Verbreitung von Intimfotos rechtfertigt Geldentschädigung

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Werden Intimbilder einer Person ohne ihre Einwilligung über Whatsapp verbreitet, rechtfertigt dies sowohl einen Unterlassungsanspruch als auch einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Eine Geldentschädigung in Höhe von 500,00 Euro ist angemessen, wenn die Klägerin die Bilder selbst gefertigt und weitergeleitet und dessen Verbreitung damit überhaupt ermöglicht hat (LG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 05.03.2018, Beschluss vom 06.04.2018, Az. 13 U 70/17).
Dirk Streifler - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin
Was ist passiert?
Die Klägerin ist eine junge Frau, welche Intimaufnahmen ihrer Brüste und ihres Genitalbereiches per Whatsapp an ihren Exfreund schickte. Die Beklagte, eine ehemalige Freundin der Klägerin soll die Bilder auch erhalten und an einen anderen Freund weitergeleitet haben. Hier konnte das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen auf welche Weise die Bilder auf das Handy der Beklagten gelangten – vermutet wird, dass sie versehentlich an sie geschickt worden sind.
Die Abgebildete erhob Klage gegen ihre ehemalige Freundin und begehrte sowohl Unterlassung der Verbreitung der gegenständlichen Bilder als auch eine Entschädigung wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts: Ihrer Freundin habe nicht zugestanden die Aufnahmen weiterzuleiten. Dieses Verhalten stelle eine Verletzung ihrer Intimsphäre und des Rechts am eigenen Bild dar.
Verurteilung auf Unterlassung sowie Schadenersatz in Höhe von 500,00 Euro
Das Gericht verurteilte die Beklagte es zu unterlassen, Fotos der Klägerin, auf denen ihre Brüste oder ihr Genitalbereich unbedeckt sind zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen. Die Beklagte musste zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 Euro an die Klägerin zu zahlen.
Urteil: Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog und Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG
Allerdings scheint weder die Beklagte noch die Klägerin selbst mit der Entscheidung des Gerichts einverstanden zu sein. Erstere erstrebt die Abweisung der Klage, während die Klägerin ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen bekommen möchte.
Berufung
Das Gericht weist beide Berufungen zurück.
Ansicht des Gerichts zur Berufung der Beklagten
Die Beklagte konnte eine nach §§ 23 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 1 KunstUrhG für die Verbreitung erforderliche Einwilligung der Klägerin nicht nachweisen. Sie habe zutreffend erkannt, dass die Klägerin die abgebildete Person ist. Dass die Klägerin zunächst bestritt, die auf den Bildnissen abgebildete Person zu sein, begründe ihr konkludentes Einverständnis für die Weiterleitung nicht. Die Beklagte hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin i.S.v Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG rechtswidrig verletzt. Das Gericht betont hierbei, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen selbst dann verletzt ist, wenn die abgebildete Person nicht identifizierbar ist. Die ungewollte Veröffentlichung der Abbildung der eigenen Person verletzt in jedem Fall das Selbstbestimmungsrecht. Aus diesen Gründen weist Gericht ng der Beklagten zurück.
Ansicht des Gerichts zur Berufung der Klägerin
Ebenfalls weist das Gericht die Berufung der Klägerin zurück.
Die Entschädigung des immateriellen Schadens i.H.v. 500 Euro ist angemessen.
Das Gericht betont, dass nicht jede Persönlichkeitsverletzung den Ersatz eines immateriellen Schadens begründen kann. Nur wenn der Eingriff so schwerwiegend ist, dass die Verletzung nicht anderweitig aufgewogen werden kann, soll ein Schadensersatz möglich sein.
Bei der Beurteilung, ob es sich um einen „schwerwiegenden Eingriff“ handelt, sind insbesondere die Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, die Nachhaltigkeit der Rufschädigung, der Grad des Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Verhaltens zu berücksichtigen, vgl. BGH NJW 2010, 763, 765.
Vorliegend sei eine Entschädigung von 500 Euro angemessen. Die Klägerin habe die Bilder selbst weitergeleitet und damit eigenständig die Ursache die gegen ihren Willen erfolgte Weiterleitung der streitgegenständlichen Fotos durch die Beklagte gesetzt.
Zwar könne durchaus auch eine abstrakte Wiederholungsgefahr für die Beurteilung der Höhe des Schmerzensgeldes Bedeutung erlangen, dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Die Behauptung der Klägerin, sie befände sich aufgrund des Vorfalls in psychologischer Behandlung, hält das Gericht für nicht ausreichend, um ihr eine höhere Summe zuzusprechen: Der Kausalzusammenhang zwischen dem Vorfall und der psychischen Erkrankung sei hierfür zu vage.
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Gesetze
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
- 1.
Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte; - 2.
Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen; - 3.
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben; - 4.
Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.