Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2015:0416.3M517.14.0A
bei uns veröffentlicht am16.04.2015

Gründe

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Die zulässige Beschwerde ist begründet.

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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24. November 2014 und den zwischenzeitlich ergangenen zurückweisenden Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 7. Januar 2015 zu Unrecht abgelehnt.

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Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen ergibt sich, dass abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Bescheids des Antragsgegners vor einer endgültigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Bescheids verschont zu bleiben, dem öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Vollziehung vorgeht. Die Beschwerde führt daher unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids und damit auch zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3. des Bescheides vom 24. November 2014.

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Der Senat erachtet dabei die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen. Es lässt sich derzeit nicht feststellen, dass das angefochtene Tierhaltungsverbot offensichtlich rechtswidrig oder offensichtlich rechtmäßig ist.

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Entgegen der Auffassung des Antragstellers sprechen derzeit keine überwiegenden Gründe dafür, dass der angefochtene Bescheid bereits wegen nicht hinreichender Bestimmtheit formell rechtswidrig ist. Gemäß §§ 37 Abs. 1 VwVfG, 1 Abs. 1 VwVfG LSA muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, sodass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, juris).Zudem ist eine Behörde befugt, einen unklaren Verwaltungsakt zu präzisieren und seine hinreichende Bestimmtheit - auch durch Erklärung gegenüber dem Gericht - nachträglich herbeizuführen (BVerwG, Urt. v. 02.07.2008 - 7 C 38.07 -, juris).

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Dem Antragsteller ist in Ziffer 1. des Bescheides vom 24. November 2014 das Halten und Betreuen von Schweinen untersagt worden. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren im Schriftsatz vom 17. Februar 2015 ausgeführt, dass er das Schweinehaltungs- und -betreuungsverbot erst dann als vom Antragsteller umgesetzt ansieht, wenn dieser neben der Aufgabe der Funktion als Geschäftsführer der (...) GmbH und deren Tochtergesellschaften auch die Gesellschaftsanteile an der (...) GmbH an einen Dritten übertragen bzw. veräußert hat. Der Antragsgegner hat damit spätestens im Beschwerdeverfahren die dem Antragsteller auferlegten Pflichten hinreichend konkretisiert. Ob die Auffassung des Antragsgegners zutreffend ist, dass § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG eine Behörde auch ermächtigt, vom Alleingesellschafter einer Holdinggesellschaft, die Anteile an Unternehmensträgern hält, in deren Betrieben Tiere gehalten werden, zu verlangen, dass dieser zur Umsetzung eines Haltungs- und Betreuungsverbotes die Gesellschaftsanteile an der Holdinggesellschaft veräußert, ist keine Frage der formellen, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes.

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Rechtsgrundlage für das gegen den Antragsteller verfügte Verbot der Haltung und Betreuung von Schweinen ist § 16a Abs. 1 Satz 1 TierschG. Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen (Nr. 1), oder demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist (Nr. 3). Gemäß § 2 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (Nr. 1); er darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (Nr. 2), und er muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (Nr. 3).

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Es spricht vieles dafür, dass es sich bei dem Tierhaltungsverbot nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, dessen Rechtmäßigkeit sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung zu beurteilen hat (offen lassend bezüglich Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG: BVerwG, Beschl. v. 09.07.2013 - 3 B 100.12 -, juris). Ein Dauerverwaltungsakt ist nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensgemäß auf Dauer angelegt. Er ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Die Behörde hat den Dauerverwaltungsakt auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.10.2014 - 9 B 32.14 -, juris m. w. N.). § 16a TierschG ist hingegen sicherheits- und ordnungsrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des Arzneimittel-, Lebensmittel- und Seuchenrechtes nachgebildet (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.01.2012 - 7 C 5.11 -, juris; Begründung des Gesetzentwurfes in BR-Drs. 195/1/86, S. 6), wobei der Gesetzgeber in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 - vergleichbar mit der Gewerbeuntersagung in § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO - ein Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren vorgesehen hat, so dass wie bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagungsverfügung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen sein dürfte (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2003 - 6 C 10.03 -, juris). Auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der in Rede stehenden Anordnung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG abzustellen ist, kann hier indessen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens dahin stehen.

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Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die angefochtenen Bescheide nicht bereits deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil er unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als Tierhalter i. S. d. § 16a TierschG anzusehen ist, da er „nur“ Gesellschafter und Geschäftsführer der (...) GmbH und Geschäftsführer deren Tochtergesellschaften war bzw. ist, in deren Betrieben Schweine gehalten werden. Tierhalter im Sinne des Tierschutzgesetzes können vielmehr auch juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts sein (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 22.09.2009 - 9 U 11/09 -, juris; OLG Brandenburg, Urt. v. 13.10.2008 - 1 U 2/08 -, juris; zum Unionsrecht: Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 v. 17.07.2000, ABl. EG L 204, S. 1).

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Im Hinblick auf den ordnungsrechtlichen Charakter des § 16a TierschG ist für die Tierhaltereigenschaft entscheidend das tatsächliche, umfassende Sorgeverhältnis gegenüber einem Tier. Dementsprechend ist als Tierhalter grundsätzlich derjenige anzusehen, der an der Haltung des Tieres ein eigenes Interesse und eine grundsätzlich nicht nur vorübergehende Besitzerstellung und die Befugnis hat, über Betreuung und ggf. Existenz des Tieres zu entscheiden. Abzustellen ist mithin darauf, in wessen Haushalt oder Betrieb das Tier gehalten wird, wem - unabhängig von der Eigentümerstellung - die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.06.2013 - OVG 5 S 27.12 -, juris; BGH, Urt. v. 19.01.1988 - VI ZR 188/87 -, juris). Im Rahmen der §§ 2, 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG geht es darum, wer für die tierschutzwidrigen Verhältnisse verantwortlich ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 27.06.2006 - 25 ZB 05.1507 -, juris). Für die Beurteilung dieser Verantwortlichkeit kann ergänzend auf die allgemeinen Grundsätze des Ordnungsrechts zurückgegriffen werden. Für das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht ist hinsichtlich der Verhaltensverantwortlichkeit anerkannt, dass der für eine juristische Person maßgeblich Handelnde (z. B. der Geschäftsführer) nicht schon wegen seiner Stellung als Organwalter von jeder eigenen Verantwortlichkeit frei ist. Anknüpfungspunkt für einen Zugriff auf ihn ist, dass er (auch) in seiner Person die Voraussetzungen der Verhaltensverantwortlichkeit erfüllt, etwa indem er persönlich die zur Entstehung der Gefahr führenden Umstände zentral und umfassend gesteuert hat. Sind diese Voraussetzungen gegeben, steht der persönlichen Inanspruchnahme des Betreffenden nicht entgegen, dass sein Handeln unter Umständen auch der juristischen Person zugerechnet werden kann mit der Folge, dass die juristische Person ordnungsrechtlich für sein Handeln einzustehen hat. Eine derartige Zurechnung ist nicht ausschließlich in dem Sinne, dass sie den Handelnden von seiner eigenen Verantwortlichkeit befreit (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 19.09.2013 - 2 M 114/13 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.03.2007 - 20 B 61/07 -, juris m. w. N.). Ob der Antragsteller in Bezug auf die in den von den Tochtergesellschaften der (...) GmbH geführten Betrieben gehaltenen Schweine als Verantwortlicher im vorgenannten Sinne anzusehen ist, bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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Soweit der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid darauf stützt, dass die beim Antragsteller in den von der (G.) GmbH bzw. (D.) GmbH betriebenen Anlagen vorhandenen Kastenstände nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. Februar 2014 (BGBl. I S. 94, TierSchNutztV), genügten, was indiziere, dass dort tierschutzwidrige Zustände herrschten, welche der Antragsteller nicht bereit sei abzustellen, ist festzustellen, dass diese Frage in Bezug auf das hier streitige Tierhaltungsverbot nur teilweise mit dem Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens 3 L 386/14 (vorgehend Urteil des VG Magdeburg v. 03.03.2014 - 1 A 230/14 -, juris) übereinstimmt.

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Nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV müssen Kastenstände so beschaffen sein, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Ob diese Vorschrift, wie der Antragsgegner meint, nur so ausgelegt werden könne, dass die Kastenstände generell so auszugestalten sind, dass die Breite der Kastenstände der Widerristhöhe der Schweine zu entsprechen habe oder, wie der Antragsteller unter Berufung unter anderem auf Stellungnahmen des Referenten für Schweine- und Wirtschaftsgeflügelhaltung am Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie ausführt (Meyer, Untersuchungen zur körperlichen Entwicklung von Zuchtsauen und Konsequenzen für die Kastenstandhaltung, Stand: 20.08.2014, veröffentlicht unter www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/download/SauenKoerper_Dimension_Fachinfo.pdf; ders. in Landtechnik 2015, S. 9 f., veröffentlicht unter www.landtechnik-online.eu/ojs-2.4.5/index.php/landtechnik/article/download/2062/3735), dass die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften für die Dimensionierung von Kastenständen sich an der genetischen Herkunft, der Alters- sowie Größenstruktur der jeweiligen Herde orientieren solle und die Kastenstandhaltung Kompromisse erfordere, da sowohl zu enge als auch zu weite Kastenstände zu Verletzungen der Schweine führen könnten, bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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Der Tatbestand des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG setzt für den Erlass eines Tierhaltungsverbotes hingegen voraus, dass der Vorschrift des § 2 TierSchG zuwider gehandelt worden ist und dadurch den gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt worden sind. Es muss mithin durch die zuständige Behörde ein kausaler Zusammenhang zwischen der nicht den tierschutzrechtlichen Anforderungen genügenden Haltungs- und Betreuungsbedingungen und den Schmerzen, Leiden oder Schäden festgestellt werden. Zwar können nach Auffassung des Senats durch die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des beim Landkreis Vorpommern-Greifswald beschäftigten Amtsveterinärs Dr. P. vom 2. Februar 2015 die Feststellungen des Antragsgegners zu Schmerzen, Leiden oder erheblichen Schäden hinsichtlich der Betriebe der (G.) bzw. (D.) GmbH nicht als widerlegt angesehen werden. Auf den Inhalt der vom Landkreis Vorpommern-Greifswald zu dieser Stellungnahme des Amtsveterinärs Dr. P. geführten Verwaltungsakte kam es für die Entscheidung des Senates dabei nicht entscheidungserheblich an. Die Stellungnahme als solche gibt aber jedenfalls Anlass zur weiteren Sachverhaltsaufklärung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Einschätzung von Amtstierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, vom Gesetz eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2014 - OVG 5 S 26.14, OVG 5 M 25.14 -, juris), schließt dies nicht aus, dass die von beim Antragsgegner beschäftigten Amtstierärzten getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften bzw. bei anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften beschäftigten Fachtierärzten dergestalt in Frage gestellt werden können, dass den unterschiedlichen fachlichen Auffassungen im Rahmen einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren nachzugehen ist.

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Auch hinsichtlich der weiteren dem Antragsteller vorgeworfenen tierschutzrechtlichen Verstöße wie unbehandelte Verletzungen und Erkrankungen, fehlende ordnungsgemäße Krankenbuchten, unzureichende Wasserversorgung, Fixierung von Sauen in Kastenständen, nicht sachgerechter Anwendung von Arzneimitteln, Töten von Ferkeln ohne vernünftigen Grund, nicht tierschutzgerechtes Töten von Ferkeln, nicht ordnungsgemäßes Kupieren von Schwänzen wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob sich hinsichtlich sämtlicher Vorwürfe ein tierschutzwidriges Handeln oder Unterlassen i. S. d. §§ 2, 4 Abs. 1 TierSchG feststellen lässt, ob diese Verstöße anhand der vom Antragsgegner ermittelten Umstände hinreichend belegt sind und ob bzw. in welchem Umfang diese Verstöße dem Antragsteller zugerechnet werden können.

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Gleiches gilt auch für die Frage, ob der Antragsteller dadurch gegen das Verbot der Qualzucht (§ 11b TierSchG) verstoßen hat, dass er systematisch in der (G.) GmbH Schweinerassen gezüchtet haben soll, die weitaus mehr Ferkel je Wurf produzieren als die jeweilige Sau selbst versorgen kann und für diese „überzähligen“ Ferkel eine bedarfsgerechte Versorgung nicht oder nicht in hinreichendem Umfang vorgehalten wurde (vgl. zur Auslegung von § 11b TierSchG: BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 7 C 4.09 -, juris).

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Die Anordnung eines Tierhaltungsverbotes setzt neben der Feststellung tierschutzrechtlicher Zuwiderhandlungen und darauf beruhender Schmerzen, Leiden oder Schäden auch eine Prognose dahingehend voraus, dass Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Zwar führt der vom Antragsteller vorgetragene Umstand, dass die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Bayern hinsichtlich der dortigen Unternehmen, in denen der Antragsteller jeweils als Geschäftsführer eines Schweinezuchtbetriebes fungiert hat, jedenfalls keine so erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt haben, die die dortigen Behörden veranlassten, die Anordnung eines Tierhaltungsverbotes in Betracht zu ziehen (vgl. zur Situation in Mecklenburg-Vorpommern: Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/3574 v. 06.03.2015, S. 5 f. und Drucksache 6/3593 v. 06.03.2015; in Bayern: Bayerischer Landtag, Drucksache 17/5242 v. 27.03.2015), nicht dazu, die Feststellungen des Antragsgegners zu den tierschutzrechtlichen Zuwiderhandlungen des Antragstellers in Frage zu stellen. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG ist es unerheblich, dass es möglicherweise nur in wenigen der insgesamt 26 Betriebsstätten, welche zur Unternehmensgruppe des Antragstellers zählen, zu Schmerzen oder Leiden von Tieren führenden tierschutzwidrigen Zuständen gekommen ist. Dass eine solche gleichsam quantitative Betrachtungsweise geboten wäre, ist § 16a TierschG nicht zu entnehmen. Im Rahmen der Prüfung der Prognose, ob als nach dem Tierschutzrecht nur zulässiger ultima ratio ein bundesweit geltendes Tierhaltungsverbot angeordnet wird oder aber betriebsbezogene tierschutzrechtliche Anordnungen bis hin zur Auflösung eines Tierbestandes nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG in Betracht zu ziehen sind, ist allerdings in die Abwägung einzubeziehen, ob es auch in anderen Betriebsstätten der Unternehmensgruppe des Antragstellers zu tierschutzrechtlichen Verstößen i. S. v. § 16a Abs. 1 TierSchG gekommen ist und wie der Antragsteller auf eventuelle behördliche Anordnungen reagiert hat. Ob eine solche umfassende Prüfung durch den Antragsgegner erfolgt ist, bleibt ebenfalls der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Sie ergibt sich jedenfalls nicht ohne weiteres aus den hier maßgeblichen Bescheiden.

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Der Senat lässt es weiter offen, ob für die mit dem Tierhaltungsverbot verbundene Anordnung des Antragsgegners, dass dieser neben der Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer auch die Gesellschaftsanteile der (...) und damit mittelbar auch die Gesellschaftsanteile an sämtlichen Unternehmensträgern veräußert, in dessen Betrieben Schweine gehalten werden, in § 16a Abs. 1 Sätze 1 und 2 TierSchG eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage findet und sie unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes von Bedeutung oder nur für die Frage der Rechtmäßigkeit der Vollstreckung des Tierhaltungsverbotes relevant ist.

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Zwar kann mit einem Tierhaltungsverbot nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TierSchG zugleich gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG auch die Anordnung ergehen, dass ein Tierhalter die Fortnahme und ggf. die Veräußerung der Tiere zu dulden hat. Ist der Tierhalter eine natürliche Person, so wird zwar mit einer solchen Anordnung in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum an den Tieren eingegriffen, das Eigentum des Tierhalters etwa an Betriebsmitteln oder auch landwirtschaftlich genutzten Grundstücken bleibt jedoch unberührt. Gleiches gilt, wenn ein Tierhaltungsverbot an eine juristische Person des Privatrechts gerichtet wird. Richtet sich das Tierhaltungsverbot wie hier hingegen an den Gesellschafter einer Holdinggesellschaft, welche wiederum Alleingesellschafter an Unternehmensträgern ist, in dessen Betrieben Tiere gehalten werden und hält man ein Tierhaltungsverbot in einem solchen Falle erst dann für umgesetzt, wenn der Gesellschafter die Anteile an der Holdinggesellschaft bzw. die Holdinggesellschaft die Anteile an den Tochtergesellschaften veräußert hat, geht der Eingriff in dessen geschützte Rechtspositionen jedoch wesentlich weiter, wenn außer dem Tierbestand z. B. Grundstücke und sonstiges Betriebsvermögen im Eigentum des Unternehmensträgers stehen. Der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst auch die Substanz des Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung. Das Anteilseigentum ist in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und in seinem vermögensrechtlichen Element gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum. Neben dem Sozialordnungsrecht bestimmt und begrenzt das Gesellschaftsrecht die Rechte des Anteilseigners. Dieser kann sein Eigentum regelmäßig nicht unmittelbar nutzen und die mit ihm verbundenen Verfügungsbefugnisse wahrnehmen, sondern er ist hinsichtlich der Nutzung auf den Vermögenswert beschränkt, während ihm Verfügungsbefugnisse - abgesehen von der Veräußerung oder Belastung - nur mittelbar über die Organe der Gesellschaft zustehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.01.2014 - 1 BvR 2344/11 -, juris m. w. N.). Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den (zumeist generalklauselartigen) Eingriffsermächtigungen im Sicherheit- und Ordnungsrecht - wie hier in § 16a Abs. 1 TierSchG - auch im Hinblick auf die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG um zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums handelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 - 1 BvR 242/91 u. a. a-, juris), ist es zumindest nicht offensichtlich rechtmäßig, dass ein Alleingesellschafter bei der Anordnung eines Tierhaltungsverbotes gegen ihn als (mittelbaren) Anteilseigner eines Unternehmensträgers nicht nur die Fortnahme und Veräußerung der tierschutzwidrig gehaltenen Tiere hinzunehmen hat, sondern auch den Verlust des (mittelbaren) Anteilseigentums an dem Unternehmensträger, in dessen Betrieben Tiere gehalten werden, zu dulden hätte. Zwar kann aus Gründen der Gefahrenabwehr aufgrund von hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelungen auch (dauerhaft) in die Substanz des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums eingegriffen werden (zur Vermögenseinsziehung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG: BVerwG, Urt. v. 03.12.2004 - 6 A 10.02 -, juris; zum Verfall gemäß § 73d StGB: BVerfG, Beschl. v. 14.01.2004 - 2 BvR 564/95 -, juris). Es ist jedoch nicht offenkundig, dass § 16a Abs. 1 TierSchG zu einem derart umfassenden Zugriff auf das Eigentum des Antragstellers ermächtigt. Jedenfalls ist im Hauptsacheverfahren zu klären, ob ein solcher Eingriff in nach Art. 14 Abs.1 GG geschützte Rechte verhältnismäßig ist oder aber ein weniger einschneidender Eingriff in das Anteilseigentum im Hinblick auf die Ziele des Tierschutzes die gleiche Eignung wie die Veräußerung bzw. Übertragung der Gesellschaftsanteile aufweist, wie dies etwa bei einer Verpachtung der Gesellschaftsanteile der Fall sein könnte.

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Allerdings genügte selbst die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die angefochtenen Bescheide in einem Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen werden, für die sofortige Vollziehung des Tierhaltungsverbotes nicht. Die Abweichung von der im Gesetz grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen ein Tierhaltungsverbot (§ 80 Abs. 1 VwGO) stellt einen selbstständigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dar, da die berufliche Betätigung schon vor einer Entscheidung in der Hauptsache untersagt wird (zu vorläufigen Berufsverboten: BVerfG, Beschl. v. 24.08.2011 - 1 BvR 1611/11 -, juris; Beschl. v. 08.11.2010 - 1 BvR 722/10 -, juris; Beschl. v. 08.04.2010 - 1 BvR 2709/09 -, juris; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2157/07 -, juris). Es bedarf dabei keiner Klärung, ob sich der Antragsteller als niederländischer Staatsangehöriger unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. Als EU-Ausländer hat er jedenfalls Anspruch auf eine entsprechende Grundrechtsgewährleistung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.2013 - 3 C 17.13 -, juris).

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Ein solches vorläufiges Berufsverbot ist nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statthaft (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.03.1977 - 1 BvR 124/76 -, juris). Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus, um die Umsetzung der Maßnahme vor der endgültigen Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.11.2010, a. a. O.). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung setzt vielmehr voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es auch mit Blick auf die Berufsfreiheit des Betroffenen rechtfertigen, seinen Rechtsschutzanspruch gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v 24.10.2003 - 1 BvR 1594/03 -, juris). Für ein hinreichendes Vollzugsinteresse müssten also zusätzlich zur voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Verfügung Anhaltspunkte für die Besorgnis vorliegen, der Antragsteller werde bei einem Aufschub der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren sein bisheriges Verhalten fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12.01.2011 - 1 M 139/10 -, juris). Darüber hinaus ist zu beachten, dass effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dann gewährleistet ist, wenn für sofort vollziehbar erklärte Eingriffe in grundrechtlich gewährleistete Freiheiten noch einmal einer gesonderten - über die Beurteilung der zugrundeliegenden Verfügung hinausgehenden - Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Es ist eine Abwägung der Folgen, die bei einem Aufschub der Maßnahmen für die Dauer des Rechtsstreits zu befürchten sind, und denjenigen, welche demgegenüber bei dem Antragsteller wegen des Sofortvollzugs eintreten würden, vorzunehmen (BVerfG, Beschl. v. 24.10.2003, a. a. O.). Nur wenn auch diese zu Lasten des Antragstellers ausfällt, ist ein hinreichendes Vollzugsinteresse gegeben.

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Das Vorliegen einer solchen Gefahrenlage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats anhand der vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren abgegebenen Erklärungen nicht festzustellen.

22

Für die Frage des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des gegen den Antragsteller ausgesprochenen und (zumindest) bundesweit geltenden Berufsverbotes ist der Umstand zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland 26 Anlagen zur Haltung und Zucht von Schweinen betreibt, in denen ca. 350.000 Schweine gehalten werden; in den Betrieben in Sachsen-Anhalt sind es ca. 125.000 Schweine. Die vom Antragsgegner in den angefochtenen Bescheiden angeführten tierschutzrechtlichen Verstöße und die Darstellung der Reaktion des Antragstellers auf die gegen ihn gerichteten behördlichen Handlungen beziehen sich nahezu ausnahmslos auf die Betriebsstätten der (D.) GmbH und (G.) GmbH in Sachsen-Anhalt. Zu den Tierhaltungsbedingungen in den weiteren Betriebsstätten der Unternehmensgruppe des Antragstellers in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sowie das Verhalten des Antragstellers in Bezug auf eventuelle tierschutzrechtliche Anordnungen in diesen Bundesländern finden sich in den angefochtenen Bescheiden keine Feststellungen. Aus den allgemein zugänglichen Quellen lässt sich lediglich feststellen, dass in Mecklenburg-Vorpommern bei 104 Kontrollen der Betriebe der Unternehmensgruppe des Antragsstellers in 94 Fällen Verstöße festgestellt worden sind, wobei allerdings sich die Mehrheit dieser Verstöße nicht auf das Tierschutzrecht bezogen (z. B. Mängel im Brandschutz, vorzeitige Inbetriebnahme von Stallanlagen, Mängel in der Regenentwässerung, übergelaufene Güllebehälter, vgl. Übersicht in Drucksache 6/3574 des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern v. 06.03.2015). Jedenfalls haben die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der dort festgestellten Verstöße weder Anlass gesehen, ein Tierhaltungsverbot gegen den Antragsteller noch den Entzug der Betriebsgenehmigung zu erwägen (so die Stellungnahme der Landesregierung in Drucksache 6/3593 des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern v. 06.03.2015, S. 2).

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Hinzu kommt, dass der Tierhaltungsbetrieb der (G.) GmbH in E-Stadt bis Ende August 2015 beendet wird, so dass in Sachsen-Anhalt längerfristig nur noch in den Betrieben der (D.) GmbH Schweine gehalten werden sollen. Wie oben bereits ausgeführt, ist es für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht notwendig von entscheidender Bedeutung, dass möglicherweise nur in einer Betriebsstätte der Unternehmensgruppe des Antragstellers Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt worden sind, welche bei den dort gehaltenen Tieren zu Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden geführt haben. Für die Frage, ob die sofortige Vollziehung des bundesweit geltenden Tierhaltungsverbotes gerechtfertigt ist, weil zu besorgen ist, dass von der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter ausgehen, ist allerdings der Umstand beachtlich, dass nach derzeitiger Aktenlage die für den Tierschutz zuständigen Behörden außerhalb von Sachsen-Anhalt zum Schutz der in den dortigen Betrieben der Unternehmensgruppe des Antragstellers gehaltenen Schweine ein Tierhaltungsverbot nicht als notwendig erachtet, sondern vielmehr bislang tierschutzrechtliche Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG bzw. die Verhängung von Bußgeldern als ausreichend angesehen haben, um tierschutzgemäße Zustände in diesen Betrieben zu gewährleisten. Insoweit wäre hinsichtlich der noch verbleibenden Betriebsstätten der (D.) GmbH in Sachsen-Anhalt für den Fall, dass dort während des laufenden Hauptsacheverfahrens gravierende tierschutzwidrige Zustände festgestellt werden sollten, zu prüfen, ob zum Schutz der Tiere anstelle der Vollziehung des Tierhaltungsverbotes eine Auflösung des Tierbestandes in Betracht zu ziehen wäre.

24

Es ist ferner davon auszugehen, dass der Antragsteller hinsichtlich der zur (...) GmbH zählenden Unternehmensgruppe derzeit keinen bestimmenden Einfluss auf Haltung und Betreuung der Schweine hat. Der Antragsteller hat mit den dem Schriftsatz vom 26. Februar 2015 beigefügten Handelsregisterauszügen hinreichend belegt, dass er sowohl hinsichtlich der (...) GmbH als auch hinsichtlich der weiteren der Unternehmensgruppe zugehörigen Unternehmensträger in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, in dessen Betrieben Schweine gehalten werden, nicht mehr zum Geschäftsführer bestellt ist. Gleiches gilt nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen auch für die Betriebe der A.-(…) GmbH im Landkreis Donau-Ries/Bayern (vgl. Bericht in Augsburger Allgemeine v. 06.03.2015,www.augsburger-allgemeine.de/donauwoerth/Reichertsweiler-Behoerde-schaltet-Staatsanwaltschaft-ein-id33282557.html). Der Antragsteller hat zudem einen Gesellschafterbeschluss der (...) GmbH vom 3. März 2015 vorgelegt, wonach die nunmehr bestellte Geschäftsführerin der (...) GmbH im Bereich der Regelung und Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen in den Anlagen allein verantwortlich und weisungsunabhängig vom Gesellschafter der (...) GmbH, mithin des Antragstellers, ist. Dieser Beschluss gilt auch für die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften der (...) GmbH. Ferner hat die Geschäftsführerin der (...) GmbH unter dem 13. Februar 2015 Prof. Dr. N. als Generalbevollmächtigten bestellt. Dieser hat hinsichtlich der (...) GmbH und den Tochtergesellschaften unter anderem die Aufgabe, die rechtskonforme Kontrolle der tierschutzrelevanten Rechtsvorschriften sicher zu stellen und falls erforderlich weitergehende angemessene qualitätssichernde Maßnahmen zu etablieren. Der Senat geht anhand der Erklärungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren davon aus, dass dieser Zustand bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens andauern wird. Soweit der Antragsgegner unter Hinweis auf § 46 GmbHG ausführt, dass der Antragsteller als Alleingesellschafter der (...) und mittelbar deren Tochtergesellschaften jederzeit die nach dem Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung berufenen Geschäftsführer wieder abberufen, sich wieder selbst zum Geschäftsführer bestellen bzw. im Hinblick auf für die Einhaltung tierschutzrechtlicher Anforderungen notwendige Investitionen (z. B. Aufwendungen für bauliche Einrichtungen) unter jederzeitiger Änderung des Gesellschafterbeschlusses vom 3. März 2015 die Weisungsabhängigkeit der Geschäftsführer wieder herstellen könne, ist diese abstrakte Gefahr, welche sich allgemein aus der rechtlichen Stellung des Antragstellers als Gesellschafter der (...) GmbH ergibt, nicht ausreichend, um eine konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festzustellen.

25

Die sofortige Vollziehung des gegen den Antragsteller ausgesprochenen Tierhaltungsverbotes kann nicht mit den aus Sicht des Antragsgegners offenbar gewordenen Charaktereigenschaften des Antragstellers und einer mangelnden Einsicht in sein Verhalten begründet werden. Diese Überlegungen genügen ungeachtet der noch ausstehenden Klärung der gegen den Antragsteller geführten Vorwürfe nicht, um eine konkrete Gefährdung gerade während des laufenden Hauptsacheverfahrens zu begründen. Abgesehen davon gilt: Wenn schon der Druck eines Straf- oder Verwaltungsverfahrens zu einer Verhaltensänderung jedenfalls für die Dauer des Hauptsacheverfahrens führt, ist ein Sofortvollzug gerade nicht erforderlich und muss unterbleiben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007, a. a. O.).

26

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es dem Antragsgegner unbenommen bleibt, einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu stellen, soweit eine weitere Berufstätigkeit des Antragstellers bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nachweislich konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt, insbesondere für den Fall, dass die vorbezeichneten Maßnahmen vom Antragsteller rückgängig gemacht oder anderweitig faktisch (feststellbar) unterlaufen werden.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der erstinstanzlichen Wertfestsetzung.

28

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14 zitiert 25 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 16a


(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere 1. im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahme

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 2


Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einsc

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20a


Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt

Vereinsgesetz - VereinsG | § 3 Verbot


(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen d

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 46 Aufgabenkreis der Gesellschafter


Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen: 1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;1a. die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2

Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 2a


(1) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach §

Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV | § 24 Besondere Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Jungsauen und Sauen


(1) Jungsauen und Sauen dürfen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 5 entsprechen. (2) Bei Gruppenhaltung muss jede Seite der Bucht mindestens 280 Zentimeter, bei Gruppen mit weniger als sechs Schw

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 4


(1) Ein Wirbeltier darf nur unter wirksamer Schmerzausschaltung (Betäubung) in einem Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Ist d

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 11b


(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen,

Referenzen - Urteile

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 16. Apr. 2015 - 3 M 517/14 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. Nov. 2015 - 3 L 386/14

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Tatbestand 1 Die Klägerin, die in D-Stadt (OT K.) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen betreibt, wendet sich gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung mit Zwangsgeldandrohung. 2 Der

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 03. März 2014 - 1 A 230/14

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Tatbestand 1 Die Klägerin betreibt in J., OT K., Landkreis C., eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen. Sie wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungs

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 19. Sept. 2013 - 2 M 114/13

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Gründe I. 1 Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma (Gemeinschuldnerin) und wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm d

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 24. Aug. 2011 - 1 BvR 1611/11

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Gründe 1 Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung vorläufigen

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 08. Nov. 2010 - 1 BvR 722/10

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Tenor 1. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2009 - S 83 KA 673/09 ER - und der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2010 - L 7 KA 169/09

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 08. Apr. 2010 - 1 BvR 2709/09

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Tenor 1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 3 des Bescheids des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart vom 14. Mai 2009 - 92-5417-1.5 L...- v
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 14. Mai 2018 - 3 M 141/18

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Gründe 1 I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 20. März 2018, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, bleibt ohne Erfolg

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Okt. 2017 - 3 M 240/17

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Gründe 1 I. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 26. Juli 2017 hat Erfolg. Die von dem Antragsgegner vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO be

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 10. Mai 2017 - 3 M 51/17

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Gründe 1 A. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - vom 20. Februar 2017, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 04. Nov. 2016 - 3 L 162/16

bei uns veröffentlicht am 04.11.2016

Gründe 1 A. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündlichen Verhandlungen vom 28., 29. Juni und 4. Juli 2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründ

Referenzen

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

(1) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 näher zu bestimmen und dabei insbesondere Vorschriften zu erlassen über Anforderungen

1.
hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit oder der Gemeinschaftsbedürfnisse der Tiere,
2.
an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren sowie an die Beschaffenheit von Anbinde-, Fütterungs- und Tränkvorrichtungen,
3.
hinsichtlich der Lichtverhältnisse und des Raumklimas bei der Unterbringung der Tiere,
4.
an die Pflege einschließlich der Überwachung der Tiere; hierbei kann das Bundesministerium auch vorschreiben, dass Aufzeichnungen über die Ergebnisse der Überwachung zu machen, aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen sind,
5.
an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben und an den Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten,
6.
an Sicherheitsvorkehrungen im Falle technischer Störungen oder im Brandfall.

(1a) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, Anforderungen an Ziele, Mittel und Methoden bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Tieren festzulegen.

(1b) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, so weit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist und sich eine Pflicht zur Kennzeichnung nicht aus § 11a Absatz 3 ergibt, Vorschriften zur Kennzeichnung von Tieren, insbesondere von Hunden und Katzen, sowie zur Art und Durchführung der Kennzeichnung zu erlassen.

(2) Das Bundesministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, ihre Beförderung zu regeln. Es kann hierbei insbesondere

1.
Anforderungen
a)
hinsichtlich der Transportfähigkeit von Tieren,
b)
an Transportmittel für Tiere
festlegen,
1a.
bestimmte Transportmittel und Versendungsarten für die Beförderung bestimmter Tiere, insbesondere die Versendung als Nachnahme, verbieten oder beschränken,
2.
bestimmte Transportmittel und Versendungsarten für die Beförderung bestimmter Tiere vorschreiben,
3.
vorschreiben, dass bestimmte Tiere bei der Beförderung von einem Betreuer begleitet werden müssen,
3a.
vorschreiben, dass Personen, die Tiertransporte durchführen oder hierbei mitwirken, bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten haben und diese nachweisen müssen,
4.
Vorschriften über das Verladen, Entladen, Unterbringen, Ernähren und Pflegen der Tiere erlassen,
5.
als Voraussetzung für die Durchführung von Tiertransporten bestimmte Bescheinigungen, Erklärungen oder Meldungen vorschreiben sowie deren Ausstellung und Aufbewahrung regeln,
6.
vorschreiben, dass, wer gewerbsmäßig Tiertransporte durchführt, einer Erlaubnis der zuständigen Behörde bedarf oder bei der zuständigen Behörde registriert sein muss, sowie die Voraussetzungen und das Verfahren bei der Erteilung der Erlaubnis und bei der Registrierung regeln,
7.
vorschreiben, dass, wer Tiere während des Transports in einer Einrichtung oder einem Betrieb ernähren, pflegen oder unterbringen will, einer Erlaubnis der zuständigen Behörde bedarf, und die Voraussetzungen und das Verfahren der Erteilung der Erlaubnis regeln, soweit dies zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist.

(3) Des Einvernehmens des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bedürfen Rechtsverordnungen

1.
nach Absatz 1, soweit sie Anforderungen an die Haltung von Tieren festlegen, die zur Verwendung in Tierversuchen bestimmt sind oder deren Gewebe oder Organe dazu bestimmt sind, zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet zu werden,
2.
nach Absatz 2 Satz 1, soweit sie die Beförderung von Tieren regeln, die zur Verwendung in Tierversuchen bestimmt sind oder deren Gewebe oder Organe dazu bestimmt sind, zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet zu werden.

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma (Gemeinschuldnerin) und wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm die Beseitigung von Betriebsstraßen einer zum Tontagebau gehörenden Tonhalde aufgegeben wurde.

2

Die Gemeinschuldnerin baute seit den 1990er Jahren in den Tongruben M. und V. Ton im Tagebaubetrieb ab. Der letzte gültige Hauptbetriebsplan lief bis zum 31.08.2008. Unter dem 05.03.2004 ließ der Antragsgegner einen Sonderbetriebsplan zu, der nach Ziff. III nur in Verbindung mit einem zugelassenen Hauptbetriebsplan bzw. Abschlussbetriebsplan gelten sollte. Im Rahmen dieses Sonderbetriebsplans wurde der Gemeinschuldnerin erlaubt, bestimmte, nicht aus dem Abbaubereich stammende Fremdmassen im Rahmen der Wiedernutzbarmachung im Tagebau zu verwerten. In der Folgezeit verfüllte die Gemeinschuldnerin die Tongrube mit nicht zugelassenen Abfällen, insbesondere auch Hausmüll. Der Antragsgegner nahm daraufhin mit Bescheid vom 11.03.2008 die Sonderbetriebsplanzulassung vom 05.03.2004 teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurück, schloss bestimmte Abfallarten von der Zulassung aus und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die Gemeinschuldnerin erhob gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage und suchte um einstweiligen Rechtsschutz nach. Mit Beschluss vom 09.04.2008 stellte das Verwaltungsgericht (3. Kammer) die aufschiebende Wirkung der Klage mit der Begründung wieder her, die ursprüngliche Zulassung vom 05.03.2004 lasse keine Rechtsfehler erkennen und habe deshalb auch nicht zurückgenommen werden dürfen. Die Klage blieb hingegen ohne Erfolg, weil das Verwaltungsgericht sowohl das Rechtsschutzbedürfnis als auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verneinte. Über die vom Senat zugelassene Berufung (2 L 25/12) ist noch nicht entschieden.

3

Am 11.02.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt.

4

Mit Bescheid vom 29.02.2012 gab der Antragsgegner dem Antragsteller auf, Sanierungsuntersuchungen im Bereich der Betriebsstraßen nördlich und westlich der Halde 1 des Tontagebaus V. durchzuführen. Mit Urteil vom 04.03.2013 (1 A 102/02 MD) hob das Verwaltungsgericht diesen Bescheid auf. Über die vom Antragsgegner dagegen eingelegte Berufung (2 L 48/13) ist noch nicht entschieden.

5

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17.06.2013 gab der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Ersatzvornahme auf, folgende Sanierungsmaßnahmen durchzuführen:

6

1.1 Die westlich und nördlich der Tonhalde 1 aus sog. „Müllbeton“ hergestellten Betriebsstraßen sind zu beseitigen. Hierfür sind die Abfallablagerungen durch Abtrag der teilweise vorhandenen Abdeckung und Ableitung von Oberflächenwasseransammlungen freizulegen, die teilweise vorhandene Betonversiegelung sowie die Abfallablagerung „Müllbeton“ auszubauen und das ausgehobene schadstoffhaltige Material aus dem Sanierungsbereich zu entfernen. Die beim Aushub des Müllbetons anfallenden Sickerwässer sind zu fassen, zu sammeln und ordnungsgemäß zu entsorgen.

7

1.2 Die durch den Ausbau entstehende Hohlform ist so zu verfüllen, dass sich auf der Fläche keine Wasseransammlungen bilden können. Die Oberfläche ist zu profilieren und mit 1 % Gefälle im Bereich der westlichen Betriebsstraße von der Halde in Richtung Zufahrtsstraße und im Bereich der nördlichen Betriebsstraße von der Halde in Richtung des Nordgrabens auszubilden.

8

Zur Begründung führte der Antragsgegner u.a. aus, im Bereich der Betriebsstraße westlich der Halde 1 habe die (F...) GmbH am 19.11.2009 östlich dieser Betriebsstraße drei Suchschachtungen angelegt, bei der unterhalb einer Auffüllung mit Ton, die von der Geländeoberkante bis ca. 0,7 bis 1 m Tiefe reiche, locker gelagerter zerkleinerter Abfall, ein Ton-Abfall-Gemisch bzw. festes Zement-Abfall-Gemisch angetroffen worden sei. Bei den dabei entnommenen und untersuchten Proben seien insbesondere Überschreitungen der Prüfwerte der BBodSchV für den Wirkungspfad Boden - Grundwasser für Kupfer, Nickel und Phenole sowie eine Überschreitung der oberen Maßnahmenschwellenwerte der LAWA für Kupfer und Phenole nachgewiesen worden. Des Weiteren habe der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) am 05.11.2009 eine Beprobung der an die Betriebsstraße grenzenden Gräben (Nordgraben“ und „Ziegeleigraben“) durchgeführt. Bei der Analytik dieser Proben sei insbesondere eine Überschreitung der Prüfwerte der BBodSchV für den Wirkungspfad Boden - Grundwasser sowie eine Überschreitung der unteren Maßnahmenschwellenwerte der LAWA für Kupfer und Nickel nachgewiesen worden. Weitere Überschreitungen habe man bei einer Beprobung am 12.07.2011 festgestellt. Am 12.07.2011 habe das Landesamt für Umweltschutz (LAU) im Bereich der Betriebsstraße nördlich der Halde 1 drei Schürfe angelegt und das dort angetroffene Material beprobt. Es seien insbesondere eine Überschreitung der Prüfwerte der BBodSchV für den Wirkungspfad Boden - Grundwasser für PAK, Phenole, Kupfer, Molybdän, Antimon, Nickel, Arsen und Blei sowie eine Überschreitung der Maßnahmenschwellenwerte der LAWA durch PAK, Kupfer, Nickel und Phenole festgestellt. Ebenfalls am 12.07.2011 beprobte der LHW das Oberflächenwasser des nördlich der Betriebsstraße verlaufenden Grabens („Nordgraben“). Dabei sei insbesondere eine mehrfache Überschreitung der Prüfwerte der BBodSchV für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser im Oberflächengewässer für PAK, Phenole, Kupfer und Nickel sowie eine Überschreitung der oberen Maßnahmenschwellenwerte der LAWA durch Kupfer, Nickel und Phenole nachgewiesen worden. Nachdem der Antragsteller der Anordnung vom 29.02.2012 innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen sei, habe er die Sanierungsuntersuchungen im Wege der Ersatzvornahme in Auftrag gegeben. Das Ergebnis der Sanierungsuntersuchungen liege inzwischen vor. Nach der Grundlagenermittlung durch die Gesellschaft für Umweltsanierungstechnologien mbH (G.U.T.) habe die beauftragte Firma mit Bericht vom 25.09.2012 die Dokumentation der Feldarbeiten und die Machbarkeitsstudie erstellt. In der Machbarkeitsstudie sei die Variante „Beseitigung“ mit alternativen Sicherungsmaßnahmen verglichen worden. Nach der Untersuchung von Nutzen und Kosten sowie Bewertung der Verhältnismäßigkeit stelle die Variante 1 „Quellenbeseitigung durch Aushub der Müllablagerungen und Entsorgung“ die nachhaltigere Lösung dar, weil die Abfälle vom Standort vollständig entfernt würden und der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werde. Die Firma G.U.T. habe am 15.04.2013 die Ausführungsplanung für die vorzugswürdige Maßnahme vorgelegt. Die Anordnung ergehe auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 und 3 Satz 1 und 3 des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG). Er, der Antragsgegner, sei gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA für den Erlass dieser Entscheidung zuständig. Das BBodSchG sei anwendbar. Die Anordnung beziehe sich auch auf das im BBodSchG geschützte Umweltmedium Boden. Das Bergrecht werde dadurch nicht umgangen, denn § 58 des Bundesberggesetzes (BBergG) entfalte für die Heranziehung des Antragstellers als Zustandsverantwortlicher nach dem BBodSchG keine Sperrwirkung. Als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die Grundstücke sei der Antragsteller als Insolvenzverwalter zur Sanierung verpflichtet.

9

Auf den Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller am 12.07.2013 erhobenen Klage wiederhergestellt bzw. hinsichtlich der Androhung der Ersatzvornahme angeordnet. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 04.03.2013 (1 A 102/12 MD) im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

10

Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil der Antragsgegner für die Anordnung von Maßnahmen zur Beseitigung von Gefahren, die von den im Bereich der Betriebsstraßen eingebrachten Abfällen ausgehen, sachlich nicht zuständig sei. Hierfür seien die Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) einschlägig. Die eingebrachten Abfälle hätten ihre Abfalleigenschaft bislang noch nicht verloren, und gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 AbfG LSA unterlägen die Entscheidungen und andere Maßnahmen aufgrund abfallrechtlicher Vorschriften auch dann der zuständigen Abfallbehörde, wenn die Abfälle in einer der Bergaufsicht unterliegenden Anlage entsorgt würden. Der Beklagte könne die Anordnung nicht auf die §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 2 BBodSchG i.V.m. § 5 des landesrechtliche Ausführungsgesetzes (BodSchAG LSA) bzw. § 13 Abs. 2 i.V.m. § 18 BBodSchG stützen, weil die im Bereich der Betriebsstraßen eingebrachten Abfälle mangels Verlust ihrer Abfalleigenschaft weiterhin dem Abfallrecht unterlägen und der Antragsteller darüber hinaus auch nach dem BBodSchG nicht als Zustandsstörer herangezogen werden könne. Die Verwendung von hausmüllähnlichem Abfall beim Bau der Betriebsstraßen sei keine „ordnungsgemäße“ Verwertung im Sinne der abfallrechtlichen Vorschriften mit der Folge, dass die betroffenen Stoffe als „Abfall zur Beseitigung“ auf einer nach Abfallrecht zugelassenen Deponie entsorgt werden müssten. Allein die tatsächliche Vornahme einer Verwertungshandlung könne nicht maßgeblich sein. Es spreche nichts dafür, dass der von der Gemeinschuldnerin im Bereich der Betriebsstraßen eingebrachte Abfall durch eine Verwachsung des abgelagerten Materials bereits zum Verlust der Abfalleigenschaft geführt haben könnte. Eine Vermischung von Hausmüll mit Erdreich ändere nichts an der Abfalleigenschaft des entstehenden Gemischs, sondern führe nur dazu, dass auch das beigemischte Material als Abfall zu betrachten sei. Eine „frisch“ betriebene „wilde Mülldeponie“ sei gerade keine Altlast und begründe wegen der technisch noch möglichen Beseitigung des Abfalls, der in eine zugelassene Abfalldeponie zu verbringen sei, rechtlich keine schädliche Bodenveränderung, die nach Bodenschutzrecht zu behandeln sei.

11

Der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Antragsteller als Insolvenzverwalter kein bergrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 58 Abs. 1 BBergG sei, der zu Gefahrenabwehrmaßnahmen herangezogen werden könne. Die unmittelbare Anwendung des BBodSchG im Rahmen der Wiedernutzbarmachung des Tontagebaus auf der Grundlage eines Sonderbetriebsplans mit den dabei entstandenen Folgewirkungen ordne weder das BBergG noch das BBodSchG an. Der Gesetzgeber habe auch zu keiner Zeit bis zum endgültigen Erlass des BBodSchG dessen formell und materiell unmittelbare Anwendung im Bereich des BBergG bzw. der BBodSchV bei der Genehmigung von Betriebsplänen nach § 55 BBergG in Verbindung mit § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG vorgesehen, wenn nach den vorgenannten Begründungen in Anwendung der Regelungen des BBergG nur die Berücksichtigung der Belange des BBodSchG gewährleistet sein solle. Im Rahmen der Vorsorge- und Gefahrenabwehrpflichten im Zusammenhang mit den Betriebsplänen würden die Regelungen des BBodSchG verdrängt; sie seien nur ergänzend im Zusammenhang mit der Beurteilung und Bewertung von Beeinträchtigungen des Bodens sowie der Prüfung der Erforderlichkeit von Maßnahmen im Rahmen der Betriebspläne zu berücksichtigen. Nichts anderes folge aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2005 (7 C 26103), in der ausgeführt werde, dass das BBodSchG bei der bergrechtlichen Zulassung eines Abschlussbetriebsplanes, der die Verfüllung von Abfällen gestatte, über § 48 Abs. 2 BBergG „heranzuziehen“ sei. Dies schließe eine unmittelbare formelle Anwendung des „fremden Gesetzes“ aus und lasse nur die dort genannten materiellen Vorgaben im Rahmen der allein zulässigen Anwendung des BBergG zu.

II.

A.

12

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Die von ihm dargelegten Gründe gebieten eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägungsentscheidung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die von ihm erhobene Klage nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird und das vom Antragsgegner in der Verfügung dargelegte besondere öffentliche Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) vorliegt.

13

1. Entgegen der Annahme der Vorinstanz ist der angefochtene Bescheid nicht bereits formell rechtswidrig, weil dem Antragsgegner die sachliche Zuständigkeit für die Anordnung der streitigen Sanierungsmaßnahmen fehlte. Dessen Zuständigkeit ergibt sich aus § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA. Danach ist für die Ausführung des BBodSchG bei den der Bergaufsicht unterliegenden Betrieben die zuständige Bergbehörde zuständig.

14

1.1. Der Antragsgegner ist zu Recht auf der Grundlage des BBodSchG tätig geworden. Weder die Vorschriften KrWG noch die des BBergG haben Anwendungsvorrang.

15

Gemäß § 3 Abs. 1 BBodSchG findet dieses Gesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit die in den Nrn. 1 bis 10 genannten Vorschriften Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG sind Altlasten im Sinne dieses Gesetzes stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

16

Bei den hier streitigen, aus „Müllbeton“ hergestellten Betriebsstraßen handelt es sich nach summarischer Prüfung um eine solche Altablagerung, unabhängig davon, ob es sich bei dem dort eingebrachten Abfall um Abfall zur Beseitigung handelt. Zwar dürfte es sich bei der mit Abfallgemischen verfüllten Tongrube um keine stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 Alt. 1 BBodSchG handeln. Es greift hier aber die zweite Alternative des § 2 Abs. 1 Nr. 5 BBodSchG, da auf den dortigen Grundstücken Abfälle abgelagert und behandelt worden sind. Auf eine Zweckbestimmung der in dieser Vorschrift genannten Grundstücke zur Abfallbeseitigung kommt es nicht an; handelt es sich nicht um eine „Anlage“ zur Abfallbeseitigung, so können Flächen, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert werden, „sonstige Grundstücke“ im Sinne des Altlastenrechts sein (vgl. Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl., § 2 RdNr. 59). Nach den vom Antragsgegner veranlassten Suchschachtungen unmittelbar neben den Straßen und dem Ergebnis der Untersuchung der Proben ist ferner davon auszugehen, dass durch diese Altlasten auch Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

17

a) Das BBodSchG wird hier nicht durch die abfallrechtlichen Vorschriften verdrängt. Der Abgrenzung zum Abfallrecht dient die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG, wonach das Gesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung findet, soweit die Vorschriften des KrWG über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen sowie über die Stilllegung von Deponien Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Damit räumt das BBodSchG, bezogen auf die Stilllegung von Deponien, dem Abfallrecht einen Anwendungsvorrang ein, soweit dieses bodenschützende Vorschriften enthält. Eine bodenschützende Vorschrift im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 findet sich in § 15 Abs. 2 KrWG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Abfälle so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird; eine Beeinträchtigung liegt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KrWG u.a. dann vor, wenn Böden schädlich beeinflusst werden. Das KrWG enthält allerdings Ausnahmen vom Anwendungsvorrang des Abfallrechts. So beinhaltet § 40 Abs. 2 Satz 2 eine „Rückausnahme“ zugunsten des BBodSchG; diese Regelung bestimmt, dass dann, wenn von einer endgültig stillgelegten Deponie nach Abs. 3 (des § 40 Abs. 1 KrWG) schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen, für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung die Vorschriften des BBodSchG Anwendung finden. Eine endgültig stillgelegte Deponie dürfte die in Rede stehende Tongrube nicht darstellen.

18

Eine weitere Ausnahmeregelung enthält indes § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG. Danach gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für Böden am Ursprungsort (Böden in situ), einschließlich nicht ausgehobener, kontaminierter Böden und Bauwerke, die dauerhaft mit dem Grund und Boden verbunden sind. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragstellers, § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrwG erfasse nur solche Fälle, in denen der Verwendungszweck von Böden oder Bauwerken von dem Eigentümer oder Besitzer im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrWG aufgegeben wird, in denen also kontaminierte Böden und Bauwerke, die zunächst keinen Abfall darstellten, nachträglich zu Abfall werden.

19

Die Ausnahmevorschrift dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (Abfallrahmenrichtlinie – AbfRRL) und wurde notwendig, weil der Abfallbegriff nicht mehr nur bewegliche Sachen, sondern gemäß § 3 Abs. 1 KrWG (Umsetzung von Art. 3 Nr. 1 AbfRRL) nunmehr insgesamt alle „Stoffe und Gegenstände“ umfasst, auf deren Entsorgung die Regelungen des Abfallrechts allerdings nicht zugeschnitten sind (vgl. BT-Drs. 17/6052, S. 70). Die zivilrechtliche Frage, ob ein Stoff oder Gegenstand wesentlicher Bestandteil des Bodens bzw. eines Bauwerks ist, ist deshalb nach wie vor für die Anwendung des Abfallrechts von maßgebender Bedeutung; entscheidend ist, ob der Stoff oder Gegenstand entsprechend § 94 BGB dauerhaft mit dem Boden verbunden oder zur Herstellung eines Bauwerks eingefügt worden ist (vgl. Schink, Der Abfallbegriff der Kreislaufwirtschaftsgesetzes, UPR 2012, 201 [203]). Dem entsprechend kommt es bei der Verfüllung von Gruben und Senken darauf an, ob und inwieweit eine Trennung der abgelagerten Abfälle noch möglich ist oder nicht (Schink, a.a.O.). Wurden etwa Stoffe nicht nur lose in einen Steinbruch verfüllt, sondern die Oberfläche nach Abschluss der Verfüllung dem Geländeprofil angepasst, planiert und durch Aussaat bepflanzt, wobei auch der Wille des Grundstückseigentümers auf die Herstellung einer dauerhaften festen Verbindung mit dem Grundstück gerichtet ist, so haben die Stoffe mit dem Abschluss der Verfüllungsmaßnahme ihre Abfalleigenschaft verloren mit der Folge, dass Bodenschutzrecht anzuwenden ist (OVG RP, Urt. v. 26.01.2012 – 8 A 11081/11 –, UPR 2012, 234 [235], RdNr. 50 in Juris). § 5 Abs. 1 KrWG, der bestimmt, dass die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes (erst) bei Vorliegen der in den Nrn. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen endet, greift erst ein, wenn das KrWG Anwendung findet, der Stoff oder Gegenstand also noch nicht mit Grund und Boden oder einem Bauwerk fest verbunden ist. So liegt es hier aber nicht.

20

Mit dem angegriffenen Bescheid verfolgt der Antragsgegner nicht lediglich die Beräumung des Grundstücks von dort gelagerten und (teilweise) mit anderen Materialien vermischten Abfällen, sondern die Beseitigung von Betriebsstraßen einschließlich Unterbau, bei deren Herstellung nicht zugelassene Abfälle verarbeitet wurden. Das zum Zwecke der Befestigung einer Straße eingebaute Material ist in der Regel wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks im Sinne von § 94 Abs. 1 BGB. Nach § 94 Abs. 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Entscheidend für die Beurteilung ist die Verkehrsanschauung (Staudinger, BGB, 13. Aufl., § 94 RdNr. 6). Beurteilungskriterien sind dabei z.B. die Art und der Zweck der Verbindung, deren beabsichtigte Dauer oder der wirtschaftliche Aspekt der Zusammenführung. Eine feste Verbindung mit einem Grundstück liegt demnach vor, wenn eine physische Zerstörung oder starke Beschädigung des abzulösenden Teils oder des verbleibenden Grundstücks unvermeidlich ist oder wenn zur Abtrennung verhältnismäßig erhebliche Mühen und Kosten aufgewendet werden müssen (Staudinger, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind bei einer befestigten Straße in aller Regel erfüllt. Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören nach § 95 Abs. 1 Satz 1 zwar solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Betriebsstraßen nur zu einem vorübergehenden Zweck angelegt wurden. Es liegt auch keine Fallgestaltung vor, in der sich ein wesentlicher Bestandteil in einen – sonderrechtsfähigen – Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB verändern kann, wofür es eines nach außen in Erscheinung tretenden Willens des Eigentümers bedarf, dass die bislang feste und auf Dauer angelegte Verbindung der Sache mit dem Grundstück nunmehr nur noch vorübergehender Natur sein soll (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 02.12.2005 – V ZR 35.05 –, BGHZ 165, 184).

21

b) Die Anwendung des BBodSchG ist auch nicht durch einen Anwendungsvorrang des BBergG nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG ausgeschlossen. Danach findet das BBodSchG auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit Vorschriften des BBergG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes Einwirkungen auf den Boden nicht regeln.

22

Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschl. v. 09.05.2013 – 2 M 13/12 –, NuR 2012, 505, RdNr. 37 in Juris) unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2005 (7 C 26/03 –, BVerwGE 123, 247 [254]) darauf abgestellt, dass sich schädliche Bodenveränderungen infolge einer Verfüllung von Abfällen mit den bergrechtlichen Vorschriften nicht sachgerecht erfassen ließen und weder das BBergG noch die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle enthielten, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden. Wenngleich Gegenstand dieser Rechtsprechung die bergrechtliche Zulassung eines Abschlussbetriebsplans gewesen sei, der das Verfüllen mit bergbaufremden Abfällen zum Gegenstand gehabt habe, so seien diese Grundsätze auch auf eine Sicherungsanordnung anwendbar, die unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere nicht auf § 71 Abs. 1 BBergG gestützt werden könne. Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG ergänzten (lediglich) den Betriebsplan. Wenn daher das BBergG bereits in Bezug auf einen Betriebsplan keine Anforderungen bereitstelle, die schädliche Einwirkungen auf den Boden betreffen, so könne in Bezug auf Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG nichts anderes gelten. Zwar enthalte diese Vorschrift in Form einer Generalklausel die Ermächtigung, im Einzelfall die zum Schutz der in § 55 BBergG bezeichneten Rechtgüter und Belange erforderlichen Anordnungen zu treffen. Anhand der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 BBergG lasse sich indes eine sachgerechte Beurteilung der Frage von nachteiligen Einwirkungen verfüllter Abfälle auf Boden und Grundwasser gerade nicht vornehmen.

23

Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vorschriften des BBodSchG bei der Genehmigung von Betriebsplänen nach § 55 BBergG keine unmittelbare Anwendung finden, sondern nur über die Regelung des § 48 Abs. 2 BBergG „herangezogen“ werden. Die Zulassungsentscheidung bleibt eine Entscheidung nach dem BBergG, die sich lediglich materiell – in Bezug auf die Einwirkung auf den Boden – an den Vorschriften des BBodSchG messen lassen muss. Dies vermag aber an der für die Abgrenzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG allein maßgeblichen Feststellung, dass Vorschriften des BBergG Einwirkungen auf den Boden nicht regeln (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, a.a.O., RdNr. 24), nichts zu ändern.

24

Über die hier maßgebliche Frage, ob für Anordnungen zur Beseitigung von rechtswidrig – entgegen einem Sonderbetriebsplan – eingelagertem Verfüllmaterial die Vorschriften des BBodSchG durch die Regelungen des BBergG verdrängt werden, hatte das Bundesverwaltungsgericht im oben genannten Urteil nicht zu entscheiden. Die Vorschriften des BBodSchG, die dem in § 1 Satz 2 BBodSchG genannten Zweck dienen, den Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren, werden durch die Vorschriften des BBergG nicht verdrängt. Insoweit kann offen bleiben, ob daran festzuhalten ist, dass Anordnungen zur Beseitigung von rechtswidrig ab- oder eingelagerten Abfällen auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 BBergG nicht getroffen werden können. Solche Maßnahmen können jedenfalls auch auf der Grundlage von Vorschriften des BBodSchG getroffen werden. Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, trat im Gesetzgebungsverfahren § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG an die Stelle des im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.01.1997 (BT-Drs. 13/ 6701) formulierten § 3 Abs. 4 (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 10.06.1997 (BT-Drs. 13/7891, S. 9). Damit sollte die Systematik des Gesetzentwurfs verbessert und die Abgrenzung der Anforderungen des BBodSchG von denen des BBergG nunmehr in § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG geregelt werden; inhaltliche Änderungen zu der ursprünglich in § 3 Abs. 4 vorgesehenen Regelung ergäben sich nicht (BT-Drs. 13/7891 S. 38). § 3 Abs. 4 des ursprünglichen Gesetzentwurfs bestimmte indes, dass auf die Zulassung von Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 BBergG dieses Gesetz (das BBodSchG) keine Anwendung finde; die Berücksichtigung der Belange dieses Gesetzes im Rahmen des § 55 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 BBergG bleibe unberührt. Die Schnittstellen zwischen dem BBodSchG und dem BBergG ergeben sich damit aus den Betriebsplänen nach § 55 i.V.m. § 48 Abs. 2 BBergG sowie aus den Abschlussbetriebsplänen nach § 53 BBergG (Frenz, BBodSchG, § 3 RdNr. 46). Im Rahmen der Vorsorge und Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit den Betriebsplänen werden die Regelungen des BBodSchG verdrängt (Sondermann/Hejma, a.a.O., § 3 Rdnr. 70). Daraus folgt nach der Auffassung des Senats, dass die Anwendung des BBodSchG nicht ausgeschlossen sein soll, soweit ordnungsbehördliche Maßnahmen zur Sanierung einer bereits eingetretenen schädlichen Bodenveränderung oder einer vorhandenen Altlast im Raum stehen. Dafür spricht auch, dass sich die in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagene Formulierung in § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG an die Abgrenzungsregelung zum Immissionsschutzrecht in § 3 Abs. 1 Nr. 11 BBodSchG anlehnte (vgl. nochmals BT-Drs. 13/7891 S. 38). Diese Vorschrift normiert die Abgrenzung zwischen dem Anlagenzulassungsrecht des BImSchG und den Regelungen des BBodSchG. Einwirkungen auf den Boden können im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb sowie der wesentlichen Änderung von Anlagen dadurch verursacht werden, dass eine Anlage Schadstoffe emittiert, die in den Boden eingetragen werden; darüber hinaus können durch sonstige Auswirkungen einer Anlage im Rahmen des Normalbetriebs oder infolge eines Störfalls mittelbar oder unmittelbar Einwirkungen auf den Boden verursacht werden. Soweit das BImSchG Vorschriften über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen enthält und in diesem Zusammenhang Einwirkungen auf den Boden geregelt werden, werden die Regelungen des BBodSchG verdrängt (vgl. Sondermann/Hejma, a.a.O., § 3 RdNr. 71). Nach dem BImSchG können daher allein anlagenbezogene Maßnahmen ergriffen werden. Dass Maßnahmen zur Sanierung von Boden, die über den Luftweg mit Schadstoffen kontaminiert wurden, auf die Regelungen des BImSchG zurückgegriffen werden könnte, ist dagegen nicht ersichtlich.

25

2. Die angefochtene Verfügung begegnet auch materiell-rechtlichen keinen Bedenken. Rechtsgrundlage ist § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG. Danach kann die zuständige Behörde zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten die notwendigen Maßnahmen treffen. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.

26

2.1. Aus den bereits dargelegten Gründen liegt hier eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 Alt. 2 BBodSchG vor.

27

2.2. Die Heranziehung des Antragstellers als Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.

28

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu gehören nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BBodschG auch solche Maßnahmen, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Ein Rangverhältnis, nach dem sich die Auswahl der in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG aufgezählten Störer bestimmt, gibt es nicht; insbesondere besteht kein genereller Vorrang der Haftung des Verhaltensverantwortlichen vor derjenigen des Zustandsverantwortlichen (BayVGH, Beschl. v. 31.08.2006 – 22 CS 06.2055 –, Juris, m.w.N.).

29

a) Die Verantwortlichkeit für Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 BBodSchG trifft damit jedenfalls auch den Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin ist nach § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Bergwerkseigentum auf den Antragsteller als Insolvenzverwalter übergegangen. Da § 4 Abs. 3 BBodSchG an das Innehaben der tatsächlichen Gewalt anknüpft, ist es auch unerheblich für die Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters, ob die Gefahr bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden hat (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22/03 –, BVerwGE 122, 75 [78], RdNr. 10 in Juris; Beschl. v. 05.06.2007 – 7 B 25/07 –, Juris, RdNr. 3). Die Anzeige der (temporären) Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO und ein sich daraus ergebendes insolvenzrechtliches Vollstreckungsverbot nach §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO beschränkt nicht die Befugnis der Ordnungsbehörde, den Insolvenzverwalter als Störer auf der Grundlage der einschlägigen ordnungsrechtlichen Bestimmungen in Anspruch zu nehmen; anderenfalls könnte die Behörde nicht die erforderliche Grundlage zur Beseitigung der Gefahr im Wege der Verwaltungsvollstreckung mittels Ersatzvornahme schaffen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 21.08.2013 – 8 B 612/13 –, Juris RdNr. 20 ff.; VGH BW, Beschl. v. 07.04.2012 – 10 S 3127/11 –, NVwZ-RR 2012, 460 [462], im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 22.10.1998 – 7 C 38.97 –, BVerwGE 107, 299 [303 f.], RdNr. 15 in Juris).

30

b) Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner davon abgesehen hat, zur Durchführung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen die (möglichen) Verursacher der Altlast in Anspruch zu nehmen.

31

aa) Dies gilt insbesondere für die Gemeinschuldnerin als frühere Betreiberin der Tongrube, der nach Lage der Dinge der Einbau der nicht zugelassenen Abfälle in die Betriebsstraßen und damit die Verursachung der hier in Rede stehenden Altlast zuzurechnen sein dürfte. Ihre Inanspruchnahme – mit einer entsprechenden Duldungsanordnung an den Antragsteller – hat der Antragsgegner in der angefochtenen Verfügung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit der Begründung verworfen, dass sie zur Vornahme der kostenintensiven Sanierungsmaßnahmen angesichts der Einstellung des Tagebaubetriebs zumindest tatsächlich nicht in der Lage wäre und sie aufgrund der bestehenden Insolvenz nicht über die für die Sanierung notwendigen Mittel verfüge.

32

bb) Dem Antragsgegner kann auch nicht vorgehalten werden, er hätte die Abfallerzeuger bzw. die früheren Abfallbesitzer oder die für die Gemeinschuldnerin vor der Insolvenz handelnden Personen in Anspruch nehmen können oder müssen.

33

Aus Effizienzgründen kann es geboten sein, allein den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu den erforderlichen Sanierungsmaßnahmen heranzuziehen, wenn die Heranziehung von möglichen Verhaltensverantwortlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zweifelhaft ist, insbesondere die einzelnen Verursachungsbeiträge ungeklärt sind. Die Regelung des § 4 Abs. 3 BBodSchG verfolgt insbesondere zwei Ziele, nämlich die schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen, die auf schädlichen Bodenveränderungen beruhen oder von Altlasten ausgehen, und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Eine langwierige prozessuale Auseinandersetzung mit einem Verhaltensstörer, dessen (Mit-)Verursachungsbeitrag zweifelhaft ist, könnte jedoch der Effektivität der Gefahrenabwehr zuwiderlaufen (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 09.06.2009 – 17 L 513/09 –, Juris, RdNr. 10). Unverzichtbares Kriterium bei der Heranziehung als Handlungsstörer ist, dass die Verantwortlichkeit der in die Pflicht genommenen Personen dem Grunde nach feststeht; eine bloß mögliche Verantwortlichkeit reicht insoweit nicht aus (vgl. Dombert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 4 BBodSchG, RdNr. 22) Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 24 Abs. 2 BBodSchG, in welchem Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Verpflichteten vorgesehen sind, die Schärfe einer Inanspruchnahme des Inhabers der tatsächlichen Gewalt durch die Möglichkeit des Rückgriffs bei anderen Verantwortlichen, insbesondere den Verursachern, erheblich relativiert hat (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O, m.w.N.).

34

Die Heranziehung derjenigen Personen, die die eingearbeiteten Abfälle angeliefert haben, erscheint nicht unproblematisch. Die Überlegung des Antragsgegners, dass sie nur als mittelbare Verursacher dieser Altlast anzusehen seien, ist nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Zwar mögen die Abfälle – wie der Antragsteller einwendet – durch ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Städtereinigung West (...)GmbH & Co. KG und der Gemeinschuldnerin in den Tontagebau eingebracht worden sein. Fraglich ist aber, ob auch die Herstellung von Betriebsstraßen eine Handlung darstellt, die dem Abfallerzeuger oder dem (früheren) Abfallbesitzer noch zugerechnet werden kann. Eine Verhaltensverantwortlichkeit setzt nämlich voraus, dass die handelnde Person die Gefahr „unmittelbar" herbeigeführt haben muss, also bei einer wertenden Zurechnung die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat, so dass Personen, die entferntere, nur mittelbare Ursachen für den eingetretenen Erfolg gesetzt, also nur den Anlass für die unmittelbare Verursachung durch andere gegeben haben, in diesem Sinn keine Verursacher sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.02.2008 – 7 B 12.08 –, NVwZ 2008, 684, RdNr. 3 in Juris). Mit dem Bau der Betriebsstraßen aus einem Gemisch von Abfällen und Beton bzw. Zement wurde eine über das bloße Ablagern von Abfällen hinausgehende, den rechtswidrigen Zustand verfestigende Gefahr begründet. Nach der gebotenen wertenden Betrachtungsweise kann zwar auch ein als „Veranlasser" auftretender Hintermann (mit)verantwortlich sein, wenn dessen Handlung zwar nicht die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt, wie dies etwa beim „Zweckveranlasser“ der Fall ist (BVerwG, Beschl. v. 12.04.2006 – 7 B 30.06 –, Juris, RdNr. 4). Eine solche Feststellung lässt sich hier aber nach bisherigen Erkenntnissen nicht mit der erforderlichen Sicherheit treffen.

35

Auch die Inanspruchnahme des Geschäftsführers oder von Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin erscheint fraglich. Zwar können auch Leitungspersonen juristischer Personen oder diesen aufgrund ihrer Struktur gleichgestellter Personengesellschaften persönlich als Verursacher schädlicher Bodenveränderungen ordnungspflichtig sein; Anknüpfungspunkt für einen Zugriff auf den Betreffenden ist, dass er (auch) in seiner Person die Voraussetzungen der Verhaltensverantwortlichkeit erfüllt, etwa indem er persönlich die zur schädlichen Bodenveränderung oder Entstehung der Altlast führenden Umstände zentral und umfassend gesteuert hat (vgl. OVG NW, Urt. v. 21.11.2012 – 16 A 85/09 –, Juris, RdNr. 37). Zwar hat der Antragsgegner u.a. im Berufungsbegründungsschriftsatz im Verfahren 2 L 52/13 vom 12.06.2013 (S. 6) vorgetragen, dem Geschäftsführer und zumindest einem Gesellschafter der Gemeinschuldnerin sei bekannt gewesen, dass nicht zugelassene Abfälle in die Tagebaue eingebracht wurden. Auch spricht Vieles dafür, dass diese Personen aufgrund ihrer jeweiligen Funktion im Unternehmen der Gemeinschuldnerin u.a. den Bau der Betriebsstraßen und damit die Verfestigung der illegalen Abfallablagerung gesteuert haben. Da die Ermittlung der einzelnen Verursachungsbeiträge jedoch langwierig sein dürfte, war es voraussichtlich nicht ermessensfehlerhaft, dass der Antragsgegner die Heranziehung dieser Personen für die (zeit)aufwendigen Sanierungsmaßnahmen letztlich nicht (ernsthaft) in Erwägung gezogen hat.

36

c) Die Entscheidung des Antragsgegners, die Grundstückseigentümer wegen der verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91 –, BVerfGE 102, 1) nicht für die – aller Voraussicht nach sehr kostenintensiven – Sanierungsmaßnahmen heranzuziehen, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

37

3. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, das der Antragsgegner in der angefochtenen Verfügung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet hat, liegt vor. Zutreffend hat der Antragsgegner darauf verwiesen, dass jede weitere Verzögerung der Sanierungsmaßnahmen zu einer Ausweitung des Schadens und somit zu einer Verschärfung der schon bestehenden Gefahrenlage für die Allgemeinheit führen kann, so dass die – sich möglicherweise über Jahre hinziehende – Durchführung etwaiger Rechtsbehelfsverfahren nicht abgewartet werden kann.

B.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

C.

39

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Bemessung des Streitwerts.


(1) Jungsauen und Sauen dürfen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 5 entsprechen.

(2) Bei Gruppenhaltung muss jede Seite der Bucht mindestens 280 Zentimeter, bei Gruppen mit weniger als sechs Schweinen mindestens 240 Zentimeter lang sein.

(3) Bei Einzelhaltung in einem Kastenstand muss der Liegebereich für Jungsauen und Sauen so beschaffen sein, dass der Perforationsgrad höchstens 7 Prozent beträgt. Satz 1 gilt nicht für Teilflächen

1.
im vorderen Teil des Liegebereichs bis zu 20 Zentimeter ab der Kante des Futtertroges und
2.
im hinteren Drittel des Liegebereichs,
durch die Restfutter fallen oder Kot oder Harn durchgetreten werden oder abfließen kann. Der Kastenstand muss so beschaffen sein, dass dem Schwein eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche zur Verfügung steht, die eine Länge von mindestens 220 Zentimetern aufweist.

(4) Eine Abferkelbucht, in der sich die Jungsau oder Sau frei bewegen kann, muss eine Bodenfläche von mindestens sechseinhalb Quadratmetern aufweisen und der Jungsau oder Sau ein ungehindertes Umdrehen ermöglichen. Eine Abferkelbucht muss ferner so angelegt sein, dass hinter dem Liegebereich der Jungsau oder der Sau genügend Bewegungsfreiheit für das ungehinderte Abferkeln sowie für geburtshilfliche Maßnahmen besteht.

(5) Fress-Liegebuchten für die Gruppenhaltung von Jungsauen und Sauen müssen so angelegt und beschaffen sein, dass

1.
die Tiere die Zugangsvorrichtung zu den Buchten selbst betätigen und die Buchten jederzeit aufsuchen und verlassen können,
2.
der Boden ab der buchtenseitigen Kante des Futtertroges mindestens 100 Zentimeter weit als Liegebereich nach § 22 Absatz 3 Nummer 8 ausgeführt ist und
3.
bei einseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite hinter den Fress-Liegebuchten mindestens 160 Zentimeter oder bei beidseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite zwischen den Fress-Liegebuchten mindestens 200 Zentimeter beträgt.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die in D-Stadt (OT K.) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen betreibt, wendet sich gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung mit Zwangsgeldandrohung.

2

Der Beklagte führte am 24. Oktober 2012 eine Kontrolle in der Anlage der Klägerin durch, die bis August 2013 noch als Schweinezucht (...) GmbH firmierte. Mit Bescheid vom 26. November 2012 traf der Beklagte unter Ziffer I. Nr. 1 des Bescheidtenors gegenüber der Klägerin folgende Regelung: „Bis zum 31. Dezember 2012 sind alle belegten Kastenstände so zu gestalten, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Dies betrifft insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1, 5 und 6.“ Insoweit ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte unter Ziffer III. des Bescheidtenors für den Fall, dass die Klägerin der Anordnung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 60.000,- € an. Weitere Anordnungen und Zwangsgeldandrohungen betrafen sonstige Haltungsbedingungen der Tiere.

3

Am 21. Dezember 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die „Anordnungen I. Nr. 1 bis 4“ des Bescheides. Einen Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 28. Dezember 2012 (- 1 B 391/12 MD -) ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2013 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch der Klägerin zurück.

4

Die Klägerin hat am 10. Mai 2013 beim Verwaltungsgericht Magdeburg Anfechtungsklage gegen den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erhoben. Die Beschwerde gegen den Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 17. Juni 2013 (- 3 M 16/13 -) zurückgewiesen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die sich nur noch gegen Anordnung zu den Kastenständen und die dazu ergangene Zwangsgeldandrohung richtete, mit Urteil vom 3. März 2014 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 16a Satz 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG und § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Der Vorgabe des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV genügten Kastenstände nicht, wenn sie nach Länge oder Breite so ausgelegt seien, dass die Tiere an die Kastenstände anstoßen müssten bzw. dass ihre Gliedmaßen im Liegen über die Kastenstände hinaus in den Bereich der angrenzenden Kastenstände hineinragten. Das Stockmaß eines Tieres sei eine geeignete Grundlage für die Bemessung der notwendigen Breite eines Kastenstandes. Die anlagenbezogene Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV verpflichte den Tierhalter, tierschutzgerechte Kastenstände als Haltungseinrichtungen jederzeit ohne Unterbrechung im Rahmen der ständig aufeinanderfolgenden Zucht- und Haltungszyklen auf Dauer vorzuhalten. Die Klägerin genieße auch nicht auf Grund der ursprünglich erteilten Betriebsgenehmigung quasi „Bestandsschutz“. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung sei rechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

6

Die Klägerin hat am 9. April 2014 fristgerecht die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt.

7

Sie macht zur Begründung geltend, die Befangenheit bzw. die Besorgnis der Befangenheit verschiedener Mitarbeiter des Beklagten habe zur Folge, dass die streitgegenständlichen Verfügungen verfahrensfehlerhaft seien.

8

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1 des angefochtenen Bescheides sei nicht hinreichend bestimmt, so dass sie nichtig, jedenfalls rechtwidrig sei. Der hier umzusetzende § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV sei für sich genommen mehreren grundsätzlich vertretbaren Auslegungen zugänglich. Der Rechtmäßigkeit der Anordnung stehe auch die Bindungswirkung des bestandskräftigen Bescheides des Beklagten vom 14. Juli 2010 entgegen. Es lägen weder eine neue Sach- und/oder Rechtslage noch neue wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Der Beklagte habe daher sich widersprechende Regelungen erlassen. Außerdem habe er keine ausreichenden und angemessenen Übergangsfristen eingeräumt.

9

Selbst wenn man annähme, dass ihr aufgegeben werden sollte, die Kastenstände ausgehend vom Stockmaß der Tiere umzugestalten, sei die Anordnung aus materiellen Gründen rechtswidrig. Dieses Verständnis überspanne die Tatbestandsvoraussetzungen für eine tierschutzrechtliche Anordnung nach § 16a TierSchG. Für die Kastenstandsmaße seien die Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen maßgeblich, welche eine lichte Weite von 65 bzw. 70 cm vorschrieben. Bei diesen Maßen handele es sich auch nicht um bloße Mindestmaße. Dies würde die Funktion der Ausführungshinweise konterkarieren. Die Ausführungshinweise seien aus mehreren Gründen auch für die Tierhaltung in Sachsen-Anhalt verbindlich. Die Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV seien erfüllt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die in den Kastenständen gehaltenen Tiere ihre Gliedmaßen in den benachbarten Kastenstand durchstecken könnten. Der Gesetzgeber schreibe in § 24 Abs. 4 TierSchNutztV gerade nicht vor, dass die Tiere ihre Gliedmaßen „jederzeit“ bzw. „jederzeit ungehindert“ ausstrecken könnten. Auch komme es entgegen der Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil auf das tatsächliche Liegeverhalten der Tiere an. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die rechtlichen Voraussetzungen aus § 24 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 TierSchNutztV kumulativ erfüllt sein müssten. Um der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV zu genügen, dürften die Schweine nicht in beliebig breiten Kastenständen gehalten werden. Würden die Kastenstände mit Sauen belegt, deren Stockmaß nicht deutlich über der lichten Weite des Kastenstands läge, drehten sich die Sauen in den Kastenständen in der Anlage mit dem entsprechenden Verletzungsrisiko. Auch aus hygienischen und versorgungstechnischen Gründen sei es zwingend erforderlich, ein Drehen zu verhindern. Tatsächlich halte die fachlich qualifizierte Veterinärverwaltung des Landes Niedersachsen gerade vor dem Hintergrund der mit breiteren Kastenständen verbundenen Möglichkeit des Umdrehens der Tiere weiterhin an den in den Ausführungshinweisen genannten Kastenstandbreiten fest. Soweit der Beklagte die Lösung bevorzuge, auf die Kastenstände verzichten und die betreffenden Tiere stets in Gruppen zu halten, untersage er als Organ der Exekutive praktisch eine gesetzlich ausdrücklich gestattete Verhaltensweise mit der Folge, dass die betreffende Norm keinen Anwendungsbereich mehr habe. Dies aber liege allein bei der Legislative. Zudem folge aus § 30 Abs. 2 Satz 2 TierSchNutztV die gesetzgeberische Wertung, dass für eine Jungsau ein Liegebereich von mindesten 0,95 m² und für eine Sau ein Liegebereich von mindesten 1,3 m² zur Verfügung stehen müsse. Die Urheber der Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen für Kastenstände hätten sich an diesen Vorgaben orientiert. In der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV würden unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt, deren Auslegungen nur auf der Grundlage von Fachkenntnissen im Bereich der Nutztierhaltung und des Tierschutzes möglich sei. Hierzu lägen - möglicherweise noch nicht abschließende - wissenschaftliche Untersuchungen vor. Die Rechtsfrage könne vom Gericht daher nur unter Heranziehung der vorliegend wissenschaftlichen Erkenntnisse und fachgutachterlichen Bewertungen und nicht an Hand der Praxis des Beklagten entschieden werden.

10

Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls rechtswidrig, da das Ermessen in mehrfacher Hinsicht nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden sei.

11

Die Klägerin beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - vom 3. März 2014 ( - 1 A 230/14 -) zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22. April 2013 hinsichtlich der Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1. des Bescheidtenors und der darauf bezogenen Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Bescheidtenors aufzuheben
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Er tritt der Berufung entgegen. Im Hinblick auf den Mitarbeiter B. sei eine Entscheidung über eine Besorgnis der Befangenheit entbehrlich, da er auf Grund von Umstrukturierungsmaßnahmen nicht mehr am Verfahren beteiligt sei. Hinsichtlich der übrigen Mitarbeiter seien Ausschlussgründe nicht objektiv feststellbar.

16

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1 des Bescheides sei hinreichend bestimmt. Die der Klägerin aufgegebene Handlungspflicht lasse sich ohne Weiteres aus der Begründung bestimmen. Vor allem daraus ergebe sich zweifelsfrei, dass ein Durchstecken der Gliedmaßen in den benachbarten Kastenstand keine im Sinne der Anordnung ordnungsgemäße Gestaltung der Kastenstände darstelle. Zudem wiederhole die in den Bescheid genannte Anordnung nur die Pflicht der Klägerin aus der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Bei der Anordnung handele es sich um eine anlagenbezogene Grundverfügung, die dauerhaft gewährleisten solle, dass die Anforderungen des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV eingehalten würden, unabhängig davon, welches Schwein zu welchem Zeitpunkt im jeweiligen Kastenstand gehalten werde. Aus seinem Bescheid vom 14. Juli 2010 könne nicht geschlossen werden, dass seine Veterinärbehörde Kastenstände mit einer lichten Breite von 70 cm per se als zulässig betrachtet habe. Der Bescheid beziehe sich im Übrigen auch nur auf die zum Zeitpunkt der damaligen Kontrolle in der Anlage festgestellten Größen der Tiere. Kastenstände mit lichten Weiten von 70 cm für Altsauen, so wie es die Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen im allgemeinen vorsähen, ermöglichten nicht in jedem Fall ein ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen in Seitenlage. Dies voranschauliche im Übrigen auch eine Fotodokumentation. Wie die Bezeichnung schon besage, handele es sich bei den Ausführungshinweisen des Landes Niedersachsen lediglich um Interpretationshilfen für die zuständigen Behörden. Zudem implizierten die Ausführungshinweise ihrem Wortlaut nach, dass es sich lediglich um Richtmaße handele, die jedoch in Abhängigkeit des konkreten Einzelfalles stünden. Selbst wenn sich in anderen Bundesländern eine entsprechende Praxis dahingehend entwickelt haben sollte, dass die Ausführungshinweise durch die Verwaltung in der Form, wie die Klägerin sie verstehe, ausgelegt und angewendet würden, könne es für die auf diese Weise (rechtswidrig) erfassten Fälle keinen Anspruch auf Gleichbehandlung geben.

17

Der Verordnungsgeber habe keine Ausnahme von § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV vorgesehen. Ein ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen in Seitenlage könne nur bei Kastenstandbreiten erfolgen, die mindestens der Höhe des Tieres entsprächen. Insbesondere sei ein Durchstecken der Gliedmaßen in den Nachbarbuchten nicht rechtskonform. Die Verstrebungen der Kastenstände aber auch die im Nachbarstand liegende Sau machten ein ungehindertes Liegen in Seitenlage mit ausgestreckten Gliedmaßen unmöglich. Die Klägerin verkenne, dass der Verordnungsgeber die Vorschrift des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV nicht so ausgestaltet habe, dass bei einer Verletzungsgefahr im Sinne des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV von den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV abgesehen werde könne. Vielmehr müssten in jedem Fall beide Voraussetzungen für eine Haltung von Schweinen in Kastenständen zwingend erfüllt sein. Jedes andere Verständnis würde dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers widersprechen und den Regelungsgehalt des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV konterkarieren. Eine einschränkende Auslegung von § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV sei auf Grund des eindeutigen Wortlautes der Verordnung ausgeschlossen. Wie der Kastenstand im Übrigen beschaffen sein müsse, um die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV zu erfüllen, sei nicht Gegenstand der streitigen Anordnung. Außerdem kämen für die im Raum stehenden Kastenstandweiten von über 85 cm lichtes Maß, die wegen einer Umsetzung der Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV einhergehen würden, nur Altsauen in Betracht, die bereits über mehrere Zyklen hinweg im Kastenstand eingestallt gewesen und bereits an die Kastenstandhaltung gewöhnt seien. Sollten einzelne Sauen sich versuchen zu drehen, seien die Tiere aus dem Kastenstand gemäß § 30 Abs. 4 TierSchNutztV zu entfernen. Hierfür habe der Tierhalter Sorge zu tragen. Der Verordnungsgeber gehe somit selbst davon aus, dass nicht jede Sau im Kastenstand gehalten werden könne bzw. müsse.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I.

20

Die erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Tenors des Bescheides des Beklagten vom 26. November 2012 richtet.

21

Insoweit ist der Bescheid bestandskräftig geworden, da die Klägerin ihren Widerspruch vom 21. Dezember 2012 ausdrücklich nur gegen die „Anordnungen I. Nr. 1 bis 4“ des Bescheides erhoben hat. Dementsprechend hat sich der Widerspruchsbescheid vom 22. April 2013 auf die Prüfung dieser Grundverfügungen beschränkt. Auch wenn gem. § 59 Abs. 2 Satz 2 SOG LSA eine Zwangsmittelandrohung mit dem sicherheitsbehördlichen oder polizeilichen Verwaltungsakt verbunden werden soll, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, handelt es sich bei der Androhung um einen - eigenständig anfechtbaren - Verwaltungsakt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 2. Dezember 1988 - 4 C 16.85 -, zit. nach JURIS). Dementsprechend kann ein Rechtsbehelf gegen einen Bescheid, in dem eine Verbindung i.S.d. § 59 Abs. 2 SOG LSA vorgenommen worden ist, auf die Grundverfügung begrenzt werden. Dass die Zwangsmittelandrohung grundsätzlich das rechtliche Schicksal der Verfügung teilt, zu deren Durchsetzung sie ergangen ist (vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 30. Juni 2015 - 4 LC 285/13 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni 2015 - 20 A 2235/12 -, jeweils zit. nach JURIS), ändert nichts an der Befugnis des Widerspruchsführers, den Widerspruch inhaltlich zu beschränken.

II.

22

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

23

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1. des Tenors des Bescheides des Beklagten vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid des Beklagten vom 26. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2013 ist nicht formell rechtswidrig.

25

Der Bescheid vom 26. November 2012 ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unter Mitwirkung eines i.S.d. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. 21 Abs. 1 VwVfG voreingenommenen Bearbeiters ergangen. Die Befangenheitsvorwürfe der Klägerin gegenüber Herrn B., dem Verfasser dieses Bescheides, sowie den anderen Mitarbeitern des Fachbereichs 8 des Beklagten - sämtlich Amtsveterinäre - sind im Ergebnis nicht durchgreifend.

26

Ein Grund im Sinne des § 21 Abs. 1 VwVfG, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (so BVerwG, Urt. v. 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A., § 21 Rdnr. 10; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. A., § 21 Rdnr. 13f., jeweils m.w.N.). Ein unter Mitwirkung eines solchen Amtsträgers ergangener Verwaltungsakt kann als verfahrensfehlerhaft angefochten werden. Vorausgesetzt ist, dass die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne die Mitwirkung des befangenen Bediensteten die Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 21 Rdnr. 26, m.w.N.).

27

Die Vorwürfe gegen Herrn B., welche eine mittäterschaftlich begangene Erpressung des Herrn S. zwischen dem 4. und 5. Juni 2012, den Verrat von Dienstgeheimnissen im Jahre 2014 durch die Weitergabe von polizeilich angefertigten Foto- und Videomaterials, eine Einschränkung der Akteneinsicht ihr gegenüber seit Juli 2014, sowie eine wohl bis 29. Juni 2012 erfolgte wiederholte Einflussnahme auf Herrn Winfried T., u.a. Geschäftsführer der (S...) GmbH, betreffen, teilte die Klägerin dem Beklagten im Juli 2014 mit.

28

Eine Voreingenommenheit des Herrn B. ist danach aber nicht hinreichend ersichtlich. Soweit Vorgänge aus dem Jahr 2012 betroffen sind, kann sich die Klägerin darauf nicht mit Erfolg berufen, da sie diese dem Beklagten bzw. dessen Landrat nicht vor Erlass des Bescheides angezeigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 21 Rdnr. 4, m.w.N.). Ein Beteiligter hat auf Grund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren die Pflicht, einen ihm bekannten oder im Laufe des Verfahrens bekannt werdenden Ablehnungsgrund unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern vor der Verwaltungsentscheidung oder einer bestimmten Verfahrenshandlung zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu rügen. Unterlässt er eine solche Rüge, verwirkt er wegen unzulässiger Rechtsausübung (vgl. § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG; § 295 ZPO) grundsätzlich auch sein Recht, den Mangel des Verfahrens später gegen die in der Hauptsache ergangene Entscheidung geltend zu machen (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 26 Rdnr. 6, 15, m.w.N; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 2. Juli 1992 - 5 C 51.90 -; VGH Bayern, Beschl. v. 20. Mai 2009 - 22 ZB 08.2230 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Ein Verschweigen durch ihren Gesellschafter Herrn S. muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Vorgänge aus dem Jahr 2014 können von vornherein keine Befangenheit im Hinblick auf einen Bescheid aus dem Jahre 2012 begründen. Eine zur Anwendbarkeit des § 21 VwVfG führende „Einflussnahme“ des Herrn B. auf Herrn T. - die der Klägerin erst später bekannt geworden ist - ergibt sich auch aus den darauf gerichteten Darlegungen in der Strafanzeige der Klägerin nicht. Es handelt sich bei den widergegebenen Äußerungen gegenüber Herrn T. und dem sonstigen Verhalten in Bezug auf Herrn T. nicht um ein Verhalten, das eine Parteinahme gegen die Klägerin nahelegt.

29

Die gegenüber den Amtsveterinären des Fachbereichs 8, Herrn DVM G., Frau Dr. D., Frau Dr. S. und Frau Dr. P. erhobenen Vorwürfe sind ebenfalls nicht ausreichend. Es handelt sich dabei um Vorwürfe in Zusammenhang mit Durchsuchungen bei der Klägerin bzw. einer Anlage in G. im März und Juli 2014. Damit stammen die Vorwürfe aus einem Zeitraum weit nach Erlass des streitigen Bescheides und können daher eine für den Erlass des Bescheides maßgebliche Befangenheit nicht belegen. Darüber hinaus haben die genannten Amtsveterinäre den Bescheid gerade nicht erstellt, und es ist auch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich, dass sie an der Erstellung überhaupt mitgewirkt haben. Den erheblichen Zweifeln, ob die Vorwürfe stichhaltig sind, ist daher nicht nachzugehen.

30

Im Übrigen fehlt es unter Beachtung der Vorgabe des § 46 VwVfG an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Mitwirkung der von der Klägerin genannten Mitarbeiter des Beklagten und dem in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zur Prüfung gestellten Bescheid des Beklagten. Denn die Widerspruchsbehörde hat diesen Bescheid vollständig überprüft und durch eine selbständige Sachentscheidung bestätigt, so dass deren abschließende (Verwaltungs-)Entscheidung in der Sache von dem etwaigen Verfahrensfehler offensichtlich nicht beeinflusst werden konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 28. Mai 2015 - 1 C 25.14 -; OVG Sachsen, Beschl. v. 13. November 2014 - 1 B 119/14 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 11. Dezember 2008 - 3 L 83/05 -, jeweils zit. nach JURIS).

31

Nicht zu folgen ist auch der Rüge der Klägerin, es bestehe eine institutionelle Befangenheit sämtlicher Mitarbeiter des Fachbereichs 8 des Beklagten wegen der „Doppelrolle“ der Behörde. Eine "institutionelle Befangenheit" einer Behörde kennt die Rechtsordnung grundsätzlich nicht, da sie von der Grundannahme ausgeht, dass die gesamte öffentliche Hand bei ihrem Handeln allein das öffentliche Interesse und kein spezielles Eigeninteresse verfolgt (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Beschl. v. 19. August 2014 - 10 ME 90/13 -, zit. nach JURIS; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 21 Rdnr. 15, § 20 Rdnr. 9). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern (so auch VGH Bayern, Beschl. v. 8. Juni 2015 - 22 CS 15.686 -, zit. nach JURIS; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 21 Rdnr. 2; a.M. für „Sondersituationen“: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21. November 2011 - 1 A 2563/09 -, zit. nach JURIS).

32

Sonstige formelle Rechtswidrigkeitsgründe sind weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Soweit die Klägerin im Klageverfahren noch auf einen Ausschluss von Mitarbeitern des Beklagten gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 20 Abs. 1 VwVfG wegen einer Amtshilfe für die Staatsanwaltschaft und der Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen abgestellt hat, waren die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 6 VwVfG von vornherein nicht erfüllt.

33

2. Die streitige Anordnung in dem Bescheid hinsichtlich der belegten Kastenstände (Ziffer I., 1.) ist materiell rechtmäßig.

34

Rechtsgrundlage der Anordnung ist § 16a Abs. 1 TierSchG i.V.m. § 2 Nr. 1 und 2 TierSchG und § 24 Abs. 1 und 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen.

35

a) Die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 TierSchG für ein Einschreiten des Beklagten sind erfüllt. Die Belegung der Kastenstände in der Anlage der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung führte in mehreren Fällen zu einem tierschutzwidrigen Zustand i.S.d. § 16a TierSchG, da insoweit die Vorgaben der §§ 2 Nr. 1 und 2 TierschG i.V.m. 24 Abs. 1 und 4 Nr. 2 TierSchNutztV nicht erfüllt waren.

36

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierSchG) und darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2 Nr. 2 TierSchG). Gemäß § 24 Abs. 1 TierSchNutztV dürfen Jungsauen und Sauen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 6 entsprechen; Kastenstände müssen gem. § 24 Abs. 4 TierSchNutztV so beschaffen sein, dass (1.) die Schweine sich nicht verletzen können und (2.) jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann.

37

(1) Aus § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV ergibt sich zwingend, dass den in einem Kastenstand gehaltenen (Jung)Sauen die Möglichkeit eröffnet sein muss, jederzeit in dem Kastenstand eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen, bei der ihre Gliedmaßen auch an dem vom Körper entferntesten Punkt nicht an Hindernisse stoßen.

38

Diese Rechtsfolge ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, die mit der Formulierung „ausstrecken kann“ eindeutig ist. Die von der Klägerin insoweit erhobenen Bedenken sind nicht durchgreifend. Ob der Begriff „ungehindert“ sich nur auf das Aufstehen und gegebenenfalls noch das Hinlegen bezieht, kann offen bleiben, da entscheidend allein die Vorgabe ist, dass „jedes Schwein … in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin muss dies auch jederzeit möglich sein. Zwar wird in zahlreichen anderen Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung der Begriff „jederzeit“ ausdrücklich verwendet (vgl. zur Schweinehaltung § 24 Abs. 6 Nr. 1, § 26 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 26 Abs. 4 Satz 2, § 30 Abs. 3). Allerdings handelt es sich dabei um Bestimmungen, mit denen das den Tieren mögliche Verhalten geregelt wird (z.B. der Zugang zu Trinkwasser und Beschäftigungsmaterial oder das Umdrehen), wobei gleichzeitig nicht ausgeschlossen ist, dass das in Rede stehende Verhalten auch nur zeitweise ermöglicht werden könnte. Daher bestand die Notwendigkeit, den zeitlichen Umfang zu regeln. Demgegenüber betrifft § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV die dauerhafte Gestaltung der Haltungseinrichtungen und ist mit den genannten Regelungen nicht vergleichbar. Sinn und Zweck der Norm sowie die Systematik der Verordnung (vgl. §§ 3 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV) und die Vorgaben des TierSchG (vgl. §§ 1, 2 Nr. 1 und 2 TierSchG) gebieten ebenfalls eine Auslegung, welche es den Tieren ermöglicht, in einer Halteeinrichtung zumindest eine von Hindernissen freie, ausreichend breite Liegefläche zu haben. Denn nur dies entspricht einer verhaltensgerechten Unterbringung, durch die dem Tier keine vermeidbaren Leiden zugefügt werden.

39

Die von der Klägerin angeführten Ausführungshinweise vom 23. Februar 2010 zu § 24 Abs. 4 TierSchNutztV führen zu keiner anderen Auslegung. Es muss nicht abschließend entschieden werden, ob deren Anwendbarkeit vorliegend schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen handelt, die in Sachsen-Anhalt, wo die Klägerin ihre Schweinehaltung betreibt, keine Geltung entfalten (so noch der Senatsbeschl. v. 18. April 2013 - 3 M 165/13 -). Dem könnte entgegenstehen, dass sie in dem Handbuch „Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen“ enthalten sind, das von einer Arbeitsgruppe einer Länderarbeitsgemeinschaft erarbeitet worden ist und nach Auskunft der Landesregierung (LT-DrS 6/2916 v. 19. März 2014) bei der Planung, Durchführung und Dokumentation der amtlichen Kontrollen in Sachsen-Anhalt verwendet wird. Jedenfalls enthalten die Hinweise im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine bindenden Vorgaben zur Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. In dieser Norm wird der zuständigen Behörde weder ein Beurteilungs- noch ein Ermessensspielraum einräumt, sondern sie enthält unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich voll überprüfbar sind. Selbst wenn man die Ausführungshinweise mit der Klägerin als „sachverständige Äußerungen“ ansieht, hätten diese also von vornherein lediglich den Stellenwert einer Rechtsmeinung. Zu der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV wird darin aber lediglich darauf verwiesen, es könne von einer Erfüllung der Anforderungen bei Neu- und Umbauten „im Allgemeinen“ davon ausgegangen werden, wenn Kastenstände im Deckzentrum „mindestens“ u.a. bestimmte Größenanforderungen erfüllten. Diese Mindestmaße für Kastenstände stellen schon keinen Bezug zur Körpergröße des jeweiligen Tieres her und enthalten daher keine rechtlich tragfähige Auskunft zu der hier vorzunehmenden Auslegung der Regelung.

40

Unerheblich ist auch, ob nach veterinärmedizinischer Erfahrung statistisch nur jede fünfte Sau in einer Seitenlage ruht. Denn nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV müssen Kastenstände so beschaffen sein, dass jedes Schwein - und nicht nur jedes fünfte Schwein - in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Ebenfalls ohne Belang ist, ob nach den Regelungen der Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. L 47 vom 18.02.2009, S. 5) eine geringere Fläche ausreichen kann. Hierbei handelt es sich um Mindestanforderungen, für deren Einhaltung die Mitgliedstaaten zu sorgen haben. Die Vorgabe von Mindeststandards überlässt es den Mitgliedstaaten, strengere Maßstäbe anzulegen und ein über die Mindeststandards hinausgehendes Schutzniveau vorzusehen. Abgesehen davon ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2008/120/EG nicht einschlägig, weil die dort vorgesehene Mindestfläche von 1,3 m² je Sau für Tiere gilt, die in Gruppenhaltung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Richtlinie 2008/120/EG gehalten werden.

41

(2) Die Vorgabe des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV erfüllen danach nur Kastenstände, deren Breite mindestens dem Stockmaß (d.h. der Widerristhöhe bzw. der Entfernung vom Boden zum höchsten Punkt des stehenden Schweins) des darin untergebrachten Schweins entspricht, oder Kastenstände, welche dem Tier die Möglichkeit eröffnen, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die beiden benachbarten leeren Kastenstände oder beidseitige (unbelegte) Lücken durchzustecken.

42

Die Möglichkeit, die Gliedmaßen in benachbarte belegte Kastenstände durchzustecken, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ausreichend. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass - wie die Klägerin selbst einräumt und sich zudem aus der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung vom 28. Mai 2015 ergibt - Tiere im benachbarten Kastenstand eine Liegeposition einnehmen, welche das Ausstrecken der Gliedmaßen erschweren kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Schweine in einem benachbarten Kastenstand mit dem Rücken zu dem in Frage stehenden Kastenstand liegen. Soweit die Klägerin geltend macht, die Tiere suchten auch in Seitenlage bewusst die Nähe zu Tieren in benachbarten Kastenständen und das Ablegen auf den Gliedmaßen eines anderen Tieres sei Ausdruck des Sozialverhaltens von Schweinen, erfasst dies schon nicht Fallgestaltungen, bei denen ein Durchstecken der Gliedmaßen auf Grund der Rückenlage eines anderen Schweines ausgeschlossen ist. Ungeachtet dessen muss es jedem der dergestalt gehaltenen Schweine - sofern gewollt - möglich sein, seine Liegeposition ohne Beschränkung entsprechend zu ändern. Querverstrebungen des Kastenstandes stellen keine Behinderung dar, wenn sie sich in einer solchen Höhe befinden, dass das Schwein in Seitenlage eine ausreichende Liegeposition einnehmen kann, ohne dass die Gliedmaßen dabei an die unterste Querverstrebung anstoßen. Längsverstrebungen des Kastenstandes entsprechen den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV, soweit sie aus Gründen der statischen Konstruktion zur Stabilität des Kastenstandes oder zur Verhinderung eines Durchrutschens des Schweins erforderlich sind.

43

Ohne Erfolg wendet die Klägerin unter Berufung auf sachverständige Äußerungen und die tatsächlichen Verhältnisse in anderen Betrieben, z.B. dem Rittergut S., ein, Kastenstände, deren Breite mindestens dem Stockmaß des jeweiligen Schweins entsprächen oder sogar größer seien, stellten einen Verstoß gegen § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV bzw. die allgemeine Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV sowie Hygienevorgaben dar, weil sich Schweine in solchen Kastenständen drehen können. Ob sich (Jung)Sauen in einem Kastenstand tatsächlich drehen, hängt nicht nur von der Breite des Kastenstandes, sondern auch von verschiedenen anderen Faktoren (u.a. Größe, Alter, Zucht, Zeitpunkt der ersten Unterbringung in einem Kastenstand) ab. Weiterhin dürfen die Tiere in Kastenständen gem. § 30 Abs. 4 TierSchNutztV grundsätzlich nur gehalten werden, wenn nicht offensichtlich erkennbar ist, dass diese Haltungsform zu nachhaltiger Erregung führt, die insbesondere durch Gabe von Beschäftigungsmaterial nicht abgestellt werden kann. Da der Tierhalter im Rahmen des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV die Wahl zwischen verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Kastenständen hat, obliegt also ihm die Prüfung, ob ein Kastenstand, dessen Breite größer ist als das Stockmaß des jeweiligen Schweins oder ihm entspricht, zu einem tierschutzwidrigen Zustand führt. Sollte er eine Gefährdung des Schweins annehmen, weil dieses sich eventuell dreht, kann und muss er gegebenenfalls einen Kastenstand verwenden, der eine unter dem Stockmaß des Tieres liegende Breite aufweist und dem Tier die Möglichkeit einräumt, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die benachbarten Kastenstände oder Lücken - jeweils unbelegt - durchzustecken.

44

(3) Die an den oben aufgeführten Ausführungshinweisen orientierte Ausgestaltung von Kastenständen in der klägerischen Anlage, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung jeweils eine lichte Weite von maximal 70 cm aufwiesen, erfüllte danach - wie der Beklagte auch durch Fotos dokumentiert hat - mehrfach nicht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Die Klägerin macht sogar selbst geltend, es sei ausreichend gewesen, dass die in Kastenständen gehaltenen (Jung)Sauen ihre Gliedmaßen in benachbarte belegte Kastenstände durchstecken konnten. Wenn belegte Kastenstände nicht mit den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV in Übereinstimmung stehen, handelt es sich um Verstöße i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG, da § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV unmittelbar auf der Verordnungsermächtigung des § 2a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG beruht. Gleichzeitig dient § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG der näheren Bestimmung der Anforderungen des § 2 Nr. 1 und 2 TierSchG, welche durch die Verordnung verbindlich konkretisiert werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni a.a.O.).

45

b) Die von der Beklagten als zuständige Behörde (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG i.V.m. § 10 Nr. 2 ZustVO SOG LSA) getroffene Anordnung zur Gestaltung belegter Kastenstände ist auch notwendig i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG.

46

(1) An der inhaltlichen Bestimmtheit der Anordnung i.S.d. §§ 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. 37 Abs. 1 VwVfG bestehen keine durchgreifenden Zweifel.

47

Eine Verfügung ist dann hinreichend bestimmt, wenn der Adressat in die Lage versetzt wird, zu erkennen, was von ihm gefordert wird und zugleich der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für die Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Die streitige Anordnung erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des maßgeblichen Normtextes, nämlich des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Ihr Regelungsinhalt besteht daher dahin, als gesetzeswiederholende Verfügung (vgl. dazu Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, TierSchG, § 16a Rdnr. 6; Lorz/Metzger, TierSchG, 6. A., § 16a Rdnr. 12; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v 13. Mai 2013 - 3 M 161/13 -) eine bereits normativ bestehende Verpflichtung zu konkretisieren. Solche gesetzeswiederholenden Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 8. Januar 2014 - 8 B 11193/13 -; VGH Bayern, Beschl. v. 12. März 2010 - 10 CS 09.1734 -; VG Hamburg, Urt. v. 12. März 2015 - 17 K 3507/14 jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Anlass zu dieser Verfügung bestand deshalb, weil die Klägerin davon ausging, dass es ausreichend sei, wenn Kastenstände eine bestimmte Mindestbreite aufwiesen und die darin befindlichen (Jung)Sauen ihre Gliedmaßen in einen benachbarten belegten Kastenstand durchstecken konnten. Unter Berücksichtigung der bei Erlass der Anordnung gegebenen Situation und unter Zugrundelegung eines die Behörde und die Klägerin umgreifenden gemeinsamen Verständnishorizontes (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 2. Dezember 2012 - 3 C 42.91 -, zit. nach JURIS) konnte die Klägerin der Anordnung in hinreichender Weise entnehmen, dass diese Gestaltung von Kastenständen nicht ordnungsgemäß ist, sondern jeder belegte Kastenstand dem darin befindlichen Schwein eine von dessen Stockmaß bestimmte Liegefläche frei von Hindernissen bieten muss.

48

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin sieht die Anordnung des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht vor, dass eine Erweiterung der Breite der Kastenstände entsprechend dem Stockmaß des jeweiligen Schweins erfolgen muss. Die Erweiterung der Breite der Kastenstände ist lediglich eine Möglichkeit des Anlagenbetreibers, sofern die sonstigen Vorgaben an die Kastenstände (vor allem aus § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV) erfüllt sind. Soweit in der Begründung des Ausgangsbescheides darauf abgestellt wird, „die Kastenstände“ seien „zu ändern bzw. zu erweitern“, ist dies nicht allein auf eine Erweiterung der Breite bezogen. Eine Änderung der Kastenstände, die ausweislich des „bzw.“ eine gleichrangige Möglichkeit darstellt, kann auch lediglich eine Änderung der Belegung von Kastenständen oder eine Schaffung von Lücken zwischen den Kastenständen beinhalten. Dementsprechend bezieht sich die Anordnung allgemein auf „die Kastenstände“. Auch ist die Bezugnahme in der Begründung auf das Stockmaß nicht ausreichend, anzunehmen, in dem Bescheid werde eine danach bemessene Breite der Kastenstände vorgeschrieben. Zum einen erfolgt die Bezugnahme nicht nur in Bezug auf die mögliche Erweiterung, sondern auch hinsichtlich der möglichen Änderung der Kastenstände. Zum anderen wird ausdrücklich ausgeführt, die Kastenstände seien „unter Berücksichtigung“ des Stockmaßes zu ändern bzw. zu erweitern. Das Stockmaß soll danach ersichtlich nur Maßstab für die dem Schwein zur Verfügung zu stellende Liegefläche ohne Hindernisse sein, nicht aber zwingende Festlegung in Bezug auf die Kastenstandsbreite. Dass im Rahmen der Beschreibung der Mängel der Anlage die Breite der Kastenstände als zu gering bezeichnet wird und der Beklagte in späteren Ausführungen breitere Kastenstände als erforderlich betrachtet hat, steht dem nicht entgegen. Denn der Regelungsgehalt des Bescheides ist nach dem (objektiven) Empfängerhorizont zu bemessen, d.h. danach, wie ihn der Empfänger im Zeitpunkt des Zugangs bei objektiver, verständiger Würdigung verstehen konnte. Der Empfängerhorizont der Klägerin wurde auch nicht durch die bisherige Tierhaltungspraxis oder das Verständnis Dritter in einer Weise beschränkt, dass sie den Bescheid objektiv nur mit dem von ihr angenommenen Inhalt auslegen konnte. Gerade weil die Klägerin davon ausgeht, dass zu breite Kastenstände den Tieren die Möglichkeit geben, sich - mit den dadurch verbundenen Gesundheitsgefährdungen - im Kastenstand zu drehen und sie das Durchstecken der Gliedmaßen in belegte benachbarte Kastenstände als tierschutzkonform ansieht, lag es für sie durchaus nahe, den Bescheid in der hier dargelegten Weise zu verstehen. Soweit in der Anordnung - gleichfalls auf der Grundlage des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV - gefordert wird, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen und sich hinlegen können muss, folgt daraus nicht, dass die Breite der Kastenstände entsprechend dem Stockmaß des Tieres zu bemessen ist. Die Anordnung stellt in der Begründung ausdrücklich allein auf die Liegeposition der Tiere ab. Im Übrigen folgt eine derartige Verpflichtung auch nicht aus § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Es ist weder ansatzweise ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht, dass das ungehinderte Aufstehen oder Hinlegen in dem Kastenstand nur dann gewährleistet ist, wenn die Breite des Kastenstands mindestens dem Stockmaß des darin untergebrachten Schweins entspricht. Die Klägerin, die zudem selbst eine Schweinehaltung in Kastenständen vornehmen will, die eine unter dem Stockmaß des jeweiligen Schweins liegende Breite aufweisen, hat bislang dafür im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte genannt.

49

Auch die gegen die Bestimmtheit der Anordnung ansonsten erhobenen Einwendungen der Klägerin sind unbegründet. Eine von ihr angesprochene Liegeposition quer im Kastenstand ist offensichtlich nicht Gegenstand der Anordnung, da - wie die Klägerin selbst ausführt - die Haltung in Kastenständen und nicht die Haltung in Buchten geregelt werden sollte. Daraus folgt, dass sich der Begriff „alle möglichen Liegepositionen“ auf das ungehinderte Ausstrecken von Kopf und Gliedmaßen in dem Kastenstand bezieht und nicht eine mit dem Wesen eines Kastenstandes unvereinbare Gestaltung betrifft. Die in dem Tenor enthaltene Bezugnahme auf die „belegten Kastenstände“ und „insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1, 5 und 6“ stellt keine Unklarheit der Verfügung dar. Dass nur belegte Kastenstände bestimmten tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprechen müssen, versteht sich von selbst, und der Hinweis auf bestimmte Ställe verdeutlichte lediglich den nach Ansicht des Beklagten vor allem dort gegebenen Handlungsbedarf. Dass der Inhalt der Anordnung in den gerichtlichen Verfahren über danach erlassene Zwangsmittelbescheide ebenfalls streitig ist, spricht schließlich weder für noch gegen eine Unbestimmtheit der Verfügung.

50

(2) Die sachlichen Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 TierSchG waren für den entscheidungserheblichen Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung weiter gegeben.

51

Nicht (allein) entscheidungserheblich ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, da die streitige Anordnung einen Dauerverwaltungsakt darstellt, der allgemein dadurch gekennzeichnet ist, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert.

52

Bei tierschutzrechtlichen Anordnungen nach § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht notwendig um Dauerverwaltungsakte, sondern das Vorliegen eines Dauerverwaltungsakts ist von der rechtlichen Bedeutung der getroffenen Regelung abhängig (so BVerwG, Beschl. v. 9. Juli 2013 - 3 B 100.12 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 15. April 2015 - 3 M 517/14 -, jeweils zit. nach JURIS). Hier betrifft die Anordnung - wie es das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat - nicht einzelne Maßnahmen, welche die Klägerin umzusetzen hat, um tierschutzgerechte Zustände im Rahmen ihrer Schweinehaltung herzustellen (vgl. dazu VGH Bayern, Urt. v. 10. September 2012 - 9 B 11.1216 -, zit. nach JURIS), sondern begründet als anlagenbezogene Regelung ein auf Dauer berechnetes Rechtsverhältnis. Denn es sollten ersichtlich nicht nur die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26. November 2012 belegten Kastenstände tierschutzkonform gestaltet werden, sondern die Anordnung sollte - im Rahmen der ständig wechselnden Belegung von Kastenständen - so wirken, als ob sie immer und zu jedem Zeitpunkt neu erlassen würde und somit laufend das Verwaltungsrechtsverhältnis konkretisiere. Dementsprechend wird in dem Bescheid ausdrücklich auf „alle“ belegten Kastenstände und „jedes Schwein“ abgestellt und ausgeführt, dass „künftig tierschutzgemäße Haltungsbedingungen im Sinne des Tierschutzrechtes“ gewährleistet werden sollen. Die beispielhafte Bezeichnung bestimmter örtlicher Bereiche und die Begründung, nach der 80 Tiere durch zu geringe Kastenstandsgrößen beeinträchtigt seien, rechtfertigen nicht den Schluss, dass Zweck der Verfügung allein die Beseitigung der bei der Kontrolle festgestellten einzelnen wie abschließenden Missstände sein sollte.

53

Die Behörde hat den Dauerverwaltungsakt auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. Oktober 2014 - 9 B 32.14 -, zit. nach JURIS, m.w.N.) bzw. während des gesamten Zeitraums seiner Wirksamkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, zit. nach JURIS, m.w.N.) maßgeblich. Die Sach- und Rechtslage hat sich hier in der Zeit zwischen Erlass des Bescheides und mündlicher Verhandlung nicht in wesentlicher Weise geändert. Denn die Klägerin geht weiterhin davon aus, die von ihr vertretene und auch praktizierte Ausgestaltung von Kastenständen sei tierschutzkonform, so dass die Anordnung zur Verhütung künftiger Verstöße notwendig ist.

54

(3) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf einen Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2010 hinsichtlich der Kastenstände in ihrer Anlage, mit dem lediglich der Wortlaut des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV teilweise wiederholt („sind alle Schweine so in Kastenständen aufzustallen, dass sie ungehindert den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken können“) und hinsichtlich der Breite darauf hingewiesen wurde, dies bedeute „bei den konkreten Gegebenheiten vor Ort, a) dass die Breite der einzelnen Kastenstände auf mindestens 70 cm zu erweitern“ sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin entfaltet dieser Bescheid hinsichtlich einer Änderung der rechtlichen Auslegung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schon keinerlei Bindungswirkung für den Beklagten. Auch liegt kein die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides betreffender Widerspruch vor, da der Beklagte nicht gehindert ist, seine Rechtsauffassung zu ändern und er ersichtlich nicht mehr an den im Bescheid vom 14. Juli 2010 getroffenen Regelungen festhält. Eine ausdrückliche Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2010 war nicht erforderlich, selbst wenn man ihn ebenfalls als Dauerverwaltungsakt ansehen wollte. Einen Dauerverwaltungsakt kennzeichnet, dass die mit ihm getroffene Regelung nicht mit einer einmaligen Befolgung erledigt ist, sondern innerhalb der Geltungsdauer oder bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsakts fortdauernd Geltung beansprucht (so BVerwG, Beschl. v. 9. Juli 2013, a.a.O.). Mit Erlass der streitigen Anordnung wurde daher die vorherige Regelung abgelöst.

55

(4) Der Beklagte hat das ihm in § 16a Abs. 1 TierSchG eingeräumte Ermessen fehlerfrei betätigt.

56

Bei einem Verstoß gegen zwingende Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfte es sich hinsichtlich des „Ob“ des Einschreitens schon um einen Fall des intendierten Ermessens handeln, wenn lediglich die Einhaltung verordnungskonformer Zustände herbeigeführt werden soll. Jedenfalls hat der Beklagte in dem Bescheid vom 26. November 2012 insoweit das Ermessen in hinreichender Weise ausgeübt, als er darauf abgestellt hat, dass die bei der Kontrolle festgestellten Verstöße schwerwiegende und zum Teil wiederholte Verstöße gegen tierschutzrechtliche Haltungsbedingungen darstellten und dass insbesondere die vorgefundenen nicht den Anforderungen entsprechenden Bedingungen hinsichtlich der Haltung in Kastenständen den Tieren erhebliche bzw. länger andauernde Schmerzen und Leiden verursachten.

57

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist von vornherein nicht ersichtlich, da allein die in § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV ausdrücklich vorgesehenen Vorgaben umgesetzt werden.

58

Die Ermessensausübung des Beklagten musste sich nicht mit der Frage einer Übergangsfrist beschäftigen. Die der Klägerin mit der Anordnung aufgegebenen Handlungspflichten ergeben sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz, so dass kein Raum für eine behördliche Übergangsfrist (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni 2015 -, a.a.O.) besteht. Bei der in der Verfügung genannten Frist „bis zum 31. Dezember 2012“ handelt es sich daher auch nicht um eine Verpflichtungsentstehungsfrist (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 28. Oktober 1997 - 4 UE 3676/95 -, zit. nach JURIS) bzw. eine Bescheidfrist mit materiell-rechtlichem Charakter (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 19. November 2008 - 9 CS 08.953 -, zit. nach JURIS), sondern um eine Befolgungsfrist, die im Rahmen der Grundverfügung aber keine rechtliche Bedeutung hat, sondern allein Anknüpfungspunkt für die in der Zwangsmittelandrohung genannte Vollstreckungsfrist i.S.d. § 59 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 HS 1 SOG LSA ist (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 14. Februar 2011 - 2 M 245/10 -, zit. nach JURIS).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt in J., OT K., Landkreis C., eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen. Sie wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.04.2013, durch den ihr gegenüber diverse tierschutzrechtliche Anordnungen verfügt worden sind.

2

Der Beklagte führte am 24.10.2012 eine Tierschutzkontrolle in der Anlage der Klägerin durch. Nach Auswertung der Kontrolle übersandte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.11.2012 den Entwurf seines Bescheides einschließlich des Kontrollberichts zur Kenntnis und gab er der Klägerin Gelegenheit, sich bis zum 26.11.2012 zum Sachverhalt zu äußern. Hiervon machte die Klägerin in der Folgezeit keinen Gebrauch.

3

Mit Bescheid vom 26.11.2012, der Klägerin zugestellt am 27.11.2012, ordnete der Beklagte auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes und der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (TierSchNutztV) unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung an, die Klägerin habe bis zum 31.12.2012 alle belegten Kastenstände so zu gestalten, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken könne. Dies betreffe insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1, 5 und 6 (Nr. 1. 1 u. 2 des Bescheides). Die Klägerin habe weiter bis zum 31.12.2012 im Flatdeck, Ställe F 6 und F 7, im Aufenthaltsbereich der Schweine eine gleichmäßige Verteilung des Lichts zu gewährleisten, indem sie zusätzliche Fenster oder anderweitige Lichteinfallsflächen nachrüste (Buchstabe a)) oder die Ställe täglich zusätzlich mindestens 8 Stunden so beleuchte, dass die Beleuchtung im Aufenthaltsbereich der Schweine eine Stärke von mindestens 80 Lux aufweise und dem Tagesrhythmus angeglichen sei, hierzu sei der Lampenbesatz entsprechend zu erhöhen, unbeschichtete Betonwände seien zu reinigen und mit einem hellen abwaschbaren Belag zu versehen (Buchst. (b); Nr. 2 des Bescheides). Sie habe bis zum 30.06.2013 zu gewährleisten, dass die Auftrittsbreiten des verwendeten Spaltenbodens im Aufenthaltsbereich der Schweine mindestens den Spaltenweiten entsprächen und höchstens bei Saugferkeln eine Spaltenweite von 11 mm, bei Absetzferkeln eine Spaltenweite von 14 mm, bei Zuchtläufern und Mastschweinen eine Spaltenweite von 18 mm und bei Jungsauen, Sauen und Ebern eine Spaltenweite von 20 mm aufwiesen. Dies betreffe insbesondere die Ställe 1, 2, 3, 4 und 6 im Bereich der Gruppenbuchten (Nr. 3 des Bescheides). Sie habe bis zum 31.12.2012 die Wasserversorgung im Flatdeckbereich, Ställe J1, J2, J3, J4, J5, J6, J8, J9, J10, J11, J12, J13, J14, J15 und J17 so zu gestalten, dass jedes Schwein jederzeit Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität habe, indem sie die vorhandenen Tränken so anordne, dass diese gleichzeitig von den Tieren in normaler Körperhaltung zur Wasseraufnahme nutzbar seien (z. B. durch Vergrößern des Abstandes zwischen den einzelnen Zapfentränken; Buchstabe a)) oder zusätzliche Tränken in ausreichendem Abstand einbaue, so dass mindestens eine Tränke pro 12 Tieren vorhanden sei und diese gleichzeitig zur Wasseraufnahme nutzbar seien (Nr. 4 des Bescheides).

4

Mit Schriftsatz vom 21.12.2012 legte die anwaltlich vertretene Klägerin gegen den Bescheid vom 26.11.2012 Widerspruch ein, wobei sie diesen nach Einsicht in die Verwaltungsvorgänge im Einzelnen begründete.

5

Am 21.12.2012 suchte die Klägerin um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach.

6

Das Rechtschutzgesuch lehnte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 28.12.2012 (1 B 391/12 MD) ab.

7

Die gegen den Beschluss gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 17.06.2013 (3 M 16/13) zurück.

8

Bereits mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2013 hatte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den gegen den Bescheid des Beklagten vom 26.11.2012 gerichteten Widerspruch zurückgewiesen.

9

Am 10.05.2013 hat die Klägerin Klage erhoben, wobei die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.03.2014 bezüglich der Ziffern 2, 3 und 4 des Bescheides vom 26.11.2013 sich auf eine von dem Beklagten vorgelegte Vereinbarung unter teilweiser Änderung des Textes und unter Widerrufsvorbehalt geeinigt haben mit der Folge, das die Beteiligten nur noch die Ziffer 1 des Bescheides vom 26.11.2013 zur Entscheidung durch das Gericht streitig gestellt haben.

10

Hinsichtlich der streitbefangenen tierschutzrechtlichen Maßgabe der Kastengestaltung in Ziffer 1 des streitbefangenen Bescheides führt die Klägerin aus: Bezüglich der Kastenstände liege kein Verstoß gegen die rechtlichen Anforderungen an die Haltung in Kastenständen vor. Die Anforderungen der TierSchNutztV an die Haltung in Kastenständen würden eingehalten. Soweit der Beklagte die Kastenstandsgrößen bemängele, widerspreche die Anordnung inhaltlich klar den verschiedenen Erlassen zum Vollzug der TierSchNutztV aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, denen sich die anderen Bundesländer überwiegend angeschlossen hätten. Ein anders lautender Erlass, der die Rechtsauffassung des Beklagten stütze, existiere in Sachsen-Anhalt nicht. Außerdem könne die Anordnung nicht für alle belegten Ställe gelten, da die Mindestgröße des jeweiligen Kastenstandes von der Größe des jeweiligen Tieres abhängig sei. Unabhängig davon habe sie sich mit Schreiben vom 21.06.2013 bereiterklärt, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Aufrechthaltung ihrer Rechtsauffassung 10 % der Kastenstände auf eine lichte Weite von 80 cm umzubauen. Des Weiteren habe sie sich verpflichtet, durch Betriebsanweisung sicherzustellen, dass die Altsauen in diesen Kastenständen untergebracht würden und damit bezüglich aller Tiere die Anforderungen nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV eingehalten würden. Die Anordnung sei ferner nicht erforderlich, weil als milderes Mittel anzuordnen gewesen sei, die Tiere nur in solche Kastenstände einzustellen, die auch nach Auffassung des Beklagten die erforderlichen Standweiten aufwiesen.

11

Im Übrigen habe der Beklagte frühere Anordnungen hinsichtlich der Größe der Kastenstände aus dem Jahre 2010, denen man nachgekommen sei, mit seiner Anordnung vom 26.11.2012 zu Unrecht revidiert, in dem er jetzt meine, dass die von ihm selbst angeordneten Kastenstandbreiten unzulässig seien. Insofern seien aber ihrerseits die Forderungen des Beklagten nach § 24 Abs. 4 TierSchNutztV bereits erfüllt worden.

12

Die Klägerin beantragt,

13

den Bescheid des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.04.2012 aufzuheben bezüglich der Ziffer 1 zuzüglich der Zwangsgeldandrohung.

14

Hilfsweise über die Beweisanträge zu A betreffend die Beschaffenheit von Kastenständen (Nr. 1 bis 19) und C Beweisanträge betreffend die Anordnung von Zwangsgeld (Nr. 1, 2) zu entscheiden.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und macht hierzu Ausführungen.

18

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die darin in den einzelnen Schriftsätzen enthaltene umfangreiche Begründung der Klägerin zu der von ihr angegriffenen tierschutzrechtlichen Anordnung zu Ziffer 1 des Bescheides vom 26.11.2013, den von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang, sowie den im Eilrechtsschutzverfahren 1 B 391/12 MD ergangenen Beschluss der erkennenden Kammer vom 28.12.2012 und den darauf beruhenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt 3 M 16/13 vom 17.06.2013.

Entscheidungsgründe

19

Die Klage hat keinen Erfolg.

20

Die von der Klägerin angegriffene Regelung unter Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.04.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

21

Rechtsgrundlage für die derzeit noch streitig gestellte tierschutzrechtliche Anordnung nach Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes des Landes Sachsen-Anhalt vom 22.04.2013 hinsichtlich der Kastenstände ist § 16a S. 1 TierSchG i. V. m. § 2 TierSchG und § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV.

22

Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss 3 M 16/13 vom 17.06.2013 ausgeführt:

23

„1. Die Anordnung des Antragsgegners zu Ziffer I. Nr. 1 des angefochtenen Bescheides, mit welcher der Antragstellerin aufgegeben worden ist, bis zum 31. Dezember 2012 alle belegten Kastenstände – insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1,5 und 6 – so zu gestalten, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann, begegnet nach überschlägiger Prüfung keinen rechtlichen Bedenken.

24

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, der Antragsgegner sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es den Schweinen wegen der zu geringen Abstände nicht möglich sei, sich ungehindert hinzulegen, aufzustehen, zu liegen und sich auszustrecken.

25

Die vom Antragsgegner anlässlich der Kontrolle vom 14.02.2013 gefertigten Lichtbilder (Anlage 1, 3 und 4 d. Beschwerdeerwiderung vom 27.02.2013 – Bl. 110 ff.; 119 – 122; Bl. 126 – 129 sowie Bl. 130 – 135 -) belegen, dass den Tieren in den Kastenständen nicht genügend Platz zur Verfügung steht bzw. gestanden hat, um sich ungehindert hinzulegen und auszustrecken, weil die Tiere liegend gegen die Kastenstände anstoßen und mit ihren Gliedmaßen unter den Gitterstäben hindurch hinausragen. Letzteres wird im Übrigen mit der Beschwerdebegründung der Antragstellerin vom 04. Februar 2013 selbst eingeräumt, wenn dort ausgeführt wird, dass die Schweine ihre Vorder- und Hinterläufe in den jeweils benachbarten Kastenstand strecken könnten, da die seitlichen Begrenzungen der Kastenstände ein Freibord zwischen der letzten Querverstrebung und dem Boden ließen.

26

Soweit die Antragstellerin geltend macht, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, die Größe des Kastenstandes nach dem Stockmaß der Tiere auszulegen, geht dies fehl. Kastenstände müssen nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV so beschaffen sein, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Dem genügen Kastenstände nicht, wenn sie nach Länge oder Breite so ausgelegt sind, dass die Tiere an die Kastenstände anstoßen müssen, bzw. dass ihre Gliedmaßen im Liegen über die Kastenstände hinaus in den Bereich der angrenzenden Kastenstände hineinragen, wie dies durch Mitarbeiter des Antragsgegners anlässlich der Kontrollen vom 17. bis 19. September 2012 festgestellt worden ist. Das Stockmaß eines Tieres ist im Übrigen auch eine geeignete Grundlage für die Bemessung der notwendigen Breite eines Kastenstandes, weil es gewährleistet, dass das Tier in Seitenlänge die Gliedmaßen ausstrecken kann, ohne über Gitter oder Kastenstände hinaus in angrenzende Kastenstände hineinzuragen.

27

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin unerheblich ist, ob nach veterinärmedizinischer Erfahrung statistisch nur jede fünfte Sau in einer Seitenlage ruht. Denn nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV müssen Kastenstände so beschaffen sein, dass jedes Schwein – und nicht nur jedes fünfte Schwein – in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Ob nach den Regelungen der Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. L 47 vom 18.02.2009, S. 5) eine geringere Fläche ausreichen kann, ist nicht von Belang, weil es sich hierbei um Mindestanforderungen handelt, für deren Einhaltung die Mitgliedsdaten zu sorgen haben. Die Vorgabe von Mindeststandards überlässt es den Mitgliedsdaten, strengere Maßstäbe anzulegen und ein über die Mindeststandards hinausgehendes Schutzniveau vorzusehen. Abgesehen davon ist der von der Antragstellerin herangezogene Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2008/120/EG nicht einschlägig, weil die dort vorgesehene Mindestfläche von 1,3 m³ je Sau für Tiere gilt, die in Gruppenhaltung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/120/EG gehalten werden. Auch das von der Antragstellerin zur Gerichtsakte gereichte Gutachten „Ergebnis der Begutachtung der Haltungsbedingungen für Schweine in der Anlage der Schweinezucht X GmbH“ von Dr. Helmut Niklaus vom 28. März 2013 vermag den Senat nicht zu einer anderen Einschätzung zu veranlassen, da es ebenfalls darauf abstellt, „die Sauen könn(t)en die Gliedmaßen seitlich unter dem Querrohr hindurchstecken“ (a.a.O. S. 19) und, soweit es auf die bestehende Standbreite von 70 cm verweist, keine Antwort darauf gibt, wie es sich hinsichtlich der Bewegungsfreiheit von Schweinen mit einem höheren Stockmaß verhält. Es kommt hinzu, dass es sich bei dem genannten Gutachten um ein sog. Parteigutachten handelt, welches von der S Holding GmbH in Auftrag gegeben wurde, auf einer Betriebsbesichtigung vom 06. März 2013 beruht und der Gutachter nach eigenem Bekunden (s. S. 3 d. Gutachten: „Zu meiner Person als Bearbeiter“) hauptsächlich in einem Arbeitsbereich tätig war, zu dem „die Entwicklung von Stallausrüstungen für Schweine“ gehörte, so dass für den Senat zumindest fraglich erscheint, ob bei der Begutachtung eine ausreichende Objektivität gewährleistet ist.

28

Abgesehen davon handelt es sich bei den Anforderungen an die Kastenstände nach Maßgabe des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV um eine Rechtsfrage.“

29

Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an. Die den Klageschriftsatz der Klägerin vom 10.05.2013 ergänzenden Schriftsätze vom 18.07.2013, 06.12.2013, 13.12.2013, 29.01.2014 und 13.02.2014, 24.02.2014 (zweifach) und 26.02.2014 enthalten gemessen an den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss 3 M 16/13 vom 17.06.2013 keine substantiellen Einwendungen, die zu einer anderen Entscheidung führen.

30

Dabei verweist das Gericht auch auf den Bescheid des Beklagten vom 26.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22.04.2013.

31

Weiter ist festzustellen:

32

Es kommt hinsichtlich der Wirksamkeit und des Inhalts der angefochten Bescheide nicht darauf an, ab wann die ursprüngliche Klägerin, die Schweinezucht X GmbH, von einem anderen Betrieb oder die jetzige Klägerin den Betrieb von der ursprünglichen Klägerin übernommen und fortgeführt hat. Denn die streitbefangene Verfügung des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist anlagenbezogen und damit sind der jetzigen Klägerin die nach wie vor tierschutzwidrigen Verhältnisse zuzurechnen. Denn die hier in Rede stehenden Anordnungen beziehen sich wegen ihres dinglichen Charakters auf den bezeichneten Betrieb und verlieren deshalb im Falle einer Rechtsnachfolge nicht ihre Wirksamkeit (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 18.12.2013 - 7 B 1143/13 -, juris).

33

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, aufgrund der ursprünglich erteilten Betriebsgenehmigung genieße sie quasi „Bestandsschutz“, ist diese Auffassung vom Recht nicht gedeckt. Die Genehmigung des Betriebes einer Anlage, so auch die einer dem Tierschutzrecht unterfallenden Anlage, ist kein Dauerverwaltungsakt in dem Sinne, dass der Betrieb unverändert künftighin nur der ursprünglichen Genehmigung unterworfen ist. Es wird nur ausgesagt, dass im Genehmigungszeitpunkt der Betrieb den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Ist mithin maßgebend nur der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, werden dadurch nachträgliche Rechtsänderungen nicht ausgeschlossen. Wegen der daraus resultierenden sog. dynamischen Betreiberpflichten müssen daher weder eine ausdrückliche Anpassungspflicht noch eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für spätere Änderungen als Rechtsgrundlage für späteres behördliches Einschreiten vorliegen (BVerwG, U. v. 30.04.2009 - 7 C 14/08 -, juris).

34

Die Anpassung bestehender Anlagen an nachträgliche Rechtsänderungen kann mithin durch eine unmittelbar anwendbare, hinreichend konkrete Rechtsvorschrift erfolgen. Für die Umsetzung der verschärften tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Haltungseinrichtungen für Schweine hat der Gesetzgeber den Weg über die unmittelbar geltende Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (§§ 21 ff. TierSchNutztV) beschritten. Aus dem Wortlaut und Regelungszweck der Verordnung geht eindeutig hervor, dass sie die Pflichten der Betreiber von Haltungseinrichtungen für Schweine unmittelbar gestaltet. Die Verordnung richtet sich unmittelbar an die Halter von Nutztieren (§ 4 TierSchNutztV) und bestimmt konkrete Haltungsvoraussetzungen und anlagenbezogene Anforderungen. Sie begründet Ordnungswidrigkeitentatbestände, die voraussetzen, dass die im einzelnen aufgeführten Gebote und Verbote der Verordnung unmittelbare Wirkung entfalten. Zudem enthält sie Übergangsvorschriften, die aus der unmittelbaren Geltung der Verordnung entstehende Härten für zugelassene Haltungseinrichtungen abmildern (zum Vorstehenden: BVerwG, U. v. 23.10.2008 - 7 C 4/08 -, juris und BVerwG, U. v. 30.04.2009, a.a.O.).

35

Die TierSchNutztV wirkt damit unmittelbar auf die Rechtsposition der Betreiber von bereits zugelassenen Anlagen zur Haltung von Schweinen ein. Eine Aufhebung oder Änderung immissionsschutzrechtlicher oder sonstiger (Baugenehmigungs-)Bescheide bzw. eine nachträgliche tierschutzrechtliche Anordnung sind zur Durchsetzung der Anforderungen der Verordnung daher nicht erforderlich. Sollten diese Anforderungen nicht beachtet werden, ist es Aufgabe der Tierschutzbehörde, die notwendigen Anordnungen (16a S. 1 TierSchG) zu treffen. Die durch die unmittelbar wirkende TierSchNutztV begründete Anpassungspflicht für Altanlagen bewegt sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen (BVerwG, U. v. 23.10.2008, a.a.O.).

36

Selbst wenn der Beklagte nach den vorausgegangenen Ausführungen in der Vergangenheit gemessen an der TierSchNutztV zunächst andere bzw. keine weiteren Anforderungen an den Betrieb der Klägerin gestellt haben sollte, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Denn ein weiteres Festhalten an einer rechtswidrigen Praxis der Klägerin hat gegenüber den Belangen des Tierschutzes nach der TierSchNutztV, im Übrigen als Tierschutzstaatsziel verankert in Art. 20a GG, zurückzutreten.

37

Zudem wiederholt die in den streitbefangenen Bescheiden genannte Anordnung zu Ziffer 1 nur die Pflicht der Klägerin, die nach der TierSchNutztV einem entsprechenden Unternehmen auferlegt sind. Denn die Haltungsart und die damit verbundene Haltungspflicht von Schweinen ergeben sich unmittelbar aus der Verordnung, um danach eine tierschutzgerechte Haltung nach dem Tierschutzgesetz sicherzustellen. Danach sind gesetzeswiederholende oder gesetzeskonkretisierende Anordnungen zulässig. Insofern wird durch die Anordnung zur Kastenhaltung die Gesetzespflicht lediglich verbindlich festgestellt und in Form eines Verwaltungsaktes konkretisiert, um die Einhaltung der Gesetzespflicht zu gewährleisten. Die Anordnung geht deshalb nicht über den Willen des Gesetzgebers hinaus und greift tatsächlich nicht in die Rechte der Klägerin ein.

38

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, der Beklagte verkenne bei seiner die Kastenstände betreffenden „statischen“ Auffassung, dass wegen des fortlaufenden Zuchtzyklus in der Anlage bestimmte Kastenstände häufig nicht belegt sind, sie damit also ausdrücken will, dass eine „Momentaufnahme“ die tierschutzrechtliche Anordnung des Beklagten wegen der fortlaufenden Haltung sich entwickelnder Schweine, die auch tierschutzgerechte Phasen im Rahmen der Haltung beinhaltet, nicht rechtfertigt und auch nach der Anordnung neu in die Kastenstände eingebrachte Schweine von dieser nicht erfasst werden, geht diese Auffassung fehl.

39

Nach dem Verständnis eines dem Tierschutz gerecht werdenden Tierhalters will der Beklagte nach den einschlägigen tierschutzrechtlichen Regelungen gegenüber der Klägerin bestimmte gesetzlich vorgesehene Mindestbedingungen anordnen, um ihr gegenüber in diesem Sinne eine Konkretisierung der einem Tierhalter nach dem Gesetz obliegenden Pflichten vorzugeben und damit tierschutzgerechte Verhältnisse zu schaffen. Dabei hat sich – wie dargelegt – der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die §§ 16a, 2 TierSchG i. V. m. § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV gestützt.

40

Anders als etwa ein Verbot weist die wörtlich aus § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV übernommene Anordnung keinen Regelungsgehalt dergestalt auf, das sie so wirkt, als ob sie immer und zu jedem Zeitpunkt neu erlassen werden müsste, um somit laufend das Verwaltungsrechtsverhältnis zu konkretisieren. Sie dient vielmehr dazu im Sinne von § 16a Nr. 1 TierSchG festgestellte Verstöße zu beseitigen und künftige Verstöße zu verhindern (Bay. VGH, U. v. 10.09.2012 - 9 B 11.1216 -, juris m. w. N.).

41

Insofern kommt es allein darauf an, was durch § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV geregelt wird, wonach jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Die Beurteilung, welche Anforderungen der Gesetzgeber an die Kastenstände hat, stellt sich, wie bereits vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss 3 M 16/13 ausgeführt hat, (allein) als eine Rechtsfrage dar.

42

Die Verordnung richtet sich unmittelbar an die Halter von Nutztieren (§ 4 TierSchNutztV) und bestimmt durch direktes Einwirken auf die Rechtsposition des Tierhalters konkrete Haltungsvoraussetzungen und anlagenbezogene Anforderungen (§§ 3, 21 bis 30 TierSchNutztV; BVerwG, U. v. 30.04.2009 - 7 C 14/08 -, juris). Die tierschutzrechtlichen Vorschriften zur Haltungsanlage und zu den Haltungsbedingungen von Schweinen sind mithin als öffentlich-rechtliche Vorschriften anlagenbezogen und für den Betrieb der Anlage von Bedeutung. Soweit sie Bedingungen für das Halten von Schweinen formulieren, stellen sie Anforderungen an die Anlage (vgl. OVG Lüneburg, U. v., 18.12.2007 - 11 LC 139/06 -, juris; s. hierzu auch: OVG Lüneburg, B. v. 19.12.2013 - 12 LA 72/13 -, juris). Die Anpassungspflichten nach der TierSchNutztV beziehen sich daher auf die Gestaltung der Anlage eines Betriebes im Sinne der Vorhaltung von Haltungseinrichtungen, die für alle dort gehaltenen Tiere eine tierschutzgerechte Haltung sicherstellen.

43

Mithin soll der streitbefangene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides mit den entsprechenden Vorgaben der Haltungseinrichtungen nach der TierSchNutztV maßgebend die tierschutzgerechte Schweinehaltung allein anlagenbezogen herstellen, um jeweils unabhängig von der aktuellen Tierhaltung sicherzustellen, dass jedwede Haltung von Schweinen zu jeder Zeit in der Anlage durch die vorhandenen Haltungseinrichtungen (Kastenstände) tierschutzgerecht ohne Unterbrechung im Rahmen der ständig aufeinanderfolgenden Zucht- und Haltungszyklen künftig auf Dauer erfolgt, so dass es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf ankommt und keiner neuen Verfügung bedarf, wenn sich die Klägerin nach Erlass der streitbefangenen Bescheide eventuell irgendwann zwischenzeitlich tierschutzgerecht verhalten haben sollte, sie sich aber im Ergebnis einer Nachkontrolle wiederum an den tierschutzrechtlichen Anordnungen gemessen hinsichtlich ihrer Haltungseinrichtungen tierschutzwidrig verhalten haben sollte.

44

Das vom Beklagten bereits zum Beschwerdeverfahren 3 M 16/13 MD vorgelegte Fotomaterial belegt - so auch vom Oberverwaltungsgericht im vorgenannten Beschluss entschieden -, dass die Klägerin die sie unmittelbar verpflichtenden vorgenannten Vorgaben an die Gestaltung der Kastenstände nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV zum Nachteil der in ihrem Betrieb gehaltenen Schweine tierschutzwidrig nicht einhält, indem in Kastenständen Schweine gehalten werden, die von der Größe so beschaffen sind, dass den Tieren die „Bewegungsfreiheit“ nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV fehlt, weil sie den Kasten vollkommen „ausfüllen“ und sie auch Verletzungen in der vorgenommenen Kastenhaltung aufweisen. Die gesetzgeberische Absicht der Kastenhaltung im Rahmen des § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV soll aber gerade auch dazu dienen, Tiere vor Verletzungen zu schützen.

45

So hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss 3 M 40/13 vom 08.04.2013 (juris) u. a. ausgeführt:

46

„Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, das Verwaltungsgericht sei wegen der Anordnung zu den Kastenständen zu Unrecht davon ausgegangen, den Sauen sei es wegen der zu geringen Abstände nicht möglich, sich ungehindert hinzulegen, aufzustehen, zu liegen und sich auszustrecken. Sein Einwand, er habe bereits mit der Antragsbegründung Fotografien vorgelegt, die belegten, dass die Kastenstände ausreichend bemessen seien, greift nicht durch. Der Senat misst diesen Fotografien keinerlei Beweiswert zu. Es ist nicht erkennbar, wann die Fotografien gefertigt worden sein sollen. Ferner geben sie nur Aufschluss über die Haltungsbedingungen einzelner Tiere und lassen keinen Rückschluss darauf zu, ob allen Tieren genügend Platz zur Verfügung steht, um sich ungehindert hinzulegen, aufzustehen, zu liegen und sich auszustrecken. Die vom Antragsgegner anlässlich der Kontrolle vom 17. bis 19. September 2012 gefertigten Lichtbilder belegen demgegenüber, dass den Tieren in den Kastenständen nicht genügend Platz zur Verfügung gestanden hat, um sich ungehindert hinzulegen und auszustrecken, weil die Tiere liegend gegen die Kastenstände anstoßen und mit ihren Gliedmaßen unter den Gitterstäben hindurch hinausragen.

(...)

47

Der Einwand, Kastenstände mit einer Breite von mehr als 90 cm erhöhten „erfahrungsgemäß“ die Verletzungsgefahr für die Tiere erheblich, so dass eine Vergrößerung der Kastenstände aus Tierschutzgründen (!) nicht zulässig sei, erscheint abwegig. Dass es einen veterinärmedizinischen Erfahrungssatz des von der Antragstellerin behaupteten Inhalts gibt, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Die Einhaltung des Gebots, Schweine in Einzelhaltung so zu halten, dass sie sich jederzeit ungehindert umdrehen können (§ 26 Abs. 4 Satz 2 TierSchNutztV), dient dem Schutz der Tiere; nicht deren Verletzung.“

48

Danach hängt die Unterbringung der Schweine in der Kastenhaltung nicht davon ab, wie sie vermessen werden, sondern davon, ob sie nach den vorgenannten tierschutzrechtlichen Anforderungen in dem jeweiligen Kastenstand entsprechend des § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV tierschutzgerecht untergebracht sind.

49

Die „Vermessung“ ist mithin allenfalls nur geeignet und erforderlich in den Fällen, in denen die Schweine nicht bereits durch Augenschein erkennbar sich in einem Kastenstand aufhalten, der den vorgenannten Anforderungen nicht entspricht. Die Vermessung betrifft daher allenfalls nur „Zweifelsfälle“, bei denen nicht gleich feststellbar ist, ob das Verhältnis zwischen der Größe des Schweines und seinem konkreten Aufenthalt in einem bestimmten Kastenstand tierschutzgerecht nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV erfolgt. Daher kann eine Vermessung auch nur als „Folgemaßnahme“ zur Kontrolle dienen, ob die von Anfang an dem Betrieb obliegenden tierschutzrechtlichen Verpflichtungen zur tierschutzgerechten Haltung von Schweinen in Kastenständen erfüllt sind.

50

Die Vermessung durch das „Stockmaß“ ist dabei eine gerechtfertigte Feststellung der Größe der Tiere zur Bemessung des tierschutzgerechten Aufenthaltes in dem jeweiligen Kastenstand, wie das das Oberverwaltungsgericht in seinem bereits zitierten Beschluss 3 M 16/13 ausgeführt hat.

51

Selbst wenn es bei früheren Kontrollen von Mitarbeitern des Beklagten zu „falschen“ Stockmaßmessungen gekommen sein sollte, kommt es darauf nicht an, weil es nach allem bereits ausreicht, dass, belegt schon durch ein Tier, die Klägerin im Rahmen des Zucht- und Haltungszyklusses nicht für alle einzeln in Kastenständen gehaltene Tiere Kastenstände vorhält, die den Anforderungen des 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV entsprechen.

52

Dem entsprechen rechtlich bedenkenfrei die Zwangsgeldandrohungen. Denn der Beklagte durfte - wie dargelegt - nach den Erfahrungen vor Erlass der Anordnungen davon ausgehen, nur auf diesem Wege eine Durchsetzung der entsprechenden Anordnungen sicherstellen zu können, weil die Klägerin, wie bereits ausgeführt, daher zu Recht in dem Bescheid vom 26.11.2012 berücksichtigt, die entsprechenden tierschutzrechtlichen Verpflichtungen bisher missachtet hat (zur Anfechtung gesetzeskonkretisierender Verwaltungsakte siehe auch: VG Bayreuth, U. v. 31.07,2012 – B 1 K 12.138, juris m.w.N.)

53

Gegen den Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt ist zudem hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung, beruhend auf den §§ 53, 54, 56 und 59 SOG-LSA, rechtlich nichts zu erinnern.

54

Auch sonst bestehen gegen den streitbefangenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides keine rechtlichen Bedenken. Die Maßnahme erweist sich als geeignet, um eine den gesetzlichen Anforderungen widersprechende Tierhaltung zu unterbinden.

55

Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 24.02.2014 gestellten Beweisanträge zu A Nr. 1 bis 19 und zu C Nr. 1 und 2 führen zu keiner anderen Entscheidung.

56

Der Beweisantrag A.1. kann als wahr unterstellt werden, da es – wie schon in dem Urteil ausgeführt – nicht auf in der Vergangenheit geforderte Kastenmaße ankommt, sondern allein auf die ausschließlich die Haltungseinrichtung betreffende Rechtsfrage der rechtlich tatsächlich erforderlichen Gestaltung von Kastenständen im Rahmen der Haltung von Schweinen nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV.

57

Die Beweisanträge A.2 – A.4 sind bezüglich der Körperhöhe der Schweine tierbezogen und – wie schon im Urteil ausgeführt – nicht beweisgeeignet im Hinblick auf die erforderliche tierschutzgerechte Haltungseinrichtung in Form der Gestaltung der Kastenstände.

58

Die Beweisanträge A.5 – A.9 sind bezüglich der Bewegungsfreiheit der Tiere (Fixierung/Umdrehen) – wie schon im Urteil ausgeführt – nicht beweisgeeignet, da das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss 3 M 40/13 vom 08.04.2013 (juris) u. a. ausgeführt hat:

59

„Der Einwand, Kastenstände mit einer Breite von mehr als 90 cm erhöhten „erfahrungsgemäß“ die Verletzungsgefahr für die Tiere erheblich, so dass eine Vergrößerung der Kastenstände aus Tierschutzgründen (!) nicht zulässig sei, erscheint abwegig. Dass es einen veterinärmedizinischen Erfahrungssatz des von der Antragstellerin behaupteten Inhalts gibt, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Die Einhaltung des Gebots, Schweine in Einzelhaltung so zu halten, dass sie sich jederzeit ungehindert umdrehen können (§ 26 Abs. 4 Satz 2 TierSchNutztV), dient dem Schutz der Tiere; nicht deren Verletzung.“

60

In diesem Zusammenhang hat der Tierhalter selbstverständlich auch für die tierschutzgerechte Reinhaltung der in den Kastenständen gehaltene Schweine, gerade auch zur Vermeidung von Infektionen zu sorgen, wobei wirtschaftliche Aufwendungen in diesem Zusammenhang dem Tierschutzrecht fremd sind.

61

Der Beweisantrag A.10 wird als wahr unterstellt.

62

Bezüglich der Beweisanträge A.11 – A.13 wird auf die vorgenannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt verwiesen. Sie stellen sich im Übrigen als Ausforschungsbeweis dar.

63

Der Beweisantrag A.14 ist nicht beweisgeeignet, da es in dem hier streitigen Fall um die Haltung von Schweinen in Kastenständen und nicht um Gruppenhaltung geht.

64

Der Beweisantrag zu A.15 ist nicht beweisgeeignet, da es im Hinblick auf den Beweisantrag zu A.14 nicht darauf ankommt, welches Sozialverhalten Schweine in der Gruppe zeigen, sondern bei in Kastenständen gehaltenen Schweinen allein maßgebend - wie im Urteil ausgeführt ist - ist, ob der Kastenstand, in dem das Schwein gehalten wird, als Haltungseinrichtung tierschutzgerecht ist, unabhängig davon wie dann ein in einem tierschutzgerechten Kastenstand ein Schwein ein sozialgerechtes Verhalten zeigen kann.

65

Der Beweisantrag zu A.16 – A.17 ist nicht beweisgeeignet, da - wie im Urteil ausgeführt - die Unterbringung der Schweine in der Kastenhaltung nicht davon abhängt, wie sie vermessen werden, sondern davon, ob sie nach den vorgenannten tierschutzrechtlichen Anforderungen in dem jeweiligen Kastenstand entsprechend des § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV tierschutzgerecht untergebracht sind. Die „Vermessung“ ist mithin allenfalls nur geeignet und erforderlich in den Fällen, in denen die Schweine nicht bereits durch Augenschein erkennbar sich in einem Kastenstand aufhalten, der den vorgenannten Anforderungen nicht entspricht. Die Vermessung betrifft daher allenfalls nur „Zweifelsfälle“, bei denen nicht gleich feststellbar ist, ob das Verhältnis zwischen der Größe des Schweines und seinem konkreten Aufenthalt in einem bestimmten Kastenstand tierschutzgerecht nach § 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV erfolgt. Daher kann eine Vermessung auch nur als „Folgemaßnahme“ zur Kontrolle dienen, ob die von Anfang an dem Betrieb obliegenden tierschutzrechtlichen Verpflichtungen zur tierschutzgerechten Haltung von Schweinen in Kastenständen erfüllt sind.

66

Die Vermessung durch das „Stockmaß“ ist dabei eine gerechtfertigte Feststellung der Größe der Tiere zur Bemessung des tierschutzgerechten Aufenthaltes in dem jeweiligen Kastenstand, wie das das Oberverwaltungsgericht in seinem bereits zitierten Beschluss 3 M 16/13 ausgeführt hat.

67

Selbst wenn es bei früheren Kontrollen von Mitarbeitern des Beklagten zu „falschen“ Stockmaßmessungen gekommen sein sollte, kommt es darauf nicht an, weil es nach allem bereits ausreicht, dass, belegt schon durch ein Tier, die Klägerin im Rahmen des Zucht- und Haltungszyklusses nicht für alle einzeln in Kastenständen gehaltene Tiere Kastenstände vorhält, die den Anforderungen des 24 Abs. 2 Nr. 4 TierSchNutztV entsprechen.

68

Der Beweisantrag zu A.18 ist nicht beweisgeeignet, da allein die Rechtsfrage zu klären ist, wie die Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV bei Kastenständen als Haltungseinrichtung umzusetzen sind. Regelungen anderer Bundesländer sind unabhängig von der Frage des Ausforschungsbeweises nicht anwendbar auch deshalb, weil es keine Gleichheit im Unrecht gibt.

69

Der Beweisantrag zu A.19 ist nicht beweisgeeignet, da kein Anspruch auf Gleichheit im Unrecht unabhängig von der Frage des Ausforschungsbeweises besteht.

70

Der Beweisantrag zu C.1 ist nicht beweisgeeignet, da die in dem Beweisantrag benannten prognostischen Erwartungen eines Beweises nicht zugänglich sind (vgl. VG Münster, U. v. 09.03.2012 - 1 K 2759/11 -, juris).

71

Der Beweisantrag zu C.2 ist nicht beweisgeeignet, da – wie im Urteil bereits ausgeführt – der Bescheid vom 26.11.2012 betreiberunabhängig und rein anlagenbezogen ist.

72

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

73

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

74

Die Berufung ist gemäß der §§ 124a Abs. 1 S.1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Denn die Frage, ob die Prüfung der tierschutzgerechten Haltung von Schweinen in Kastenständen auf der Grundlage des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV nur auf die Gestaltung der Kastenstände hinsichtlich der Zucht- und Haltungszyklen als Haltungseinrichtung bezogen ist oder auch die „Momentaufnahme“ der konkreten Tierhaltung im Einzelfall zu berücksichtigen ist, ist bislang in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht geklärt.


(1) Jungsauen und Sauen dürfen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 5 entsprechen.

(2) Bei Gruppenhaltung muss jede Seite der Bucht mindestens 280 Zentimeter, bei Gruppen mit weniger als sechs Schweinen mindestens 240 Zentimeter lang sein.

(3) Bei Einzelhaltung in einem Kastenstand muss der Liegebereich für Jungsauen und Sauen so beschaffen sein, dass der Perforationsgrad höchstens 7 Prozent beträgt. Satz 1 gilt nicht für Teilflächen

1.
im vorderen Teil des Liegebereichs bis zu 20 Zentimeter ab der Kante des Futtertroges und
2.
im hinteren Drittel des Liegebereichs,
durch die Restfutter fallen oder Kot oder Harn durchgetreten werden oder abfließen kann. Der Kastenstand muss so beschaffen sein, dass dem Schwein eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche zur Verfügung steht, die eine Länge von mindestens 220 Zentimetern aufweist.

(4) Eine Abferkelbucht, in der sich die Jungsau oder Sau frei bewegen kann, muss eine Bodenfläche von mindestens sechseinhalb Quadratmetern aufweisen und der Jungsau oder Sau ein ungehindertes Umdrehen ermöglichen. Eine Abferkelbucht muss ferner so angelegt sein, dass hinter dem Liegebereich der Jungsau oder der Sau genügend Bewegungsfreiheit für das ungehinderte Abferkeln sowie für geburtshilfliche Maßnahmen besteht.

(5) Fress-Liegebuchten für die Gruppenhaltung von Jungsauen und Sauen müssen so angelegt und beschaffen sein, dass

1.
die Tiere die Zugangsvorrichtung zu den Buchten selbst betätigen und die Buchten jederzeit aufsuchen und verlassen können,
2.
der Boden ab der buchtenseitigen Kante des Futtertroges mindestens 100 Zentimeter weit als Liegebereich nach § 22 Absatz 3 Nummer 8 ausgeführt ist und
3.
bei einseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite hinter den Fress-Liegebuchten mindestens 160 Zentimeter oder bei beidseitiger Buchtenanordnung die Gangbreite zwischen den Fress-Liegebuchten mindestens 200 Zentimeter beträgt.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Ein Wirbeltier darf nur unter wirksamer Schmerzausschaltung (Betäubung) in einem Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

(1a) Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regelmäßig Wirbeltiere zum Zweck des Tötens betäuben oder töten, haben gegenüber der zuständigen Behörde einen Sachkundenachweis zu erbringen. Wird im Rahmen einer Tätigkeit nach Satz 1 Geflügel in Anwesenheit einer Aufsichtsperson zum Zweck des Tötens betäubt oder getötet, so hat außer der Person, die die Tiere betäubt oder tötet, auch die Aufsichtsperson den Sachkundenachweis zu erbringen. Werden im Rahmen einer Tätigkeit nach Satz 1 Fische in Anwesenheit einer Aufsichtsperson zum Zweck des Tötens betäubt oder getötet, so genügt es, wenn diese den Sachkundenachweis erbringt. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für das Betäuben zum Zweck des Tötens und das Töten von Wirbeltieren, die zur Verwendung in Tierversuchen bestimmt sind oder deren Organe oder Gewebe dazu bestimmt sind, zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet zu werden.

(2) Für das Schlachten eines warmblütigen Tieres gilt § 4a.

(3) Für das Töten von Wirbeltieren, ausschließlich um ihre Organe oder Gewebe zu wissenschaftlichen Zwecken zu verwenden, gilt § 7a Absatz 2 Nummer 1 entsprechend. Hunde, Katzen und Primaten dürfen zu wissenschaftlichen Zwecken nur getötet werden, soweit sie entweder für einen solchen Zweck oder für eine Verwendung in Tierversuchen gezüchtet worden sind. Abweichend von Satz 2 kann die zuständige Behörde, soweit es mit dem Schutz der Tiere vereinbar ist, das Töten von Tieren, die nicht nach Satz 2 gezüchtet worden sind, genehmigen, soweit

1.
nach Satz 2 gezüchtete Tiere mit den Eigenschaften, die für den jeweiligen Zweck erforderlich sind, nicht zur Verfügung stehen oder
2.
die jeweiligen wissenschaftlichen Zwecke die Verwendung von Tieren erforderlich machen, die nicht nach Satz 2 gezüchtet worden sind.

(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung

1.
bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder
2.
bei den Nachkommen
a)
mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten,
b)
jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
c)
die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.

(2) Die zuständige Behörde kann das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen, soweit züchterische Erkenntnisse oder Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass deren Nachkommen Störungen oder Veränderungen im Sinne des Absatzes 1 zeigen werden.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für durch Züchtung oder biotechnische Maßnahmen veränderte Wirbeltiere, die für wissenschaftliche Zwecke notwendig sind.

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
die erblich bedingten Veränderungen und Verhaltensstörungen nach Absatz 1 näher zu bestimmen,
2.
das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen und Linien zu verbieten oder zu beschränken, wenn dieses Züchten zu Verstößen gegen Absatz 1 führen kann.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Statusverfahren über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft. Im Zentrum steht die Frage, ob die Fortgeltung der Regelung zur Drittel-Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ("drittelparitätische Mitbestimmung") für sogenannte Alt-Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) mit der Verfassung noch vereinbar ist, nachdem seit dem Jahr 1994 solche neu in das Handelsregister eingetragenen "kleinen Aktiengesellschaften" von dieser drittelparitätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat freigestellt sind.

2

1. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens ist ein mittelständisches Unternehmen, das im Juni 1989 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet worden ist. Nach dem im Gründungszeitpunkt der Antragsgegnerin geltenden § 76 BetrVG 1952 war grundsätzlich ein drittelparitätisch besetzter Aufsichtsrat zu bilden. Die Vorschrift lautete auszugsweise:

3

Absatz 1:

Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien muss zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. …

Absatz 6:

Auf Aktiengesellschaften, die Familiengesellschaften sind und weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, finden die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat keine Anwendung. …

4

Unternehmen, die in der Rechtsform der GmbH betrieben wurden, unterlagen gemäß § 77 BetrVG 1952 nur dann der drittelparitätischen Mitbestimmung, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigten. Diese Konzeption beruhte auf dem Leitbild des Gesetzgebers, dass kleinere und mittelständische Unternehmen als kapitalgesellschaftliche Rechtsform die GmbH in Anspruch nehmen sollten, große Unternehmen hingegen die der Aktiengesellschaft (vgl. BTDrucks12/6721, S. 5, 11). Für eine drittelparitätische Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft bestand im Gesetzgebungsverfahren zu § 76 BetrVG 1952 parteiübergreifend Einvernehmen. Es wurde lediglich darüber gestritten, ob die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat über die drittelparitätische Mitwirkung hinaus paritätisch erfolgen sollte (vgl. Antrag der Fraktion der CDU/CSU, in: BTDrucks 1/970, S. 14, 24; Regierungsentwurf, in: BTDrucks 1/1546, S. 28, 64; Bericht des Ausschusses für Arbeit, BTDrucks 1/3585, S. 16 ff., 33 f.).

5

Mit Wirkung zum 10. August 1994 wurde § 76 Abs. 6 BetrVG 1952 durch das "Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts" geändert. § 76 Abs. 6 BetrVG 1952 lautete fortan:

6

Auf Aktiengesellschaften, die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, finden die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat keine Anwendung; für Aktiengesellschaften, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden sind, gilt dies nur, wenn sie Familiengesellschaften sind.

7

Mit diesem Gesetz sollte die Rechtsform der Aktiengesellschaft auch für mittelständische Unternehmen attraktiver werden. Dazu sollte die kleine Aktiengesellschaft wie die kleine GmbH von der Mitbestimmung im Aufsichtsrat freigestellt werden (vgl. BTDrucks 12/6721, S. 5 f., 11).

8

Die Regelung in § 76 Abs. 6 BetrVG 1952 wurde schließlich durch das "Zweite Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat" unverändert und ohne weitere Thematisierung im Gesetzgebungsverfahren in das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Drittelbeteiligungsgesetz übernommen (vgl. BTDrucks 15/2542, S. 11). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1Satz 1 DrittelbG haben die Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat nur dann, wenn die Gesellschaft in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Aufsichtsrat muss dann gemäß § 4 Abs. 1 DrittelbG zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen. Hingegen besteht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1Satz 2 DrittelbG ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat auch in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmern, wenn die Gesellschaft vor dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragen worden ist und keine Familiengesellschaft ist.

9

Diese Vertrauensschutzregelung für vor dem 10. August 1994 eingetragene Alt-Gesellschaften gilt neben der Aktiengesellschaft nur für die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), nicht aber für die anderen in § 1 Abs. 1 DrittelbG genannten Rechtsformen von Unternehmen, so auch nicht für die GmbH.

10

2. Der Beschwerdeführer, der Antragsteller des Ausgangsverfahrens war, besitzt spätestens seit dem Jahr 2009 100 Aktien der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens. Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin besteht derzeit aus sechs Personen, von denen vier von der Anteilseigner- und zwei von der Arbeitnehmerseite entsandt werden. Die Anzahl der bei der Antragsgegnerin beschäftigten Arbeitnehmer erreicht nicht die Zahl von mehr als 500 Arbeitnehmern im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG. Als vor dem 10. August 1994 gegründete sogenannte Alt-Aktiengesellschaft hat die Antragsgegnerin gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG dennoch den Arbeitnehmern ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat einzuräumen.

11

Der Beschwerdeführer hält es für verfassungswidrig, dass für die Antragsgegnerin dauerhaft die drittelparitätische Mitbestimmung gilt. Unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG würden Alt- und Neu-Aktiengesellschaften ungleich behandelt. Die nach dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaften müssten erst dann den Arbeitnehmern im Aufsichtsrat ein Mitbestimmungsrecht einräumen, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigten. Der Beschwerdeführer strengte deshalb ein Statusverfahren nach den §§ 98 f. AktG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin an. Er wollte festgestellt wissen, dass für die Antragsgegnerin die Verpflichtung zur Bildung eines drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrats gemäß § 4 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbGnicht bestehe. Das Verfahren sei auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG vom 18. Mai 2004 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sei, als gemäß Nr. 1 Satz 2 der Vorschrift Aktiengesellschaften, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden und keine Familiengesellschaften seien, auch dann einen drittelparitätischen Aufsichtsrat bilden müssten, wenn sie in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmer hätten.

12

Das Landgericht wies den Antrag zurück. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers blieb beim Oberlandesgericht ohne Erfolg; dieses änderte lediglich die Kostenentscheidung ab (veröffentlicht in NZG 2011, S. 1152 ff.; zustimmend besprochen von Lutter, EWiR 2011, S. 637; Imhof, GWR 2011, S. 494). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG sei verfassungsgemäß. Deshalb bestehe keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Montanmitbestimmungsentscheidung vom 2. März 1999 (BVerfGE 99, 367) festgestellt, dass unterschiedliche Regelungen für Neu- und Alt-Fälle auch vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt sein könnten. Danach sei der Zweck, schon früher montan-mitbestimmte Unternehmen in der bewährten Mitbestimmungsform zu halten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Ermessensspielraums. Die Ungleichbehandlung zwischen Alt- und Neu-Aktiengesellschaften sei sachlich gerechtfertigt. Ziel der Änderung der Mitbestimmungsregeln sei es gewesen, die Attraktivität kleiner, neu zu gründender Aktiengesellschaften zu erhöhen. Dass sich die Änderung nur auf neu zu gründende Aktiengesellschaften habe auswirken sollen, sei vor dem Hintergrund der Bestandsschutzinteressen der Alt-Aktiengesellschaften und deren Arbeitnehmern angemessen. Bei den Alt-Aktiengesellschaften könne durch eine Änderung der Mitbestimmungsregeln der Betriebsfrieden nachhaltig gestört werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei der Vertrauens- und Bestandsschutz aber ein wichtiger Grund, der eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne. Dass es sich bei der Bestimmung des Drittelbeteiligungsgesetzes um keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung handele, zeige sich hier exemplarisch darin, dass nicht einmal die Antragsgegnerin selbst Interesse daran habe, von der drittelparitätischen Mitbestimmung abzugehen. Die Interessen der Aktionäre seien auch im Hinblick auf Art. 14 GG nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt, zumal sich der Beschwerdeführer in Kenntnis der drittelparitätischen Mitbestimmungsvorschriften an der Antragsgegnerin beteiligt habe.

II.

13

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung seiner Anträge durch das Landgericht und das Oberlandesgericht. Er meint, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG und die auf dieser Vorschrift beruhenden angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinen Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.Er macht unter anderem geltend, durch die Stichtagsregelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG würden sogenannte kleine Neu- und Alt-Aktiengesellschaften und ihre jeweiligen Anteilseigner hinsichtlich der Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat ohne tragfähigen Grund ungleich behandelt, da für Alt-Aktiengesellschaften die drittelparitätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat dauerhaft und voraussetzungslos perpetuiert werde. Die Alt-Aktiengesellschaften würden so im Wettbewerb um Eigenkapital im Vergleich zu mitbestimmungsfreien Neu-Aktiengesellschaften spürbar benachteiligt. Die Anteilseigner könnten dort nur in geringerem Maße auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit mittelbar auf diejenige des Vorstands sowie auf die Leitung der Gesellschaft Einfluss nehmen. Des Weiteren werde eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Alt-Aktiengesellschaften im Vergleich zu den Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit weniger als 500 Arbeitnehmern perpetuiert, die ebenfalls nicht der drittelparitätischen Mitbestimmung unterlägen.

III.

14

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Entscheidungen gegen die als verletzt gerügten verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers verstoßen könnten, sind auf Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde nicht ersichtlich.

15

1. Die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers durch das Landgericht sowie seiner sofortigen Beschwerde durch das Oberlandesgericht ist auf der gegebenen gesetzlichen Grundlage von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht hat nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG zutreffend entschieden, dass die Antragsgegnerin als vor dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft dauerhaft und unabhängig von der Zahl der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer der drittelparitätischen Mitbestimmung unterliegt.

16

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde mittelbar gegen die den fachgerichtlichen Entscheidungen zugrunde liegende Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG selbst richtet, erweisen sich die erhobenen Einwände ebenfalls als unbegründet. Die Norm ist mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers auf Eigentum vereinbar (Art. 14 Abs. 1 GG). Als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums trägt sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung und ist gleichheitsgerecht (Art. 3 Abs. 1 GG) ausgestaltet.

17

a) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG berührt den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

18

aa) Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Eigentum. Dazu gehört auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist. Der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst die Substanz dieses Anteilseigentums in seiner mitgliedschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 42, 263 <295> - "Contergan"; 50, 290 <339 ff.> - "Mitbestimmung"; 132, 99 <119> - "Delisting").

19

Das Anteilseigentum ist in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und in seinem vermögensrechtlichen Element gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum (vgl. BVerfGE 14, 263 <276 f., 278> - "Feldmühle"; 25, 371 <407> - "RheinStahl"; 50, 290 <341 ff.> - "Mitbestimmung"). Neben dem Sozialordnungsrecht bestimmt und begrenzt das Gesellschaftsrecht die Rechte des Anteilseigners. Dieser kann sein Eigentum regelmäßig nicht unmittelbar nutzen und die mit ihm verbundenen Verfügungsbefugnisse wahrnehmen, sondern er ist hinsichtlich der Nutzung auf den Vermögenswert beschränkt, während ihm Verfügungsbefugnisse - abgesehen von der Veräußerung oder Belastung - nur mittelbar über die Organe der Gesellschaft zustehen.

20

Im Aktienrecht ist der zwingende Grundsatz der Fremdorganschaft von Bedeutung. Die eigenverantwortliche Nutzung des von den Anteilseignern zur Verfügung gestellten Kapitals ist dem Vertretungs- und Leitungsorgan übertragen (§ 76 Abs. 1 AktG). Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AktG werden die Mitglieder des Vorstandes vom Aufsichtsrat bestellt. Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung des Vorstandes (§ 111 Abs. 1 AktG), wobei bestimmte Geschäfte gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG seiner Zustimmung bedürfen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden nach § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG von den Aktionären in der Hauptversammlung gewählt, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz zu wählen sind.

21

bb) Die in der Aktienbeteiligung des Beschwerdeführers verkörperte mitgliedschaftsrechtliche Herrschaftskomponente wird durch die angegriffene Regelung tangiert. Die Rechtsposition des Aktionärs, unmittelbar auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit mittelbar auf die Besetzung des Vorstandes und - soweit gesellschaftsrechtlich vorgesehen - die Leitung der Aktiengesellschaft Einfluss zu nehmen, wird auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG jedenfalls teilweise eingeschränkt. Denn aufgrund der dauerhaften drittelparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer können von den Aktionären nur zwei Drittel der Aufsichtsratsmitglieder in der Hauptversammlung gewählt werden, während in einer nach dem 10. August 1994 ins Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaft mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG) die Aktionäre sämtliche Aufsichtsratsmitglieder wählen können.

22

b) Bei der Vorschrift zur Fortgeltung der drittelparitätischen Mitbestimmung für sogenannte kleine Alt-Aktiengesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG) handelt es sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 und 2 GG. Die Vorschrift genügt den Anforderungen, die bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 GG an einen gerechten Interessenausgleich zu stellen sind.

23

aa) Der Gesetzgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, hat dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) Rechnung zu tragen. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (vgl. BVerfGE 75, 78 <97 f.>; 110, 1 <28>).

24

Die Grenzen der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sind indessen nicht für alle Sachbereiche gleich. Die Reichweite des Schutzes der Eigentumsgarantie bemisst sich zum einen danach, welche Befugnisse einem Eigentümer zum Zeitpunkt der gesetzgeberischen Maßnahme konkret zustehen. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Zum anderen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht (vgl. nur BVerfGE 50, 290 <340 f.>; 70, 191 <201>; 102, 1 <16 f.>; je mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird darüber hinaus insbesondere durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt, in denen Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden (vgl. BVerfGE 24, 367 <389>; 52, 1 <30>; 70, 191 <201>; 112, 93 <110>). Darüber hinaus ist er an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als allgemeines rechtsstaatliches Prinzip auch bei der inhaltlichen Festlegung von Eigentümerbefugnissen und -pflichten gebunden (vgl. BVerfGE 21, 73 <84>; 34, 139 <146>; 37, 132 <143>; 49, 382 <395>; 87, 114 <139>; 102, 1 <16 f.>).

25

bb) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 DrittelbG dienen jeweils einem legitimen Regelungsziel. Durch § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG soll die Rechtsform der Aktiengesellschaft für kleinere Unternehmen attraktiver gemacht werden, um so den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG soll die tradierte Mitbestimmung in den zum Stichtag am 10. August 1994 bereits bestehenden Aktiengesellschaften mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern sichern, also die bis dahin für diese Aktiengesellschaften bestehende Rechtslage aufrechterhalten.

26

cc) § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG ist geeignet und erforderlich, den Gesetzeszweck zu erfüllen.

27

Für die Erreichung des Gesetzeszwecks im Jahre 1994, die Gewinnung von Unternehmen anderer Rechtsformen für die Rechtsform der Aktiengesellschaft, war es nicht erforderlich, die in § 76 Abs. 6 BetrVG 1952, später in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG statuierte drittelparitätische Mitbestimmung der vor dem 10. August 1994 bereits eingetragenen sogenannten kleinen Aktiengesellschaften aufzuheben. Aus der Nichteinbeziehung dieser kleinen Alt-Aktiengesellschaften in die Änderung folgt auch nicht, dass die Regelung zur Verfolgung des ihr zugrunde liegenden Zwecks ungeeignet wäre. Hinsichtlich der objektiven Zwecktauglichkeit ist die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht darauf beschränkt, ob das eingesetzte Mittel schlechthin oder objektiv untauglich ist (vgl. BVerfGE 30, 250 <263> m.w.N.).

28

Nach diesem Maßstab kann die Ungeeignetheit der hier in Rede stehenden Maßnahme nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber durfte bei typisierender Betrachtungsweise davon ausgehen, dass für die Neugründung kleiner Aktiengesellschaften eine Veränderung der Regelungen für die drittelparitätische Mitbestimmung der bereits bestehenden Aktiengesellschaften weder erforderlich noch geboten war. Vielmehr war es zur Erreichung des Gesetzeszwecks ausreichend, nur die nach dem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaften mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern von der drittelparitätischen Mitbestimmung freizustellen.

29

dd) Der Fortbestand der drittelparitätischen Mitbestimmung in einer vor dem 10. August 1994 eingetragenen Aktiengesellschaft mit in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmern (§ 76 Abs. 6 BetrVG 1952, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG) führt für die Aktionäre auch nicht zu einer unangemessenen und unzumutbaren Beeinträchtigung ihres Anteilseigentums. Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind die Intensität sowie die Schwere und Tragweite der Eigentumsbeeinträchtigung von Bedeutung. Diese werden in hohem Maße davon mitbestimmt, ob ein Eingriff in die eigentumsrechtlichen Zuordnungsverhältnisse und die Substanz des Eigentums vorliegt. Daran fehlt es hier jedoch. Vielmehr gilt die seit dem Jahr 1952 bestehende Rechtslage für die vor dem 10. August 1994 eingetragenen Aktiengesellschaften unverändert fort; ein weitergehender Eingriff in die Herrschaftskomponente des Anteilseigentums der Aktionäre über den bereits bestehenden Rechtszustand hinaus ist nicht erfolgt. Dass schon die damalige Drittelmitbestimmung im Aufsichtsrat grundrechtswidrig gewesen sei, macht auch die Verfassungsbeschwerde nicht geltend. Im Übrigen ist auch im Verhältnis zu den sogenannten kleinen Neu-Aktiengesellschaften nicht dargetan oder sonst erkennbar, dass die Anteilseigentümer der kleinen Alt-Aktiengesellschaften unangemessen und unzumutbar benachteiligt würden.

30

(1) Eine nachhaltige Erschwerung der unternehmerischen Entscheidungsabläufe ist in rechtlicher Hinsicht nicht feststellbar. Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats ist in § 108 Abs. 1 AktG geregelt. Der Einfluss der Arbeitnehmervertreter, denen wie jedem Aufsichtsratsmitglied das gleiche Stimmrecht zusteht (Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 108 Rn. 24), auf die Entscheidungen des Aufsichtsrats ist aufgrund ihrer nur drittelparitätischen Vertretung im Fall von widerstreitenden, die mitgliedschaftsrechtliche oder vermögensrechtliche Komponente des Anteilseigentums berührenden Interessen zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignerseite und denen der Arbeitnehmerseite in grundlegenden Fragen regelmäßig nicht ausschlaggebend. Das bedingt, was die Verfassungsbeschwerde verkennt, auch den Unterschied zur Montanmitbestimmungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 99, 367). Bei den dort in Rede stehenden Mitbestimmungsvorschriften bestand der Aufsichtsrat zu gleichen Teilen aus Mitgliedern, die von der Anteilseigner- und der Arbeitnehmerseite bestimmt wurden.

31

(2) Auch in tatsächlicher Hinsicht ist eine besonders nachhaltige Erschwerung der Entscheidungsabläufe nicht feststellbar. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Wettbewerbsnachteile von mitbestimmten kleinen Alt-Aktiengesellschaften gegenüber mitbestimmungsfreien Neu-Aktiengesellschaften bei der Versorgung mit frischem Kapital lediglich behauptet, hat er dies nicht ansatzweise weiter substantiiert. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob mit den pauschal behaupteten Nachteilen überhaupt eine substantielle Veränderung des Anteilseigentums in vermögensrechtlicher Hinsicht oder der mitgliedschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten begründbar wäre.

32

ee) Die vormals in § 76 Abs. 6 BetrVG 1952 und jetzt in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG enthaltene Inhalts- und Schrankenbestimmung ist gleichheitsgerecht ausgestaltet (Art. 3 Abs. 1 GG).

33

(1) Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG bewirkt allerdings eine Ungleichbehandlung von zwei Gruppen kleiner Aktiengesellschaften mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern.

34

Die zur Prüfung stehende Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG unterwirft vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften ausnahmslos der drittelparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, während dies gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG für die nach diesem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaften nur bei einer Beschäftigung von mehr als 500 Arbeitnehmern gilt. Die Folge sind unterschiedliche Maßgaben für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Gesellschaften; diese kann Auswirkungen auf die Unternehmenstätigkeit haben. Allerdings sind die dadurch bewirkten Unterschiede nicht sehr gewichtig. Während bei einer nach dem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaft die Arbeitnehmer kein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat haben, solange die Mindestarbeitnehmerzahl von mehr als 500 Arbeitnehmer nicht erreicht wird, haben bei einer vor dem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaft die Arbeitnehmer zwar immer ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat, stellen aber gemäß § 4 Abs. 1 DrittelbG nur ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder.

35

(2) Diese Verschiedenbehandlung lässt sich jedoch sachlich rechtfertigen.

36

(a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 122, 210 <230>; stRspr). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfGE 116, 164 <180>; 122, 210 <230>). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.). Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>).

37

Für die hier in Rede stehende teilweise Neuregelung der drittelparitätischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer war der Gesetzgeber einerseits nicht nur an das Willkürverbot gebunden. Er unterlag andererseits auch nicht den strengen Bindungen an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Der Umstand, dass die zur Prüfung stehende Regelung zu einer Ungleichbehandlung von juristischen Personen führt, zwingt nicht zur Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabs. Denn bei den von der Regelung betroffenen Aktiengesellschaften tritt das personale Element des Anteilseigentums - auch bei kleineren Aktiengesellschaften - stark zurück. Der personale Gehalt eines solchen in der mitgliedschaftsrechtlichen Komponente durch Fremdorganschaft und dabei ohnehin durch Mehrheitsentscheidungen bestimmten Aktieneigentums ist typischerweise gering (vgl. BVerfGE 50, 290 <342 f.>). Zudem ist zu beachten, dass der Gesetzgeber hier zum Teil gegenläufige Interessen auszugleichen hatte. Auch dies ist für die Konkretisierung des Gleichheitsmaßstabs bedeutsam. Es genügt deshalb, wenn die differenzierende Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG auf hinreichend sachbezogenen, nach Art und Gewicht vertretbaren Gründen beruht.

38

(b) Hieran gemessen ist eine gleichheitswidrige Ausgestaltung der Mitbestimmung nicht feststellbar.

39

Der Gesetzgeber hat bei der mitbestimmungsrechtlichen Gleichstellung der kleinen Aktiengesellschaft mit anderen Rechtsformen ausschließlich danach differenziert, ob durch die Neuregelung für die Belegschaft ein Verlust an Mitbestimmung einhergeht oder nicht und somit den sozialen Frieden im Unternehmen und den Vertrauensschutz der Belegschaft als Differenzierungsgrund herangezogen. Dabei hat er für die Ungleichbehandlung auf einen Stichtag für die Gründung sogenannter kleiner Aktiengesellschaften abgestellt und ist aufgrund der bereits praktizierten Mitbestimmung in den vor dem Stichtag gegründeten Aktiengesellschaften davon ausgegangen, dass ein Fortbestand der Mitbestimmung in diesen Aktiengesellschaften keine Probleme mit sich bringt(BTDrucks 12/7848, S. 9 f.). Damit wirkt sich allein der bloße Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister auf die drittelparitätische Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften aus, die im Übrigen vergleichbar strukturiert sein und gar in einem Konkurrenzverhältnis stehen können. Allerdings hat der Gesetzgeber bei seiner Differenzierung der Kontinuitätswahrung hohen Rang beigemessen und gemeint, schwerwiegende Verzerrungen des Wettbewerbs aufgrund der unterschiedlichen Struktur des Aufsichtsrats, die infolge der von ihm gewählten Stichtagsregelung gilt, nicht besorgen zu müssen.

40

Diese Erwägungen sind tragfähig. So wird auch im überwiegenden Teil des Schrifttums die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG schon nicht problematisiert (Gach, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 1 DrittelbG Rn. 12; Hüffer, in: AktG, 10. Aufl. § 96 Rn. 10, 12; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 96 Rn. 16 f.; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl., § 96 Rn. 6; Simons, in: Hölters, AktG, § 96 Rn. 34; Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 96 Rn. 15; Breuer/Fraune, in: Heidel, AktG, 3. Aufl., § 96 Rn. 8; Oetker, in: ErfK, 13. Aufl. 2013, § 1 DrittelbG Rn. 7; Wißmann, in: Wlotzke/Wißmann/ Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl., Vorbem. Rn. 36; Kleinsorge, in: Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl., § 1 DrittelbG Rn. 3), mitunter mit Verweis auf die vorliegend angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichts ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ausdrücklich verneint (Seibt, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, 5. Aufl. 2012, § 1 DrittelbG Rn. 12). Soweit die Vorschrift teilweise hingegen für rechtspolitisch verfehlt und in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten wird (Büdenbender, ZIP 2000, S. 385<389 ff.>; Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl., § 1 DrittelbG, Rn. 14; Habersack, in: MünchKommAktG, 3. Aufl. 2008, § 96 AktG Rn. 18 Fn. 5; Raiser/Veil, Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz, 5. Aufl., § 1 DrittelbG Rn. 7; Lieb/Jacobs, Arbeitsrecht, 9. Aufl., Rn. 917; Henssler, ZfA 2000, S. 241 <258 ff.>), greifen diese Bedenken, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, nicht durch.

41

(aa) Der Gesetzgeber verstößt mit der von ihm gewählten Stichtagsregelung nicht gegen das Gebot, bei der Regelung eines bestimmten Lebensbereichs die von ihm zugrunde gelegten Grundwertungen folgerichtig durchzuhalten und Ausnahmen nur bei Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes zuzulassen (vgl. BVerfGE 107, 27 <46>; 116, 164 <180 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 123, 1 <19>).

42

Ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit eines solchen Gebots im hier gegebenen Zusammenhang unterliegt es grundsätzlich der Entscheidung des Gesetzgebers, nach welchem System er eine Materie ordnen will. Das Bundesverfassungsgericht kann deshalb eine Regelung nur nach den Maßstäben der Verfassung, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der Systemwidrigkeit für verfassungswidrig erklären (vgl. BVerfGE 59, 36 <49>; 61, 138 <149>; 76, 130 <139 f.>). Hier fehlt es bereits an einer Systemwidrigkeit, da es dem Gesetzgeber nicht darum ging, durch die Änderung des § 76 Abs. 6 BetrVG 1952, der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG, die bestehende Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einzuschränken. Gesetzgeberisches Ziel war es allein, bislang mitbestimmungsfreien Gesellschaften anderer Rechtsformen, insbesondere in der Rechtsform der GmbH, mit weniger als 500 Arbeitnehmern den ebenfalls mitbestimmungsfreien Weg in die Rechtsform der Aktiengesellschaft zu eröffnen und bei den bereits mitbestimmten Gesellschaften aufgrund dieser anderen Ausgangslage den status quo aufrechtzuerhalten (BTDrucks 12/7848, S. 9 f.).

43

(bb) Des Weiteren hat der Gesetzgeber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers für die Verschiedenbehandlung der vor und nach dem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaften nicht die bloße Regelungstradition herangezogen, welche nach der Montanmitbestimmungsentscheidung nicht allein als Legitimationsgrundlage für eine Ungleichbehandlung genügt (BVerfGE 99, 367 <393>). Er ist vielmehr im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative davon ausgegangen, dass sich in den vor dem Stichtag eingetragenen Aktiengesellschaften die Regelung bewährt und dort zu keinen Problemen geführt hat (BTDrucks 12/7848, S. 9 f.), weshalb ihr Fortbestand in diesen Gesellschaften schützenswert sei. Auch wenn sich diese Sichtweise erst im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens als politischer Kompromiss durchgesetzt hat, so ändert dies entgegen der Sichtweise des Beschwerdeführers nichts daran, dass sich der Gesetzgeber damit im Rahmen seiner weiten Einschätzungsprärogative bewegt hat. Eine solche von ihm angenommene langjährige praktische Bewährung der drittelparitätischen Mitbestimmung in einer Aktiengesellschaft mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern bildet einen grundsätzlich tragfähigen Differenzierungsgrund (vgl. BVerfGE 99, 367 <394>), dem der Gesetzgeber insoweit (hinsichtlich der "Alt-Gesellschaften") auch den Vorrang vor seinem mit der Neuregelung (für die "Neu-Gesellschaften") verfolgten Ziel einräumen durfte, die Neugründung "kleiner Aktiengesellschaften" zu fördern (vgl. Gesetzentwurf, BTDrucks 12/6721, S. 5).

44

(cc) Etwas anderes ergibt sich - abweichend von der Beanstandung des Beschwerdeführers - auch nicht aus dem Umstand, dass für Neu-Aktiengesellschaften die drittelparitätische Mitbestimmung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DrittelbG dynamisch ausgestaltet ist, das heißt eine nach dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft mit mehr als 500 Arbeitnehmern bei einer dauerhaften Unterschreitung der Mitarbeiterschwelle wieder mitbestimmungsfrei wird, unabhängig davon, wie lange sie zuvor der drittelparitätischen Mitbestimmung unterlag. Denn auch diese Gestaltung ist von dem zulässigen Regelungskonzept des Gesetzgebers (vgl. oben aa) gedeckt.

45

(dd) Die vormals in § 76 Abs. 6 BetrVG 1952, jetzt in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG enthaltene Inhalts- und Schrankenbestimmung ist überdies mit Blick auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 DrittelbG, die mitbestimmungsrechtliche Regelung für die sogenannte kleine GmbH, gleichheitsgerecht (Art. 3 Abs. 1 GG).

46

(1) Allerdings bewirkt § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG eine Ungleichbehandlung einer vor dem 10. August 1994 in das Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaft mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern einerseits und einer GmbH mit nicht mehr als 500 Arbeitnehmern, unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem diese in das Handelsregister eingetragen worden ist, andererseits.

47

(2) Auch diese Verschiedenbehandlung lässt sich jedoch auf eine hinreichend sachbezogene, nach Art und Gewicht vertretbare Erwägung stützen. Nach dem im Gründungszeitpunkt der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens im Jahre 1989 geltenden § 77 BetrVG 1952 unterlag eine GmbH nur dann der drittelparitätischen Mitbestimmung, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigte. Dieser Konzeption lag das Leitbild des Gesetzgebers zugrunde, dass kleinere und mittelständische Unternehmen als kapitalgesellschaftliche Rechtsform die GmbH in Anspruch nehmen sollten, große Unternehmen hingegen die der Aktiengesellschaft (BTDrucks 12/6721, S. 5, 11). Diese Rechtslage besteht im Vergleich der kleinen "Alt-Aktiengesellschaft" und der "kleinen GmbH" unverändert bis heute fort. Die Verfassungsbeschwerde verkennt in diesem Zusammenhang, dass sich die von ihr allein angeführte ursprüngliche Ansicht des Gesetzgebers, wonach er ohne Berücksichtigung des Gründungszeitpunkts der Aktiengesellschaft diese unterschiedliche Behandlung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung für nicht begründbar hielt und darin einen nichtauflösbaren Widerspruch erblickte, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wandelte und sich die Erkenntnis durchsetzte, dass sich bezüglich der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zwischen den Alt-Aktiengesellschaften und neuen Aktiengesellschaften sinnvoll differenzieren lasse und für Alt-Aktiengesellschaften eine mitbestimmungsrechtliche Gleichstellung mit Gesellschaften mit beschränkter Haftung gerade nicht erforderlich sei (BTDrucks 12/7848, S. 9 f.). Dagegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) konkurrieren nicht unmittelbar am Kapitalmarkt mit kleinen Aktiengesellschaften um "frisches" Eigenkapital (vgl. Gesetzentwurf, BTDrucks 12/6721, S. 5). Sie finanzieren sich regelmäßig nicht über die Möglichkeit der öffentlichen Einwerbung von Eigenkapital, und ihren Geschäftsanteilen fehlt es an der für die Aktiengesellschaft grundsätzlich charakteristischen hohen Verkehrsfähigkeit der Gesellschaftsanteile. Im Übrigen erläutert auch die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert, wie sich die mitbestimmungsrechtliche Verschiedenbehandlung zwischen kleinen "Alt-Aktiengesellschaften" und Gesellschaften mit beschränkter Haftung gerade insoweit nachteilig auswirken soll.

48

(c) Abschließend ist festzuhalten, dass es sich bei der Fortführung der drittelparitätischen Mitbestimmung für die vor dem 10. August 1994 eingetragene kleine Aktiengesellschaft in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 DrittelbG nicht um eine unverhältnismäßige, gleichheitswidrige Beeinträchtigung des Anteilseigentums des Beschwerdeführers handelt.

49

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

50

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

(1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung

1.
des Vereinsvermögens,
2.
von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in § 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und
3.
von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind,
zu verbinden.

(2) Verbotsbehörde ist

1.
die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken;
2.
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt.
Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zuständig ist. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären.

(3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.

(4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach § 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn

1.
ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht,
2.
die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und
3.
nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids der Bundesnetzagentur, mit dem diese insbesondere die Abschaltung einer Auskunftsrufnummer für die Dauer von drei Jahren anordnete.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb bis zum Erlass des angegriffenen Bescheids der Bundesnetzagentur vom 20. Dezember 2010 unter einer ihr zugeteilten Rufnummer einen Auskunfts- und Weitervermittlungsdienst gemäß § 3 Nr. 2a des Telekommunikationsgesetzes (TKG).

3

Die Bundesnetzagentur stützt die Abschaltung der Rufnummer auf § 67 Abs. 1 Satz 5 TKG. Die Beschwerdeführerin habe die Rufnummer in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig genutzt. Sie habe zunächst die erforderliche Preisansage vor der Weitervermittlung unterlassen. Nachdem dies von der Bundesnetzagentur beanstandet worden sei, habe sie eine Preisansage geschaltet, die den gesetzlichen Anforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht genüge. Die Beschwerdeführerin habe zudem die Rufnummer ohne die erforderliche Preisangabe beworben. Die Anordnung der Abschaltung erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie sei verhältnismäßig; insbesondere stelle die Abschaltung nach derzeitiger Sachlage die einzige wirkungsvolle Möglichkeit dar, um den rechtswidrigen Gebrauch der Rufnummer nachhaltig zu beseitigen.

4

2. Die Beschwerdeführerin erhob noch im Jahr 2010 Widerspruch und stellte wegen der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids gemäß § 137 Abs. 1 TKG beim Verwaltungsgericht Köln einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

5

Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 11. Februar 2011 (1 L 1908/10, juris = CR 2011, S. 303) lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag im Wesentlichen ab. Es ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Beschwerdeführerin lediglich hinsichtlich zweier von der Bundesnetzagentur getroffener Nebenentscheidungen an. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 5 TKG für eine Abschaltungsanordnung vorliegen und die Entscheidung auch im Übrigen rechtmäßig ist.

6

3. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 18. Mai 2011 (13 B 236/11, juris) wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss zurück und beschränkte auf die Anschlussbeschwerde der Bundesrepublik Deutschland die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auf eine der Nebenentscheidungen.

7

Das Oberverwaltungsgericht geht wie das Verwaltungsgericht von der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Abschaltungsanordnung aus. Auf die Beanstandung der Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht habe keine weitergehende Interessenabwägung vorgenommen, führt es aus, ein überwiegendes Aussetzungsinteresse der Beschwerdeführerin sei nicht festzustellen. Die sofortige Vollziehung des Bescheids sei angemessen. Die (weitere) Abwägung von privatem und öffentlichem Interesse könne sich hier von vornherein auf solche Umstände konzentrieren, die die Beschwerdeführerin vorgetragen habe und die Annahme rechtfertigen könnten, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 137 Abs. 1 TKG ausnahmsweise abzuweichen sei. Dabei seien die Folgen, die sich für den einzelnen Antragsteller mit dem Sofortvollzug verbänden, nur insoweit beachtlich, als sie nicht schon regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden hätten. Solche in diesem Sinne qualifizierte Argumente habe die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Ihr Vortrag weise nicht auf besondere Umstände hin, auf Grund derer eine Abwägung zu Gunsten ihrer privaten Interessen ausfallen müsste. Soweit sie erhebliche wirtschaftliche Verluste bei einer sofortigen Vollziehung der Abschaltungsverfügung befürchte, möge dies eine zutreffende Prognose sein. Eine solche Konsequenz wäre aber nur die unmittelbare Folge eines eigenen rechtswidrigen geschäftlichen Handelns, das auch unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG weniger schutzwürdig sei als die insofern vorrangigen Verbraucherinteressen.

II.

8

1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Fachgerichte hätten bei der Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes die Reichweite ihrer Berufsfreiheit verkannt und zum Teil deren Bedeutung übersehen.

9

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen. Dem Land Nordrhein-Westfalen sowie der Bundesnetzagentur wurde Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

III.

10

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Annahme ist insbesondere nicht zur Durchsetzung der Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin angezeigt. Jedenfalls im Hinblick auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts lässt sich nicht feststellen, dass Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verletzt wird.

11

1. Der Umstand, dass der Widerspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 20. Dezember 2010 gemäß § 137 Abs. 1 TKG keine aufschiebende Wirkung hat, sowie die Beschlüsse der Ausgangsgerichte, mit denen die (vollständige) Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO abgelehnt worden ist, greifen selbstständig, das heißt über den mit der Maßnahme als solcher verbundenen Eingriff hinaus, in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin ein. Ihr wird schon vor rechtskräftiger Entscheidung der Hauptsache die Möglichkeit genommen, ihren Auskunfts- und Weitervermittlungsdienst zu betreiben.

12

Ob es sich bei der Rufnummernabschaltung selbst - etwa im Hinblick darauf, dass sich die Beschwerdeführerin noch auf anderen Geschäftsfeldern im Bereich der Telekommunikation betätigt - um eine Berufsausübungsregelung oder - mit Rücksicht auf die nur in begrenztem Umfang zur Verfügung gestellte Zahl von Auskunftsrufnummern - bereits um eine Regelung der Berufswahl handelt, braucht nicht entschieden zu werden. Denn selbst in erstgenanntem Fall läge eine in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommende Berufsausübungsregelung vor.

13

Derartige Beschränkungen sind im Sofortvollzug wie vorläufige Berufsverbote nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfGE 44, 105 <117>). Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus, um die Umsetzung der Maßnahme vor der endgültigen Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. November 2010 - 1 BvR 722/10 -, www.bverfg.de Rn. 12). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung - und Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Aufrechterhaltung des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs (vgl. BVerfGE 69, 220 <228 f.>) - setzt vielmehr voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es auch mit Blick auf die Berufsfreiheit des Betroffenen rechtfertigen, seinen Rechtsschutzanspruch gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Im Falle des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs ist bei der Gesamtwürdigung die gesetzgeberische Entscheidung für den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses zu berücksichtigen. Die Folgen, die sich für den einzelnen Antragsteller mit dem Sofortvollzug verbinden, sind regelmäßig nur dann beachtlich, wenn sie nicht schon als regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, S. 93 <94>).

14

2. Diesen Anforderungen genügt zwar der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht. Er ist jedoch, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, durch die im Ergebnis nicht zu beanstandenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts überholt.

15

a) Das Verwaltungsgericht hat lediglich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache geprüft und - insofern allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise - verneint, aber keine darüber hinausgehende Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen. Hierzu bestand indes Anlass.

16

§ 137 Abs. 1 TKG ordnet den Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen alle telekommunikationsrechtlichen Entscheidungen der Bundesnetzagentur an. Zur Begründung dieser Regelung führt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf - lediglich - an, dass "regelmäßig ein Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verwaltungsakte [der] Bundesnetzagentur besteht" (vgl. BTDrucks 15/2316, S. 101). Eine Konkretisierung dieses Interesses in Bezug auf einzelne Fallgruppen von der Bundesnetzagentur zu treffender Entscheidungen erfolgt nicht. Der gesetzgeberischen Entscheidung lässt sich insbesondere nicht entnehmen - weshalb es auch keiner Entscheidung bedarf, ob dies verfassungsrechtlich hinnehmbar wäre -, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Verfügung der Bundesnetzagentur ausnahmslos das Interesse des Adressaten der Verfügung am Suspensiveffekt überwiegt, selbst wenn bereits aufgrund des Sofortvollzugs die (wirtschaftliche) Existenz des Adressaten vernichtet werden würde.

17

Die Beschwerdeführerin hatte bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung auf die einschneidenden wirtschaftlichen Folgen hingewiesen, die schon der gesetzlich angeordnete Sofortvollzug mit sich bringe, und hierbei auch angeboten, für den Fall, dass das Gericht es für erforderlich halten sollte, ergänzend zu ihrer wirtschaftlichen Situation vorzutragen. Das durfte das Verwaltungsgericht nicht ignorieren.

18

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auf die entsprechende Rüge der Beschwerdeführerin - unter ausdrücklicher Heranziehung einer einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - eine weitere Interessenabwägung vorgenommen, die den sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen genügt. Damit hat es zu erkennen gegeben, dass es die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs schwerwiegender Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht grundsätzlich verkannt hat.

19

Auch wenn das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang lediglich von "erheblichen wirtschaftlichen Verlusten" und nicht von einer Bedrohung der Existenz der Beschwerdeführerin spricht, so ist doch nicht ersichtlich, dass das Gericht die wirtschaftlichen Folgen eines Vollzugs des Bescheids bereits vor dessen Bestandskraft nicht oder in unvertretbarer Weise berücksichtigt hätte. An anderer Stelle, bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Abschaltungsverfügung, spricht es den Gesichtspunkt "einer befürchteten Existenzgefährdung" sogar ausdrücklich an.

20

Dem insbesondere wirtschaftlichen Interesse der Beschwerdeführerin, ihren Auskunfts- und Weitervermittlungsdienst vorläufig weiterhin anbieten zu dürfen, stellt das Oberverwaltungsgericht die Verbraucherschutzinteressen gegenüber, die es als vorrangig ansieht. Zwar führt das Gericht diese Würdigung nicht näher aus. Doch liegen seine diesbezüglichen Erwägungen auf der Hand. Dass der Gesetzgeber dem Verbraucherschutz besonderes Gewicht beimisst, ergibt sich schon daraus, dass er die hier nach der vom Bundesverfassungsgericht in ihrem einfachrechtlichen Ausgangspunkt grundsätzlich hinzunehmenden Auffassung der Bundesnetzagentur und der Ausgangsgerichte als Rechtsgrundlage für die Abschaltung dienende Vorschrift des § 67 Abs. 1 Satz 5 TKG als Soll-Vorschrift ausgestaltet hat. Es ist zudem offensichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht von der Wahrscheinlichkeit ausgeht, dass die Beschwerdeführerin zur Steigerung ihres Umsatzes weiterhin die Rufnummer rechtswidrig nutzen würde. Diese Einschätzung ist angesichts des Verhaltens der Beschwerdeführerin, insbesondere dass sie das Anhörungsschreiben der Bundesnetzagentur vom 27. Oktober 2010 zum Anlass genommen hat, eine - nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Auffassung der Ausgangsgerichte - verwirrende und überlange Preisansage zu schalten, jedenfalls nachvollziehbar.

21

Dass das Oberverwaltungsgericht im Schutz der Verbraucher hier ein besonderes, über die voraussichtliche Rechtmäßigkeit der Abschalteverfügung hinausgehendes Sofortvollzugsinteresse sieht, das die wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin überwiegt, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, da andernfalls den betroffenen Verbrauchern während des womöglich langwierigen Hauptsacheverfahrens zugemutet würde, sie aller Voraussicht nach rechtswidrig belastende Auskunfts- und Vermittlungsdienste der Beschwerdeführerin in Anspruch zu nehmen. Das Ergebnis der Abwägung vermag die Beschwerdeführerin nicht mit ihrem Hinweis zu erschüttern, dass die Verbraucherinteressen "relativ gering" seien. Der hier in Rede stehende Betrag von 3,98 €, den die Verbraucher für das Anhören der Preisansage zu entrichten hatten, dürfte für den einzelnen Verbraucher zwar nicht zu einer erheblichen Belastung führen. Doch ist zum einen die womöglich hohe Zahl der Betroffenen und zum anderen der Umstand zu berücksichtigen, dass dieser Betrag gerade deshalb anfällt, weil die Beschwerdeführerin dem äußeren Anschein nach dem Verbraucherschutz gerecht werden will.

22

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfG abgesehen.

23

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2009 - S 83 KA 673/09 ER - und der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2010 - L 7 KA 169/09 B ER - verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 jeweils in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Februar 2010 - L 7 KA 169/09 B ER - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die sofortige Vollziehung einer Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

2

1. a) Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Sie betreibt in Berlin ein Medizinisches Versorgungszentrum, also eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in denen in das Arztregister eingetragene Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Die Anstellung von Ärzten bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses für Ärzte nach § 95 Abs. 2 Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Das Medizinische Versorgungszentrum wurde im April 2008 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im vierten Quartal 2008 - in diesem Zeitpunkt waren bei der Beschwerdeführerin 14 Ärzte angestellt - traten verschiedene Unregelmäßigkeiten bei der Honorarabrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragstellerin), auf. So wurden für drei Ärzte Positionen der Gebührenordnung abgerechnet, obwohl die Anstellung dieser Ärzte erst zum 1. Januar 2009 genehmigt worden war. Ferner wurden Gebührenpositionen unter der jedem Arzt zugeteilten "lebenslangen Arztnummer" einer nicht im Medizinischen Versorgungszentrum der Beschwerdeführerin beschäftigten Ärztin abgerechnet sowie weitere Abrechnungen unter drei bundesweit nicht vergebenen Arztnummern getätigt. Der Antragstellerin fielen die Fehlabrechnungen auf, so dass es nicht zu einer Auszahlung entsprechender Honorare kam. Die Beschwerdeführerin räumte den Sachverhalt im Wesentlichen ein und erklärte, die Ursachen lägen in einem fehleranfälligen EDV-System, einer unzureichenden Schulung der mit der Abrechnung befassten Mitarbeiter und einer allgemeinen Belastungssituation wegen eines Praxisumzugs. Diese Mängel seien zwischenzeitlich behoben.

3

b) Auf Antrag der Antragstellerin entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte der Beschwerdeführerin gestützt auf § 95 Abs. 6 SGB V die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung, weil sie ihre vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe.

4

c) In der Folgezeit wurde der Widerspruch der Beschwerdeführerin durch den Berufungsausschuss für Ärzte zurückgewiesen und die Zulassung mit Wirkung "ab Zustellung dieses Beschlusses" entzogen. Die sofortige Vollziehung wurde nicht angeordnet. Die Beschwerdeführerin habe ihre vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt, indem sie Ärzte ohne die erforderliche Genehmigung nach § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V beschäftigt und durch Verwendung falscher Arztnummern gegen das Gebot zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen habe. Soweit behauptet werde, es handele sich um bloße technische Abrechnungsfehler, sei dieses Vorbringen nicht überzeugend. Durch die Pflichtverletzungen sei das Vertrauen der Antragstellerin und der Krankenkassen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen so gestört, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit nicht zumutbar sei.

5

d) Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin Klage. Im Hinblick auf deren aufschiebende Wirkung beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Beschwerdeführerin war an diesem gegen den Berufungsausschuss gerichteten Verfahren als Beigeladene beteiligt.

6

Das Sozialgericht gab dem Antrag durch den angegriffenen Beschluss vom 20. November 2009 statt. Voraussetzung für die Anordnung sei, dass der Beschluss offensichtlich rechtmäßig sei und ein öffentliches Interesse bestehe, ihn bereits vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen. Die Anforderungen an das öffentliche Interesse dürften allerdings nicht überspannt werden. Denn die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen eine Zulassungsentziehung habe zur Folge, dass der betroffene Arzt uneingeschränkt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei und das abgerechnete Honorar behalten dürfe. Dem Anreiz, auch gegen ersichtlich rechtmäßige Zulassungsentziehungen zu klagen, um so lange wie möglich Einnahmen zu erzielen, könne und dürfe in eindeutigen Fällen durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegengewirkt werden. Hiervon ausgehend, lägen die Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzugs vor. Die Zulassungsentziehung sei offensichtlich rechtmäßig. Es bestehe auch ein hinreichendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit. Wegen der zerstörten Vertrauensbasis zur Antragstellerin und den Krankenkassen sei es notwendig, dass die Beschwerdeführerin mit sofortiger Wirkung keine weiteren Abrechnungsmöglichkeiten mehr habe. Die Anordnung diene weiter auch dem Interesse der Versichertengemeinschaft, mit ihren Beiträgen einem Leistungserbringer, dem bereits die Zulassung in rechtmäßiger Weise entzogen worden sei, keine weiteren Einkommensmöglichkeiten mehr zu eröffnen. Im Übrigen sehe die Kammer auch die Gefahr, dass die Abrechnungsfehler sich während der Dauer des Gerichtsverfahrens wiederholen könnten, weil die von der Beschwerdeführerin verantwortlich gemachten übereifrigen Mitarbeiter bisher weder entlassen noch sonst von ihren Aufgaben entbunden worden seien. Die Beschwerdeführerin habe nicht vorgetragen, wie sie ihren Pflichten zukünftig besser nachkommen wolle und wer aus dem Gesellschafterkreis oder der Geschäftsführung persönlich für die Einhaltung der notwendigen Abrechnungsstandards garantieren könne und solle.

7

e) Das Landessozialgericht wies die Beschwerde mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 9. Februar 2010 mit der Maßgabe, dass die sofortige Vollziehung mit Wirkung zum 1. April 2010 angeordnet werde, zurück. Ob die sofortige Vollziehung anzuordnen sei, entscheide sich nach Gegenüberstellung der Interessen der Antragstellerin und der Beschwerdeführerin. Je höher die Erfolgsaussichten der Klage seien, umso höher seien auch die Anforderungen an die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Selbst bei einer offensichtlich aussichtslosen Klage sei jedoch ein über den Erlass des Verwaltungsakts hinausgehendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung erforderlich. Hier sei die Klage offensichtlich aussichtslos. Das Sozialgericht habe im Ergebnis zu Recht die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung angeordnet, weil hieran ein besonderes öffentliches Interesse bestehe. Allerdings greife die Anordnung in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin und in die Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG ein. Für die Beschwerdeführerin handele es sich de facto um einen Eingriff in die Berufswahl, weil sie als Gesellschaft mit beschränkter Haftung berufsrechtlich nicht weiterhin als ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft tätig sein könne. Sowohl spezial- als auch generalpräventive Überlegungen könnten in die Prüfung des öffentlichen Interesses einbezogen werden. Die sofortige Vollziehung verfolge in generalpräventiver Hinsicht das Ziel, keinen Anreiz zur Nachahmung zu schaffen und beuge so einer weiteren gesetzwidrigen Entwicklung vor. Im vorliegenden Fall liege das besondere öffentliche Interesse in der konkreten Gefährdung für das wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung. Die Pflicht des Vertragsarztes zur peinlich genauen Abrechnung gehöre zu den essentiellen Grundlagen des Systems der vertragsärztlichen Versorgung. Das - hier gravierend gestörte - Vertrauen der Antragstellerin und der Krankenkassen in die ordnungsgemäße Abrechnung sei von entscheidender Bedeutung, weil ordnungsgemäße Leistungserbringung und Abrechnung lediglich in einem beschränkten Umfang der Überprüfung derjenigen zugänglich seien, die die Gewähr für die Sicherstellung der Versorgung zu tragen hätten. Hinzu komme, dass nach den Besonderheiten des vertragsärztlichen Vergütungswesens unberechtigte Honorarforderungen eines Arztes zu Honorarverlusten bei anderen Ärzten führten. Diese Gefahren würden verwirklicht, dürfte die Beschwerdeführerin auch nur bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Insoweit lasse der Senat offen, ob die eher spezialpräventiven Überlegungen des Sozialgerichts, welches vor allem auf eine Wiederholungsgefahr abgestellt habe, nach dem Beschwerdevorbringen zu den zwischenzeitlich veranlassten Veränderungen - neuer ärztlicher Leiter, neuer Standortmanager, Schulungen aller Mitarbeiter - noch Bestand haben könnten. Denn generalpräventive Erwägungen zur Wahrung der finanziellen Stabilität der vertragsärztlichen Versorgung rechtfertigten die Anordnung der sofortigen Vollziehung, um hierdurch alle anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzte und - in besonderem Maße - Medizinische Versorgungszentren vor ähnlichem Verhalten zu warnen und abzuschrecken. Anlass hierzu sehe der Senat, nachdem ihm aktuell durch mehrere Verfahren, an denen Medizinische Versorgungszentren beteiligt gewesen seien, die enorme Missbrauchsgefahr im Zusammenhang mit der den Medizinischen Versorgungszentren eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten vor Augen geführt worden sei. Diese Gefahren hätten sich vorliegend in exemplarischer Form realisiert. Es werde nicht verkannt, dass der Sofortvollzug für die Beschwerdeführerin schwerwiegende finanzielle Nachteile befürchten lasse. Angesichts des Gewichts der Verfehlungen und der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung müssten diese aber hinter der anderenfalls dringend gefährdeten Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zurückstehen. Allerdings müsse der Beschwerdeführerin eine Auslauffrist zugebilligt werden, innerhalb der die bei ihr angestellten Ärzte die Möglichkeit hätten, begonnene Therapien zumindest zu einem teilweisen Abschluss zu bringen und eine geordnete Überleitung zu einer anderen Behandlung sicherzustellen.

8

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4, jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts und die Entscheidung des Landessozialgerichts, soweit diese den erstinstanzlichen Beschluss bestätigt.

9

3. Der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin, der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin und den im Ausgangsverfahren Beigeladenen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

10

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG: BVerfGE 44, 105<117 ff.>; vgl. zu Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfGE 35, 263<274 f.>; 35, 382 <401 f.>; 93, 1 <13>). Die Verfassungsbeschwerde ist zudem offensichtlich begründet.

11

1. a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das Sozialgericht und der Beschluss des Landessozialgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

12

aa) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der vertragsärztlichen Zulassung greift in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin ein. Die - durch den landessozialgerichtlichen Beschluss bestätigte - Abweichung von der im Gesetz grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) stellt einen selbständigen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfGK 2, 89 <93>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2157/07 -, NJW 2008, S. 1369). Der Beschwerdeführerin wird schon vor der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls die Möglichkeit genommen, sich vertragsärztlich zu betätigen. Damit liegt jedenfalls eine der Berufswahl nahekommende Berufsausübungsregelung vor, die nur zur Sicherung besonders wichtiger Interessen der Allgemeinheit zulässig ist (vgl. BVerfGE 11, 30 <45>; 12, 144 <147>; auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 1998 - 1 BvR 2167/93 u.a. -, juris ).

13

bb) Da die durch den Sofortvollzug bewirkten Beschränkungen angesichts des hohen Anteils der gesetzlich krankenversicherten Patienten einem vorläufigen Berufsverbot zumindest nahekommen, sind sie - wie dieses - nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfGE 44, 105 <117 ff.>). Allein die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht mithin nicht aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung setzt vielmehr voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es auch mit Blick auf die Berufsfreiheit des Betroffenen rechtfertigen, seinen Rechtsschutzanspruch gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfGE 44, 105 <117 f.>; BVerfGK 2, 89 <94>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007, NJW 2008, S. 1369 m.w.N.).

14

cc) Diesen Anforderungen entsprechen die angegriffenen Entscheidungen nicht in jeder Hinsicht.

15

(1) Das Sozialgericht stützt das von ihm angenommene öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung zwar auch auf die Gefahr, dass die Abrechnungsfehler sich während der Dauer des Gerichtsverfahrens wiederholen könnten, und geht damit von einem Aspekt aus, der grundsätzlich geeignet ist, die Anordnung des Sofortvollzugs zu rechtfertigen. Denn mit der Annahme, es seien zwischenzeitlich erneute fehlerhafte Abrechnungen zu befürchten, nimmt das Gericht eine konkrete Gefahr für ein schutzwürdiges Gemeinschaftsgut in den Blick. Die Verlässlichkeit des Abrechnungssystems ist eine der Bedingungen für das Funktionieren der vertragsärztlichen Versorgung und dient damit der Sicherung eines besonders wichtigen Allgemeininteresses, das Beschränkungen des Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich auch im Rahmen des Sofortvollzugs erlaubt (vgl. nur BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Januar 1995 - 1 BvR 2438/94 -, juris ).

16

Soweit das Gericht eine konkrete Gefahr bejaht, fehlt es jedoch an einer ausreichenden, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügenden Abwägung der für beziehungsweise gegen die Verwirklichung einer solchen Gefahr sprechenden Gesichtspunkte. Das Sozialgericht berücksichtigt bei seiner Prüfung ausschließlich die für die Beschwerdeführerin ungünstigen Umstände, während die für sie günstigen Aspekte - wie die Entbindung des Standortmanagers von seiner Funktion und die Beauftragung eines Unternehmens, das die zukünftigen Abrechnungen überprüfen soll - keine Erwähnung finden. Auch die für die Beurteilung einer möglichen Wiederholungsgefahr in der Regel gebotenen Feststellungen dazu, ob seit dem Entzug der Zulassung erneut Abrechnungsfehler aufgetreten sind, fehlen gänzlich.

17

(2) Die Entscheidung des Landessozialgerichts leidet daran, dass das Gericht bei der Prüfung des öffentlichen Interesses für die Anordnung des Sofortvollzugs ein Verständnis von dem Vorliegen einer "konkreten Gefahr" zugrunde legt, das verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht gerecht wird. Das Gericht überdehnt den Begriff in zweifacher Weise. Zum einen begründet es die Notwendigkeit des Sofortvollzugs ausschließlich mit der gebotenen Abschreckungswirkung für andere Vertragsärzte und insbesondere Medizinische Versorgungszentren, sieht also die sofortige Vollziehung als Mittel der Generalprävention. Dabei stützt es sich jedoch auf eine Gefahrenlage, die von der Beschwerdeführerin weder verursacht wurde noch ihr aus sonstigen Gründen zugerechnet werden kann. Somit fehlt es an dem zur Rechtfertigung des Eingriffs notwendigen Zusammenhang zwischen einer weiteren beruflichen Betätigung der Beschwerdeführerin und der Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter. Zum anderen wird selbst im Hinblick auf die anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Medizinischen Versorgungszentren keine konkrete Gefahr von Missständen dargelegt. Das Landessozialgericht beschreibt insoweit nur, unter Bezugnahme auf vergangene, von ihm offenbar bereits entschiedene Fälle, bestimmte Konstellationen, die die abstrakte Gefahr eines Missbrauchs bergen. Solchen Gefahren ist aber nicht durch die Anordnung vorläufiger Berufsverbote oder vergleichbar wirkender Maßnahmen zu begegnen. Vielmehr sind sowohl der Gesetzgeber aufgerufen, einer missbräuchlichen Verwendung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten durch entsprechende Anpassung der zugrunde liegenden Normen entgegenzuwirken, als auch die Verwaltung auf die Einhaltung der geltenden Vorschriften zu achten. Soweit, wie die Antragstellerin behauptet, nur unzureichende Kontrollmöglichkeiten bestehen, sind diese zu verbessern, rechtfertigen aber keine Ausdehnung der gerichtlichen Befugnisse zur Anordnung des Sofortvollzugs.

18

Im Übrigen hat das Landessozialgericht die Nachteile, die der Beschwerdeführerin durch den Sofortvollzug drohen, auch nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Das Gericht spricht lediglich von "schwerwiegenden finanziellen Nachteilen", womit die Bedeutung des schwerwiegenden Eingriffs in die Berufsfreiheit, der einem vorläufigen Berufsverbot gegenüber der Beschwerdeführerin zumindest nahekommt, nur unzureichend zum Ausdruck gebracht wird. Den Interessen der Beschwerdeführerin wird zudem nur pauschal eine dringende Gefahr für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gegenüber gestellt. Eine wertende Gewichtung beider Gesichtspunkte, zu der grundsätzlich auch Feststellungen zur Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gehören müssten, findet nicht statt.

19

b) Zugleich verletzen die Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts das Grundrecht der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

20

Art. 19 Abs. 4 GG gewährt nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Grundrechtsträger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 35, 382 <401 f.>; 93, 1 <13>; stRspr). Der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kommt daher nicht nur die Aufgabe zu, jeden Akt der Exekutive, der in Rechte des Grundrechtsträgers eingreift, vollständig der richterlichen Prüfung zu unterstellen, sondern auch irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>). Allerdings können überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Dabei ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>).

21

Diesen Voraussetzungen genügen die angegriffenen Entscheidungen wegen der unhaltbar begründeten Annahme einer konkreten Gefahr für Gemeinschaftsgüter während der Dauer des Hauptsacheverfahrens und wegen der unzureichenden Abwägung der gegenläufigen Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht.

22

2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

23

Es erscheint angezeigt, gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen. Das dient dem Interesse der Beschwerdeführerin, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten.

24

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 3 des Bescheids des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart vom 14. Mai 2009 - 92-5417-1.5 L...- verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juli 2009 - 11 K 1455/09 - und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. September 2009 - 9 S 1783/09 - verletzen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 12 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. September 2009 - 9 S 1783/09 - wird aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.

2. ...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die sofortige Vollziehung eines Widerrufs der Approbation als Arzt sowie der Rückforderung der Approbationsurkunde.

2

1. a) Der Beschwerdeführer wurde 1980 als Arzt approbiert und betreibt seit 1988 eine allgemeinärztliche Praxis. Im Jahr 2001 ergaben wegen des Verdachts betrügerischer Abrechnungen geführte Ermittlungen, dass der Beschwerdeführer unter anderem Patienten ohne medizinische Indikation und ohne Aufklärung geimpft hatte. Im Juli 2008 wurde der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung in 46 Fällen und wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Juli 2009 trat er die Strafe an, ab August 2009 führte er seine Praxis als Freigänger.

3

b) Mit Bescheid vom 14. Mai 2009 widerrief das Land Baden-Württemberg, der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsgegner), die Approbation des Beschwerdeführers als Arzt und forderte ihn auf, die Approbationsurkunde in Verwahrung zu geben. Die sofortige Vollziehung der Verfügungen wurde angeordnet. Der Approbationswiderruf erfolge wegen der Unwürdigkeit des Beschwerdeführers zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Unwürdig sei ein Arzt, der wegen seines Verhaltens in der Vergangenheit nicht mehr das zur Ausübung des Berufs erforderliche Ansehen und Vertrauen genieße. Die Unwürdigkeit sei vorliegend aufgrund der der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten gegeben. Das Verhalten zeige ein hohes Maß an Gleichgültigkeit und Wertblindheit in Bezug auf Leben und Gesundheit der Patienten. Damit habe der Beschwerdeführer das ihm entgegengebrachte Vertrauen in seine berufliche Integrität grob verletzt. Der daraus resultierende Ansehens- und Vertrauensverlust lasse ihn als untragbar erscheinen.

4

Die sofortige Vollziehung der Verfügungen werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Der Sofortvollzug des Widerrufs einer Approbation wegen Unwürdigkeit erfordere - anders als bei einer Vollzugsanordnung wegen Unzuverlässigkeit - keine Prognose, ob der Betroffene bis zur Rechtskraft des Widerrufs seine Pflichten zuverlässig erfüllen werde, also eine Interimsgefahr von ihm ausgehe. Das Schutzgut des Vertrauens der Öffentlichkeit in den Ärztestand werde nachhaltig geschädigt, wenn ein Arzt bis auf weiteres Heilkunde ausüben dürfte, der rechtskräftig verurteilt sei. Wegen der Unwürdigkeit des Beschwerdeführers verbiete sich aus spezialpräventiven Gründen auch vor Art. 12 GG ein Zuwarten. Würde dem Betroffenen die Möglichkeit einer weiteren Tätigkeit während der langen Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens belassen, obwohl die Voraussetzungen der Widerrufsanordnung erfüllt seien, so bestünde die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen auch unter generalpräventiven Gründen. Das Ansehen der Ärzteschaft und das Vertrauen der Bevölkerung in eine verantwortungsbewusste Behandlung würden irreversibel Schaden nehmen, wenn ein rechtskräftig verurteilter Arzt noch für längere Zeit seinen Beruf ausüben könnte, obwohl seine Unwürdigkeit feststehe. Die gesonderte Verhältnismäßigkeitsprüfung ergebe vorliegend, dass die Versagung der aufschiebenden Wirkung einer Klage nicht unverhältnismäßig sei. Zum einen könne es keinen vernünftigen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs geben. Zum anderen würde das Vertrauen der Bevölkerung empfindlich gestört, wenn eine Behörde bei derartigen Vorkommnissen nicht alles unternehmen würde, einem solchen Arzt umgehend die weitere Berufsausübung zu untersagen, selbst wenn eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen werden könne.

5

c) Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch Beschluss vom 16. Juli 2009 ab. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege das Interesse des Beschwerdeführers, während des Rechtsbehelfsverfahrens von der Vollziehung verschont zu bleiben. Der Approbationswiderruf sei aller Voraussicht nach rechtmäßig. Es werde nicht verkannt, dass im vorliegenden Verfahren nicht allein auf die Erfolgsaussichten der Hauptsache abgestellt werden dürfe. Deshalb werde eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Angesichts der Schwere und der Häufigkeit der Taten gehe die Kammer im Ergebnis davon aus, dass eine weitere Berufstätigkeit als Arzt auch nur für einen Übergangszeitraum konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Schädlichen Wirkungen für das Vertrauen in die Ärzteschaft werde gerade auch schon dadurch begegnet, dass ein Arzt, der sich als unwürdig erwiesen habe, daran gehindert werde, in dem Übergangszeitraum bis zur Rechtskraft der Widerrufsverfügung zu praktizieren.

6

d) Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde durch Beschluss vom 29. September 2009 zurück. Er nahm zunächst auf die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses Bezug und führte weiter aus, das Beschwerdevorbringen führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs sei wegen Art. 12 GG nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordere es jedenfalls dann, wenn die Rechtmäßigkeit der Approbationsentziehung nicht offensichtlich sei, sofort vollziehbare Eingriffe in grundrechtlich gewährte Freiheiten noch einmal einer gesonderten, über die Beurteilung der zugrunde liegenden Verfügung hinausgehenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen. Der Beschwerdeführer sei zum einen der Ausübung des Arztberufs nicht mehr würdig und zum anderen sei wegen der offensichtlichen Rechtmäßigkeit des Approbationswiderrufs wie auch wegen des hohen Ranges, den das ärztliche Vertrauen im Verständnis der Bevölkerung einnehme, auch die Anordnung des Sofortvollzugs rechtmäßig. Die Unwürdigkeit ergebe sich aus den abgeurteilten Straftaten. Eine Unzuverlässigkeit werde dem Beschwerdeführer nicht unterstellt. Die besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung ergebe, dass auch die sofortige Vollziehung zu Recht angeordnet worden sei. Zum einen sei der Widerruf die zwingende Folge der Unwürdigkeit des Beschwerdeführers. Bereits die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Maßnahme erlaube auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit ihre sofortige Vollziehbarkeit (unter Hinweis auf BVerfGK 2, 89 <96>). Zum anderen sei der Sofortvollzug auch zum Schutz des Vertrauens in die Ärzteschaft geboten. Gerade wenn die Feststellung der Unwürdigkeit erst Jahre nach Begehung der Straftaten möglich sei, sei eine rasche Wiederherstellung des Vertrauens in die Ärzteschaft durch Aussprechen der gebotenen Konsequenzen mit sofortiger Wirkung vonnöten.

7

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs seiner Approbation als Arzt und die diese bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen.

8

3. Dem Justizministerium Baden-Württemberg, dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg für den Antragsgegner und der Bundesärztekammer wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

II.

9

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG: BVerfGE 44, 105<117 ff.>; vgl. zu Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfGE 35, 263<274 f.>; 35, 382 <401 f.>; 93, 1 <13>). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

10

1. a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner und die gerichtlichen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

11

aa) Die mit der Aufforderung zur Rückgabe der Approbationsurkunde verbundene Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation greift in die Berufsfreiheit des Beschwerdeführers ein. Die von den Gerichten bestätigte Abweichung von der im Gesetz grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ) stellt einen selbständigen Eingriff dar (vgl. BVerfGK 2, 89 <93>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2157/07 -, NJW 2008, S. 1369). Dem Beschwerdeführer wird schon vor rechtskräftiger Entscheidung der Hauptsache die Möglichkeit genommen, seine Praxis weiter zu führen sowie den Beruf des Arztes überhaupt auszuüben.

12

bb) Ein derartiges präventives Berufsverbot ist nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfGE 44, 105 <117 ff.>). Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung setzt vielmehr voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfGE 44, 105 <117 f.>; BVerfGK 2, 89 <94>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007, a.a.O., S. 1369 m.w.N.).

13

cc) Diesen Anforderungen entsprechen die angegriffenen Entscheidungen nicht in jeder Hinsicht.

14

(1) Weder der Antragsgegner noch die Gerichte haben mit Blick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung eine Abwägung vorgenommen, die dem grundrechtlich geschützten Interesse des Beschwerdeführers an einer weiteren Berufstätigkeit während des Hauptsacheverfahrens gerecht wird. Soweit die erforderliche gesonderte Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt wurde, lassen die angegriffenen Entscheidungen nicht erkennen, dass die Folgen der sofortigen Vollziehung für den Beschwerdeführer mit dem ihnen von Verfassungs wegen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt und gegen das öffentliche Interesse abgewogen wurden.

15

So ist im Bescheid des Antragsgegners zwar festgestellt, die gesonderte Verhältnismäßigkeitsprüfung für den Sofortvollzug des Approbationswiderrufs ergebe, dass die Versagung der aufschiebenden Wirkung einer Klage nicht unverhältnismäßig sei. Die gravierenden, praktisch irreparablen beruflichen Folgen des Sofortvollzugs für den Beschwerdeführer werden in der nachfolgenden Begründung dieser Feststellung aber nicht erwähnt. Dem Bescheid lässt sich mithin nicht entnehmen, dass sie überhaupt den vom Antragsgegner benannten öffentlichen Belangen an einer sofortigen Vollziehung gegenübergestellt und mit einer der Bedeutung der Berufsfreiheit angemessenen Weise gewichtet wurden.

16

An demselben Mangel leidet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Zwar erkennt auch das Gericht im Ansatz zutreffend, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung eine gesonderte Würdigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, und stellt die Verhältnismäßigkeit der Anordnung fest. Es führt aber ebenfalls nur die auf der einen Seite in die Abwägung einzustellenden öffentlichen Belange, nicht hingegen die dem gegenüber zu stellenden Vollzugsfolgen für den Beschwerdeführer auf.

17

Der Verwaltungsgerichtshof geht schließlich in Verkennung der maßgeblichen Aussagen des Beschlusses der Kammer vom 24. Oktober 2003 (BVerfGK 2, 89) davon aus, bereits die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Maßnahme (also des Widerrufs) erlaube auch unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit ihre sofortige Vollziehung. Das Gegenteil ist nach der genannten Entscheidung der Fall (vgl. BVerfGK 2, 89 <94> unter Hinweis auf BVerfGE 44, 105 <118>). Zwar führt der Senat darüber hinaus an, der Sofortvollzug sei auch zum Schutz des Vertrauens in die Ärzteschaft und damit im Interesse eines wichtigen Gemeinschaftsguts geboten. Den verfassungsrechtlichen Maßstäben wird jedoch auch insofern nicht genügt. Eine Abwägung der vom Senat angenommenen Gefahren für das genannte Gemeinschaftsgut mit dem grundrechtlich geschützten Interesse des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls findet nicht statt. Soweit die aus dem Sofortvollzug resultierenden Folgen für den Beschwerdeführer überhaupt Erwähnung finden, geht der Verwaltungsgerichtshof vielmehr ausdrücklich davon aus, dass es hierauf nicht ankomme. Diese Verkennung der verfassungsrechtlichen Anforderungen verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit.

18

(2) Es fehlt in den angegriffenen Entscheidungen zudem die verfassungsrechtlich haltbare Feststellung einer konkreten Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter durch eine weitere Berufstätigkeit des Beschwerdeführers schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens.

19

Antragsgegner und Gerichte gehen übereinstimmend davon aus, jede weitere Tätigkeit des Beschwerdeführers als eines für diesen Beruf unwürdigen Arztes gefährde das hochrangige Gemeinschaftsgut der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in Gestalt des hierfür unerlässlichen Vertrauens der Allgemeinheit in die Ärzteschaft. Eine Wiederholungsgefahr sehen sie hingegen nicht. Die Feststellung der Gefahr, der mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung begegnet werden soll, beruht damit ausschließlich auf der Annahme der Unwürdigkeit des Beschwerdeführers. Die Unwürdigkeit des Arztes ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO) Voraussetzung für den Widerruf der Approbation als der Grundverfügung. Allein die Überzeugung, dass die Voraussetzungen der Grundverfügung vorliegen, erlaubt indes nicht deren sofortige Vollziehung. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Grundverfügung kann die Anordnung der sofortige Vollziehung nicht tragen (vgl. BVerfGE 44, 105 <118, 120>). Das beachten die angegriffenen Entscheidungen nicht, weil sie der Sache nach die Unwürdigkeit des Beschwerdeführers und damit die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Approbation damit begründen, dass er durch sein Verhalten das Vertrauen in die Ärzteschaft gefährde, und gleichzeitig die Gefährdung des Vertrauens in die Ärzteschaft durch seine weitere Tätigkeit während des Hauptsacheverfahrens und damit die Erforderlichkeit des Sofortvollzugs damit begründen, dass der Beschwerdeführer für den Arztberuf unwürdig sei. Auf diese Weise wird unmittelbar aus einer voraussichtlichen Rechtmäßigkeit des Approbationswiderrufs auf das Bestehen einer unmittelbaren Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter gefolgert. Dies entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

20

Andere Tatsachen, aufgrund derer eine aus der weiteren ärztlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers drohende konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter angenommen werden könnte, werden in den angegriffenen Entscheidungen nicht benannt. Damit ist die Feststellung des Bestehens einer derartigen Gefahr verfassungsrechtlich nicht haltbar, und die Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer auch insoweit in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

21

b) Zugleich verletzen die beiden gerichtlichen Entscheidungen das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

22

aa) Art. 19 Abs. 4 GG gewährt nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Grundrechtsträger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 35, 382 <401 f.>; 93, 1 <13>; stRspr). Der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kommt daher nicht nur die Aufgabe zu, jeden Akt der Exekutive, der in Rechte des Grundrechtsträgers eingreift, vollständig der richterlichen Prüfung zu unterstellen, sondern auch irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>). Allerdings können überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Dabei ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>).

23

bb) Dem werden die gerichtlichen Beschlüsse wegen der unhaltbar begründeten Annahme einer konkreten Gefahr für Gemeinschaftsgüter während der Dauer des Hauptsacheverfahrens und wegen der unzureichenden Abwägung der gegenläufigen Interessen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht gerecht.

24

c) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen.

25

2. Es erscheint angezeigt, gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen. Das dient dem Interesse des Beschwerdeführers, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten.

26

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die zuständige Behörde trifft die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere

1.
im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen,
2.
ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist; ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern; die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann,
3.
demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist,
4.
die Einstellung von Tierversuchen anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einem tierschutzrechtlichen Verbot durchgeführt werden.

(2) Die zuständige Behörde untersagt die Durchführung eines nach § 8a Absatz 3 oder eines auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8a Absatz 4 anzuzeigenden Versuchsvorhabens oder die Vornahme einer auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 3 Nummer 4 oder § 8a Absatz 5 Nummer 4 anzuzeigenden Änderung eines Versuchsvorhabens, soweit die Einhaltung der für die Durchführung von Tierversuchen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht sichergestellt ist und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Behörde gesetzten Frist abgeholfen worden ist.

(3) Die zuständige Behörde trifft die erforderlichen Anordnungen um sicherzustellen, dass

1.
die Anordnung der Einstellung von Tierversuchen, die Untersagung der Durchführung von Versuchsvorhaben oder der Widerruf oder die Rücknahme der Genehmigung eines Versuchsvorhabens keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den Tierversuchen oder Versuchsvorhaben verwendet werden oder verwendet werden sollen, und
2.
die Untersagung der Ausübung einer Tätigkeit nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder die Rücknahme oder der Widerruf einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 keine negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere hat, die in den der jeweiligen Tätigkeit dienenden Betrieben oder Einrichtungen gehalten werden.

Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

1.
die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
1a.
die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
1b.
die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
2.
die Einforderung der Einlagen;
3.
die Rückzahlung von Nachschüssen;
4.
die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
5.
die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6.
die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
7.
die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
8.
die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.