Bundessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - B 6 KA 34/10 R

bei uns veröffentlicht am29.06.2011

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

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Streitig ist die Ermächtigung eines sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ).

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Die klagende Klinikum GmbH betreibt das Klinikum der Stadt H., zu dem eine Klinik für Kinder- und Jugendmedizin gehört. Die Klägerin beantragte beim Zulassungsausschuss, diese Klinik gemäß § 119 SGB V zum Betreiben eines SPZ zu ermächtigen. Nach Ablehnung ihres Antrags erhob sie Widerspruch. Diesen wies der beklagte Berufungsausschuss zurück (Beschluss/Bescheid vom 30.5./9.8.2007): Das SPZ sei nicht gemäß § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V notwendig, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen. Auch SPZ, die sich außerhalb des Planungsbereichs befänden, in dem das Klinikum der Klägerin gelegen sei, seien bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen, soweit sie mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln in zumutbarer Weise erreichbar seien. Der Versorgungsbedarf werde hier durch drei SPZ in O., in F. und in F. gedeckt. Diese hätten insgesamt noch freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle; dasjenige in O. habe unstreitig noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle, es versorge schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis. Die Entfernung zwischen H. und O. betrage 18 km; sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestünden gute Verbindungen.

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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 30.4.2008 und des LSG vom 29.9.2010). Das LSG hat ausgeführt, die Zulassungsgremien verfügten bei der Bewertung der Versorgungssituation über einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Bei der Frage, ob ein Versorgungsbedarf bestehe, könnten auch SPZ in benachbarten Planungsbereichen berücksichtigt werden; für SPZ sehe das Gesetz keine Bedarfsplanung vor. Der Beklagte habe darauf abstellen dürfen, dass sich im Großraum F. mit seinen guten Verkehrsanbindungen mehrere SPZ auf engem Raum befänden; ein striktes Abstellen nur auf den M.-Kreis würde der tatsächlichen Situation nicht gerecht. Die Äußerungen der niedergelassenen Kinderärzte und der Frühförderstellen, die einen Versorgungsbedarf sähen, würden durch die Aussagen der SPZ nicht bestätigt, die vielmehr - über die im SPZ in O. bereits behandelten Patienten aus dem M.-Kreis hinaus - noch freie Kapazitäten für 150 und 125 Behandlungsfälle hätten. Später - im Widerspruchsverfahren - habe die Beigeladene zu 1. noch höhere freie Kapazitäten - für insgesamt bis zu 370 Behandlungsfälle - ermittelt (150-200 im SPZ in O., 100 im SPZ in F. und 70 in dem in neue Räumlichkeiten umgezogenen SPZ in F.). Greifbare Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der von der Beigeladenen zu 1. erhobenen Angaben über freie Behandlungskapazitäten oder Wartezeiten bestünden nicht. Es sei auch kein hinreichend substantiierter Vortrag durch die Klägerin zur Unrichtigkeit der Ermittlungsergebnisse der Beigeladenen zu 1. erfolgt. Eine Sachlage, wonach die Angaben durch weitere Ermittlungen objektiviert werden müssten, habe hier nicht vorgelegen. Es ergebe sich nachvollziehbar, dass in akuten Fällen eine kurzfristige sozialpädiatrische Behandlung möglich sei und keine unüblichen Wartezeiten bestünden. Dies in Verbindung mit den guten Verkehrsanbindungen ergebe, dass den Versicherten das Aufsuchen der SPZ in den benachbarten Planungsbereichen zumutbar sei. Das angestrebte SPZ in H. läge kaum näher als die bestehenden SPZ.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, dem Urteil des LSG und dem ihm zugrunde liegenden Bescheid des Beklagten lägen ein fehlerhafter Rechtsmaßstab und unzureichende Sachverhaltsermittlungen zugrunde. Versorgungsangebote in anderen Planungsbereichen könnten nach der Rechtsprechung des BSG in Ermächtigungsfällen gemäß § 116 SGB V nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Auch die Ausrichtung des § 119 SGB V auf die Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten und den Frühförderstellen sowie weiteren örtlichen Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Ämtern ergebe, dass grundsätzlich auf den betroffenen Planungsbereich abzustellen und die sozialpädiatrische Versorgung wohnortnah zu gewährleisten sei. Die Frage laute nicht dahin, ob es noch zumutbar sei, ein schon bestehendes anderes SPZ aufzusuchen, sondern maßgebend müsse sein, was wünschenswert sei und was der gesetzgeberischen Intention entspreche. Die Verweisung auf die SPZ in den benachbarten Planungsbereichen könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass - wie es der Beklagte in seinem Bescheid formuliert habe - die Versicherten bei so speziellen Leistungen "nach der Verkehrssitte" und im Hinblick auf finanzielle Erwägungen eine wohnortnahe Versorgung nicht erwarten könnten. Der Bescheid weise weiterhin insofern einen Widerspruch auf, als er einerseits zugrunde lege, dass in allen drei SPZ in den benachbarten Planungsbereichen noch freie Kapazitäten bestünden, andererseits bezogen auf das SPZ F. davon ausgehe, dass dieses über keine freien Kapazitäten verfüge. Zu beanstanden sei ferner - auch gegenüber dem LSG -, dass das Ergebnis noch freier Kapazitäten auf Befragungen gestützt werde, die die Beigeladene zu 1. bei den SPZ durchgeführt habe. Zum einen habe es sich um Angaben der potentiellen Konkurrenten gehandelt. Zum anderen erscheine die Steigerung der freien Kapazitäten um ca 100 Behandlungsfälle problematisch, die sich nach der Befragung von Anfang 2007 - freie Kapazitäten für bis zu 275 weitere Fälle - bei der Befragung von Anfang 2008 - freie Kapazitäten für bis zu 370 weitere Fälle - ergeben habe. Das sei nur bei starkem Rückgang der Behandlungszahlen plausibel; hiergegen sprächen die genannten Wartezeiten, die zumindest gleichgeblieben, zum Teil sogar gestiegen seien. Die bestehenden SPZ müssten die Zahl ihrer Behandlungsteams erhöht haben. Die Angaben über freie Versorgungsangebote hätte das LSG näher überprüfen müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die von der Beigeladenen zu 1. zunächst durchgeführte Befragung niedergelassener Kinderärzte und der Frühförderstellen eine dringende Nachfrage nach einem SPZ in H. ergeben habe. Das LSG lege nicht ausreichend dar, warum es den Angaben der SPZ Glauben schenke, nicht aber den von der Beigeladenen zu 1. eingeholten anderen Auskünften. Es wäre seinerseits zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet gewesen.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 29. September 2010 und des SG Marburg vom 30. April 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 9. August 2007 zu verpflichten, über ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 4. Oktober 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er verteidigt seinen Bescheid und das Urteil des LSG gegen die Einwendungen der Klägerin. Würde der Bedarf begrenzt auf den Planungsbereich geprüft, so würde das dazu führen, dass für jeden Planungsbereich der Bedarf für ein SPZ anerkannt werden müsste. Hier habe insbesondere das SPZ in O . berücksichtigt werden können, das unstreitig über freie Kapazitäten für 150 Behandlungsfälle verfügt habe und verfüge. Dies sei auch plausibel, denn die Stadt O. habe ca 120 000 Einwohner, ein SPZ sei aber typischerweise auf 400 000 Einwohner ausgelegt, wie auch die Klägerin selbst vortrage. Die drei SPZ in O. und F. deckten insgesamt den Versorgungsbedarf für die weniger als 1,2 Mio Einwohner in den Städten F. und O. sowie im M.-Kreis. Die SPZ in O., in F. und in F. lägen auch so nahe an H., dass auf die dortigen Versorgungsmöglichkeiten verwiesen werden könne.

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Die Beigeladenen zu 1., 2. bis 6. und 8. schließen sich den Ausführungen des Beklagten vollumfänglich an, ohne selbst Anträge zu stellen. Sie fassen ihre Ansicht dahin zusammen, dass die erforderliche sozialpädiatrische Versorgung durch die SPZ in O. und F. sichergestellt werde; diese hätten noch ausreichend freie Kapazitäten für weitere Behandlungsfälle; dies erfasse auch die Versicherten im M.-Kreis; die längeren Wegstrecken zum SPZ in O. seien sowohl mit öffentlichen als auch mit privaten Verkehrsmitteln zumutbar.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Beklagte sowie das SG und das LSG sind von zutreffenden Rechtsmaßstäben ausgegangen; der Beklagte hat den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten (unten 1. bis 3.), und die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung des Versorgungsbedarfs kann auch nicht wegen unzureichender Ermittlungen beanstandet werden (unten 4.).

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1. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist die Regelung des § 119 Abs 1 SGB V, wonach SPZ, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, vom Zulassungsausschuss zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden können(Satz 1 aaO). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen (Satz 2 aaO). Diese Bestimmung wird durch § 43a SGB V ergänzt; dieser statuiert den Behandlungsanspruch der Versicherten und stellt klar - auch für das von § 119 SGB V nicht erfasste Verhältnis zu Vertragsärzten und Frühförderstellen -, dass die nicht-ärztlichen Leistungen, insbesondere psychologischer, heilpädagogischer und psychosozialer Art, im Rahmen der Diagnostik und der Aufstellung eines Behandlungsplans mitumfasst sind, sofern sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden(vgl dazu BT-Drucks 12/1154 S 6 und 12/1526 S 2). Für die Vergütung der sozialpädiatrischen Leistungen, die von Vertragsärzten und Frühförderstellen verantwortet werden, gilt § 85 Abs 2 Satz 4 SGB V, während für die ärztlichen und nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen der SPZ bei Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie die Regelungen des § 120 Abs 2 ff SGB V maßgebend sind(vgl Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2011, K § 85 RdNr 106a).

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Nach den Regelungen des § 119 SGB V setzt der Anspruch auf eine Ermächtigung für ein SPZ voraus, dass dort eine ständige ärztliche Leitung besteht und eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Versorgung von Kindern gewährleistet ist. Dafür werden dementsprechende Fachkräfte benötigt und der Einzugsbereich muss eine ausreichende Zahl an Patienten erwarten lassen (vgl dazu zB LSG Nordrhein-Westfalen vom 2.4.2009 - L 11 KA 2/09 ER - MedR 2009, 625, 627 ; ausführlicher im Einzelnen: LSG Baden-Württemberg vom 15.9.1993 - L 5 Ka 2058/92 - MedR 1994, 119, 120 f, und vom 12.7.1995 - L 5 Ka 644/94 - MedR 1996, 89, 90 f unter 1. und 2.; zu den - rechtlich unverbindlichen - "Gemeinsamen Empfehlungen" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesverbände der Krankenkassen von 1989 und ebenso zu dem "Altöttinger Papier" von 2002 vgl auch zB Köhler-Hohmann in Schlegel/Voelzke/ Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 119 RdNr 3 und 4; s ferner Clemens in Orlowski/ Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand April 2011, § 120 RdNr 37). Der Ermächtigungsanspruch ist aber ausgeschlossen, wenn eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung anderweitig sichergestellt ist (vgl § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V). Bei der Prüfung, ob die Versorgung anderweitig sichergestellt ist, kommt es auf eine gleichwertige Versorgung an, dh darauf, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten. Deshalb ergibt sich kein Ausschluss allein schon durch Angebote allgemein-kinderärztlicher Versorgung und durch das Bestehen von Frühförderstellen; nach der Bestimmung des § 119 Abs 2 SGB V soll die Versorgung derjenigen Kinder sichergestellt werden, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können und deshalb auf die Leistungen gerade eines SPZ angewiesen sind (sog dreistufiges Versorgungssystem Kinderärzte - Frühförderstellen - SPZ). Die SPZ sind spezialisiert auf Kinder, die in der genannten Weise erkrankt oder von Krankheit bedroht sind; ihre spezifische Aufgabe und Versorgungsfunktion liegt in der gleichzeitigen integrierten multidisziplinären Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften; dies betrifft die gesamte Behandlung, also Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie, wobei der Erstellung der Diagnose und der Aufstellung eines Behandlungsplanes ein besonderer Stellenwert zukommt (vgl auch LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 91 unter 3 a mit näheren Ausführungen).

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2. Die Prüfung, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten, hat umfassend zu erfolgen. Diese Prüfung ist nicht auf den Planungsbereich, in dem das SPZ eingerichtet werden soll, zu beschränken.

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Dies wird bereits daran deutlich, dass für SPZ keine Regelungen über eine auf Planungsbereiche bezogene Bedarfsfeststellung bestehen; weder im SGB V noch in der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist eine regionale Bedarfsplanung für SPZ vorgesehen. Insofern können die Ausführungen im Senatsurteil vom 19.7.2006 (SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 ff; vgl auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 21) zur Ausrichtung auf den Planungsbereich und zur ausnahmsweisen Möglichkeit einer planungsbereichsübergreifenden Beurteilung nicht für die Entscheidung über die Ermächtigung von SPZ herangezogen werden (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen vom 9.12.2009 - L 3 KA 29/08 - Juris RdNr 38; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 628 ).

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Für das Hinausgreifen über den Planungsbereich hinaus spricht weiterhin, dass den Versicherten auch sonst bei sogenannten spezialisierten Leistungen größere Entfernungen zugemutet werden können (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Als allgemeine Leistungen hat der Senat MRT-Untersuchungen und psychotherapeutische Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19 und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f), als spezialisierte Leistungen dagegen kieferorthopädische Leistungen angesehen (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Diese Zuordnungen weiterführend sind sozialpädiatrische Leistungen als spezialisierte Leistungen anzusehen.

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Im Übrigen geht der Senat ohnehin davon aus, dass nicht alle Grundsätze, die er zu § 116 SGB V entwickelt hat, auf Institutsermächtigungen übertragen werden können: So passt zB der Grundsatz einer im Regelfall zweijährigen Befristung nicht für Ermächtigungen größerer Einrichtungen, die aufgrund hoher Investitionskosten und größerer Mitarbeiterstäbe auf Planungssicherheit für längere Zeiträume angewiesen sind(zur Befristungsdauer bei SPZ vgl zB LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; zuvor ebenso LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 90 ; zu einer Zehn-Jahres-Befristung bei Dialyseermächtigungen s § 9 Abs 6 Satz 1 und 2 der Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte und zum Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; zur Unzulässigkeit jeglicher Befristung bei Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vgl BSG SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 20 ff, 23).

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3. Die Überprüfung des Versorgungsbedarfs unterliegt allerdings im Falle des § 119 SGB V - ebenso wie in sonstigen Fällen der Überprüfung einer Versorgungslücke - insofern einer regionalen Beschränkung, als die Annahme, eine ausreichende Versorgung sei bereits anderweitig sichergestellt, nur insoweit gerechtfertigt sein kann, als zumutbar erreichbare Versorgungsangebote bestehen.

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Nach der insoweit heranzuziehenden Rechtsprechung des Senats zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen ist zu prüfen, ob die betroffenen Leistungen anderweitig angeboten werden und ob die Entfernungen dorthin zumutbar sind sowie ob keine unzumutbaren Wartezeiten bestehen (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f, 27; vgl auch BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 20, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Welche Entfernungen zumutbar sind, hängt davon ab, ob es sich um allgemeine Leistungen oder um spezialisierte Leistungen handelt; je spezieller die Leistungen sind, desto größere Entfernungen können den Betroffenen zugemutet werden (vgl BSG SozR aaO Nr 8 RdNr 23 f). Da bei der sozialpädiatrischen Versorgung spezialisierte Leistungen in Frage stehen (vgl oben RdNr 14), besteht kein Anspruch darauf, eine solche Versorgung binnen 25 km erreichen zu können (s dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Vielmehr können für spezialisierte Leistungen auch größere Entfernungen zumutbar sein, wie der Senat bereits am Beispiel kieferorthopädischer Leistungen ausgeführt hat (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

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Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Entfernungen haben die Zulassungs- und Berufungsausschüsse als fachkundig-sachverständige Gremien, die die konkreten Gegebenheiten zu bewerten haben, einen Beurteilungsspielraum, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 18, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; im Anschluss an BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15-18). Ihnen obliegt bis an die Grenzen der Vertretbarkeit die Beurteilung, welche Entfernungen im konkreten Fall noch zuzumuten sind (zu weitgehend die Ableitung konkreter Höchstentfernungen unter Heranziehung des SGB IX - so indessen LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; anders BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 25 RdNr 25-27). Solange den Versicherten keine unzumutbaren Entfernungen angesonnen werden, ist ihr Anspruch gewahrt; Anspruch auf eine an ihren Wünschen ausgerichtete - optimale - Versorgung haben sie nicht (stRspr, vgl dazu zB BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27 mwN; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35 am Ende; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 28; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 21, 41; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 24 RdNr 27; BSG vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 33 RdNr 29).

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Diesen Rahmen hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eingehalten.

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a) Die Annahme des Beklagten, den Versicherten des M.-Kreis sei es zuzumuten, für die Erlangung sozialpädiatrischer Versorgung statt nur bis H. weiter zu fahren zum SPZ in O. oder nötigenfalls auch bis zu einem der beiden SPZ in F. (F. bzw F.), ist nicht zu beanstanden. Die Entfernung von H. zum SPZ in O. beträgt nur 18 km; somit würde das angestrebte SPZ in H. für die Einwohner des von O. weiter entfernt gelegenen Teils des M.-Kreis nur wenig näher liegen. Nach O. bestehen, wie im Bescheid des Beklagten und auch im Urteil des LSG festgestellt worden ist, sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gute Verbindungen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass erkrankte und von Krankheit bedrohte Kinder und Jugendliche betroffen sind - und mit ihnen auch Familien, die sich durch die organisatorischen Anforderungen des täglichen Lebens stark belastet fühlen -, hält sich die Bewertung als zumutbar im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums.

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b) Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum auch nicht mit seiner Bewertung, es bestünden keine unzumutbaren Wartezeiten, überschritten (zur Problematik von Wartezeiten vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Nach den Ermittlungen der Beigeladenen zu 1., die diese in das Verfahren eingebracht hat, bestehen für akute Fälle sozialpädiatrischen Versorgungsbedarfs überhaupt keine Wartezeiten. Die Wartezeiten sind - wie sich aus den Angaben weiter ergibt - im Übrigen flexibel, sie werden an dem Alter des Patienten und der Indikation ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund besteht keine ausreichende Grundlage für den Vorhalt der Klägerin, der Beklagte hätte wegen unzumutbarer Wartezeiten die sozialpädiatrische Versorgung durch die bestehenden SPZ als unzureichend ansehen müssen.

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c) Der Beklagte ist auch unter dem Aspekt des Umfanges noch freier Kapazitäten der anderen SPZ beurteilungsfehlerfrei von einer Bedarfsdeckung ausgegangen. Dabei können die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt werden, dass der M.-Kreis ca 400 000 Einwohner und jährlich ca 3500 Geburten habe und sich schon hieraus - auf der Grundlage einer Quote von ca 15 % - ca 500 SPZ-Behandlungsfälle ergäben. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass deren Versorgung unzureichend, dh durch die vorhandenen SPZ nicht sichergestellt, sein könnte. Im angefochtenen Bescheid wird als unstreitig angeführt, dass das SPZ in O. schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis versorgt und noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle hat. Der Beklagte hat noch weitere freie Kapazitäten für ca 125 Behandlungsfälle festgestellt; diese Zahl könnte nach der im sozialgerichtlichen Verfahren von der Beigeladenen zu 1. durchgeführten weiteren Umfrage sogar noch höher liegen (insgesamt freie Kapazitäten für nicht mehr nur ca 275, sondern nunmehr ca 370 Behandlungsfälle). Diese Zahlen bieten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Beklagten, eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sei bereits durch die vorhandenen SPZ sichergestellt, fehlerhaft sein könnte.

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Nichts anderes ergibt sich bei Berücksichtigung der Angaben der Frühförderstellen, die die Zahl der von ihnen betreuten Kinder auf jährlich insgesamt 650 Kinder beziffert haben. Nicht alle Kinder, die in Frühförderstellen betreut werden, haben auch Bedarf nach einer Versorgung in einem SPZ (vgl RdNr 11).

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Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil darin einerseits ausgeführt wird, dass in den benachbarten Planungsbereichen "drei weitere sozialpädiatrische Zentren" mit zusammen "freien Behandlungskapazitäten von 275 Plätzen" vorhanden sind, und andererseits die Auskunft der Beigeladenen zu 1. von Anfang 2007 für das eine SPZ - SPZ F. damals keine freien Kapazitäten ausgewiesen hatte. Diese Gesamtaussage ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht widersprüchlich. Nach dem Kontext handelt es sich um eine Aussage mit zwei Elementen, nämlich dass in regionaler Nähe drei SPZ vorhanden sind und dass diese insgesamt freie Kapazitäten für weitere 275 Behandlungsfälle haben. Jeder dieser beiden Aussagen ist - auf der Grundlage der damals vorliegenden Umfrage der Beigeladenen zu 1. - zutreffend. Dem steht nicht entgegen, dass eines der drei SPZ nach dem damaligen Stand keine freien Kapazitäten hatte.

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Ein Widerspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin ferner nicht aus der Angabe freier Kapazitäten für zusätzliche Behandlungsfälle einerseits und der Angabe von Wartezeiten andererseits. Es können freie Kapazitäten für bestimmte Krankheitsfälle bzw für bestimmte Behandlungen bestehen, während gleichzeitig für andere Krankheitsfälle bzw andere Behandlungen keine Kapazitäten frei, sondern Wartezeiten erforderlich sind. Dies gilt auch in SPZ, deren Behandlungsauftrag sehr unterschiedliche Arten von Erkrankungen umfasst und auf Kinder sehr verschiedenen Alters ausgerichtet ist: Nicht alle Patienten erfordern dieselben Fachkräfte im SPZ, dh dieselbe multidisziplinäre Kooperation zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften. So können sich für bestimmte sozialpädiatrische Behandlungen freie Kapazitäten und zugleich Wartezeiten für andere ergeben.

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Bedenken mussten sich dem Beklagten schließlich auch nicht deshalb aufdrängen, weil die Umfragen der Beigeladenen zu 1. zunächst (Schreiben vom 7.2.2007) freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle und ca ein Jahr später (Schreiben vom 31.1.2008) freie Kapazitäten für ca 370 Behandlungsfälle ergaben. Diese Erhöhung um insgesamt knapp 100 Behandlungsfälle ist keineswegs implausibel, wie die Klägerin geltend macht. Sie erklärt sich im Wesentlichen daraus, dass - ausweislich der Auskunft der Beigeladenen zu 1. - das SPZ in F. nach seinem Umzug in neue Räumlichkeiten über zusätzliche Kapazitäten für ca 70 Behandlungsfälle verfügt hat.

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4. Der Beklagte hat den von der Beigeladenen zu 1. eingebrachten Angaben, aus denen sich die Schlussfolgerung ergab, dass die Versorgung bereits durch die SPZ in O., F. und F. in ausreichendem Maße gewährleistet sei, - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch vertrauen dürfen.

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a) In seiner Rechtsprechung hat der Senat allerdings hervorgehoben, dass zur Bedarfsermittlung die Befragung der bisherigen für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich ist, und zusätzlich, dass diese Angaben ggf auch objektiviert und verifiziert werden müssen, z.B. anhand von Anzahlstatistiken (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSG MedR 2009, 560 RdNr 18, 19, 26, mit Urteilsanmerkung Dahm; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16, 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 16, 24, in Fortführung des von der Klägerin angeführten Urteils BSG vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 251 f = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 35 f). Dies betraf jeweils Fälle, in denen die Angaben von vornherein zweifelhaft erschienen (so zB in den Fällen BSGE 86 aaO; BSGE 102 aaO RdNr 19-22; BSGE 104 aaO RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 24; BSG MedR aaO RdNr 19 f) oder sich aus dem Vorbringen eines Beteiligten substantiierte Zweifel ergeben (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 17 ff, 24). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

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Anders stellt sich die Sachlage dar, wenn eine Situation vorliegt, in der die Zulassungsgremien keinen Anlass haben müssen, an der Richtigkeit der ihnen vorgelegten Angaben zu zweifeln. Sofern sich aus der Gesamtlage des Falles keine Bedenken aufdrängen, muss die Behörde einem Tatumstand nicht durch weitere Ermittlungen nachgehen (vgl zB Rixen/Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 20 RdNr 5 mwN). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, dass die Sachverhaltsermittlungen der Zulassungsgremien unzureichend gewesen wären.

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Hier lagen zwar zunächst von Seiten der Beigeladenen zu 1. eingeholte (summarische) Angaben von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin aus dem M.-Kreis vor, wonach aus ihrer Sicht ein Engpass in der Versorgung durch die Entfernungen zu den bestehenden SPZ bzw zu lange Wartezeiten bestanden habe. Diese allgemeinen Angaben wurden aber im weiteren Verfahrensablauf durch die konkreten Auskünfte relativiert. Die Beigeladene zu 1. holte - alsbald nach dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses - Auskünfte von SPZ über deren freie Kapazitäten und über die bei ihnen bestehenden Wartezeiten ein; sie brachte dieses Umfrageergebnis in das Verfahren vor dem Beklagten ein. Zentrale Bedeutung kam dabei der Mitteilung zu, das SPZ in O. behandele bereits viele Patienten aus dem M.-Kreis und habe überdies noch viele freie Kapazitäten für weitere Patienten aus diesem Bereich. Diese Angaben waren durchaus inhaltlich plausibel, sodass kein Anlass bestand, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Ein SPZ ist typischerweise auf so viele Behandlungsfälle ausgelegt, wie sich aus einem Umfeld von 400 000 Einwohnern ergeben; davon geht auch die Klägerin aus. Danach kann das SPZ in O. nicht allein durch Behandlungsfälle aus dem Bereich der Stadt O. mit ihren ca 120 000 Einwohnern ausgelastet sein. Seine Kapazitäten können auch sonst kaum ausgelastet sein, denn unmittelbar (nord-)westlich bestehen die SPZ in F. und F. Aufgrund dieser Umstände ist es plausibel, dass das SPZ in O. noch erhebliche Kapazitäten für Behandlungsfälle aus dem (nord-)östlich gelegenen M.-Kreis haben muss. Ein Indiz dafür, dass die Angaben über die freien Behandlungskapazitäten und die Wartezeiten zutreffen, durfte der Beklagte auch daraus entnehmen, dass die Klägerin nach den Feststellungen des LSG - an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG) - keine hinreichend substantiierten Zweifel gegenüber diesen Ermittlungsergebnissen vorbrachte bzw diese - so die Feststellung im angefochtenen Bescheid (S 10) - unstreitig waren. Beschwerden von Patienten bei Krankenkassen über unzumutbare Wartezeiten im SPZ in O. waren ebenfalls nicht bekannt.

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In dieser konkreten Situation durfte der Beklagte darauf verzichten, sich die von der Beigeladenen zu 1. eingeholten Antworten im Original vorlegen zu lassen.

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b) Konnten mithin dem Beklagten unzureichende Sachverhaltsermittlungen nicht angelastet werden - und war daher seine Beurteilung des Bedarfs (vgl oben RdNr 18) nicht zu beanstanden -, so hat auch die Forderung der Klägerin im anschließenden Gerichtsverfahren nach weiteren Ermittlungen keinen Erfolg haben können. Diese hätten die Rechtmäßigkeit der Bedarfsbeurteilung des Beklagten nicht (mehr) in Frage stellen können.

33

5. Schließlich greift auch nicht die Rüge der Klägerin durch, sie habe jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung mit der erfolgten Erteilung der Ermächtigung für das SPZ in O. Anspruch auf die von ihr begehrte Ermächtigung. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin nicht. Wurde die Ermächtigung für das SPZ in O. rechtmäßig erteilt, weil der Fall anders lag, so kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ohnehin keine Ermächtigung beanspruchen. Einen solchen Anspruch könnte sie aber auch dann nicht haben, wenn die Sach- und Rechtslage in O. vergleichbar gewesen und die Ermächtigung dort rechtswidrigerweise erteilt worden sein sollte: Wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 20, mit BVerfG-Nachweisen; ebenso zB BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 22).

34

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung der Kosten für Beigeladene ist nicht veranlasst; sie haben im Revisionsverfahren keine Sachanträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - B 6 KA 34/10 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - B 6 KA 34/10 R

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG
Bundessozialgericht Urteil, 29. Juni 2011 - B 6 KA 34/10 R zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärzt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 120 Vergütung ambulanter Krankenhausleistungen


(1) Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte, die in stationären Pflegeeinrichtungen erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten, ambulante är

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 116 Ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte


Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit si

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 119 Sozialpädiatrische Zentren


(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten s

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 43a Nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen


(1) Versicherte Kinder haben Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, insbesondere auf psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um

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Tenor Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung

Referenzen

(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen.

(2) Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten.

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen.

(2) Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten.

(1) Versicherte Kinder haben Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, insbesondere auf psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen; § 46 des Neunten Buches bleibt unberührt.

(2) Versicherte Kinder haben Anspruch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, die unter ärztlicher Verantwortung in der ambulanten psychiatrischen Behandlung erbracht werden.

(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen.

(2) Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte, die in stationären Pflegeeinrichtungen erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten, ambulante ärztliche Leistungen, die in ermächtigten Einrichtungen erbracht werden, und Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 27b Absatz 3 Nummer 4 oder nach § 75 Absatz 1b Satz 2, § 76 Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 1a, § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 sowie nach § 87 Absatz 2a Satz 14 erbracht werden, werden nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Die mit diesen Leistungen verbundenen allgemeinen Praxiskosten, die durch die Anwendung von ärztlichen Geräten entstehenden Kosten sowie die sonstigen Sachkosten sind mit den Gebühren abgegolten, soweit in den einheitlichen Bewertungsmaßstäben nichts Abweichendes bestimmt ist. Die den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung wird für diese vom Krankenhausträger mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet und nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz 2 entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärzte weitergeleitet. Die Vergütung der von nach § 119b Absatz 1 Satz 4 ermächtigten Ärzten erbrachten Leistungen wird von der stationären Pflegeeinrichtung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet. Die Vergütung der Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a erbracht werden, wird vom Krankenhausträger nach Maßgabe der regionalen Euro-Gebührenordnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet.

(1a) Ergänzend zur Vergütung nach Absatz 1 sollen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich für die in kinder- und jugendmedizinischen, kinderchirurgischen und kinderorthopädischen sowie insbesondere pädaudiologischen und kinderradiologischen Fachabteilungen von Krankenhäusern erbrachten ambulanten Leistungen mit dem Krankenhausträger fall- oder einrichtungsbezogene Pauschalen vereinbaren, wenn diese erforderlich sind, um die Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die auf Überweisung erfolgt, angemessen zu vergüten. Die Pauschalen werden von der Krankenkasse unmittelbar vergütet. § 295 Absatz 1b Satz 1 gilt entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke wird in der Vereinbarung nach § 301 Absatz 3 geregelt. Soweit für ein Jahr für diese Leistungen erstmals Pauschalen nach Satz 1 vereinbart werden, sind bei besonderen Einrichtungen einmalig die Erlössumme nach § 6 Absatz 3 des Krankenhausentgeltgesetzes für dieses Jahr in Höhe der Summe der nach Satz 1 vereinbarten Pauschalen zu vermindern. Der jeweilige Minderungsbetrag ist bereits bei der Vereinbarung der Vergütung nach Satz 1 festzulegen. Bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts nach § 10 des Krankenhausentgeltgesetzes ist die Summe der für das jeweilige Jahr erstmalig vereinbarten ambulanten Pauschalen ausgabenmindernd zu berücksichtigen.

(2) Die Leistungen der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren und der medizinischen Behandlungszentren werden unmittelbar von der Krankenkasse vergütet. Die Vergütung wird von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken, den Krankenhäusern oder den sie vertretenden Vereinigungen im Land vereinbart; die Höhe der Vergütung für die Leistungen der jeweiligen Hochschulambulanz gilt auch für andere Krankenkassen im Inland, wenn deren Versicherte durch diese Hochschulambulanz behandelt werden. Sie muss die Leistungsfähigkeit der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren und der medizinischen Behandlungszentren bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Bei der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen sind die Grundsätze nach Absatz 3 Satz 4 erstmals bis zum 1. Juli 2017 und danach jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Anpassung der Grundsätze nach Absatz 3 Satz 4 zu berücksichtigen. Bei den Vergütungsvereinbarungen für Hochschulambulanzen nach Satz 2 sind Vereinbarungen nach Absatz 1a Satz 1 zu berücksichtigen. Die Vereinbarungen nach Satz 2 über die Vergütung von Leistungen der sozialpädiatrischen Zentren und medizinischen Behandlungszentren sind, auf Grund der besonderen Situation dieser Einrichtungen durch die SARS-CoV-2-Pandemie, bis zum 20. Juni 2020 vorübergehend anzupassen. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 hat die Vergütung der Leistungen, die die psychiatrischen Institutsambulanzen im Rahmen der Versorgung nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b erbringen, nach den entsprechenden Bestimmungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen mit dem Preis der jeweiligen regionalen Euro-Gebührenordnung zu erfolgen.

(3) Die Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen, der sozialpädiatrischen Zentren, der medizinischen Behandlungszentren und sonstiger ermächtigter ärztlich geleiteter Einrichtungen kann pauschaliert werden. § 295 Absatz 1b Satz 1 gilt entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke wird für die Hochschulambulanzen, die psychiatrischen Institutsambulanzen, die sozial-pädiatrischen Zentren und die medizinischen Behandlungszentren von den Vertragsparteien nach § 301 Absatz 3, für die sonstigen ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen von den Vertragsparteien nach § 83 Satz 1 vereinbart. Die Vertragsparteien nach § 301 Absatz 3 vereinbaren bis zum 23. Januar 2016 bundeseinheitliche Grundsätze, die die Besonderheiten der Hochschulambulanzen angemessen abbilden, insbesondere zur Vergütungsstruktur und zur Leistungsdokumentation.

(3a) Die Vergütung der Leistungen, die im Rahmen einer Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a erbracht werden, erfolgt mit den festen Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung zu Lasten des Anteils der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen, der für den Bereich der fachärztlichen Versorgung zu bilden ist, es sei denn, die Vertragsparteien nach § 87a Absatz 2 Satz 1 haben für diese Leistungen Vergütungen nach § 87a Absatz 2 Satz 3 oder § 87a Absatz 3 Satz 5 und 6 vereinbart. Eine Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität ist nicht vorzunehmen. Das Nähere über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen und der erforderlichen Vordrucke bestimmt die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit der Landeskrankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich unter Berücksichtigung der Regelungen nach § 87 Absatz 1 Satz 2 bis zum 23. Januar 2016; § 115 Absatz 3 gilt entsprechend. Die in § 112 Absatz 1 genannten Vertragspartner treffen eine Vereinbarung über eine pauschale Vergütung und Abrechnung des Sprechstundenbedarfs mit den Krankenkassen im Rahmen der Inanspruchnahme nach § 76 Absatz 1a; § 112 Absatz 5 gilt entsprechend.

(3b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 30. Juni 2023 eine Richtlinie, die Vorgaben zur Durchführung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung des medizinischen Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden, die sich zur Behandlung eines Notfalls nach § 76 Absatz 1 Satz 2 an ein Krankenhaus wenden, beinhaltet. Die nach § 136c Absatz 4 beschlossenen Festlegungen sind zu berücksichtigen. Dabei ist auch das Nähere vorzugeben

1.
zur Qualifikation des medizinischen Personals, das die Ersteinschätzung vornimmt,
2.
zur Einbeziehung ärztlichen Personals bei der Feststellung des Nichtvorliegens eines sofortigen Behandlungsbedarfs,
3.
zur Form und zum Inhalt des Nachweises der Durchführung der Ersteinschätzung,
4.
zum Nachweis gegenüber der Terminservicestelle, dass ein Fall nach § 75 Absatz 1a Satz 4 Nummer 2 vorliegt,
5.
zur Weiterleitung an Notdienstpraxen gemäß § 75 Absatz 1b Satz 3 und
6.
zu Übergangsfristen für die Umsetzung der Richtlinie, soweit diese für eine rechtzeitige Integration der Richtlinie in die organisatorischen Abläufe der Krankenhäuser erforderlich sind.
Die Vergütung ambulanter Leistungen zur Behandlung von Notfällen nach § 76 Absatz 1 Satz 2 im Krankenhaus setzt ab dem Inkrafttreten der Richtlinie nach Satz 1 voraus, dass bei der Durchführung der Ersteinschätzung nach Satz 1 ein sofortiger Behandlungsbedarf festgestellt wurde oder zu diesem Zeitpunkt keine Notdienstpraxis in oder an dem jeweiligen Krankenhaus gemäß § 75 Absatz 1b Satz 3 in unmittelbarer Nähe geöffnet ist. Der ergänzte Bewertungsausschuss in seiner Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a beschließt bis zum Beginn des übernächsten auf das Inkrafttreten der Richtlinie nach Satz 1 folgenden Quartals die sich aus der Richtlinie nach Satz 1 ergebenden notwendigen Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Auswirkungen der Richtlinie nach Satz 1 hinsichtlich der Entwicklung der Inanspruchnahme der Notaufnahmen, der Auswirkungen auf die Patientenversorgung sowie die Erforderlichkeit einer Anpassung seiner Regelungen bis zum 31. Dezember 2026 zu prüfen. Der ergänzte Bewertungsausschuss in seiner Zusammensetzung nach § 87 Absatz 5a hat die Entwicklung der Leistungen in Notaufnahmen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2026 zu berichten; § 87 Absatz 3a gilt entsprechend.

(4) Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1a Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 2 oder eine Berücksichtigung der Grundsätze nach Absatz 2 Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf Antrag einer Vertragspartei die Vergütung fest; im Falle von Vereinbarungen nach Absatz 1a Satz 1 hat die Schiedsstelle zunächst festzustellen, ob die Vereinbarung erforderlich ist, um die Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die auf Überweisung erfolgt, angemessen zu vergüten. Kommt die Vereinbarung nach Absatz 3 Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Besetzung ohne den Vertreter des Verbandes der privaten Krankenversicherung auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt innerhalb von sechs Wochen fest. Kommt die Vereinbarung nach Absatz 3a Satz 4 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 114 auf Antrag einer Vertragspartei den Inhalt innerhalb von sechs Wochen fest.

(5) Beamtenrechtliche Vorschriften über die Entrichtung eines Entgelts bei der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn oder vertragliche Regelungen über ein weitergehendes Nutzungsentgelt, das neben der Kostenerstattung auch einen Vorteilsausgleich umfaßt, und sonstige Abgaben der Ärzte werden durch die Absätze 1 bis 4 nicht berührt.

(6) (weggefallen)

(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen.

(2) Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis.

2

Der 1960 geborene Kläger nimmt seit April 1992 als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie an der vertragszahnärztlichen Versorgung in K. teil. Seit Juli 2002 betreibt er in C. in seinem Elternhaus eine private kieferorthopädische Praxis. Er beantragte im Januar 2007 die Ermächtigung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit in C. (Sachsen-Anhalt).

3

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) Nordrhein teilte im August 2007 mit, sie gehe davon aus, dass der Kläger von montags bis donnerstags vollzeitig der vertragszahnärztlichen Versorgung in ihrem Bereich nachkomme, so dass für ihren Bereich die Versorgung der Patienten in dem erforderlichen Maße sichergestellt sei. Der Zulassungsausschuss - Zahnärzte - für den Bezirk der KZÄV Nordrhein schloss sich dieser Beurteilung an. Die KZÄV Sachsen-Anhalt stellte in ihrer Stellungnahme in Frage, ob es tatsächlich zu einer Verbesserung der Versorgung führe, wenn der Kläger lediglich am Wochenende Sprechstunden anbiete.

4

Der Zulassungsausschuss Sachsen-Anhalt für die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit lehnte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, es käme durch die Ermächtigung nicht zu einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten am Ort der Zweigniederlassung. Im Planungsbereich S. könne der rechnerische Versorgungsgrad von ca 23 % zwar zur Annahme einer kieferorthopädischen Unterversorgung führen. Der Bedarfsplanung liege jedoch veraltetes Zahlenmaterial zugrunde. Aufgrund der stetig abnehmenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen im behandlungsfähigen Alter im Bereich der KZÄV Sachsen-Anhalt und einer hohen Abwanderungsquote bestehe nur eine scheinbare Unterversorgung und sei perspektivisch kein zusätzlicher Bedarf an kieferorthopädischen Leistungen zu erwarten. Der KZÄV Sachsen-Anhalt und den Krankenkassen seien keine Fälle bekannt geworden, in denen Patienten aus C. oder der Region über lange Wartezeiten oder gar Abweisungen berichtet hätten. Ferner sei wegen der Entfernung zwischen K. und C. von ca 460 km davon auszugehen, dass freitags zu den üblichen Sprechstundenzeiten keine Behandlungen mehr in C. durchgeführt werden könnten, womit die Versorgung nur an den Wochenenden stattfinden könne. Darin sei keine Verbesserung der Versorgungssituation zu sehen.

5

Zur Begründung seines Widerspruchs verwies der Kläger auf den niedrigen Versorgungsgrad im Planungsbereich S. für die Kieferorthopädie. Allein im Jahr 2004 hätten 287 Patienten einen anderen Behandlungsort aufsuchen müssen. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten in K. sei nicht gefährdet. Er beabsichtige, jeweils am Donnerstagabend in C. anzureisen und am Freitag von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Samstag von 9:00 bis 11:00 Uhr zur Behandlung zur Verfügung zu stehen. Für die Zeit seiner Abwesenheit sei in C. eine Vertretung durch den Zahnarzt Dr. F. sichergestellt.

6

Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers zurück. Die Versorgung der Versicherten würde durch die Zweigpraxis nicht verbessert. Es liege nur eine scheinbare Unterversorgung vor. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen sei in den vergangenen Jahren um rund 45 % zurückgegangen. Der seit 2007 bestehende S.-Kreis, zu dem C. gehöre, habe 221 090 Einwohner. Bei einer Anzahl von sechs Kieferorthopäden ergebe sich eine Verhältniszahl von 1:16 000, was einem Versorgungsgrad von 43,5 % entspreche. Aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahl werde in Sachsen-Anhalt eine Verhältniszahl von 1:32 000 als realistisch angesehen. Der Versorgungsgrad würde dann 87 % betragen. Beziehe man M. in die Betrachtung ein, was aufgrund der geringen Anfahrtswege und guten verkehrstechnischen Infrastruktur realistisch sei, seien insgesamt 19 Fachärzte für Kieferorthopädie tätig. Eine Verbesserung der Versorgung trete bei ein bis zwei möglichen Behandlungstagen pro Woche nicht ein. Aufgrund der großen Entfernung zwischen Vertragszahnarztsitz und Zweigpraxis seien weder kurzfristige Nachbehandlungen noch Notfallbehandlungen möglich. Zwar kämen Notfallbehandlungen im Bereich der Kieferorthopädie nicht häufig vor, dennoch sei es wichtig, dass die Patienten in Schmerzfällen oder bei technischen Problemen durch den behandelnden Arzt versorgt würden.

7

Mit Beschluss vom 21.8.2008 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der Bedarfsplanungs-Richtlinie Zahnärzte (BedarfsplRL-ZÄ) die Verhältniszahl in der kieferorthopädischen Versorgung geändert und auf 1:4000 festgelegt, wobei Bezugsgröße die Bevölkerungsgruppe der 0- bis 18-Jährigen ist. Der Beklagte hat daraufhin ergänzend vorgetragen, dass bei einer Zahl von 27 647 Kindern und Jugendlichen in dieser Bezugsgruppe und sieben Fachzahnärzten für Kieferorthopädie ein Versorgungsgrad im Planungsbereich von 101,3 % bestehe.

8

           

Das SG Magdeburg hat mit Urteil vom 1.7.2009 die Klage abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. § 24 Abs 3 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) eröffne mit Wirkung vom 1.1.2007 jedem zugelassenen Vertragszahnarzt die Möglichkeit, vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragszahnarztsitzes an weiteren Orten und damit auch KZÄV-übergreifend auszuüben, wenn und soweit

1.    

dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessere und

2.    

die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt werde.

Eine Verbesserung der Versorgung trete ein, wenn eine Bedarfslücke bestehe, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden müsse, deren Schließung aber nachhaltig eine durch Angebot und Erreichbarkeit verbesserte Versorgungssituation am Ort der Zweigpraxis herbeiführe. Durch die Zweigpraxis müsse das Angebot an zahnärztlichen Leistungen, das im Wesentlichen durch die Anzahl der bereits tätigen Zahnärzte bzw Kieferorthopäden, deren zeitlichen und inhaltlichen Behandlungsumfang sowie mögliche Behandlungsschwerpunkte geprägt werde, verbessert werden. Das sei hier nicht der Fall. Im Planungsbereich der beabsichtigten Zweigpraxis seien derzeit sieben Kieferorthopäden zugelassen. Daraus resultiere unter Berücksichtigung der mit Beschluss des GBA vom 21.8.2008 festgelegten Verhältniszahl von 1:4000 der 0- bis 18-Jährigen ein Versorgungsgrad von ca 100 % ohne Einbeziehung der kieferorthopädisch tätigen Zahnärzte. Damit bestehe rein rechnerisch kein Versorgungsengpass, der zwingend eine Ermächtigung des Klägers begründen könne. Versicherten aus C. und Umgebung sei es zumutbar, kieferorthopädische Behandler in S., St., B., A. und auch M. aufzusuchen. Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar seien, könne auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot sei, desto größere Entfernungen seien den Versicherten zumutbar. Die vom Kläger angebotenen Leistungen seien spezielle Leistungen, die üblicherweise gerade nicht ortsnah erbracht würden, sodass Entfernungen auch von mehr als 25 km zumutbar seien. Die Entfernungen zwischen C. und den Orten, an denen bereits kieferorthopädische Leistungen erbracht werden, lägen zum Teil deutlich unter 25 km. Lediglich nach M. und A. betrage die Entfernung 40 bzw 33 km.

9

Eine Verbesserung der Versorgung scheide auch deshalb aus, weil der Kläger den Versicherten in C. nur freitags und samstags zur Verfügung stehen wolle. Nach der Behandlung und bei ggf auftretenden Problemen hätten die Patienten vier weitere Werktage keine Möglichkeit, ihren Primärbehandler zu kontaktieren. Die rein telefonische Erreichbarkeit genüge nicht. Darüber hinaus bestehe angesichts der erheblichen Entfernung der Zweigpraxis auch die Gefahr der Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz. Eine Entfernung wie hier zwischen K. und C. stehe einer ordnungsgemäßen kieferorthopädischen Versorgung der Patienten an beiden Orten entgegen. Ein kurzfristiges und zeitnahes Pendeln zwischen beiden Behandlungsorten sei nicht möglich. Damit genüge der Kläger der jedenfalls am Vertragszahnarztsitz bestehenden Pflicht, in sprechstundenfreien Zeiten in angemessener Zeit erreichbar zu sein, nicht.

10

Der Kläger hat gegen das Urteil Sprungrevision eingelegt. Die Formulierung "Verbesserung" der Versorgung in § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV umfasse sprachlich sowohl die Beseitigung einer bestehenden Versorgungslücke als auch die weitere Verbesserung der dem Grunde nach gedeckten oder bereits über den Bedarf hinausgehenden Versorgung. Der Gesetzgeber habe bewusst anstelle sonst gebräuchlicher Formulierungen den Begriff der "Verbesserung" verwendet, um gerade keine Bedarfsprüfung vorzugeben. Die Gesetzesänderung habe ausdrücklich dem Zweck gedient, die durch den 107. Deutschen Ärztetag 2004 in § 17 Abs 2 Musterberufsordnung für Ärzte vorgenommene Lockerung der Bindung des Arztes an seinen Vertragsarztsitz im Vertragsarzt- und -zahnarztrecht nachzuvollziehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung setze der Betrieb einer Zweigpraxis lediglich voraus, dass diese mit den spezifischen Pflichten eines Vertragsarztes, die vertragsärztliche Versorgung an seinem Vertragsarztsitz zu gewährleisten, vereinbar sei. Allenfalls unter dem Aspekt der Sicherstellung der bisherigen Versorgungsstruktur am Stammsitz könnten auch Bedarfsplanungsgesichtspunkte Berücksichtigung finden. Die Versorgung am Stammsitz in K. werde unter den gleichen Bedingungen wie bisher gewährleistet.

11

Eine Residenzpflicht bestehe für die Zweigpraxis gerade nicht. Dafür spreche bereits die in § 24 Abs 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV vorausgesetzte Möglichkeit des Betreibens einer Zweigpraxis im Bezirk einer anderen KZÄV ohne Angabe räumlicher Grenzen. Erforderlich sei lediglich, dass die ordnungsgemäße Versorgung am Vertragszahnarztsitz weiterhin gewährleistet sei. Nach den Neuregelungen des § 6 Abs 6 Satz 7 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z)/§ 8a Abs 1 Satz 7 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) jeweils in der ab dem 1.7.2007 gültigen Fassung, mit denen die Vorgaben des § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV konkretisiert würden, werde die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes in der Regel dann nicht beeinträchtigt, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen ein Drittel seiner Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteige. Die beabsichtigte Tätigkeit halte sich innerhalb dieser "Drittelregelung". Eine eventuelle zeitnahe Nachsorge sei durch die Vertretungsvereinbarung mit dem Zahnarzt Dr. F. sichergestellt. Gegebenenfalls könne die Ermächtigung mit der Auflage der Anstellung eines Zahnarztes mit der Befähigung zur kieferorthopädischen Nachsorge erteilt werden.

12

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Magdeburg vom 1.7.2009 sowie den Beschluss des Beklagten vom 16.1.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn nach Maßgabe des § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte zur vertragszahnärztlichen Versorgung in C., zu ermächtigen,
hilfsweise,
die Ermächtigung mit der Auflage zu erteilen, für die Zeiten der Abwesenheit in C., die Notversorgung durch die Vertretung eines kieferorthopädisch tätigen Zahnarztes sicherzustellen.

13

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 8. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in C. versagt.

16

1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass das SG die Revision allein durch die Kammervorsitzende ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zugelassen hat. Dies ist zwar fehlerhaft; ungeachtet dieses Mangels ist der Zulassungsbeschluss aber wirksam und das Revisionsgericht an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (vgl BSG Großer Senat BSGE 51, 23, 26 ff = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff; BSGE 64, 296, 297 f = SozR 1500 § 161 Nr 33 S 69 f; BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 13/06 R - juris RdNr 9; Urteil des Senats vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13).

17

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung nach § 24 Abs 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV(idF des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006 - BGBl I 3439). Der beklagte Berufungsausschuss hat beurteilungsfehlerfrei entschieden, dass die beabsichtigte Zweigpraxis des Klägers zu keiner Verbesserung der Versorgung in C. iS des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV führen würde. Nach § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV sind vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragszahnarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit (1.) dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Nach Satz 3 der Vorschrift hat der Vertragszahnarzt, sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirkes seiner KZÄV liegen, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragszahnarztsitz hat, sowie die beteiligten KZÄVen sind vor der Beschlussfassung anzuhören.

18

a) Was unter einer "Verbesserung der Versorgung" iS des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV zu verstehen ist, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 28.10.2009 (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 47 ff - zur gleichlautenden Vorschrift des § 24 Abs 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte)skizziert. Danach steht zunächst außer Frage, dass auf der einen Seite die Genehmigung einer Zweigpraxis im Falle von Unterversorgung stets als Versorgungsverbesserung anzusehen ist (BSG aaO RdNr 47), während andererseits (in ausreichend versorgten Gebieten) das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers - ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl - noch keine Verbesserung der Versorgung darstellt, wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV erschließt(BSG aaO RdNr 50 mwN). Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Gesetzesbegründung (vgl Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks 16/2474 S 29 zu Nr 7 Buchst a sowie Ausschussbericht zum VÄndG, BT-Drucks 16/3157 S 13/14 unter IV. A. Allgemeiner Teil) Bedarfsplanungsgesichtspunkte für den Ort der Zweigpraxis keine Rolle spielen (vgl BSG aaO RdNr 37 f). Der Senat hat auch die Gefahr von Wertungswidersprüchen gesehen, wenn das Merkmal einer Verbesserung an Bedarfsplanungsgesichtspunkte geknüpft würde, weil durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz die Bedarfsplanung für Zahnärzte weitgehend aufgegeben wurde (BSG aaO RdNr 39; s auch Wollersheim, GesR 2008, 281, 282).

19

Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass das bestehende Leistungsangebot an dem "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer - unter bestimmten Umständen aber auch in quantitativer - Hinsicht erweitert wird (BSG aaO RdNr 51). Eine qualitative Versorgungsverbesserung kann etwa dann gegeben sein, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs 2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anbietet, die zB besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert(BSG aaO RdNr 52; vgl auch Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 49/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine lediglich quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebots kommt etwa dann als Verbesserung iS des § 24 Abs 3 Satz 1 (Zahn-)Ärzte-ZV in Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert werden, die - zB wegen einer ungleichmäßigen Verteilung der Leistungserbringer im Planungsbereich - bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzten bestehen(BSG aaO). Als Versorgungsverbesserung können auch besondere organisatorische Maßnahmen angesehen werden, wie das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden (BSG aaO). Im Einzelfall - allerdings wohl nur bei größeren "weiteren Orten" iS des § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV - kann dies auch im Falle besserer Erreichbarkeit der Zweigpraxis gelten(BSG aaO).

20

Soweit § 6 Abs 6 BMV-Z(idF ab 1.7.2007) in seinen Sätzen 4 bis 6 (dementsprechend § 8a Abs 1 Satz 4 bis 6 EKV-Z) "Regelvermutungen" für das Vorliegen einer Versorgungsverbesserung anführt, sind diese nur beachtlich, soweit sie mit der dargestellten Auslegung des § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV in Einklang stehen. Als untergesetzlicher Normsetzungsvertrag hat der BMV-Z/EKV-Z die höherrangigen Normen der Zahnärzte-ZV zu beachten. Da sich der den zur Entscheidung berufenen Behörden zustehende Beurteilungsspielraum (dazu s unten 2b) aus § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV ableitet, kann dieser ebenfalls nicht durch bundesmantelvertragliche Regelungen eingeschränkt werden.

21

Soweit nach den Bundesmantelverträgen eine Versorgungsverbesserung bei Bestehen einer bedarfsplanungsrechtlichen Unterversorgung (§ 6 Abs 6 Satz 4 BMV-Z, § 8a Abs 1 Satz 4 EKV-Z) oder bei einem Angebot spezieller Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (jeweils Satz 6 aaO) vorliegen soll, steht dies mit der unter 2. a) skizzierten Auslegung des § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV in Einklang. Ob dies auch für die Regelung in § 6 Abs 6 Satz 5 BMV-Z, § 8a Abs 1 Satz 5 EKV-Z gilt, der zufolge eine Verbesserung der Versorgung dann vorliegt, wenn regional oder lokal nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angebotene Leistungen erbracht werden und die Versorgung auch nicht durch andere Vertragszahnärzte sichergestellt werden kann, die räumlich und zeitlich von den Versicherten mit zumutbaren Aufwendungen in Anspruch genommen werden können, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn diese Vorgaben im Vergleich zu der in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Auslegung des Begriffes der Versorgungsverbesserung zu eng sein sollten, wäre dies schon deswegen unschädlich, weil die Regelungen in § 6 Abs 6 BMV-Z, § 8a Abs 1 EKV-Z nicht abschließend zu verstehen sind ("insbesondere").

22

b) Bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals "Verbesserung der Versorgung der Versicherten" steht den mit der Entscheidung betrauten Behörden - den KÄVen im Falle des § 24 Abs 3 Satz 2 (Zahn-)Ärzte-ZV bzw den Zulassungsgremien im Falle des § 24 Abs 3 Satz 3 (Zahn-)Ärzte-ZV - ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53 f; s hierzu auch die weiteren Urteile vom heutigen Tag, B 6 KA 49/09 R und B 6 KA 7/10 R, jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ein derartiger Spielraum wird den Zulassungsgremien (insbesondere) bei der Bewertung zugebilligt, ob und inwieweit ein - für eine Ermächtigung wie für eine Sonderbedarfszulassung erforderlicher - besonderer Versorgungsbedarf besteht (zuletzt BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26; zusammenfassend BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 ff). Ebenso hat das BSG der KÄV bei der Beantwortung der Frage, ob der Betrieb einer Zweigpraxis (nach altem Recht) zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinde oder einem Ortsteil notwendig ist, einen Beurteilungsspielraum eingeräumt (BSGE 77, 188, 191 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29). Für die Beurteilung einer Versorgungsverbesserung gilt nichts anderes, weil die ortsnahen fachkundigen KÄVen auch hier nur ungefähr entscheiden können, ob das Angebot der Zweigpraxis zu einer Verbesserung der Versorgung vor Ort führt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 54). Sie haben eine Vielzahl von versorgungs- und regionalstrukturellen Aspekten zu berücksichtigen und in ihrem Zusammenspiel zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei sind ggf die Vor- und Nachteile der beabsichtigten Versorgung in der Zweigpraxis gegenüberzustellen und eine wertende Entscheidung darüber zu treffen, welche Gesichtspunkte letztlich ausschlaggebend sind. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen beschränkt sich darauf, ob die mit der Entscheidung betrauten Behörden den zugrunde liegenden Sachverhalt hinreichend aufgeklärt und zu den für maßgeblich gehaltenen Umständen ausreichende Ermittlungen angestellt haben und hieraus vertretbare Schlussfolgerungen abgeleitet haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 f). Soweit diesen Anforderungen entsprochen worden ist, sind die Gerichte nicht berechtigt, ihre Entscheidung an die Stelle der angefochtenen Entscheidung zu setzen.

23

c) Die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses ist nach den aufgezeigten Maßstäben nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat beurteilungsfehlerfrei eine Verbesserung der Versorgung in C. verneint. Dabei hat er im Rahmen der gebotenen Gesamtschau alle zu berücksichtigenden Umstände in seine Abwägung einbezogen und im Ergebnis vertretbar angenommen, dass die gegen eine Verbesserung sprechenden Aspekte überwiegen.

24

aa) Nach der Änderung der Verhältniszahlen in der kieferorthopädischen Versorgung zum 1.10.2008 (Beschluss des GBA vom 21.8.2008, BAnz Nr 143 vom 19.9.2008, S 3413) steht fest, dass eine Verbesserung der Versorgungslage unter dem Gesichtspunkt der Unterversorgung im Planungsbereich nunmehr ausscheidet. Selbst wenn, wie der Kläger vorträgt, der Versorgungsgrad in der Kieferorthopädie am 31.12.2009 im S.-Kreis 91,4 % betrug, begründet dies bereits rein rechnerisch keine Unterversorgung. Von einer Unterversorgung iS des § 6 Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL-ZÄ, bei der der Bedarf den Stand der zahnärztlichen Versorgung um mehr als 100 vH überschreitet, ist dieser Versorgungsgrad weit entfernt. Nicht jede geringfügige Unterschreitung des Versorgungsgrades von 100 vH reicht zur Begründung eines Versorgungsdefizits aus.

25

Auch für die Zeit vor dem 1.10.2008 hat der Beklagte vertretbar eine quantitative Verbesserung verneint (zu Vertrauensschutzgesichtspunkten, wenn eine frühere Sach- und Rechtslage für den Arzt günstiger war vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 28; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 30). Zwar bestand nach der bis zum 30.9.2008 geltenden Verhältniszahl von 1:16 000 im betroffenen Planungsbereich ein Versorgungsgrad von nur 43,5 % und damit rechnerisch eine Unterversorgung iS des § 6 Abs 1 BedarfsplRL-ZÄ. Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass nicht in jedem Fall allein aufgrund einer rechnerisch bestehenden Unterversorgung ein quantitativ-allgemeiner Bedarf anzunehmen ist (vgl für den Fall einer Ermächtigung in einem atypisch geschnittenen Planungsbereich BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7 f). Für die Frage der Verbesserung der Versorgung, die ohnehin nicht an strikte Bedarfsplanungsgesichtspunkte gebunden ist, ist vielmehr maßgeblich, ob eine tatsächliche Unterversorgung bestand. Dies hat der Beklagte mit nachvollziehbarer Begründung verneint. Er hat dargelegt, dass aufgrund der rückläufigen Zahl von Kindern und Jugendlichen eine Verhältniszahl von 1:32 000 als realistisch anzusehen sei. Der tatsächliche Versorgungsgrad betrug danach rechnerisch 87 %. Angesichts der zum 1.10.2008 neu festgesetzten Verhältniszahlen erscheint diese Einschätzung eher konservativ. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte auch die in M. tätigen Kieferorthopäden berücksichtigen durfte. Bedenken bestehen insofern, als die Entfernung zwischen C. und M. mehr als 30 km beträgt. Zwar handelt es sich bei kieferorthopädischen Leistungen um spezielle Leistungen, für deren Inanspruchnahme nach der Rechtsprechung des Senats auch Wege von mehr als 25 km zumutbar sind (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19 und zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Andererseits kommen aber als Patienten vor allem Kinder und Jugendliche in Betracht. Ob, wie der Beklagte argumentiert, aufgrund der guten verkehrstechnischen Infrastruktur auch Versorgungsangebote in M. wahrgenommen werden können, kann aber letztlich dahinstehen. Ein tatsächlicher Versorgungsgrad von 87 % ist jedenfalls nicht als so defizitär anzusehen, dass eine Verbesserung der Versorgung bereits aus quantitativen Gründen ohne Weiteres anzunehmen wäre.

26

bb) Auch eine mögliche qualitative Verbesserung unter Berücksichtigung des vom Kläger angebotenen Behandlungsspektrums hat der Beklagte zu Recht im Hinblick auf die Entfernung zwischen Vertragszahnarztsitz und Zweigpraxis sowie die geringe Präsenz des Klägers in einem engen Zeitfenster abgelehnt. Zwar normiert § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV in Bezug auf die Zweigpraxis keine Residenzpflicht, wie sie in § 24 Abs 2 Zahnärzte-ZV für den Vertragszahnarztsitz vorgesehen ist. Der Wortlaut des § 24 Abs 2 Satz 2 Zahnärzte-ZV, wonach der Vertragszahnarzt seine Wohnung so zu wählen hat, dass er für die Versorgung der Versicherten an seinem Vertragszahnarztsitz zur Verfügung steht, beschränkt die freie Wahl des Wohnsitzes in Bezug auf den Vertragszahnarztsitz. Eine Bezugnahme darauf findet sich in der Vorschrift über die Zweigpraxis nicht. Das erklärt sich zum einen daraus, dass den Vertragszahnarzt am Ort seines Vertragszahnarztsitzes, wo der Schwerpunkt seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit liegt, weiterreichende Pflichten treffen als am Ort der Zweigpraxis. Zum anderen bedurfte es keiner ausdrücklichen Ausdehnung auf die Zweigpraxis, weil die Residenzpflicht im Hinblick auf den Vertragszahnarztsitz notwendigerweise nicht ohne Auswirkung auf die Zweigpraxis bleibt. Muss die angemessene Erreichbarkeit des Zahnarztes am Vertragszahnarztsitz gewährleistet sein, so wird diese Notwendigkeit nicht für Zeiträume aufgehoben, zu denen sich der Zahnarzt am Ort der Zweigpraxis befindet.

27

Für das Tatbestandsmerkmal der Versorgungsverbesserung am Ort der Zweigpraxis gewinnt die Entfernung zum Stammsitz in Verbindung mit der zeitlichen Einschränkung der Tätigkeit gerade auch bei einer kieferorthopädischen Behandlung Bedeutung. Eine kurze Anwesenheit an nur zwei Tagen wöchentlich schließt zwar per se eine qualitative Verbesserung ebenso wenig aus wie eine große Entfernung zwischen Zweigpraxis und Stammsitz. Die Tätigkeit in einer Zweigpraxis wird vielmehr stets von einer im Vergleich zur Tätigkeit am Stammsitz kurzen Dauer sein. Dabei macht es allerdings einen Unterschied, ob ein Vertrags(zahn)arzt in begrenztem Umfang täglich ortsanwesend ist oder ob er sich nur an einem oder zwei Tagen in der Woche am Ort der Zweigpraxis aufhält. Ist der Vertrags(zahn)arzt in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Wochentage ortsabwesend und auch nicht in der Lage, kurzfristig vor Ort zu sein, steht er für eine kontinuierliche Versorgung seiner Patienten nicht zur Verfügung.

28

Die Konsequenzen dieses Defizits für die Ermächtigung bzw Genehmigung nach § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV hängen maßgeblich vom jeweiligen Fachgebiet des (Zahn-)Arztes und der Versorgungslage insgesamt ab. Je mehr wegen der Ausrichtung des betroffenen Fachgebiets eine kontinuierliche Betreuung der Patienten Gegenstand des vertrags(zahn)ärztlichen Versorgungsauftrags ist, desto geringer ist die Verbesserung der Versorgungslage durch eine nur wenige Stunden in der Woche geöffnete Zweigpraxis. Eine auf Kontinuität der Arzt-Patienten-Beziehung angelegte Tätigkeit wie etwa die hausärztliche Versorgung kann mit einem Sprechstundenangebot an lediglich einem Tag in der Woche kaum qualitativ hochwertig wahrgenommen werden. Soweit aber etwa das Angebot von endoskopischen Untersuchungen durch spezialisierte Fachärzte betroffen ist, kann der Wert eines Versorgungsangebotes an lediglich einem Tag in der Woche ganz anders zu beurteilen sein. Stets muss jedoch der Bezug zum tatsächlichen Versorgungsangebot an dem "weiteren Ort" iS des § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV hergestellt werden. Je defizitärer die Versorgungslage im betroffenen Fachgebiet oder Versorgungsbereich ist, desto eher können auch zeitlich eng limitierte zusätzliche Angebote in Form von Zweigpraxen als Verbesserung der Versorgung bewertet werden.

29

Kieferorthopädische Leistungen stehen zwar in einem anderen Kontext als die hausärztliche Versorgung, führen aber ebenfalls nach ihrer Konzeption zu einer personalisierten (Zahn-)Arzt-Patienten-Bindung in einem in der Regel mehrjährigen Behandlungsprozess. Sie sind regelmäßig in einen langfristigen, vom Vertragszahnarzt persönlich und eigenverantwortlich erstellten individuellen Behandlungsplan (vgl KFO Nr 5 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen) eingebettet, auf dessen Grundlage eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolgt (vgl BMV-Z Anlage 6: Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen). Bei Problemen ist es deshalb von besonderer Bedeutung, dass der Behandler selbst aufgesucht werden kann. Beurteilungsfehlerfrei hat es der beklagte Berufungsausschuss für wichtig gehalten, dass die Patienten in Schmerzfällen oder bei technischen Problemen von dem behandelnden Kieferorthopäden versorgt werden. Zwar ist, anders als etwa bei den ebenfalls genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, eine Vertretung des behandelnden Kieferorthopäden grundsätzlich möglich. Sie muss aber aus Gründen der Sicherung des Behandlungserfolgs und der Qualität der Behandlung auf echte Ausnahmekonstellationen beschränkt bleiben. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein vertretender Kieferorthopäde, dem die Behandlungsunterlagen aus der Praxis des Klägers nicht zur Verfügung stehen, zunächst - uU mit einigem Aufwand, einer eingehenden kieferorthopädischen Untersuchung und/oder Röntgendiagnostik - feststellen müsste, welche Behandlung bislang vorgenommen worden ist. Er könnte ansonsten, weil er den Behandlungsplan und die spezifische Situation des Patienten nicht kennt, im Fall von Komplikationen nach einem Behandlungstermin bei dem Kläger kaum verlässlich beurteilen, ob die Beschwerden eines jugendlichen Patienten unvermeidlich sind oder ob Korrekturen der Einstellungen vorgenommen werden müssen.

30

Dabei hat der Beklagte berücksichtigt, dass Notfallbehandlungen im Bereich der Kieferorthopädie nicht so häufig vorkommen und in der Regel nach Umfang und Eilbedürftigkeit nicht das Ausmaß haben wie in der allgemeinzahnärztlichen oder kieferchirurgischen Praxis. Die geplanten Präsenzzeiten des Klägers am Ort der Zweigpraxis lassen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass immer wieder Vertretungsfälle eintreten, wenn es unter der Woche zu Komplikationen kommt oder ein Jugendlicher - zB wegen schulischer Termine - mehrere Wochen hintereinander die Praxis des Klägers freitags und samstags nicht aufsuchen kann. Notwendig zu einem Behandlerwechsel führt es, wenn etwa ein Patient Termine in diesem engen Zeitfenster überhaupt nicht mehr wahrnehmen kann. Das kann mit Einbußen der Behandlungsqualität verbunden sein und Mehrkosten verursachen. Ein Angebot, das nach zeitlichem Umfang und Rahmen so eng eingegrenzt ist, wie der Kläger es hier plant, trägt damit zum Aufbau einer potentiell unwirtschaftlichen Struktur bei und birgt darüber hinaus für Leistungen der Kieferorthopädie die Gefahr von Qualitätsproblemen (auch) als Folge von Behandlerwechseln. Eine Verbesserung der Versorgung könnte vor diesem Hintergrund nur in Betracht kommen, wenn am Ort der geplanten Zweigpraxis derart gravierende Versorgungsdefizite bestünden, dass der Vorteil einer so geringfügigen Versorgung, wie der Kläger sie anbieten will, deren Nachteile gänzlich zurücktreten ließe. Wie bereits dargelegt, ist eine solche Situation jedoch vom beklagten Berufungsausschuss zu Recht nicht angenommen worden.

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d) Ob es darüber hinaus nicht auch an dem Erfordernis des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Zahnärzte-ZV fehlt, wonach die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt werden darf, kann letztlich offen bleiben. Der Beklagte, dem auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl dazu Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 7/10 R), hat die Auffassung vertreten, dass die beabsichtigten Sprechstunden in C. nicht ohne eine Beeinträchtigung der Praxistätigkeit in K. angeboten werden können. Allerdings haben insofern die gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 2. Halbsatz Zahnärzte-ZV anzuhörende KZÄV Nordrhein sowie der für ihren Bezirk zuständige Zulassungsausschuss positive Stellungnahmen abgegeben. Für die entscheidende Behörde oder die Sozialgerichte haben diese Stellungnahmen zwar keine Bindungswirkung; beide haben vielmehr eine eigenständige Prüfung vorzunehmen. Der Einschätzung der Versorgungslage durch die für den Vertragszahnarztsitz zuständige KZÄV und den Zulassungsausschuss kommt aufgrund ihrer besonderen Sachnähe aber erhebliches Gewicht zu. Ihrer Einschätzung dürfen die Zulassungsgremien am Ort der Zweigpraxis nicht schlicht ihre eigene Beurteilung entgegensetzen; eine Abweichung von den Stellungnahmen bedarf vielmehr stets einer fundierten Begründung im Einzelfall.

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Wenn hier der Gesichtspunkt der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz entscheidungserheblich gewesen wäre, wäre zu klären gewesen, wie der in Einzelpraxis niedergelassene Kläger die Versorgung seiner Patienten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots an allen Freitagen sicherstellen wollte. Die in K. von montags bis donnerstags angebotenen Sprechstunden sind dem Umfang nach zwar als hinreichend anzusehen, zumal der BMV-Z in Abweichung vom BMV-Ä, der in § 17 Abs 1a eine Mindestsprechstundenzahl von 20 festlegt, hierzu keine Vorgaben enthält. § 6 Abs 6 Satz 7 BMV-Z begründet die Vermutung, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes in der Regel dann nicht beeinträchtigt wird, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen ein Drittel seiner Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteigt. Dieses Kriterium erfüllt der Kläger, wenn er Sprechstunden in K., wie von ihm in der Widerspruchsbegründung angegeben, von 7:30 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:00 Uhr anbietet. Er wäre aber, wenn er regelmäßig am Freitag Sprechstunden in C. anbieten würde, an diesem Wochentag und damit innerhalb von Zeiten, in denen ein organisierter Notdienst nicht besteht (vgl § 6 Abs 4 BMV-Z), für seine Patienten am Vertragszahnarztsitz generell nicht erreichbar. Der allgemeine Hinweis im Antragsverfahren auf eine mögliche Notfallversorgung in dieser Zeit durch niedergelassene Kollegen im unmittelbaren Umfeld sowie die benachbarte Universitätsklinik dürfte nicht ausreichen, um eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung auszuschließen. Abgesehen davon, dass der Vertretungsfall nach § 32 Abs 1 Zahnärzte-ZV auf Abwesenheiten wegen Krankheit, Urlaub oder Fortbildung zugeschnitten ist, wäre unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch der Nachweis erforderlich, dass eine Behandlung der Patienten des Klägers an Freitagen gewährleistet ist, ohne dass hierdurch im Vergleich zur Behandlung durch den Kläger selbst Mehrkosten entstehen.

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3. Ob der vom Klägern gestellte Hilfsantrag zulässig ist oder dem § 168 Satz 1 SGG, wonach Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig sind, entgegensteht, kann offen bleiben. Zum einen käme im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des beklagten Berufungsausschusses allenfalls eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht. Zum anderen kann er aus den Gründen der Entscheidung zum Hauptantrag keinen Erfolg haben.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

(1) Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen.

(2) Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

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Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

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Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

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Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

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Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

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1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

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In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

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Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

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2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

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a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

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b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis.

2

Der 1960 geborene Kläger nimmt seit April 1992 als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie an der vertragszahnärztlichen Versorgung in K. teil. Seit Juli 2002 betreibt er in C. in seinem Elternhaus eine private kieferorthopädische Praxis. Er beantragte im Januar 2007 die Ermächtigung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit in C. (Sachsen-Anhalt).

3

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) Nordrhein teilte im August 2007 mit, sie gehe davon aus, dass der Kläger von montags bis donnerstags vollzeitig der vertragszahnärztlichen Versorgung in ihrem Bereich nachkomme, so dass für ihren Bereich die Versorgung der Patienten in dem erforderlichen Maße sichergestellt sei. Der Zulassungsausschuss - Zahnärzte - für den Bezirk der KZÄV Nordrhein schloss sich dieser Beurteilung an. Die KZÄV Sachsen-Anhalt stellte in ihrer Stellungnahme in Frage, ob es tatsächlich zu einer Verbesserung der Versorgung führe, wenn der Kläger lediglich am Wochenende Sprechstunden anbiete.

4

Der Zulassungsausschuss Sachsen-Anhalt für die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit lehnte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, es käme durch die Ermächtigung nicht zu einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten am Ort der Zweigniederlassung. Im Planungsbereich S. könne der rechnerische Versorgungsgrad von ca 23 % zwar zur Annahme einer kieferorthopädischen Unterversorgung führen. Der Bedarfsplanung liege jedoch veraltetes Zahlenmaterial zugrunde. Aufgrund der stetig abnehmenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen im behandlungsfähigen Alter im Bereich der KZÄV Sachsen-Anhalt und einer hohen Abwanderungsquote bestehe nur eine scheinbare Unterversorgung und sei perspektivisch kein zusätzlicher Bedarf an kieferorthopädischen Leistungen zu erwarten. Der KZÄV Sachsen-Anhalt und den Krankenkassen seien keine Fälle bekannt geworden, in denen Patienten aus C. oder der Region über lange Wartezeiten oder gar Abweisungen berichtet hätten. Ferner sei wegen der Entfernung zwischen K. und C. von ca 460 km davon auszugehen, dass freitags zu den üblichen Sprechstundenzeiten keine Behandlungen mehr in C. durchgeführt werden könnten, womit die Versorgung nur an den Wochenenden stattfinden könne. Darin sei keine Verbesserung der Versorgungssituation zu sehen.

5

Zur Begründung seines Widerspruchs verwies der Kläger auf den niedrigen Versorgungsgrad im Planungsbereich S. für die Kieferorthopädie. Allein im Jahr 2004 hätten 287 Patienten einen anderen Behandlungsort aufsuchen müssen. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten in K. sei nicht gefährdet. Er beabsichtige, jeweils am Donnerstagabend in C. anzureisen und am Freitag von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Samstag von 9:00 bis 11:00 Uhr zur Behandlung zur Verfügung zu stehen. Für die Zeit seiner Abwesenheit sei in C. eine Vertretung durch den Zahnarzt Dr. F. sichergestellt.

6

Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers zurück. Die Versorgung der Versicherten würde durch die Zweigpraxis nicht verbessert. Es liege nur eine scheinbare Unterversorgung vor. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen sei in den vergangenen Jahren um rund 45 % zurückgegangen. Der seit 2007 bestehende S.-Kreis, zu dem C. gehöre, habe 221 090 Einwohner. Bei einer Anzahl von sechs Kieferorthopäden ergebe sich eine Verhältniszahl von 1:16 000, was einem Versorgungsgrad von 43,5 % entspreche. Aufgrund der rückläufigen Bevölkerungszahl werde in Sachsen-Anhalt eine Verhältniszahl von 1:32 000 als realistisch angesehen. Der Versorgungsgrad würde dann 87 % betragen. Beziehe man M. in die Betrachtung ein, was aufgrund der geringen Anfahrtswege und guten verkehrstechnischen Infrastruktur realistisch sei, seien insgesamt 19 Fachärzte für Kieferorthopädie tätig. Eine Verbesserung der Versorgung trete bei ein bis zwei möglichen Behandlungstagen pro Woche nicht ein. Aufgrund der großen Entfernung zwischen Vertragszahnarztsitz und Zweigpraxis seien weder kurzfristige Nachbehandlungen noch Notfallbehandlungen möglich. Zwar kämen Notfallbehandlungen im Bereich der Kieferorthopädie nicht häufig vor, dennoch sei es wichtig, dass die Patienten in Schmerzfällen oder bei technischen Problemen durch den behandelnden Arzt versorgt würden.

7

Mit Beschluss vom 21.8.2008 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der Bedarfsplanungs-Richtlinie Zahnärzte (BedarfsplRL-ZÄ) die Verhältniszahl in der kieferorthopädischen Versorgung geändert und auf 1:4000 festgelegt, wobei Bezugsgröße die Bevölkerungsgruppe der 0- bis 18-Jährigen ist. Der Beklagte hat daraufhin ergänzend vorgetragen, dass bei einer Zahl von 27 647 Kindern und Jugendlichen in dieser Bezugsgruppe und sieben Fachzahnärzten für Kieferorthopädie ein Versorgungsgrad im Planungsbereich von 101,3 % bestehe.

8

           

Das SG Magdeburg hat mit Urteil vom 1.7.2009 die Klage abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen. § 24 Abs 3 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV) eröffne mit Wirkung vom 1.1.2007 jedem zugelassenen Vertragszahnarzt die Möglichkeit, vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragszahnarztsitzes an weiteren Orten und damit auch KZÄV-übergreifend auszuüben, wenn und soweit

1.    

dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessere und

2.    

die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt werde.

Eine Verbesserung der Versorgung trete ein, wenn eine Bedarfslücke bestehe, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden müsse, deren Schließung aber nachhaltig eine durch Angebot und Erreichbarkeit verbesserte Versorgungssituation am Ort der Zweigpraxis herbeiführe. Durch die Zweigpraxis müsse das Angebot an zahnärztlichen Leistungen, das im Wesentlichen durch die Anzahl der bereits tätigen Zahnärzte bzw Kieferorthopäden, deren zeitlichen und inhaltlichen Behandlungsumfang sowie mögliche Behandlungsschwerpunkte geprägt werde, verbessert werden. Das sei hier nicht der Fall. Im Planungsbereich der beabsichtigten Zweigpraxis seien derzeit sieben Kieferorthopäden zugelassen. Daraus resultiere unter Berücksichtigung der mit Beschluss des GBA vom 21.8.2008 festgelegten Verhältniszahl von 1:4000 der 0- bis 18-Jährigen ein Versorgungsgrad von ca 100 % ohne Einbeziehung der kieferorthopädisch tätigen Zahnärzte. Damit bestehe rein rechnerisch kein Versorgungsengpass, der zwingend eine Ermächtigung des Klägers begründen könne. Versicherten aus C. und Umgebung sei es zumutbar, kieferorthopädische Behandler in S., St., B., A. und auch M. aufzusuchen. Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar seien, könne auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot sei, desto größere Entfernungen seien den Versicherten zumutbar. Die vom Kläger angebotenen Leistungen seien spezielle Leistungen, die üblicherweise gerade nicht ortsnah erbracht würden, sodass Entfernungen auch von mehr als 25 km zumutbar seien. Die Entfernungen zwischen C. und den Orten, an denen bereits kieferorthopädische Leistungen erbracht werden, lägen zum Teil deutlich unter 25 km. Lediglich nach M. und A. betrage die Entfernung 40 bzw 33 km.

9

Eine Verbesserung der Versorgung scheide auch deshalb aus, weil der Kläger den Versicherten in C. nur freitags und samstags zur Verfügung stehen wolle. Nach der Behandlung und bei ggf auftretenden Problemen hätten die Patienten vier weitere Werktage keine Möglichkeit, ihren Primärbehandler zu kontaktieren. Die rein telefonische Erreichbarkeit genüge nicht. Darüber hinaus bestehe angesichts der erheblichen Entfernung der Zweigpraxis auch die Gefahr der Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz. Eine Entfernung wie hier zwischen K. und C. stehe einer ordnungsgemäßen kieferorthopädischen Versorgung der Patienten an beiden Orten entgegen. Ein kurzfristiges und zeitnahes Pendeln zwischen beiden Behandlungsorten sei nicht möglich. Damit genüge der Kläger der jedenfalls am Vertragszahnarztsitz bestehenden Pflicht, in sprechstundenfreien Zeiten in angemessener Zeit erreichbar zu sein, nicht.

10

Der Kläger hat gegen das Urteil Sprungrevision eingelegt. Die Formulierung "Verbesserung" der Versorgung in § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV umfasse sprachlich sowohl die Beseitigung einer bestehenden Versorgungslücke als auch die weitere Verbesserung der dem Grunde nach gedeckten oder bereits über den Bedarf hinausgehenden Versorgung. Der Gesetzgeber habe bewusst anstelle sonst gebräuchlicher Formulierungen den Begriff der "Verbesserung" verwendet, um gerade keine Bedarfsprüfung vorzugeben. Die Gesetzesänderung habe ausdrücklich dem Zweck gedient, die durch den 107. Deutschen Ärztetag 2004 in § 17 Abs 2 Musterberufsordnung für Ärzte vorgenommene Lockerung der Bindung des Arztes an seinen Vertragsarztsitz im Vertragsarzt- und -zahnarztrecht nachzuvollziehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung setze der Betrieb einer Zweigpraxis lediglich voraus, dass diese mit den spezifischen Pflichten eines Vertragsarztes, die vertragsärztliche Versorgung an seinem Vertragsarztsitz zu gewährleisten, vereinbar sei. Allenfalls unter dem Aspekt der Sicherstellung der bisherigen Versorgungsstruktur am Stammsitz könnten auch Bedarfsplanungsgesichtspunkte Berücksichtigung finden. Die Versorgung am Stammsitz in K. werde unter den gleichen Bedingungen wie bisher gewährleistet.

11

Eine Residenzpflicht bestehe für die Zweigpraxis gerade nicht. Dafür spreche bereits die in § 24 Abs 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV vorausgesetzte Möglichkeit des Betreibens einer Zweigpraxis im Bezirk einer anderen KZÄV ohne Angabe räumlicher Grenzen. Erforderlich sei lediglich, dass die ordnungsgemäße Versorgung am Vertragszahnarztsitz weiterhin gewährleistet sei. Nach den Neuregelungen des § 6 Abs 6 Satz 7 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z)/§ 8a Abs 1 Satz 7 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z) jeweils in der ab dem 1.7.2007 gültigen Fassung, mit denen die Vorgaben des § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV konkretisiert würden, werde die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes in der Regel dann nicht beeinträchtigt, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen ein Drittel seiner Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteige. Die beabsichtigte Tätigkeit halte sich innerhalb dieser "Drittelregelung". Eine eventuelle zeitnahe Nachsorge sei durch die Vertretungsvereinbarung mit dem Zahnarzt Dr. F. sichergestellt. Gegebenenfalls könne die Ermächtigung mit der Auflage der Anstellung eines Zahnarztes mit der Befähigung zur kieferorthopädischen Nachsorge erteilt werden.

12

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Magdeburg vom 1.7.2009 sowie den Beschluss des Beklagten vom 16.1.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn nach Maßgabe des § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte zur vertragszahnärztlichen Versorgung in C., zu ermächtigen,
hilfsweise,
die Ermächtigung mit der Auflage zu erteilen, für die Zeiten der Abwesenheit in C., die Notversorgung durch die Vertretung eines kieferorthopädisch tätigen Zahnarztes sicherzustellen.

13

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 8. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht die Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in C. versagt.

16

1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass das SG die Revision allein durch die Kammervorsitzende ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zugelassen hat. Dies ist zwar fehlerhaft; ungeachtet dieses Mangels ist der Zulassungsbeschluss aber wirksam und das Revisionsgericht an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (vgl BSG Großer Senat BSGE 51, 23, 26 ff = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff; BSGE 64, 296, 297 f = SozR 1500 § 161 Nr 33 S 69 f; BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 13/06 R - juris RdNr 9; Urteil des Senats vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13).

17

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ermächtigung nach § 24 Abs 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV(idF des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006 - BGBl I 3439). Der beklagte Berufungsausschuss hat beurteilungsfehlerfrei entschieden, dass die beabsichtigte Zweigpraxis des Klägers zu keiner Verbesserung der Versorgung in C. iS des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV führen würde. Nach § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV sind vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragszahnarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit (1.) dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Nach Satz 3 der Vorschrift hat der Vertragszahnarzt, sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirkes seiner KZÄV liegen, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragszahnarztsitz hat, sowie die beteiligten KZÄVen sind vor der Beschlussfassung anzuhören.

18

a) Was unter einer "Verbesserung der Versorgung" iS des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV zu verstehen ist, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 28.10.2009 (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 47 ff - zur gleichlautenden Vorschrift des § 24 Abs 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte)skizziert. Danach steht zunächst außer Frage, dass auf der einen Seite die Genehmigung einer Zweigpraxis im Falle von Unterversorgung stets als Versorgungsverbesserung anzusehen ist (BSG aaO RdNr 47), während andererseits (in ausreichend versorgten Gebieten) das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers - ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl - noch keine Verbesserung der Versorgung darstellt, wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV erschließt(BSG aaO RdNr 50 mwN). Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Gesetzesbegründung (vgl Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks 16/2474 S 29 zu Nr 7 Buchst a sowie Ausschussbericht zum VÄndG, BT-Drucks 16/3157 S 13/14 unter IV. A. Allgemeiner Teil) Bedarfsplanungsgesichtspunkte für den Ort der Zweigpraxis keine Rolle spielen (vgl BSG aaO RdNr 37 f). Der Senat hat auch die Gefahr von Wertungswidersprüchen gesehen, wenn das Merkmal einer Verbesserung an Bedarfsplanungsgesichtspunkte geknüpft würde, weil durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz die Bedarfsplanung für Zahnärzte weitgehend aufgegeben wurde (BSG aaO RdNr 39; s auch Wollersheim, GesR 2008, 281, 282).

19

Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass das bestehende Leistungsangebot an dem "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer - unter bestimmten Umständen aber auch in quantitativer - Hinsicht erweitert wird (BSG aaO RdNr 51). Eine qualitative Versorgungsverbesserung kann etwa dann gegeben sein, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs 2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anbietet, die zB besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert(BSG aaO RdNr 52; vgl auch Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 49/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine lediglich quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebots kommt etwa dann als Verbesserung iS des § 24 Abs 3 Satz 1 (Zahn-)Ärzte-ZV in Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert werden, die - zB wegen einer ungleichmäßigen Verteilung der Leistungserbringer im Planungsbereich - bei den bereits vor Ort niedergelassenen Ärzten bestehen(BSG aaO). Als Versorgungsverbesserung können auch besondere organisatorische Maßnahmen angesehen werden, wie das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden (BSG aaO). Im Einzelfall - allerdings wohl nur bei größeren "weiteren Orten" iS des § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV - kann dies auch im Falle besserer Erreichbarkeit der Zweigpraxis gelten(BSG aaO).

20

Soweit § 6 Abs 6 BMV-Z(idF ab 1.7.2007) in seinen Sätzen 4 bis 6 (dementsprechend § 8a Abs 1 Satz 4 bis 6 EKV-Z) "Regelvermutungen" für das Vorliegen einer Versorgungsverbesserung anführt, sind diese nur beachtlich, soweit sie mit der dargestellten Auslegung des § 24 Abs 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV in Einklang stehen. Als untergesetzlicher Normsetzungsvertrag hat der BMV-Z/EKV-Z die höherrangigen Normen der Zahnärzte-ZV zu beachten. Da sich der den zur Entscheidung berufenen Behörden zustehende Beurteilungsspielraum (dazu s unten 2b) aus § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV ableitet, kann dieser ebenfalls nicht durch bundesmantelvertragliche Regelungen eingeschränkt werden.

21

Soweit nach den Bundesmantelverträgen eine Versorgungsverbesserung bei Bestehen einer bedarfsplanungsrechtlichen Unterversorgung (§ 6 Abs 6 Satz 4 BMV-Z, § 8a Abs 1 Satz 4 EKV-Z) oder bei einem Angebot spezieller Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (jeweils Satz 6 aaO) vorliegen soll, steht dies mit der unter 2. a) skizzierten Auslegung des § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV in Einklang. Ob dies auch für die Regelung in § 6 Abs 6 Satz 5 BMV-Z, § 8a Abs 1 Satz 5 EKV-Z gilt, der zufolge eine Verbesserung der Versorgung dann vorliegt, wenn regional oder lokal nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angebotene Leistungen erbracht werden und die Versorgung auch nicht durch andere Vertragszahnärzte sichergestellt werden kann, die räumlich und zeitlich von den Versicherten mit zumutbaren Aufwendungen in Anspruch genommen werden können, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn diese Vorgaben im Vergleich zu der in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Auslegung des Begriffes der Versorgungsverbesserung zu eng sein sollten, wäre dies schon deswegen unschädlich, weil die Regelungen in § 6 Abs 6 BMV-Z, § 8a Abs 1 EKV-Z nicht abschließend zu verstehen sind ("insbesondere").

22

b) Bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals "Verbesserung der Versorgung der Versicherten" steht den mit der Entscheidung betrauten Behörden - den KÄVen im Falle des § 24 Abs 3 Satz 2 (Zahn-)Ärzte-ZV bzw den Zulassungsgremien im Falle des § 24 Abs 3 Satz 3 (Zahn-)Ärzte-ZV - ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53 f; s hierzu auch die weiteren Urteile vom heutigen Tag, B 6 KA 49/09 R und B 6 KA 7/10 R, jeweils zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ein derartiger Spielraum wird den Zulassungsgremien (insbesondere) bei der Bewertung zugebilligt, ob und inwieweit ein - für eine Ermächtigung wie für eine Sonderbedarfszulassung erforderlicher - besonderer Versorgungsbedarf besteht (zuletzt BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26; zusammenfassend BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 ff). Ebenso hat das BSG der KÄV bei der Beantwortung der Frage, ob der Betrieb einer Zweigpraxis (nach altem Recht) zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung in einer Gemeinde oder einem Ortsteil notwendig ist, einen Beurteilungsspielraum eingeräumt (BSGE 77, 188, 191 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29). Für die Beurteilung einer Versorgungsverbesserung gilt nichts anderes, weil die ortsnahen fachkundigen KÄVen auch hier nur ungefähr entscheiden können, ob das Angebot der Zweigpraxis zu einer Verbesserung der Versorgung vor Ort führt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 54). Sie haben eine Vielzahl von versorgungs- und regionalstrukturellen Aspekten zu berücksichtigen und in ihrem Zusammenspiel zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Dabei sind ggf die Vor- und Nachteile der beabsichtigten Versorgung in der Zweigpraxis gegenüberzustellen und eine wertende Entscheidung darüber zu treffen, welche Gesichtspunkte letztlich ausschlaggebend sind. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen beschränkt sich darauf, ob die mit der Entscheidung betrauten Behörden den zugrunde liegenden Sachverhalt hinreichend aufgeklärt und zu den für maßgeblich gehaltenen Umständen ausreichende Ermittlungen angestellt haben und hieraus vertretbare Schlussfolgerungen abgeleitet haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 f). Soweit diesen Anforderungen entsprochen worden ist, sind die Gerichte nicht berechtigt, ihre Entscheidung an die Stelle der angefochtenen Entscheidung zu setzen.

23

c) Die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses ist nach den aufgezeigten Maßstäben nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat beurteilungsfehlerfrei eine Verbesserung der Versorgung in C. verneint. Dabei hat er im Rahmen der gebotenen Gesamtschau alle zu berücksichtigenden Umstände in seine Abwägung einbezogen und im Ergebnis vertretbar angenommen, dass die gegen eine Verbesserung sprechenden Aspekte überwiegen.

24

aa) Nach der Änderung der Verhältniszahlen in der kieferorthopädischen Versorgung zum 1.10.2008 (Beschluss des GBA vom 21.8.2008, BAnz Nr 143 vom 19.9.2008, S 3413) steht fest, dass eine Verbesserung der Versorgungslage unter dem Gesichtspunkt der Unterversorgung im Planungsbereich nunmehr ausscheidet. Selbst wenn, wie der Kläger vorträgt, der Versorgungsgrad in der Kieferorthopädie am 31.12.2009 im S.-Kreis 91,4 % betrug, begründet dies bereits rein rechnerisch keine Unterversorgung. Von einer Unterversorgung iS des § 6 Abs 1 Satz 2 BedarfsplRL-ZÄ, bei der der Bedarf den Stand der zahnärztlichen Versorgung um mehr als 100 vH überschreitet, ist dieser Versorgungsgrad weit entfernt. Nicht jede geringfügige Unterschreitung des Versorgungsgrades von 100 vH reicht zur Begründung eines Versorgungsdefizits aus.

25

Auch für die Zeit vor dem 1.10.2008 hat der Beklagte vertretbar eine quantitative Verbesserung verneint (zu Vertrauensschutzgesichtspunkten, wenn eine frühere Sach- und Rechtslage für den Arzt günstiger war vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 28; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 30). Zwar bestand nach der bis zum 30.9.2008 geltenden Verhältniszahl von 1:16 000 im betroffenen Planungsbereich ein Versorgungsgrad von nur 43,5 % und damit rechnerisch eine Unterversorgung iS des § 6 Abs 1 BedarfsplRL-ZÄ. Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass nicht in jedem Fall allein aufgrund einer rechnerisch bestehenden Unterversorgung ein quantitativ-allgemeiner Bedarf anzunehmen ist (vgl für den Fall einer Ermächtigung in einem atypisch geschnittenen Planungsbereich BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7 f). Für die Frage der Verbesserung der Versorgung, die ohnehin nicht an strikte Bedarfsplanungsgesichtspunkte gebunden ist, ist vielmehr maßgeblich, ob eine tatsächliche Unterversorgung bestand. Dies hat der Beklagte mit nachvollziehbarer Begründung verneint. Er hat dargelegt, dass aufgrund der rückläufigen Zahl von Kindern und Jugendlichen eine Verhältniszahl von 1:32 000 als realistisch anzusehen sei. Der tatsächliche Versorgungsgrad betrug danach rechnerisch 87 %. Angesichts der zum 1.10.2008 neu festgesetzten Verhältniszahlen erscheint diese Einschätzung eher konservativ. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte auch die in M. tätigen Kieferorthopäden berücksichtigen durfte. Bedenken bestehen insofern, als die Entfernung zwischen C. und M. mehr als 30 km beträgt. Zwar handelt es sich bei kieferorthopädischen Leistungen um spezielle Leistungen, für deren Inanspruchnahme nach der Rechtsprechung des Senats auch Wege von mehr als 25 km zumutbar sind (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19 und zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Andererseits kommen aber als Patienten vor allem Kinder und Jugendliche in Betracht. Ob, wie der Beklagte argumentiert, aufgrund der guten verkehrstechnischen Infrastruktur auch Versorgungsangebote in M. wahrgenommen werden können, kann aber letztlich dahinstehen. Ein tatsächlicher Versorgungsgrad von 87 % ist jedenfalls nicht als so defizitär anzusehen, dass eine Verbesserung der Versorgung bereits aus quantitativen Gründen ohne Weiteres anzunehmen wäre.

26

bb) Auch eine mögliche qualitative Verbesserung unter Berücksichtigung des vom Kläger angebotenen Behandlungsspektrums hat der Beklagte zu Recht im Hinblick auf die Entfernung zwischen Vertragszahnarztsitz und Zweigpraxis sowie die geringe Präsenz des Klägers in einem engen Zeitfenster abgelehnt. Zwar normiert § 24 Abs 3 Zahnärzte-ZV in Bezug auf die Zweigpraxis keine Residenzpflicht, wie sie in § 24 Abs 2 Zahnärzte-ZV für den Vertragszahnarztsitz vorgesehen ist. Der Wortlaut des § 24 Abs 2 Satz 2 Zahnärzte-ZV, wonach der Vertragszahnarzt seine Wohnung so zu wählen hat, dass er für die Versorgung der Versicherten an seinem Vertragszahnarztsitz zur Verfügung steht, beschränkt die freie Wahl des Wohnsitzes in Bezug auf den Vertragszahnarztsitz. Eine Bezugnahme darauf findet sich in der Vorschrift über die Zweigpraxis nicht. Das erklärt sich zum einen daraus, dass den Vertragszahnarzt am Ort seines Vertragszahnarztsitzes, wo der Schwerpunkt seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit liegt, weiterreichende Pflichten treffen als am Ort der Zweigpraxis. Zum anderen bedurfte es keiner ausdrücklichen Ausdehnung auf die Zweigpraxis, weil die Residenzpflicht im Hinblick auf den Vertragszahnarztsitz notwendigerweise nicht ohne Auswirkung auf die Zweigpraxis bleibt. Muss die angemessene Erreichbarkeit des Zahnarztes am Vertragszahnarztsitz gewährleistet sein, so wird diese Notwendigkeit nicht für Zeiträume aufgehoben, zu denen sich der Zahnarzt am Ort der Zweigpraxis befindet.

27

Für das Tatbestandsmerkmal der Versorgungsverbesserung am Ort der Zweigpraxis gewinnt die Entfernung zum Stammsitz in Verbindung mit der zeitlichen Einschränkung der Tätigkeit gerade auch bei einer kieferorthopädischen Behandlung Bedeutung. Eine kurze Anwesenheit an nur zwei Tagen wöchentlich schließt zwar per se eine qualitative Verbesserung ebenso wenig aus wie eine große Entfernung zwischen Zweigpraxis und Stammsitz. Die Tätigkeit in einer Zweigpraxis wird vielmehr stets von einer im Vergleich zur Tätigkeit am Stammsitz kurzen Dauer sein. Dabei macht es allerdings einen Unterschied, ob ein Vertrags(zahn)arzt in begrenztem Umfang täglich ortsanwesend ist oder ob er sich nur an einem oder zwei Tagen in der Woche am Ort der Zweigpraxis aufhält. Ist der Vertrags(zahn)arzt in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Wochentage ortsabwesend und auch nicht in der Lage, kurzfristig vor Ort zu sein, steht er für eine kontinuierliche Versorgung seiner Patienten nicht zur Verfügung.

28

Die Konsequenzen dieses Defizits für die Ermächtigung bzw Genehmigung nach § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV hängen maßgeblich vom jeweiligen Fachgebiet des (Zahn-)Arztes und der Versorgungslage insgesamt ab. Je mehr wegen der Ausrichtung des betroffenen Fachgebiets eine kontinuierliche Betreuung der Patienten Gegenstand des vertrags(zahn)ärztlichen Versorgungsauftrags ist, desto geringer ist die Verbesserung der Versorgungslage durch eine nur wenige Stunden in der Woche geöffnete Zweigpraxis. Eine auf Kontinuität der Arzt-Patienten-Beziehung angelegte Tätigkeit wie etwa die hausärztliche Versorgung kann mit einem Sprechstundenangebot an lediglich einem Tag in der Woche kaum qualitativ hochwertig wahrgenommen werden. Soweit aber etwa das Angebot von endoskopischen Untersuchungen durch spezialisierte Fachärzte betroffen ist, kann der Wert eines Versorgungsangebotes an lediglich einem Tag in der Woche ganz anders zu beurteilen sein. Stets muss jedoch der Bezug zum tatsächlichen Versorgungsangebot an dem "weiteren Ort" iS des § 24 Abs 3 (Zahn-)Ärzte-ZV hergestellt werden. Je defizitärer die Versorgungslage im betroffenen Fachgebiet oder Versorgungsbereich ist, desto eher können auch zeitlich eng limitierte zusätzliche Angebote in Form von Zweigpraxen als Verbesserung der Versorgung bewertet werden.

29

Kieferorthopädische Leistungen stehen zwar in einem anderen Kontext als die hausärztliche Versorgung, führen aber ebenfalls nach ihrer Konzeption zu einer personalisierten (Zahn-)Arzt-Patienten-Bindung in einem in der Regel mehrjährigen Behandlungsprozess. Sie sind regelmäßig in einen langfristigen, vom Vertragszahnarzt persönlich und eigenverantwortlich erstellten individuellen Behandlungsplan (vgl KFO Nr 5 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen) eingebettet, auf dessen Grundlage eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolgt (vgl BMV-Z Anlage 6: Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen). Bei Problemen ist es deshalb von besonderer Bedeutung, dass der Behandler selbst aufgesucht werden kann. Beurteilungsfehlerfrei hat es der beklagte Berufungsausschuss für wichtig gehalten, dass die Patienten in Schmerzfällen oder bei technischen Problemen von dem behandelnden Kieferorthopäden versorgt werden. Zwar ist, anders als etwa bei den ebenfalls genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, eine Vertretung des behandelnden Kieferorthopäden grundsätzlich möglich. Sie muss aber aus Gründen der Sicherung des Behandlungserfolgs und der Qualität der Behandlung auf echte Ausnahmekonstellationen beschränkt bleiben. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein vertretender Kieferorthopäde, dem die Behandlungsunterlagen aus der Praxis des Klägers nicht zur Verfügung stehen, zunächst - uU mit einigem Aufwand, einer eingehenden kieferorthopädischen Untersuchung und/oder Röntgendiagnostik - feststellen müsste, welche Behandlung bislang vorgenommen worden ist. Er könnte ansonsten, weil er den Behandlungsplan und die spezifische Situation des Patienten nicht kennt, im Fall von Komplikationen nach einem Behandlungstermin bei dem Kläger kaum verlässlich beurteilen, ob die Beschwerden eines jugendlichen Patienten unvermeidlich sind oder ob Korrekturen der Einstellungen vorgenommen werden müssen.

30

Dabei hat der Beklagte berücksichtigt, dass Notfallbehandlungen im Bereich der Kieferorthopädie nicht so häufig vorkommen und in der Regel nach Umfang und Eilbedürftigkeit nicht das Ausmaß haben wie in der allgemeinzahnärztlichen oder kieferchirurgischen Praxis. Die geplanten Präsenzzeiten des Klägers am Ort der Zweigpraxis lassen aber mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass immer wieder Vertretungsfälle eintreten, wenn es unter der Woche zu Komplikationen kommt oder ein Jugendlicher - zB wegen schulischer Termine - mehrere Wochen hintereinander die Praxis des Klägers freitags und samstags nicht aufsuchen kann. Notwendig zu einem Behandlerwechsel führt es, wenn etwa ein Patient Termine in diesem engen Zeitfenster überhaupt nicht mehr wahrnehmen kann. Das kann mit Einbußen der Behandlungsqualität verbunden sein und Mehrkosten verursachen. Ein Angebot, das nach zeitlichem Umfang und Rahmen so eng eingegrenzt ist, wie der Kläger es hier plant, trägt damit zum Aufbau einer potentiell unwirtschaftlichen Struktur bei und birgt darüber hinaus für Leistungen der Kieferorthopädie die Gefahr von Qualitätsproblemen (auch) als Folge von Behandlerwechseln. Eine Verbesserung der Versorgung könnte vor diesem Hintergrund nur in Betracht kommen, wenn am Ort der geplanten Zweigpraxis derart gravierende Versorgungsdefizite bestünden, dass der Vorteil einer so geringfügigen Versorgung, wie der Kläger sie anbieten will, deren Nachteile gänzlich zurücktreten ließe. Wie bereits dargelegt, ist eine solche Situation jedoch vom beklagten Berufungsausschuss zu Recht nicht angenommen worden.

31

d) Ob es darüber hinaus nicht auch an dem Erfordernis des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Zahnärzte-ZV fehlt, wonach die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt werden darf, kann letztlich offen bleiben. Der Beklagte, dem auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl dazu Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 7/10 R), hat die Auffassung vertreten, dass die beabsichtigten Sprechstunden in C. nicht ohne eine Beeinträchtigung der Praxistätigkeit in K. angeboten werden können. Allerdings haben insofern die gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 2. Halbsatz Zahnärzte-ZV anzuhörende KZÄV Nordrhein sowie der für ihren Bezirk zuständige Zulassungsausschuss positive Stellungnahmen abgegeben. Für die entscheidende Behörde oder die Sozialgerichte haben diese Stellungnahmen zwar keine Bindungswirkung; beide haben vielmehr eine eigenständige Prüfung vorzunehmen. Der Einschätzung der Versorgungslage durch die für den Vertragszahnarztsitz zuständige KZÄV und den Zulassungsausschuss kommt aufgrund ihrer besonderen Sachnähe aber erhebliches Gewicht zu. Ihrer Einschätzung dürfen die Zulassungsgremien am Ort der Zweigpraxis nicht schlicht ihre eigene Beurteilung entgegensetzen; eine Abweichung von den Stellungnahmen bedarf vielmehr stets einer fundierten Begründung im Einzelfall.

32

Wenn hier der Gesichtspunkt der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz entscheidungserheblich gewesen wäre, wäre zu klären gewesen, wie der in Einzelpraxis niedergelassene Kläger die Versorgung seiner Patienten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots an allen Freitagen sicherstellen wollte. Die in K. von montags bis donnerstags angebotenen Sprechstunden sind dem Umfang nach zwar als hinreichend anzusehen, zumal der BMV-Z in Abweichung vom BMV-Ä, der in § 17 Abs 1a eine Mindestsprechstundenzahl von 20 festlegt, hierzu keine Vorgaben enthält. § 6 Abs 6 Satz 7 BMV-Z begründet die Vermutung, dass die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes in der Regel dann nicht beeinträchtigt wird, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen ein Drittel seiner Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteigt. Dieses Kriterium erfüllt der Kläger, wenn er Sprechstunden in K., wie von ihm in der Widerspruchsbegründung angegeben, von 7:30 bis 12:00 Uhr und von 13:00 bis 18:00 Uhr anbietet. Er wäre aber, wenn er regelmäßig am Freitag Sprechstunden in C. anbieten würde, an diesem Wochentag und damit innerhalb von Zeiten, in denen ein organisierter Notdienst nicht besteht (vgl § 6 Abs 4 BMV-Z), für seine Patienten am Vertragszahnarztsitz generell nicht erreichbar. Der allgemeine Hinweis im Antragsverfahren auf eine mögliche Notfallversorgung in dieser Zeit durch niedergelassene Kollegen im unmittelbaren Umfeld sowie die benachbarte Universitätsklinik dürfte nicht ausreichen, um eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung auszuschließen. Abgesehen davon, dass der Vertretungsfall nach § 32 Abs 1 Zahnärzte-ZV auf Abwesenheiten wegen Krankheit, Urlaub oder Fortbildung zugeschnitten ist, wäre unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots auch der Nachweis erforderlich, dass eine Behandlung der Patienten des Klägers an Freitagen gewährleistet ist, ohne dass hierdurch im Vergleich zur Behandlung durch den Kläger selbst Mehrkosten entstehen.

33

3. Ob der vom Klägern gestellte Hilfsantrag zulässig ist oder dem § 168 Satz 1 SGG, wonach Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig sind, entgegensteht, kann offen bleiben. Zum einen käme im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des beklagten Berufungsausschusses allenfalls eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht. Zum anderen kann er aus den Gründen der Entscheidung zum Hauptantrag keinen Erfolg haben.

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt haben (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Juli 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung eines elektronischen Produkterkennungssystems mit Sprachausgabe (Barcodelesegerät) als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig sehbehinderte Versicherte.

2

Die 1959 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin leidet seit 2005 unter einer Leberschen Optikusatrophie. Infolge dieser Erkrankung verfügt sie nur noch über ein Restsehvermögen von 2 % beidseitig, das ihr die grobe Kontrast- und die Hell-Dunkel-Wahrnehmung ermöglicht. Sie ist mit einem Vorlesegerät mit Braillezeile versorgt. Im März 2007 beantragte die Firma S. GmbH im Auftrag der Klägerin unter Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung, eines Kostenvoranschlags und des Bescheides über die Aufnahme des Barcodelesegeräts "EinkaufsFuchs" in das Hilfsmittelverzeichnis (HMV) deren Versorgung mit diesem Gerät zum Preis von 3094 Euro. Mit dem Gerät werden in Strichcodes verschlüsselte Produktdaten von ca 900 000 handelsüblichen Waren über die Sprachausgabe für sehbehinderte Menschen hörbar gemacht. Darüber hinaus können weitere Gegenstände mit beigefügten Strichcode-Etiketten versehen und auf diese Weise individuell zugeordnete Informationen abgerufen werden.

3

Die Beklagte lehnte den Leistungsantrag ab, weil der durch das begehrte Hilfsmittel ermöglichte selbständige Einkauf nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zähle (Bescheid vom 28.6.2007, Widerspruchsbescheid vom 20.11.2007). Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung eines "Einkaufs-Fuchs" der Firma S. GmbH als Sachleistung verurteilt (Gerichtsbescheid vom 2.6.2009). Die Versorgung der Klägerin mit diesem Gerät sei zum Ausgleich des durch die Sehbehinderung eingetretenen Funktionsverlusts erforderlich iS des § 33 SGB V. Das Gerät diene der Befriedigung elementarer Bedürfnisse in der Haushaltsführung und der Orientierung bei weiteren grundlegenden Alltagshandlungen. Daher könne offen bleiben, ob der Einkauf zu den elementaren Grundbedürfnissen zähle, wovon allerdings auszugehen sei, weil die Erreichbarkeit eines Ortes zur Tätigung von Alltagsgeschäften und das Alltagsgeschäft selbst einen einheitlichen Lebensvorgang bildeten. In Anbetracht der Nutzungsmöglichkeiten des Gerätes sei diese Hilfsmittelversorgung auch als wirtschaftlich anzusehen. Die Berufung hiergegen hat das LSG unter weitgehender Bezugnahme auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen (Urteil vom 16.7.2010).

4

Mit der vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 33 SGB V. Das Barcodelesegerät sei nicht zum Ausgleich der bestehenden Behinderung im Bereich der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich. Zum einen zähle der Einkauf nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Zum anderen sei das Barcodelesegerät nicht zum Ausgleich der insoweit bestehenden behinderungsbedingten Einschränkungen geeignet, weil für die Kaufentscheidung wesentliche Produktdaten (Preis, Mindesthaltbarkeit) nicht entschlüsselt werden könnten und das Gerät keine Orientierung ohne fremde Hilfe im Geschäft ermögliche. Die Einsatzmöglichkeiten des Hilfsmittels bei der Organisation des Haushalts gingen über die vom Basisausgleich umfassten Tätigkeiten hinaus und seien daher ebenfalls nicht dem Bereich der elementaren Grundbedürfnisse zuzuordnen.

5

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.7.2010 und den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 2.6.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das von der Klägerin begehrte Barcodelesegerät kann ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V sein, denn es ist grundsätzlich geeignet, die Auswirkungen einer Sehbehinderung im Bereich der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens auszugleichen bzw zu mildern. Die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen reichen aber nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V) und wirtschaftlich (§ 12 Abs 1 SGB V) ist.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem Barcodelesegerät bestehend aus einem omnidirektionalen Strichcode-Handscanner, einer Sprachausgabe, einer austauschbaren Speicherkarte mit aktuellem Datenbestand und einem Akku. Rechtsgrundlage für dieses Klagebegehren ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007 (BGBl I 378). Danach haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Blick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen(vgl auch BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der geltend gemachte Anspruch betrifft konkret das Versorgungsziel des Behinderungsausgleichs (§ 33 Abs 1 Satz 1, 3. Variante SGB V).

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2. Das Barcodelesegerät ist keine Sehhilfe iS des § 33 Abs 2 SGB V, so dass dessen einschränkende Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sein müssen. Allerdings kann die Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln iS des § 33 Abs 1 SGB V und Sehhilfen iS des § 33 Abs 2 SGB V nach der mit Wirkung zum 1.1.2004 vorgenommenen Änderung des § 33 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) nicht mehr - wie früher - offen bleiben (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 151; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18 S 90; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16 S 73 zu der bis 31.12.2003 geltenden Rechtslage). Denn Sehhilfen iS des § 33 Abs 2 SGB V sind Hilfsmittel, für die heute besondere - einschränkende - Anspruchsvoraussetzungen gelten. Unter den Begriff der Sehhilfe sind nur solche sächlichen Mittel zu subsumieren, die das Restsehvermögen verstärken (zB Brillen, Kontaktlinsen, Lupen, Lupenbrillen), während Hilfsmittel, die das behinderungsbedingt eingeschränkte Sehen durch das Ansprechen anderer Körperfunktionen ausgleichen (Hören, taktiler Sinn), als Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 SGB V anzusehen sind. Bereits der Wortsinn "Seh-Hilfe" lässt erkennen, dass es sich um Mittel zur Unterstützung des Sehvermögens handelt. Diesem Begriffsverständnis entspricht auch die in anderen Regelungszusammenhängen vorgenommene Differenzierung. So werden in § 17 Abs 2 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieverordnung) in der Fassung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Orthopädieverordnung vom 26.6.2001 (BGBl I 1352) unter der Bezeichnung "Sehhilfen" nur Hilfsmittel aufgeführt, die das Restsehvermögen verstärken (Fernrohrbrillen, Lupen, Bildschirm-Lesegeräte). Dagegen werden Geräte, die Text in Sprache umsetzen, in § 17a Orthopädieverordnung als Kommunikationshilfen bezeichnet. Auch Ziffer 4 der Anlage 5 Bundesbeihilfeverordnung vom 13.2.2009 (BGBl I 326) listet unter dem Begriff der Sehhilfen lediglich Hilfen zur Verbesserung der (Rest-)Sehschärfe, aber keine sonstigen Hilfsmittel auf, die andere Körperfunktionen unterstützen und nur mittelbar Defizite des behinderungsbedingt eingeschränkten Sehens ausgleichen können.

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3. Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht weder allein aufgrund der vertragsärztlichen Verordnung(§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V)des Barcodelesegerätes Typ "EinkaufsFuchs" vom 20.2.2007 noch - wie die Vorinstanzen zu Recht angenommen haben - aufgrund der Auflistung dieses Gerätes im HMV (§ 139 SGB V). Den Krankenkassen steht vielmehr ein eigenes Entscheidungsrecht zu, ob ein Hilfsmittel nach Maßgabe des § 33 SGB V zur medizinischen Rehabilitation, also zur Sicherung des Erfolges der Krankenhausbehandlung, zur Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung oder zum Ausgleich einer bestehenden Behinderung, im Einzelfall erforderlich ist; dabei können die Krankenkassen zur Klärung medizinisch-therapeutischer Fragen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs 3 SGB V einschalten(vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil). Das vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf der Grundlage von § 139 SGB V erstellte HMV legt die Leistungspflicht der GKV gegenüber den Versicherten ebenfalls nicht verbindlich und abschließend fest. Es schließt weder Hilfsmittel von der Versorgung der Versicherten aus, die den gesetzlichen Anforderungen des § 33 SGB V genügen(BSG SozR 4-2500 § 127 Nr 2 RdNr 10), noch besteht ein Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die zwar im HMV verzeichnet, für die aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 33 SGB V erfüllt sind. Daher sind die für das unter der Positionsnummer 07.99.04.2001 gelistete Barcodelesegerät "EinkaufsFuchs" im HMV formulierte Beschränkung (Einkaufshilfe im Rahmen der selbständigen Lebensführung unter Berücksichtigung elementarer Grundbedürfnisse) und der Leistungsausschluss bei Nutzung des Hilfsmittels ausschließlich zur Organisation der Wohnung für den klägerischen Anspruch ohne Bedeutung.

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4. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Barcodelesegerätes als Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich im vorliegenden Einzelfall erfüllt sind, kann anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Allerdings ist ein Barcodelesegerät grundsätzlich geeignet, die Auswirkungen einer Sehbehinderung bei einem nicht seit Geburt erblindeten bzw sehbehinderten Menschen auszugleichen. Der Behinderungsausgleich nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V hat dabei zwei Zielrichtungen:

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a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 17 mwN - Scalamobil). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in Fällen der Erstausstattung mit Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18).

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b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich: BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 mwN - Scalamobil). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr zuletzt: BSG Urteile vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen und B 3 KR 13/09 R) - sog Basisausgleich. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 ff mwN - Scalamobil).

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c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht es im vorliegenden Fall um ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich, weil das Barcodelesegerät nicht das behinderungsbedingt stark eingeschränkte Sehvermögen wiederherstellen kann, sondern die ausgefallene bzw eingeschränkte Körperfunktion durch Nutzung des nicht beeinträchtigten Hörvermögens kompensiert, indem die auf Gegenständen befindlichen und in Strichcodes verschlüsselten Informationen über eine Sprachausgabe für den sehbehinderten Menschen hörbar gemacht werden. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich als mittelbarer Behinderungsausgleich dar (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 14 - Lichtsignalanlage).

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d) Betroffen sind im vorliegenden Fall das allgemeine Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens und die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das allgemeine Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens umfasst die körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die notwendig sind, um ohne fremde Hilfe im häuslichen Umfeld verbleiben zu können. Der dazu erforderliche körperliche Freiraum beinhaltet die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen, die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind und in die Wohnung zurückzukehren. Zu dem für das selbständige Wohnen erforderlichen geistigen Freiraum zählt ua die Fähigkeit, die für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendigen Informationen erhalten bzw aufnehmen zu können. Das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens kann jedoch nur verwirklicht werden, wenn bestimmte Grundvoraussetzungen im Sinne von elementaren Rahmenbedingungen erfüllt sind. Diese Grundvoraussetzungen sind üblicherweise dem hauswirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. So setzt das selbständige Wohnen ua voraus, dass Nahrungsmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs selbständig besorgt und im häuslichen Umfeld sachgerecht verwendet werden können und dass die Wohnung durch regelmäßiges und ausreichendes Reinigen in einem gesundheitsdienlichen Zustand gehalten werden kann. Die möglichst weitgehende Erfüllung dieser Rahmenbedingungen stellt sich als Annex zu dem allgemeinen Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens dar und findet Ausdruck in dem in § 14 Abs 4 Nr 4 SGB XI enthaltenen Rechtsgedanken. In § 14 Abs 4 SGB XI werden die für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit maßgebenden gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens unterteilt nach den Bereichen Körperpflege(Nr 1), Ernährung (Nr 2), Mobilität (Nr 3) und hauswirtschaftliche Versorgung (Nr 4) aufgezählt. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung werden das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen genannt. Ungeachtet der unterschiedlichen Zielsetzung der GKV (Bewältigung von Krankheit und ihren Folgen) und der gesetzlichen Pflegeversicherung (partielle Abdeckung des Risikos der Pflegebedürftigkeit) werden mit den in § 14 Abs 1 und 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens Bereiche bezeichnet, die für die physische Existenz des Menschen unerlässlich sind und die der Erfüllung seiner Grundbedürfnisse, einschließlich der auf die Person bezogenen hauswirtschaftlichen Versorgung, dienen(BSGE 72, 261, 263 = SozR 3-2500 § 53 Nr 2 S 9). Die in § 14 Abs 4 Nr 4 SGB XI aufgezählten hauswirtschaftlichen Verrichtungen gewährleisten die elementare Lebensführung zu Hause(ähnlich: Udsching in ders, SGB XI, 3. Aufl 2010, § 14 RdNr 28)und sind daher als für das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens unerlässliche Grundvoraussetzungen zu werten. Die uneingeschränkte Wahrnehmung dieser Verrichtungen ist auch nach dem ICF-Modell der WHO Teil der funktionalen Gesundheit des Menschen (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - ICF, herausgegeben vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information , Stand Oktober 2005, Kapitel 6 - Häusliches Leben - S 112 ff).

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Wegen der auf die medizinische Rehabilitation beschränkten Zuständigkeit der GKV erstreckt sich deren Leistungspflicht allerdings zum einen nur auf die für ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens unabdingbaren hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Zum anderen begründen behinderungsbedingte Einschränkungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Verrichtungen für sich genommen noch keine Leistungspflicht der GKV im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs. Ebenso wie die Pflegebedürftigkeit nicht allein durch einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung begründet wird, sondern einen zusätzlichen Hilfebedarf im Bereich der Grundversorgung (§ 14 Abs 4 Nr 1 bis 3 SGB XI) verlangt (so schon der Entwurf des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 24.6.1993, BT-Drucks 12/5262 S 97; Udsching, aaO, § 14 RdNr 41), setzt die Leistungspflicht der GKV nach § 33 Abs 1 SGB V voraus, dass die durch das begehrte Hilfsmittel ermöglichte hauswirtschaftliche Verrichtung notwendig ist, um ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens sicherzustellen.

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e) Die für das selbständige Wohnen elementaren hauswirtschaftlichen Verrichtungen setzen eine uneingeschränkte visuelle Wahrnehmung voraus. Das gilt sowohl für die Wahrnehmung, dass bestimmte Verrichtungen notwendig sind (zB Verschmutzungsgrad der Wohnung), als auch für die bei Ausübung der jeweiligen Verrichtung notwendigen Arbeitsschritte (zB Auswahl der Reinigungsmittel, Auswahl der Zutaten beim Kochen). Diese Wahrnehmungsmöglichkeit ist bei einem sehbehinderten Menschen aufgehoben bzw beeinträchtigt. Durch ein Barcodelesegerät können diese Einschränkungen grundsätzlich ausgeglichen bzw gemildert werden, indem die für elementare hauswirtschaftliche Verrichtungen erforderlichen Informationen über einzelne Produkte und Gegenstände mittels einer Sprachausgabe für den sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden (sog ersetzender Ausgleich). Auf diese Weise können zB die für das Sauberhalten der Wohnung und Kleidung notwendigen Reinigungsmittel zutreffend ausgewählt sowie sachgerecht und vor allem gefahrenfrei verwendet werden. Die genaue Kenntnis des Produktinhalts ist gerade bei der Verwendung von Reinigungsmitteln von Bedeutung, deren unsachgemäße Verwendung zu Gesundheitsschäden führen kann (zB bei ätzenden Flüssigkeiten). Auch die hauswirtschaftliche Verrichtung des Kochens als Vorstufe zum anerkannten Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme wird durch ein Barcodelesegerät nicht nur unwesentlich erleichtert, sondern teilweise erst ermöglicht. Denn Voraussetzung für die selbständige Nahrungszubereitung ist eine zutreffende Auswahl und Abmessung der Speisen und Zutaten.

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f) Darüber hinaus ist ein Barcodelesegerät grundsätzlich auch geeignet, die infolge einer Sehbehinderung bestehenden Einschränkungen bei der Erschließung des für das selbständige Wohnen erforderlichen körperlichen und geistigen Freiraums auszugleichen. Soweit nach der Rechtsprechung des Senats der körperliche Freiraum im Sinne eines Basisausgleichs auch die Fähigkeit umfasst, die eigene Wohnung zu verlassen, um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (so erstmals BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 15 - Elektrorollstuhl und BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 - Scalamobil), bezogen sich diese Entscheidungen jeweils auf Fallkonstellationen, in denen die körperliche Bewegungsfreiheit aufgrund einer Behinderung eingeschränkt war. In diesen Fällen war und ist es Aufgabe der GKV im Rahmen des geschuldeten Basisausgleichs, die Mobilität des behinderten Menschen von der Wohnung zu den Orten im Nahbereich sicherzustellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden können. Ist dagegen nicht die Bewegungsfähigkeit als solche, sondern - wie im vorliegenden Fall - die Sinneswahrnehmung infolge einer Behinderung aufgehoben bzw beeinträchtigt, ist in der Regel nicht die Fortbewegung zu einem Ort, an dem Alltagsgeschäfte erledigt werden können, sondern die Betätigung der Alltagsgeschäfte selbst eingeschränkt. In diesen Fallkonstellationen erfordert der in die Zuständigkeit der GKV fallende Basisausgleich, dass der behinderte Mensch nicht nur befähigt wird, die Orte, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind, im Sinne der Fortbewegung zu erreichen, sondern dass ihm auch die Tätigung des Alltagsgeschäfts selbst ermöglicht wird. Der Basisausgleich umfasst in diesem Bereich auch die Möglichkeit zur Wahrnehmung der für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendigen Informationen. Hierzu zählen Informationen über Gegenstände des täglichen Bedarfs, Grundnahrungsmittel, Produkte zur elementaren Körperpflege und zur Reinigung von Wohnung und Kleidung. Die Wahrnehmung dieser Informationen ist bei der Beschaffung und Verwendung der genannten Gegenstände sicherzustellen. Zur Beschaffung zählt der Einkauf - damit ist jedoch weder eine Anerkennung des Einkaufens als allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens noch die Ermöglichung von Einkäufen jeder Art durch Hilfsmittel der GKV verbunden. Zu gewährleisten ist von der GKV vielmehr nur die Möglichkeit des Einkaufs als Alltagsgeschäft, dh die Beschaffung von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (Definition des Alltagsgeschäfts: BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 S 5), soweit die Befähigung hierzu aufgrund einer Behinderung aufgehoben bzw eingeschränkt ist und durch das Hilfsmittel ausgeglichen werden kann.

19

Die mit dem Barcodelesegerät abrufbaren Informationen (zB Name bzw Produktbezeichnung, Hersteller und Mengenangabe) sind entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht unerheblich, denn sie ermöglichen einem sehbehinderten Menschen einen weitgehend selbständigen Einkauf von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs und damit eine überwiegend selbständige Haushaltsführung. Damit ggf nicht entschlüsselbare Informationen über den Preis und die Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln können im Geschäft leicht erfragt werden. Zudem ist davon auszugehen, dass Lebensmittel in aller Regel nicht außerhalb der Mindesthaltbarkeitsdauer angeboten werden. Im Hinblick auf die persönliche Haushaltsgestaltung und Vorratshaltung können überdies zusätzliche wesentliche Produktinformationen - wie etwa das Einkaufsdatum - zu Hause durch Verwendung der mitgelieferten Strichcodeetiketten verfügbar gemacht werden.

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Außerdem ist die Verwendung des Barcodelesegerätes als Einkaufshilfe nur eine von vielen Einsatzmöglichkeiten des Gerätes. Neben der schnellen und verwechslungsfreien Identifikation käuflich erworbener Produkte und Gegenstände des täglichen Bedarfs im persönlichen Umfeld dient es allgemein der Orientierung in der Wohnung sowie der selbständigen Organisation und Führung des Haushaltes. Die vielfältige Einsetzbarkeit des Barcodelesegerätes wird insbesondere durch die individuelle Verwendung der mitgelieferten Strichcode-Etiketten ermöglicht. Auf diese Weise kann nahezu jeder Gegenstand im persönlichen Umfeld eines sehbehinderten Menschen gekennzeichnet und die individuell vergebene Information jederzeit abgerufen werden.

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5. Die generelle Eignung eines Barcodelesegerätes zur Verwirklichung des als Grundbedürfnis anerkannten selbständigen Wohnens und zur Schaffung des dazu erforderlichen körperlichen und geistigen Freiraums wird weder durch die mögliche Hilfe Dritter noch durch die dem sehbehinderten Menschen möglichen sekundären Sinneswahrnehmungen in Frage gestellt.

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a) Dem Verweis des behinderten Menschen auf die Hilfe Dritter steht bereits die Zielsetzung der Hilfsmittelversorgung entgegen. Wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung ist es, den behinderten Menschen von der Hilfe anderer weitgehend bzw deutlich unabhängiger zu machen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 18). Daher kann der für die Leistungspflicht der GKV ausschlaggebende funktionelle Gebrauchsvorteil eines Hilfsmittels auch darin liegen, dass sich der behinderte Mensch durch das Hilfsmittel ein bis dahin nur mit fremder Hilfe wahrnehmbares allgemeines Grundbedürfnis (teilweise) erschließen kann und somit befähigt wird, ein selbständigeres Leben zu führen. In diese Richtung zielen nunmehr ebenfalls Art 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft) und Art 20 (Persönliche Mobilität) des "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen". Dieses Übereinkommen und sein Fakultativprotokoll sind für Deutschland nach Maßgabe des Vertragsgesetzes vom 21.12.2008 (BGBl II 2008 S 1419) seit 26.3.2009 verbindlich.

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b) Die Fähigkeit sehbehinderter Menschen unter Nutzung der unbeeinträchtigten sekundären Sinne (Riech-, Tast- und Hörsinn), Ordnungssysteme und Kennzeichnungsmöglichkeiten zu entwickeln, gleicht die Sehbehinderung nur unzureichend aus. Zum einen werden hierdurch Verwechslungen bei der Identifizierung von Gegenständen nicht ausgeschlossen, weil das menschliche Erinnerungsvermögen weder grenzenlos noch unfehlbar ist. Zum anderen sind Entwicklung und Einhaltung solcher Ordnungssysteme häufig mit einem erheblichen zeitlichen und intellektuellen Aufwand verbunden. Das Wiederauffinden von Gegenständen ist nur gewährleistet, wenn sich der behinderte Mensch einer strengen Ordnung bei der Ablage und Verwahrung der Gegenstände unterwirft (so schon BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18 S 92 - Farberkennungsgerät). Die mit der Entwicklung und Einhaltung entsprechender Ordnungssysteme verbundene Mehrbelastung kann im Einzelfall sogar die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich gelegentlich andere, mit den Ordnungssystemen nicht vertraute Personen besuchsweise in der Wohnung des sehbehinderten Menschen aufhalten oder wenn mit den sekundären Sinnen die Produktbeschaffenheit nicht eindeutig identifizierbar ist (zB Konservendosen, Tetrapacks). Die Öffnung der Verpackung, um den Inhalt über den Riechsinn wahrzunehmen, würde nicht dem Vorgehen im Rahmen einer normalen Haushaltsführung entsprechen.

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c) Letztlich ist die menschliche Fähigkeit, die nicht von einer Behinderung betroffenen Sinne zu sensibilisieren und besonders zu trainieren, zumindest in den Fällen begrenzt, in denen der Betroffene - wie hier - nicht seit Geburt erblindet bzw sehbehindert ist. Je älter der Betroffene bei Eintritt der Erblindung bzw einer der Erblindung vergleichbaren Sehbeeinträchtigung ist, desto schwieriger ist es für ihn, die in der Nutzung anderer Sinne liegenden Kompensationsmöglichkeiten auszuschöpfen, weil Anpassungs- und Merk- sowie kognitive Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter nachlassen (vgl "Mobil im Alltag", Broschüre des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, Mai 2010, S 14).

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6. Das zum mittelbaren Behinderungsausgleich grundsätzlich geeignete Barcodelesegerät ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Sachleistungspflicht der GKV ausgenommen. Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V dienen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird(vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - RdNr 25 - Therapiedreirad; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 16 mwN). Die für sehbehinderte Menschen angebotenen Barcodelesegeräte sind nach ihrer Funktion und Bauart speziell auf die Bedürfnisse dieser Gruppe von behinderten Menschen zugeschnitten. Anders als bei handelsüblichen Barcodelesegeräten wird die in einem Strichcode verschlüsselte Produktinformation über eine Sprachausgabe für die Betroffenen hörbar gemacht. Zudem kommen handelsübliche Barcodelesegeräte nicht in privaten Haushalten, sondern ausschließlich im gewerblichen Sektor zum Einsatz und können bereits aus diesem Grund nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens angesehen werden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 19 S 103 f). Letztlich ist auch die Aufnahme des Gerätes in das HMV ein gewichtiges Indiz dafür, dass es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 17 ff).

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7. Ob ein Barcodelesegerät im vorliegenden Einzelfall erforderlich ist, um die Folgen der Sehbehinderung auszugleichen, kann allerdings anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG noch nicht abschließend beurteilt werden.

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a) Zum einen fehlen Feststellungen zur persönlichen Lebensführung und den Lebensverhältnissen der Klägerin. In diesem Zusammenhang ist zu ermitteln, ob die Klägerin mit anderen Personen in einem Haushalt zusammenlebt und wie sie ihren Alltag, die Haushaltsführung sowie die damit zusammenhängenden hauswirtschaftlichen Verrichtungen bisher organisiert und wahrgenommen hat. Dabei wird in medizinischer Hinsicht aufzuklären sein, wie sich das Alter der Klägerin bei Eintritt der Sehbehinderung auf deren Fähigkeit auswirkt, das eingeschränkte Sehvermögen durch die Nutzung anderer Sinne zu kompensieren. Allerdings wird das LSG in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen haben, dass die vorhandene Hilfsmittelausstattung der Klägerin die behinderungsbedingten Einschränkungen in Bezug auf das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens nur unzureichend ausgleicht. Das der Klägerin gewährte Vorlesegerät mit Braillezeile ermöglicht ihr lediglich, die in Büchern und Zeitungen enthaltenen Informationen zu hören bzw über die Braillezeile zu ertasten. Auf Gegenständen befindliche Aufschriften können auf diese Art nicht wiedergegeben und erst Recht keine eigene Kennzeichnung vorgenommen werden.

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Zum anderen bedarf es der Feststellung, welche Anforderungen an die Bedienung eines Barcodelesegerätes gestellt werden und ob die Klägerin diesen gerecht wird. Hierbei wird das LSG - ausgehend von seinen bereits getroffenen Feststellungen - zugrunde legen können, dass die Klägerin aufgrund ihres 2 %-igen Restsehvermögens in der Lage ist, Kontraste sowie Hell und Dunkel wahrzunehmen, so dass die durch das Barcodelesegerät nicht gewährleistete Orientierung im Ladengeschäft über die vorhandene Sinneswahrnehmung sichergestellt ist.

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b) Auch die Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittelgewährung (§ 33 Abs 1 Satz 1 iVm § 12 Abs 1 SGB V) lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Die Sachleistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung; es besteht also kein Anspruch auf Optimalversorgung, sondern nur auf ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittel - § 12 Abs 1 SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 19 RdNr 21). Soweit ein kostengünstigeres Hilfsmittel zum Ausgleich der Behinderung funktionell ebenso geeignet ist, besteht daher kein Anspruch auf die Versorgung mit einem teureren Hilfsmittel (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 19 RdNr 21). Sowohl der Umfang der konkreten Nutzung des Barcodelesegerätes durch die Klägerin unter Berücksichtigung seiner Einsatzmöglichkeiten als auch die im Rahmen der Wirtschaftlichkeit vorzunehmende Kosten-Nutzen-Analyse bedingen deshalb noch weitere Ermittlungen. Trotz der Bedeutung der durch ein Barcodelesegerät vermittelten Information für sehbehinderte Menschen bedarf es in Anbetracht des hohen Anschaffungspreises einer relativ häufigen Nutzung des Gerätes pro Tag, um dessen Wirtschaftlichkeit bejahen zu können. Ferner wird das LSG aufzuklären haben, ob andere funktional ebenso einsetzbare, aber kostengünstigere Hilfsmittel angeboten werden. In diesem Zusammenhang wird zu prüfen sein, ob das der Klägerin gewährte Vorlesegerät mit einem auch zur mobilen Nutzung geeigneten Barcodemodul gekoppelt werden kann und welche Kosten für diese Zusatzversorgung ggf anfallen würden. Bei der Prüfung einer Alternativversorgung wird das LSG neben der Produktpalette der Firma S. GmbH auch die Angebote anderer Anbieter zu berücksichtigen haben. Entsprechende Versorgungsalternativen sind festzustellen sowie hinsichtlich ihrer Nutzungsmöglichkeiten und der Anschaffungs- und Betriebskosten zu vergleichen.

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Im Rahmen der abschließenden Beurteilung des klägerischen Anspruchs wird das LSG im Übrigen wohl davon ausgehen können, dass die Klägerin mit der Spezifizierung ihres Antrages auf die Gewährung des Barcodelesegerätes "EinkaufsFuchs" der Firma S. GmbH nicht die Gewährung von Barcodelesegeräten anderer Hersteller ausschließen wollte. Die Beschränkung war offensichtlich der Beauftragung der Firma S. GmbH mit der Durchführung des Antragsverfahrens geschuldet, enthält aber zumindest hilfsweise den Antrag auf Gewährung eines vergleichbaren Gerätes anderer Hersteller.

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8. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.