses von der Klägerin widerspruchslos hingenommenen Betriebsübergangs erfolgte kein Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags. Die Vergütung belief sich auf monatlich 2.109,98 Euro brutto.

6

Mit Wirkung zum 1. Juni 2010 wurde die Kindertagesstätte wieder von der Beklagten im Wege eines erneuten Betriebsübergangs übernommen. Die Klägerin widersprach auch diesem Betriebsübergang nicht. Ein neuer Arbeitsvertrag wurde auch anlässlich dieses Betriebsübergangs nicht geschlossen.

7

Seit dem 1. Juni 2010 findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung. Nach übereinstimmender Auffassung der Parteien sind die Regelungen für die Sparte Verwaltung maßgeblich. Anlage D.12 Nr. 3 der durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-V) (entspricht § 1 der Anlage zu Abschnitt VIII. Sonderregelungen (VKA) § 56 TVöD-BT-V)enthält besondere Regelungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst. In der aufgrund Änderungsvereinbarung Nr. 3 vom 27. Februar 2010 ab 1. Januar 2010 geltenden Fassung enthält Nr. 3 der Anlage D.12 zum TVöD-V ua. folgende Bestimmungen:

        

„(1) 1Bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften einschließlich Entgeltordnung richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst nach den Merkmalen des Anhangs zur Anlage C. 2Sie erhalten abweichend von § 15 Abs. 2 Entgelt nach der Anlage C.

        

(2) Anstelle des § 16 gilt Folgendes:

        

1Die Entgeltgruppen S 2 bis S 18 umfassen sechs Stufen. 2Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 3Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens vier Jahren, erfolgt in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. 5Bei Einstellung von Beschäftigten in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Abs. 3 Satz 3 und 4) oder zu einem Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, kann die in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden; Satz 4 bleibt unberührt. …“

8

Eine identische Regelung enthält § 12.2 der durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-B) (entspricht § 52 TVöD-BT-B) vom 1. August 2006 in der Fassung der Änderungsvereinbarung Nr. 3 vom 27. Februar 2010. Dieses Tarifwerk gilt gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. d TVöD-B unter bestimmten Voraussetzungen auch für Beschäftigte in Einrichtungen, die der Betreuung von Kindern dienen.

9

Die Beklagte vergütet die Klägerin seit dem 1. Juni 2010 nach der Entgeltgruppe S 8 als Erzieherin mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten in der Stufe 3. Ihr Grundentgelt beläuft sich damit auf 2.530,00 Euro brutto zzgl. einer VWL-Zulage von 6,65 Euro brutto. Die Personalleiterin der Beklagten erklärte der Klägerin, dass die Zuordnung zu einer höheren Stufe nicht in Betracht komme. Die Klägerin verlangte erfolglos eine Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe S 8. Mit ihrer am 14. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin dieses Ziel weiter.

10

Sie ist der Auffassung, dass sie so zu stellen sei, als ob sie durchgängig seit 1988 bei der Beklagten gearbeitet hätte. Dies ergebe sich aus den vertraglichen Vereinbarungen sowie aus den tariflichen Vorgaben. Der Vertrag vom 1. Januar 1992 verweise auf die Regelungen des BAT-O. Diese vertragliche Regelung sei zu keinem Zeitpunkt abgeändert worden. Folglich hätte das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in den am 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD übergeleitet werden müssen. Sie wäre dann seit 1. Oktober 2007 nach dessen Entgeltgruppe 9 in Stufe 4 vergütet worden. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 TVÜ-VKA wäre sie als Beschäftigte im Erziehungsdienst zum 1. November 2009 mit einer „individuellen Erhöhung der Entgeltstufe“ von 239,51 Euro brutto in die Entgeltgruppe S 8 Stufe 4 übergeleitet worden. Die Annahme dieser fiktiven Überleitung folge auch aus einer Auslegung der maßgeblichen Überleitungsvorschriften des TVÜ-VKA bei Berücksichtigung des Schutzes von Vorbeschäftigungszeiten gemäß § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG.

11

Die Regelungen in Nr. 3 der Anlage D.12 zum TVöD-V stünden dem nicht entgegen. Die Übernahme eines Beschäftigten im Wege eines Betriebsübergangs stelle als Fall der gesetzlichen Begründung eines Arbeitsverhältnisses keine „Einstellung“ im tariflichen Sinne dar. Der Fall des Betriebsübergangs sei von den Tarifvertragsparteien nicht berücksichtigt worden. Diese unbewusste Tariflücke sei im Wege der ergänzenden Auslegung dahin gehend zu schließen, dass bei der Stufenzuordnung die im übernommenen Betrieb erbrachten Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen seien. Würde man demgegenüber die Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Wege eines Betriebsübergangs als „Einstellung“ nach Nr. 3 der Anlage D.12 zum TVöD-V ansehen, so müsste ihre Berufserfahrung und Beschäftigungszeit nach den Sätzen 3 bis 5 der Vorschrift berücksichtigt werden.

12

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. Juni 2010 nach der Entgeltgruppe S 8, Stufe 4 zuzüglich einer individuellen Stufenerhöhung von 239,51 Euro brutto zu vergüten.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin sei nach Nr. 3 der Anlage D.12 zum TVöD-V hinsichtlich der Stufenzuordnung wie eine erstmals eingestellte Beschäftigte zu behandeln. Die vormals bestehende Inbezugnahme des BAT-O sei aufgrund der Neuregelung im Personalüberleitungsvertrag entfallen. Mangels Bestands eines Arbeitsverhältnisses zu einem öffentlichen kommunalen Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Stichtage des TVÜ-VKA habe auch keine Überleitung in den TVöD stattgefunden. Die Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8 in der Stufe 3 entspreche Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob gemäß übereinstimmender Ansicht der Parteien der TVöD-V oder aber in Wirklichkeit der TVöD-B anzuwenden ist, weil die jeweiligen einschlägigen Regelungen identisch sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung nach Entgeltgruppe S 8 in der Stufe 4 TVöD (VKA).

16

A. Das Arbeitsverhältnis ging nicht zum 1. Juni 2010 gemäß § 613a Abs. 1 BGB mit dem Inhalt auf die Beklagte über, den es durch eine Überleitung nach Maßgabe des TVÜ-VKA in den TVöD (VKA) während der Vorbeschäftigung erhalten hätte. Das Arbeitsverhältnis fiel zu den maßgeblichen Stichtagen weder auf vertraglicher noch tarifrechtlicher Grundlage in den Geltungsbereich des TVöD (VKA). Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Kreisverband „W“ e. V. der Arbeiterwohlfahrt und der AWO A gGmbH waren nur die Bestimmungen der Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt maßgeblich. Folglich fand auch die von der Klägerin reklamierte Überleitung gemäß § 28a TVÜ-VKA zum 1. November 2009 nicht statt.

17

I. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gilt dieser Tarifvertrag für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Arbeitsverhältnis zu einem tarifgebundenen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedverbands der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände(VKA) ist, über den 30. September 2005 hinaus fortbesteht, und die am 1. Oktober 2005 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen, für die Dauer des ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Die Überleitungsregelungen des TVÜ-VKA beziehen sich gemäß § 3 TVÜ-VKA nur auf die von § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA erfassten Beschäftigten. Dies gilt auch für die Vorgaben zur Stufenzuordnung gemäß §§ 6, 7 TVÜ-VKA. Nur soweit im TVÜ-VKA ausdrücklich bestimmt, gelten die Vorschriften des TVÜ-VKA auch für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber iSd. § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA nach dem 30. September 2005 beginnt und die unter den Geltungsbereich des TVöD fallen (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA).

18

Der TVÜ-VKA sieht unter Abschnitt IVa besondere Regelungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst vor. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA werden die unter den Anhang zu der Anlage C (VKA) zum TVöD fallenden Beschäftigten(§ 1 Abs. 1 und 2 TVÜ-VKA) am 1. November 2009 in die Entgeltgruppe, in der sie nach dem Anhang zu der Anlage C (VKA) zum TVöD eingruppiert sind, übergeleitet. Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA bestimmt sich die Stufenzuordnung in der neuen Entgeltgruppe nach § 28a Abs. 2 TVÜ-VKA.

19

II. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin unterfiel weder am 30. September 2005 noch am 1. November 2009 dem TVöD (VKA) und damit auch nicht dem TVÜ-VKA. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit Trägern der Arbeiterwohlfahrt, dh. von 1996 bis zum 31. Mai 2010, waren vielmehr die Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt maßgeblich.

20

1. Die im Arbeitsvertrag von 1992 vereinbarte dynamische Verweisung auf den BAT-O wurde anlässlich des Betriebsübergangs auf den Kreisverband „W“ e. V. der Arbeiterwohlfahrt im Jahr 1996 durch § 1 Abs. 1 des Personalüberleitungsvertrags vom 10. Dezember 1996 aufgehoben und durch eine Verweisung auf den Manteltarifvertrag der Arbeiterwohlfahrt (MTV-G AWO) ersetzt. Diese erfasste auch die tariflichen Vergütungsregelungen im Bereich der Arbeiterwohlfahrt. Der Personalüberleitungsvertrag ist dahin gehend auszulegen. Rechtliche Bedenken gegen eine solche Vertragsänderung bestehen nicht.

21

a) Der Senat kann die Auslegung des Personalüberleitungsvertrags selbst vornehmen. Schon das formalisierte Erscheinungsbild des Vertrags spricht dafür, dass es sich um typische Vertragsbedingungen in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen handelt, welche das Revisionsgericht selbst auslegen kann (vgl. BAG 15. Juni 2010 - 3 AZR 994/06 - Rn. 24). Würde es sich bei dem Vertrag dagegen um einen sog. atypischen Vertrag handeln, so wäre dessen Auslegung zwar vorrangig Sache des Tatsachengerichts und in der Revision nur in Grenzen nachprüfbar. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht jedoch eine Auslegung des Personalüberleitungsvertrags nicht vorgenommen. Da die Auslegung nicht mehr von der Feststellung besonderer Umstände des Einzelfalls abhängt, sondern sie lediglich aus der Vertragsurkunde selbst und der allgemeinen Stellung der Vertragsparteien zueinander im Hinblick auf das abgeschlossene Rechtsgeschäft zu entnehmen ist, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen (vgl. BAG 27. Oktober 2004 - 10 AZR 138/04 - zu II 2 a der Gründe). Darauf, ob nur eine einzige Auslegung möglich ist, kommt es nicht an (BAG 24. Februar 2011 - 6 AZR 626/09 - Rn. 27 mwN).

22

b) Sowohl der Auslegungsmaßstab für atypische als auch der Maßstab für typische Verträge führt zu dem Ergebnis, dass die Parteien des Personalüberleitungsvertrags anlässlich des Betriebsübergangs die vorher bestehende dynamische Verweisung auf den BAT-O durch eine Verweisung auf die Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt ersetzt haben. Dies ergibt der nach beiden Auslegungsmaßstäben maßgebliche Wortlaut des Vertrags sowie dessen Sinn und Zweck. In § 1 Abs. 1 des Vertrags verpflichtet sich der Kreisverband „W“ e. V. der Arbeiterwohlfahrt zur Anwendung des MTV-G AWO ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Daraus ergibt sich eindeutig, dass nunmehr dieses Tarifwerk für die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen maßgeblich sein soll. Da der Manteltarifvertrag in das Tarifsystem der Arbeiterwohlfahrt eingebettet war, erstreckt sich die Verweisung auch auf die ergänzenden Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt einschließlich der Vergütungsregelungen. Eine nur punktuelle Verweisung auf den Manteltarifvertrag unter Beibehaltung des BAT-O im Übrigen hätte keinen Sinn gemacht. Dementsprechend wird in § 1 Abs. 2 des Vertrags die Beschäftigungszeit auch im Sinne der „Tarifverträge“ angerechnet.

23

Mit dieser Vertragsänderung war die Klägerin ausweislich ihrer Unterschrift einverstanden. Ihr nunmehriges Verständnis, dass lediglich die Arbeitgeberseite sich einer Verpflichtung unterzogen habe, ist nicht überzeugend. Die Vereinbarung der Anwendbarkeit tariflicher Regelungen führt zwangsläufig zu einer Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, welche für beide Seiten Rechte und Pflichten begründet. § 1 Abs. 1 des Vertrags beinhaltet auch nicht nur eine Klarstellung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses. Die Regelung bezieht sich ausdrücklich auf die Anwendung eines neuen Tarifwerks und bestätigt damit gerade nicht den bisherigen Inhalt des Vertragsverhältnisses.

24

c) Die Parteien des Personalüberleitungsvertrags waren an einer solchen Neuregelung nicht gehindert. Sie konnten ihr Arbeitsverhältnis anlässlich des Betriebsübergangs einzelvertraglich auf eine neue Rechtsgrundlage stellen, die fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein sollte (BAG 5. September 2012 - 4 AZR 750/10 - Rn. 21). Die Veränderungssperre des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht entgegen. Gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB werden Rechtsnormen eines Tarifvertrags zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Regelungsgegenstand ist nur die Aufrechterhaltung der kollektiv-rechtlich geregelten Arbeitsbedingungen. Es geht um den Erhalt von ursprünglich normativ begründeten Besitzständen nach einem Betriebsübergang, in dessen Folge die Voraussetzungen für eine normative Weitergeltung entfallen sind (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 21). Einzelvertraglich begründete Vertragsbedingungen unterfallen demgegenüber dem Regelungsbereich des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser sieht kein Verbot der Abänderung einzelvertraglicher Regelungen vor, weshalb die Arbeitsvertragsparteien auch anlässlich eines Betriebsübergangs privatautonom Vertragsänderungen vornehmen können.

25

2. Neben der einzelvertraglichen Inbezugnahme des BAT-O galt dieser bis zum Betriebsübergang wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit auch normativ gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Insoweit gilt § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB. Die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Normen behalten auch beim Betriebserwerber ihren kollektiv-rechtlichen Charakter bei(vgl. ausführlich BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 61 ff., BAGE 130, 237). Allerdings können die Rechte und Pflichten schon vor Ablauf der Jahresfrist gemäß § 613a Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 BGB auch zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden, wenn bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien des Personalüberleitungsvertrags, wie dargelegt, vorgenommen. Unstreitig war die Klägerin an die Tarifverträge der Arbeiterwohlfahrt nicht gebunden, es fehlte damit die beiderseitige Tarifgebundenheit. Die Klägerin vereinbarte mit dem neuen Betriebsinhaber die Anwendung eines einschlägigen Tarifwerks der Arbeiterwohlfahrt. Anderes hat die Klägerin auch nicht behauptet.

26

3. Ungeachtet der durch den Personalüberleitungsvertrag vorgenommenen Abbedingung des BAT-O hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass ansonsten sowohl die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangene Inbezugnahme des BAT-O als auch dessen durch § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB angeordnete kollektiv-rechtliche Fortgeltung nur mit statischer Wirkung erfolgt wäre. Eine nach dem Betriebsübergang erstmals durch den TVÜ-VKA geregelte Überleitung auf den TVöD hätte auch dann nicht stattgefunden.

27

a) Bei der Inbezugnahmeklausel des Arbeitsvertrags von 1992 handelte es sich um eine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die nach dem Betriebsübergang auf einen tarifungebundenen Erwerber nur noch statisch wirkt (vgl. zB BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 320/10 - Rn. 29; 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 29).

28

Die Frage einer ergänzenden Vertragsauslegung wegen der bezüglich der Ablösung des BAT-O durch den TVöD nachträglich entstandenen Vertragslücke (vgl. zur Tarifsukzession BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 30 ff.) stellt sich wegen des Wegfalls der ursprünglich vereinbarten Dynamik nicht. Aus der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG ergibt sich nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Erwerber durch andere Kollektivverträge als die zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden binden und demnach verpflichten wollte, die Arbeitsbedingungen später durch die Anwendung eines neuen, nach dem Übergang geschlossenen Kollektivvertrags zu ändern (EuGH 9. März 2006 - C-499/04 - [Werhof] - Rn. 29, Slg. 2006, I-2397; ebenso zB BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 52).

29

b) Hinsichtlich der Überleitung der normativ geltenden Tarifvertragsregelungen gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB wäre ebenfalls eine statische Fortgeltung erfolgt. Dabei werden die Normen mit dem Tarifstand zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses, den sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs aufweisen. Werden diese Normen nachträglich verändert, wirkt sich diese Veränderung nicht auf den Inhalt der übergegangenen Normen aus (vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 83, BAGE 130, 237; 16. Mai 2012 4 AZR 321/10 - Rn. 32).

30

B. Seit dem Betriebsübergang auf die Beklagte zum 1. Juni 2010 gelten die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Diese geben der Klägerin jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Stufenzuordnung.

31

I. Die Regelungen des TVÜ-VKA kommen nicht zur Anwendung. Entgegen der Auffassung der Revision können § 1 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 TVÜ-VKA nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass im Falle eines Betriebsübergangs, der aufgrund nunmehr beiderseitiger Tarifbindung die Anwendbarkeit des TVöD (VKA) auf das Arbeitsverhältnis zur Folge hat, eine fiktive Überleitung in den TVöD (VKA) erfolgen muss, wenn das Arbeitsverhältnis beim Betriebsveräußerer nicht den Regelungen des TVöD (VKA) unterfiel. Weder Wortlaut noch Zusammenhang oder Zweck der Überleitungsvorschriften lassen eine solche Auslegung zu.

32

1. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA und des § 28a Abs. 1 TVÜ-VKA ist eindeutig. Der TVÜ-VKA gibt klare Stichtage bzgl. der Überleitung vor. Arbeitsverhältnisse, die zu den Stichtagen nicht dem Geltungsbereich des TVöD (VKA) unterfielen, werden eindeutig nicht erfasst. Hiervon kann nur durch eine ausdrückliche tarifliche Regelung abgewichen werden (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA).

33

2. Gegen eine fiktive Überleitung spricht auch der Zusammenhang mit den Vorschriften des TVöD-AT (VKA). Während sich der TVÜ-VKA mit der Überleitung zu den Stichtagen bereits bestehender Arbeitsverhältnisse befasst, regelt der TVöD-AT (VKA) in § 16 Abs. 2 bis 3 die Stufenzuordnung für neu eingestellte Arbeitnehmer. Die Regelungen beziehen sich auch auf die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten. Dabei handelt es sich um einen gänzlich anderen Sachverhalt als die in § 7 Abs. 1 TVÜ-VKA geregelte Überleitung bereits beschäftigter Arbeiter in den TVöD(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 19). Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien im TVöD (VKA) ein differenziertes Entgeltsystem einschließlich besonderer Vorschriften zur Stufenzuordnung geschaffen haben. Mit diesen klaren Vorgaben lässt sich die von der Revision angeführte Auslegung des TVÜ-VKA im Sinne einer fiktiven Überleitung nicht vereinbaren. Eine solche, gleichsam rückwirkende, Überleitung wäre systemfremd.

34

II. Die Klägerin kann die begehrte Stufenzuordnung nicht gemäß Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V iVm. Anlage C zum TVöD-V beanspruchen. Dabei kann dahinstehen, ob der Übergang eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 1 BGB eine „Einstellung“ gemäß Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V darstellt oder ob insoweit eine Tariflücke vorliegt. Wird die gesetzliche Begründung eines Arbeitsverhältnisses in Folge eines Betriebsübergangs von Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V erfasst, so ist die Beklagte nach diesen tariflichen Vorgaben nicht zur Vergütung der Klägerin nach Stufe 4 der Entgeltgruppe S 8 verpflichtet. Handelt es sich dagegen um keine „Einstellung“ gemäß Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V, so besteht eine Tariflücke. Eine ergänzende Auslegung zur Schließung dieser Lücke darf der Senat jedoch nicht vornehmen. Folglich besteht auch in diesem Fall keine tarifliche Anspruchsgrundlage für die begehrte Stufenzuordnung.

35

1. Unterfällt die Begründung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs dem Begriff der „Einstellung“ gemäß Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V, so hat die Beklagte die Stufenzuordnung zutreffend ohne Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V vorgenommen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt nicht vor.

36

a) Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V sieht keine zwingende Berücksichtigung der Beschäftigungszeit bei dem Betriebsveräußerer vor. Hierdurch wird Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

37

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Parteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weitgehender Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 15 mwN). Die tarifliche Berücksichtigung von Beschäftigungs- und Tätigkeitszeiten kann in Tarifverträgen in sehr verschiedener Weise geregelt werden. Den Tarifvertragsparteien ist es dabei grundsätzlich freigestellt zu bestimmen, welche Zeiten welcher Tätigkeiten sie tariflich in welcher Form berücksichtigen wollen (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 42, BAGE 124, 240).

38

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt hier keine Verletzung des Gleichheitssatzes vor.

39

(1) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 25).

40

(2) Die Gleichbehandlung von Einstellungen aufgrund vertraglicher Neubegründung und gesetzlicher Begründung wegen eines Betriebsübergangs in Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V ist gerechtfertigt, wenn es durch den Übergang zu einem Wechsel von einem privaten zu einem öffentlichen Arbeitgeber kommt. Der Beschäftigte kennt dann zwar den Betrieb, er war aber bisher in einem typischerweise andersartigen Umfeld tätig. Dementsprechend durften die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass der Einsatz der erworbenen Berufserfahrung erst nach einer gewissen Eingewöhnungszeit zur Geltung kommt und insoweit eine Vergleichbarkeit mit der erstmaligen vertraglichen Begründung eines Arbeitsverhältnisses besteht (vgl. bezüglich der Stufenzuordnung in § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L BAG 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 14, BAGE 135, 313). Anders kann es sich bei einer Einstellung in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst darstellen. Diese Situation haben die Tarifvertragsparteien jedoch in Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 der Anlage D.12 zum TVöD-V besonders geregelt und dem öffentlichen Arbeitgeber einen entsprechenden Ermessensspielraum bei der Stufenzuordnung zugebilligt. Der Wechsel von einem Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet und daher typischerweise eine strukturelle Ähnlichkeit zum öffentlichen Dienst aufweist, wurde ebenfalls in der Tarifvorschrift bedacht. Damit wurde den verschiedenen Konstellationen Rechnung getragen.

41

b) Auch § 613a Abs. 1 BGB iVm. gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zwingt nicht zu einer Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer beim Betriebserwerber nach den bei diesem geltenden Tarifvorschriften keine Verschlechterungen der Vergütung wegen Nichtberücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten hinnehmen muss. Im vorliegenden Fall ist eine Verschlechterung nicht erkennbar.

42

aa) Es ist den Tarifvertragsparteien nicht verwehrt, bei der Festlegung von Kriterien für die Bemessung von Vergütungsbestandteilen den in der Vergangenheit absolvierten Beschäftigungszeiten eines Arbeitnehmers, die dieser unmittelbar bei seinem Arbeitgeber erbracht hat, größere Bedeutung beizumessen als denjenigen, die er bei einem anderen Arbeitgeber erbracht hat, auch wenn das Arbeitsverhältnis von dem anderen Arbeitgeber auf den aktuellen Arbeitgeber nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen ist. § 613a BGB gewährt Bestandsschutz. Die Vorschrift schützt die Arbeitnehmer gegen den durch den Betriebsübergang bewirkten Verlust von Rechtspositionen, die sie bei ihrem bisherigen Arbeitgeber gehabt haben. Soweit diese durch den Zeitraum der bisherigen Beschäftigung beeinflusst sind, nehmen auch diese Beschäftigungszeiten an dem durch § 613a BGB bewirkten Schutz teil. Dies gilt aber nur für solche Rechte, die bereits bei dem Veräußerer bestanden haben. Soweit Rechte erst bei dem Erwerber begründet werden, die vorher nicht bestanden haben, ist der Schutz für den Bestand einzelner Elemente des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht gewährleistet. Dies gilt insbesondere, wenn die Rechte erst in einem Zeitraum nach Durchführung des Betriebsübergangs begründet werden und vom Arbeitnehmer somit erst beim Betriebserwerber erlangt werden können (BAG 9. April 2008 - 4 AZR 184/07 - Rn. 27, 28).

43

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat zur Richtlinie 77/187/EWG entschieden, dass die Richtlinie die Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens gewährleisten soll, indem sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen, wie sie mit dem Veräußerer vereinbart waren. Das Dienstalter, das die übernommenen Arbeitnehmer bei ihrem früheren Arbeitgeber erworben haben, stellt als solches kein Recht dar, das die Arbeitnehmer gegenüber ihrem neuen Arbeitgeber geltend machen könnten. Das Dienstalter dient vielmehr dazu, bestimmte finanzielle Rechte der Arbeitnehmer zu bestimmen, und diese Rechte müssen gegebenenfalls vom Erwerber in gleicher Weise, wie sie beim Veräußerer bestanden, aufrechterhalten werden (EuGH 14. September 2000 - C-343/98 - [Collino und Chiappero] Rn. 50, Slg. 2000, I-6659; ebenso BAG 19. September 2007 - 4 AZR 714/06 - Rn. 25).

44

Mit seiner Entscheidung in der Sache “Scattolon“ vom 6. September 2011 (- C-108/10 - Slg. 2011, I-7491) hat der EuGH diese Rechtsprechung zur Richtlinie 77/187/EWG in der Fassung der Richtlinie 98/50/EG und schließlich zur Richtlinie 2001/23/EG fortgeführt. Zudem hat er ausgeführt, dass die Inanspruchnahme der Möglichkeit, die für die übergegangenen Arbeitnehmer nach dem beim Veräußerer geltenden Tarifvertrag vorgesehenen Arbeitsbedingungen mit sofortiger Wirkung durch die zu ersetzen, die nach dem beim Erwerber geltenden Tarifvertrag vorgesehen sind, nicht zum Ziel oder zur Folge haben darf, dass diesen Arbeitnehmern insgesamt schlechtere Arbeitsbedingungen als die vor dem Übergang geltenden auferlegt werden (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 76, aaO). Bezogen auf die Vergütung hat der EuGH entschieden, dass es dem Richtlinienziel zuwider liefe, wenn Arbeitnehmer erhebliche Kürzungen ihres Arbeitsentgelts hinnehmen müssten, weil ihr Dienstalter nicht in dem Maße berücksichtigt werde, wie es erforderlich sei, um die Höhe des Arbeitsentgelts in etwa beizubehalten (vgl. EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Tenor Nr. 2 und Rn. 81, aaO mit Verweis auf EuGH 11. November 2004 - C-425/02 - [Delahaye] Rn. 34, Slg. 2004, I-10823).

45

bb) Die Entscheidung in der Sache „Scattolon“ hat in der Literatur eine Diskussion darüber ausgelöst, ob der EuGH damit ein allgemeines Verschlechterungsverbot („insgesamt schlechtere Arbeitsbedingungen“) oder nur die Unvereinbarkeit einer erheblichen Kürzung des Arbeitsentgelts wegen Nichtberücksichtigung des beim Veräußerer erreichten Dienstalters festgestellt hat (gegen die Feststellung eines allgemeinen Verschlechterungsverbots: Winter RdA 2013, 36, 38; Sittard/Flockenhaus NZA 2013, 652, 654 f.; Willemsen RdA 2012, 291, 302; aA Sagan EuZA 2012, 247, 252; Steffan NZA 2012, 473, 475; zweifelnd Leder/Rodenbusch EWiR 2011, 737; Grau in Henssler/Moll/Bepler Der Tarifvertrag Teil 15 Rn. 104b; von Steinau-Steinrück NJW-Spezial 2012, 434, 435).

46

cc) Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage keiner Entscheidung. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sich ihre Arbeitsbedingungen durch den Betriebsübergang insgesamt verschlechtert hätten. Ihre Klage ist allein auf die Stufenzuordnung, dh. auf die Vergütungshöhe, gerichtet. Problematisch wäre eine Verminderung ihres Arbeitsentgelts. Eine solche liegt aber nicht vor. Die Klägerin hat beim Betriebsveräußerer unbestritten 2.109,98 Euro brutto als Grundvergütung monatlich verdient. Bei der Beklagten erzielt sie demgegenüber in der Entgeltgruppe S 8 in der Stufe 3 TVöD (VKA) 2.530,00 Euro brutto als Grundentgelt. Es liegt daher eine wesentliche Einkommenserhöhung und keine Kürzung des Arbeitsentgelts vor, die evtl. vom Betriebserwerber verhindert werden müsste.

47

c) Die Beklagte hat die Stufenzuordnung zutreffend gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V vorgenommen.

48

aa) Gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V erfolgt „in der Regel“ eine Zuordnung zur Stufe 3, wenn eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens vier Jahren vorliegt. Die einschlägige Berufserfahrung hat die Beklagte der Klägerin zugestanden. Entgegen der Auffassung der Revision musste die Beklagte die Begründung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs nicht dahin gehend berücksichtigen, dass ein Sonderfall vorliegt, der eine Abweichung von der Regel darstellt und deshalb eine Zuordnung in eine höhere Stufe begründen muss.

49

(1) Die Formulierung „in der Regel“ bedeutet, dass bei entsprechender einschlägiger Berufserfahrung der Arbeitgeber typischerweise die Zuordnung zur Stufe 3 vorzunehmen und nur zu beurteilen hat, ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine Abweichung von der Regelzuordnung zur Stufe 3 rechtfertigt (vgl. zu § 16 Abs. 3 Satz 2 TVöD (Bund) BVerwG 7. März 2011 - 6 P 15.10 - Rn. 41). Bezüglich der teilweise wortgleichen Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT (VKA) ist umstritten, ob es sich bei der Zuordnung zur Stufe 3 um eine Obergrenze handelt und eine höhere Stufenzuordnung ausschließlich im Rahmen der folgenden „Kann-Regelungen“ möglich ist (so Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Oktober 2009 Teil B 1 § 16 (VKA) Rn. 37) oder ob eine Abweichung in beide Richtungen erfolgen kann (so VG Frankfurt am Main 1. März 2010 - 23 K 4011/09.F.PV - Rn. 29; BeckOK TVöD/Felix Stand 1. Juli 2013 TVöD-AT § 16 (VKA) Rn. 16e).

50

(2) Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V eine Obergrenze vorsieht. Versteht man die Begründung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs als „Einstellung“ gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V, so liegt deshalb kein atypischer Fall bezüglich der Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung vor. Der Betriebsübergang ist dann für sich genommen kein Sonderfall, sondern nur eine Art der Einstellung. Die Beurteilung, ob ein atypischer Fall vorliegt, bezieht sich auf die Berufserfahrung und nicht auf die Umstände der Einstellung. Es soll die Berufserfahrung honoriert werden, die dem Beschäftigten bei der Tätigkeit, für die er eingestellt wird, zugutekommt (vgl. zu § 16 Abs. 2 TVöD (Bund) BAG 20. September 2012 - 6 AZR 211/11 - Rn. 23). Für die Nutzung der Berufserfahrung kann es unerheblich sein, ob das Arbeitsverhältnis vertraglich begründet wurde oder wegen eines Betriebsübergangs auf gesetzlicher Grundlage entstand.

51

Da die Klägerin dem Regelfall entsprechend der Stufe 3 zugeordnet wurde, ergibt sich aus Nr. 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V kein weiter gehender Anspruch.

52

bb) Ein Anspruch auf Zuordnung zur Stufe 4 besteht auch nicht gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 4 der Anlage D.12 zum TVöD-V. Es liegt schon keine Neueinstellung „zur Deckung des Personalbedarfs“ vor. Hierfür ist erforderlich, dass der Personalbedarf ohne die Berücksichtigung von Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit für die Stufenzuordnung quantitativ oder qualitativ nicht hinreichend abgedeckt werden kann (vgl. zu § 21a Abs. 4 BMT-G BAG 26. Juni 2008 - 6 AZR 498/07 - Rn. 29; zu § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 15). Die Vorschrift zielt darauf ab, Personalgewinnungsschwierigkeiten flexibel begegnen zu können (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juli 2011 Teil B 1 § 16 (VKA) Rn. 43; Spengler in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 16 Rn. 10).

53

Die Einstellung der Klägerin erfolgte nicht vor dem Hintergrund bestehender Personalgewinnungsschwierigkeiten. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund des Betriebsübergangs kraft Gesetzes überging. Die Klägerin musste nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags bewegt werden. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass die Beklagte im Falle eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses (§ 613a Abs. 6 BGB) in Personalgewinnungsschwierigkeiten geraten wäre. Vielmehr hat die Personalleiterin der Beklagten der Klägerin deutlich gemacht, dass die Zuordnung zu einer höheren Stufe nicht erfolgen werde. Der Widerspruch der Klägerin wurde damit in Kauf genommen. Die Beklagte hätte die Klägerin dann zur Deckung des Personalbedarfs durch eine andere Kraft ersetzen müssen. Die Klägerin führt nicht an, dass dies nicht möglich gewesen wäre.

54

cc) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 der Anlage D.12 zum TVöD-V.

55

(1) Es liegt keine Einstellung im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 Alt. 1 der Anlage D.12 zum TVöD-V vor. Die Klägerin war vor dem Betriebsübergang seit 1996 bei Untergliederungen der Arbeiterwohlfahrt beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war in dieser Zeit kein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst. Durch den Verweis auf § 34 Abs. 3 Satz 3 und 4 TVöD-V macht Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 der Anlage D.12 zum TVöD-V deutlich, dass ein solches Arbeitsverhältnis nur zu einem öffentlichen Arbeitgeber bestehen kann (vgl. zur Unterscheidung zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Arbeitgebern und zum Gedanken der Einheit des öffentlichen Dienstes: BAG 18. März 2010 - 6 AZR 918/08 - Rn. 28 bis 31). Die der Arbeiterwohlfahrt zuzurechnenden Arbeitgeber sind nicht öffentlich-rechtlich konstituiert und unterfallen nicht dem TVöD. Sie sind nichtöffentliche, dh. private Arbeitgeber.

56

(2) Allerdings kann gemäß Nr. 3 Abs. 2 Satz 5 Alt. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V die in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung auch ganz oder teilweise berücksichtigt werden, wenn eine Einstellung im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, erfolgt.

57

Zu Gunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass es sich bei den Tarifverträgen der Arbeiterwohlfahrt strukturell um dem TVöD vergleichbare Tarifverträge handelt. Dennoch besteht kein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Zuordnung zur Stufe 4. Der Vortrag der Klägerin wird ihrer Darlegungslast bezüglich der „erworbenen Stufe“ nicht gerecht. Die Klägerin macht keine Angaben, welcher Tarifvertrag der Arbeiterwohlfahrt vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte ihre Vergütung regelte. Dem Personalüberleitungsvertrag vom 10. Dezember 1996 ist nur zu entnehmen, dass ab dem Betriebsübergang auf den Kreisverband „W“ e. V. der Arbeiterwohlfahrt der MTV-G AWO Anwendung finden sollte. Die Klägerin hat weder behauptet, dass sie bis zuletzt aufgrund dieser statischen Verweisung nach diesem Tarifwerk vergütet wurde, noch hat sie die weitere Tarifentwicklung bis hin zur letzten Vergütung durch die AWO AJS gGmbH dargestellt. Es ist auch sonst nicht erkennbar, innerhalb welcher tariflichen Vergütungsstruktur sie zuletzt welche Stufe erworben hatte.

58

2. Handelt es sich bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund Betriebsübergangs um keine „Einstellung“ gemäß Nr. 3 Abs. 2 der Anlage D.12 zum TVöD-V, so besteht eine Tariflücke. Selbst bei Vorliegen einer unbewussten Regelungslücke kann der Senat hier aber keine ergänzende Tarifvertragsauslegung vornehmen. Folglich kann auch keine tarifliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch erkannt werden.

59

a) Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist. In einem solchen Fall haben die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich die Möglichkeit und die Pflicht, eine Tariflücke zu schließen, wenn sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern. Solange sie daran festhalten, hat sich eine ergänzende Auslegung an dem bestehenden System und dessen Konzeption zu orientieren. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung bleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (vgl. BAG 23. April 2013 - 3 AZR 23/11 - Rn. 29 mwN; vgl. auch BVerfG 29. März 2010 - 1 BvR 1373/08 - Rn. 29).

60

b) Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich ggf. um eine bewusste oder unbewusste Regelungslücke handelt. Jedenfalls bleibt den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung. Wie dargestellt, können die Tarifvertragsparteien bei Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf einen kommunalen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei einem privaten Arbeitgeber bei der Stufenzuordnung berücksichtigen oder nicht, solange sie die durch höherrangiges Recht gezogenen Grenzen beachten. Diese Ausgestaltung bleibt den Tarifvertragsparteien überlassen.

61

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge     

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz     

        

    Wollensak     

                 

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Berechnung der in Form von Startgutschriften ermittelten Rentenanwartschaften der sogenannten rentenfernen Versicherten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).

I.

2

1. Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der "Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe" vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser traf bestimmte Grundentscheidungen zur Zusatzversorgung. Die konkrete Ausgestaltung der Versorgungsansprüche ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.). Die hiernach vom Arbeitnehmer im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente beruhte auf dem sogenannten Gesamtversorgungsprinzip. Danach sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau der Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) stellte die VBL ihr Zusatzversorgungssystem um. Das Gesamtversorgungssystem wurde formell mit Ablauf des 31. Dezember 2000 geschlossen. Materiell gesehen wurde übergangsweise im Jahr 2001 das bisherige Satzungsrecht der Gesamtversorgung weitergeführt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) vom 1. März 2002 vereinbart. Damit wurde das Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Die Voraussetzungen und der Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungen sind im ATV geregelt. Die Neufassung der Satzung der VBL hat die tarifvertraglichen Regelungen inhaltlich übernommen.

3

Für diejenigen Versicherten, die vor der Systemumstellung Anwartschaften erworben hatten, wurden diese in Form von Startgutschriften in das neue Modell transferiert. Dazu sieht die VBLS unterschiedliche Rechenmethoden vor, je nach dem, ob der betroffene Versicherte zu den rentenfernen oder den rentennahen Jahrgängen gehört.

4

Rentennah ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 VBLS, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war beziehungsweise dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Rentenfern sind alle übrigen Versicherten, die am 31. Dezember 2001 schon und am 1. Januar 2002 noch bei der VBL pflichtversichert waren. Die Anwartschaften der etwa 1,7 Mio. rentenfernen Versicherten berechnen sich nach § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). § 78 Abs. 1 und 2 und § 79 Abs. 1 VBLS beruhen auf den nahezu inhaltsgleichen tariflichen Regelungen in § 32 Abs. 1 und 4 und § 33 Abs. 1 ATV.

5

2. Der Beschwerdeführer ist am 27. April 1949 geboren. Er ist seit dem 16. August 1971 im öffentlichen Dienst bei einem an der VBL beteiligten Arbeitgeber beschäftigt. Die erste Ehe des Beschwerdeführers bestand von 1972 bis 1999, seine zweite Ehe besteht seit März 2002.

6

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 teilte die VBL dem Beschwerdeführer mit, dass seine Rentenanwartschaft 320,16 € betrage. Die VBL gewährte ihm eine Startgutschrift von 80,04 Versorgungspunkten. Bei der Errechnung der Startgutschrift hatte sie die Steuerklasse I zugrunde gelegt.

7

3. Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über die Zulässigkeit der Systemumstellung, die Wirksamkeit der Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte und die Höhe der erteilten Startgutschrift. Mit seiner Klage erstrebte der Beschwerdeführer unter anderem die Feststellung, dass die ihm erteilte Startgutschrift unverbindlich sei und dass seine Zusatzrente näher bestimmte Mindestwerte erreichen müsse. Zudem begehrte er die Verpflichtung der VBL, bei einer Neuberechnung bestimmte Berechnungselemente, die er in seinen Klageanträgen näher konkretisierte, zugrunde zu legen.

8

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt. Gegen das erstinstanzliche Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die von der VBL erteilte Startgutschrift den Wert der von dem Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlege. Die weitergehenden Berufungen und die weitergehende Klage blieben erfolglos. Der Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Punktesystem sei zwar als solcher mit Blick auf den schon in der alten Satzung der VBL enthaltenen Änderungsvorbehalt kein ungerechtfertigter Eingriff in Rechte der Pflichtversicherten. Indessen sei die Übergangsregelung für die rentenfernen Versicherten in mehreren Punkten zu beanstanden. Sie greife ohne ausreichende Rechtfertigung in von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Eigentum geschützte Rentenanwartschaften ein. Aufgrund der Verschlechterung mehrerer Berechnungsfaktoren bewirke sie bei vielen Pflichtversicherten einschließlich des Beschwerdeführers eine erhebliche Verminderung der Anwartschaft. Die Übergangsregelung halte einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Die Eingriffe stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu den mit der Neuregelung verfolgten Zielen. Weiter sei der von den Tarifpartnern und der VBL zu beachtende Art. 3 Abs. 1 GG als allgemeiner Gleichheitssatz verletzt, wie sich besonders bei der ausschließlichen Verweisung der rentenfernen Pflichtversicherten auf das Näherungsverfahren zeige. Unabhängig davon bewirke die Übergangsregelung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten nicht mehr nachvollziehbare Unterschiede. Sie schaffe keine relativ gleichmäßige Verringerung der Anwartschaftswerte. Deshalb sei die Übergangsregelung für rentenferne Versicherte unwirksam. Eine ergänzende Satzungsauslegung sei nicht möglich. Vielmehr müsse den Tarifpartnern Gelegenheit zu einer Neuregelung gegeben werden.

9

Der Bundesgerichtshof wies die Revisionen beider Parteien zurück. Es blieb damit bei der Feststellung, dass die von der VBL erteilte Startgutschrift den Wert der von dem Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlege, und der Klageabweisung im Übrigen. Der Bundesgerichtshof folgte der Entscheidung des Oberlandesgerichts in ihren Gründen jedoch nur teilweise. Er beanstandete die Übergangsregelungen der Satzung nur in Bezug auf ein Berechnungsdetail. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs führt der in § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG vorgesehene Versorgungssatz von 2,25 % für jedes volle Jahr der Pflichtversicherung zu einer sachwidrigen und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten. Die Übergangsregelung für rentenferne Pflichtversicherte (§ 32 Abs. 1 und 4, § 33 Abs. 1 Satz 1 ATV, § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BetrAVG) sei deshalb unwirksam und die auf ihr beruhende Startgutschrift unverbindlich. Ob die von Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen zulässiger Typisierung und Standardisierung durch die ausschließliche Anwendung des Näherungsverfahrens überschritten sind, ließ der Bundesgerichtshof offen. Anders als noch das Oberlandesgericht hielt der Bundesgerichtshof Art. 14 Abs. 1 GG nicht für verletzt.

10

4. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 (effektiver Rechtsschutz) und Art. 20 Abs. 3 GG (Parlamentsvorbehalt) durch die Entscheidungen des Landgerichts, Oberlandesgerichts sowie des Bundesgerichtshofs. Zur Begründung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt:

11

a) Aus den angegriffenen Entscheidungen ergebe sich, dass die Gerichte den gebotenen Umfang des Eigentumsschutzes verkannt hätten. Durch die fehlende Festlegung einer Untergrenze des eigentumsgeschützten Bereichs werde ihm der Schutz seiner verfassungsrechtlich geschützten Mindestansprüche verweigert. Der Kernbereich des Eigentumsschutzes erweise sich als verletzt, da ihm nach der Startgutschrift nicht einmal eine Mindestversorgungsrente nach den §§ 44, 44a VBLS a.F. zuzüglich einer angemessenen Dynamik erhalten bleibe. Die Vorinstanzen hätten auch verkannt, dass die Tarifvertragsparteien nicht rückwirkend in bereits erdiente Versorgungsansprüche eingreifen könnten.

12

b) Es liege auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dieser ergebe sich zum einen aus einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von rentenfernen Versicherten, die zum Zeitpunkt des Stichtags für die Berechnung der Startgutschrift die Steuerklasse I gehabt hätten, und solchen, die eine andere Steuerklasse gehabt hätten. Zum anderen ergebe sich ein Verstoß auch aus einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der zum Zeitpunkt der Systemumstellung langjährig Versicherten und solchen, die erst nach Einführung des Punktemodells pflichtversichert geworden seien.

13

c) Der bei der Gleichheitsprüfung zu berücksichtigende Art. 6 Abs. 1 GG sei missachtet worden. Es widerspreche der besonderen Schutzpflicht des Staates zugunsten von Ehe und Familie, dass Versicherte wie der Beschwerdeführer, die zum Zeitpunkt des Stichtages gerade unverheiratet gewesen seien, keinen Anspruch auf eine Neuberechnung der Startgutschrift hätten, obwohl sie dauerhaft die Belastung aus dem Versorgungsausgleich tragen müssten.

14

d) Das Rechtsgewährungsgebot sei verletzt, da die notwendige verfassungsrechtliche Schutzgrenze weder ermittelt noch gezogen worden sei. Die Vorinstanzen hätten nicht erkannt, dass beim Satzungsgeber ein Abwägungsdefizit beziehungsweise ein Abwägungsausfall vorliege. Die Ansprüche der rentenfernen Versicherten der VBL seien in das Belieben der Tarifvertragsparteien gestellt worden.

15

5. Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Beklagte des Ausgangsverfahrens (VBL), das Bundesministerium des Innern, das Bundesarbeitsgericht, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und die Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. Stellung genommen.

II.

16

Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

17

1. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Sie wirft keine Fragen auf, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen oder die noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>).

18

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

19

a) Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig.

20

aa) Soweit der Beschwerdeführer meint, die Gerichte hätten verkannt, dass die Übergangsvorschriften in zahlreichen weiteren Punkten verfassungswidrig seien, ist er nicht beschwert.

21

Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, kann sich die Beschwer in aller Regel nur aus dem Tenor der Entscheidung ergeben; er allein bestimmt verbindlich, welche Rechtsfolgen aufgrund des festgestellten Sachverhalts eintreten (vgl. BVerfGE 28, 151 <160>). Nachteilige Ausführungen in den Gründen einer Entscheidung begründen grundsätzlich keine genügende Beschwer. Dieser im Verfahrensrecht allgemein anerkannte Rechtsgrundsatz gilt auch für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde, weil sie in erster Linie dem Rechtsschutz des Einzelnen gegenüber der Staatsgewalt dient. Deshalb kann eine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass ein Gericht lediglich in den Gründen seiner Entscheidung eine Rechtsauffassung vertreten hat, die der Beschwerdeführer für grundrechtswidrig erachtet (vgl. BVerfGE 8, 222 <224 f.>; BVerfGK 10, 263 <265>). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in Urteilsgründen Ausführungen enthalten sind, die den Betroffenen für sich genommen so belasten, dass eine erhebliche, ihm nicht zumutbare Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Bereichs festzustellen ist (vgl. BVerfGE 6, 7 <9>; 28, 151 <160>).

22

Da der Bundesgerichtshof an der Feststellung der Unverbindlichkeit der erteilten Startgutschrift durch das Oberlandesgerichts festhielt, gehen von dem angegriffenen Beschluss des Bundesgerichtshofs insoweit keine nachteiligen Rechtswirkungen zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Eine Beschwer würde sich auch dann nicht ergeben, wenn die für unwirksam erklärten Übergangsvorschriften in Bezug auf solche Berechnungsdetails und -schritte verfassungswidrig wären, die durch den Bundesgerichtshof für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet wurden oder deren Verfassungsmäßigkeit er offen ließ. Denn der Bundesgerichtshof hätte in diesem Fall lediglich in den Gründen seiner Entscheidung eine Rechtsauffassung vertreten, die grundrechtswidrig wäre, ohne dass sich dies im Tenor niedergeschlagen hätte oder davon für sich genommen eine unzumutbare Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Bereichs ausgegangen wäre. Bei der notwendigen Neuregelung werden die Tarifvertragsparteien die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften ohnehin neu zu überdenken haben.

23

bb) Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet ist.

24

Die Verfassungsbeschwerde ist innerhalb der einmonatigen Frist des § 93 Abs. 1 in einer § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise zu begründen (vgl. BVerfGE 21, 359 <361>). Dazu gehört, dass das angeblich verletzte Recht bezeichnet (vgl. BVerfGE 5, 1) und der seine Verletzung enthaltende Vorgang substantiiert dargelegt wird (vgl. BVerfGE 9, 109 <114 f.>; 81, 208 <214>; stRspr). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und deren konkreter Begründung (vgl. BVerfGE 101, 331 <345>; 105, 252 <264>).

25

Gemessen an diesen Anforderungen hat der Beschwerdeführer die behaupteten Verfassungsverstöße nicht hinreichend begründet. Eine Beschwer lag lediglich vor, soweit der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren mit seinen Klagebegehren unterlag. Bei der Darlegung der behaupteten Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten, die der Beschwerdeführer aufgrund dieses Unterliegens im Ausgangsverfahren annahm, hat er sich nicht hinreichend mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen auseinandergesetzt. Schon das Oberlandesgericht begründete die teilweise Klageabweisung damit, dass es mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie nicht angehe, die VBL durch eine gerichtliche Entscheidung auf bestimmte Anwartschaftswerte oder Berechnungswege festzulegen. Auch der Bundesgerichtshof verwies in seiner in Bezug genommenen Leitentscheidung darauf, dass die Tarifvertragsparteien verschiedene Möglichkeiten hätten, den Beanstandungen Rechnung zu tragen (BGHZ 174, 127 <178>), und kam zu dem Ergebnis, dass er sich mit Blick auf die Tarifautonomie einer ersatzweisen Regelung zur Schließung von Lücken zu enthalten habe (BGHZ 174, 127 <177>). Zunächst sei es den Tarifvertragsparteien vorbehalten, eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Mit dieser Argumentation hat sich der Beschwerdeführer nicht im Einzelnen auseinandergesetzt. Er hat insbesondere nicht dargelegt, warum die Gerichte aus verfassungsrechtlicher Sicht gehalten gewesen wären, die aufgrund der Unwirksamkeit der Übergangsregelungen (§ 32 Abs. 1 und 4, § 33 Abs. 1 Satz 1 ATV, § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BetrAVG) entstehende Regelungslücke durch Festlegung gerade der von ihm beantragten Berechnungsvorgaben zu schließen.

26

b) Die Verfassungsbeschwerde ist auch unbegründet. Die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen lassen keinen Verfassungsverstoß erkennen. Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung und Tragweite der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers nicht verkannt.

27

aa) Da der Bundesgerichtshof die Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte für unwirksam und die erteilte Startgutschrift für nicht verbindlich erachtete, scheidet eine Verletzung von Grundrechten durch die gerichtliche Beurteilung der Startgutschrift und der ihr zugrunde liegenden Übergangsregelungen aus. Das Bundesverfassungsgericht hat die Übergangsvorschriften hier schon deshalb keiner verfassungsrechtlichen Kontrolle zu unterziehen, weil bereits der Bundesgerichtshof von ihrer Unwirksamkeit ausgegangen ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Vorinstanzen verkannt haben, dass weitere Berechnungsschritte und -details der Übergangsvorschriften gegen Grundrechte verstoßen. Sollte dies der Fall sein, ist der Beschwerdeführer hierdurch nicht beschwert und beruhen die angegriffenen Entscheidungen nicht auf diesen Fehlern.

28

bb) Im Hinblick auf die Abweisung der Klagebegehren des Beschwerdeführers ist eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten ebenfalls nicht erkennbar.

29

(1) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof den über die Feststellung der Unverbindlichkeit der Startgutschriften hinausreichenden Begehren des Beschwerdeführers unter Verweis auf die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien nicht entsprach. Der Staat hat sich im Betätigungsfeld der Tarifvertragsparteien grundsätzlich einer Einflussnahme zu enthalten (vgl. BVerfGE 38, 281 <305 f.>). Er überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen, die sie autonom durch Vereinbarungen treffen (vgl. BVerfGE 44, 322 <340 f.>). Solange den Tarifvertragsparteien mehrere Möglichkeiten für eine verfassungskonforme Neugestaltung des Übergangsrechts offen stehen, lassen sich gerichtliche Vorgaben für die Neuregelung mit der Tarifautonomie daher grundsätzlich nicht vereinbaren. Dem entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, nach der im Falle unwirksamer Tarifregelungen eine gerichtliche Lückenschließung nur in engen Grenzen zulässig ist (vgl. BGHZ 174, 127 <176 f.>; BAGE 36, 218 <224 f.>; 40, 345 <352>; 57, 334 <342>; 77, 94 <98>; 91, 358 <367>; 97, 251 <259>; 110, 277 <284>). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schließung von Lücken infolge unwirksamer Tarifregelungen hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gebilligt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 1999 - 1 BvR 1246/95 -, NZA 1999, S. 1152 <1154>; Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, VersR 2009, S. 1607 <1613>).

30

(2) Durch die teilweise Abweisung der Klagebegehren wurde das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht verletzt. Die Abwägung des Bundesgerichtshofs zwischen den Interessen der Versicherten und der Tarifautonomie lässt eine grundsätzliche Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Gebotes des effektiven Rechtsschutzes nicht erkennen.

31

Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet wirksamen Rechtsschutz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (vgl. BVerfGE 74, 228 <234>; 82, 126 <155>). Ein wirksamer Rechtsschutz muss die grundsätzlich umfassende rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes und eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter ermöglichen (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>). Eröffnet die Rechtsweggarantie den Weg zu einem staatlichen Gericht, so bedeutet der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, dass die Gerichte im jeweiligen Verfahren der normativen Geltung der Grundrechte tatsächliche Wirksamkeit verschaffen müssen. Die Gerichte haben die positive Verpflichtung, die Grundrechte durchzusetzen (vgl. BVerfGE 49, 252 <257>).

32

Es ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof diese Grundsätze bei seiner Abwägung verkannt hätte. Aus den Grundrechten in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip lässt sich kein Anspruch des Beschwerdeführers herleiten, noch während der Anwartschaftsphase die Mindesthöhe seiner Anwartschaft gerichtlich klären zu lassen. Während der Anwartschaftsphase steht nicht fest, ob bis zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls der Regelungsinhalt der maßgeblichen Satzungsbestimmungen unverändert weiter gilt oder ob sich bis dahin Wert bildende Faktoren ändern. Etwas anderes könnte im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nur dann gelten, wenn dem Versicherten ansonsten unzumutbare Nachteile entstünden (vgl. BVerfG. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2009 - 1 BvR 3405/08 -, NVwZ 2009, S. 977 <978>). Dies ist hier nicht erkennbar. Der Bundesgerichtshof ging wegen der Ankündigung der Tarifvertragsparteien, im Falle der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Berechnungsvorschriften für die Startgutschriften neue Verhandlungen aufzunehmen, davon aus, dass mit einer Neuregelung innerhalb absehbarer Zeit zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund waren erhebliche Nachteile für die Versicherten nicht zu befürchten. Hinreichender Rechtsschutz der Versicherten ist dadurch gewährleistet, dass sie eine Neuregelung, sobald sie hierdurch betroffen sind, wiederum einer gerichtlichen Kontrolle unterziehen können. Mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG ist es Sache der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes, alsbald eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.

33

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

34

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18. Mai 2017 (15 Ca 571/16) teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. November 2016 nicht zum 31. Dezember 2016, sondern zum 31. Dezember 2017 beendet worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers im Übrigen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte zu 22 %, der Kläger zu 78 %.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte zu 15 %, der Kläger zu 85 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien haben in der Berufungsinstanz über das Beendigungsdatum aufgrund einer Kündigung der Beklagten vom 24. November 2016 sowie über einen Anspruch auf Nachteilsausgleich bzw. einen Abfindungsanspruch gestritten.

2

Die Beklagte war bis zum 31. Dezember 2016 Betreiberin eines Hafenterminals im Bereich Container, Massengutumschlag, Projekt und Stückgut und RO/RO Verladung.

3

Der bei Klagerhebung 61jährige schwerbehinderte Kläger war bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. März 1987 als technischer Angestellter in der Schiffsabfertigung beschäftigt mit einer zuletzt erzielten Monatsvergütung von € 7.166,00.

4

Auf das Arbeitsverhältnis fand der Rahmentarifvertrag für die technischen Angestellten in den Stückgut-Kaibetrieben (im Weiteren: RTV technische Angestellte) und die dazu jeweils abgeschlossenen Sonderbestimmungen Anwendung. Der RTV technische Angestellte enthält für die Kündigungsfristen unter § 15 die folgenden Regelungen:

5

1. Für die Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.

6

Bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat.

7

Soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende.

8

2. […]

9

Da der Mietvertrag für die Nutzung des Betriebsgeländes zum 31. Dezember 2016 auslief und eine Laufzeitverlängerung nicht zustande kam, wurde der Terminalbetrieb zum 31. Dezember 2016 stillgelegt. Die Beklagte kündigte allen beschäftigten Arbeitnehmern betriebsbedingt zum 31. Dezember 2016, darunter auch dem Kläger. Gegen die Kündigung vom 24. November 2016 (vgl. Anlage K 2, Bl. 12 f d.A.) hat sich der Kläger mit seiner am 2. Dezember 2016 bei Gericht eingegangenen Klage gewehrt, zuletzt allerdings nur noch auf die Feststellung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst zum 31. Dezember 2017.

10

Den Kündigungen waren Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich vorangegangen. Diese scheiterten nach fünf Sitzungen der Einigungsstelle in der sechsten Sitzung am 14. September 2016. Am selben Tag wurde gegen die Stimmen des Betriebsrates durch Spruch der Einigungsstelle ein Sozialplan beschlossen (vgl. Anlage B 3, Bl. 51 ff d.A.).

11

Dieser enthält unter „§ 1 persönlicher Geltungsbereich, Ausschlusstatbestände“ folgende Regelungen:

12

(1) […]

13

(2) Keine Leistungen nach den Bestimmungen dieses Sozialplans erhalten Mitarbeiter (Ausschlusstatbestände),

14

15

** die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder im Anschluss an eine mögliche Bezugnahme von Arbeitslosengeld I (unabhängig von der tatsächlichen Bezugnahme des Arbeitslosengeldes) eine Altersrente (gekürzt oder ungekürzt) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen können (sog. „ rentennahe Arbeitnehmer“), wobei eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß §§ 37, 236a SGB VI sowie eine Altersrente für Frauen gemäß § 237a SGB VI außer Betracht bleibt.“

16

§ 4 des Sozialplans beinhaltet Regelungen zur Berechnung der zu zahlenden Abfindungen.

17

Der Sozialplan wurde vom Betriebsrat angefochten. Das Beschlussverfahren (Arbeitsgericht Hamburg 29 BV 23/16 = 7 TaBV 3/17) ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

18

Der Kläger hat vorgetragen, in seinem Fall gelte die tarifvertragliche Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2017. Denn die tarifvertragliche Regelung zur pauschalen Abkürzung von Kündigungsfristen bei abgeschlossenem Sozialplan verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen §§ 1, 7 Abs. 2 AGG. Die Tarifvertragsparteien hätten ungleiche Lebenssachverhalte gleich behandelt und benachteiligten dadurch ältere Arbeitnehmer. Dies sei auch deshalb gleichbehandlungswidrig und altersdiskriminierend, weil der vorliegende Sozialplan keine adäquate Kompensation vorsehe. Die Dotierung des Sozialplans mit ca. € 2 Mio. unterschreite die Vergütungsersparnis durch die abgekürzten Kündigungsfristen. Insbesondere diejenigen Arbeitnehmer, die wegen Rentennähe gar keine Sozialplanabfindung erwerben, würden durch die abgekürzte Kündigungsfrist doppelt benachteiligt. Dem Kläger stehe außerdem ein Anspruch auf einen Nachteilsausgleich zu. Die Beklagte habe nicht den Abschluss eines Interessenausgleichs versucht. Die Frage, mit welchen Fristen gekündigt werde dürfe, sei von der Einigungsstelle ausgeklammert und nicht definiert worden. Vor dem Hintergrund der besonderen tariflichen Regelung hätte es aber zwingend Bestandteil der Vereinbarung über den möglichen Ausgleich von Nachteilen sein müssen, sich zu den Kündigungsregelungen zu erklären.

19

Der Kläger hat beantragt,

20

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2016 zum 31.12.2016 aufgelöst ist, sondern bis zum 31.12.2017 fortbesteht;

21

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.12.2016 hinaus zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen als technischen Angestellten in der Schiffsabfertigung weiter zu beschäftigen,

22

hilfsweise, für den Fall der Ablehnung der Klaganträge zu 1) und 2),

23

3. die Beklagte zu verurteilen, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Abfindung an den Kläger zu zahlen, mindestens in Höhe von € 68.353,18.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte hat vorgetragen, § 15 RTV technische Angestellte verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Einen Nachteilsausgleich könne der Kläger wegen der umfangreich geführten Interessenausgleichsverhandlungen nicht beanspruchen.

27

Mit Urteil vom 18. Mai 2017 ist die Klage abgewiesen worden. Die wirksame Kündigung habe das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2016 beendet. Die Regelung in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unwirksam. Die Norm sei hinreichend bestimmt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben. Es liege ein hinreichender sachlicher Grund für die gegebene Ungleichbehandlung vor. Durch die Voraussetzung des Abschlusses eines Sozialplans komme das Vertrauen in die Betriebspartner zum Ausdruck, eine Regelung unter Beachtung der schützenswerten Interessen auch der älteren Arbeitnehmer herbeizuführen. Die Regelung verstoße ferner nicht gegen §§ 1, 7 Abs. 2 AGG. Auch hier sei der weite Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen. Die tarifliche Regelung zur verkürzten Kündigungsfrist knüpfe an eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung an. Dadurch habe eine zeitliche Flexibilisierung ermöglicht werden sollen, verbunden mit der Erwartung, durch den Sozialplan werde eine Milderung von Nachteilen der von Kündigung Betroffenen gewährleistet sein. Schließlich sei die Regelung nicht dahingehend auszulegen, dass nur solche Sozialpläne Voraussetzung für die Anwendbarkeit der kurzen Kündigungsfrist seien, deren Dotierung die durch die kurze Kündigungsfrist ersparte Vergütungssumme berücksichtige. Auch sei die Abkürzung der Kündigungsfristen auf einen Monat nicht zu beanstanden. Diese Regelung weiche nicht mehr als um das Dreifache vom gesetzlichen Leitbild ab, welches vorliegend in § 113 InsO zu finden sei. Eine ergänzende Tarifauslegung im Wege der teleologischen Reduktion gebiete kein anderes Ergebnis. Ein Nachteilsausgleich stehe dem Kläger nicht zu. Ein Interessenausgleich sei hinreichend versucht worden. Wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung wird hierauf Bezug genommen (Bl. 333 ff d.A.).

28

Das Urteil ist dem Kläger am 5. Juli 2017 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit Schriftsatz vom 7. August 2017 (einem Montag) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 4. September 2017, beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen, begründet.

29

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe nicht geprüft, ob durch die streitige Tarifnorm eine Gleichbehandlung sichergestellt sei und ob sich ein möglicher Vorteil der Tarifnorm („bei Anwendung von Sozialplänen“) tatsächlich eingestellt habe. Ein Vorteil ergebe sich nicht schon daraus, dass die Betriebsparteien die Ersparnis des Arbeitgebers durch die Verkürzung der Kündigungsfristen bei ihren Verhandlungen über die Höhe der Abfindung in ihre Überlegungen einstellten. Tatsächlich biete der Sozialplan vorliegend sogar keinerlei Vorteil für den Kläger. Vielmehr habe er den Nachteil, dass die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld (für den Kläger 24 Monate) bereits in der Zeit „verbraucht“ sei, in der die Beklagte das Entgelt für 12 Monate fortzahlen müsste. Zudem erhalte er aus dem Sozialplan keinen angemessenen Ausgleich. Die Nettoabfindung sei – auf der Grundlage seines monatlichen Nettoentgelts von zuletzt € 4.655,11 – nach 5,6 Monaten verbraucht. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld stehe er aber für 21 Monate ohne Einkommen dar, bevor er eine vorgezogene Schwerbehindertenrente in Anspruch nehmen könnte. Die Beklagte sei nicht befugt, die verkürzte Kündigungsfrist ohne den gleichzeitigen „Vorteil“ eines angemessenen Sozialplans anzuwenden. Das ergebe sich aus der Auskunft des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe e.V. (Anl. K 6, Bl. 400 f. d.A.). Hieraus folge, dass der Sozialplan mindestens die ansonsten anwendbare erweiterte Kündigungsfrist ausgleichen müsse. Das sei aber nicht erfolgt. Auch hätten die Betriebsparteien nicht die von den Tarifvertragsparteien geforderte Berücksichtigung der längeren Kündigungsfrist beachtet, denn dann hätten sie als entscheidendes Kriterium für eine erhöhte Abfindung die Vollendung des 50. Lebensjahres vorgesehen und nicht eine Spanne vom 46. bis zum 52,99. Lebensjahr. Der Sozialplan beinhalte eine Benachteiligung wegen des Alters, indem bereits für Mitarbeiter ab dem 46. Lebensjahr ein Abfindungsfaktor von 0,25 vorgesehen sei, obwohl für sie ansonsten nur eine Kündigungsfrist von 6 Monaten bestehe. Das führe letztlich dazu, dass für diese Mitarbeitergruppe mit der Abfindungszahlung mehr als die Hälfte der Regelkündigungsfrist abgedeckt sei, für den Kläger hingegen weniger als die Hälfte. Der 46jährige werde somit überproportional gegenüber dem Kläger begünstigt. Darin liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Der Kläger habe einen Anspruch auf Anpassung der Sozialplanleistung entsprechend seiner individuellen Besonderheit der ansonsten anwendbaren verlängerten Kündigungsfrist. Diese Anpassung könne nur durch Zahlung der Entgelte für den Kläger bis zum 31. Dezember 2017 erfolgen. Der Kläger habe ferner mangels ausreichenden Versuchs der Beklagten zum Abschluss eines Interessenausgleichs weiter den bereits erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Höhe von mindestens € 68.353,18. Höchst hilfsweise habe er einen Anspruch auf eine „Gesamtabfindung“ in Höhe von € 50.369,66 brutto. Diese errechne sich mit dem Abfindungsfaktor 0,32 aus dem Sozialplan, dem Entgelt des Klägers und dem Schwerbehindertenzuschlag. Zwar würde diese nur geringfügige Erhöhung des ihm nach dem Sozialplan zustehenden Abfindung nicht dem tatsächlichen Ausgleichsanspruch gerecht, bewege sich aber noch in dem angenommenen Sozialplanniveau, für die Gruppe der über 50jährigen mit längerer Kündigungsfrist den gewählten Höchstfaktor zu berücksichtigen.

30

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18.05.2017, 15 Ca 571/16,

31

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2016 zum 31.12.2016 aufgelöst ist, sondern bis zum 31.12.2017 fortbesteht;

32

2. die Beklagte zu verurteilen, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Abfindung an den Kläger zu zahlen, mindestens in Höhe von € 68.353,18;

33

3. höchst vorsorglich bzw. hilfsweise:

34

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Gesamtabfindungsbetrag von € 50.369,66 brutto zu zahlen.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Berufung sei nicht begründet. Die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2016 beendet. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich in Höhe von € 68.353,18 brutto noch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 50.369,66 brutto. Im Rahmen der sechs Einigungsstellensitzungen seien Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs geführt worden. Thema hierbei sei auch die tarifliche Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gewesen, was aus den Entwürfen der Arbeitgeberin zu einem Interessenausgleich folge (Anlagen B 15 bis B 17). Bis zuletzt habe keine Einigung über einen Interessenausgleich erreicht werden können. In der Sitzung am 14. September 2016 habe der Einigungsstellenvorsitzende in Anbetracht der geführten Verhandlungen über die von der Beklagten geplante Betriebsänderung die Einschätzung geäußert, dass eine Einigung über den Interessenausgleich aussichtslos sei. Dieser Auffassung hätten beide Betriebsparteien nicht widersprochen. Im Ergebnis sei sodann durch Beschluss in der Einigungsstelle das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen festgestellt worden. Keiner habe eine weitere Aussprache oder weitere Verhandlungen verlangt. Das folge auch aus dem Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 14. September 2016 (Anlage B 2). Das Arbeitsverhältnis sei zum 31. Dezember 2016 beendet worden. Anhaltspunkte dahingehend, dass die verkürzte Kündigungsfrist nur auf diejenigen Arbeitnehmer angewendet werden könne, die eine Abfindung in der vom Kläger geforderten Höhe erhielten, gebe es nicht. Voraussetzung sei lediglich der Abschluss eines Sozialplans. Dass nur bestimmte bzw. bestimmt dotierte Sozialpläne dem Anwendungsbereich von § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte unterfallen sollen, sei nicht richtig. Ein dahingehender Wille der Tarifvertragsparteien sei nicht erkennbar. § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte sei auch nicht unwirksam. Die Norm sei hinreichend bestimmt, verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und auch nicht gegen §§ 7, 1 AGG. Eine inhaltsgleiche Regelung sei vom Bundesarbeitsgericht bereits für wirksam erachtet worden (BAG, 2 AZR 537/02). Ausreichend sei es, wenn die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen seien, dass die Vereinheitlichung der Kündigungsfristen bei Vorliegen eines Sozialplans auch Vorteile für die Arbeitnehmer mit sich bringen und der Schutz älterer Arbeitnehmer von den Betriebsparteien berücksichtigt werden könne. Auch könne die Regelung zu den verkürzten Kündigungsfristen nicht isoliert betrachtet werden. Diese habe insoweit zu Vorteilen an anderer Stelle zugunsten der Arbeitnehmer geführt, so insbesondere zu sehr langen Kündigungsfristen außerhalb der Anwendung von Sozialplänen. Außerdem sei der erhebliche Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu beachten. Weder das Alter noch die Betriebszugehörigkeit müssten bei der Bemessung von Kündigungsfristen berücksichtigt werden. Da alle mit der gleichen Frist im Fall eines Sozialplans gekündigt würden, gebe es auch keine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer. Schließlich wäre eine Ungleichbehandlung vorliegend sachlich gerechtfertigt. So werde es dem Arbeitgeber ermöglicht, bei anstehenden Betriebsänderungen schnell handeln zu können, ohne die Arbeitnehmer über mehrere Monate weiter beschäftigen oder vergüten zu müssen, obwohl der Bedarf an der Arbeitsleistung längst entfallen sei. Eine teleologische Reduktion der streitgegenständlichen tariflichen Norm komme nicht in Betracht. Auch komme es nicht darauf an, ob der Sozialplan hinreichend dotiert sei. Für die Anwendung der tariflichen Kündigungsfrist in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte sei nur maßgeblich, ob ein Sozialplan wirksam abgeschlossen sei. Die Frage der ausreichenden Dotierung sei allein im Anfechtungsverfahren zu entscheiden. Darüber hinaus benachteilige der Sozialplan den Kläger nicht wegen seines Alters. Ob der Kläger tatsächlich eine Abfindung aus dem Sozialplan erhalte, stehe derzeit noch nicht fest. Der Kläger habe nämlich – was unstreitig ist – bislang noch keine Auskunft über seine Rentenberechtigung erteilt. Somit stehe nicht fest, ob er unter den Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 2 des Sozialplans falle. Der Nachweis über die Rentenberechtigung sei aber – was ebenfalls unstreitig ist – Voraussetzung für die Zahlung einer etwaigen Abfindung (§ 7 Abs. 2 des Sozialplans). Sollte der Kläger nach der Bezugnahme von Arbeitslosengeld eine Altersrente in Anspruch nehmen können, erhalte er keine Abfindung. Sei das nicht der Fall, werde ihm die Abfindung aus dem Sozialplan ausgezahlt.

38

Ergänzend wird auf den weiteren Sachvortrag der Parteien in ihren Schriftsätzen und Anlage sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

39

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ist zulässig und teilweise begründet.

1.

40

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 64 Abs. 1, 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet.

2.

41

Das Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat erst zum 31. Dezember 2017, nicht bereits zum 31. Dezember 2016 geendet. Die tarifliche Bestimmung über die Abkürzung der sonst geltenden Kündigungsfristen in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV für technische Angestellte verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, §§ 7, 1 AGG und ist unwirksam. Der Kläger hat aber weder einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich in Höhe von € 68.353,18 brutto noch auf die hilfsweise geltend gemachte Abfindung in Höhe von € 50.369,66 brutto.

42

Im Einzelnen:

a)

43

Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat erst zum 31. Dezember 2017, nicht bereits zum 31. Dezember 2016 geendet.

aa)

44

Die tarifliche Regelung § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV für technische Angestellte verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, was zur Unwirksamkeit der Bestimmung führt. Sie beinhaltet eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung von Ungleichem bzw. eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Gleichem.

45

aaa)

46

Die Tarifvertragsparteien sind bei ihrer tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar tarifgebunden. Durch den Abschluss von Tarifverträgen üben die Tarifvertragsparteien nämlich weder Staatsgewalt im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GG aus noch werden mit Tarifverträgen staatliche Regelungskonzepte verfolgt (BAG, 26. April 2017, 10 AZR 856/15; m.w.N.; zit. nach juris). Der Abschluss von Tarifverträgen und die damit bewirkte Normsetzung ist vielmehr kollektiv ausgeübte Privatautonomie. Die Tarifvertragsparteien regeln auf dieser Grundlage, mit welchen tarifpolitischen Forderungen sie für ihre Mitglieder tarifvertragliche Regelungen mit welchem Tarifvertragspartner setzen wollen und letztlich vereinbaren (BAG, 26. April 2017, 10 AZR 856/15; m.w.N.; zit. nach juris).

47

Gleichwohl müssen die Tarifvertragsparteien auf Grund der Schutzpflichten der Grundrechte bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 beachten (BAG, 21.4.2005, 6 AZR 440/04; 27.5.2004, 6 AZR 129/03; zit. nach juris). Die Grundrechtsgewährung ist nicht auf die bloße Abwehr staatlicher Eingriffe beschränkt, sondern verpflichtet darüber hinaus den Staat dazu, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen wirksam werden können. Deshalb trifft den Staat die Schutzpflicht, einer Grundrechtsverletzung durch andere Grundrechtsträger entgegenzuwirken (BAG, 26. April 2017, 10 AZR 856/15; m.w.N.; zit. nach juris). Dementsprechend verpflichtet die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte die Rechtsprechung dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen oder eine unangemessene Beschränkung eines grundrechtlichen Freiheitsrechts zur Folge haben (BAG, 26. April 2017, 10 AZR 856/15; 27.5.2004, 6 AZR 129/03; zit. nach juris).

48

Als selbständigen Grundrechtsträgern kommt den Tarifvertragsparteien aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen. Bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte sind sie nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Auch deckt die Tarifautonomie einen Regelungsverzicht (BAG, 21.4.2005, 6 AZR 440/04; zit. nach juris). Allgemein genügt es, wenn für eine getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG, 7.7.2015, 10 AZR 939/13; 15.42015, 4 AZR 796/13; zit. nach juris).

49

Allein aus der Ungleichbehandlung vergleichbarer Fallgruppen folgt noch keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein darauf bezogener Verstoß liegt erst vor, wenn die Ungleichbehandlung nicht in ausreichendem Maße gerechtfertigt werden kann. Eine Tarifnorm verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG, 19.7.2011, 3 AZR 398/09; 29.11.2001, 4 AZR 762/00; zit. nach juris).

50

bbb)

51

Gemessen hieran hält § 15 Abs. 1 Ziff. 3 RTV technische Angestellte einer Überprüfung anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht stand. Die Tarifvertragsparteien durften nicht regeln, dass die Kündigungsfrist für alle Arbeitnehmer ungeachtet der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit einen Monat – zum Monatsende – beträgt, sofern ein Sozialplan abgeschlossen wurde. Für die so gegebene unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern, die eine betriebsbedingte Kündigung einmal bei Abschluss eines Sozialplans (kurze Kündigungsfrist) und einmal bei Fehlen eines Sozialplans (nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Kündigungsfristen) erhalten, bzw. die gegebene Gleichbehandlung von Arbeitnehmern unabhängig von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit (trotz im Regelfall erfolgender Differenzierung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit) gibt es – auch unter Berücksichtigung des Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien – keinen hinreichenden sachlichen Grund, der diese Regelung sachlich rechtfertigen könnte.

i)

52

In den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG fällt nicht nur die Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BAG, 23.4.2008, 2 AZR 21/07; BVerfG, 13.5.1986, 1 BvL 55/83; zit. nach juris). Es kommt darauf an, ob eine Regelung für einen Teil der Betroffenen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht zur Folge hätte, dass ihr gegenüber die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen wäre (BAG, 23.4.2008, 2 AZR 21/07; BVerfG, 13.5.1986, 1 BvL 55/83; zit. nach juris).

53

Vorliegend ist zum einen eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Fallgruppen gegeben. So kann Mitarbeitern, die betriebsbedingt gekündigt werden, ohne dass ein Sozialplan abgeschlossen worden ist, nach der Regelung in § 15 Ziff. 1 Abs. 1 RTV technische Angestellte nur mit den gesetzlichen (von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängigen) Regelkündigungsfristen bzw. mit der Frist des § 15 Ziff. 1 Abs. 2 RTV technische Angestellte gekündigt werden. Im Fall des Abschlusses eines Sozialplans kann den betroffenen Mitarbeitern nach § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte hingegen mit der verkürzten Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit (und je nach Lebensalter) führt dies zu ganz erheblichen Unterschieden in Bezug auf die Dauer der Kündigungsfrist und damit auf die Dauer des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Im vorliegenden Fall ergibt sich ein Unterschied von 12 Monaten. Ferner liegt eine Gleichbehandlung von Ungleichem vor. So können – wie vorliegend erfolgt – die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter bei Abschluss eines Sozialplans mit der gleichen kurzen Frist von einem Monat (zum Monatsende) gekündigt werden unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und unabhängig vom Alter.

ii)

54

Diese Gleichbehandlung bzw. Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Es besteht vorliegend zwischen den vorgenannten Fallgruppen kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht, dass die gegebene erhebliche Ungleichbehandlung (bzw. Gleichbehandlung von Ungleichem) gerechtfertigt bzw. angemessen erscheint. Hinreichende Gründe für die zum Teil erhebliche Abweichung von den sonst geltenden gestaffelten Kündigungsfristen (je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses und Lebensalter) sind nicht gegeben. Die Tarifvertragsparteien haben die Gleichheiten bzw. Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse nicht ausreichend berücksichtigt, die aber so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet und einer differenzierenden Regelung hätten zugeführt werden müssen.

55

Grundsätzlich liegt es zwar in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, für alle Mitarbeiter eine gleich lange Kündigungsfrist vorzusehen. Hier stellt allerdings die Regelung der Dauer der Kündigungsfrist bei Vorliegen eines Sozialplans den Ausnahmefall zum sonst geltenden Normalfall dar. Für den Regelfall einer Kündigung haben die Tarifvertragsparteien eine Differenzierung der Dauer der Kündigungsfrist in Abhängigkeit zur Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses (und des Alters, so in Abs. 2) vorgenommen, d.h. ungleiche Fristen für ungleich lange Betriebszugehörigkeiten bestimmt. Nur bei Abschluss eines Sozialplans soll mit der einheitlich kurzen Kündigungsfrist von einem Monat gekündigt werden dürfen. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass unterschiedliche Fallgruppen gegeben sind, die sie mit verschieden langen Kündigungsfristen versehen haben.

56

Der einzige Unterschied der unterschiedlich geregelten Fallgruppen ist der Abschluss bzw. das Vorliegen eines Sozialplans. Fallen die Arbeitnehmer unter den Geltungsbereich eines Sozialplans, darf der Arbeitgeber von der kurzen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende Gebrauch machen. Dieser Umstand genügt als Sachgrund nicht, um die unterschiedliche Dauer und den zum Teil erheblichen Eingriff in die ansonsten geltenden tariflichen (bzw. gesetzlichen) Kündigungsfristen bzw. die zum Teil erhebliche Abkürzung der für den Regelfall anwendbaren Kündigungsfristen (je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit) zu rechtfertigen. Dies kann die gegebene Ungleichbehandlung von Gleichem bzw. Gleichbehandlung von Ungleichem nicht in hinreichend angemessener Form rechtfertigen (anders BAG, 18.9.2003, 2 AZR 537/02, zit. nach juris):

(i)

57

Richtig ist, dass nach § 622 Abs. 4 S. 1 BGB alle Kündigungsfristen tarifdispositiv sind. So soll es den Tarifvertragsparteien ermöglicht werden, Besonderheiten einzelner Wirtschaftsbereiche und Beschäftigtengruppen zu berücksichtigen (EK/Müller-Glöge, 17. Aufl., § 622 Rn. 19). Ziel einer Abkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen in einem Tarifvertrag kann hiernach sein, solchen Besonderheiten gerecht werden zu wollen. Welches Ziel eine Tarifnorm verfolgt, ergibt sich aus dem Normzweck. Dieser ist dem in der Norm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen der Tarifvertragsparteien, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist, zu entnehmen. Dabei können gerade die systematische Stellung einer Vorschrift im Tarifvertrag und ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften diesen Sinn und Zweck freilegen (vgl. BAG, 18.2.2016, 6 AZR 700/14, m.w.N.; zit. nach juris). Nur so ist eine gerichtliche Überprüfung des Vorliegens einer sozialpolitischen Zielsetzung als Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auf einer objektivierbaren Grundlage möglich.

58

Besonderheiten einzelner Wirtschaftsbereiche und Beschäftigtengruppen sind vorliegend aber weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik erkennbar oder vorgetragen. Besonderheiten von Beschäftigtengruppen scheiden als Differenzierungsziel ohnehin von vornherein aus, da die Regelung in § 15 Abs. 3 RTV technische Angestellte hierauf erkennbar nicht abstellt. Aber auch Besonderheiten des Wirtschaftsbereichs dahingehend, dass ein besonderes Flexibilisierungsinteresse auf Arbeitgeberseite vorliegt, sind nicht ersichtlich. Dass in Hafenumschlagsbetrieben auf Veränderungen der wirtschaftlichen Lage besonders schnell reagiert werden müsste und die Arbeitgeber bei Anwendung der üblichen gesetzlichen Kündigungsfristen im Regelfall besonders hart betroffen wären, indem sie im Regelfall Mitarbeiter noch vergüten müssten, obwohl der Beschäftigungsbedarf längst entfallen ist, ist nicht dargelegt worden oder ersichtlich. Im Gegenteil, Hafenumschlagsbetriebe sind geprägt von langfristiger Planung und einem in der Regel langfristigen Bestand, begleitet von erheblichen notwendigen Investitionen in die Anlagegüter, um einen Hafenumschlagsbetrieb überhaupt betreiben zu können. Entsprechend existierte der B. Terminal seit 1999 (www.b. …), ausgestattet mit einem Pachtvertrag, der bis zum 31. Dezember 2018 hätte laufen können.

(ii)

59

Auch im Übrigen ist kein hinreichender sachlicher Grund gegeben, um die zum Teil erheblichen Unterschiede der Länge der Kündigungsfristen rechtfertigen zu können, selbst unter Berücksichtigung der Gestaltungsfreiheit und Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, die ihnen grundgesetzlich gewährt wird (Art. 9 Abs. 3 GG). Zu berücksichtigen ist, dass nicht nur ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund vorliegen, sondern Ungleichbehandlung und der rechtfertigende Grund müssen auch in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BAG, 10.3.1994, 2 AZR 605/93; zit. nach juris). Die Tarifautonomie gilt nicht schrankenlos (BAG, 10.3.1994, 2 AZR 605/93; zit. nach juris). Dabei gilt es im Blick zu behalten, dass vorliegend die Ungleichbehandlung durch die Tarifvertragsparteien allein für den Fall gegeben ist, dass ein Sozialplan abgeschlossen wurde.

60

Für den Fall, dass die Tarifvertragsparteien selbst eine Regelung treffen, haben sie selbst für die Einhaltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes Sorge zu tragen. Das ist Ausfluss der ihnen grundgesetzlich eingeräumten Regelungsmacht in Form von Tarifverträgen (Art. 9 Abs. 3 GG). Sieht der Tarifvertrag eine Ungleichbehandlung vor, halten die Tarifvertragsparteien es aber im Grunde selbst für erforderlich, dass ein Ausgleich für diese Ungleichbehandlung geschaffen werden muss, dann müssen sie kraft ihrer Tarifmacht und aufgrund ihrer Regelungsverantwortung auch für einen solchen Ausgleich sorgen.

61

Vorliegend haben die Tarifpartner gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, vor allem indem Mitarbeiter mit gleich langer Betriebszugehörigkeit in einem Fall (Fehlen eines Sozialplans) nur mit einer Kündigungsfrist von bis zu 9 Monaten zum Kalenderhalbjahr und im anderen Fall (Vorliegen eines Sozialplans) mit einer sehr kurzen Frist von nur einem Monat zum Monatsende gekündigt werden können. Indem das Merkmal „Abschluss eines Sozialplans“ in die Regelung aufgenommen wurde, wird deutlich, dass die Tarifpartner davon ausgingen, ein Ausgleich für die zum Teil erhebliche Abkürzung der sonst geltenden Kündigungsfristen sowie für die sich hieraus ergebende Ungleichbehandlung sei erforderlich und dass ein solcher durch die Betriebspartner in einem Sozialplan erfolgen würde. Mit dem Merkmal „Abschluss eines Sozialplans“ haben die Tarifpartner aber selbst keinen Sachgrund für die Ungleichbehandlung und keine eigene Ausgleichsregelung geschaffen, obwohl sie eine solche offenbar für notwendig hielten, um die Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können. Sie sind ihrer Regelungsverantwortung nicht hinreichend gerecht geworden:

62

Allein das Abstellen auf den Abschluss eines Sozialplans ist kein Ausgleich und somit per se kein hinreichender Grund für die geschaffene Ungleichbehandlung. Zwar bedeutet eine Betriebsänderung, die mit einem Sozialplan einhergeht, eine wirtschaftliche Belastung für die Unternehmen. Außerdem erhält der Arbeitgeber mitunter bei einer Betriebsstilllegung keine Gegenleistung mehr, wenn die Kündigungsfristen länger laufen als noch Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Diese Umstände könnten geeignet sein, die streitige Regelung zu rechtfertigen. Allerdings wiegen sie nicht schwer genug, um von einer verhältnismäßigen Regelung ausgehen zu können. Zunächst ist zu beachten, dass nicht jedes Unternehmen, das eine Betriebsänderung durchführt, aus einer wirtschaftlichen Not heraus handelt. Oftmals geht es um reine Restrukturierung, um das Unternehmen neu, vermeintlich besser aufzustellen und Kosten zu sparen. Ferner konnten die Tarifvertragsparteien nicht annehmen, dass typischerweise ein angemessener Ausgleich der ungleichen Behandlung bei der Dauer der Kündigungsfristen bzw. der gleichen Behandlung aller Arbeitnehmer ohne Ansehung der Betriebszugehörigkeitszeiten in dem jeweiligen Sozialplan erfolgen würde. Die Umstände, die einer Betriebsänderung zugrunde liegen, insbesondere die wirtschaftliche Finanzkraft des jeweiligen Unternehmens, der Hintergrund der Betriebsänderung und die nach Ansicht der Betriebsparteien auszugleichenden Nachteile, über die sie nach eigenem Ermessen und Beurteilungsspielraum entscheiden können, sind derart unterschiedlich, dass völlig unklar ist, ob und in welchem Umfang die zum Teil erheblichen Nachteile, die durch die Abkürzung der Kündigungsfristen auf einen Monat zum Monatsende entstehen können, im jeweiligen Fall zum Ausgleich gelangen. Dabei liegt der Nachteil nicht nur in der kürzeren Dauer des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer erleidet hierdurch einen entsprechenden Einkommensverlust, Verluste in der Rentenversicherung und der Zeitraum, der ggf. noch bis zum Rentenbezug zu überbrücken ist, verlängert sich.

63

Auch der Umstand, dass rentennahe Jahrgänge grundsätzlich von Sozialplanabfindungen ausgenommen werden können, führt dazu, dass die Tarifvertragsparteien nicht darauf vertrauen und auch nicht annehmen durften, die Betriebspartner würden insbesondere mit Blick auf die am härtesten betroffenen Arbeitnehmer für einen angemessenen Ausgleich der Ungleichbehandlung sorgen. Am härtesten betroffen von der tariflichen Regelung über die Abkürzung der Kündigungsfristen auf einen Monat zum Monatsende sind vorliegend typischerweise ältere Arbeitnehmer, die eine lange Betriebszugehörigkeit aufweisen bzw. solche, die zusätzlich das 50. Lebensjahr vollendet haben und somit eigentlich von der längsten tariflich vorgesehenen Kündigungsfrist profitieren sollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es zulässig, rentennahe Jahrgänge von jeglicher Sozialplanleistung auszunehmen, da sie wirtschaftlich abgesichert sind (vgl. nur BAG, 11.11.2008, 1 AZR 475/07, m.w.N.; zit. nach juris). Trifft vorliegend beides zusammen, d.h. die Abkürzung der langen Kündigungsfristen auf einen Monat zum Monatsende und ein Ausschluss von Sozialplanleistungen wegen Rentennähe bzw. Rentenberechtigung, so sind solche Arbeitnehmer doppelt nachteilig betroffen. Die zu vermutende Annahme der Tarifvertragsparteien, der Sozialplan werde für einen Ausgleich der Abkürzung der Kündigungsfristen sorgen und damit eine Rechtfertigung für die Abkürzung der Kündigungsfristen begründen, schlägt hier fehl. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann dem auch nicht mit dem Argument begegnet werden, es fänden nur „Verschiebungen“ von Abfindungsleistungen statt, denn das ändert nichts daran, dass es generell eine Reihe von Mitarbeitern geben kann, die aufgrund der tariflichen Regelung in § 15 Abs. 3 RTV technische Angestellte weder formellen Kündigungsschutz durch eine lange Kündigungsfrist genießen noch eine Abfindung erhalten.

64

Ferner ist ein hinreichendes Differenzierungsziel nicht erkennbar. Ziel der streitigen tariflichen Regelung ist es, Flexibilisierung auf Arbeitgeberseite zu schaffen. Das mag zwar ein grundsätzlich legitimes Interesse der Arbeitgeber sein. Allerdings wiegt auch dieses Interesse nicht schwer genug, um den zum Teil erheblichen Eingriff in die sonst geltenden Kündigungsfristen rechtfertigen zu können. Die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer sind nicht ausreichend berücksichtigt worden, da keinerlei inhaltliche Voraussetzungen für den Sozialplan aufgestellt wurden, aufgrund dessen Existenz mit der kurzen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden darf. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann den Arbeitnehmer empfindlich treffen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwingt ihn, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen und sich auf neue Arbeitsbedingungen einzustellen, möglicherweise sogar den Wohnort zu wechseln. Ob er einen neuen Arbeitsplatz mit gleichem Verdienst und gleichwertigen Bedingungen findet, hängt wesentlich auch davon ab, wieviel Zeit ihm für die Arbeitsplatzsuche zur Verfügung steht. Dem sollen die Kündigungsfristen Rechnung tragen. Der Gekündigte kann schon vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Stelle suchen und die erforderlichen Dispositionen im privaten Bereich treffen. Er erhält die Chance, sofort nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Stelle anzutreten. Die Chance wächst mit der Dauer der Kündigungsfrist (vgl. hierzu BVerfG, 30.5.1990 1 BvL 2/83; zit. nach juris). Auch werden noch Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere Rentenbeiträge basierend auf dem aktuellen Monatsentgelt, gezahlt. Zwar verteuern lange Kündigungsfristen an sich Kündigungen. Das gilt allerdings für jegliche Kündigung, dennoch sieht der Tarifvertrag vorliegend - unter Verweis auf die gesetzlichen Fristen i.V.m. der langen Frist gemäß § 15 Ziff. 1 Abst. 3 RTV technische Angestellte - grundsätzlich gestaffelte Kündigungsfristen vor. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Abkürzung der Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende sich bei Arbeitnehmern mit längeren Betriebszugehörigkeiten ganz erheblich von dem gesetzlichen Leitbild in § 622 Abs. 2 BGB entfernt, ohne dass hinreichende gewichtige Gründe erkennbar sind. Die Tarifautonomie kann nicht schrankenlos gewährt werden (vgl. BAG, 7 AZR 140/15, 26.10.2016; zit. nach juris). Ist die Grenze der Verhältnismäßigkeit, wie vorliegend, überschritten, dann können tarifliche Regelungen auch für unwirksam erachtet werden. Zwar ist es den Tarifvertragsparteien nach § 622 Abs. 4 S. 1 BGB generell erlaubt, von den gesetzlichen Kündigungsfristen abzuweichen. Mit §622 Abs. 4 S. 1 BGB hat der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien unter den darin genannten Umständen die Möglichkeit gegeben, branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen (vgl. BAG, 18.9.2014, 6 AZR 636/13; zit. nach juris). Solche branchenspezifischen Besonderheiten, die allein bei Vorliegen eines Sozialplans die Abkürzung der Kündigungsfristen auf einen Monat zum Monatsende rechtfertigen könnten, sind aber – wie bereits ausgeführt – weder erkennbar noch vorgetragen.

65

Schließlich ist festzustellen, dass Abfindungen aus einem Sozialplan und Kündigungsfristen unterschiedliche Zielrichtungen haben. Die Kündigungsfrist bietet einen formellen Kündigungsschutz. Die Staffelung der Kündigungs-fristen durch § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB verfolgt das Ziel, länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren (BAG, 18.9.2014, 6 AZR 636/13; zit. nach juris). Es soll die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz aus einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis heraus in einer materiell noch abgesicherten Position erleichtert und auch die Betriebstreue belohnt werden. Der Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der Nachteile, die durch eine Betriebsänderung entstehen. Er hat eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihm enthaltenen Leistungen, vor allem Sozialplanabfindungen, sind kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste. Vielmehr sollen sie die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile eines Arbeitsplatzverlustes infolge einer Betriebsänderung ausgleichen oder zumindest abmildern (BAG, 26.9.2017, 1 AZR 137/15; 8.12.2015, 1 AZR 595/14; zit. nach juris). Insoweit haben die Tarifvertragsparteien Regelungsinstrumente mit unterschiedlichen Zwecken zueinander ins Verhältnis gesetzt, wobei es insbesondere nicht Aufgabe eines Sozialplans ist, Nachteile auszugleichen, die durch eine tarifliche Regelung entstehen, sondern lediglich solche, die durch eine Betriebsänderung verursacht werden (§ 112 BetrVG).

66

Soweit die Arbeitgeberin auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23. April 2008 (2 AZR 21/07) abstellt, ändert dies an dem gefundenen Ergebnis nichts. Dort ging es um die Regelung kurzer Kündigungsfristen für Kleinbetriebe, vor allem unter Hinweis auf deren geringe wirtschaftliche Tragkraft. Eine entsprechende Sachlage ist vorliegend nicht gegeben.

67

Insgesamt ist damit die festgestellte Ungleichbehandlung (bzw. Gleichbehandlung von Ungleichem) nicht hinreichend gerechtfertigt.

68

bbb)

69

Die tarifliche Bestimmung über die Abkürzung der sonst geltenden Kündigungsfristen in § 15 Ziff. 1 Abs. 3 RTV technische Angestellte verstößt ferner gegen §§ 7, 1 AGG, was ebenfalls zur Unwirksamkeit bzw. Unanwendbarkeit der Regelung führt.

i)

70

Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, u.a. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare Benachteiligungen ebenso wie mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (BAG, 18.2.2014, 3 AZR 833/12, zit. nach juris).

ii)

71

Vorliegend ist eine mittelbare Diskriminierung durch die Regelung in § 15 Abs. 3 RTV technische Angestellte gegeben.

(i)

72

Der sachliche Anwendungsbereich des AGG nach dessen § 2 Abs. 1 Nr. 2 ist eröffnet, da die Berechnung von Kündigungsfristen nach einem Tarifvertrag in Rede steht und es somit um Entlassungsbedingungen in kollektiv-rechtlichen Vereinbarungen geht. Ebenso ist der persönliche Anwendungsbereich eröffnet (§ Abs. 1 Nr. 1 AGG).

(ii)

73

Die Regelung in § 15 Abs. 3 RTV technische Angestellte benachteiligt ältere Arbeitnehmer mittelbar. Bei Vorliegen eines Sozialplans, unter dessen Anwendungsbereich die betroffenen Arbeitnehmer fallen, verkürzt sich die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende. Hiervon betroffen sind Arbeitnehmer unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Betriebszugehörigkeit. Die regelhaft mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit zunehmende Dauer der Kündigungsfrist (bis zu 9 Monate zum Kalenderhalbjahresende) wird unterschiedlich stark verkürzt, wirkt sich aber typischerweise am stärksten bei den älteren Arbeitnehmern aus, da langjährig Beschäftigte typischerweise ein höheres Lebensalter aufweisen. Jüngere Arbeitnehmer mit typischerweise kürzeren Kündigungsfristen sind von der Abkürzung der Kündigungsfristen entweder gar nicht oder aber wesentlich weniger betroffen als ältere Arbeitnehmer.

74

(iii)

75

Diese mittelbare Benachteiligung wegen des Alters ist nicht gerechtfertigt.

76

Eine mittelbare Benachteiligung eines verpönten Merkmals kann nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG durch ein legitimes Ziel und die Wahl verhältnismäßiger Mittel zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt sein. Rechtmäßige Ziele i.S.v. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht diskriminierenden und auch im Übrigen legalen Ziele sein. Die differenzierende Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, um das legitime Ziel zu erreichen, und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte des Benachteiligten darstellen (BAG, 29.1.2014, 6 AZR 943/11; 15.11.2012, 6 AZR 359/11; zit. nach juris). Letztlich ist § 3 Abs. 2 AGG eine spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG (BAG, 29.1.2014, 6 AZR 943/11; zit. nach juris). Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich im Fall der mittelbaren Benachteiligung schon tatbestandlich nicht um eine Benachteiligung i.S.v. § 7 Abs. 1 AGG (BAG, 29.1.2014, 6 AZR 943/11; zit. nach juris).

77

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Ziel dann rechtmäßig, wenn es nicht seinerseits diskriminierend und im Übrigen legal ist (BAG, 9.12.2015, 4 AZR 684/12, m.w.N.; zit. nach juris). Ein solches legitimes Regelungsziel muss der Unterscheidung überprüfbar zugrunde liegen, wenn es auch nicht in der Regelung selbst ausdrücklich benannt sein muss. Es muss sich aber aus dem Kontext der Differenzierungsmaßnahme ableiten lassen. Die zur Erreichung dieses Ziels gewählten Mittel müssen erforderlich sein, d.h. es darf keine die Benachteiligten weniger treffenden Möglichkeiten geben, das Ziel zu erreichen. Dabei sind die Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Benachteiligung nicht höher als diejenigen an die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung (BAG, 9.12.2015, 4 AZR 684/12, m.w.N.; zit. nach juris). Bei der Prüfung der Angemessenheit ist die aus der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie resultierende Gestaltungsbefugnis der Tarifvertragsparteien zu beachten. Das Erfordernis einer Rechtfertigung entfällt dadurch zwar nicht. Jedoch ist aufgrund der weitreichenden Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien und deren Einschätzungsprärogative bzgl. der sachlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Rechtsfolgen deren Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung zu berücksichtigen (BAG, 17.6.2009, 7 AZR 112/08; zit. nach juris).

78

Gemessen an den vorstehenden Kriterien ist die dargestellte mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer nicht gerechtfertigt. Insbesondere stellt die differenzierende Maßnahme keinen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch angemessenen Eingriff in die Rechte der Benachteiligten dar. Zwar gilt auch hier, dass den Tarifvertragsparteien eine Generalisierungs- und Typisierungsbefugnis bei Schaffung einer Regelung zukommt. Sie haben aber das angestrebte Ziel nicht mit verhältnismäßigen Mitteln verfolgt, wie sich bereits aus den obigen Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 GG ergibt:

79

Zwar mag das Ziel der streitigen tariflichen Regelung, für Flexibilisierung auf Arbeitgeberseite zu sorgen, als legitim anzuerkennen sei. Allerdings wiegt dieses Interesse nicht schwer genug, um den zum Teil erheblichen Eingriff in die sonst geltenden Kündigungsfristen (bis zu 9 Monaten zum Kalenderhalbjahresende) rechtfertigen zu können. Die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer sind nicht ausreichend berücksichtigt worden, da keinerlei inhaltliche Voraussetzungen für den Sozialplan aufgestellt wurden, aufgrund dessen Existenz mit der kurzen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden darf. Allein das Tatbestandsmerkmal „Abschluss eines Sozialplans“ schafft keinen hinreichend angemessen Ausgleich im Hinblick auf die zum Teil massiv abgekürzten Kündigungsfristen.

80

Auch hier gilt, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer empfindlich treffen kann. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwingt ihn, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen und sich auf neue Arbeitsbedingungen einzustellen, möglicherweise sogar den Wohnort zu wechseln. Ob er einen neuen Arbeitsplatz mit gleichem Verdienst und gleichwertigen Bedingungen findet, hängt wesentlich auch davon ab, wieviel Zeit ihm für die Arbeitsplatzsuche zur Verfügung steht. Dem sollen die Kündigungsfristen Rechnung tragen. Der Gekündigte kann schon vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Stelle suchen und die erforderlichen Dispositionen im privaten Bereich treffen. Er erhält die Chance, sofort nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Stelle anzutreten. Die Chance wächst mit der Dauer der Kündigungsfrist (vgl. hierzu BVerfG, 30.5.1990 1 BvL 2/83; zit. nach juris). Auch werden noch Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere Rentenbeiträge basierend auf dem aktuellen Monatsentgelt, gezahlt.

81

Das Vorliegen eines Sozialplans ohne jegliche inhaltlichen Vorgaben in dem Tarifvertrag stellt kein verhältnismäßiges Mittel dar. Völlig unklar ist, in welchem Umfang bei welchen Altersgruppen welche materiellen Sozialplanregelungen getroffen werden. Zwar kann im Regelfall angenommen werden, dass die Betriebspartner angemessene Sozialplanmittel zur Verfügung stellen. Auch ist nur ein solcher Sozialplan wirksam, der zumindest einen hinreichenden Ausgleich der Nachteile, die eine Betriebsänderung mit sich bringt, schafft (vgl. BAG, 24.08.2004, 1 ABR 23/03; zit. nach juris). Allerdings ist – wie bereits dargelegt – ein Ausschluss rentennaher Jahrgänge von jeglichen Sozialplanleistungen möglich (siehe oben). Solche Arbeitnehmer erhalten sodann keinerlei Ausgleich, mithin auch nicht für die erheblich abgekürzten Kündigungsfristen. Dem kann nicht mit dem Argument begegnet werden, diese Arbeitnehmer seien abgesichert durch mögliche Rentenzahlungen. Denn Rentenzahlungen schaffen keinen Ausgleich für abgekürzte Kündigungsfristen. Zudem können nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch solche Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausgenommen werden, die zunächst keine Rentenzahlungen, sondern nur Arbeitslosengeld mit sich anschließendem möglichen Rentenbezug beziehen (vgl. nur BAG, 11.11.2008, 1 AZR 475/07; zit. nach juris). Das gilt zudem für solche Arbeitnehmer, die nach dem Arbeitslosengeldbezug nur vorgezogen in Rente gehen können und damit dauerhaft von einem geringeren Rentenbezug betroffen sind. Außerdem führt die Abkürzung der Kündigungsfrist zu geringeren Rentenpunkten, was ebenfalls ein Nachteil ist, der nicht durch Sozialplanabfindungen typischerweise für ältere Arbeitnehmer hinreichend ausgeglichen wird.

cc)

82

Folge der Ungleichbehandlung ist, dass sich der Kläger auf die längere tarifliche Kündigungsfrist von 9 Monaten zum Kalenderhalbjahresende berufen kann. Sein Arbeitsverhältnis endete erst zum 31. Dezember 2017. Die Ungleichbehandlung kann vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden.

83

aaa)

84

Bei gleichheitswidrigen Tarifverträgen haben die Gerichte für Arbeitssachen die Verwerfungskompetenz. Allerdings stellt sich stets die Frage, ob die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Benachteiligung beseitigt wird, aufgrund der Gewährleistung der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien obliegt oder ob die Gerichte für Arbeitssachen eine Anpassung „nach oben“ vornehmen dürfen, indem sie die für die Bessergestellten geltenden Tarifbestimmungen auf die Benachteiligten erstrecken (BAG, 10.11.2011, 6 AZR 481/09; m.w.N.; zit. nach juris). Eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit ist bisher grundsätzlich nur bei Nichtigkeit einer Ausnahmeregelung erfolgt, wenn nach dem Regelungstatbestand unter Berücksichtigung der Zusatzbelastung des Arbeitgebers anzunehmen war, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung auch mit erweitertem Anwendungsbereich getroffen hätten (vgl. BAG, 7.3.1995, 3 AZR 282/94; zit. nach juris) oder die Benachteiligung für die Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden konnte (BAG, 10.11.2011, 6 AZR 481/09; m.w.N.; zit. nach juris).

85

Vorliegend kann, da die Kündigung des Klägers in der Vergangenheit liegt, seine Benachteiligung nur durch die Anpassung nach oben beseitigt werden mit der Folge, dass er einen Anspruch auf Einhaltung der sonst für ihn geltenden tariflichen Kündigungsfrist hat, d.h. der Frist von 9 Monaten zum Kalenderhalbjahresende.

86

bbb)

87

Auch wegen der mittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters hat er einen Anspruch auf die Kündigungsfristen nach Maßgabe der Regelungen für die begünstigte Gruppe.

88

Nach § 7 Abs. 2 AGG führt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG zur Unwirksamkeit der verbotswidrigen Regelung (BAG, 9.12.2015, 4 AZR 684/12, m.w.N.; zit. nach juris). Rechtsfolge einer – mittelbaren – Benachteiligung ist die Nichtanwendung allein der diskriminierenden Regelung. Besteht diese in einer Ausgrenzung der diskriminierten Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich einer vergleichbare Arbeitnehmer begünstigenden Regelung und sind bisher keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung getroffen, so dass die Regelung das einzig gültige Bezugssystem bleibt, ist regelmäßig auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die begünstigten Arbeitnehmer anzuwenden, um die Benachteiligung zu beseitigen (BAG, 9.12.2015, 4 AZR 684/12,; 25.3.2015, 5 AZR 458/13; EuGH 19.6.2014, C-501/12; zit. nach juris).

89

Auch hiernach war daher eine Anpassung nach oben vorzunehmen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Einhaltung der sonst für ihn geltenden tariflichen Kündigungsfrist hat, d.h. der Frist von 9 Monaten zum Kalenderhalbjahresende.

b)

90

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Höhe der geltend gemachten € 68.353,18 brutto nach § 113 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BetrVG, der im Berufungsverfahren – im Gegensatz zum erstinstanzlichen Verfahren – als Hauptantrag und nicht als Hilfsantrag begehrt worden ist.

91

Zwar hat die Beklagte mit der Betriebsstilllegung eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG geplant. Sie hatte sich jedoch vor deren Durchführung ausreichend um einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat bemüht.

92

Nach § 113 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BetrVG kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn dieser eine Betriebsänderung durchführt, ohne über sie zuvor einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und der Arbeitnehmer infolge der Maßnahme entlassen wird oder andere wirtschaftliche Nachteile erleidet. Der Anspruch aus § 113 Abs. 3 BetrVG dient vornehmlich der Sicherung des sich aus § 111 S. 1 BetrVG ergebenen Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats und schützt dabei mittelbar die Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Er entsteht, sobald der Unternehmer mit der Durchführung der Betriebsänderung begonnen hat, ohne bis dahin einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben (BAG, 22.9.2016, 2 AZR 276/16; 14.4.2015, 1 AZR 794/13; zit. nach juris). Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichten und mit ihm mit dem ernsthaften Willen zu einer Verständigung über die geplante Betriebsstillegung beraten. Dazu muss er sich mit den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Alternativen zu der geplanten Betriebsänderung befassen und argumentativ auseinandersetzen. Können sich die Betriebsparteien nicht auf einen Interessenausgleich verständigen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einigungsstelle anzurufen. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht nicht, wenn die Betriebsparteien vor Beginn der Betriebsänderung einen Interessenausgleich vereinbaren oder der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats in dem Einigungsstellenverfahren erfüllt wird. Letzteres setzt nicht voraus, dass die Einigungsstelle das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen durch einen förmlichen Beschluss feststellt (BAG, 22.9.2016, 2 AZr 276/16; 16.8.2011, 1 AZR 44/10; zit. nach juris).

93

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Nachteilsausgleich zu. Die Beklagte hat die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich rechtzeitig eingeleitet. Sie hat mit dem Betriebsrat vor Stilllegung des Betriebs zum 31. Dezember 2016 und vor Ausspruch der Kündigungen der Arbeitnehmer aufgrund der Stilllegung in sechs Sitzungen der Einigungsstelle über die Betriebsstilllegung gesprochen, ihn insbesondere über die beabsichtigte Betriebsstilllegung rechtzeitig informiert. Aufgrund der Verhandlungen und verschiedener Entwürfe der Arbeitgeberin über den Abschluss eines Interessenausgleichs (u.a. vom 26. November 2015, 15. Juni 2016 und 9. September 2016, Anlagen B 15 bis B 17, Bl. 296 ff d.A.) hat sie sich ernsthaft um den Abschluss eines Interessenausgleichs bemüht, bevor sie mit der Umsetzung der Betriebsstilllegung durch Ausspruch der Kündigungen begonnen hat. Die Beklagte hatte den Betriebsrat umfassend über die geplante Betriebsänderung unterrichtet, indem mitgeteilt wurde, dass der Betrieb zum 31. Dezember 2016 aufgrund der Beendigung des Pachtvertrags stillgelegt werden solle. Sie hatte sodann nach ergebnislosen Verhandlungen mit dem Betriebsrat die Einigungsstelle angerufen. Diese hat sechsmal getagt, bevor die Betriebsparteien die Verhandlungen über einen Interessenausgleich in der sechsten Sitzung am 14. September 2016 für gescheitert erklärt haben bzw. ein entsprechender Beschluss in der Einigungsstelle ergangen ist (Anl. B 2, Bl. 140 ff d.A.). Dass der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats durch die Erörterungen in der Einigungsstelle nicht erfüllt worden wäre, ist nicht erkennbar. Ist damit der Versuch eines Interessenausgleichs ernsthaft unternommen worden, scheidet ein Anspruch auf einen Nachteilsausgleich aus.

c)

94

Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf Zahlung einer „Gesamtabfindung“ in Höhe von € 50.369,66 brutto.

95

Anspruchsgrundlage kann nur der Sozialplan vom 14. September 2015 sein. Dieser sieht für die Altersgruppe des Klägers einen Faktor von 0,25 pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vor, der Kläger errechnet den vorgenannten Anspruch allerdings mit dem höchsten Faktor des Sozialplans 0,32.

96

Ob der Kläger hierauf einen Anspruch haben könnte, kann dahinstehen, da ihm derzeit keinerlei Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus dem Sozialplan zusteht. Denn der Kläger hat die Voraussetzungen von § 7 des Sozialplans noch nicht erfüllt. Voraussetzung für die Zahlung einer Abfindung nach § 7 Abs. 2 des Sozialplans ist, dass der Mitarbeiter, der – wie der Kläger – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 57. Lebensjahr vollendet hat, Auskunft über seine Rentenberechtigung hinsichtlich einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unter Vorlage eines entsprechenden Nachweises der Deutschen Rentenversicherung erbringt. Leistungen aus dem Sozialplan werden erst nach Eingang des Nachweises gewährt. Dieser Auskunfts- und Nachweispflicht ist der Kläger – trotz entsprechender Hinweise der Beklagten – bislang nicht nachgekommen. Damit ist jedweder Anspruch auf Zahlung einer Abfindung jedenfalls zur Zeit nicht fällig und somit nicht durchsetzbar. Das gilt auch für einen niedrigeren, mit dem Faktor 0,25 zu berechnenden Abfindungsanspruch des Klägers.

II.

97

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.

98

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.