Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Aug. 2017 - 10 S 30/16

ECLI:vghbw
erstmalig veröffentlicht: 27.05.2022, letzte Fassung: 27.05.2022

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Beteiligte Anwälte

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Zusammenfassung des Autors

Nachdem das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden hatte, dass der Kläger - ein religiöser Turbanträger - keinen Anspruch darauf hat von der Helmpflicht befreit zu werden, hatte die Berufung des Klägers teilweise Erfolg.

Nach Ansicht der Richter des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist der Widerspruchsbescheid, der hinsichtlich der Befreiung von der Helmpflicht ausgestellt wurde, wegen einer fehlerhaften Ermessensentscheidung rechtswidirg und verletzt den Kläger in seinen Rechten. 

Darauf folgt nicht zwingend, dass dem Kläger ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Ausnahme zusteht. Der Kläger hat nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO lediglich einen Anspruch darauf, dass erneut über seinen Antrag entschieden wird.

Streifler&Kollegen- Rechtsawälte Berlin

URTEIL

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Urteil vom 29.08.2017

Az.: 10 S 30/16

 

Das der Straßenverkehrsbehörde durch § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO hinsichtlich Befreiungen von der Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO eingeräumte Ermessen ist nicht bereits deswegen auf Null reduziert, weil einem Kraftradfahrer das Tragen eines Schutzhelms wegen der religiösen Pflicht zum Tragen eines Turbans nicht möglich ist.

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. Oktober 2015 - 6 K 2929/14 - geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. August 2013 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24. Oktober 2014 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Genehmigung einer Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Führen eines Kraftrads unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Führen eines Kraftrads.

Der Kläger stellte am 18.07.2013 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 5b StVO zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelmes. Zur Begründung teilte er mit, er sei als Sikh aus religiösen Gründen Träger eines Turbans.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 27.08.2013 mit der Begründung ab, eine Ausnahmegenehmigung könne nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden. Die Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO enthalte keine anderen Tatbestände für die Erteilung einer Ausnahme. Die Begründung des Antrags aus religiösen Gründen sei unzureichend. Die Schutzhelmtragepflicht diene dem Schutz des Kraftfahrers vor schweren Körperverletzungen und stelle keinen unzulässigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit oder freie Religionsausübung dar; beide Grundrechte würden nur im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung gewährleistet, worunter jede Rechtsnorm zu fassen sei, die der Verfassung entspreche.

Zur Begründung seines hiergegen gerichteten Widerspruchs verwies der Kläger (unter Vorlage eines Zeitungsberichts des Südkuriers vom 10.11.2009 über die einem Sikh in Bad Säckingen erteilte Befreiung von der Helmpflicht) darauf, dass eine Befreiung von der Helmpflicht bereits mehrfach ausgesprochen worden sei. Die angegriffene Entscheidung greife in seine Persönlichkeitsrechte ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014, zugestellt am 03.11.2014, wies das Regierungspräsidium den Widerspruch zurück und führte aus, nach § 46 Abs. 2 StVO könne die Straßenverkehrsbehörde von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle genehmigen. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO sei die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt, wobei an den Nachweis solcher Dringlichkeit strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Ausnahmegenehmigung setze Gründe voraus, die das öffentliche Interesse an dem Gebot überwögen, von dem befreit werden solle, und dürfe das Schutzgut der Vorschrift nicht wesentlich beeinträchtigen. Insofern gebe die Verwaltungsvorschrift eine allgemeine Richtlinie für die Ausübung des in § 46 StVO eingeräumten Ermessens vor und beschränke so in zulässiger Weise die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen auf besondere Ausnahmefälle. Explizit vorgesehen sei das Erteilen einer Ausnahmegenehmigung aus gesundheitlichen Gründen. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, warum aus ihrer Sicht der mit der Helmpflicht bezweckte Schutz der Gesundheit der religiösen Pflicht zum Tragen eines Turbans vorgehe und nicht in die freie Religionsausübung eingreife; auf die Begründung des Bescheids werde verwiesen. Auch die Verhältnismäßigkeit bleibe gewahrt, weil es dem Kläger unbenommen bleibe, mit Helm Motorrad zu fahren. Die Beklagte habe die Entscheidung, den Antrag abzulehnen, ermessensfehlerfrei getroffen. Soweit sich der Kläger auf andere Personen berufe, die eine Ausnahmegenehmigung erhalten hätten, sei zunächst unklar, ob es sich hierbei überhaupt um vergleichbare Fälle handele. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei eine solche Ausnahmegenehmigung jedenfalls rechtsfehlerhaft erteilt worden.

Der Kläger hat am 03.12.2014 Klage auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, er gehöre seit dem Jahr 2005 der Religion der Sikhs an. Er habe, entsprechend der bei den Sikhs geltenden Glaubenssätze, seit dieser Zeit seine Haare nicht mehr geschnitten und lebe seine Religion auch durch entsprechende Kleidung wie das Tragen eines Turbans. Als Sikh fühle er sich verpflichtet, in der Öffentlichkeit einen Turban zu tragen. Dieser werde allenfalls zum Schlafengehen abgenommen; ggf. würden die Haare dann durch ein Tuch bedeckt. Die Helmpflicht verletze ihn in seiner Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG. Entweder müsse er auf das Fahren eines Kraftrades oder auf das Tragen eines Turbans verzichten. Im Wege der praktischen Konkordanz müsse seine Religionsfreiheit im Rahmen der Erteilung einer Ausnahme nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO gegenüber den Rechtsgütern der körperlichen Unversehrtheit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG die Oberhand gewinnen. Aufgrund des Umstands, dass eine Ausnahmegenehmigung aus gesundheitlichen Gründen ausweislich der Verwaltungsvorschrift erteilt werden könne, müsse die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung aus religiösen Gründen erst Recht möglich sein. Auch handele es sich bei ihm um einen tatsächlichen Ausnahmefall.

Zur Klageerwiderung hat die Beklagte vorgetragen, die Helmtragepflicht des § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO diene dem Schutz des Kraftradfahrers vor schweren Kopfverletzungen. Von der Helmtragepflicht kämen nur unter strengen Voraussetzungen Ausnahmen in Betracht. Von der Schutzhelmtragepflicht könnten ausweislich der Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 5b StVO Personen im Ausnahmewege befreit werden, wenn das Tragen eines Schutzhelms aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei; weitere Ausnahmetatbestände, namentlich die Befreiung aus religiösen Gründen, sehe die Verwaltungsvorschrift nicht vor. Wie die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt habe, könnten gesundheitliche Gründe die Schutzhelmtragepflicht als unzumutbar erscheinen lassen. Im Schrifttum bestehe Einigkeit darüber, dass diese Möglichkeit nicht auch für das Nichtpassen des Helms bei Turbanträgern gelte bzw. religiöse Bekleidungsvorschriften nicht von der Helmtragepflicht entbinden würden. Sie - die Beklagte - habe bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, dass sich der Kläger zur Begründung seines Antrags auf das Grundrecht der Religionsfreiheit berufen habe. Diese unterliege aber verfassungsimmanenten Schranken. Zutreffend sei sie im Rahmen ihrer Abwägung davon ausgegangen, dass das grundrechtlich geschützte Recht des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als vorrangig anzusehen sei. Auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei gewahrt. Ein Kraftradfahrer, der ohne Helm fahre, schade keineswegs nur sich selbst. Es liege auf der Hand, dass in vielen Fällen weiterer Schaden abgewendet werden könne, wenn ein Unfallbeteiligter bei Bewusstsein bleibe. Dass Unfälle mit schweren Kopfverletzungen weitreichende Folgen für die Allgemeinheit hätten (z. B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden), stehe außer Frage.

Mit Urteil vom 29.10.2015, dem Kläger zugestellt am 01.12.2015, hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Vorschrift über das Tragen von Schutzhelmen nach § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO sei verfassungsgemäß. Der darin liegende Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG sei nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt. Die Schutzhelmpflicht könne ferner einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG darstellen; auf der Regelungsebene des Gesetzes sei ein verfassungswidriger Eingriff in dieses Grundrecht aber zu verneinen, weil durch die in § 46 StVO vorgesehene Möglichkeit der Erteilung von Ausnahmen von der Helmtragepflicht unverhältnismäßige Eingriffe vermieden werden könnten. Eines Parlamentsgesetzes habe es für die Anordnung der Helmpflicht angesichts der allenfalls geringfügigen Eingriffsintensität sowie des nur betroffenen Teilbereichs der Straßenverkehrssicherheit nicht bedurft. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO. Dass das Regierungspräsidium unzutreffend § 46 Abs. 2 StVO herangezogen habe, sei unschädlich, weil beide Vorschriften Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle in das Ermessen der Behörde stellten. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerfrei. Die Beklagte habe ihr Ermessen erkannt und sei insbesondere nicht davon ausgegangen, dass Ausnahmegenehmigungen allein aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden könnten. Die Beklagte habe auch die Frage eines unzulässigen Eingriffs in die freie Religionsausübung erwogen; der Widerspruchsbescheid habe diese Argumentation durch Verweisung auf den Ausgangsbescheid übernommen. Schließlich habe die Beklagte in der Klageerwiderung ausführlicher und vertiefend vorgetragen, warum sie aus überwiegenden öffentlichen Interessen eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG im Einzelfall verneine. Hierbei handele es sich um eine zulässige Ergänzung ihrer Erwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO. Die Beklagte habe auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten. Aus der Religionsfreiheit ergebe sich keine Ermessensgrenze, die hier unzulässig überschritten worden sei. Zwar sei das Tragen eines Sikh-Turbans in der Öffentlichkeit vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG umfasst. Die Schutzhelmpflicht stelle aber keinen Eingriff in die religiöse Bekenntnisfreiheit dar, weil die Beachtung der Helmpflicht nicht dazu führe, dass der Kläger den Kern des religiösen Gebots aufgeben müsse, die Haare nicht zu schneiden und den Kopf bedeckt zu halten. Die Helmpflicht zwinge ihn nämlich gerade nicht zur Entblößung der Haare, weil eine Bedeckung der Haare unter dem Helm mit einem Tuch oder einer Mütze (Sturmhaube) erfolgen könne. Auch bleibe es dem Kläger möglich, beim Benutzen eines Motorrads den Turban jeweils in privaten Räumlichkeiten oder auch an anderen Orten, wo er nicht sein entblößtes Haupt der Öffentlichkeit zeigen müsse, gegen Tuch/Haube und Schutzhelm zu tauschen; eine damit allenfalls bestehende Unannehmlichkeit und Lästigkeit habe er hinzunehmen.

Selbst ein Eingriff in die Religionsfreiheit wäre schließlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Eingriff wäre nicht schwerwiegend, weil das Motorradfahren nur einen kleinen Teil des täglichen Lebens des Klägers ausmache. Der Kläger sei ferner auf das Motorrad nicht angewiesen und könne sämtliche anderen Fortbewegungsmittel unter Wahrung seines religiösen Bekenntnisses verwenden. Auch sein Vortrag, er sei bereits seit dem Jahr 2005 Anhänger der Sikh-Religion, während er jedoch die Ausnahmegenehmigung erst im Sommer 2013 begehrt habe, spreche nicht für einen besonderen Bedarf. Die dem Kläger auferlegte Erschwernis beziehe sich mithin lediglich auf eine einzige Form der motorisierten Fortbewegung im Straßenverkehr, auf die er zudem erkennbar nicht angewiesen sei. Eine wirkliche Belastung des Klägers könne nicht ausgemacht werden; der Schutzbereich von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG sei nur am äußersten Rand berührt. Der Eingriff sei zum Schutz kollidierenden Verfassungsrechts gerechtfertigt. Ausgehend von der Entscheidung des BVerfG vom 26.01.1982 - 1 BvR 1295/80 - bezwecke die Helmpflicht sowohl, Kopfverletzungen beim Fahrer/Mitfahrer zu vermeiden, als auch die Entlastung der Allgemeinheit von schweren Belastungen, die aus Unfällen mit schweren Kopfverletzungen folgen können, z. B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden. Ein damit eng verknüpftes öffentliches Interesse bestehe ferner darin, dass in vielen Fällen nach einem Verkehrsunfall weiterer Schaden für Dritte dadurch abgewendet werden könne, dass ein beteiligter Motorradfahrer dank seines Schutzhelms bei Bewusstsein bleibe und die Unfallstelle räumen, Rettungsdienste alarmieren und andere Sofortmaßnahmen ergreifen könne. Schließlich sei zu bedenken, dass im Fall eines Verkehrsunfalls mit einem Motorradfahrer, der erlaubtermaßen keinen Schutzhelm trage, die Verletzungsfolgen aufgrund des fehlenden Schutzhelms unter Umständen vom Unfallgegner zu tragen seien. Die über den Eigenschutz des Motorradfahrers hinausgehenden Zwecke, umfangreiche materielle Folgen von Motorradunfällen für die Allgemeinheit zu verhindern oder zumindest zu begrenzen, seien durch verfassungsimmanente Schranken gedeckt. Dies ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Sozialversicherung, die vom Gesetzgebungskompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG abgedeckt sei. Entsprechendes folge ferner aus Art. 20 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips.

Die Versagung der Ausnahmegenehmigung verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit "in L. und H." Angehörige der Sikh-Religion durch Entscheidungen der dortigen Behörden von der Helmpflicht befreit worden seien, betreffe dies die Entscheidungsbereiche anderer Rechtsträger und sei zudem nach Auffassung der Kammer rechtswidrig. Auch aus Europarecht ergebe sich schließlich nichts anderes. Für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK sei nichts ersichtlich; Art. 9 EMRK gehe zu Gunsten des Klägers nicht weiter als Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG. Mit Entscheidung vom 12.07.1978 - Nr. 7992/77 - habe der damalige Menschenrechtsausschuss des Europarats vor Einführung der generellen Helmbefreiung für Sikhs in Großbritannien die Schutzhelmpflicht für gerechtfertigt im Sinne von Art. 9 Abs. 2 EMRK angesehen. Mit Entscheidung vom 13.11.2008 - Nr. 24479/07 - habe der EGMR ferner festgestellt, dass die Verpflichtung, wonach sich ein praktizierender Sikh auf dem Foto für einen Ersatzführerschein ohne Turban abbilden lassen müsse, für Behörden gerade bei Verkehrskontrollen notwendig sei, um den Fahrer zu identifizieren. In der Entscheidung vom 01.07.2014 - Nr. 43835/11 - habe der EGMR festgestellt, dass das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit aus Gründen des Zusammenlebens sowie des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei.

Zur - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Senat - am 04.03.2016 erfolgten Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen und am 30.12.2015 eingelegten Berufung hat der Kläger ausgeführt, er bestreite, dass die Helmpflicht nicht einer gesetzlichen Grundlage in Form eines Parlamentsgesetzes bedurft hätte. Die Schutzhelmtragepflicht stelle einen Eingriff in seine religiöse Bekenntnisfreiheit dar. Für Amritdhari, also entsprechend des sikhistischen Initiationsritus mit gesüßtem Wasser getaufte Sikhs, sei das Tragen des Dastar, also des Turbans, religiöse Pflicht. Bei ihm handele es sich seit dem Jahr 2012 um einen Amritdhari. Das Wort "Amrit" in seinem Namen bringe dies zum Ausdruck. Deswegen könne er nicht unter dem Helm seine Haare mit einer Mütze oder Sturmhaube bedecken, denn es sei seine religiöse Pflicht, eben den Turban/Dastar zu tragen und keine andere Kopfbedeckung. Er benutze sein Motorrad ganzjährig als sein zentrales Fortbewegungsmittel. Würde er auf andere Verkehrsmittel verwiesen, würde er auch in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, so dass ein doppelter Grundrechteingriff vorliegen würde. Die Sozialversicherung sei keine Schranke des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG; durch den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG würden lediglich die Handlungsbereiche des Bundes und der Länder voneinander abgegrenzt. Eine Einschränkung von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hinsichtlich der Vermeidung von Kopfverletzungen komme nicht in Betracht, weil er sich der Gefahr einer etwaigen Kopfverletzung selbstbestimmt aussetze. Auch ergebe sich aus Art. 9 EMRK unter Berücksichtigung der Rechtslage in Großbritannien ein Befreiungsanspruch. Zudem habe nach Art. 18 Abs. 1 UN Zivilpakt jedermann das Recht auf Religionsfreiheit.

Auf Nachfrage des Senats zur Angewiesenheit des Klägers auf die Nutzung eines Kraftrads hat dieser ausgeführt, er nutze sein Kraftrad täglich und ganzjährig, für sämtliche Fahrten, ob beruflicher oder privater Natur, ob in der Region oder überregional. Wenn er es witterungsbedingt nicht nutzen könne, greife er auf den ÖPNV zurück. Er sei mithin sowohl aus beruflichen als auch aus privaten Gründen auf die durch das Kraftrad vermittelte Mobilität angewiesen. Auch beim Führen des Kraftrads trage er den Dastar. Er besitze zwar auch die Fahrerlaubnis zum Führen von Pkw und sei auch Eigentümer eines Lieferwagens, verwende diesen aber nur für Transportfahrten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. Oktober 2015 - 6 K 2929/14 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. August 2013 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24. Oktober 2014 zu verpflichten, ihm die beantragte Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Führen eines Kraftrads zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

Auf Nachfrage des Senats, nach welchen Kriterien in ihrem Zuständigkeitsbereich Ausnahmen von der Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 StVO erteilt werden, hat die Beklagte angegeben, in den letzten fünf Jahren sei nur der streitgegenständliche Antrag des Klägers abgelehnt worden. Bewilligt worden sei zuletzt im Jahr 2015 eine Befreiung von der Helmpflicht aus gesundheitlichen Gründen (Genickschmerzen). Diese Befreiung sei im Jahr 2011 aufgrund eines ärztlichen Attests erstmals für drei Jahre erteilt und 2015 unter Vorlage eines aktuellen Attests verlängert worden. Ansonsten existierten keine Vorgänge zur Helmpflicht. Angesichts des lediglich einen Falls könne nicht von einer Ermessenspraxis gesprochen werden. Bei der im Jahr 2011 erteilten Ausnahmegenehmigung handele es sich um einen Einzelfall, in dem seinerzeit wohl keine weiteren Ermessensspielräume ausgeübt worden seien. Dies würden die heutigen Beteiligten anders handhaben, nämlich die Notwendigkeit des Motorradfahrens an sich hinterfragen.

Dem Senat liegen die Akten der Beklagten, des Regierungsministeriums Freiburg und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Ablehnung der Genehmigung der beantragten Ausnahme durch den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2013 und durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.10.2014 ist wegen einer fehlerhaften Ermessensausübung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat allerdings mangels Reduktion des behördlichen Ermessens auf Null keinen zwingenden Anspruch auf Genehmigung der beantragten Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Führen eines Kraftrades (A.), sondern nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO lediglich darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu entscheidet (B.).

A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO. Soweit die Verwaltung - wie im vorliegenden Fall durch § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO - ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie eine gerichtlich nur eingeschränkt auf Ermessensfehler hin überprüfbare Entscheidungsfreiheit. Nur wenn von den grundsätzlich eröffneten Handlungsmöglichkeiten alle bis auf eine ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sind, schrumpft der gesetzlich eingeräumte behördliche Ermessensspielraum auf Null, so dass die Behörde strikt verpflichtet ist, im Sinne der verbleibenden Handlungsmöglichkeit tätig zu werden (vgl. etwa Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 40 Rn. 102a m. w. N.). Entsprechend kommt eine gerichtliche Verpflichtung zu einer bestimmten behördlichen Entscheidung nur in Betracht, wenn die Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise keine andere als die begehrte Entscheidung zulassen. Dies ist hier nicht der Fall.

I. Anspruchsgrundlage des klägerischen Begehrens ist § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO. Nach § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen, wer - wie der Kläger - Krafträder (oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge) mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von der Vorschrift über das Tragen von Schutzhelmen genehmigen; die Genehmigung einer Ausnahme steht mithin grundsätzlich im behördlichen Ermessen.

Die Anspruchsgrundlage hat keine der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Tatbestandsvoraussetzungen. Insbesondere ist die Frage des Vorliegens eines Einzelfalls bzw. eines besonderen Ausnahmefalls nicht auf Tatbestandsebene zu prüfen, sondern Teil der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren behördlichen Ermessensausübung (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.1997 - 3 C 2.97 - BVerwGE 104, 154; a. A. noch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.1991 - 5 S 1791/90 - juris).

II. Die Voraussetzungen einer Schrumpfung des der Straßenverkehrsbehörde durch § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO eingeräumten behördlichen Ermessens auf Null liegen hier nicht vor.

1. Eine Ermessensreduktion lässt sich nicht mit dem Argument begründen, die Schutzhelmpflicht dürfe im Anwendungsbereich der Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG nicht durch Rechtsverordnung, sondern müsse durch Parlamentsgesetz normiert werden. Anders als der Kläger sieht der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung der Schutzhelmpflicht in § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO.

Die Vorschrift beruht auf der (den allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG entsprechenden) Rechtsgrundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, wonach das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ermächtigt ist, mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen über die (sonstigen) zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den öffentlichen Straßen erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr zu erlassen. Eines parlamentarischen Gesetzes bedurfte die Normierung der Schutzhelmpflicht auch nicht im Hinblick auf die sog. Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, der zufolge Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot den Gesetzgeber verpflichten, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 21.04.2015 - 2 BvR 1322/12 - BVerfGE 139, 19, Rn. 52 ff. m. w. N.). Dabei sind als wesentlich solche Regelungen zu verstehen, die für die Verwirklichung von Grundrechten erhebliche Bedeutung haben.

Eine solche Regelung stellt die in § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO statuierte Schutzhelmpflicht nicht dar. Im typischen Anwendungsfall dieser Vorschrift betrifft die Regelung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise lediglich die allgemeine Handlungsfreiheit der von der Helmpflicht erfassten Kraftradfahrer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.01.1982 - 1 BvR 1295/80 - BVerfGE 59, 275). Dass die Schutzhelmpflicht in sehr seltenen Ausnahmefällen etwa bei kraftradfahrenden Turbanträgern oder Ordensschwestern (vgl. Kreutel, DAR 1986, S. 38, 41) mittelbar auch deren Glaubensfreiheit tangieren kann, wenn das Tragen eines Schutzhelms der Erfüllung religiöser Bekleidungsvorschriften entgegen steht (vgl. hierzu unten A. II. 2.), macht die Schutzhelmpflicht nicht bereits zu einer Regelung mit erheblicher Bedeutung für die Verwirklichung der Glaubensfreiheit (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 08.11.2016 - 1 BvR 3237/13 - NVwZ 2017, 227). Vielmehr ist es angesichts der Seltenheit eines Konflikts zwischen Schutzhelmpflicht und religiösen Bekleidungsvorschriften verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber die Regelung der Einzelheiten der Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs übertragen hat und der Verordnungsgeber wiederum seinerseits neben dem grundsätzlichen Gebot des Tragens eines Schutzhelms in § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO in § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO die Möglichkeit geschaffen hat, in besonderen Ausnahmefällen Abweichungen von der Schutzhelmpflicht zuzulassen. Hierdurch kann - soweit erforderlich - auch einer im Einzelfall vorliegenden besonderen Grundrechtsbetroffenheit eines Kraftradfahrers durch die Schutzhelmpflicht angemessen Rechnung getragen werden. Für die funktionale Zuordnung der Entscheidungskompetenz über die Nichtgeltung der Helmpflicht aus religiösen Gründen auf die Ebene des exekutiven Normvollzugs spricht im Übrigen, dass es angesichts der Hochrangigkeit der mit der Schutzhelmpflicht geschützten Rechtsgüter Dritter (vgl. A. II. 2. b) aa)) sachgerecht erscheint, wenn Ausnahmen von der Schutzhelmpflicht nicht lediglich von einer (aus religiösen oder anderen Gründen bestehenden) Unmöglichkeit des Helmtragens, sondern vom Vorliegen weiterer Umstände abhängig gemacht werden (vgl. B.).

2. Eine Ermessensreduktion folgt auch nicht aus der Glaubensfreiheit des Klägers (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG).

a) Anders als das Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO einen Eingriff in den Schutzbereich der Glaubensfreiheit des Klägers aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG darstellt.

aa) Zur Glaubensfreiheit gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben; dies betrifft nicht nur imperative Glaubenssätze. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der Glaubensfreiheit angesehen werden muss. Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat. Dem Staat ist es indes verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als "richtig" oder "falsch" zu bezeichnen; dies gilt insbesondere dann, wenn hierzu innerhalb einer Religion divergierende Ansichten vertreten werden (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015 - 1 BvR 471/10 - BVerfGE 138, 296).

bb) Der Kläger ist nach seinen in der mündlichen Verhandlung des Senats wiederholten Bekundungen als getaufter Sikh (sog. Amritdhari) in der Öffentlichkeit nicht lediglich zur Bedeckung seines Haares - beispielsweise durch ein Tuch -, sondern gerade zum Tragen eines Turbans/Dastar verpflichtet. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung unrichtig bzw. nicht anzuerkennen sein könnte, etwa weil sie über die im Allgemeinen von Amritdhari für sich als verbindlich angesehenen Bekleidungsvorschriften (vgl. hierzu etwa en.wikipedia.org/wiki/Dastar sowie de.wikipedia.org/wiki/Dastar) hinausginge. Der vorliegende Fall unterscheidet sich mithin von dem einem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 27.05.1993 - 6 S 699/1992 - EuGRZ 1993, 595 zugrundeliegenden Sachverhalt; dort waren die Tatsacheninstanzen - vom Bundesgericht nicht in Frage gestellt - davon ausgegangen, dass der dortige Kläger religiös nicht zum Tragen eines Turban, sondern lediglich zur Bedeckung seines Kopfes verpflichtet sei, was auch mittels eines Helms möglich sei.

Auch das erstinstanzliche Verwaltungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Kläger grundsätzlich zum Tragen eines Turbans verpflichtet ist. Dass der Kläger beim Tragen einer anderen Kopfbedeckung - wie die Kammer meint - zumindest nicht "den Kern des religiösen Gebots aufgeben müsste, das zuallererst und im Wesentlichen darin besteht, die Haare nicht zu schneiden und den Kopf (deshalb) bedeckt zu halten", ist nach Ansicht des Senats für die Eröffnung des Schutzbereichs der Glaubensfreiheit ohne Belang. Denn der durch die Glaubensfreiheit vermittelte Schutz beschränkt sich - anders als dies früher im Asylrecht angenommen wurde (vgl. nun aber BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67) - nicht auf eine Gewährleistung lediglich des Kerns des religiösen Bekenntnisses. Teilweise in der Literatur unternommene Versuche, den Schutzbereich der Grundrechte auf für die persönliche Entfaltung des Einzelnen besonders bedeutsame Facetten zu beschränken (vgl. etwa Böckenförde in Der Staat 42 [2003], 165), haben sich bislang ebenso wenig durchgesetzt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 - BVerfGE 80, 137) wie die Ansicht, der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG müsse mit Hilfe von Erheblichkeitskriterien restriktiv gefasst werden (vgl. etwa Schoch in Bohnert u. a., Festschrift für Hollerbach, 2001, S. 149, 153 ff., 157, dem zufolge das BVerfG die Glaubensfreiheit zu einer "allgemeinen religiösen Handlungsfreiheit" fortentwickelt habe).

Schließlich kann ein Eingriff in den Schutzbereich auch nicht mit der Erwägung verneint werden, der Kläger werde nicht zu einer mit seinen religiösen Pflichten nicht vereinbaren Handlung (Abnehmen des Turbans) gezwungen, sondern müsse lediglich das - nur durch die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG geschützte - Motorradfahren unterlassen. Denn das durch Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG vermittelte Recht, das gesamte Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, wird mittelbar eingeschränkt, wenn ein Sikh - anders als Nicht-Sikhs - wegen der Schutzhelmpflicht kein Motorrad fahren darf (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.06.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris [Kopftuchverbot bei Sitzungsvertretungen der StA]; BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015 - 1 BvR 471/10 - BVerfGE 138, 296 [Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen]).

b) Der in der Schutzhelmpflicht liegende Eingriff in Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG kann allerdings durch den Schutz der physischen und psychischen Integrität Dritter gerechtfertigt werden, so dass nicht bereits die bloße Betroffenheit der Glaubensfreiheit des Klägers eine Verengung des behördlichen Entscheidungsermessens im Sinne einer zwingend zu genehmigenden Ausnahme zur Folge hat.

aa) Einschränkungen von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG müssen sich aus der Verfassung selbst ergeben, weil Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG keinen Gesetzesvorbehalt enthält. Zu solchen verfassungsimmanenten Schranken zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.2015 - 1 BvR 471/10 - BVerfGE 138, 296 m. w. N.).

Entgegen der Ansicht der Beklagten sowie des Regierungspräsidiums dürfte hier als verfassungsimmanente Schranke die körperliche Unversehrtheit des Klägers nicht in Betracht kommen. Ein zwangsweiser Schutz des Menschen vor sich selbst ist zwar in zahlreichen Konstellationen zulässig, setzt aber grundsätzlich eine mehr oder weniger starke Einschränkung der Selbstbestimmungsfähigkeit des Betroffenen voraus. Eine "Vernunfthoheit" staatlicher Organe über den Grundrechtsträger dergestalt, dass dessen Wille allein deshalb beiseite gesetzt werden dürfte, weil er von durchschnittlichen Präferenzen abweicht oder aus der Außensicht unvernünftig erscheint, ist ausgeschlossen (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 23.03.2011 - 2 BvR 882/09 - BVerfGE 128, 282 Rn. 51 ff. m. w. N.).

Ebenfalls nicht weiter führen dürfte der vom Verwaltungsgericht zur Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG herangezogene "Gesichtspunkt der Sozialversicherung". Zwar ist es richtig, dass der Bund nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Gebiet der Sozialversicherung hat. Allerdings führt das Verwaltungsgericht nicht aus, welchen Gemeinschaftswert von Verfassungsrang es aus dieser Bestimmung ableiten möchte. Denkbar erschiene zwar insoweit ein Verfassungsgut der "Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung" (so zur Einschränkung von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG: Germann in Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 4 Rn. 53; vgl. auch Starck in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 4 Abs. 1, 2 Rn. 124 ff.). Dass die Sozialversicherung im Fall eines Motorradunfalls des Klägers möglicherweise auch Kosten übernehmen müsste, die durch das Tragen eines Schutzhelms vermieden worden wären, dürfte angesichts der Seltenheit solcher Konstellationen für sich genommen für die Annahme einer drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung allerdings kaum genügen.

Eine verfassungsimmanente Schranke der Glaubensfreiheit des Klägers lässt sich auch wohl nicht mit der Überlegung des Verwaltungsgerichts begründen, im Fall eines Verkehrsunfalls mit einem Motorradfahrer, der erlaubterweise keinen Helm trage, seien die Verletzungsfolgen aufgrund des fehlenden Schutzhelms "unter Umständen vom Unfallgegner zu tragen". Auch wenn es im Ausgangspunkt zutrifft, dass ein Mitverschulden des unbehelmten Motorradfahrers (im Sinne von § 9 StVG bzw. § 254 BGB) nicht mit Hinweis auf einen Verstoß gegen die Helmpflicht bejaht werden kann, wenn von dieser gerade befreit wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1992 - VI ZR 286/91 - BGHZ 119, 268; VG Berlin, Urteil vom 16.04.2013 - 11 K 298.12 - juris Rn. 13), dürfte allerdings gleichwohl einiges dafür sprechen, dass selbst im Fall der Befreiung von der Helmpflicht ein Mitverschulden des helmlos fahrenden Kraftradfahrers anzunehmen wäre. Denn in einem solchen Fall dürfte nach der neueren Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 17.06.2014 - VI ZR 281/13 - NJW 2014, 2493) auch ohne Verstoß gegen eine Rechtspflicht eine Anspruchskürzung wegen Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden objektivierten Obliegenheit gerechtfertigt sein, in dem Sinne, dass es für den Bereich des Kraftradfahrens unabhängig von § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprechen dürfte, dass Motorradfahren ohne Helm ein erhebliches Risiko darstellt, weswegen es unbillig erschiene, Kosten, die aus einer solchen, wenn auch religiös motivierten, so doch bewusst in Kauf genommenen Selbstgefährdung resultieren, dem Unfallgegner aufzuerlegen.

All dies braucht hier allerdings letztlich nicht entschieden zu werden, weil sich eine verfassungsimmanente Schranke der durch die Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 Satz 1 StVO berührten Glaubensfreiheit des Klägers jedenfalls aus dem Schutz der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten physischen und psychischen Integrität Dritter ergibt (und diese Schranken zudem den Eingriff rechtfertigen kann, vgl. sogleich bb)).

Ein durch einen Helm geschützter Kraftradfahrer wird im Fall eines Unfalls regelmäßig eher als ein nicht geschützter Fahrer in der Lage sein, etwas zur Abwehr der mit einem Unfall einhergehenden Gefahren für Leib und Leben anderer Personen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) beizutragen, in dem er etwa die Fahrbahn räumt, auf die Unfallstelle aufmerksam macht, Ersthilfe leistet oder Rettungskräfte herbeiruft (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 26.01.1982 - 1 BvR 1295/80 - BVerfGE 59, 275). Die Schutzhelmpflicht fördert aber nicht nur die physische Unversehrtheit Dritter, sondern schützt auch deren psychische Unversehrtheit, wenn man bedenkt, dass Unfallbeteiligte durch schwere Personenschäden anderer Unfallbeteiligter unabhängig von der konkreten (Mit)Schuld hieran nicht selten psychische Schäden in Gestalt von Traumatisierungen davontragen (vgl. etwa SZ v. 02.02.2012 "Die Opfer der Lebensmüden"). Von diesem Risiko ist angesichts von Unfällen mit Motorradfahrern ohne Helm auszugehen, bei denen bekanntermaßen häufig schwerwiegende, zum Teil auch tödliche Kopfverletzungen die Folge sind.

bb) Der Senat ist davon überzeugt, dass der mit der Schutzhelmpflicht verbundene Schutz der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mit Verfassungsrang gewährleisteten körperlichen und geistigen Integrität Dritter den mit der Helmpflicht verbundenen Eingriff rechtfertigen kann. Hieraus folgt, dass es bei der Austarierung der insoweit miteinander konfligierenden Güter nicht lediglich eine zwingende, sondern mehrere verschiedene jeweils vertretbare Zuordnungen der konkurrierenden Interessen gibt, so dass es bei dem durch § 46 Abs. 1 Nr. 5b StVO eröffneten behördlichen Ermessen verbleibt. Eine Verengung des behördlichen Ermessens dahin, dass die Behörde zwingend der Glaubensfreiheit des Klägers den Vorrang vor den durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Gütern Dritter einräumen müsste, besteht nicht.

Gegen ein generelles Überwiegen der Interessen des Klägers spricht vor allem die Hochrangigkeit der durch § 21a Abs. 2 StVO geschützten Güter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, aufgrund der es verfassungsrechtlich unbedenklich erscheint, selbst zur Abwehr verhältnismäßig abstrakter Gefahren Schutzvorkehrungen auch im Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG zu ergreifen. Diesen hochrangigen Gütern steht auf Seite des Klägers zwar ebenfalls ein mit hohem Rang - insbesondere vorbehaltslos - ausgestattetes Grundrecht gegenüber. Bei dessen Gewichtung ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Schutzhelmpflicht die Glaubensfreiheit des Klägers nur mittelbar bzw. wenig intensiv tangiert, weil der Kläger nicht zur Vornahme von mit seinen religiösen Geboten unvereinbaren Handlungen gezwungen wird. Der gewichtigste unmittelbare Nachteil, der dem Kläger aus der Schutzhelmpflicht bzw. der Ablehnung einer Befreiung hiervon entsteht, liegt darin, dass er nicht berechtigt ist, ein Kraftrad zu führen. Hierin liegt keine für den Kläger derart schwerwiegende Belastung, dass seinen Interessen zwingend gegenüber den durch § 21a Abs. 2 StVO geschützten Gütern Dritter der Vorrang einzuräumen wäre.

Im Normalfall eines Antrags auf Befreiung von der Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 StVO gilt, dass allein der Umstand, dass einem Kraftradfahrer das Tragen eines Helms unmöglich ist, noch nicht zu einer Ermessensreduktion auf Null hinsichtlich einer Befreiungsentscheidung von der Helmpflicht führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.02.2017 - 3 B 12.16 - NJW 2017, 1691). Auch wenn einer Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus religiösen Gründen im Hinblick auf den gerade auch auf den Minderheitenschutz abzielenden Normgehalt von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG und dessen schrankenloser Gewährleistung grundsätzlich ein höheres Gewicht beizumessen ist als dem etwa bei einer Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus gesundheitlichen Gründen lediglich tangierten allgemeinen - durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten - Interesse am Führen eines Kraftrads, so kommt eine Ermessensreduktion auf Null dennoch auch im Anwendungsbereich der Glaubensfreiheit grundsätzlich allenfalls dann in Betracht, wenn weitere gewichtige Gründe dafür sprechen, dass der in der seiner Glaubensfreiheit betroffene Kraftradfahrer gerade auf die Nutzung eines Kraftrads zwingend angewiesen ist. Schon angesichts des Umstands, dass in der Bundesrepublik Deutschland in aller Regel zahlreiche alternative Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen, wird man ein solches zwingendes Angewiesensein allenfalls in extrem gelagerten Einzelfällen annehmen können. Ein solcher Fall liegt hier schon insofern nicht vor, als der Kläger auch über einen Führerschein der Klasse B verfügt und er mithin auf die Nutzung seines Kraftrads jedenfalls nicht zwingend angewiesen ist.

3. Es ist auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die vom Kläger ins Feld geführten völkerrechtlichen Gewährleistungen der Religionsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 EMRK sowie in Art. 18 Abs. 1 des Internationale Pakts über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) im konkreten Fall in ihrer Schutzintensität über den durch Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG gewährten Schutz hinausgehen würden und vor diesem Hintergrund eine Ermessensschrumpfung bejaht werden müsste.

Hinsichtlich Art. 9 Abs. 1 EMRK ist die Frage, ob die Schutzhelmpflicht für Sikhs gegen die Konvention verstößt, bereits durch eine Entscheidung des Menschenrechtsausschusses des Europarates vom 12.07.1978 - Nr. 7992/77 - (X v. United Kingdom) dahingehend geklärt, dass dies nicht der Fall ist, ohne dass Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Rechtsprechung des heutigen Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hiervon abweichende Maßstäbe bereit hielte. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zeigen die Entscheidung des EGMR vom 13.11.2008 - Nr. 24479/07 - (Mann Singh v. France) zur Pflicht eines Sikhs, seinen Turban für das Anfertigen eines Passfotos für die Ausstellung eines Führerscheins abzunehmen sowie das Urteil der Großen Kammer des EGMR vom 01.07.2014 - Nr. 43835/11 - (S.A.S. v. France) zum Burkaverbot im Gegenteil, dass Art. 9 Abs. 1 EMRK den Mitgliedstaaten der Konvention einen weiten Spielraum hinsichtlich der Einschränkung religiöser Bekleidungsvorschriften einräumt bis hin zu der Möglichkeit, das Tragen bestimmter Kleidungsstücke in der Öffentlichkeit generell zu verbieten.

Im Fall Nr. 24479/07 stellte der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen im Nachgang zur Entscheidung des EGMR in seiner Entscheidung vom 27.09.2011 - Nr. 1876/2000 - (Ranjit Singh v. France) zwar fest, dass die Pflicht zum Abnehmen des Turbans für die Anfertigung eines Passfotos gegen die Religionsfreiheit des Beschwerdeführers aus Art. 18 Abs. 1 UN-Zivilpakt verstieß. Allerdings unterliegt die Religionsfreiheit des Art. 18 Abs. 1 UN-Zivilpakt gemäß Art. 18 Abs. 3 UN-Zivilpakt einem im Vergleich zur schrankenlosen Gewährleistung der Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG deutlich weitergehenden Gesetzesvorbehalt, der unter anderem auch Einschränkungen der Religionsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässt, so dass anzunehmen ist, dass der durch das Grundgesetz gewährte Schutz der Glaubensfreiheit jedenfalls im Ergebnis nicht hinter dem des Art. 18 Abs. 1 UN-Zivilpakt zurückbleibt.

4. Auch eine Ermessensreduktion aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. der Verwaltungspraxis der Beklagten scheidet im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Verpflichtungsklage durch den Senat aus.

In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass die tatsächliche - möglicherweise bereits schon durch eine einzige behördliche Entscheidung in einem Parallelfall eintretende (vgl. zur Diskussion Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 40 Rn. 105, 112 ff.) - Verwaltungspraxis sowohl aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen kann, die zur Folge hat, dass eine von der Verwaltungspraxis im Einzelfall zu Gunsten oder zu Lasten des Betroffenen abweichende Entscheidung rechtswidrig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerfGE 116, 135; BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 - 3 C 49.02 - BVerwGE 118, 379 und vom 08.04.1997 - BVerwG 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220). Es ist jedoch gleichfalls gesichert, dass die Behörde ihre Praxis aus willkürfreien, d. h. sachlichen Gründen ändern kann.

Danach kann hier offen bleiben, ob die Beklagte aufgrund des Umstands, dass sie ausweislich ihrer Mitteilung an den Senat mit Schreiben vom 17.07.2017 zuletzt im Jahr 2015 eine bereits im Jahr 2011 erstmals genehmigte Befreiung von der Schutzhelmpflicht aus gesundheitlichen Gründen (Genickschmerzen) ohne weiteres verlängert hat, verpflichtet gewesen ist, auch den Antrag des Klägers positiv zu bescheiden. Hierfür spräche, dass eine Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus gesundheitlichen Gründen jedenfalls nicht schwerer wiegen kann als eine Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus religiösen Gründen, nachdem die mit dem Tragen des Schutzhelms im ersten Fall verbundene Belastung lediglich die allgemeine Handlungsfreiheit, im zweiten Fall die schrankenlos gewährleistete Glaubensfreiheit berührt. Allerdings hat die Beklagte ihre bisherige Verwaltungspraxis jedenfalls zugleich mit ihrem Schreiben vom 17.07.2017 willkürfrei mit Wirkung für die Zukunft geändert, in dem sie mitgeteilt hat, man werde zukünftig zur Unmöglichkeit des Helmtragens noch "die Notwendigkeit des Motorradfahrens an sich hinterfragen". Hierzu hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats weiter erläutert, man habe den vorliegenden Rechtsstreit zum Anlass genommen, die Verwaltungspraxis nochmals zu überdenken. Man gehe nunmehr davon aus, dass man trotz des Vorliegens eines ärztlichen Attests weiter ein Ermessen hinsichtlich der Erteilung einer Befreiung von der Helmpflicht habe. Damit passt die Beklagte der Sache nach ihre Praxis an den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.02.2017 - 3 B 12.16 - (NJW 2017, 1691) an, dem zufolge das Ermessen der Straßenverkehrsbehörde zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Befreiung eines Motorradfahrers von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms nicht ohne weiteres auf Null reduziert ist, wenn der Motorradfahrer eine ärztliche Bescheinigung vorlegt, dass ihm das Tragen eines Schutzhelmes aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist.

5. Schließlich kann eine Ermessensreduktion auch nicht insofern auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gestützt werden, als andere öffentlich-rechtliche Rechtsträger in der Vergangenheit Sikhs von der Schutzhelmpflicht aus religiösen Gründen befreit haben. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, müssen sich Einzelfallentscheidungen der Verwaltung vor dem Gleichheitssatz nur in ihrem jeweiligen Kompetenzraum rechtfertigen, so dass eine abweichende Verwaltungspraxis anderer Rechtsträger in deren Kompetenzraum nicht die Pflicht begründet, auch im Verhältnis zu dieser Praxis die Gleichheit zu beachten (vgl. nur Senatsbeschluss vom 14.06.2016 - 10 S 234/15 - VBlBW 2016, 466 und Pietzcker in Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte, Band V, 2013, § 125 Rn. 93 ff. jeweils m. w. N.).

B. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte über seinen Antrag auf Genehmigung einer Ausnahme von der Schutzhelmpflicht des § 21a Abs. 2 StVO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.08.2013 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.10.2014 sind ermessensfehlerhaft ergangen und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Dabei kann offen bleiben, ob hier bereits ein - im späteren Verfahren nicht mehr heilbarer (vgl. nur Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 114 Rn. 114a) - Ermessensausfall vorliegt. Denn die Ermessensentscheidung der Beklagten leidet jedenfalls an einem auch im späteren gerichtlichen Verfahren nicht geheilten Ermessensdefizit, weil eine fehlerfreie Ermessensausübung insbesondere die Berücksichtigung aller für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte sowie die sachgerechte Gewichtung und Abwägung der betroffenen Belange, insbesondere einschlägiger Grundrechte, verlangt (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.04.1985 - 1 C 33.81 -, BVerwGE 71, 228 und vom 19.11.1996 - 1 C 6.95 - BVerwGE 102, 249; Wolff in Sodan/Ziekow a. a. O. Rn. 178 ff. m. w. N.). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall schon insofern, als die Beklagte sowohl in dem angefochtenen Bescheid als auch im Rahmen des Verwaltungsrechtsstreits nicht deutlich gemacht hat, dass eine Befreiung von der Schutzhelmpflicht nicht nur bei einer Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus gesundheitlichen, sondern auch aus religiösen Gründen grundsätzlich in Betracht kommt. Damit hat die Beklagte zumindest implizit der Glaubensfreiheit des Klägers im Vergleich zur Handlungsfreiheit eines gesundheitlich beeinträchtigten Motorradfahrers, der im Fall des Nachweises einer gesundheitsbedingten Unmöglichkeit des Helmtragens nach der aufgegebenen Verwaltungspraxis der Beklagte eine Ausnahmegenehmigung erhielt und nach ihrer neuen Verwaltungspraxis - beim Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen - zumindest erlangen kann, ein zu geringes Gewicht beigemessen. Im Rahmen ihrer neuen Entscheidung über den Antrag des Klägers darf die Beklagte die Unmöglichkeit des Helmtragens aus gesundheitlichen Gründen nicht großzügiger behandeln als eine Unmöglichkeit des Helmtragens aus religiösen Gründen.

Die Annahme, eine Ausnahme von der Schutzhelmpflicht könne nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden, rechtfertigt sich auch nicht durch Rn. 96 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 in der Fassung vom 22.05.2017, der zufolge von der Schutzhelmtragepflicht Personen im Ausnahmewege befreit werden können, wenn das Tragen eines Schutzhelms aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Abgesehen davon, dass es sich bei einer Verwaltungsvorschrift um für Grundrechtseinschränkungen im Außenverhältnis von vornherein untaugliches behördliches Innenrecht handelt, ist die genannte Rn. 96 VwV-StVO für eine - vor dem Hintergrund von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG im Übrigen auch gebotene - Auslegung offen, die mit der Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens aus gesundheitlichen Gründen lediglich einen möglichen Anwendungsfall für die Befreiung von der Helmpflicht benennt, ohne damit andere Konstellationen der Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens von vornherein aus dem Anwendungsbereich von § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b Alt. 2 StVO herausnehmen zu wollen.

Der Kläger kann zudem unabhängig hiervon auch deshalb von der Beklagten eine neue Entscheidung über seinen Befreiungsantrag verlangen, weil diese erst im Juli 2017 ihre bisherige Verwaltungspraxis aufgegeben hat, ohne bislang unter Anwendung der Kriterien ihrer neuen Verwaltungspraxis über den Antrag des Klägers zu entscheiden. Ob dem Kläger auf Grundlage der neuen Verwaltungspraxis eine Ausnahme genehmigt werden wird, lässt sich derzeit nicht sicher absehen. So ist bislang nicht klar, welche Anforderungen die Beklagte hinsichtlich der "Notwendigkeit des Motorradfahrens an sich" zusätzlich zu einer (aus gesundheitlichen, religiösen oder etwaigen anderen Gründen bestehenden) Unmöglichkeit des Schutzhelmtragens zu verlangen gedenkt. Offen ist auch, ob die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessenspraxis nach Prüfung des Für und Wider weitere Gesichtspunkte berücksichtigen wird (vgl. etwa VG Augsburg, Urteil vom 27.06.2000 - Au 3 K 00.466 - juris; Rebler/Ternig, VD 2009, S. 3, 11).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Beschluss vom 29. August 2017

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Der Streitwertbeschluss ist unanfechtbar.
 

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Aug. 2017 - 10 S 30/16

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(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

URTEIL

Verwaltungsgericht Freiburg

Urteil vom 29.10.2015

Az.: 6 K 2929/14

 

Ein Mitglied der Religionsgemeinschaft der Sikhs hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, wegen des religiösen Gebots, den Kopf mit einem Turban zu bedecken, von der Einhaltung der Schutzhelmtragepflicht gemäß § 21a Abs. 2 StVO ausgenommen zu werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Ausnahme von der Helmpflicht beim Führen eines Kraftrades.

Der Kläger gehört seit dem Jahre 2005 der Sikh-Religion an. Am 18.07.2013 beantragte er bei der Beklagten eine Ausnahme von der Pflicht, beim Motorradfahren einen Schutzhelm zu tragen. Hierzu gab er religiöse Gründe an, da er als Sikh Träger eines Turbans sei.

Mit Bescheid vom 27.08.2013 lehnt die Beklagte den Antrag ab und begründete dies damit, gemäß Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO könnten Ausnahmen von der Helmtragepflicht nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden. Religiöse Motive seien unzureichend. Die Schutzhelmtragepflicht bezwecke den Schutz vor schweren Körperverletzungen bei Stürzen vom Motorrad. Sie stelle keinen unzulässigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit oder freie Religionsausübung dar. Sie sei auch verhältnismäßig, da allgemein anerkannt sei, dass ein Schutzhelm geeignet sei, Kopfverletzungen zu vermeiden bzw. deren Schwere zu vermindern.

Der Kläger erhob am 06.09.2013 Widerspruch und wies darauf hin, eine Ausnahme von der Helmpflicht aus religiösen Gründen sei nicht nur möglich, sondern schon mehrfach ausgesprochen worden. Er wies hierzu auf einen Fall aus B. hin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014, zugestellt am 03.11.2014, wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück und führte hierzu aus: Gemäß § 46 Abs. 2 StVO könne die zuständige Behörde von allen Vorschriften der Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle genehmigen und habe hierbei nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO sei die Erteilung einer Ausnahme nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt. Die Ausnahmegenehmigung setze Gründe voraus, die das öffentliche Interesse am Verbot überwögen. Das Schutzgut der Vorschrift dürfe nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Ausdrücklich vorgesehen sei eine Ausnahme aus gesundheitlichen Gründen. Eine Einschränkung von Grundrechten des Klägers sei möglich, da sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe, dem öffentlichen Interesse diene, die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei und der Kerngehalt des Grundrechts nicht verletzt werde. Insoweit werde auf die Entscheidung der Beklagten verwiesen. Soweit der Kläger sich auf einen anderen Fall berufe, sei unklar, ob dieser vergleichbar sei. Selbst wenn dies so sein sollte, könne er hieraus jedoch keinen Anspruch herleiten, da die Ausnahmeerteilung aus Sicht der Widerspruchsbehörde rechtsfehlerhaft erfolgt sei.

Der Kläger hat am 03.12.2013 Klage erhoben und trägt vor: Die Sikh-Religion kenne keine Gebots- oder Verbotsregeln. Sie entspringe einer reflexiven Lebensweise. Ein Bestandteil dieses Glaubens sei es, sich seine Haare zu bewahren, dabei würden diese niemals geschnitten und unter einem Turban zusammengehalten. Dieser werde allenfalls zum Schlafengehen abgenommen, gegebenenfalls würden die Haare dann durch ein Tuch bedeckt. Durch das Tragen des Turbans fühle er sich beim Führen seines Motorrades besser geschützt als durch jeden Helm. Den Turban dürfe er in der Öffentlichkeit nicht abnehmen, da er ansonsten seiner Religion abtrünnig werden würde. Selbst für einen Schutzhelm dürfe er nach seiner religiösen Überzeugung den Turban nicht abnehmen. Durch die Helmpflicht werde in seine Religionsfreiheit eingegriffen und diese verletzt. Entgegen behördlicher Ansicht könne der Eingriff, da es sich um ein vorbehaltsloses Grundrecht handle, nicht allein durch ein Gesetz, sondern nur durch kollidierende Grundrechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte im Wege praktischer Konkordanz begrenzt werden. Werde er entweder zum Verzicht auf das Fahren eines Motorrades oder auf das Tragen eines Turbans gezwungen, weil den Interessen an der Vermeidung schwerer Verletzungen sowie dem Sozialstaatsprinzip (Belastung der Solidargemeinschaft der Mitglieder der Sozialversicherung durch Unfallkosten) Vorrang gegeben werde, finde keine Herstellung einer praktischen Konkordanz statt. Gerade weil die Ausnahmegenehmigung jedoch aus gesundheitlichen bzw. medizinischen Gründen erteilt werden könne, müsse dies zwingend erst recht für religiöse Gründe gelten. Realistisch prognostiziert werde eine solche Ausnahmegenehmigung von der Helmpflicht auch nicht häufig beantragt werden, da es sich auch tatsächlich um einen Ausnahmefall handele.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.10.2014 zu verpflichten, ihm die beantragte Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines geeigneten Schutzhelms beim Führen eines Kraftrades oder der Mitfahrt auf diesem zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet: Die Schutzhelmpflicht, die der hohen Gefahr schwerer Verletzungen bei Stürzen vom Motorrad vorbeugen solle, sei vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bestätigt worden. Eine entsprechende Eignung komme dem Turban nicht zu. Religiöse Kleidungsvorschriften entbänden nicht von der Helmtragepflicht. Auch wenn es sich beim Verbot des Kraftradfahrens mit Turban statt Helm um einen Eingriff in die Religionsfreiheit handle, sei dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt und die Ausnahmegenehmigung zu versagen gewesen. Die Religionsfreiheit sei durch kollidierendes Verfassungsrecht derart beschränkbar, dass ein Ausgleich mit kollidierenden Verfassungsgütern herzustellen sei. Das Recht des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit sei vorrangig. Der Eingriff sei auch verhältnismäßig, da ein Kraftradfahrer, der ohne Schutzhelm fahre und beim Unfall eine schwere Kopfverletzung davontrage, keineswegs nur sich selbst schade. Es liege auf der Hand, dass in vielen Fällen weiterer Schaden abgewendet werden könne, wenn ein Unfallbeteiligter bei Bewusstsein bleibe. Ferner hätten Unfälle mit schweren Kopfverletzungen weitreichende Folgen für die Allgemeinheit in Gestalt des Einsatzes der Rettungsdienste, ärztlicher Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen sowie der Versorgung von Invaliden. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei mithin geeignet, erforderlich und angemessen, um Gefahren für Leib und Leben des Klägers zu vermindern sowie Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (jeweils ein Heft der Beklagten und des RP Freiburg) verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger kann sein Begehren, Motorrad mit einem Turban statt einem Schutzhelm zu fahren, nicht schon ohne behördliche Gestattung verwirklichen (dazu unter I.). Die Versagung der deshalb von ihm beantragten Ausnahmegenehmigung ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO (dazu unter II.).

I.

Dem Begehren des Klägers stehen Straßenverkehrsvorschriften entgegen. Gemäß § 21a Abs. 2 StVO muss, wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO handelt ordnungswidrig im Sinne des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über das Tragen von Schutzhelmen nach § 21a Absatz 2 Satz 1 StVO verstößt.

1.) Bedenken an der Wirksamkeit der generell-abstrakten Regelung einer Schutzhelmtragepflicht bestehen nicht. § 21a StVO findet als Rechtsverordnung seine (gemäß Art. 80 GG erforderliche) Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG („die sonstigen zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den öffentlichen Straßen … erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr“).

a.) Soweit diese Bestimmung einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, ist dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 26.01.1982 - 1 BvR 1295/80 -, juris) hat im Zusammenhang mit der Verfassungsgemäßheit der Ordnungswidrigkeitsvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO festgestellt, dass die Helmpflicht insbesondere dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügt. Es sei allgemein anerkannt, dass ein Schutzhelm geeignet sei, Kopfverletzungen zu vermeiden oder jedenfalls deren Schwere zu vermindern. Dieser besondere Schutz für Kraftradfahrer sei mit keinen nennenswerten Nachteilen verbunden. Ein Kraftradfahrer, der ohne Schutzhelm fahre und deshalb bei einem Unfall eine schwere Kopfverletzung davontrage, schade keineswegs nur sich selbst. Es liege auf der Hand, dass in vielen Fällen weiterer Schaden abgewendet werden könne, wenn ein Unfallbeteiligter bei Bewusstsein bleibe. Wenn die Folgen eines im öffentlichen Straßenverkehr eingegangenen, berechenbaren und hohen Risikos die Allgemeinheit schwer belasteten, sei es für den einzelnen zumutbar, dieses Risiko durch einfache, leicht zu ertragende Maßnahmen zu senken. Dass Unfälle mit schweren Kopfverletzungen weitreichende Folgen für die Allgemeinheit hätten (z.B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden), stehe außer Frage. Durch die Ausnahmemöglichkeit gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO könnten unbillige Härten vermieden werden (BVerfG, a.a.O., Rn. 14 ff.).

b.) Die Schutzhelmpflicht kann ferner einen Eingriff in das (gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG speziellere - vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1971 – 1 BvR 387/65 –, Rn. 24, juris) Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG darstellen, soweit sie mit dem Tragen einer Kopfbedeckung aus religiösen Gründen kollidiert. Auf der Regelungsebene des Gesetzes ist indessen ein verfassungswidriger Eingriff in dieses Grundrecht (als Ausdruck objektiver Wertordnung) zu verneinen, da aufgrund der in § 46 Abs. 1 und 2 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller vorgesehenen Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen bereits der Gesetzgeber auf derselben Regelungsebene ein Instrument geschaffen hat, unverhältnismäßige Eingriffe zu vermeiden.

Eines Parlamentsgesetzes bedurfte es für die Anordnung der Helmpflicht nicht. Diese bezweckt nicht gezielt (unmittelbar bzw. normativ) das Verbot, aus religiösen Gründen eine Kopfbedeckung zu tragen. Sie stellt lediglich einen mittelbaren (faktischen) Eingriff in das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG dar, indem sie im Fall der Unvereinbarkeit des gleichzeitigen Tragens von Helm und religiös motivierter Kopfbedeckung den Grundrechtsinhaber zwingt, entweder auf das Motorradfahren zu verzichten oder die Kopfbedeckung zugunsten eines Helms abzunehmen. Auch dies erfordert zwar eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung (vgl. zum sog. „modernen“, faktisch-mittelbaren Eingriffsbegriff: BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 – 1 BvR 670/91 –, Rn. 70, juris). Angesichts einer allenfalls geringfügigen Eingriffsintensität (dazu unten) sowie des (nur) betroffenen Teilbereichs der Straßenverkehrssicherheit bedurfte es hierfür jedoch keiner Entscheidung des Parlaments. Dies hätte vielmehr einen Lebenssachverhalt vorausgesetzt, in dem miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinandertreffen, deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind und der ferner Entscheidungen mit einer Tragweite hervorbringt, die aus einem Verfahren hervorgehen müssen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären (BVerfG, Urt. v. 24.09.2003 – 2 BvR 1436/02 –, Rn. 68, juris [Verbot des Kopftuchtragens an öffentlichen Schulen]).

2.) Der Turban des Klägers ist kein im Sinne des § 21a Abs. 2 StVO geeigneter Schutzhelm. Geeignet sind amtlich genehmigte Schutzhelme sowie Kraftradschutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung. Amtlich genehmigt sind Schutzhelme, die entsprechend der ECE-Regelung Nr. 22 gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach dieser Regelung vorgeschriebenen Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Auch nicht genehmigte Schutzhelme dürfen verwendet werden, soweit sie ausreichende Schutzwirkung aufweisen. Der Helm muss geeignet sein, Kopfverletzungen bei Krad-Unfällen erheblich zu mindern und dementsprechend (mit geschlossenem Kinnriemen) getragen werden. Nicht geeignet sind z.B. Bauarbeiter-, Feuerwehr-, Radfahr- oder Stahlhelme der Bundeswehr (vgl. m.w.N.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 21a StVO, Rnr. 16; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, StVO § 21a Rn. 5). Der statt eines Helms getragene Turban - eine oder mehrere aus Baumwolle oder Baumwoll-Seide-Mischgewebe bestehende, mehrere Meter lange Stoffbahn(en), die wulstartig um den Kopf geschlungen wird/werden - ist offensichtlich, ohne dass dies eines wissenschaftlichen Nachweises bedürfte, kein geeigneter Schutzhelm. In materiell-physikalischer Hinsicht bestreitet dies letztlich auch der Kläger nicht. Seine Aussage, er fühle sich „durch den Turban besser als durch jeden Helm geschützt“, ist ersichtlich spirituell/religiös gemeint. Ein Tragen des Turbans unter dem Helm scheidet schließlich - das sehen auch die Beteiligten so - wegen fehlenden Platzes aus. Für einen Halbschalenhelm (sog. „Braincap“) gilt dies entsprechend, unabhängig davon, ob es sich bei diesem überhaupt um einen geeigneten Schutzhelm handelt.

3.) Da es dem Kläger ersichtlich darum geht, ein herkömmliches Kraftrad fahren zu können, ist in seinem Fall schließlich auch keine Konfliktlösung in Anwendung der 8. Ausnahmeverordnung zur StVO (vom 20.08.1998, BGBl. S. 1130 - AusnahmeVO StVO) möglich. Nach dieser greift bereits auf Gesetzesebene eine Ausnahme von der Helmpflicht bei Krafträdern ein, wenn diese den Anforderungen der Anlage zur 8. AusnahmeVO StVO entsprechen und wenn die vorhandenen Rückhaltesysteme angelegt sind. Ein herkömmliches Motorrad erfüllt diese Voraussetzungen indessen nicht, da hierfür ein spezielles Rückhaltesystem und eine Rahmenkonstruktion mit Überrollbügel sowie ein Frontcrashelement erforderlich sind (vgl. Begründung zur Verordnung, abgedruckt bei Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 21a StVO Rn. 1h).

II.

Einen Anspruch darauf, von der Einhaltung der Helmtragepflicht ausgenommen zu werden, hat der Kläger nicht.

1.) Anspruchsgrundlage für die bei der Beklagten (zu deren Zuständigkeit und Passivlegitimation vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 StVO i.V.m. § 1 StVOZuG und §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 LVG sowie § 47 Abs. 2 Nr. 5 StVO) beantragte Ausnahmegenehmigung ist § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO, der die Straßenverkehrsbehörden ermächtigt, in den unter Nrn. 1 bis 12 abschließend geregelten Sachverhalten Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Hingegen ist nicht - wie vom RP Freiburg angeführt - § 46 Abs. 2 StVO einschlägig, da dieser die Ausnahmegenehmigung von allen Vorschriften der StVO betrifft und hierzu die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen ermächtigt. Da indessen beide Vorschriften Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle regeln und diese ins Ermessen der Behörde stellen - mithin wesensgleich sind -, ist die Entscheidungsbegründung mit der unzutreffenden Rechtsgrundlage unschädlich.

2.) Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung sind von der Beklagten ermessensfehlerfrei (§ 114 VwGO) verneint worden. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen (u.a.) von den Vorschriften über das Tragen von Schutzhelmen. Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Das Merkmal der Ausnahmesituation ist nicht als eigenständiges Tatbestandsmerkmal verselbstständigt, sondern Bestandteil der der Behörde obliegenden Ermessensentscheidung. Denn die Feststellung, ob ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, setzt den gewichtenden Vergleich der Umstände des konkreten Falles mit dem typischen Regelfall voraus, der dem generellen Verbot zugrunde liegt (vgl. zu § 46 Abs. 2 StVO: BVerwG, Urt. v. 13.03.1997 – 3 C 2/97 –, Rn. 27, juris; vgl. zu § 46 Abs. 1 StVO: OVG NRW, Urt. v. 14.03.2000 – 8 A 5467/98 –, Rn. 12, juris; andere Auffassung zu § 46 Abs. 1 StVO: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1991 – 5 S 1791/90 –, Rn. 8, juris [die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist nur beim Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalls zulässig]).

a.) Die Beklagte hat ihr Ermessen erkannt. Insbesondere ist sie nicht - was sonst ein Ausübungsdefizit dargestellt hätte - davon ausgegangen, Ausnahmegenehmigungen könnten allein aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden, weil nur diese in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO ( vom 26.01.2001 [BAnz. S. 1419, ber. S. 5206], zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 11. 11. 2014 [BAnz AT 17.11.2014 B5]) genannt sind. Zwar klang solches zunächst im Ausgangsbescheid (Seite 1, 2. Absatz) an, wenn dort ausgeführt wurde, „[g]em. § 46 StVO werden Ausnahmegenehmigungen zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen erteilt, die Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO enthält auch keine anderen Tatbestände für die Erteilung einer Ausnahme“. Indessen hat die Beklagte in der weiteren Begründung (zu deren Bedeutung für die Ermessensentscheidung und folglich für deren gerichtliche Überprüfung vgl. § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG) auch die Frage eines unzulässigen Eingriffs in die freie Religionsausübung erwogen und diese aus Verhältnismäßigkeitsgründen verneint. Der (entsprechend § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebende Widerspruchsbescheid hat diese Argumentation durch Verweisung auf den Ausgangsbescheid übernommen. Schließlich hat die Beklagte in der Klagebegründung ausführlicher und vertiefend dazu vorgetragen, warum sie aus überwiegenden öffentlichen Interessen eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG im Einzelfall verneint. Da insoweit, wie dargelegt, bereits im Verwaltungsverfahren Ermessenserwägungen angestellt worden waren, handelte es sich dabei um eine zulässige Ergänzung dieser Erwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO - vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 14.01.1999 – 6 B 133/98 –, Rn. 10, juris).

b.) Die Beklagte hat schließlich bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt, kommt der Abwägung der mit § 21a Abs. 2 StVO verfolgten öffentlichen Interessen mit den privaten, insbesondere grundrechtlich geschützten Belangen des Klägers maßgebliche Bedeutung zu. Die Kammer kann nicht feststellen, dass hierbei die Interessen des Klägers und deren Beeinträchtigung verkannt und das öffentliche Interesse unverhältnismäßig zu Lasten des Klägers durchgesetzt worden wäre. Eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte liegt damit nicht vor.

Soweit die bußgeldbewehrte Schutzhelmpflicht einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, ist dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt (s.o. unter I.1.a)).

Auch aus der Religionsfreiheit ergibt sich keine Ermessensgrenze, die hier unzulässig überschritten worden wäre:

Das Tragen eines Sikh-Turbans in der Öffentlichkeit ist vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG umfasst.

Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und deshalb den Regeln des Glaubens gemäß einem religiösen Bedeckungsgebot zu genügen, wenn dies hinreichend plausibel begründet wird. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Dies bedeutet nicht, dass jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der Glaubensfreiheit angesehen werden muss. Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat. Dem Staat ist es indes verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als „richtig“ oder „falsch“ zu bezeichnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 –, Rn. 83 und 86, juris [Tragen eines islamischen Kopftuchs]).

Auch wenn es, wie der Kläger selbst in der Klagebegründung anführt, in der Sikh-Religion keine ausdrücklichen Gebots- oder Verbotsregeln gibt, so muss der Turban (Punjabi: „Dastar“ bzw. „Dastaar“) gleichwohl als religiöses Bekenntnissymbol der Sikhs angesehen werden. Der Dastar wird jeden Morgen neu gebunden und verdeckt die aus religiösen Gründen ungeschnittenen Haare der Sikhs (Wikipedia [https://de.wikipedia.org/wiki/Dastar]). In der Sikh-Tradition hat der Turban deshalb zusammen mit den ungeschnittenen Haaren eine herausgehobene und einzigartige Bedeutung. Getaufte Sikhs, die dem Khalsa („Gemeinschaft der innerlich Reinen“) angehören, leisten ausgehend von den Idealen der ersten historischen Taufe unter dem 10. Meister Gobind Singh einen Eid darauf, dass sie bis „zum Lebensende ihr Haar bewahren und es sorgsam mit einem Turban schmücken“. Diese Kopfbedeckung komplettiert die Haltung, durch die ungeschnittenen Haare den Respekt für den Schöpfer und seine Schöpfung auszudrücken (Sikh-Forum [www.sikh-religion.de/html/haare-turban033.html]). Ein Sikh, der eins mit seinem Guru sein will, muss wie dieser aussehen und einen Dastar tragen. Der Dastar ist das Geschenk des Gurus an die Gläubigen (Wikipedia [https://en.wikipedia.org/wiki/Dastar] - mit Zitaten aus sikhnet). Wenn der Kläger eine religiöse Motivation für das Tragen seiner Kopfbedeckung geltend macht, kann er sich hierfür nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung an sich auf hinreichend plausible Gründe berufen. Es kommt nicht darauf an, ob dieser Inhalt der Bekleidungsvorschrift im Sikhismus völlig unumstritten ist, solange diese Betrachtung - wovon hier auszugehen ist - verbreitet ist (BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015, a.a.O., Rn. 89). Der Kläger versteht den Turban als äußeres Anzeichen religiöser Identität und bekennt damit seine religiöse Überzeugung, ohne dass es hierfür einer besonderen Kundgabeabsicht oder eines zusätzlichen wirkungsverstärkenden Verhaltens bedarf (BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015, a.a.O., Rn. 94). Auch die Beklagte hat das nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Gleichwohl erscheint es aber zweifelhaft, ob diese plausiblen Gründe auch das Motorradfahren erfassen. Denn die im Vordergrund stehende Bewahrung der Haare durch Nichtschneiden und Bedecken lässt es nach den vom Kläger selbst angeführten Glaubensregeln zu, den Turban situationsbedingt (z.B. beim Schlafen) durch eine andere Bedeckung zu ersetzen. Ob zudem Respekt für Schöpfer und Schöpfung noch mitschwingt, wo der schmückende Turban den schützenden Motorradhelm verdrängen soll, erscheint der Kammer doch fraglich. Auch Würde und äußere sowie innere Einheit mit dem Guru erscheinen dem Gericht durch einen mit Turban Motorrad fahrenden Sikh nicht recht nachvollziehbar gewahrt, der mit einem solchen Anblick in der Öffentlichkeit wohl eher Unverständnis oder gar Spott auslösen würde. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da eine Grundrechtsverletzung jedenfalls aus den sogleich darzulegenden Gründen ausscheidet.

Die Schutzhelmpflicht stellt keinen Eingriff in die religiöse Bekenntnisfreiheit dar.

Die Beachtung der Helmpflicht führt nämlich nicht dazu, dass der Kläger den Kern des religiösen Gebots aufgeben müsste, das zuallererst und im Wesentlichen darin besteht, die Haare nicht zu schneiden und den Kopf (deshalb) bedeckt zu halten. Die Helmpflicht zwingt nämlich gerade nicht zur Entblößung des Hauptes in der Öffentlichkeit. Eine eventuell erforderliche Bedeckung der Haare unter dem Helm kann mit einem Tuch oder einer Mütze („Sturmhaube“) erfolgen. Ferner bleibt es dem Kläger möglich, beim Benutzen eines Motorrads den Turban jeweils in privaten Räumlichkeiten oder auch an anderen Orten, wo er nicht sein entblößtes Haupt der Öffentlichkeit zeigen muss, gegen Tuch/Haube und Schutzhelm zu tauschen (so auch Schweizerisches Bundesgericht Lausanne, Urt. v. 27.05.1993 – 6 S 699/1992 –, EuGRZ 1993, 595). Eine damit allenfalls bestehende Unbequemlichkeit und Lästigkeit hat der Kläger hinzunehmen.

Selbst ein (allenfalls faktischer - s.o. unter I.1.b.) Eingriff in die Religionsfreiheit des Klägers wäre schließlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Ein Eingriff wäre nicht schwerwiegend. Das Motorradfahren betrifft, auch jahreszeitlich bedingt, nur einen kleinen Teil des täglichen Lebens des Klägers. Der Kläger ist ferner auf ein Motorrad als Fortbewegungsmittel nicht angewiesen und kann sämtliche anderen Fortbewegungsmittel unter Wahrung seines religiösen Bekenntnisses verwenden. Auch sein Vortrag, er sei bereits seit dem Jahr 2005 Anhänger der Sikh-Religion, während er jedoch die Ausnahmegenehmigung erst im Sommer 2013 begehrte, spricht nicht für einen besonderen Bedarf. Die dem Kläger auferlegte Erschwernis bezöge sich mithin lediglich auf eine einzige Form der motorisierten Fortbewegung im Straßenverkehr, auf die er zudem nicht erkennbar angewiesen ist. Eine wirkliche Belastung des Klägers kann nicht ausgemacht werden. Dies wiederum bedeutete, dass der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG nur an seinem äußersten Rand berührt würde. Damit aber wäre die Einhaltung der Helmpflicht für den Kläger zumutbar, da öffentliche Belange seinem Anliegen entgegenstehen, die so gewichtig sind, dass sie das nur gering in einem Randbereich betroffene Rechtsgut der Religionsfreiheit überwiegen.

Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantiert die Religionsfreiheit zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos. Nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung können auch den Freiheiten des Art. 4 GG durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes Grenzen gezogen werden. Solche Grenzen können sich vor allem aus kollidierenden Grundrechten anderer Grundrechtsträger, aber auch aus anderen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern ergeben. Dabei ist der Konflikt mit den anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (BVerfG, Beschl. v. 02.10.2003 – 1 BvR 536/03 –, Rn. 15, juris; Beschl. v. 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 –, Rn. 51, juris). Die schwächere Norm darf nur so weit zurückgedrängt werden, wie das logisch und systematisch zwingend erscheint; ihr sachlicher Grundwertgehalt muss in jedem Fall respektiert werden (BVerfG, Beschl. v. 26.05.1970 – 1 BvR 83/69 u.a. -, Rn. 58, juris).

Ausgehend von der Entscheidung des BVerfG vom 26.01.1982 (1 BvR 1295/80 -, a.a.O. - s.o. unter I.1.a.) bezweckt die Schutzhelmtragepflicht sowohl, Kopfverletzungen beim Fahrer/Mitfahrer zu vermeiden oder jedenfalls deren Schwere zu vermindern (Eigenschutz - in diesem Sinne auch BGH, Urt. v. 25.01.1983 – VI ZR 92/81 –, Rn. 14, juris), als auch die Entlastung der Allgemeinheit von schweren Belastungen, die aus Unfällen mit schweren Kopfverletzungen folgen können, z.B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden (in diesem Sinne auch VG Augsburg, Urt. v. 27.06.2000 – Au 3 K 00.466 –, juris). Ein damit eng verknüpftes öffentliches Interesse besteht ferner darin, dass in vielen Fällen nach einem Verkehrsunfall weiterer Schaden für Dritte dadurch abgewendet werden kann, dass ein beteiligter Motorradfahrer dank seines Schutzhelms bei Bewusstsein bleiben und die Unfallstelle räumen, Rettungsdienste alarmieren und sofort Maßnahmen ergreifen kann (VG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 11 K 298.12 –, Rn. 13, juris). Schließlich ist zu bedenken, dass im Falle eines Verkehrsunfalls mit einem Motorradfahrer, der erlaubterweise keinen Schutzhelm trägt, die Verletzungsfolgen aufgrund des fehlenden Schutzhelmes unter Umständen vom Unfallgegner zu tragen sind. Sofern bei der Prüfung einer Ausnahmegenehmigung von der Helmpflicht allein auf gesundheitliche Belange des betreffenden Motorradfahrers abgestellt würde, würde dies daher finanzielle Interessen anderer Verkehrsteilnehmer und ihrer Versicherer kaum zumutbar beeinträchtigen (VG Berlin, a.a.O.; in diesem Sinne auch kritisch bei einer Ausnahme von der Gurtpflicht: OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.02.2015 – 12 LA 137/14 –, Rn. 7, juris).

Die über den Eigenschutz des Motorradfahrers hinausgehenden Zwecke, umfangreiche materielle Folgen von Motorradunfällen für die Allgemeinheit zu verhindern bzw. zumindest zu begrenzen, sind durch verfassungsimmanente Schranken gedeckt. Dies ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der Sozialversicherung, die vom Gesetzgebungskompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG abgedeckt ist. Aus Kompetenznormen sind aufgrund der darin ausgedrückten grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Anerkennung und Billigkeit des geregelten Gegenstands verfassungsimmanente Schranken zu entnehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77 –, Rn. 51, juris [Art. 74 Nr. 11a GG: Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken] sowie insbesondere Urt. v. 20.12.1960 – 1 BvL 21/60 –, Rn. 17, juris und Urt. v. 24.04.1985 – 2 BvF 2/83 u.a. -, Rn. 43, juris [Art. 12 a, 73 Nr. 1, 87 a und 115 b GG: Wehrverfassung und Kriegsdienstverweigerung]; gegen ein Ausreichen lediglich von Kompetenztiteln hingegen: Bellardita/Neureither, Jus 2005, 1000 [1003]; Frenz, Jus 2009, 493 [495]). Entsprechendes folgt ferner aus Art. 20 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips (hier zustimmend Bellardita/Neureither, a.a.O.). Unter beide Verfassungsgüter lässt sich der mit der Helmpflicht über die Eigensicherung hinaus verfolgte Schutzzweck einordnen und ist damit fähig, zu einer Einschränkung der Religionsfreiheit zu führen.

Erachtet man das Grundrecht der freien Religionsausübung gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 WRV unter den Vorbehalt der allgemeinen Gesetze gestellt (so BVerwG, Urt. v. 23.11.2000 - 3 C 40/99 -, Rn. 20 ff., juris; Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl. 2016, Art. 4, Rn. 211/212), so ergibt sich eine Einschränkbarkeit bereits direkt aus § 21a Abs. 2 StVO.

Im Einzelfall wäre diese Einschränkung für den Kläger schließlich auch zumutbar. Der Grundsatz der praktischen Konkordanz (der hier an die Stelle der üblichen Verhältnismäßigkeitsprüfung tritt - vgl. Voßkuhle, JuS 2007, 429 [430/431]) wurde vorliegend nicht verletzt, indem dem Kläger eine Ausnahme verweigert wurde. Wie oben dargelegt, würde sich - sofern überhaupt ein Eingriff vorliegt - ein solcher Eingriff am äußersten Rand des Schutzbereichs des Grundrechts bewegen. Im Übrigen bliebe hingegen die Religionsfreiheit des Klägers unbeeinträchtigt. Auch bleibt die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Turban völlig uneingeschränkt beim Fahren mit PKW und LKW sowie öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Anhaltspunkte dafür, der Kläger sei besonders – etwa aus beruflichen oder sonstigen individuellen Gründen – auf ein Motorrad angewiesen, liegen nicht vor. Von einer unzulässigen, weil einseitigen Zurückdrängung der Religionsfreiheit zu Gunsten des öffentlichen Interesses kann somit nicht die Rede sein (a.A. Bellardita/Neureither, a.a.O.).

Eine den Kläger geringer belastende Regelung gibt es nicht. Eine Ausnahmegenehmigung unter Auflagen, die etwa von Fahrleistung und Fahrstrecke sowie benutzter Maschine abhängig gemacht wird, erachtet die Kammer für offensichtlich ungeeignet. Es gibt überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine geringe Laufleistung auf einer nicht besonders unfallträchtigen Strecke mit einer leichten Maschine (in diesem Sinne aber etwa VG Augsburg, Urt. v. 27.06.2000, a.a.O.) einen derart geringeren Gefährdungsgrad hätte, dass die oben genannten schwerwiegenden Folgen hinreichend sicher vermieden bzw. zumindest abgemildert werden könnten. Unabhängig davon wäre eine solche Auflage in der Praxis wohl auch nicht einzuhalten bzw. zu überwachen.

Die Versagung der Ausnahmegenehmigung verstößt auch nicht gegen das allgemeine Gleichheitsrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit in L. und H. Angehörige der Sikh-Religion durch Entscheidungen der dortigen Behörden von der Helmpflicht ausgenommen worden sind, betrifft dies die Entscheidungszuständigkeitsbereiche anderer Rechtsträger als der Beklagten. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen indessen nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu (BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83 u.a. –, Rn. 151, juris). Ferner ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um vergleichbare Fälle handelte. Selbst wenn dies anders sein sollte, so wären die Ausnahmegenehmigungen für die jeweiligen Antragsteller nach Auffassung der Kammer rechtswidrig gewesen, so dass sich Kläger hierauf nicht berufen könnte.

Aus Europarecht schließlich ergibt sich auch nichts anderes.

Einen Anspruch auf Gleichbehandlung innerhalb der EU bzw. des Europarates - speziell etwa unter Berufung auf die Rechtslage in Großbritannien, wo die Sikhs von der Helmpflicht befreit sind, gibt es nicht. Für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK ist nichts ersichtlich. Die Religionsfreiheit aus Art. 9 EMRK geht zugunsten des Klägers ebenfalls nicht weiter als das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Die EMRK und ihre Zusatzprotokolle stehen in der deutschen Rechtsordnung im Range eines förmlichen Bundesgesetzes. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Garantien des GG, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem GG führt (BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 –, Rn. 30-32, juris). Bereits mit Entscheidung vom 12.07.1978 (Nr. 7992/77 - X. vs. United Kingdom) stellte der damalige (vor Einrichtung des EGMR entscheidungszuständige) Menschenrechtsausschuss vor Einführung der generellen Helmbefreiung für Sikhs in Großbritannien fest, dass die bis dahin geltende Schutzhelmpflicht im überwiegenden öffentlichen Interesse gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sei. Mit Entscheidung vom 13.11.2008 (Nr. 24479/07 - juris) stellte der EGMR ferner fest, dass die Verpflichtung, wonach sich ein praktizierender Sikh auf dem Foto für einen Ersatzführerschein ohne Turban abbilden lassen müsse, für Behörden gerade bei Verkehrskontrollen notwendig sei, um den Fahrer zu identifizieren und seine Fahrerlaubnis zu überprüfen. Derartige Kontrollen aber seien notwendig für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Art. 9 Abs. 2 EMRK. In der Entscheidung vom 01.07.2014 (Nr. 43835/11) - S.A.S. gegen Frankreich) stellte der EGMR schließlich fest, dass das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit („Burka-Verbot“) aus Gründen des Zusammenlebens sowie des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei. Er ließ insoweit als Rechtfertigung für diesen erheblichen Eingriff in die Religionsfreiheit der davon im gesamten Alltag überall in der Öffentlichkeit betroffenen Trägerin dieses Kleidungsstücks ausreichen, dass ein öffentliches Interesse an offener Kommunikation bestehe, dem eine Verhüllung des Gesichts als Kommunikationshindernis entgegenstehe.

Das in Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) verankerte Recht auf Religionsfreiheit entspricht dem in Art. 9 EMRK garantierten Recht (EuGH, Urt. v. 05.09.2012 – C-71/11, C-99/11 –, Rn. 56, juris). Ungeachtet dessen gelangt die GrCh hier mangels Durchführung des Rechts der Union i.S.v. Art. 51 Abs. 1 GRCh nicht zur Anwendung (vgl. dazu etwa EuGH, Urt. v. 26.02.2013, C-617/10 [Akerberg Fransson] -, Rn. 19 ff., juris). § 21a StVO ist keine unionsrechtliche angereicherte Vorschrift (vgl. dazu näher Burmann/Heß/Jahnke/Janker, a.a.O., Vorbemerkungen – StVO Rn. 2).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären, besteht nicht (§167 Abs. 2 VwGO).

Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

URTEIL

Verwaltungsgericht Freiburg

Urteil vom 29.10.2015

Az.: 6 K 2929/14

 

Ein Mitglied der Religionsgemeinschaft der Sikhs hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, wegen des religiösen Gebots, den Kopf mit einem Turban zu bedecken, von der Einhaltung der Schutzhelmtragepflicht gemäß § 21a Abs. 2 StVO ausgenommen zu werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Ausnahme von der Helmpflicht beim Führen eines Kraftrades.

Der Kläger gehört seit dem Jahre 2005 der Sikh-Religion an. Am 18.07.2013 beantragte er bei der Beklagten eine Ausnahme von der Pflicht, beim Motorradfahren einen Schutzhelm zu tragen. Hierzu gab er religiöse Gründe an, da er als Sikh Träger eines Turbans sei.

Mit Bescheid vom 27.08.2013 lehnt die Beklagte den Antrag ab und begründete dies damit, gemäß Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO könnten Ausnahmen von der Helmtragepflicht nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden. Religiöse Motive seien unzureichend. Die Schutzhelmtragepflicht bezwecke den Schutz vor schweren Körperverletzungen bei Stürzen vom Motorrad. Sie stelle keinen unzulässigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit oder freie Religionsausübung dar. Sie sei auch verhältnismäßig, da allgemein anerkannt sei, dass ein Schutzhelm geeignet sei, Kopfverletzungen zu vermeiden bzw. deren Schwere zu vermindern.

Der Kläger erhob am 06.09.2013 Widerspruch und wies darauf hin, eine Ausnahme von der Helmpflicht aus religiösen Gründen sei nicht nur möglich, sondern schon mehrfach ausgesprochen worden. Er wies hierzu auf einen Fall aus B. hin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2014, zugestellt am 03.11.2014, wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück und führte hierzu aus: Gemäß § 46 Abs. 2 StVO könne die zuständige Behörde von allen Vorschriften der Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle genehmigen und habe hierbei nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO sei die Erteilung einer Ausnahme nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt. Die Ausnahmegenehmigung setze Gründe voraus, die das öffentliche Interesse am Verbot überwögen. Das Schutzgut der Vorschrift dürfe nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Ausdrücklich vorgesehen sei eine Ausnahme aus gesundheitlichen Gründen. Eine Einschränkung von Grundrechten des Klägers sei möglich, da sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe, dem öffentlichen Interesse diene, die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei und der Kerngehalt des Grundrechts nicht verletzt werde. Insoweit werde auf die Entscheidung der Beklagten verwiesen. Soweit der Kläger sich auf einen anderen Fall berufe, sei unklar, ob dieser vergleichbar sei. Selbst wenn dies so sein sollte, könne er hieraus jedoch keinen Anspruch herleiten, da die Ausnahmeerteilung aus Sicht der Widerspruchsbehörde rechtsfehlerhaft erfolgt sei.

Der Kläger hat am 03.12.2013 Klage erhoben und trägt vor: Die Sikh-Religion kenne keine Gebots- oder Verbotsregeln. Sie entspringe einer reflexiven Lebensweise. Ein Bestandteil dieses Glaubens sei es, sich seine Haare zu bewahren, dabei würden diese niemals geschnitten und unter einem Turban zusammengehalten. Dieser werde allenfalls zum Schlafengehen abgenommen, gegebenenfalls würden die Haare dann durch ein Tuch bedeckt. Durch das Tragen des Turbans fühle er sich beim Führen seines Motorrades besser geschützt als durch jeden Helm. Den Turban dürfe er in der Öffentlichkeit nicht abnehmen, da er ansonsten seiner Religion abtrünnig werden würde. Selbst für einen Schutzhelm dürfe er nach seiner religiösen Überzeugung den Turban nicht abnehmen. Durch die Helmpflicht werde in seine Religionsfreiheit eingegriffen und diese verletzt. Entgegen behördlicher Ansicht könne der Eingriff, da es sich um ein vorbehaltsloses Grundrecht handle, nicht allein durch ein Gesetz, sondern nur durch kollidierende Grundrechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte im Wege praktischer Konkordanz begrenzt werden. Werde er entweder zum Verzicht auf das Fahren eines Motorrades oder auf das Tragen eines Turbans gezwungen, weil den Interessen an der Vermeidung schwerer Verletzungen sowie dem Sozialstaatsprinzip (Belastung der Solidargemeinschaft der Mitglieder der Sozialversicherung durch Unfallkosten) Vorrang gegeben werde, finde keine Herstellung einer praktischen Konkordanz statt. Gerade weil die Ausnahmegenehmigung jedoch aus gesundheitlichen bzw. medizinischen Gründen erteilt werden könne, müsse dies zwingend erst recht für religiöse Gründe gelten. Realistisch prognostiziert werde eine solche Ausnahmegenehmigung von der Helmpflicht auch nicht häufig beantragt werden, da es sich auch tatsächlich um einen Ausnahmefall handele.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.10.2014 zu verpflichten, ihm die beantragte Ausnahme von der Pflicht zum Tragen eines geeigneten Schutzhelms beim Führen eines Kraftrades oder der Mitfahrt auf diesem zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet: Die Schutzhelmpflicht, die der hohen Gefahr schwerer Verletzungen bei Stürzen vom Motorrad vorbeugen solle, sei vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bestätigt worden. Eine entsprechende Eignung komme dem Turban nicht zu. Religiöse Kleidungsvorschriften entbänden nicht von der Helmtragepflicht. Auch wenn es sich beim Verbot des Kraftradfahrens mit Turban statt Helm um einen Eingriff in die Religionsfreiheit handle, sei dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt und die Ausnahmegenehmigung zu versagen gewesen. Die Religionsfreiheit sei durch kollidierendes Verfassungsrecht derart beschränkbar, dass ein Ausgleich mit kollidierenden Verfassungsgütern herzustellen sei. Das Recht des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit sei vorrangig. Der Eingriff sei auch verhältnismäßig, da ein Kraftradfahrer, der ohne Schutzhelm fahre und beim Unfall eine schwere Kopfverletzung davontrage, keineswegs nur sich selbst schade. Es liege auf der Hand, dass in vielen Fällen weiterer Schaden abgewendet werden könne, wenn ein Unfallbeteiligter bei Bewusstsein bleibe. Ferner hätten Unfälle mit schweren Kopfverletzungen weitreichende Folgen für die Allgemeinheit in Gestalt des Einsatzes der Rettungsdienste, ärztlicher Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen sowie der Versorgung von Invaliden. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei mithin geeignet, erforderlich und angemessen, um Gefahren für Leib und Leben des Klägers zu vermindern sowie Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt (jeweils ein Heft der Beklagten und des RP Freiburg) verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger kann sein Begehren, Motorrad mit einem Turban statt einem Schutzhelm zu fahren, nicht schon ohne behördliche Gestattung verwirklichen (dazu unter I.). Die Versagung der deshalb von ihm beantragten Ausnahmegenehmigung ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO (dazu unter II.).

I.

Dem Begehren des Klägers stehen Straßenverkehrsvorschriften entgegen. Gemäß § 21a Abs. 2 StVO muss, wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO handelt ordnungswidrig im Sinne des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über das Tragen von Schutzhelmen nach § 21a Absatz 2 Satz 1 StVO verstößt.

1.) Bedenken an der Wirksamkeit der generell-abstrakten Regelung einer Schutzhelmtragepflicht bestehen nicht. § 21a StVO findet als Rechtsverordnung seine (gemäß Art. 80 GG erforderliche) Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG („die sonstigen zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den öffentlichen Straßen … erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr“).

a.) Soweit diese Bestimmung einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, ist dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 26.01.1982 - 1 BvR 1295/80 -, juris) hat im Zusammenhang mit der Verfassungsgemäßheit der Ordnungswidrigkeitsvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO festgestellt, dass die Helmpflicht insbesondere dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügt. Es sei allgemein anerkannt, dass ein Schutzhelm geeignet sei, Kopfverletzungen zu vermeiden oder jedenfalls deren Schwere zu vermindern. Dieser besondere Schutz für Kraftradfahrer sei mit keinen nennenswerten Nachteilen verbunden. Ein Kraftradfahrer, der ohne Schutzhelm fahre und deshalb bei einem Unfall eine schwere Kopfverletzung davontrage, schade keineswegs nur sich selbst. Es liege auf der Hand, dass in vielen Fällen weiterer Schaden abgewendet werden könne, wenn ein Unfallbeteiligter bei Bewusstsein bleibe. Wenn die Folgen eines im öffentlichen Straßenverkehr eingegangenen, berechenbaren und hohen Risikos die Allgemeinheit schwer belasteten, sei es für den einzelnen zumutbar, dieses Risiko durch einfache, leicht zu ertragende Maßnahmen zu senken. Dass Unfälle mit schweren Kopfverletzungen weitreichende Folgen für die Allgemeinheit hätten (z.B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden), stehe außer Frage. Durch die Ausnahmemöglichkeit gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO könnten unbillige Härten vermieden werden (BVerfG, a.a.O., Rn. 14 ff.).

b.) Die Schutzhelmpflicht kann ferner einen Eingriff in das (gegenüber Art. 2 Abs. 1 GG speziellere - vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1971 – 1 BvR 387/65 –, Rn. 24, juris) Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG darstellen, soweit sie mit dem Tragen einer Kopfbedeckung aus religiösen Gründen kollidiert. Auf der Regelungsebene des Gesetzes ist indessen ein verfassungswidriger Eingriff in dieses Grundrecht (als Ausdruck objektiver Wertordnung) zu verneinen, da aufgrund der in § 46 Abs. 1 und 2 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller vorgesehenen Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen bereits der Gesetzgeber auf derselben Regelungsebene ein Instrument geschaffen hat, unverhältnismäßige Eingriffe zu vermeiden.

Eines Parlamentsgesetzes bedurfte es für die Anordnung der Helmpflicht nicht. Diese bezweckt nicht gezielt (unmittelbar bzw. normativ) das Verbot, aus religiösen Gründen eine Kopfbedeckung zu tragen. Sie stellt lediglich einen mittelbaren (faktischen) Eingriff in das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG dar, indem sie im Fall der Unvereinbarkeit des gleichzeitigen Tragens von Helm und religiös motivierter Kopfbedeckung den Grundrechtsinhaber zwingt, entweder auf das Motorradfahren zu verzichten oder die Kopfbedeckung zugunsten eines Helms abzunehmen. Auch dies erfordert zwar eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung (vgl. zum sog. „modernen“, faktisch-mittelbaren Eingriffsbegriff: BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002 – 1 BvR 670/91 –, Rn. 70, juris). Angesichts einer allenfalls geringfügigen Eingriffsintensität (dazu unten) sowie des (nur) betroffenen Teilbereichs der Straßenverkehrssicherheit bedurfte es hierfür jedoch keiner Entscheidung des Parlaments. Dies hätte vielmehr einen Lebenssachverhalt vorausgesetzt, in dem miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinandertreffen, deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind und der ferner Entscheidungen mit einer Tragweite hervorbringt, die aus einem Verfahren hervorgehen müssen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären (BVerfG, Urt. v. 24.09.2003 – 2 BvR 1436/02 –, Rn. 68, juris [Verbot des Kopftuchtragens an öffentlichen Schulen]).

2.) Der Turban des Klägers ist kein im Sinne des § 21a Abs. 2 StVO geeigneter Schutzhelm. Geeignet sind amtlich genehmigte Schutzhelme sowie Kraftradschutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung. Amtlich genehmigt sind Schutzhelme, die entsprechend der ECE-Regelung Nr. 22 gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach dieser Regelung vorgeschriebenen Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Auch nicht genehmigte Schutzhelme dürfen verwendet werden, soweit sie ausreichende Schutzwirkung aufweisen. Der Helm muss geeignet sein, Kopfverletzungen bei Krad-Unfällen erheblich zu mindern und dementsprechend (mit geschlossenem Kinnriemen) getragen werden. Nicht geeignet sind z.B. Bauarbeiter-, Feuerwehr-, Radfahr- oder Stahlhelme der Bundeswehr (vgl. m.w.N.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 21a StVO, Rnr. 16; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, StVO § 21a Rn. 5). Der statt eines Helms getragene Turban - eine oder mehrere aus Baumwolle oder Baumwoll-Seide-Mischgewebe bestehende, mehrere Meter lange Stoffbahn(en), die wulstartig um den Kopf geschlungen wird/werden - ist offensichtlich, ohne dass dies eines wissenschaftlichen Nachweises bedürfte, kein geeigneter Schutzhelm. In materiell-physikalischer Hinsicht bestreitet dies letztlich auch der Kläger nicht. Seine Aussage, er fühle sich „durch den Turban besser als durch jeden Helm geschützt“, ist ersichtlich spirituell/religiös gemeint. Ein Tragen des Turbans unter dem Helm scheidet schließlich - das sehen auch die Beteiligten so - wegen fehlenden Platzes aus. Für einen Halbschalenhelm (sog. „Braincap“) gilt dies entsprechend, unabhängig davon, ob es sich bei diesem überhaupt um einen geeigneten Schutzhelm handelt.

3.) Da es dem Kläger ersichtlich darum geht, ein herkömmliches Kraftrad fahren zu können, ist in seinem Fall schließlich auch keine Konfliktlösung in Anwendung der 8. Ausnahmeverordnung zur StVO (vom 20.08.1998, BGBl. S. 1130 - AusnahmeVO StVO) möglich. Nach dieser greift bereits auf Gesetzesebene eine Ausnahme von der Helmpflicht bei Krafträdern ein, wenn diese den Anforderungen der Anlage zur 8. AusnahmeVO StVO entsprechen und wenn die vorhandenen Rückhaltesysteme angelegt sind. Ein herkömmliches Motorrad erfüllt diese Voraussetzungen indessen nicht, da hierfür ein spezielles Rückhaltesystem und eine Rahmenkonstruktion mit Überrollbügel sowie ein Frontcrashelement erforderlich sind (vgl. Begründung zur Verordnung, abgedruckt bei Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 21a StVO Rn. 1h).

II.

Einen Anspruch darauf, von der Einhaltung der Helmtragepflicht ausgenommen zu werden, hat der Kläger nicht.

1.) Anspruchsgrundlage für die bei der Beklagten (zu deren Zuständigkeit und Passivlegitimation vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 StVO i.V.m. § 1 StVOZuG und §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 LVG sowie § 47 Abs. 2 Nr. 5 StVO) beantragte Ausnahmegenehmigung ist § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO, der die Straßenverkehrsbehörden ermächtigt, in den unter Nrn. 1 bis 12 abschließend geregelten Sachverhalten Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Hingegen ist nicht - wie vom RP Freiburg angeführt - § 46 Abs. 2 StVO einschlägig, da dieser die Ausnahmegenehmigung von allen Vorschriften der StVO betrifft und hierzu die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen ermächtigt. Da indessen beide Vorschriften Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle regeln und diese ins Ermessen der Behörde stellen - mithin wesensgleich sind -, ist die Entscheidungsbegründung mit der unzutreffenden Rechtsgrundlage unschädlich.

2.) Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung sind von der Beklagten ermessensfehlerfrei (§ 114 VwGO) verneint worden. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5b StVO können die Straßenverkehrsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen (u.a.) von den Vorschriften über das Tragen von Schutzhelmen. Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Das Merkmal der Ausnahmesituation ist nicht als eigenständiges Tatbestandsmerkmal verselbstständigt, sondern Bestandteil der der Behörde obliegenden Ermessensentscheidung. Denn die Feststellung, ob ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, setzt den gewichtenden Vergleich der Umstände des konkreten Falles mit dem typischen Regelfall voraus, der dem generellen Verbot zugrunde liegt (vgl. zu § 46 Abs. 2 StVO: BVerwG, Urt. v. 13.03.1997 – 3 C 2/97 –, Rn. 27, juris; vgl. zu § 46 Abs. 1 StVO: OVG NRW, Urt. v. 14.03.2000 – 8 A 5467/98 –, Rn. 12, juris; andere Auffassung zu § 46 Abs. 1 StVO: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1991 – 5 S 1791/90 –, Rn. 8, juris [die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist nur beim Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalls zulässig]).

a.) Die Beklagte hat ihr Ermessen erkannt. Insbesondere ist sie nicht - was sonst ein Ausübungsdefizit dargestellt hätte - davon ausgegangen, Ausnahmegenehmigungen könnten allein aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden, weil nur diese in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO ( vom 26.01.2001 [BAnz. S. 1419, ber. S. 5206], zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 11. 11. 2014 [BAnz AT 17.11.2014 B5]) genannt sind. Zwar klang solches zunächst im Ausgangsbescheid (Seite 1, 2. Absatz) an, wenn dort ausgeführt wurde, „[g]em. § 46 StVO werden Ausnahmegenehmigungen zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen erteilt, die Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO enthält auch keine anderen Tatbestände für die Erteilung einer Ausnahme“. Indessen hat die Beklagte in der weiteren Begründung (zu deren Bedeutung für die Ermessensentscheidung und folglich für deren gerichtliche Überprüfung vgl. § 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG) auch die Frage eines unzulässigen Eingriffs in die freie Religionsausübung erwogen und diese aus Verhältnismäßigkeitsgründen verneint. Der (entsprechend § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) maßgebende Widerspruchsbescheid hat diese Argumentation durch Verweisung auf den Ausgangsbescheid übernommen. Schließlich hat die Beklagte in der Klagebegründung ausführlicher und vertiefend dazu vorgetragen, warum sie aus überwiegenden öffentlichen Interessen eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG im Einzelfall verneint. Da insoweit, wie dargelegt, bereits im Verwaltungsverfahren Ermessenserwägungen angestellt worden waren, handelte es sich dabei um eine zulässige Ergänzung dieser Erwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO - vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 14.01.1999 – 6 B 133/98 –, Rn. 10, juris).

b.) Die Beklagte hat schließlich bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt, kommt der Abwägung der mit § 21a Abs. 2 StVO verfolgten öffentlichen Interessen mit den privaten, insbesondere grundrechtlich geschützten Belangen des Klägers maßgebliche Bedeutung zu. Die Kammer kann nicht feststellen, dass hierbei die Interessen des Klägers und deren Beeinträchtigung verkannt und das öffentliche Interesse unverhältnismäßig zu Lasten des Klägers durchgesetzt worden wäre. Eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte liegt damit nicht vor.

Soweit die bußgeldbewehrte Schutzhelmpflicht einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt, ist dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt (s.o. unter I.1.a)).

Auch aus der Religionsfreiheit ergibt sich keine Ermessensgrenze, die hier unzulässig überschritten worden wäre:

Das Tragen eines Sikh-Turbans in der Öffentlichkeit ist vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG umfasst.

Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und deshalb den Regeln des Glaubens gemäß einem religiösen Bedeckungsgebot zu genügen, wenn dies hinreichend plausibel begründet wird. Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. Dies bedeutet nicht, dass jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der Glaubensfreiheit angesehen werden muss. Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat. Dem Staat ist es indes verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als „richtig“ oder „falsch“ zu bezeichnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 –, Rn. 83 und 86, juris [Tragen eines islamischen Kopftuchs]).

Auch wenn es, wie der Kläger selbst in der Klagebegründung anführt, in der Sikh-Religion keine ausdrücklichen Gebots- oder Verbotsregeln gibt, so muss der Turban (Punjabi: „Dastar“ bzw. „Dastaar“) gleichwohl als religiöses Bekenntnissymbol der Sikhs angesehen werden. Der Dastar wird jeden Morgen neu gebunden und verdeckt die aus religiösen Gründen ungeschnittenen Haare der Sikhs (Wikipedia [https://de.wikipedia.org/wiki/Dastar]). In der Sikh-Tradition hat der Turban deshalb zusammen mit den ungeschnittenen Haaren eine herausgehobene und einzigartige Bedeutung. Getaufte Sikhs, die dem Khalsa („Gemeinschaft der innerlich Reinen“) angehören, leisten ausgehend von den Idealen der ersten historischen Taufe unter dem 10. Meister Gobind Singh einen Eid darauf, dass sie bis „zum Lebensende ihr Haar bewahren und es sorgsam mit einem Turban schmücken“. Diese Kopfbedeckung komplettiert die Haltung, durch die ungeschnittenen Haare den Respekt für den Schöpfer und seine Schöpfung auszudrücken (Sikh-Forum [www.sikh-religion.de/html/haare-turban033.html]). Ein Sikh, der eins mit seinem Guru sein will, muss wie dieser aussehen und einen Dastar tragen. Der Dastar ist das Geschenk des Gurus an die Gläubigen (Wikipedia [https://en.wikipedia.org/wiki/Dastar] - mit Zitaten aus sikhnet). Wenn der Kläger eine religiöse Motivation für das Tragen seiner Kopfbedeckung geltend macht, kann er sich hierfür nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung an sich auf hinreichend plausible Gründe berufen. Es kommt nicht darauf an, ob dieser Inhalt der Bekleidungsvorschrift im Sikhismus völlig unumstritten ist, solange diese Betrachtung - wovon hier auszugehen ist - verbreitet ist (BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015, a.a.O., Rn. 89). Der Kläger versteht den Turban als äußeres Anzeichen religiöser Identität und bekennt damit seine religiöse Überzeugung, ohne dass es hierfür einer besonderen Kundgabeabsicht oder eines zusätzlichen wirkungsverstärkenden Verhaltens bedarf (BVerfG, Beschl. v. 27.01.2015, a.a.O., Rn. 94). Auch die Beklagte hat das nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Gleichwohl erscheint es aber zweifelhaft, ob diese plausiblen Gründe auch das Motorradfahren erfassen. Denn die im Vordergrund stehende Bewahrung der Haare durch Nichtschneiden und Bedecken lässt es nach den vom Kläger selbst angeführten Glaubensregeln zu, den Turban situationsbedingt (z.B. beim Schlafen) durch eine andere Bedeckung zu ersetzen. Ob zudem Respekt für Schöpfer und Schöpfung noch mitschwingt, wo der schmückende Turban den schützenden Motorradhelm verdrängen soll, erscheint der Kammer doch fraglich. Auch Würde und äußere sowie innere Einheit mit dem Guru erscheinen dem Gericht durch einen mit Turban Motorrad fahrenden Sikh nicht recht nachvollziehbar gewahrt, der mit einem solchen Anblick in der Öffentlichkeit wohl eher Unverständnis oder gar Spott auslösen würde. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da eine Grundrechtsverletzung jedenfalls aus den sogleich darzulegenden Gründen ausscheidet.

Die Schutzhelmpflicht stellt keinen Eingriff in die religiöse Bekenntnisfreiheit dar.

Die Beachtung der Helmpflicht führt nämlich nicht dazu, dass der Kläger den Kern des religiösen Gebots aufgeben müsste, das zuallererst und im Wesentlichen darin besteht, die Haare nicht zu schneiden und den Kopf (deshalb) bedeckt zu halten. Die Helmpflicht zwingt nämlich gerade nicht zur Entblößung des Hauptes in der Öffentlichkeit. Eine eventuell erforderliche Bedeckung der Haare unter dem Helm kann mit einem Tuch oder einer Mütze („Sturmhaube“) erfolgen. Ferner bleibt es dem Kläger möglich, beim Benutzen eines Motorrads den Turban jeweils in privaten Räumlichkeiten oder auch an anderen Orten, wo er nicht sein entblößtes Haupt der Öffentlichkeit zeigen muss, gegen Tuch/Haube und Schutzhelm zu tauschen (so auch Schweizerisches Bundesgericht Lausanne, Urt. v. 27.05.1993 – 6 S 699/1992 –, EuGRZ 1993, 595). Eine damit allenfalls bestehende Unbequemlichkeit und Lästigkeit hat der Kläger hinzunehmen.

Selbst ein (allenfalls faktischer - s.o. unter I.1.b.) Eingriff in die Religionsfreiheit des Klägers wäre schließlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Ein Eingriff wäre nicht schwerwiegend. Das Motorradfahren betrifft, auch jahreszeitlich bedingt, nur einen kleinen Teil des täglichen Lebens des Klägers. Der Kläger ist ferner auf ein Motorrad als Fortbewegungsmittel nicht angewiesen und kann sämtliche anderen Fortbewegungsmittel unter Wahrung seines religiösen Bekenntnisses verwenden. Auch sein Vortrag, er sei bereits seit dem Jahr 2005 Anhänger der Sikh-Religion, während er jedoch die Ausnahmegenehmigung erst im Sommer 2013 begehrte, spricht nicht für einen besonderen Bedarf. Die dem Kläger auferlegte Erschwernis bezöge sich mithin lediglich auf eine einzige Form der motorisierten Fortbewegung im Straßenverkehr, auf die er zudem nicht erkennbar angewiesen ist. Eine wirkliche Belastung des Klägers kann nicht ausgemacht werden. Dies wiederum bedeutete, dass der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG nur an seinem äußersten Rand berührt würde. Damit aber wäre die Einhaltung der Helmpflicht für den Kläger zumutbar, da öffentliche Belange seinem Anliegen entgegenstehen, die so gewichtig sind, dass sie das nur gering in einem Randbereich betroffene Rechtsgut der Religionsfreiheit überwiegen.

Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantiert die Religionsfreiheit zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos. Nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung können auch den Freiheiten des Art. 4 GG durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes Grenzen gezogen werden. Solche Grenzen können sich vor allem aus kollidierenden Grundrechten anderer Grundrechtsträger, aber auch aus anderen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern ergeben. Dabei ist der Konflikt mit den anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (BVerfG, Beschl. v. 02.10.2003 – 1 BvR 536/03 –, Rn. 15, juris; Beschl. v. 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 –, Rn. 51, juris). Die schwächere Norm darf nur so weit zurückgedrängt werden, wie das logisch und systematisch zwingend erscheint; ihr sachlicher Grundwertgehalt muss in jedem Fall respektiert werden (BVerfG, Beschl. v. 26.05.1970 – 1 BvR 83/69 u.a. -, Rn. 58, juris).

Ausgehend von der Entscheidung des BVerfG vom 26.01.1982 (1 BvR 1295/80 -, a.a.O. - s.o. unter I.1.a.) bezweckt die Schutzhelmtragepflicht sowohl, Kopfverletzungen beim Fahrer/Mitfahrer zu vermeiden oder jedenfalls deren Schwere zu vermindern (Eigenschutz - in diesem Sinne auch BGH, Urt. v. 25.01.1983 – VI ZR 92/81 –, Rn. 14, juris), als auch die Entlastung der Allgemeinheit von schweren Belastungen, die aus Unfällen mit schweren Kopfverletzungen folgen können, z.B. durch Einsatz der Rettungsdienste, ärztliche Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, Versorgung von Invaliden (in diesem Sinne auch VG Augsburg, Urt. v. 27.06.2000 – Au 3 K 00.466 –, juris). Ein damit eng verknüpftes öffentliches Interesse besteht ferner darin, dass in vielen Fällen nach einem Verkehrsunfall weiterer Schaden für Dritte dadurch abgewendet werden kann, dass ein beteiligter Motorradfahrer dank seines Schutzhelms bei Bewusstsein bleiben und die Unfallstelle räumen, Rettungsdienste alarmieren und sofort Maßnahmen ergreifen kann (VG Berlin, Urt. v. 16.04.2013 – 11 K 298.12 –, Rn. 13, juris). Schließlich ist zu bedenken, dass im Falle eines Verkehrsunfalls mit einem Motorradfahrer, der erlaubterweise keinen Schutzhelm trägt, die Verletzungsfolgen aufgrund des fehlenden Schutzhelmes unter Umständen vom Unfallgegner zu tragen sind. Sofern bei der Prüfung einer Ausnahmegenehmigung von der Helmpflicht allein auf gesundheitliche Belange des betreffenden Motorradfahrers abgestellt würde, würde dies daher finanzielle Interessen anderer Verkehrsteilnehmer und ihrer Versicherer kaum zumutbar beeinträchtigen (VG Berlin, a.a.O.; in diesem Sinne auch kritisch bei einer Ausnahme von der Gurtpflicht: OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.02.2015 – 12 LA 137/14 –, Rn. 7, juris).

Die über den Eigenschutz des Motorradfahrers hinausgehenden Zwecke, umfangreiche materielle Folgen von Motorradunfällen für die Allgemeinheit zu verhindern bzw. zumindest zu begrenzen, sind durch verfassungsimmanente Schranken gedeckt. Dies ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der Sozialversicherung, die vom Gesetzgebungskompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG abgedeckt ist. Aus Kompetenznormen sind aufgrund der darin ausgedrückten grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Anerkennung und Billigkeit des geregelten Gegenstands verfassungsimmanente Schranken zu entnehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77 –, Rn. 51, juris [Art. 74 Nr. 11a GG: Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken] sowie insbesondere Urt. v. 20.12.1960 – 1 BvL 21/60 –, Rn. 17, juris und Urt. v. 24.04.1985 – 2 BvF 2/83 u.a. -, Rn. 43, juris [Art. 12 a, 73 Nr. 1, 87 a und 115 b GG: Wehrverfassung und Kriegsdienstverweigerung]; gegen ein Ausreichen lediglich von Kompetenztiteln hingegen: Bellardita/Neureither, Jus 2005, 1000 [1003]; Frenz, Jus 2009, 493 [495]). Entsprechendes folgt ferner aus Art. 20 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips (hier zustimmend Bellardita/Neureither, a.a.O.). Unter beide Verfassungsgüter lässt sich der mit der Helmpflicht über die Eigensicherung hinaus verfolgte Schutzzweck einordnen und ist damit fähig, zu einer Einschränkung der Religionsfreiheit zu führen.

Erachtet man das Grundrecht der freien Religionsausübung gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 WRV unter den Vorbehalt der allgemeinen Gesetze gestellt (so BVerwG, Urt. v. 23.11.2000 - 3 C 40/99 -, Rn. 20 ff., juris; Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl. 2016, Art. 4, Rn. 211/212), so ergibt sich eine Einschränkbarkeit bereits direkt aus § 21a Abs. 2 StVO.

Im Einzelfall wäre diese Einschränkung für den Kläger schließlich auch zumutbar. Der Grundsatz der praktischen Konkordanz (der hier an die Stelle der üblichen Verhältnismäßigkeitsprüfung tritt - vgl. Voßkuhle, JuS 2007, 429 [430/431]) wurde vorliegend nicht verletzt, indem dem Kläger eine Ausnahme verweigert wurde. Wie oben dargelegt, würde sich - sofern überhaupt ein Eingriff vorliegt - ein solcher Eingriff am äußersten Rand des Schutzbereichs des Grundrechts bewegen. Im Übrigen bliebe hingegen die Religionsfreiheit des Klägers unbeeinträchtigt. Auch bleibt die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Turban völlig uneingeschränkt beim Fahren mit PKW und LKW sowie öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Anhaltspunkte dafür, der Kläger sei besonders – etwa aus beruflichen oder sonstigen individuellen Gründen – auf ein Motorrad angewiesen, liegen nicht vor. Von einer unzulässigen, weil einseitigen Zurückdrängung der Religionsfreiheit zu Gunsten des öffentlichen Interesses kann somit nicht die Rede sein (a.A. Bellardita/Neureither, a.a.O.).

Eine den Kläger geringer belastende Regelung gibt es nicht. Eine Ausnahmegenehmigung unter Auflagen, die etwa von Fahrleistung und Fahrstrecke sowie benutzter Maschine abhängig gemacht wird, erachtet die Kammer für offensichtlich ungeeignet. Es gibt überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine geringe Laufleistung auf einer nicht besonders unfallträchtigen Strecke mit einer leichten Maschine (in diesem Sinne aber etwa VG Augsburg, Urt. v. 27.06.2000, a.a.O.) einen derart geringeren Gefährdungsgrad hätte, dass die oben genannten schwerwiegenden Folgen hinreichend sicher vermieden bzw. zumindest abgemildert werden könnten. Unabhängig davon wäre eine solche Auflage in der Praxis wohl auch nicht einzuhalten bzw. zu überwachen.

Die Versagung der Ausnahmegenehmigung verstößt auch nicht gegen das allgemeine Gleichheitsrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit in L. und H. Angehörige der Sikh-Religion durch Entscheidungen der dortigen Behörden von der Helmpflicht ausgenommen worden sind, betrifft dies die Entscheidungszuständigkeitsbereiche anderer Rechtsträger als der Beklagten. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen indessen nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu (BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 – 2 BvR 1226/83 u.a. –, Rn. 151, juris). Ferner ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um vergleichbare Fälle handelte. Selbst wenn dies anders sein sollte, so wären die Ausnahmegenehmigungen für die jeweiligen Antragsteller nach Auffassung der Kammer rechtswidrig gewesen, so dass sich Kläger hierauf nicht berufen könnte.

Aus Europarecht schließlich ergibt sich auch nichts anderes.

Einen Anspruch auf Gleichbehandlung innerhalb der EU bzw. des Europarates - speziell etwa unter Berufung auf die Rechtslage in Großbritannien, wo die Sikhs von der Helmpflicht befreit sind, gibt es nicht. Für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK ist nichts ersichtlich. Die Religionsfreiheit aus Art. 9 EMRK geht zugunsten des Klägers ebenfalls nicht weiter als das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Die EMRK und ihre Zusatzprotokolle stehen in der deutschen Rechtsordnung im Range eines förmlichen Bundesgesetzes. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Garantien des GG, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem GG führt (BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04 –, Rn. 30-32, juris). Bereits mit Entscheidung vom 12.07.1978 (Nr. 7992/77 - X. vs. United Kingdom) stellte der damalige (vor Einrichtung des EGMR entscheidungszuständige) Menschenrechtsausschuss vor Einführung der generellen Helmbefreiung für Sikhs in Großbritannien fest, dass die bis dahin geltende Schutzhelmpflicht im überwiegenden öffentlichen Interesse gemäß Art. 9 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sei. Mit Entscheidung vom 13.11.2008 (Nr. 24479/07 - juris) stellte der EGMR ferner fest, dass die Verpflichtung, wonach sich ein praktizierender Sikh auf dem Foto für einen Ersatzführerschein ohne Turban abbilden lassen müsse, für Behörden gerade bei Verkehrskontrollen notwendig sei, um den Fahrer zu identifizieren und seine Fahrerlaubnis zu überprüfen. Derartige Kontrollen aber seien notwendig für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Art. 9 Abs. 2 EMRK. In der Entscheidung vom 01.07.2014 (Nr. 43835/11) - S.A.S. gegen Frankreich) stellte der EGMR schließlich fest, dass das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit („Burka-Verbot“) aus Gründen des Zusammenlebens sowie des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei. Er ließ insoweit als Rechtfertigung für diesen erheblichen Eingriff in die Religionsfreiheit der davon im gesamten Alltag überall in der Öffentlichkeit betroffenen Trägerin dieses Kleidungsstücks ausreichen, dass ein öffentliches Interesse an offener Kommunikation bestehe, dem eine Verhüllung des Gesichts als Kommunikationshindernis entgegenstehe.

Das in Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) verankerte Recht auf Religionsfreiheit entspricht dem in Art. 9 EMRK garantierten Recht (EuGH, Urt. v. 05.09.2012 – C-71/11, C-99/11 –, Rn. 56, juris). Ungeachtet dessen gelangt die GrCh hier mangels Durchführung des Rechts der Union i.S.v. Art. 51 Abs. 1 GRCh nicht zur Anwendung (vgl. dazu etwa EuGH, Urt. v. 26.02.2013, C-617/10 [Akerberg Fransson] -, Rn. 19 ff., juris). § 21a StVO ist keine unionsrechtliche angereicherte Vorschrift (vgl. dazu näher Burmann/Heß/Jahnke/Janker, a.a.O., Vorbemerkungen – StVO Rn. 2).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären, besteht nicht (§167 Abs. 2 VwGO).

Die Kammer lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.

(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens und der Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung des Entgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen des Bundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, sowie Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage des Bundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.

(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

(1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

1.
die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, insbesondere über
a)
den Inhalt und die Gültigkeitsdauer von Fahrerlaubnissen, insbesondere unterschieden nach Fahrerlaubnisklassen, über die Probezeit sowie über Auflagen und Beschränkungen zu Fahrerlaubnissen,
b)
die erforderliche Befähigung und Eignung von Personen für ihre Teilnahme am Straßenverkehr, das Mindestalter und die sonstigen Anforderungen und Voraussetzungen zur Teilnahme am Straßenverkehr,
c)
die Ausbildung und die Fortbildung von Personen zur Herstellung und zum Erhalt der Voraussetzungen nach Buchstabe b und die sonstigen Maßnahmen, um die sichere Teilnahme von Personen am Straßenverkehr zu gewährleisten, insbesondere hinsichtlich Personen, die nur bedingt geeignet oder ungeeignet oder nicht befähigt zur Teilnahme am Straßenverkehr sind,
d)
die Prüfung und Beurteilung des Erfüllens der Voraussetzungen nach den Buchstaben b und c,
e)
Ausnahmen von einzelnen Anforderungen und Inhalten der Zulassung von Personen, insbesondere von der Fahrerlaubnispflicht und von einzelnen Erteilungsvoraussetzungen,
2.
das Verhalten im Verkehr, auch im ruhenden Verkehr,
3.
das Verhalten der Beteiligten nach einem Verkehrsunfall, das geboten ist, um
a)
den Verkehr zu sichern und Verletzten zu helfen,
b)
Feststellungen zu ermöglichen, die zur Geltendmachung oder Abwehr von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen erforderlich sind, insbesondere Feststellungen zur Person der Beteiligten, zur Art ihrer Beteiligung, zum Unfallhergang und zum Versicherer der unfallbeteiligten Fahrzeuge,
4.
die Bezeichnung von im Fahreignungsregister zu speichernden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
a)
für die Maßnahmen nach den Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe nebst der Bewertung dieser Straftaten und Ordnungswidrigkeiten als schwerwiegend oder weniger schwerwiegend,
b)
für die Maßnahmen des Fahreignungsbewertungssystems, wobei
aa)
bei der Bezeichnung von Straftaten deren Bedeutung für die Sicherheit im Straßenverkehr zugrunde zu legen ist,
bb)
Ordnungswidrigkeiten mit Punkten bewertet werden und bei der Bezeichnung und Bewertung von Ordnungswidrigkeiten deren jeweilige Bedeutung für die Sicherheit des Straßenverkehrs und die Höhe des angedrohten Regelsatzes der Geldbuße oder eines Regelfahrverbotes zugrunde zu legen sind,
5.
die Anforderungen an
a)
Bau, Einrichtung, Ausrüstung, Beschaffenheit, Prüfung und Betrieb von Fahrzeugen,
b)
die in oder auf Fahrzeugen einzubauenden oder zu verwendenden Fahrzeugteile, insbesondere Anlagen, Bauteile, Instrumente, Geräte und sonstige Ausrüstungsgegenstände, einschließlich deren Prüfung,
6.
die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr, insbesondere über
a)
die Voraussetzungen für die Zulassung, die Vorgaben für das Inbetriebsetzen zulassungspflichtiger und zulassungsfreier Fahrzeuge, die regelmäßige Untersuchung der Fahrzeuge sowie über die Verantwortung, die Pflichten und die Rechte der Halter,
b)
Ausnahmen von der Pflicht zur Zulassung sowie Ausnahmen von einzelnen Anforderungen nach Buchstabe a,
7.
die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Erarbeitung und Evaluierung von verbindlichen Prüfvorgaben bei regelmäßigen Fahrzeuguntersuchungen,
8.
die zur Verhütung von Belästigungen anderer, zur Verhütung von schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erforderlichen Maßnahmen,
9.
die Maßnahmen
a)
über den Straßenverkehr, die zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit oder zu Verteidigungszwecken erforderlich sind,
b)
zur Durchführung von Großraum- und Schwertransporten,
c)
im Übrigen, die zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen oder zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen erforderlich sind, insbesondere bei Großveranstaltungen,
10.
das Anbieten zum Verkauf, das Veräußern, das Verwenden, das Erwerben oder das sonstige Inverkehrbringen von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen,
11.
die Kennzeichnung und die Anforderungen an die Kennzeichnung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen,
12.
den Nachweis über die Entsorgung oder den sonstigen Verbleib von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, auch nach ihrer Außerbetriebsetzung,
13.
die Ermittlung, das Auffinden und die Sicherstellung von gestohlenen, verlorengegangenen oder sonst abhanden gekommenen Fahrzeugen, Fahrzeugkennzeichen sowie Führerscheinen und Fahrzeugpapieren einschließlich ihrer Vordrucke, soweit nicht die Strafverfolgungsbehörden hierfür zuständig sind,
14.
die Überwachung der gewerbsmäßigen Vermietung von Kraftfahrzeugen und Anhängern an Selbstfahrer,
15.
die Beschränkung des Straßenverkehrs einschließlich des ruhenden Verkehrs
a)
zugunsten schwerbehinderter Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie zugunsten blinder Menschen,
b)
zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel,
c)
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe oder zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen,
16.
die Einrichtung von Sonderfahrspuren für Linienomnibusse und Taxen,
17.
die Einrichtung und Nutzung von fahrzeugführerlosen Parksystemen im niedrigen Geschwindigkeitsbereich auf Parkflächen,
18.
allgemeine Ausnahmen von den Verkehrsvorschriften nach Abschnitt I oder von auf Grund dieser Verkehrsvorschriften erlassener Rechtsverordnungen zur Durchführung von Versuchen, die eine Weiterentwicklung dieser Rechtsnormen zum Gegenstand haben.
Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 18 über allgemeine Ausnahmen von Verkehrsvorschriften nach diesem Gesetz sind für die Dauer von längstens fünf Jahren zu befristen; eine einmalige Verlängerung der Geltungsdauer um längstens fünf Jahre ist zulässig. Rechtsverordnungen können nicht nach Satz 1 erlassen werden über solche Regelungsgegenstände, über die Rechtsverordnungen nach Absatz 2 erlassen werden dürfen. Die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen nach Satz 1 umfasst auch den straßenverkehrsrechtlichen Schutz von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder den Schutz zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche Unfallbeteiligter.

(2) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

1.
die Typgenehmigung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, sofern sie unionsrechtlichen Vorgaben unterliegt, über die Fahrzeugeinzelgenehmigung, sofern ihr nach Unionrecht eine Geltung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zukommt, sowie über das Anbieten zum Verkauf, das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Veräußern oder die Einfuhr von derart genehmigten oder genehmigungspflichtigen Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, insbesondere über
a)
die Systematisierung von Fahrzeugen,
b)
die technischen und baulichen Anforderungen an Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten, einschließlich der durchzuführenden Prüfverfahren zur Feststellung der Konformität,
c)
die Sicherstellung der Übereinstimmung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge mit einem genehmigten Typ bei ihrer Herstellung,
d)
den Zugang zu technischen Informationen sowie zu Reparatur- und Wartungsinformationen,
e)
die Bewertung, Benennung und Überwachung von technischen Diensten,
f)
die Kennzeichnung und Verpackung von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für Fahrzeuge oder
g)
die Zulassung von Teilen und Ausrüstungen, von denen eine ernste Gefahr für das einwandfreie Funktionieren wesentlicher Systeme von Fahrzeugen ausgehen kann,
2.
die Marktüberwachung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge,
3.
die Pflichten der Hersteller und ihrer Bevollmächtigten, der Einführer sowie der Händler im Rahmen
a)
des Typgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1,
b)
des Fahrzeugeinzelgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1 oder
c)
des Anbietens zum Verkauf, des Inverkehrbringens, der Inbetriebnahme, des Veräußerns, der Einfuhr sowie der Marktüberwachung von Fahrzeugen, Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge oder
4.
die Technologien, Strategien und andere Mittel, für die festgestellt ist, dass
a)
sie die Leistungen der Fahrzeuge, Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten für Fahrzeuge bei Prüfverfahren unter ordnungsgemäßen Betriebsbedingungen verfälschen oder
b)
ihre Verwendung im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens oder des Fahrzeugeinzelgenehmigungsverfahrens im Sinne der Nummer 1 aus anderen Gründen nicht zulässig ist.

(3) In Rechtsverordnungen nach Absatz 1 oder Absatz 2 können hinsichtlich der dort genannten Gegenstände jeweils auch geregelt werden:

1.
die Erteilung, Beschränkung oder Entziehung von Rechten, die sonstigen Maßnahmen zur Anordnung oder Umsetzung, die Anerkennung ausländischer Berechtigungen oder Maßnahmen, die Verwaltungsverfahren einschließlich der erforderlichen Nachweise sowie die Zuständigkeiten und die Ausnahmebefugnisse der vollziehenden Behörden im Einzelfall,
2.
Art, Inhalt, Herstellung, Gestaltung, Lieferung, Ausfertigung, Beschaffenheit und Gültigkeit von Kennzeichen, Plaketten, Urkunden, insbesondere von Führerscheinen, und sonstigen Bescheinigungen,
3.
die Anerkennung, Zulassung, Registrierung, Akkreditierung, Begutachtung, Beaufsichtigung oder Überwachung von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder von sonstigen Einrichtungen im Hinblick auf ihre Tätigkeiten
a)
der Prüfung, Untersuchung, Beurteilung und Begutachtung von Personen, Fahrzeugen oder Fahrzeugteilen sowie der Herstellung und Lieferung nach Nummer 2,
b)
des Anbietens von Maßnahmen zur Herstellung oder zum Erhalt der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder
c)
der Prüfung und Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen,
einschließlich der jeweiligen Voraussetzungen, insbesondere der Anforderungen an die natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder an die Einrichtungen, an ihre Träger und an ihre verantwortlichen oder ausführenden Personen, einschließlich der Vorgabe eines Erfahrungsaustausches sowie einschließlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über die die Tätigkeiten ausführenden oder hieran teilnehmenden Personen durch die zuständigen Behörden, durch die natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder durch die Einrichtungen in dem Umfang, der für ihre jeweilige Tätigkeit und deren Qualitätssicherung erforderlich ist,
4.
Emissionsgrenzwerte unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung zum Zeitpunkt des Erlasses der jeweiligen Rechtsverordnung,
5.
die Mitwirkung natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts bei der Aufgabenwahrnehmung in Form ihrer Beauftragung, bei der Durchführung von bestimmten Aufgaben zu helfen (Verwaltungshilfe), oder in Form der Übertragung bestimmter Aufgaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 5, 6, 7 oder 9 Buchstabe b oder Absatz 2 auf diese Personen (Beleihung), insbesondere
a)
die Bestimmung der Aufgaben und die Art und Weise der Aufgabenerledigung,
b)
die Anforderungen an diese Personen und ihre Überwachung einschließlich des Verfahrens und des Zusammenwirkens der zuständigen Behörden bei der Überwachung oder
c)
die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch diese Personen, insbesondere die Übermittlung solcher Daten an die zuständige Behörde,
6.
die Übertragung der Wahrnehmung von einzelnen Aufgaben auf die Bundesanstalt für Straßenwesen oder das Kraftfahrt-Bundesamt oder
7.
die notwendige Versicherung der natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts oder der sonstigen Einrichtungen in den Fällen der Nummer 3 oder Nummer 5 zur Deckung aller im Zusammenhang mit den dort genannten Tätigkeiten entstehenden Ansprüche sowie die Freistellung der für die Anerkennung, Zulassung, Registrierung, Akkreditierung, Begutachtung, Beaufsichtigung, Überwachung, Beauftragung oder Aufgabenübertragung zuständigen Bundes- oder Landesbehörde von Ansprüchen Dritter wegen Schäden, die diese Personen oder Einrichtungen verursachen.

(4) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 und 8 oder Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 3, können auch erlassen werden

1.
zur Abwehr von Gefahren, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen,
2.
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, die von Fahrzeugen ausgehen, oder
3.
zum Schutz der Verbraucher.
Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 und 8, auch in Verbindung mit Absatz 3, können auch erlassen werden
1.
zum Schutz der Bevölkerung in Fußgängerbereichen oder verkehrsberuhigten Bereichen, der Wohnbevölkerung oder der Erholungssuchenden vor Emissionen, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen, insbesondere zum Schutz vor Lärm oder vor Abgasen,
2.
für Sonderregelungen an Sonn- und Feiertagen oder
3.
für Sonderregelungen über das Parken in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr.

(5) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 oder 2 können auch zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union und zur Durchführung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes erlassen werden.

(6) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 5 oder 8 oder nach Absatz 2, sofern sie jeweils in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 Nummer 1 erlassen werden, oder Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 werden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gemeinsam erlassen. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 11, 13 oder 14 oder nach Absatz 3 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 oder 6 können auch zum Zweck der Bekämpfung von Straftaten erlassen werden. Im Fall des Satzes 2 werden diese Rechtsverordnungen vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gemeinsam erlassen. Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 oder 8 oder nach Absatz 2, sofern sie jeweils in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 erlassen werden, werden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gemeinsam erlassen.

(7) Keiner Zustimmung des Bundesrates bedürfen Rechtsverordnungen

1.
zur Durchführung der Vorschriften nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder
2.
über allgemeine Ausnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 18, auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 6.
Vor ihrem Erlass sind die zuständigen obersten Landesbehörden zu hören.

(8) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, jedoch unbeschadet des Absatzes 6,

1.
sofern Verordnungen nach diesem Gesetz geändert oder abgelöst werden, Verweisungen in Gesetzen und Rechtsverordnungen auf diese geänderten oder abgelösten Vorschriften durch Verweisungen auf die jeweils inhaltsgleichen neuen Vorschriften zu ersetzen,
2.
in den auf Grund des Absatzes 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 7 erlassenen Rechtsverordnungen enthaltene Verweisungen auf Vorschriften in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zu ändern, soweit es zur Anpassung an Änderungen jener Vorschriften erforderlich ist, oder
3.
Vorschriften der auf Grund des Absatzes 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 7 erlassenen Rechtsverordnungen zu streichen oder in ihrem Wortlaut einem verbleibenden Anwendungsbereich anzupassen, sofern diese Vorschriften durch den Erlass entsprechender Vorschriften in unmittelbar im Anwendungsbereich dieses Gesetzes geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union unanwendbar geworden oder in ihrem Anwendungsbereich beschränkt worden sind.

(9) In den Rechtsverordnungen nach Absatz 1, jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 3 bis 6, kann mit Zustimmung des Bundesrates die jeweilige Ermächtigung ganz oder teilweise auf die Landesregierungen übertragen werden, um besonderen regionalen Bedürfnissen angemessen Rechnung zu tragen. Soweit eine nach Satz 1 erlassene Rechtsverordnung die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, sind diese befugt, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise auf andere Landesbehörden zu übertragen.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschriften des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 5. Juni 2013 aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 12. Januar 2012 wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 7. April 2011 ereignete. Sie befuhr gegen 15:45 Uhr mit ihrem Fahrrad die C.-Straße in G. in Richtung Zentrum auf dem Weg zu ihrer dort gelegen Arbeitsstelle. Am rechten Fahrbahnrand parkte die Beklagte zu 1 mit ihrem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw. Die Beklagte zu 1 öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Klägerin die Fahrertür. Die Klägerin konnte nicht mehr ausweichen, prallte gegen die Tür, stürzte zu Boden und fiel auf den Hinterkopf. Dabei zog sich die Klägerin, die keinen Fahrradhelm trug, schwere Schädel-Hirnverletzungen zu. Es steht außer Streit, dass die Beklagte zu 1 den Unfall allein verursacht hat. Die Beklagten lasten der Klägerin jedoch ein Mitverschulden von 50 % an, weil sie keinen Helm getragen hat. Die Beklagte zu 2 hat ihre hälftige Eintrittspflicht außergerichtlich anerkannt.

2

Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und - unter Abweisung der Klage im Übrigen - dem Feststellungsbegehren mit einer Haftungsquote von (nur) 80 % entsprochen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in r+s 2013, 353 veröffentlicht ist, lastet der Klägerin ein Mitverschulden von 20 % an, weil sie als Radfahrerin keinen Helm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Nichttragen eines Schutzhelms für das Ausmaß der erlittenen Kopfverletzungen ursächlich sei. Der Sachverständige Prof. Dr. G. habe dargelegt, dass die eingetretenen Verletzungsfolgen auf eine massive Gewalteinwirkung auf den Kopf der Klägerin hindeuteten. Das Verletzungsmuster spreche für eine überwiegend lineare Akzeleration und Krafteinwirkung in Längsrichtung des Kopfes. Gerade bei linearen Krafteinwirkungen mit entsprechenden Hirnquetschungen an den Grenzen des Schädels und bei Schädelbrüchen böten Fahrradhelme (im Gegensatz zu Verletzungen durch Rotationsbeschleunigungen des Kopfes oder durch penetrierende Gewalteinwirkung) den größten Schutz. Die Helme hätten die Funktion einer Knautschzone, welche die stumpf einwirkenden Energien absorbiere. Die Kraft des Aufpralls werde auf eine größere Fläche verteilt und dadurch abgemildert. Damit würden die Wahrscheinlichkeit eines Schädelbruchs verringert und die Bewegung des Gehirns, das auf der gegenüberliegenden Seite eine weniger starke Quetschung erfahre (sogenannte Contre-coup-Verletzung), gebremst. Da ein Fahrradhelm naturgemäß seine größte Schutzwirkung bei einem leichten bis mittelgradigen Trauma entfalte und beim Fahrradsturz der Klägerin nach Art und Schwere eine starke Krafteinwirkung auf den Kopf stattgefunden habe, hätte ein Helm das Trauma zwar nicht verhindern, aber zumindest in einem gewissen Umfang verringern können.

4

Entgegen der bisher herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung begründe das Radfahren ohne Schutzhelm bei einer Kopfverletzung durch Fahrradsturz auch den Vorwurf des Mitverschuldens, wenn der Radfahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme. Auch ohne einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften sei ein Mitverschulden anzunehmen, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht lasse, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflege; er müsse sich insoweit verkehrsrichtig verhalten. Dies bestimme sich nicht nur nach den geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung, sondern auch nach den konkreten Umständen und Gefahren im Verkehr sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar sei, um diese Gefahr möglichst gering zu halten. Das allgemeine Verkehrsbewusstsein in Bezug auf das Tragen von Schutzhelmen beim Fahrradfahren habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Nach dem heutigen Erkenntnisstand könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm trage, wenn er sich in den öffentlichen Straßenverkehr begebe.

II.

5

Die Revision hat Erfolg. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Ansprüche der Klägerin auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens gemäß §§ 7, 18 StVG - bezüglich der Beklagten zu 2 in Verbindung mit § 115 VVG - seien wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert, weil die Klägerin keinen Fahrradhelm getragen habe, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

6

1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB ist allerdings grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob dieser alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239; vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00, VersR 2002, 613, 615 f.; vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02, VersR 2003, 783, 785 f., und vom 28. Februar 2012 - VI ZR 10/11, VersR 2012, 772, Rn. 6, jeweils mwN; BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 139/96, NJW 2000, 217, 219, und vom 14. September 1999 - X ZR 89/97, NJW 2000, 280, 281 f.). In erster Linie ist hierbei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (Senatsurteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, VersR 2011, 1540 Rn. 14 mwN). Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen war das Nichttragen eines Fahrradhelms ursächlich für das Ausmaß der von der Klägerin erlittenen Kopfverletzungen. Ein Helm hätte das bei dem Sturz erlittene Schädel-Hirn-Trauma zwar nicht verhindern können. Ein Helm habe aber die Funktion einer Knautschzone, welche die stumpf einwirkenden Energien absorbiere. Die Kraft des Aufpralls werde auf eine größere Fläche verteilt und dadurch abgemildert. Im vorliegenden Fall hätte ein Fahrradhelm die Verletzungsfolgen deshalb zumindest in einem gewissen Umfang verringern können.

7

2. Die durch das Nichttragen eines Fahrradhelms begründete objektive Mitverursachung hinsichtlich des Ausmaßes der von der Klägerin erlittenen Verletzungen führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht zu einer Anspruchskürzung gemäß § 254 Abs. 1 BGB.

8

a) Der Vorschrift des § 254 BGB liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass der Geschädigte für jeden Schaden mitverantwortlich ist, bei dessen Entstehung er in zurechenbarer Weise mitgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 240 mwN). § 254 BGB ist eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben (Senatsurteile vom 14. März 1961 - VI ZR 189/59, BGHZ 34, 355, 363 f., und vom 22. September 1981 - VI ZR 144/79, VersR 1981, 1178, 1179 mwN). Da die Rechtsordnung eine Selbstgefährdung und Selbstbeschädigung nicht verbietet, geht es im Rahmen von § 254 BGB nicht um eine rechtswidrige Verletzung einer gegenüber einem anderen oder gegenüber der Allgemeinheit bestehenden Rechtspflicht, sondern nur um einen Verstoß gegen Gebote der eigenen Interessenwahrnehmung, also um die Verletzung einer sich selbst gegenüber bestehenden Obliegenheit (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 58/08, VersR 2010, 270 Rn. 16 mwN; BGH, Urteile vom 14. Oktober 1971 - VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 145; vom 18. April 1997 - V ZR 28/96, aaO, und vom 29. April 1999 - I ZR 70/97, VersR 2000, 474). Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Anspruchsminderung des Geschädigten beruht auf der Überlegung, dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss (vgl. Senatsurteil vom 29. April 1953 - VI ZR 63/52, BGHZ 9, 316, 318 f.), weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (vgl. Senatsurteile vom 14. März 1961 - VI ZR 189/59, aaO, und vom 22. September 1981 - VI ZR 144/79, aaO; BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - I ZR 95/96, VersR 1998, 1443, 1445). Eine Anspruchskürzung gemäß § 254 Abs. 1 BGB hängt nicht davon ab, dass der Geschädigte eine Rechtspflicht verletzt hat (vgl. MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 254 Rn. 3 mwN). Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass er gegen eine gesetzliche Vorschrift (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1979 - VI ZR 144/77, VersR 1979, 369 f. mwN) oder eine andere Verhaltensanweisung wie etwa eine Unfallverhütungsvorschrift verstoßen hat (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1970 - VI ZR 218/68, - VI ZR 86/69, VersR 1970, 469, 470; vom 25. Januar 1983 - VI ZR 92/81, VersR 1983, 440 und vom 10. März 1987 - VI ZR 123/86, VersR 1987, 781).

9

b) Ein Mitverschulden des Verletzten im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB ist bereits dann anzunehmen, wenn dieser diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 29. April 1953 - VI ZR 63/52, aaO, S. 318; vom 27. Juni 1961 - VI ZR 205/60, BGHZ 35, 317, 321; vom 18. April 1961 - VI ZR 166/60, VersR 1961, 561, 562; vom 22. Juni 1965 - VI ZR 53/64, VersR 1965, 816, 817 und vom 9. Mai 1978 - VI ZR 212/76, VersR 1978, 923, 924). Er muss sich "verkehrsrichtig" verhalten, was sich nicht nur durch die geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung bestimmt, sondern durch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar ist, um diese Gefahr möglichst gering zu halten (Senatsurteile vom 30. Januar 1979 - VI ZR 144/77, VersR 1979, 369, 370 und vom 10. April 1979 - VI ZR 83/78, VersR 1979, 532). Danach würde es für eine Mithaftung der Klägerin ausreichen, wenn für Radfahrer das Tragen von Schutzhelmen zur Unfallzeit im Jahr 2011 nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich war.

10

c) Das Berufungsgericht nimmt an, dass dies der Fall gewesen sei. Es meint, das allgemeine Verkehrsbewusstsein in Bezug auf das Tragen von Schutzhelmen beim Fahrradfahren habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt, weshalb nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden könne, dass ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm trage, wenn er sich in den öffentlichen Straßenverkehr begebe. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.

11

aa) Das Berufungsgericht stützt seine Beurteilung im Wesentlichen auf Überlegungen hinsichtlich des besonderen Verletzungsrisikos, dem Radfahrer im Straßenverkehr heute ausgesetzt seien. Allein mit dem Verletzungsrisiko und der Kenntnis davon lässt sich ein verkehrsgerechtes Verhalten jedoch nicht begründen. Auch der heutige Erkenntnisstand hinsichtlich der Möglichkeiten, dem Verletzungsrisiko durch Schutzmaßnahmen zu begegnen, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass ein Radfahrer sich nur dann verkehrsgerecht verhält, wenn er einen Helm trägt. Insoweit mag der Fortschritt der Sicherheitstechnik zwar in gewissem Maße Berücksichtigung finden (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 254 Rn. 51 mwN). Die technische Entwicklung hat aber nur bedingte Aussagekraft für die Beurteilung der Frage, welches Verhalten tatsächlich dem heutigen allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht.

12

bb) Der erkennende Senat hat in einer Entscheidung, in der es um die Frage des Mitverschuldens eines Mopedfahrers ging, der bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1974 eine Kopfverletzung erlitt, weil er keinen Helm trug, zu den Voraussetzungen für die Annahme eines verkehrsgerechten Verhaltens näher Stellung genommen (Senatsurteil vom 30. Januar 1979 - VI ZR 144/77, aaO). Er hat dazu ausgeführt, dass weder die Gefährlichkeit noch das gegenüber früher - nicht zuletzt wegen der zunehmenden Dichte des Verkehrs - bei Mopedfahrern möglicherweise gesteigerte Bewusstsein für solche Gefährdungen ausreichten, um das Fahren ohne Helm als nicht verkehrsgerecht zu bewerten. Zur Beurteilung einer allgemeinen Überzeugung könnten Umfrageergebnisse, Statistiken und amtliche oder nichtamtliche Erhebungen herangezogen werden, die jedoch nicht vorhanden seien. Ohne solche zureichend verlässlichen Unterlagen könne von einer allgemeinen Überzeugung, dass es für einen ordentlichen und gewissenhaften Mopedfahrer zum eigenen Schutz in jedem Falle erforderlich sei, auf seinen Fahrten einen Schutzhelm zu tragen, so lange nicht gesprochen werden, als selbst der Verordnungsgesetzgeber, von dem zu dieser Frage gewissenhafte Überlegungen und Nachforschungen erwartet werden könnten, noch Ende 1975 die einschlägigen Gefahren relativiert und die Anordnung entsprechender Anschaffungen der Mopedfahrer im Hinblick darauf noch als unzumutbar angesehen habe. Bei dieser Sachlage habe sich dem verunglückten Mopedfahrer zu damaliger Zeit nicht aufdrängen müssen, dass er zu seinem Schutz einen Helm aufsetzen müsse. Davon abgesehen sei nicht festgestellt, ob gerade in der Umgebung, in der er gewohnt habe, bei Mopedfahrern schon eine entsprechende Übung bestanden habe.

13

cc) Diese Erwägungen können auch vorliegend zur Beurteilung verkehrsgerechten Verhaltens herangezogen werden. Anders als damals gibt es, worauf die Revision zutreffend hinweist, amtliche Statistiken über die tatsächliche Akzeptanz von Fahrradhelmen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen führt seit Mitte der 70er Jahre regelmäßig repräsentative Verkehrsbeobachtungen im gesamten Bundesgebiet durch, bei denen jährlich u.a. das Tragen von Schutzhelmen und Schutzkleidung bei Zweiradbenutzern erfasst wird. Danach trugen im Jahr 2011 über alle Altersgruppen hinweg innerorts elf Prozent der Fahrradfahrer einen Schutzhelm (Bundesanstalt für Straßenwesen, Forschung kompakt 06/12, veröffentlicht auf www.bast.de). Damit sei, so die seinerzeitige Beurteilung seitens der Bundesanstalt für Straßenwesen, die Helmtragequote gegenüber dem Vorjahr (neun Prozent) leicht gestiegen, sie befinde sich aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Bei dieser Sachlage ist die Annahme, die Erforderlichkeit des Tragens von Fahrradhelmen habe im Jahr 2011 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen, nicht gerechtfertigt.

14

Allerdings hat der Arbeitskreis IV des 47. Verkehrsgerichtstages 2009 eine Empfehlung beschlossen, in der es unter Nr. 6 heißt: "Teilnehmern am Radfahrverkehr wird das Tragen eines Helmes sowie dringend der Abschluss einer Haftpflichtversicherung empfohlen" (47. VGT 2009, 8). Der Verordnungsgesetzgeber hat aus verkehrspolitischen Erwägungen bislang jedoch bewusst davon abgesehen, eine Helmpflicht für Radfahrer einzuführen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2012 auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verkehrssicherheit im Radverkehr erklärt, dass die Freiwilligkeit des Tragens eines Fahrradhelmes der Ansatz des gerade verabschiedeten Verkehrssicherheitsprogramms 2011 sei (BT-Drucks. 17/8560, S. 13). Die Einführung einer Helmpflicht wird auch von der derzeitigen Bundesregierung bislang nicht verfolgt. So heißt es im Koalitionsvertrag "Deutschlands Zukunft gestalten" zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode (abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf?__blob=publicationFile&v=2, S. 45) zum Thema Fahrradverkehr vielmehr, man wolle darauf hinwirken, dass deutlich mehr Fahrradfahrer Helm tragen. Solche Aussagen und Empfehlungen mögen langfristig dazu beitragen, die Akzeptanz des Tragens von Fahrradhelmen zu erhöhen. Einen Beleg für ein entsprechendes allgemeines Verkehrsbewusstsein im Jahr 2011 vermögen sie nicht zu liefern.

15

d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist daher mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung der Literatur daran festzuhalten, dass Schadensersatzansprüche eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert sind (vgl. OLG Stuttgart, VRS 97, 15, 18 f.; OLG Hamm, VersR 2001, 1257, 1259; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 38, 39 mit Anm. Kettler; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 614, 618 f.; OLG Saarbrücken, NZV 2008, 202, 203 f. mit Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 1/2008 Anm. 3; OLG Celle, VD 2014, 101, 102 ff. mit Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 5/2014 Anm. 3; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 22 Rn. 62; Jahnke in FS Gerda Müller, 2009, S. 396 mwN; Kettler, Recht für Radfahrer, 3. Aufl., S. 174 ff.; Hufnagel, DAR 2007, 289, 292; Kettler, NZV 2007, 603 f.; Prelinger, juris-PR-VerK 21/2013 Anm. 2 [Anm. zum Urteil des Berufungsgerichts]; Türpe, VRR 2013, 404, 405 f. [Anm. zum Urteil des Berufungsgerichts]; aA: Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. Kap. 2 Rn. 58; Staudinger/Schiemann, aaO; vgl. dazu auch Stöhr, zfS 2010, 62, 66 sowie Scholten, SVR 2012, 161 ff.). Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann (vgl. dazu OLG Düsseldorf, NZV 2007, 614, 618; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 619, 622; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2008, 266, 267 f.; OLG München, Urteil vom 3. März 2011 - 24 U 384/10, juris Rn. 32; OLG Celle, aaO; MünchKommBGB/Oetker, aaO Rn. 42; Kettler, NZV 2007, 603 ff.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

16

3. Nach alledem kann das angefochtene Urteil, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, keinen Bestand haben. Da es keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf, kann der erkennende Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist insgesamt zurückzuweisen, denn das Feststellungsbegehren der Klägerin erweist sich in vollem Umfang als begründet.

Galke                    Wellner                          Pauge

             Stöhr                       Offenloch

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen

1.
von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2);
2.
vorbehaltlich Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 vom Verbot, eine Autobahn oder eine Kraftfahrstraße zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
3.
von den Halt- und Parkverboten (§ 12 Absatz 4);
4.
vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten (§ 12 Absatz 3 Nummer 3);
4a.
von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufens der Uhr, an Parkscheinautomaten nur mit einem Parkschein zu halten (§ 13 Absatz 1);
4b.
von der Vorschrift, im Bereich eines Zonenhaltverbots (Zeichen 290.1 und 290.2) nur während der dort vorgeschriebenen Zeit zu parken (§ 13 Absatz 2);
4c.
von den Vorschriften über das Abschleppen von Fahrzeugen (§ 15a);
5.
von den Vorschriften über Höhe, Länge und Breite von Fahrzeug und Ladung (§ 18 Absatz 1 Satz 2, § 22 Absatz 2 bis 4);
5a.
von dem Verbot der unzulässigen Mitnahme von Personen (§ 21);
5b.
von den Vorschriften über das Anlegen von Sicherheitsgurten und das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a);
6.
vom Verbot, Tiere von Kraftfahrzeugen und andere Tiere als Hunde von Fahrrädern aus zu führen (§ 28 Absatz 1 Satz 3 und 4);
7.
vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3);
8.
vom Verbot, Hindernisse auf die Straße zu bringen (§ 32 Absatz 1);
9.
von den Verboten, Lautsprecher zu betreiben, Waren oder Leistungen auf der Straße anzubieten (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 und 2);
10.
vom Verbot der Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen (§ 33 Absatz 2 Satz 2) nur für die Flächen von Leuchtsäulen, an denen Haltestellenschilder öffentlicher Verkehrsmittel angebracht sind;
11.
von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind;
12.
von dem Nacht- und Sonntagsparkverbot (§ 12 Absatz 3a).
Vom Verbot, Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitzunehmen (§ 21 Absatz 2), können für die Dienstbereiche der Bundeswehr, der auf Grund des Nordatlantik-Vertrages errichteten internationalen Hauptquartiere, der Bundespolizei und der Polizei deren Dienststellen, für den Katastrophenschutz die zuständigen Landesbehörden, Ausnahmen genehmigen. Dasselbe gilt für die Vorschrift, dass vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sein oder Schutzhelme getragen werden müssen (§ 21a).

(1a) Die Straßenverkehrsbehörden können zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge allgemein durch Zusatzzeichen Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsverboten oder Verkehrsumleitungen nach § 45 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 1a und 1b Nummer 5 erste Alternative zulassen. Das gleiche Recht haben sie für die Benutzung von Busspuren durch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes sind zu beachten.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die nach Landesrecht bestimmten Stellen können von allen Vorschriften dieser Verordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller genehmigen. Vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Absatz 3) können sie darüber hinaus für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zulassen, soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern (§ 30 Absatz 4) notwendig werden. Erstrecken sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus und ist eine einheitliche Entscheidung notwendig, ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig; die Ausnahme erlässt dieses Bundesministerium durch Verordnung.

(2a) Abweichend von Absatz 1 und 2 Satz 1 kann für mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes das Fernstraßen-Bundesamt in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller folgende Ausnahmen genehmigen:

1.
Ausnahmen vom Verbot, an nicht gekennzeichneten Anschlussstellen ein- oder auszufahren (§ 18 Absatz 2 und 10 Satz 1), im Benehmen mit der nach Landesrecht zuständigen Straßenverkehrsbehörde;
2.
Ausnahmen vom Verbot zu halten (§ 18 Absatz 8);
3.
Ausnahmen vom Verbot, eine Autobahn zu betreten oder mit dort nicht zugelassenen Fahrzeugen zu benutzen (§ 18 Absatz 1 und 9);
4.
Ausnahmen vom Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2);
5.
Ausnahmen von der Regelung, dass ein Autohof nur einmal angekündigt werden darf (Zeichen 448.1);
6.
Ausnahmen von den Verboten oder Beschränkungen, die durch Vorschriftzeichen (Anlage 2), Richtzeichen (Anlage 3), Verkehrseinrichtungen (Anlage 4) oder Anordnungen (§ 45 Absatz 4) erlassen sind (Absatz 1 Satz 1 Nummer 11).
Wird neben einer Ausnahmegenehmigung nach Satz 1 Nummer 3 auch eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 beantragt, ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die die Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 oder die Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 erlässt. Werden Anlagen nach Satz 1 Nummer 4 mit Wirkung auf den mit Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichneten Autobahnen in der Baulast des Bundes im Widerspruch zum Verbot, Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton zu betreiben (§ 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2), errichtet oder geändert, wird über deren Zulässigkeit
1.
von der Baugenehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein bauaufsichtliches Verfahren vorsieht, oder
2.
von der zuständigen Genehmigungsbehörde, wenn ein Land hierfür ein anderes Verfahren vorsieht,
im Benehmen mit dem Fernstraßen-Bundesamt entschieden. Das Fernstraßen-Bundesamt kann verlangen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gestellt wird. Sieht ein Land kein eigenes Genehmigungsverfahren für die Zulässigkeit nach Satz 3 vor, entscheidet das Fernstraßen-Bundesamt.

(3) Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis können unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden und mit Nebenbestimmungen (Bedingungen, Befristungen, Auflagen) versehen werden. Erforderlichenfalls kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Antragstellers verlangen. Die Bescheide sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen. Bei Erlaubnissen nach § 29 Absatz 3 und Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 genügt das Mitführen fernkopierter Bescheide oder von Ausdrucken elektronisch erteilter und signierter Bescheide sowie deren digitalisierte Form auf einem Speichermedium, wenn diese derart mitgeführt wird, dass sie bei einer Kontrolle auf Verlangen zuständigen Personen lesbar gemacht werden kann.

(4) Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse der zuständigen Behörde sind für den Geltungsbereich dieser Verordnung wirksam, sofern sie nicht einen anderen Geltungsbereich nennen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 9. Dezember 2014 - 3 K 1021/13 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der rechtzeitig gestellte und mit Schriftsatz vom 09.03.2015 rechtzeitig begründete, auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09.12.2014 hat keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Kläger innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist. Um dem Darlegungserfordernis zu genügen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ist grundsätzlich eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Dies erfordert ein Durchdringen und Aufbereiten des Sach- und Streitstoffs in einer Weise, die im Einzelnen verdeutlicht, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen den entscheidungstragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.05.2016 - 11 A 732/16 - juris; Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 21. Aufl.‚ § 124a Rn. 49, 52 m.w.N.). Nach Ablauf der zweimonatigen Zulassungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist neues Vorbringen grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.07.1998 - 7 S 1139/98 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.11.2009 - 8 LA 16/09 - juris m.w.N.).
Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel. Der Kläger hat mit seinem innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 09.03.2015 keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.
Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe bei Überprüfung der streitigen Ablehnung der beantragten Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO das Merkmal der Ausnahmesituation wie eine Tatbestandsvoraussetzung behandelt und hiervon seine Entscheidung abhängig gemacht.
Nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO können die höheren Verwaltungsbehörden in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller Ausnahmen unter anderem von der Vorschrift des § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO genehmigen. Auf eine solche Ausnahmegenehmigung besteht kein Rechtsanspruch; ihre Erteilung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Mit der Ausnahmegenehmigung soll besonderen Ausnahmesituationen Rechnung getragen werden, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten. Ob ein solcher besonderer Ausnahmefall vorliegt, bemisst sich nach dem Ergebnis eines Vergleichs der Umstände des konkreten Falls mit dem typischen Regelfall, der dem generellen Verbot zugrunde liegt. Das so gewonnene Merkmal einer Ausnahmesituation ist dann unverzichtbarer Bestandteil der einheitlich zu treffenden Ermessensentscheidung (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2015 - 3 C 28.13 - BVerwGE 151, 313; Senatsbeschluss vom 20.12.2013 - 10 S 1644/13 - VBlBW 2014, 231).
Von diesem Normverständnis ist das Verwaltungsgericht explizit ausgegangen (UA S. 8 f.); es hat auch seiner folgenden Prüfung nichts anderes zugrunde gelegt. So hat es unter dem Gliederungspunkt I. zunächst geprüft, ob der Kläger aufgrund einer Ermessensreduzierung auf null einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung hat, und hat dies unter anderem damit verneint, dass es bereits an einer Ausnahmesituation fehle (UA S. 9 ff.), der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hier nicht greife (UA S. 14 f.) und auch der Gleichheitssatz (UA S. 15 ff.), wirtschaftliche oder sonstige Erwägungen (UA S. 18 f.) das behördliche Ermessen nicht derart einschränken würden, dass nur die Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung rechtlich zulässig wäre. Unter dem Gliederungspunkt II. hat es ausgeführt, dass und warum die streitige Entscheidung des Beklagten vom 06.05.2013 keine Ermessensfehler erkennen lässt, weshalb auch ein Anspruch auf Neubescheidung nicht besteht (UA S. 19 f.). Ein - wie vom Kläger behauptet - fehlerhaftes Verständnis von der Ausnahmeregelung des § 70 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO vermag der Senat dieser Prüfung des Verwaltungsgerichts nicht zu entnehmen; sie entspricht vielmehr den normativen Vorgaben.
Die Auffassung des Klägers, dass - anders als bei einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO - bei einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO nicht entscheidend auf die Belastung der Straßen und Brücken abzustellen sei, sondern auf die Geeignetheit der Fahrzeuge, die Erfordernisse technischer Entwicklungen, die Vermeidung unnötiger Härten oder die Beseitigung rechtlicher Unklarheiten, wird vom Senat so nicht geteilt.
§ 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO regelt für Fahrzeugkombinationen mit mehr als vier Achsen nicht das technisch maximal zulässige Gesamtgewicht (§ 34 Abs. 2 Satz 2 StVZO), sondern das, was als Gesamtgewicht rechtlich als Höchstwert noch zulässig ist. Zweck dieser Festsetzung von rechtlichen Gewichtshöchstgrenzen ist die Schonung von Straßen und Brücken, die - schon aus fiskalischen Gründen - nur für den „normalen“ Verkehr gebaut sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.05.2006 - 8 A 1388/05 - DAR 2006, 579; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 34 StVZO Rn. 2, 5 f.; Rebler/Borzym/Magori, Großraum- und Schwertransporte und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, 2. Aufl., S. 21 f.). Die Standards für deren Bau (z. B. Fahrbahnaufbau, Tragfähigkeit) korrespondieren mit den in § 34 StVZO festgelegten Grenzwerten für Achslasten und Gesamtgewichte. Transporte, die diese Werte überschreiten, beanspruchen diese Einrichtungen übermäßig, wobei vor allem Brücken von einem Überschreiten der Grenzwerte für Gesamtgewichte betroffen sind (vgl. Rebler, SVR 2013, 87 ff.). Diese Grenzwerte dienen damit insbesondere dazu, eine über das verkehrsübliche Maß hinausgehende Abnutzung der Straßen zu verhüten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG). Wegen des Regelungszwecks des § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO ist schon bei Erteilung der fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO nicht nur die technische Eignung und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs zu prüfen, sondern auch, ob das Fahrzeug mit seiner vorgesehenen Verwendung überhaupt als geeignet zum Verkehr auf öffentlichen Straßen angesehen werden kann; die streckenbezogene Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO hat demgegenüber zum Gegenstand, ob eine bestimmte Fahrtstrecke für einen konkreten Transport geeignet ist (vgl. Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 39 f. m.w.N.).
Die Rüge des Klägers, dass das Verwaltungsgericht seine Argumente, die für eine Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung sprächen, nicht ausreichend berücksichtigt und gewichtet habe, hält der Senat für sachlich ungerechtfertigt. Das Verwaltungsgericht hat sich in seiner ausführlichen Urteilsbegründung mit allen wesentlichen Argumenten des Klägers in einer tatsächlich und rechtlich zutreffenden Weise auseinandergesetzt. Der vom Kläger angestrebten großzügigeren Auslegung und Anwendung der Ausnahmeregelung in § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO kann aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen nicht näher getreten werden. Der Senat hat bereits in dem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter anderem ausgeführt, dass ausgehend vom Regelungszweck des § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO, die Straßen und Brücken vor zu großen Druckbelastungen, daraus resultierenden vorzeitigen Schäden und die Allgemeinheit vor einem entsprechend höheren Kostenaufwand für die Instandhaltung bzw. Wiederherstellung zu schützen, es im vorliegenden Fall an einer Ausnahmesituation fehlt, weil die Möglichkeit besteht, dass der Kläger die Turmdrehkräne mit dem zugehörigen Zubehör und Ballast auch unter Einhaltung der Vorschriften über das zulässige Gesamtgewicht in zwei Fahrten transportieren kann und ihm die gegenüber einem Transport „in einem Rutsch“ entstehenden Mehrkosten zumutbar sind (zum Ganzen vgl. Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.). Um nicht die im öffentlichen Interesse am Schutz der Verkehrsinfrastruktur in § 34 StVZO normativ festgelegten Gewichtshöchstgrenzen - insbesondere bei Anwendung des Gleichheitssatzes - beliebig zu verschieben und die Ausnahme zur Regel werden zu lassen, kommt es für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO für einen Schwertransport grundsätzlich nur darauf an, ob die Ladung unteilbar ist. Zwar ist es in einer modernen Volkswirtschaft, die auf Mobilität und Güteraustausch angelegt ist, unumgänglich, auch besonders schwere Ladungen befördern zu können. Jedoch verlangt hier der Ausnahmecharakter der Genehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO, dass der Transport nicht auf andere Art und Weise abgewickelt werden kann; rein wirtschaftliche Aspekte im Sinne einer Streckenminimierung, Arbeitserleichterung oder Möglichkeit, technisch vorhandene Ladekapazität auch auszunutzen, zählen nicht. Kann die Ladung geteilt, also auf mehrere Lastkraftwagen verteilt werden, so gibt es grundsätzlich keinen Grund für eine Ausnahme (vgl. Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 52 ff., 100 ff. m.w.N.; siehe auch Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.05.2006 a.a.O.; VG Augsburg, Urteil vom 08.12.2009 - Au 3 K 09.672 - juris; VG Aachen, Urteil vom 01.03.2005 - 2 K 1643/03 - juris). Eine Ausnahmegenehmigung kommt hier sozusagen nur als letztes Mittel in Betracht; sie muss geboten sein, um ansonsten nicht beherrschbaren Gefahren begegnen zu können (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2015 a.a.O.). Dieses Normverständnis ist hier auch deshalb gerechtfertigt, weil Schäden an Straßen und Brücken nicht linear, sondern überproportional zu einem Überschreiten der rechtlich vorgegebenen Gewichtsgrenzen zunehmen, und für die Frage einer übermäßigen Beanspruchung von Straßen und Brücken durch Schwertransporte nicht nur auf den jeweiligen Einzelfall abgestellt werden kann, sondern wegen des Gleichheitssatzes auch alle vergleichbaren Fälle und damit die insgesamt zu erwartende Zunahme des Schwerlastverkehrs in den Blick zu nehmen sind; Wiederholungen und Aufsummierung am gleichen Ort können langfristig zu Strukturschäden führen (vgl. Rebler, SVR 2013, 87 ff. m.w.N.). Im Einklang damit schreiben auch die Verwaltungsvorschriften, die aufgrund ihrer internen Bindungswirkung die Verwaltungspraxis steuern, unter anderem vor, dass Ausnahmen nach § 70 StVZO nur genehmigt werden dürfen, wenn alle zumutbaren Möglichkeiten zur Einhaltung der Vorschriften der StVZO und FZV voll ausgeschöpft sind, und dann auch nur in dem Umfang, der für den beabsichtigten Zweck unumgänglich notwendig ist, wobei „ein strenger Maßstab anzulegen“ ist (vgl. Nr. 1.2 der Vorbemerkungen zu allen Empfehlungen der „Empfehlungen zu § 70 StVZO“, VkBl. 2014, 503).
10 
Schließlich wird dieses Normverständnis auch nicht durch die sog. Gigaliner-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Frage gestellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.04.2014 - 2 BvF 1/12, 2 BvF 3/12 - BVerfGE 136, 69). Anders als der Kläger meint, hat das Bundesverfassungsgericht darin nicht entschieden, dass Ausnahmegenehmigungen nach § 70 Abs. 1 StVZO ermöglichen sollen, größere Lasten in einem Transport durchzuführen, um die Umwelt zu schonen oder um „Zweckmäßigkeits- und Zumutbarkeitsüberlegungen“ zu genügen. Die Entscheidung betrifft allein die Frage, ob eine Rechtsverordnung gültig ist, die die zeitweilige Erprobung sog. Gigaliner zulässt. Die Zulassung dieser Fahrzeuge ist nach der Rechtsverordnung räumlich und zeitlich eingeschränkt und an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft. Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem die strukturellen Unterschiede zwischen Verordnungs- und Verwaltungsermessen, zwischen den Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung und den Voraussetzungen betont, die in einer Rechtsverordnung für die Bewilligung einer Ausnahme aufgestellt werden (siehe auch Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 106).
11 
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die durch den streitigen Zug zum Transport vorgesehene Ladung im Rechtssinne teilbar ist. Unteilbar ist danach eine Ladung, wenn sie entweder technisch nicht zerlegt werden kann oder die Zerlegung und der Zusammenbau unzumutbare Kosten verursachen würden (vgl. z. B. die Empfehlung 8 der Empfehlungen zu § 70 StVZO a.a.O.; Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 102 ff. m.w.N.). Maßgeblich ist hierbei eine verallgemeinernde Betrachtungsweise, da der Zweck der normativ festgelegten Gewichtshöchstgrenzen, nämlich die Schonung von Straßen und Brücken, aber auch der Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität sich nicht damit vertragen, technisches Unvermögen oder wirtschaftliche Schwäche eines einzelnen Unternehmens durch die Erteilung einer Ausnahme zu kompensieren (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.).
12 
Der Vortrag des Klägers, dass in bestimmten Situationen von dem Zug mit Turmdrehkran-Anhänger das nach § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO höchstzulässige Gesamtgewicht von 40,00 t wegen der erforderlichen Ballastierung des Zugfahrzeugs überschritten werden müsse, lässt schon nicht hinreichend den erforderlichen Bezug zu dem vorliegenden Streitgegenstand erkennen. Der Kläger hat im Verwaltungs- und im Klageverfahren die Ausnahme für ein zulässiges Gesamtgewicht seines aus dem LKW-Kipper und dem Turmdrehkran-Anhänger bestehenden Zugs von 54,00 t beantragt; dass die für den sicheren Verkehr auf öffentlichen Straßen physikalisch notwendige Ballastierung des Zugfahrzeugs ein solches Zuggesamtgewicht, wie es hier Streitgegenstand ist, erfordert, kann der Begründung des Zulassungsantrags nicht nachvollziehbar entnommen werden und ist auch ansonsten für den Senat nicht ersichtlich (zur Problematik vgl. z. B. § 34 Abs. 8 StVZO; Nr. 9.2 der Empfehlung 1 i.V.m. der Ballastierungstabelle zu Empfehlung 8 [Empfehlungen zu § 70 StVZO a.a.O.]; Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 110 ff. m.w.N.). Dagegen spricht im Übrigen auch, dass der Beklagte wiederholt vorgetragen hat, seit Jahren keine gewichtsbezogenen Ausnahmegenehmigungen für vergleichbare Turmdrehkranzüge erteilt zu haben (vgl. Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.). Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen ausgeführt, dass es aus technischen Gründen nicht notwendig ist, den vollständigen Turmdrehkran „in einem Rutsch“ zu transportieren (UA S. 10 ff.). Auf diese zutreffenden Ausführungen, die sich mit den hiergegen vorgebrachten Argumenten des Klägers auseinandersetzen, wird verwiesen. Wie der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 09.12.2014 entnommen werden kann, hat der vom Gericht geladene Sachverständige des TÜV - für den Senat überzeugend - dargelegt, das Zugfahrzeug könne so ballastiert werden, dass der Zug mit beladenem Turmdrehkran-Anhänger unter Einhaltung der Zuggesamtgewichtsgrenze von 40,00 t auch eine Steigung von mehr als 8 Prozent bewältigen könne. Soweit der Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags vorträgt, der Sachverständige habe ausdrücklich bestätigt, dass unter anderem bei „engen Straßenverhältnissen“ eine diese Gewichtsgrenze überschreitende höhere Ballastierung notwendig sei, ist eine solche Aussage des Sachverständigen nicht nur nicht protokolliert worden, sondern sie widerspricht vielmehr inhaltlich den Darlegungen des Sachverständigen, so wie sie in der Niederschrift festgehalten wurden. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor allem von den Schwierigkeiten, dem Mehraufwand und den Mehrkosten gesprochen, die für ihn mit der Einhaltung des höchstzulässigen Gesamtgewichts von 40,00 t verbunden sind; früher habe er den Kran mitsamt der Gegengewichte auf einer Fahrt transportieren können, jetzt benötige er zwei Fahrten. Auch der vom Kläger geschilderte (Einzel-) Fall, in dem er das Zugfahrzeug voll ballastieren musste, um den beladenen Turmdrehkran-Anhänger aus der Baustelle zu ziehen, illustriert zwar die Schwierigkeiten, denen der Kläger bei Einhaltung des höchstzulässigen Gesamtgewichts von 40,00 t ausgesetzt ist, belegt aber keine technisch begründete Notwendigkeit für die von ihm konkret begehrte Ausnahme. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Gewichtsbegrenzungen in § 34 Abs. 5 StVZO nur für den Verkehr auf öffentlichen Straßen gelten (§ 16 Abs. 1 StVZO) und dass auch der Beklagte bestätigt habe, dass es für den Baustellenbereich keiner Ausnahmegenehmigung bedürfe (siehe auch Nr. 1.2 der Vorbemerkungen zu allen Empfehlungen zu § 70 StVZO a.a.O.).
13 
Die Unrichtigkeit des angegriffenen Urteils folgt auch nicht aus der Argumentation des Klägers, er dürfe, weil nach Aussage des Sachverständigen die Antriebsachse seines Zugfahrzeugs mit mindestens 2,00 t Ladung ballastiert werden müsse und der Kranballast stets als unteilbar gelte, wegen der Unteilbarkeit des Ballasts dann auch den restlichen Ballast in einem Zug mitnehmen. Wie bereits der Sachverständige und ausführlich auch das Verwaltungsgericht (UA S. 13 f.) zutreffend ausgeführt haben, gilt zwar der Kranballast als unteilbar, aber Kran und Kranballast zusammen sind keine unteilbare Ladung. Nicht aus technischen, sondern aus ökonomischen Gründen definiert das hierfür zuständige Bundesministerium in Form einer Verwaltungsvorschrift das Zubehör von Kränen als unteilbar; dies bedeutet allerdings nur, dass bei großen Kränen die benötigten Gegengewichte grundsätzlich nicht auf mehrere Fahrzeuge verteilt werden müssen (vgl. Rebler, Die Genehmigung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten, 2014, S. 109 m.w.N.). Dies kommt auch in der 2014 neu erlassenen Verwaltungsvorschrift zum Ausdruck, wenn es dort heißt, dass hinsichtlich der zulässigen Gesamtmasse des Zugs kein Anspruch auf gleichzeitigen Transport von Kranzubehör über das Ballastierungserfordernis hinaus besteht (vgl. Nr. 9.2 der Empfehlung 1 und Nr. 1 der Vorbemerkungen zu Empfehlung 8 [Empfehlungen zu § 70 StVZO a.a.O.]). Die Verwaltungsvorschrift privilegiert Kranzubehör, indem sie es als unteilbar definiert, aber nur, wenn es gesondert und nicht zusammen mit dem Kran transportiert wird. Eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis des Beklagten, die über den Gleichheitssatz Rechtswirkung zu Gunsten des Klägers entfalten könnte, ist für den Senat nicht zu erkennen.
14 
Soweit der Kläger - wenn auch unter der Rubrik der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - sinngemäß vorträgt, dass die Genehmigungspraxis des Beklagten willkürlich sei, weil dieser es dulde, dass konkurrierende Unternehmen, insbesondere zwei namentlich genannte Firmen, ihre Kräne mitsamt dem ganzen Ballast unter Überschreitung des jeweils rechtlich höchstzulässigen Gesamtgewichts transportierten, ist das Verwaltungsgericht dem mit einer zutreffenden Begründung entgegen getreten (UA S. 17 f.). So hat es in dem angefochtenen Urteil insbesondere ausgeführt, dass es bereits an einer entsprechenden Duldung des Beklagten fehle, da dieser glaubhaft im Einzelnen dargelegt habe, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine dem Gleichheitssatz genügende Verwaltungspraxis durchzusetzen. Auf die vom Kläger gemeldeten Verstöße hin sei die Polizei wiederholt gebeten worden, dem nachzugehen und etwaige Verstöße zu melden. Die Polizei habe jedoch keine Verstöße gemeldet. Überdies seien die Firmen direkt angesprochen und auf Inhalt und Reichweite der erteilten Genehmigungen hingewiesen worden. Künftig werde schon bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung festgehalten, dass der gleichzeitige Transport von Kran und Ballast ein Überschreiten des normativ festgelegten Zuggesamtgewichts nicht rechtfertige. Ergänzend hierzu hat der Beklagte im Zulassungsverfahren erklärt, dass die an die vom Kläger namentlich genannte Firma K.-K. erteilte Ausnahmegenehmigung inzwischen durch Verfügung vom 08.05.2015 klarstellend um die Nebenbestimmung ergänzt worden sei, dass Kranballast, der nicht zur Ballastierung erforderlich sei und die gesetzliche Gesamtgewichtshöchstgrenze überschreite, getrennt vom Kran zu transportieren sei. Überdies ist vom Beklagten auch zutreffend angemerkt worden, dass der Kläger keine gerichtsfesten Beweise vorgebracht habe, dass die von ihm genannten Unternehmen faktisch die geltenden Gewichtshöchstgrenzen überschritten.
15 
Die vom Kläger behauptete großzügigere Praxis einiger anderer Bundesländer bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO für den Transport von Kränen ist - wie das Verwaltungsgericht wiederum richtig festgestellt hat - unabhängig von der Frage, ob dies in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, bereits aus Rechtsgründen unerheblich. Eine Ermessensbindung für den Beklagten - vermittelt über den allgemeinen Gleichheitssatz - würde sich auch dann nicht ergeben, wenn andernorts Ausnahmegenehmigungen großzügiger erteilt würden. Verpflichtungen aus Artikel 3 Abs. 1 GG können durch ein Handeln anderer Träger öffentlicher Gewalt nicht begründet werden (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2015 a.a.O.; Senatsbeschluss vom 20.12.2013 a.a.O.).
16 
Soweit der Kläger - allerdings insoweit verspätet - einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz geltend macht, indem etwa für selbstfahrende Autokräne andere Verwaltungsvorschriften und eine andere Verwaltungspraxis gelten würden als für seinen Zug, so hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt, weshalb für andere Fahrzeugarten mit bauartbedingten Unterschieden rechtlich Unterschiedliches gelten darf (UA S. 15 f.). Das Zulassungsvorbringen setzt sich mit dieser Begründung schon nicht hinreichend auseinander. So ist nicht zu erkennen, dass hier „wesentlich Gleiches“ gegeben ist oder eine hierauf bezogene Ungleichbehandlung ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung im Einzelfall erfolgt (vgl. etwa zur Privilegierung des kombinierten Verkehrs OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.05.2006 a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom 01.03.2005 a.a.O.). Im Übrigen hat der Beklagte nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass in keinem Fall sogenannte „Komfort-Ausnahmen“ erteilt würden, stets für jede Ausnahme triftige Gründe vorliegen müssten, um die Aushebelung geltenden Rechts zu rechtfertigen, und etwa auch bei Sattelkraftfahrzeugen ein gleichzeitiger Transport von Kran und Ballast nicht genehmigt werde, wenn hierdurch das zulässige Gesamtgewicht überschritten würde.
17 
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Der Zulassungsgrund liegt vielmehr nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle abhebt und sich gerade die diesbezüglichen Fragen im Berufungsverfahren stellen werden. Dies ist darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hierzu gehört, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts die besonderen Schwierigkeiten ausdrücklich bezeichnet werden und ausgeführt wird, inwieweit sich diese von Verwaltungsstreitigkeiten durchschnittlicher Schwierigkeiten abheben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.09.2005 - 9 S 473/05 - NVwZ-RR 2006, 255; Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 49, 53 m.w.N.). Der Kläger legt schon nicht ausreichend dar, dass die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds vorliegen. Darüber hinaus ist aber auch nicht erkennbar, dass der vorliegende Fall eine besondere Komplexität oder Unübersichtlichkeit aufweist. Wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, kann vielmehr bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens - auch und gerade unter Würdigung des Zulassungsvorbringens - sicher beurteilt werden, dass das Verwaltungsgericht richtig entschieden hat.
18 
3. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend hinreichend dargelegt. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.08.2013 - 7 B 9.13 - juris; BayVGH, Beschluss vom 03.02.2016 - 10 ZB 15.1413 - juris; Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 49, 54 m.w.N.).
19 
Eine in diesem Sinne konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage wird in der Zulassungsbegründung nicht bezeichnet. Der Kläger wendet sich mit seinen Ausführungen nach Art einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, ohne jedoch eine bestimmte, entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und verallgemeinerungsfähige Frage konkret zu formulieren.
20 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
21 
Der festgesetzte Streitwert für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
22 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

1.
(weggefallen)
2.
Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
3.
Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
4.
Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
5.
das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
6.
Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

(2) Wer Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h führt sowie auf oder in ihnen mitfährt, muss während der Fahrt einen geeigneten Schutzhelm tragen. Dies gilt nicht, wenn vorgeschriebene Sicherheitsgurte angelegt sind.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.