Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Dez. 2010 - 1 S 338/10

bei uns veröffentlicht am14.12.2010

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
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d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
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Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
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Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Dez. 2010 - 1 S 338/10

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beschlagnahme ihrer Fahrzeuge samt Ladung rechtswidrig war.
Im Vorfeld des für den 18.10.2000 geplanten Brennelemente-Transportes (sog. „Castor-Transport“) vom Kernkraftwerk Philippsburg in die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague riefen Kernkraftgegner der Kampagne „x 1000 mal quer“ zu verschiedenen Demonstrationen und Aktionen mit dem Ziel auf, den vorgesehenen Transport - auch durch Blockaden - zu verhindern. Am 15.10.2000 fand in Phillipsburg eine Auftaktdemonstration mit ca. 1000 Teilnehmern statt, von denen einige dem Aufruf folgten, bis zum 18.10.2000 in der Nähe des Kernkraftwerks zu verbleiben. Zu diesem Zweck hatte die Initiative „x 1000 mal quer“ auf einem Wiesengrundstück im Ortsteil Oberhausen der benachbarten Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen in ca. 7 km Entfernung vom Kernkraftwerk ein Camp errichtet. Bis zum Mittag des 16.10.2000 wurden dort zwei größere Rundzelte, mehrere Versorgungs- und Küchenzelte und ca. 40 Iglu-Zelte aufgebaut sowie vier Toilettenhäuschen aufgestellt; ca. 150 Personen hielten sich dort auf. Die Klägerin zu 1), eine in einem niederländischen Register eingetragene Vereinigung, die sich als „Kochkollektiv“ bezeichnet, war für den Betrieb der Küche und die Versorgung des Zeltlagers mit Lebensmitteln zuständig; dabei wurde sie von der Klägerin zu 2) unterstützt, die die Küche „Maulwurf“ betreibt.
Am 16.10.2000 gegen 15:10 h forderte das Landratsamt Karlsruhe die Bewohner des Zeltlagers auf, die Zelte sofort abzubrechen und sich zu entfernen. Der Sofortvollzug von Platzverweis und Räumungsverfügung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbeachtung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht. Außerdem wurde das Verbot ausgesprochen, an anderer Stelle ein Zeltlager zu errichten.
Nach dem Abbau der Rundzelte und des Küchenzelts wurden diese zusammen mit den Koch- und Kücheneinrichtungen und den Lebensmitteln auf das Fahrzeug der Klägerin zu 1) (niederländisches Kennzeichen: BZ-41-ZB) und auf das Fahrzeug und den Anhänger der Klägerin zu 2) (amtliche Kennzeichen: FR-CK 581, FR-JP 985) sowie ein weiteres Fahrzeug verladen. Die Küchenfahrzeuge verließen das Grundstück nach 19:00 h und legten, von der Polizei überwacht, auf der B 36 in Richtung Karlsruhe eine Strecke von ca. 5 km zurück. Dort wurden die Fahrzeuge gestoppt, beschlagnahmt und zur Salm-Kaserne in Philippsburg gebracht. Den Eigentümern wurde angeboten, dass sie jedenfalls über ein Fahrzeug verfügen könnten, wenn dieses entladen werde; das dritte Fahrzeug wurde daraufhin entladen und sodann freigegeben, während die Fahrzeuge der Klägerinnen auf dem Kasernengelände verblieben. Am folgenden Tag wurden die Fahrzeuge samt Anhänger sowie die Lebensmittel an die Klägerinnen herausgegeben, während die Beschlagnahme der Küchengerätschaften aufrechterhalten blieb.
Mit einer an die Eigentümer bzw. die Besitzer der Fahrzeuge adressierten Verfügung vom 18.10.2000 wurde die Beschlagnahme der Fahrzeuge samt der logistischen Beladung schriftlich bestätigt (Ziff. 1) und der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3).; in Ziff. 2 wurde bestimmt, dass über die Fahrzeuge frei verfügt werden kann, sofern die Beladung abgeladen wird. Zur Begründung wurde auf § 33 PolG verwiesen und ausgeführt, dass die Beschlagnahme zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich sei. Mit dem Zeltlager sei eine wesentliche infrastrukturelle Basis und Voraussetzung für eine längere Unterbringung vieler Personen geschaffen worden, mit der die Bewegung über eine Plattform verfüge, um angekündigte kollektive Rechtsbrüche zu organisieren; so hätten einige Camp-Bewohner bereits an rechtswidrigen Aktionen teilgenommen. Das Camp habe offensichtlich zu einer logistischen Zentrale des Widerstands mit einer Kapazität von mehreren tausend Menschen ausgebaut werden sollen; es sei geräumt worden, um massenhafte Rechtsbrüche zu verhindern. Schließlich sei auch einer allgemeinen hygienischen bzw. Seuchengefahr begegnet worden. Nach der Auflösung des Camps und Verladung der Kücheneinrichtungsgegenstände auf die später beschlagnahmten Fahrzeuge habe der Betreiber der Küche auf die Frage nach dem nächsten Anfahrtsziel angegeben, „dass er dies noch nicht wisse, er werde von seinen Auftraggebern … noch in die nächste Örtlichkeit eingewiesen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass an anderer Stelle im Landkreis Karlsruhe ein neues Camp errichtet werden solle. Die Beschlagnahme sei geeignet und erforderlich, um den Zweck zu erreichen, weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit aus einem Camp heraus wirksam und dauerhaft zu unterbinden. Darüber hinaus sei sie auch angemessen gewesen, da das Interesse der Besitzer der Gerätschaften zurückzutreten habe.
Gegen die Beschlagnahmeverfügung erhoben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.10.2000 Widerspruch. Ihre Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, soweit er die beschlagnahmten Gerätschaften betraf, wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2981/00 - abgelehnt.
Mit Verfügung vom 06.11.2000 hob das Landratsamt Karlsruhe die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 18.10.2000 beschlagnahmten Gerätschaften und der sonstigen Ladung auf, soweit diese nicht schon herausgegeben worden war.
Am 06.08.2001 haben die Klägerinnen Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr; denn selbst wenn keine Transporte mehr stattfänden, sei jedenfalls mit Aktionen gegen die geplante Einrichtung eines Interims- und Zwischenlagers in Philippsburg zu rechnen. Zum anderen könne sich die Klägerin zu 1) auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen, da im „Limburgs Dagblad“, einer niederländischen Tageszeitung, über die Beschlagnahme der Küche berichtet worden sei. Schließlich müsse es den Klägerinnen möglich sein, die Rechtswidrigkeit einer Beschlagnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, gerichtlich klären zu lassen; die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes sei hierfür nicht ausreichend. In der Sache haben die Klägerinnen die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Beschlagnahmeverfügung bereits formell rechtswidrig gewesen sei. Das Landratsamt Karlsruhe sei für den Erlass der Beschlagnahme auf polizeirechtlicher Grundlage nicht zuständig gewesen; insbesondere die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit gem. § 67 Abs. 1 PolG hätten nicht vorgelegen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Verfügung rechtswidrig gewesen. Das Camp habe mit den geplanten Aktionen eine untrennbare Einheit gebildet; demnach sei Art. 8 Abs. 1 GG einschlägig, da das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die Vorschriften des Versammlungsgesetzes das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsäußerung und Meinungsbildung schütze. Von einem solchen inneren Zusammenhang sei auch die Beschlagnahmeverfügung ausgegangen. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme habe nicht mehr von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das aufgelöste Zeltlager ausgegangen werden können; die Aussage des Küchenbetreibers, er kenne das nächste Anfahrtsziel nicht, rechtfertige nicht die Annahme, an anderer Stelle könnte ein neues Camp errichtet werden.
Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen - dem Antrag des Beklagten folgend - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung nicht dargelegt. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da sich keine konkreten Anhaltspunkte abzeichnen, dass ähnliche Demonstrationen in Philippsburg in absehbarer Zeit durchgeführt würden. Denn die Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk nach La Hague seien mittlerweile abgeschlossen, und künftig würden die Brennelemente in Interims- und Zwischenlagern auf dem Gelände des Kraftwerks in Philippsburg untergebracht. Allein die Möglichkeit, dass auch gegen diese Art der Lagerung Demonstrationen mit entsprechender Infrastruktur durchgeführt würden, sei zu ungewiss und zu wenig konkret und demnach nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen; es sei nämlich nicht erkennbar, dass auch diese Aktionen ähnlichen Zulauf und Interesse erwecken würden, da die Fortführung des Betriebs des Kernkraftwerks in Philippsburg anders als im Oktober 2000 nicht in Frage stehe. Außerdem sei die Behördenentscheidung aufgrund des Einzelfalls ergangen und es sei nicht wahrscheinlich, dass das Landratsamt in Zukunft in vergleichbarer Weise gegen Versammlungsteilnehmer vorgehen wird. Ein Rehabilitierungsinteresse stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Es könne weder festgestellt werden, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge und der Küchengegenstände selbst für die Klägerinnen eine diskriminierende Wirkung gehabt hätte, noch dass die Berichterstattung darüber in der lokalen und überregionalen Presse und einer niederländischen Zeitung geeignet gewesen sei, der Öffentlichkeit ein falsches oder gar ehrenrühriges Bild von den Klägerinnen zu vermitteln. Ein besonderes rechtliches Interesse sei auch nicht durch die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerinnen in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG anzunehmen. Die Beschlagnahme stelle keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung dar; dabei kämen tiefgreifende Grundrechtseingriffe insbesondere bei jenen Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz vorbeugend dem Richter vorbehalte. Eine vergleichbare Belastung der Klägerinnen sei nicht zu erkennen; sie seien durch die Beschlagnahme nicht in einem Grundrecht betroffen, das dem Schutz der persönlichen Sphäre oder der menschlichen Würde diene. Letztlich sei die den Klägerinnen eingeräumte Rechtsschutzmöglichkeit ausreichend gewesen. Der zeitliche Ablauf zeige, dass die Klägerinnen Gelegenheit gehabt hätten, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen; eine Beschwerde gegen den im Eilverfahren ergangenen Beschluss wäre bis zur Erledigung der Beschlagnahme noch möglich gewesen.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.10.2004 - 1 S 1512/04 - zugelassenen Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor: Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspreche dem berechtigten Interesse gem. § 43 VwGO und sei nicht an zu strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Bei kurzfristiger Erledigung von Verwaltungsmaßnahmen folge es aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der zur Vermeidung rechtsfreier Räume bei der Verletzung eines jeglichen subjektiven Rechts mindestens eine gerichtliche Instanz im Hauptsacheverfahren garantiere. Jedenfalls sei bezüglich der Klägerin zu 1) ein tiefgreifender Grundrechtseingriff deshalb gegeben, weil sie als Betreiberin der Küche durch die Beschlagnahme in ihrer Berufsausübung betroffen sei. Außerdem liege ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerinnen vor, der nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil mögliche Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht würden. Darüber hinaus sei ein Rehabilitierungsinteresse zu Unrecht abgelehnt worden, denn jeder Pressebericht über polizeiliche Maßnahmen zu Lasten einzelner habe in gewisser Weise einen diskriminierenden Charakter, weil es die Öffentlichkeit - ungeachtet der Wertung im Presseartikel - für möglich halten könne, dass der Betroffene Störer sei. Die Klagen seien auch begründet. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde sei für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung nicht zuständig gewesen; auf eine Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG könne sich das Landratsamt nicht berufen. Die Beschlagnahme habe im Zusammenhang mit der Auflösung des Camps gestanden. Die Ortspolizeibehörde hätte schon zu diesem Zeitpunkt informiert werden können und auch müssen; die unzuständige Behörde könne sich in einem solchen Fall nicht mehr auf eine Eilkompetenz berufen, wenn dies unterblieben sei und zu einem späteren Zeitpunkt das Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht mehr erreichbar erscheine. Dies gelte umso mehr als die Beschlagnahme bereits zuvor erwogen, aber nur aus polizeitaktischen Gründen zurückgestellt worden sei. Auch materiell-rechtlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig gewesen. Zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen sei sie nicht erforderlich gewesen, denn das Camp sei bereits aufgelöst und die Küche verladen gewesen. Eine unmittelbar bevorstehende Störung durch den Aufbau eines neuen Camps an anderer Stelle sei nicht belegt. Auch könnten Einschätzungen, die für die Kampagne „x 1000 mal quer“ zutreffend sein mögen, nicht auf die Klägerinnen übertragen werden, da sie lediglich Eigentümerinnen der Küche, nicht aber Anhänger der Kampagne seien. Im Übrigen hätten die Klägerinnen der Polizei zugesagt, den Landkreis zu verlassen. Auf Weisungen der Kampagne hätten sie nicht gewartet; etwas anderes ergebe sich nicht aus der Aussage eines Fahrers der Betreiber der Küche, er kenne das Fahrtziel nicht.
11 
Die Klägerinnen beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - zu ändern und festzustellen, dass die mit Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 16.10.2000/18.10.2000 verfügte Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge und des Anhängers mit den amtlichen Kennzeichen BZ-41-ZW (NL), FR-CK 581 und FR-JP 985 und des Inhalts dieser Fahrzeuge rechtswidrig war.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufungen zurückzuweisen.
15 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt des Weiteren aus: Die Klagen seien auch unbegründet. Die Zuständigkeit des Landratsamts gründe sich auf die Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG. Seit Beginn der Auftaktkundgebung sei eine sehr komplexe polizeiliche Aufgabe wahrgenommen worden; dabei dürften auch polizeitaktische Aspekte nicht zurückstehen. Folglich dürfe der zuständigkeitsbegründende Begriff der „Gefahr im Verzug“ nicht eng ausgelegt werden. Nach der im damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsamen Einschätzung habe die Gefahr bestanden, dass sich eine Störung i. S. von § 33 PolG bei allernächster Gelegenheit wieder realisieren werde; die damalige Sicht, dass ein rechtzeitiges Tätigwerden der an sich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar sei, sei rückblickend nicht zu beanstanden. Auch die materielle Gefahreneinschätzung sei, wie schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt habe, zutreffend gewesen. Im übrigen treffe es nicht zu, dass sich die Klägerinnen rechtzeitig vor der Beschlagnahme von den Veranstaltern der Aktionstage distanziert hätten. Vielmehr hätten sie noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Zusicherung, sich nicht mehr an vergleichbaren Aktionen unterstützend zu beteiligen, ausdrücklich abgelehnt.
16 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 3227/00 – stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf die Klage eines Zeltlagerbewohners fest, dass der am 16.10.2000 ergangene Platzverweis und die Räumungsverfügung aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen sei, da das Landratsamt Karlsruhe als sachlich unzuständige Behörde gehandelt habe.
17 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den damaligen Einsatzleiter der Polizei, Herrn Polizeidirektor Trunk, informatorisch als amtliche Auskunftsperson angehört. Wegen des wesentlichen Inhalts seiner Aussagen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (4 K 2981/00) und im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung (4 K 3227/00) - verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
47 
Rechtsmittelbelehrung
48 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
49 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
50 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
52 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG, BGBl. I, 2004, 718).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
10 
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
11 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 5415/07 - geändert.

Es wird festgestellt, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes unter Androhung der Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
Am 16.03.2007 waren Kräfte des Spezialeinsatzkommandos der Polizei des Landes Baden-Württemberg - im Folgenden: SEK - bei einem Gefangenentransport in Schwäbisch Hall eingesetzt. Das SEK hatte den Auftrag, den der gewerbsmäßigen Geldwäsche beschuldigten mutmaßlichen Sicherheitschef der russischen Gruppierung organisierter Kriminalität Ismajlovskaja - sog. russische Mafia -, der am 18.08.2006 in einem Stuttgarter Hotel verhaftet worden war und seither in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall in Untersuchungshaft einsaß, bei einer Augenarztpraxis in der Schwäbisch Haller Fußgängerzone vorzuführen. Gegen 9:45 Uhr wurde der Untersuchungsgefangene mit einem zivilen Sicherheitsfahrzeug in Begleitung von zwei weiteren sondergeschützten Dienst-Kfz des SEK zu der Augenarztpraxis in der ... ... ... verbracht. Die Einsatzfahrzeuge parkten im unmittelbaren Nahbereich vor der Arztpraxis. Zwei Beamte begleiteten den Untersuchungsgefangenen in die Praxis, der Einsatzleiter verblieb im Eingangsbereich zu dem Gebäude, um von dort aus den Personenverkehr zu kontrollieren. Zwei weitere Einsatzkräfte waren bei den Fahrzeugen. Ein Beamter war auf der gegenüberliegenden Straßenseite positioniert. Die zivil gekleideten Beamten führten ihre Mannwaffen bei sich, der Einsatzleiter zusätzlich eine Maschinenpistole. Gegen 10.30 Uhr meldeten die Innenkräfte, dass die Untersuchung in ungefähr zehn Minuten abgeschlossen sei. Kurz darauf näherten sich dem Einsatzleiter zwei bei der Klägerin beschäftigte Journalisten - ein Fotoreporter und ein Volontär -, wiesen sich als Pressevertreter aus und befragten ihn nach Grund und Details des Polizeieinsatzes. Der Einsatzleiter gab an, dass ein Gefangener der Justizvollzugsanstalt beim Arzt vorgeführt werde und verwies die Journalisten bezüglich näherer Auskünfte an die Pressestelle der Justizvollzugsanstalt oder der Polizeidirektion. Nachdem der Fotoreporter daraufhin dazu ansetzte, Bilder von den Dienstfahrzeugen und den eingesetzten Beamten anzufertigen, wurde er vom Einsatzleiter dazu aufgefordert, das Fotografieren zu unterlassen. Begründet wurde dies damit, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen nicht abgelichtet werden sollten. Als die Journalisten auf ihrem Rechercherecht beharrten, drohte der Einsatzleiter nach Darstellung der Klägerin die Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials an. Nach Darstellung des Beklagten wies der Einsatzleiter lediglich darauf hin, dass bei Zuwiderhandlung eine Beschlagnahme des Filmmaterials über die Dienststelle geprüft werden könne. Darauf nahmen die Journalisten von ihrem Vorhaben Abstand, entfernten sich in Richtung Marktplatz und beobachteten das weitere Geschehen aus etwa 20 Metern Entfernung. Kurz darauf wurde der Untersuchungsgefangene von den Beamten des SEK aus der Arztpraxis geführt und zurück in die Justizvollzugsanstalt gebracht.
Am 17.03.2007 erschien ein Wortbericht über den Polizeieinsatz in der Tageszeitung der Klägerin.
Nach einem ergebnislosen Schriftwechsel mit dem Leiter des Bereitschaftspolizeipräsidiums, der darauf hingewiesen hatte, dass die Veröffentlichung von Bildern ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich gezogen hätte, hat die Klägerin am 12.10.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Einsatzleiter habe die Beschlagnahme der Kamera des Fotoreporters konkret und eindringlich mit den Worten „Wenn Sie fotografieren, beschlagnahme ich die Kamera“ oder „Wenn Sie fotografieren, ist die Kamera weg“ angedroht. Die Untersagung von Bildaufnahmen unter Androhung der Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials sei ein rechtswidriger Eingriff in die Pressefreiheit. Es handele sich um Verwaltungsakte, die durch Zeitablauf erledigt seien, doch bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil es wieder zu Polizeieinsätzen kommen könne, die die öffentliche Aufmerksamkeit erregten. Wegen der Polizeifestigkeit des Presserechts könnten die Maßnahmen schon grundsätzlich nicht auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden. Zudem lägen deren Voraussetzungen nicht vor, weil die Maßnahmen weder zur Verhinderung einer Straftat noch zum Schutz privater Rechte Dritter erforderlich gewesen seien. Eine Gefahr für eine Einrichtung des Staates, namentlich für die Funktionsfähigkeit des SEK, habe nicht bestanden. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach den §§ 22 ff., 33 KunstUrhG der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten wäre durch das beabsichtigte Fotografieren nicht erfolgt und sei auch nicht zu befürchten gewesen. Die Beamten wären vor einer Veröffentlichung durch Fotobearbeitung unkenntlich gemacht worden. Einer Bitte des Einsatzleiters, die Bilder strikt zu anonymisieren, wäre Folge geleistet worden. In der Bildberichterstattung liege keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Einsatz habe Aufsehen erregt und sei spektakulär verlaufen. Der Einsatzleiter habe seine Maschinenpistole nur halb verborgen unter dem Mantel getragen. Es sei nicht Sache des Beklagten zu entscheiden, was berichtenswert sei. Der Beklagte habe die Klägerin nicht an der Informationsbeschaffung und an der Recherchetätigkeit hindern dürfen. Die Beamten des SEK seien relative Personen der Zeitgeschichte i. S. von § 23 KunstUrhG. Indem die beiden Journalisten sich gegenüber dem Einsatzleiter sofort ordnungsgemäß als Pressevertreter zu erkennen gegeben hätten, hätten sie deutlich gemacht, dass sie sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst seien. Nur wenn das Verhalten der Journalisten Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit hätte aufkommen lassen, wären polizeiliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen gewesen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt vor, der Einsatzleiter habe weder eine Beschlagnahme des Films angedroht noch eine Polizeiverfügung dergestalt erlassen, dass er ein polizeiliches Fotografierverbot angeordnet habe. Mangels Verwaltungsakts sei die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Sollte vom Einsatzleiter ein Fotografierverbot ausgesprochen worden sein, wäre dieses rechtmäßig gewesen. Der Einsatzleiter sei hierfür zuständig und das Verbot materiell-rechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Nach einer Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg habe jederzeit damit gerechnet werden müssen, dass während der Dauer des SEK-Einsatzes Angriffe erfolgten, etwa ein Befreiungsversuch unternommen werde. Bei der Durchführung des Auftrags habe eine erhöhte Gefahr für die in Zivil gekleideten Beamten bestanden. Es habe sichergestellt werden müssen, dass durch das Fotografieren keine Aufmerksamkeit auf den Einsatz gelenkt werde, die Beamten von ihrem Auftrag nicht abgelenkt würden und sich die Pressevertreter bei einer eventuellen Überraschungsaktion nicht im Gefahrenbereich aufhielten. Ansonsten hätte die gegenwärtige Gefahr bestanden, dass der Erfolg des Einsatzes gefährdet oder vereitelt worden wäre. Die Bitte, nicht zu fotografieren, die auch dem Schutz der Pressevertreter gedient habe, sei geeignet und verhältnismäßig gewesen. Sie sei auch zur Verhinderung einer Straftat rechtmäßig gewesen, denn die Aufnahme und Veröffentlichung von Bildern der am Einsatz beteiligten Beamten hätte gegen §§ 22 ff., 33 KunstUrhG verstoßen. Eine Einwilligung zur Herstellung und/oder öffentlichen Zurschaustellung ihrer Bildnisse sei von den eingesetzten Beamten nicht erteilt worden und ein Ausnahmetatbestand des § 23 KunstUrhG habe nicht vorgelegen. Polizeibeamte im Einsatz seien keine relativen Personen der Zeitgeschichte. Ein besonderer Informationswert für die Öffentlichkeit an den eingesetzten Beamten habe nicht bestanden. Nach der konkreten örtlichen Situation hätte es sich bei den beabsichtigten Aufnahmen lediglich um Portrait-, jedenfalls aber um Nahaufnahmen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten handeln können. Ein spezifisches Informationsinteresse an derartigen Aufnahmen habe nicht bestanden. Es habe sich nicht um einen spektakulären Einsatz von mehreren schwer bewaffneten Beamten gehandelt. Alle Beamten hätten Zivilkleidung getragen. Die Maschinenpistole sei verborgen mitgeführt worden. Mangels eines spektakulären Einsatzes wären auch Übersichtsaufnahmen oder ähnliche Fotografien nicht zulässig gewesen. Die Herstellung eines Bildnisses stelle eine Vorbereitungshandlung zu seiner Verbreitung dar. Das durch Pressefotografie hergestellte Bildmaterial sei nicht nur einem nichtöffentlichen Personenkreis zugänglich. Durch den Pressefotografen der Klägerin seien in der Vergangenheit mehrfach Fotografien veröffentlicht worden, auf denen Polizeibeamte ohne Einwilligung erkennbar wiedergegeben worden seien, ohne dass ein Ausnahmetatbestand nach § 23 KunstUrhG vorgelegen hätte. Die von der Presse allenfalls verwendeten Augenbalken schlössen eine Identifizierung der abgebildeten Personen nicht aus. Vollständig anonymisiertes Bildmaterial sei für die Presse auch ungeeignet. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Beamten einen speziellen Einsatz durchgeführt hätten, der durch ein besonders hohes Gefährdungspotenzial gekennzeichnet gewesen sei. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich die kriminelle Organisation, deren mutmaßlicher Sicherheitschef der Untersuchungsgefangene gewesen sei, Bildnisse der eingesetzten Beamten beschaffe, die Beamten identifiziere und diese damit der sehr erheblichen Gefahr von Racheakten oder Erpressungsversuchen ausgesetzt seien. Im Fall der sog. russischen Mafia sei dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Die Folgen einer Identitätsaufdeckung seien unumkehrbar. Damit stünden berechtigte Interessen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten der Anfertigung und Zurschaustellung der Bildnisse entgegen. Die Bitte, keine Fotografien anzufertigen, sei auch zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der eingesetzten Beamten erforderlich und angemessen gewesen. Der konkrete Geschehenshergang rechtfertige das Fotografierverbot ferner zum Schutz des Untersuchungsgefangenen wie auch zufällig anwesender Dritter. Die Polizeifestigkeit des Presserechts beziehe sich auf den Inhalt eines Presseerzeugnisses. Darum gehe es hier aber nicht.
Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008 hat dieser das Fotografierverbot ausschließlich darauf gestützt, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen, nicht abgelichtet werden sollten.
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den Maßnahmen des Einsatzleiters gegen die Mitarbeiter der Klägerin um Verwaltungsakte handele oder nicht, sei die Klage zulässig. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die getroffenen Maßnahmen seien durch die polizeiliche Generalklausel gedeckt. Der Einsatzleiter sei zum Schutz der Individualrechtsgüter Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten sowie des Untersuchungsgefangenen tätig geworden. Er habe in der konkreten Situation ex ante davon ausgehen dürfen, dass die konkrete Gefahr eines Anschlags auf den Untersuchungsgefangenen bestanden oder dessen gewalttätige Befreiung gedroht habe und durch die Anwesenheit der Pressevertreter im Gefahrenbereich sowie die Anfertigung von Fotografien durch diese die Durchführung solcher Aktionen begünstigt würde mit der Folge, dass die Gefahr für Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten, des Untersuchungsgefangenen, der Pressevertreter und auch Schaulustiger erheblich gestiegen wäre. Weiter habe der Einsatzleiter davon ausgehen dürfen, dass bereits durch die Anfertigung von Fotografien die Funktionsfähigkeit des SEK konkret gefährdet werde. Schließlich sei der Einsatzleiter zu Recht auch zum Schutz der Rechte der mutmaßlich abgebildeten Beamten am eigenen Bild tätig geworden, denn aufgrund der konkreten Umstände hätten die Anfertigung und die Veröffentlichung von Bildern gegen §§ 22, 23, 33 KunstUrhG verstoßen. Die getroffenen polizeilichen Maßnahmen seien geeignet, erforderlich und angemessen gewesen. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit habe nicht vorgelegen. Der Einwand der Polizeifestigkeit des Presserechts verfange nicht. Die Vorschriften des allgemeinen Polizeirechts würden durch die speziellen, dem Schutz der Presse dienenden Normen des Presserechts nur dann verdrängt, wenn es sich um Reaktionen wegen des Inhalts von Presseerzeugnissen handele. Ausgeschlossen seien alle präventiven ordnungsbehördlichen und polizeilichen Maßnahmen, die sich gegen den Inhalt eines Presseerzeugnisses richteten. Hier habe der Beklagte aber keinen Zugriff auf ein Presseprodukt genommen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 - 1 S 441/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie könne nicht abschließend beurteilen, inwieweit die reale Gefahr eines Anschlags zu dem damaligen Zeitpunkt bestanden habe, sei es mit dem Ziel, den Untersuchungsgefangenen zu befreien, sei es mit dem Ziel, ihn sozusagen zum Schweigen zu bringen. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass durch das Anfertigen von Fotografien die Gefahr eines Anschlags erhöht worden wäre. Bereits die Anwesenheit des SEK habe für erhebliches Aufsehen gesorgt, insbesondere auch wegen der Bewaffnung des Einsatzleiters mit einer Maschinenpistole. Es sei unzutreffend, dass der Einsatz erst durch das Hinzutreten des Pressefotografen öffentliches Aufsehen erregt hätte. Die Gefahr einer Enttarnung der SEK-Beamten aufgrund der Anfertigung von Fotografien habe nicht bestanden. Das Verwaltungsgericht habe diese Annahme auch überhaupt nicht begründet. Es habe den Kernbereich der Pressefreiheit verkannt. Eine Rechtsgrundlage für die Untersagung der Bildaufnahmen sei nicht ersichtlich. § 1 Abs. 3 LPresseG verbiete Sondermaßnahmen jeder Art, welche die Pressefreiheit beeinträchtigten. Dabei reiche die Pressefreiheit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Die fehlende Anwendbarkeit des Polizeirechts folge aus § 6 Satz 1 LPresseG, der vorschreibe, dass die Presse vor der Veröffentlichung der von ihr recherchierten Informationen zu eingehender nochmaliger Prüfung verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass Recherche und Veröffentlichung nicht gleichzusetzen seien, sondern dass es zu den originären Aufgaben der Presse gehöre, den Inhalt des Presseerzeugnisses vor dessen Verbreitung sorgfältig auf Herkunft und Wahrheitsgehalt sowie den Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen hin zu überprüfen. Es sei dem Beklagten im Hinblick auf die von der Presse vor einer Veröffentlichung vorzunehmende Überprüfung hinsichtlich des Schutzes überwiegender öffentlicher oder privater Interessen verwehrt, der Presse bereits die Recherche zu versagen. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel ausgehe, habe es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für deren Anwendung gefehlt. Es habe keine polizeiliche Gefahr bestanden. Zudem seien die beiden Journalisten, die sich rechtmäßig vor Ort aufgehalten hätten, Nichtstörer. Hätte die Russenmafia den Untersuchungsgefangenen tatsächlich gewaltsam befreien wollen, wäre dies durch die Anwesenheit der beiden Pressevertreter weder erleichtert noch erschwert worden. Es gebe keinen Erfahrungssatz, der besage, dass die Anwesenheit von Pressevertretern die Gefährdung umstehender Menschen erhöhe. Ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz habe nicht gedroht. Nach § 33 KunstUrhG mache sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG ein Bildnis verbreite oder öffentlich zur Schau stelle. Nach § 22 KunstUrhG dürften Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. § 33 KunstUrhG sei hier jedoch bereits deswegen nicht einschlägig, weil nur die Anfertigung, nicht aber die Verbreitung befürchtet worden sei. Allein aus der Tatsache, dass der Einsatz überhaupt fotografiert werden sollte, habe nicht darauf geschlossen werden dürfen, dass die angefertigten Bilder alsbald entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG veröffentlicht und somit eine Straftat gemäß § 33 KunstUrhG begangen werden sollte. Im Hinblick auf die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung sei vielmehr grundsätzlich von der Rechtstreue eines Pressefotografen auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - zu ändern und festzustellen, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die getroffenen Maßnahmen seien aus der maßgeblichen ex ante-Sicht zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamten, der Journalisten, etwaiger angelockter Zuschauer sowie des damaligen Untersuchungsgefangenen und ferner zum Schutze der Funktionsfähigkeit des SEK sowie zum Schutz des Rechts am eigenen Bild der eingesetzten Beamten geeignet, erforderlich und angemessen gewesen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
26 
2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
27 
3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
26 
2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
27 
3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
10 
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
11 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass die Beschlagnahme ihrer Fahrzeuge samt Ladung rechtswidrig war.
Im Vorfeld des für den 18.10.2000 geplanten Brennelemente-Transportes (sog. „Castor-Transport“) vom Kernkraftwerk Philippsburg in die Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague riefen Kernkraftgegner der Kampagne „x 1000 mal quer“ zu verschiedenen Demonstrationen und Aktionen mit dem Ziel auf, den vorgesehenen Transport - auch durch Blockaden - zu verhindern. Am 15.10.2000 fand in Phillipsburg eine Auftaktdemonstration mit ca. 1000 Teilnehmern statt, von denen einige dem Aufruf folgten, bis zum 18.10.2000 in der Nähe des Kernkraftwerks zu verbleiben. Zu diesem Zweck hatte die Initiative „x 1000 mal quer“ auf einem Wiesengrundstück im Ortsteil Oberhausen der benachbarten Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen in ca. 7 km Entfernung vom Kernkraftwerk ein Camp errichtet. Bis zum Mittag des 16.10.2000 wurden dort zwei größere Rundzelte, mehrere Versorgungs- und Küchenzelte und ca. 40 Iglu-Zelte aufgebaut sowie vier Toilettenhäuschen aufgestellt; ca. 150 Personen hielten sich dort auf. Die Klägerin zu 1), eine in einem niederländischen Register eingetragene Vereinigung, die sich als „Kochkollektiv“ bezeichnet, war für den Betrieb der Küche und die Versorgung des Zeltlagers mit Lebensmitteln zuständig; dabei wurde sie von der Klägerin zu 2) unterstützt, die die Küche „Maulwurf“ betreibt.
Am 16.10.2000 gegen 15:10 h forderte das Landratsamt Karlsruhe die Bewohner des Zeltlagers auf, die Zelte sofort abzubrechen und sich zu entfernen. Der Sofortvollzug von Platzverweis und Räumungsverfügung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbeachtung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht. Außerdem wurde das Verbot ausgesprochen, an anderer Stelle ein Zeltlager zu errichten.
Nach dem Abbau der Rundzelte und des Küchenzelts wurden diese zusammen mit den Koch- und Kücheneinrichtungen und den Lebensmitteln auf das Fahrzeug der Klägerin zu 1) (niederländisches Kennzeichen: BZ-41-ZB) und auf das Fahrzeug und den Anhänger der Klägerin zu 2) (amtliche Kennzeichen: FR-CK 581, FR-JP 985) sowie ein weiteres Fahrzeug verladen. Die Küchenfahrzeuge verließen das Grundstück nach 19:00 h und legten, von der Polizei überwacht, auf der B 36 in Richtung Karlsruhe eine Strecke von ca. 5 km zurück. Dort wurden die Fahrzeuge gestoppt, beschlagnahmt und zur Salm-Kaserne in Philippsburg gebracht. Den Eigentümern wurde angeboten, dass sie jedenfalls über ein Fahrzeug verfügen könnten, wenn dieses entladen werde; das dritte Fahrzeug wurde daraufhin entladen und sodann freigegeben, während die Fahrzeuge der Klägerinnen auf dem Kasernengelände verblieben. Am folgenden Tag wurden die Fahrzeuge samt Anhänger sowie die Lebensmittel an die Klägerinnen herausgegeben, während die Beschlagnahme der Küchengerätschaften aufrechterhalten blieb.
Mit einer an die Eigentümer bzw. die Besitzer der Fahrzeuge adressierten Verfügung vom 18.10.2000 wurde die Beschlagnahme der Fahrzeuge samt der logistischen Beladung schriftlich bestätigt (Ziff. 1) und der Sofortvollzug angeordnet (Ziff. 3).; in Ziff. 2 wurde bestimmt, dass über die Fahrzeuge frei verfügt werden kann, sofern die Beladung abgeladen wird. Zur Begründung wurde auf § 33 PolG verwiesen und ausgeführt, dass die Beschlagnahme zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung erforderlich sei. Mit dem Zeltlager sei eine wesentliche infrastrukturelle Basis und Voraussetzung für eine längere Unterbringung vieler Personen geschaffen worden, mit der die Bewegung über eine Plattform verfüge, um angekündigte kollektive Rechtsbrüche zu organisieren; so hätten einige Camp-Bewohner bereits an rechtswidrigen Aktionen teilgenommen. Das Camp habe offensichtlich zu einer logistischen Zentrale des Widerstands mit einer Kapazität von mehreren tausend Menschen ausgebaut werden sollen; es sei geräumt worden, um massenhafte Rechtsbrüche zu verhindern. Schließlich sei auch einer allgemeinen hygienischen bzw. Seuchengefahr begegnet worden. Nach der Auflösung des Camps und Verladung der Kücheneinrichtungsgegenstände auf die später beschlagnahmten Fahrzeuge habe der Betreiber der Küche auf die Frage nach dem nächsten Anfahrtsziel angegeben, „dass er dies noch nicht wisse, er werde von seinen Auftraggebern … noch in die nächste Örtlichkeit eingewiesen“. Deshalb sei davon auszugehen, dass an anderer Stelle im Landkreis Karlsruhe ein neues Camp errichtet werden solle. Die Beschlagnahme sei geeignet und erforderlich, um den Zweck zu erreichen, weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit aus einem Camp heraus wirksam und dauerhaft zu unterbinden. Darüber hinaus sei sie auch angemessen gewesen, da das Interesse der Besitzer der Gerätschaften zurückzutreten habe.
Gegen die Beschlagnahmeverfügung erhoben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.10.2000 Widerspruch. Ihre Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, soweit er die beschlagnahmten Gerätschaften betraf, wurde vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2981/00 - abgelehnt.
Mit Verfügung vom 06.11.2000 hob das Landratsamt Karlsruhe die Beschlagnahme der mit Verfügung vom 18.10.2000 beschlagnahmten Gerätschaften und der sonstigen Ladung auf, soweit diese nicht schon herausgegeben worden war.
Am 06.08.2001 haben die Klägerinnen Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich zum einen aus der Wiederholungsgefahr; denn selbst wenn keine Transporte mehr stattfänden, sei jedenfalls mit Aktionen gegen die geplante Einrichtung eines Interims- und Zwischenlagers in Philippsburg zu rechnen. Zum anderen könne sich die Klägerin zu 1) auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen, da im „Limburgs Dagblad“, einer niederländischen Tageszeitung, über die Beschlagnahme der Küche berichtet worden sei. Schließlich müsse es den Klägerinnen möglich sein, die Rechtswidrigkeit einer Beschlagnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledige, gerichtlich klären zu lassen; die Möglichkeit vorläufigen Rechtsschutzes sei hierfür nicht ausreichend. In der Sache haben die Klägerinnen die Auffassung vertreten, dass die angefochtene Beschlagnahmeverfügung bereits formell rechtswidrig gewesen sei. Das Landratsamt Karlsruhe sei für den Erlass der Beschlagnahme auf polizeirechtlicher Grundlage nicht zuständig gewesen; insbesondere die Voraussetzungen einer Eilzuständigkeit gem. § 67 Abs. 1 PolG hätten nicht vorgelegen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Verfügung rechtswidrig gewesen. Das Camp habe mit den geplanten Aktionen eine untrennbare Einheit gebildet; demnach sei Art. 8 Abs. 1 GG einschlägig, da das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die Vorschriften des Versammlungsgesetzes das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Personen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsäußerung und Meinungsbildung schütze. Von einem solchen inneren Zusammenhang sei auch die Beschlagnahmeverfügung ausgegangen. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme habe nicht mehr von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das aufgelöste Zeltlager ausgegangen werden können; die Aussage des Küchenbetreibers, er kenne das nächste Anfahrtsziel nicht, rechtfertige nicht die Annahme, an anderer Stelle könnte ein neues Camp errichtet werden.
Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klagen - dem Antrag des Beklagten folgend - als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Klägerinnen hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung nicht dargelegt. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben, da sich keine konkreten Anhaltspunkte abzeichnen, dass ähnliche Demonstrationen in Philippsburg in absehbarer Zeit durchgeführt würden. Denn die Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk nach La Hague seien mittlerweile abgeschlossen, und künftig würden die Brennelemente in Interims- und Zwischenlagern auf dem Gelände des Kraftwerks in Philippsburg untergebracht. Allein die Möglichkeit, dass auch gegen diese Art der Lagerung Demonstrationen mit entsprechender Infrastruktur durchgeführt würden, sei zu ungewiss und zu wenig konkret und demnach nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu begründen; es sei nämlich nicht erkennbar, dass auch diese Aktionen ähnlichen Zulauf und Interesse erwecken würden, da die Fortführung des Betriebs des Kernkraftwerks in Philippsburg anders als im Oktober 2000 nicht in Frage stehe. Außerdem sei die Behördenentscheidung aufgrund des Einzelfalls ergangen und es sei nicht wahrscheinlich, dass das Landratsamt in Zukunft in vergleichbarer Weise gegen Versammlungsteilnehmer vorgehen wird. Ein Rehabilitierungsinteresse stehe den Klägerinnen ebenfalls nicht zu. Es könne weder festgestellt werden, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge und der Küchengegenstände selbst für die Klägerinnen eine diskriminierende Wirkung gehabt hätte, noch dass die Berichterstattung darüber in der lokalen und überregionalen Presse und einer niederländischen Zeitung geeignet gewesen sei, der Öffentlichkeit ein falsches oder gar ehrenrühriges Bild von den Klägerinnen zu vermitteln. Ein besonderes rechtliches Interesse sei auch nicht durch die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerinnen in Verbindung mit der Rechtsweggarantie des Art.19 Abs. 4 GG anzunehmen. Die Beschlagnahme stelle keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung dar; dabei kämen tiefgreifende Grundrechtseingriffe insbesondere bei jenen Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz vorbeugend dem Richter vorbehalte. Eine vergleichbare Belastung der Klägerinnen sei nicht zu erkennen; sie seien durch die Beschlagnahme nicht in einem Grundrecht betroffen, das dem Schutz der persönlichen Sphäre oder der menschlichen Würde diene. Letztlich sei die den Klägerinnen eingeräumte Rechtsschutzmöglichkeit ausreichend gewesen. Der zeitliche Ablauf zeige, dass die Klägerinnen Gelegenheit gehabt hätten, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen; eine Beschwerde gegen den im Eilverfahren ergangenen Beschluss wäre bis zur Erledigung der Beschlagnahme noch möglich gewesen.
10 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.10.2004 - 1 S 1512/04 - zugelassenen Berufungen vertiefen die Klägerinnen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor: Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entspreche dem berechtigten Interesse gem. § 43 VwGO und sei nicht an zu strenge Voraussetzungen zu knüpfen. Bei kurzfristiger Erledigung von Verwaltungsmaßnahmen folge es aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, der zur Vermeidung rechtsfreier Räume bei der Verletzung eines jeglichen subjektiven Rechts mindestens eine gerichtliche Instanz im Hauptsacheverfahren garantiere. Jedenfalls sei bezüglich der Klägerin zu 1) ein tiefgreifender Grundrechtseingriff deshalb gegeben, weil sie als Betreiberin der Küche durch die Beschlagnahme in ihrer Berufsausübung betroffen sei. Außerdem liege ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerinnen vor, der nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil mögliche Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht würden. Darüber hinaus sei ein Rehabilitierungsinteresse zu Unrecht abgelehnt worden, denn jeder Pressebericht über polizeiliche Maßnahmen zu Lasten einzelner habe in gewisser Weise einen diskriminierenden Charakter, weil es die Öffentlichkeit - ungeachtet der Wertung im Presseartikel - für möglich halten könne, dass der Betroffene Störer sei. Die Klagen seien auch begründet. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde sei für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung nicht zuständig gewesen; auf eine Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG könne sich das Landratsamt nicht berufen. Die Beschlagnahme habe im Zusammenhang mit der Auflösung des Camps gestanden. Die Ortspolizeibehörde hätte schon zu diesem Zeitpunkt informiert werden können und auch müssen; die unzuständige Behörde könne sich in einem solchen Fall nicht mehr auf eine Eilkompetenz berufen, wenn dies unterblieben sei und zu einem späteren Zeitpunkt das Tätigwerden der zuständigen Behörde nicht mehr erreichbar erscheine. Dies gelte umso mehr als die Beschlagnahme bereits zuvor erwogen, aber nur aus polizeitaktischen Gründen zurückgestellt worden sei. Auch materiell-rechtlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig gewesen. Zur Beseitigung bereits eingetretener Störungen sei sie nicht erforderlich gewesen, denn das Camp sei bereits aufgelöst und die Küche verladen gewesen. Eine unmittelbar bevorstehende Störung durch den Aufbau eines neuen Camps an anderer Stelle sei nicht belegt. Auch könnten Einschätzungen, die für die Kampagne „x 1000 mal quer“ zutreffend sein mögen, nicht auf die Klägerinnen übertragen werden, da sie lediglich Eigentümerinnen der Küche, nicht aber Anhänger der Kampagne seien. Im Übrigen hätten die Klägerinnen der Polizei zugesagt, den Landkreis zu verlassen. Auf Weisungen der Kampagne hätten sie nicht gewartet; etwas anderes ergebe sich nicht aus der Aussage eines Fahrers der Betreiber der Küche, er kenne das Fahrtziel nicht.
11 
Die Klägerinnen beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 18. November 2003 - 4 K 1967/01 - zu ändern und festzustellen, dass die mit Bescheid des Landratsamts Karlsruhe vom 16.10.2000/18.10.2000 verfügte Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge und des Anhängers mit den amtlichen Kennzeichen BZ-41-ZW (NL), FR-CK 581 und FR-JP 985 und des Inhalts dieser Fahrzeuge rechtswidrig war.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Berufungen zurückzuweisen.
15 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts und führt des Weiteren aus: Die Klagen seien auch unbegründet. Die Zuständigkeit des Landratsamts gründe sich auf die Eilkompetenz gem. § 67 Abs. 1 PolG. Seit Beginn der Auftaktkundgebung sei eine sehr komplexe polizeiliche Aufgabe wahrgenommen worden; dabei dürften auch polizeitaktische Aspekte nicht zurückstehen. Folglich dürfe der zuständigkeitsbegründende Begriff der „Gefahr im Verzug“ nicht eng ausgelegt werden. Nach der im damaligen Zeitpunkt nicht offensichtlich fehlsamen Einschätzung habe die Gefahr bestanden, dass sich eine Störung i. S. von § 33 PolG bei allernächster Gelegenheit wieder realisieren werde; die damalige Sicht, dass ein rechtzeitiges Tätigwerden der an sich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar sei, sei rückblickend nicht zu beanstanden. Auch die materielle Gefahreneinschätzung sei, wie schon das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt habe, zutreffend gewesen. Im übrigen treffe es nicht zu, dass sich die Klägerinnen rechtzeitig vor der Beschlagnahme von den Veranstaltern der Aktionstage distanziert hätten. Vielmehr hätten sie noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Zusicherung, sich nicht mehr an vergleichbaren Aktionen unterstützend zu beteiligen, ausdrücklich abgelehnt.
16 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2001 – 4 K 3227/00 – stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf die Klage eines Zeltlagerbewohners fest, dass der am 16.10.2000 ergangene Platzverweis und die Räumungsverfügung aus formellen Gründen rechtswidrig gewesen sei, da das Landratsamt Karlsruhe als sachlich unzuständige Behörde gehandelt habe.
17 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den damaligen Einsatzleiter der Polizei, Herrn Polizeidirektor Trunk, informatorisch als amtliche Auskunftsperson angehört. Wegen des wesentlichen Inhalts seiner Aussagen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren sowie auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten - auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (4 K 2981/00) und im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Räumungsverfügung (4 K 3227/00) - verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
18 
Der Schriftsatz der Klägerinnen vom 15.04.2005 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
19 
Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch behördliche Aufhebung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 09.02.1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 <165>) und auch im übrigen zulässig.
21 
Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <206 ff.>); der zwischen Erledigung und Einreichung der Klagen verstrichene Zeitraum von lediglich 9 Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (siehe hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1660/00 -, NJW 2003, 1514 <1515>). Als Adressaten des streitigen Verwaltungsakts sind die Klägerinnen klagebefugt.
22 
Schließlich können sich die Klägerinnen auf das notwendige Feststellungsinteresse stützen. Dieses ist in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es nicht darum geht, den in einem bereits angestrengten Anfechtungsprozess getätigten Aufwand weiterhin zu nutzen, mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 <228>; Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203 <209>) und umfasst anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 06.02.1986 - 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1 <4>).
23 
Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr, die ein rechtliches Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu begründen geeignet wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Ein ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung ist hier indessen zu bejahen.
24 
Die Klägerinnen berufen sich hier zunächst auf ein Rehabilitierungsinteresse wegen diskriminierender Wirkung der behördlichen Maßnahme. Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht hierfür allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne aber nicht automatisch folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6). Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1980 - 7 C 18.79 -, BVerwGE 61, 164 <166>; Urteil vom 19.03.1992 - 5 C 44.87 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 244; Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.1989 - 1 S 722/88 -, NVwZ 1990, 378). Ob die Klägerinnen in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.04.1999 - 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, m.w.N.) in diesem Sinne noch merkliche ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Bereich plausibel dargetan haben, erscheint fraglich, kann hier aber dahinstehen. Denn ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art ist nicht auf eine Rehabilitation im engem Sinn beschränkt; unter Beachtung verfassungsrechtlicher Garantien ist das Rechtsschutzinteresse bei in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen nicht nur dann gegeben, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, eine fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen.
25 
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein schutzwürdiges ideelles Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nicht nur in Fällen in Betracht kommt, in denen abträgliche Nachwirkungen der erledigten Verwaltungsmaßnahme fortbestehen. Vielmehr kann auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordern, das Feststellungsinteresse anzuerkennen. Hierzu zählen namentlich Feststellungsbegehren, die polizeiliche Maßnahmen zum Gegen-stand haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.1999 - 1 C 12.97 -, NVwZ 1999, 991; Urteil vom 29.04.1997 - 1 C 2.95 -, NJW 1997, 2543, jeweils m.w.N.; Urteil des erkennenden Senats vom 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, VBlBW 2005, 138 <139>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung - nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade im Hauptsacheverfahren - in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Diese Rechtsprechung ist zwar anlässlich der Fälle sogenannter prozessualer Überholung bei Eingriffen unter Richtervorbehalt entwickelt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, BVerfGE 104, 220 <233>, m.w.N.), aber nicht hierauf beschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Kammerbeschluss vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292>; vom 22.02.2002 - 1 BvR 300/02 -, NJW 2002, 2225).
26 
Anknüpfend an diese Grundsätze ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen. Eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 GG können die Klägerinnen zwar nicht geltend machen; dies folgt - auch unabhängig von der rechtlichen Einordnung des aufgelösten Zeltlagers und den Vorwirkungen der Versammlungsfreiheit - schon aus dem persönlichen Schutzbereich des Grundrechts, das auch auf inländische juristische Personen i.S. von Art. 19 Abs. 3 GG nur in deren Eigenschaft als Veranstalter Anwendung finden kann (vgl. Schulze-Fielitz in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 8 Rn. 56). Auch kann sich die Klägerin zu 1 als ausländische juristische Person nicht ohne weiteres auf die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen; hier bedürfte es ggfs. eines Rückgriffs auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, um zu einer grundrechts- und rechtsschutzbezogenen Gleichbehandlung zu gelangen (siehe hierzu Wieland in: Dreier , GG, Band I, 2. Aufl. 2004, Art. 12 Rn. 72 m.N.). Ob der zeitweilige Entzug der Nutzung ihrer Gerätschaften und Fahrzeuge nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung einen tiefgreifenden bzw. gewichtigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, mag - insbesondere angesichts der nur kurzen Dauer der Beschlagnahme - zweifelhaft erscheinen.
27 
Diese grundrechtsdogmatischen Überlegungen sind indessen im Ergebnis nicht ausschlaggebend, denn eine solchermaßen isolierte Betrachtungsweise wird nach Ansicht des Senats der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Eine spezifische Grundrechtsverletzung wird, soweit von einer fortwirkenden Rechtsbeeinträchtigung abgesehen werden soll, in der Regel zu Recht gefordert, da anderenfalls wegen der durch Art. 2 Abs. 1 GG umfassend grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre des Bürgers für die besonderen Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei erledigtem Verwaltungshandeln letztlich kein Raum mehr bliebe (vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz-Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 245). Einem Rechtsstreit kann aber - bei Wahrung dieser Grundentscheidung - auch dann eine solche Bedeutung zukommen, dass unter rechtsstaatlichen Aspekten ein großzügiger Zugang zur gerichtlichen Kontrolle angezeigt erscheint, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist. Dies ist hier der Fall. Denn die geltend gemachten Rechtsverletzungen, die als solche nicht bloß geringfügig sind, werden maßgeblich davon geprägt, dass sie im Zusammenhang mit der behördlichen Reaktion auf eine damals viel beachtete (Groß-)Demonstration stehen, die für die Klägerinnen angesichts ihres Selbstverständnisses eine große Symbolkraft besaß. Ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns kann als solches ein Rechtsschutzinteresse zwar nicht begründen; reflexhaft kommt es den Klägerinnen jedoch zugute, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an dessen Vorliegen herabgesetzt werden.
28 
2. Die Klagen sind nicht begründet. Die Beschlagnahmeverfügung hat die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzt; sie war formell und materiell rechtmäßig.
29 
a. Das Landratsamt als Kreispolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 2, § 62 Abs. 3 PolG, § 13 Abs. 1 Nr. 1 LVG) war für den Erlass der Beschlagnahmeverfügung, die ihre Ermächtigungsgrundlage als sogenannte polizeirechtliche Standardmaßnahme in § 33 PolG findet, zuständig.
30 
Als Versammlungsbehörde nach der Verordnung des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - (vom 25.05.1977, GBl. S. 196, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17.06.1997, GBl. 278) war das Landratsamt hier allerdings nicht zur Entscheidung berufen.
31 
Aus der genannten Verordnung folgt nicht, dass die Zuständigkeit für alle im Umfeld einer Versammlung erforderlichen polizeilichen Maßnahmen in der Hand der Kreispolizeibehörde als Versammlungsbehörde konzentriert werden. Sie beschränkt deren Zuständigkeit zum einen auf die Durchführung des Versammlungsgesetzes, d.h. auf Maßnahmen, deren Ermächtigungsgrundlage sich im Versammlungsgesetz findet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1), zum anderen auf Maßnahmen auf Grund des Polizeigesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften und Anordnungen dienen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2); hierzu zählen insbesondere Auflagen als sogenannte Minus-Maßnahmen i. S. von § 15 VersG. Eine Maßnahme, die an versammlungsrechtliche Anordnungen anknüpft, liegt hier nicht vor.
32 
Die Auflösung des Zeltlagers wurde zu Recht nicht auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes verfügt. Denn das Camp erfüllte die Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der Versammlung, die durch den Zweck gemeinsamer Meinungsbildung und -kundgabe geprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <343 ff.>, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <104>), nicht; vielmehr diente es als Obdach seiner Bewohner und als Ausgangsbasis für die in den folgenden Tagen beabsichtigten Demonstrationen, die ihrerseits auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit abzielten (siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 23.09.1991 - 5 B 254/91 -, NVwZ-RR 1992, 360). Wollte man allein in der Anwesenheit der Lagerbewohner eine Art „konkludente Solidaritätsadresse“ zugunsten der Demonstrationsteilnehmer erblicken, verlöre das Erfordernis der gemeinschaftlichen Meinungsäußerung jegliche Konturen (siehe hierzu auch das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 -). Die Beschlagnahme als Folgemaßnahme diente demnach auch nicht der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Anordnungen.
33 
Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass das Zeltlager als „logistische Basis“ einen engen Bezug zu den gegen den Castor-Transport gerichteten Versammlungen hatte, die ungeachtet der beabsichtigten Blockade-Aktionen weiterhin als i. S. v. Art. 8 Abs. 1 GG friedliche Demonstrationen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit standen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. -, BVerfGE 104, 92 <105 f.>).
34 
Zwar hat das Grundrecht der Versammlungsfreiheit im Interesse seiner Effektuierung auch Vorwirkungen. Die genaue Reichweite des grundrechtlichen Vorfeldschutzes ist aber für die einfachgesetzliche Frage der behördlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung. Denn der zeitliche Geltungsbereich des Versammlungsgesetzes setzt - vorbehaltlich einer abweichenden ausdrücklichen Regelung (siehe insbes. § 17a VersG) - nach der Rechtsprechung des Senats im Interesse einer klaren Zäsur den Beginn der Versammlung voraus (Urteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, NVwZ 1998, 761 <763>).
35 
Das Landratsamt als die der originär - als allgemeine Polizeibehörde -zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1, § 66 Abs. 2 PolG) übergeordnete Fachaufsichtsbehörde (§ 64 Nr. 3 b PolG) konnte sich aber auf eine Eilzuständigkeit nach § 67 Abs. 1 PolG stützen.
36 
Der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes war hier eröffnet. Inwieweit das Polizeigesetz bei Vorfeldmaßnahmen, die den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG berühren, insbesondere wegen der Anforderungen des Zitiergebotes (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) nur eingeschränkt anwendbar ist (siehe hierzu Deger, NVwZ 1999, 265 <267>; Kniesel, NJW 2000, 2857 <2862 f.>), kann hier offenbleiben. Denn ungeachtet der inhaltlichen Nähe zu den geplanten Demonstrationen ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht berührt. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sichversammelns, wozu auch der Zugang und die Anreise zu einer bevorstehenden bzw. sich bildenden Versammlung gehört (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. -, BVerfGE 69, 315 <349>; Beschluss vom 11.06.1991 - 1 BvR 772/90 -, BVerfGE 84, 203 <209>). Demnach sind z.B. Behinderungen der Anfahrt und schleppende vorbeugende Kontrollen mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Eine weitere Ausdehnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG ist aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere eine - wie hier - feste „Infrastruktur“ fällt nicht mehr unter den Schutz des Grundrechts; denn sie ist für die eigentliche Versammlung nicht mehr funktional notwendig (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16.12.1993 - 1 S 1957/93 -, NVwZRR 1994, 370; OVG Berlin, Beschluss vom 08.07.1999 -1 SN 63/99 -, LKV 1999, 372 <373>, zur straßenrechtlichen Erlaubnispflicht von Imbissständen; Schulze-Fielitz, a.a.O. , Art. 8 Rn 34). Folglich ist es nicht gerechtfertigt, insoweit Erlaubnisvorbehalte - sowie nachfolgend Eingriffsmöglichkeiten - außerhalb des Versammlungsgesetzes zu suspendieren und die Beachtung der dort geregelten rechtlichen Vorgaben der bloß abwägenden Berücksichtigung der Versammlungsbehörde zu überlassen (vgl. Kanther, NVwZ 2001, 1239 <1242>; Dietlein, NVwZ 1992, 1066).
37 
Nach § 67 Abs. 1 PolG kann die Fachaufsichtsbehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen, wenn bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint. Gefahr im Verzug liegt hierbei vor, wenn zur Verhinderung eines drohenden Schadens sofort eingeschritten werden muss, weil ein Abwarten bis zum Eingreifen der an sich zuständigen Behörde den Erfolg der notwendigen Maßnahme erschweren oder vereiteln würde. Entscheidend sind hierbei die Verhältnisse und der Erkenntnisstand im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme; der Begriff „Gefahr in Verzug“ darf dabei nicht zu eng ausgelegt werden, da eine effiziente Gefahrenabwehr nicht durch Zuständigkeitsprobleme erschwert oder verhindert werden darf. Dabei kommt es gerade nicht auf eine objektive Unerreichbarkeit der sachlich zuständigen Polizeibehörde an; es genügt vielmehr, dass es für die Fachaufsichtsbehörde den Anschein hat, die an sich zuständige Polizeibehörde sei nicht erreichbar. Diese Einschätzung der handelnden Behörde kann gerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht, die sich bereits im Zeitpunkt der Entscheidung erkennen ließen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.1989 - 1 S 799/89 -, NJW 1990, 1618 zu § 46 Abs. 2 Nr. 2 PolG a.F. <§ 60 Abs. 2 PolG>). Nach diesen Vorgaben ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Zuständigkeit für die Beschlagnahme in Anspruch genommen hat.
38 
Nach den Schilderungen des vom Senat in der mündlichen Verhandlung angehörten Einsatzleiters der Polizei war die Kreispolizeibehörde bereits kurze Zeit nach Erlass der Räumungsverfügung, etwa gegen 16:00 Uhr, zur Überzeugung gelangt, dass eine Beschlagnahme der Küchen zur Gefahrenabwehr erforderlich sei. Diese Einschätzung beruhte in erster Linie auf den Einlassungen eines Vertreters der Klägerinnen, wonach diese die Kampagne, falls gewünscht, weiterhin unterstützen wollten. Es spricht zwar vieles dafür, im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.02.2001 - 4 K 3227/00 - zur Zuständigkeit für den Erlass der Räumungsverfügung auch für die folgende Zeit davon auszugehen, dass der Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen weiterhin i. S. v. § 67 Abs. 1 PolG erreichbar war; er war damals mit der Sachlage vertraut und ist auch in die Erörterungen zur beabsichtigten Beschlagnahme mit einbezogen worden. Allein auf diesen Zeitpunkt bezogen kann die hier streitige Zuständigkeitsfrage aber nicht beantwortet werden. Denn die interne Willensbildung der Polizeibehörde ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht entscheidend. Vielmehr bestimmt sich diese nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verfügung; wirksam geworden ist die Beschlagnahme erst mit der um ca. 19:30 Uhr erfolgten Bekanntgabe, als die Fahrzeuge auf der Bundesstraße 36 auf dem Gebiet der Gemeinde Waghäusel in Richtung Süden fuhren. Der Bürgermeister von Waghäusel als das für die grundsätzlich zuständige Ortspolizeibehörde handelnde Organ war indessen Sinne von § 67 Abs. 1 PolG nicht rechtzeitig erreichbar.
39 
Der Zeitpunkt und der Ort des polizeilichen Einschreitens war hier durch die polizeitaktische Erwägung bestimmt, die Küchenfahrzeuge, soweit ein Verbleiben im Landkreis Karlsruhe nicht auszuschließen war, erst in räumlicher Entfernung vom Lagerplatz zu beschlagnahmen; damit sollte im Interesse der Deeskalation eine unter Umständen gewalttätige Solidarisierung durch die Bewohner des Lagers vermieden werden. Diese Erwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Da den Klägerinnen bei ihrem Abzug vom Lagerplatz eines Fahrtroute nicht vorgegeben wurde und der konkrete Ort des polizeilichen Zugriffs letztlich auch von verkehrstechnischen Erfordernissen bestimmt war, hätte die Wahrung der gesetzlich für den Regelfall vorgesehenen Zuständigkeitsordnung außer der Unterrichtung des Bürgermeisters von Oberhausen-Rheinhausen noch die Einbindung von - mindestens - drei weiteren Bürgermeistern - nämlich denen von Philippsburg, Waghäusel und Altlussheim - erforderlich gemacht, die dann - schon „auf Vorrat“ - eine Beschlagnahmeverfügung hätten vorbereiten müssen für den Fall, dass sich auf ihrer Gemarkung der Handlungsbedarf einstellt. Ein solches Vorgehen war jedoch angesichts der Dringlichkeit der Lage nicht angezeigt; es war bereits nicht abzuschätzen, wie lange der Abbau der Küchenzelte und die Verladung der Gerätschaften dauern werde, so dass eine rechtzeitige Reaktion der örtlich zuständigen Ortspolizeibehörde, die sich mit der Situation und deren polizeirechtliche Bewertung erst hätte vertraut machen müssen, nicht gewährleistet gewesen wäre.
40 
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen waren die polizeitaktischen Überlegungen nicht darauf beschränkt, im Interesse größtmöglicher Wahrung der Zuständigkeitsordnung die Beschlagnahme zwar in gewisser räumlicher Entfernung vom Lagerplatz, aber noch auf dem Gebiet der Gemeinde Rheinhausen-Oberhausen anzuordnen. Zum einen wäre den Klägerinnen damit von vornherein die Möglichkeit genommen worden, den Landkreis Karlsruhe in Richtung Norden zu verlassen und so einer Beschlagnahme zu entgehen; mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre das nicht vereinbar. Wird - wie tatsächlich geschehen - auf der Bundesstraße 36 die Fahrtrichtung Süden gewählt, so könnte mit dieser Vorgabe den verkehrstechnischen Erfordernissen nicht in angemessener Weise Rechnung getragen werden, da hier das Gemeindegebiet schon wenige 100 Meter nach der Einmündung der von Oberhausen kommenden Kreisstraße 3537 endet. Zum anderen wird mit der Ansicht der Klägerinnen die Gefahr eines Missbrauchs überbewertet. Die Behörde, die sich auf einen Zuständigkeitswechsel wegen Gefahr im Verzug beruft, darf diese Gefahr zwar nicht bewusst herbeiführen, um eine ansonsten nicht gegebene Zuständigkeit zu begründen. Dies unterliegt dann einer strengen gerichtlichen Kontrolle, wenn die Zuständigkeitsverlagerung mit dem Verlust besonderer Schutzvorkehrungen für den Betroffenen einhergeht, was insbesondere bei Eingriffen gilt, die im Regelfall unter Richtervorbehalt stehen (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155 ff.>). Geht es demgegenüber lediglich um eine Abweichung von der instanziellen Behördenzuständigkeit, kommt der Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Ausfüllung der Rechtsbegriffe ein deutlich größeres Gewicht zu.
41 
b. Die Beschlagnahme war auch materiell rechtmäßig.
42 
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG kann die Polizei eine Sache u. a. dann beschlagnahmen, wenn dies zum Schutz eines einzelnen oder des Gemeinwesens gegen einen unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Diese Voraussetzungen lagen auf der Grundlage der Erkenntnisse im Zeitpunkt des Erlasses der Beschlagnahmeverfügung vor; dies hat bereits das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 20.10.2000 - 4 K 2891/00 - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dargelegt.
43 
Aufgrund der Einlassungen der Koordinatoren der Kampagne „x 1000 mal quer“, die in generalstabsmäßiger Art und Weise eine Verhinderung der von ihr befürchteten Castor-Transporte anstrebte, stand zu erwarten, dass nach Räumung des Zeltlagers in Oberhausen-Rheinhausen an anderer Stelle wiederum - insbesondere unter Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften - ein Zeltlager zum Zwecke der logistischen Unterstützung auch gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer errichtet würde.
44 
Vor diesem Hintergrund war schließlich auch die Einschätzung des Landratsamts, dass sich die Klägerinnen ebenfalls an der Errichtung eines neuen Lager beteiligen würden, was es durch die Beschlagnahme zu verhindern galt, nicht fehlsam. Denn nach der Aussage des Einsatzleiters der Polizei hat sich der Ansprechpartner auf Seiten der Klägerinnen dahingehend eingelassen, dass sie nebst ihren Einrichtungen den Camp-Bewohnern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen wollten. Die auf dieser Aussage eines Vertreters der Klägerinnen gestützte Gefahrenprognose beruhte entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht nicht auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Aussage, weiterhin den Camp-Bewohnern zur Verfügung stehen zu wollen, habe sich nicht auf ein Lager wie das soeben aufgelöste bezogen, sondern auf ein „Zusammensein in anderer Form“, das gegebenenfalls von der Polizei geduldet würde. Ein solches Verständnis der Aussage lag aus der damaligen Perspektive indessen fern; denn die Gespräche mit den Klägerinnen fanden immer vor dem Hintergrund der Räumungsverfügung statt, in der auch die Errichtung eines Zeltlagers an anderer Stelle untersagt worden war. Folglich war vor dem Verständnishorizont der Behörde die von den Klägerinnen erklärte Bereitschaft, die Camp-Bewohner weiterhin zu unterstützen, auf die Errichtung eines neuen Lagers gemünzt. Auf die Möglichkeit eines anderen Verständnisses hätten die Klägerinnen ausdrücklich hinweisen müssen. Auf die von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen kommt es demnach nicht an, so dass der Senat dem Beweisantrag nicht nachkommen musste.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
47 
Rechtsmittelbelehrung
48 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
49 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
50 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
51 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
52 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt (§ 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., vgl. § 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG, BGBl. I, 2004, 718).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
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Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
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Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 5415/07 - geändert.

Es wird festgestellt, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes unter Androhung der Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
Am 16.03.2007 waren Kräfte des Spezialeinsatzkommandos der Polizei des Landes Baden-Württemberg - im Folgenden: SEK - bei einem Gefangenentransport in Schwäbisch Hall eingesetzt. Das SEK hatte den Auftrag, den der gewerbsmäßigen Geldwäsche beschuldigten mutmaßlichen Sicherheitschef der russischen Gruppierung organisierter Kriminalität Ismajlovskaja - sog. russische Mafia -, der am 18.08.2006 in einem Stuttgarter Hotel verhaftet worden war und seither in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall in Untersuchungshaft einsaß, bei einer Augenarztpraxis in der Schwäbisch Haller Fußgängerzone vorzuführen. Gegen 9:45 Uhr wurde der Untersuchungsgefangene mit einem zivilen Sicherheitsfahrzeug in Begleitung von zwei weiteren sondergeschützten Dienst-Kfz des SEK zu der Augenarztpraxis in der ... ... ... verbracht. Die Einsatzfahrzeuge parkten im unmittelbaren Nahbereich vor der Arztpraxis. Zwei Beamte begleiteten den Untersuchungsgefangenen in die Praxis, der Einsatzleiter verblieb im Eingangsbereich zu dem Gebäude, um von dort aus den Personenverkehr zu kontrollieren. Zwei weitere Einsatzkräfte waren bei den Fahrzeugen. Ein Beamter war auf der gegenüberliegenden Straßenseite positioniert. Die zivil gekleideten Beamten führten ihre Mannwaffen bei sich, der Einsatzleiter zusätzlich eine Maschinenpistole. Gegen 10.30 Uhr meldeten die Innenkräfte, dass die Untersuchung in ungefähr zehn Minuten abgeschlossen sei. Kurz darauf näherten sich dem Einsatzleiter zwei bei der Klägerin beschäftigte Journalisten - ein Fotoreporter und ein Volontär -, wiesen sich als Pressevertreter aus und befragten ihn nach Grund und Details des Polizeieinsatzes. Der Einsatzleiter gab an, dass ein Gefangener der Justizvollzugsanstalt beim Arzt vorgeführt werde und verwies die Journalisten bezüglich näherer Auskünfte an die Pressestelle der Justizvollzugsanstalt oder der Polizeidirektion. Nachdem der Fotoreporter daraufhin dazu ansetzte, Bilder von den Dienstfahrzeugen und den eingesetzten Beamten anzufertigen, wurde er vom Einsatzleiter dazu aufgefordert, das Fotografieren zu unterlassen. Begründet wurde dies damit, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen nicht abgelichtet werden sollten. Als die Journalisten auf ihrem Rechercherecht beharrten, drohte der Einsatzleiter nach Darstellung der Klägerin die Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials an. Nach Darstellung des Beklagten wies der Einsatzleiter lediglich darauf hin, dass bei Zuwiderhandlung eine Beschlagnahme des Filmmaterials über die Dienststelle geprüft werden könne. Darauf nahmen die Journalisten von ihrem Vorhaben Abstand, entfernten sich in Richtung Marktplatz und beobachteten das weitere Geschehen aus etwa 20 Metern Entfernung. Kurz darauf wurde der Untersuchungsgefangene von den Beamten des SEK aus der Arztpraxis geführt und zurück in die Justizvollzugsanstalt gebracht.
Am 17.03.2007 erschien ein Wortbericht über den Polizeieinsatz in der Tageszeitung der Klägerin.
Nach einem ergebnislosen Schriftwechsel mit dem Leiter des Bereitschaftspolizeipräsidiums, der darauf hingewiesen hatte, dass die Veröffentlichung von Bildern ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich gezogen hätte, hat die Klägerin am 12.10.2007 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Einsatzleiter habe die Beschlagnahme der Kamera des Fotoreporters konkret und eindringlich mit den Worten „Wenn Sie fotografieren, beschlagnahme ich die Kamera“ oder „Wenn Sie fotografieren, ist die Kamera weg“ angedroht. Die Untersagung von Bildaufnahmen unter Androhung der Beschlagnahme der Kamera und des Filmmaterials sei ein rechtswidriger Eingriff in die Pressefreiheit. Es handele sich um Verwaltungsakte, die durch Zeitablauf erledigt seien, doch bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil es wieder zu Polizeieinsätzen kommen könne, die die öffentliche Aufmerksamkeit erregten. Wegen der Polizeifestigkeit des Presserechts könnten die Maßnahmen schon grundsätzlich nicht auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden. Zudem lägen deren Voraussetzungen nicht vor, weil die Maßnahmen weder zur Verhinderung einer Straftat noch zum Schutz privater Rechte Dritter erforderlich gewesen seien. Eine Gefahr für eine Einrichtung des Staates, namentlich für die Funktionsfähigkeit des SEK, habe nicht bestanden. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild nach den §§ 22 ff., 33 KunstUrhG der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten wäre durch das beabsichtigte Fotografieren nicht erfolgt und sei auch nicht zu befürchten gewesen. Die Beamten wären vor einer Veröffentlichung durch Fotobearbeitung unkenntlich gemacht worden. Einer Bitte des Einsatzleiters, die Bilder strikt zu anonymisieren, wäre Folge geleistet worden. In der Bildberichterstattung liege keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Einsatz habe Aufsehen erregt und sei spektakulär verlaufen. Der Einsatzleiter habe seine Maschinenpistole nur halb verborgen unter dem Mantel getragen. Es sei nicht Sache des Beklagten zu entscheiden, was berichtenswert sei. Der Beklagte habe die Klägerin nicht an der Informationsbeschaffung und an der Recherchetätigkeit hindern dürfen. Die Beamten des SEK seien relative Personen der Zeitgeschichte i. S. von § 23 KunstUrhG. Indem die beiden Journalisten sich gegenüber dem Einsatzleiter sofort ordnungsgemäß als Pressevertreter zu erkennen gegeben hätten, hätten sie deutlich gemacht, dass sie sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst seien. Nur wenn das Verhalten der Journalisten Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit hätte aufkommen lassen, wären polizeiliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen gewesen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt vor, der Einsatzleiter habe weder eine Beschlagnahme des Films angedroht noch eine Polizeiverfügung dergestalt erlassen, dass er ein polizeiliches Fotografierverbot angeordnet habe. Mangels Verwaltungsakts sei die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Sollte vom Einsatzleiter ein Fotografierverbot ausgesprochen worden sein, wäre dieses rechtmäßig gewesen. Der Einsatzleiter sei hierfür zuständig und das Verbot materiell-rechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Nach einer Gefährdungsanalyse des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg habe jederzeit damit gerechnet werden müssen, dass während der Dauer des SEK-Einsatzes Angriffe erfolgten, etwa ein Befreiungsversuch unternommen werde. Bei der Durchführung des Auftrags habe eine erhöhte Gefahr für die in Zivil gekleideten Beamten bestanden. Es habe sichergestellt werden müssen, dass durch das Fotografieren keine Aufmerksamkeit auf den Einsatz gelenkt werde, die Beamten von ihrem Auftrag nicht abgelenkt würden und sich die Pressevertreter bei einer eventuellen Überraschungsaktion nicht im Gefahrenbereich aufhielten. Ansonsten hätte die gegenwärtige Gefahr bestanden, dass der Erfolg des Einsatzes gefährdet oder vereitelt worden wäre. Die Bitte, nicht zu fotografieren, die auch dem Schutz der Pressevertreter gedient habe, sei geeignet und verhältnismäßig gewesen. Sie sei auch zur Verhinderung einer Straftat rechtmäßig gewesen, denn die Aufnahme und Veröffentlichung von Bildern der am Einsatz beteiligten Beamten hätte gegen §§ 22 ff., 33 KunstUrhG verstoßen. Eine Einwilligung zur Herstellung und/oder öffentlichen Zurschaustellung ihrer Bildnisse sei von den eingesetzten Beamten nicht erteilt worden und ein Ausnahmetatbestand des § 23 KunstUrhG habe nicht vorgelegen. Polizeibeamte im Einsatz seien keine relativen Personen der Zeitgeschichte. Ein besonderer Informationswert für die Öffentlichkeit an den eingesetzten Beamten habe nicht bestanden. Nach der konkreten örtlichen Situation hätte es sich bei den beabsichtigten Aufnahmen lediglich um Portrait-, jedenfalls aber um Nahaufnahmen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten handeln können. Ein spezifisches Informationsinteresse an derartigen Aufnahmen habe nicht bestanden. Es habe sich nicht um einen spektakulären Einsatz von mehreren schwer bewaffneten Beamten gehandelt. Alle Beamten hätten Zivilkleidung getragen. Die Maschinenpistole sei verborgen mitgeführt worden. Mangels eines spektakulären Einsatzes wären auch Übersichtsaufnahmen oder ähnliche Fotografien nicht zulässig gewesen. Die Herstellung eines Bildnisses stelle eine Vorbereitungshandlung zu seiner Verbreitung dar. Das durch Pressefotografie hergestellte Bildmaterial sei nicht nur einem nichtöffentlichen Personenkreis zugänglich. Durch den Pressefotografen der Klägerin seien in der Vergangenheit mehrfach Fotografien veröffentlicht worden, auf denen Polizeibeamte ohne Einwilligung erkennbar wiedergegeben worden seien, ohne dass ein Ausnahmetatbestand nach § 23 KunstUrhG vorgelegen hätte. Die von der Presse allenfalls verwendeten Augenbalken schlössen eine Identifizierung der abgebildeten Personen nicht aus. Vollständig anonymisiertes Bildmaterial sei für die Presse auch ungeeignet. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Beamten einen speziellen Einsatz durchgeführt hätten, der durch ein besonders hohes Gefährdungspotenzial gekennzeichnet gewesen sei. Es habe die Gefahr bestanden, dass sich die kriminelle Organisation, deren mutmaßlicher Sicherheitschef der Untersuchungsgefangene gewesen sei, Bildnisse der eingesetzten Beamten beschaffe, die Beamten identifiziere und diese damit der sehr erheblichen Gefahr von Racheakten oder Erpressungsversuchen ausgesetzt seien. Im Fall der sog. russischen Mafia sei dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Die Folgen einer Identitätsaufdeckung seien unumkehrbar. Damit stünden berechtigte Interessen der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten der Anfertigung und Zurschaustellung der Bildnisse entgegen. Die Bitte, keine Fotografien anzufertigen, sei auch zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der eingesetzten Beamten erforderlich und angemessen gewesen. Der konkrete Geschehenshergang rechtfertige das Fotografierverbot ferner zum Schutz des Untersuchungsgefangenen wie auch zufällig anwesender Dritter. Die Polizeifestigkeit des Presserechts beziehe sich auf den Inhalt eines Presseerzeugnisses. Darum gehe es hier aber nicht.
Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008 hat dieser das Fotografierverbot ausschließlich darauf gestützt, dass die eingesetzten Beamten aus Gründen des Identitätsschutzes und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen, nicht abgelichtet werden sollten.
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den Maßnahmen des Einsatzleiters gegen die Mitarbeiter der Klägerin um Verwaltungsakte handele oder nicht, sei die Klage zulässig. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die getroffenen Maßnahmen seien durch die polizeiliche Generalklausel gedeckt. Der Einsatzleiter sei zum Schutz der Individualrechtsgüter Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten sowie des Untersuchungsgefangenen tätig geworden. Er habe in der konkreten Situation ex ante davon ausgehen dürfen, dass die konkrete Gefahr eines Anschlags auf den Untersuchungsgefangenen bestanden oder dessen gewalttätige Befreiung gedroht habe und durch die Anwesenheit der Pressevertreter im Gefahrenbereich sowie die Anfertigung von Fotografien durch diese die Durchführung solcher Aktionen begünstigt würde mit der Folge, dass die Gefahr für Leben und Gesundheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten, des Untersuchungsgefangenen, der Pressevertreter und auch Schaulustiger erheblich gestiegen wäre. Weiter habe der Einsatzleiter davon ausgehen dürfen, dass bereits durch die Anfertigung von Fotografien die Funktionsfähigkeit des SEK konkret gefährdet werde. Schließlich sei der Einsatzleiter zu Recht auch zum Schutz der Rechte der mutmaßlich abgebildeten Beamten am eigenen Bild tätig geworden, denn aufgrund der konkreten Umstände hätten die Anfertigung und die Veröffentlichung von Bildern gegen §§ 22, 23, 33 KunstUrhG verstoßen. Die getroffenen polizeilichen Maßnahmen seien geeignet, erforderlich und angemessen gewesen. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit habe nicht vorgelegen. Der Einwand der Polizeifestigkeit des Presserechts verfange nicht. Die Vorschriften des allgemeinen Polizeirechts würden durch die speziellen, dem Schutz der Presse dienenden Normen des Presserechts nur dann verdrängt, wenn es sich um Reaktionen wegen des Inhalts von Presseerzeugnissen handele. Ausgeschlossen seien alle präventiven ordnungsbehördlichen und polizeilichen Maßnahmen, die sich gegen den Inhalt eines Presseerzeugnisses richteten. Hier habe der Beklagte aber keinen Zugriff auf ein Presseprodukt genommen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 - 1 S 441/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Sie könne nicht abschließend beurteilen, inwieweit die reale Gefahr eines Anschlags zu dem damaligen Zeitpunkt bestanden habe, sei es mit dem Ziel, den Untersuchungsgefangenen zu befreien, sei es mit dem Ziel, ihn sozusagen zum Schweigen zu bringen. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass durch das Anfertigen von Fotografien die Gefahr eines Anschlags erhöht worden wäre. Bereits die Anwesenheit des SEK habe für erhebliches Aufsehen gesorgt, insbesondere auch wegen der Bewaffnung des Einsatzleiters mit einer Maschinenpistole. Es sei unzutreffend, dass der Einsatz erst durch das Hinzutreten des Pressefotografen öffentliches Aufsehen erregt hätte. Die Gefahr einer Enttarnung der SEK-Beamten aufgrund der Anfertigung von Fotografien habe nicht bestanden. Das Verwaltungsgericht habe diese Annahme auch überhaupt nicht begründet. Es habe den Kernbereich der Pressefreiheit verkannt. Eine Rechtsgrundlage für die Untersagung der Bildaufnahmen sei nicht ersichtlich. § 1 Abs. 3 LPresseG verbiete Sondermaßnahmen jeder Art, welche die Pressefreiheit beeinträchtigten. Dabei reiche die Pressefreiheit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Die fehlende Anwendbarkeit des Polizeirechts folge aus § 6 Satz 1 LPresseG, der vorschreibe, dass die Presse vor der Veröffentlichung der von ihr recherchierten Informationen zu eingehender nochmaliger Prüfung verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass Recherche und Veröffentlichung nicht gleichzusetzen seien, sondern dass es zu den originären Aufgaben der Presse gehöre, den Inhalt des Presseerzeugnisses vor dessen Verbreitung sorgfältig auf Herkunft und Wahrheitsgehalt sowie den Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen hin zu überprüfen. Es sei dem Beklagten im Hinblick auf die von der Presse vor einer Veröffentlichung vorzunehmende Überprüfung hinsichtlich des Schutzes überwiegender öffentlicher oder privater Interessen verwehrt, der Presse bereits die Recherche zu versagen. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit der polizeilichen Generalklausel ausgehe, habe es an den tatbestandlichen Voraussetzungen für deren Anwendung gefehlt. Es habe keine polizeiliche Gefahr bestanden. Zudem seien die beiden Journalisten, die sich rechtmäßig vor Ort aufgehalten hätten, Nichtstörer. Hätte die Russenmafia den Untersuchungsgefangenen tatsächlich gewaltsam befreien wollen, wäre dies durch die Anwesenheit der beiden Pressevertreter weder erleichtert noch erschwert worden. Es gebe keinen Erfahrungssatz, der besage, dass die Anwesenheit von Pressevertretern die Gefährdung umstehender Menschen erhöhe. Ein Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz habe nicht gedroht. Nach § 33 KunstUrhG mache sich strafbar, wer entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG ein Bildnis verbreite oder öffentlich zur Schau stelle. Nach § 22 KunstUrhG dürften Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. § 33 KunstUrhG sei hier jedoch bereits deswegen nicht einschlägig, weil nur die Anfertigung, nicht aber die Verbreitung befürchtet worden sei. Allein aus der Tatsache, dass der Einsatz überhaupt fotografiert werden sollte, habe nicht darauf geschlossen werden dürfen, dass die angefertigten Bilder alsbald entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG veröffentlicht und somit eine Straftat gemäß § 33 KunstUrhG begangen werden sollte. Im Hinblick auf die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung sei vielmehr grundsätzlich von der Rechtstreue eines Pressefotografen auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18.12.2008 - 1 K 5415/07 - zu ändern und festzustellen, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die getroffenen Maßnahmen seien aus der maßgeblichen ex ante-Sicht zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamten, der Journalisten, etwaiger angelockter Zuschauer sowie des damaligen Untersuchungsgefangenen und ferner zum Schutze der Funktionsfähigkeit des SEK sowie zum Schutz des Rechts am eigenen Bild der eingesetzten Beamten geeignet, erforderlich und angemessen gewesen.
14 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
26 
2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
27 
3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Untersagung von Bildaufnahmen während des SEK-Polizeieinsatzes in Schwäbisch Hall am 16.03.2007 unter Androhung einer Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium im Fall des Zuwiderhandelns rechtswidrig war. Ihre Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
16 
Die Klägerin begehrt Rechtsschutz gegen die - erledigte - Untersagung des Fotografierens (1.) und die - gleichfalls erledigte - Androhung der Beschlagnahme (2.).
17 
1. a) Die Klage gegen die Untersagung von Bildaufnahmen ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Urteile des erkennenden Senats vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Bei dem Fotografierverbot hat es sich unabhängig davon, mit welchen Worten es ausgesprochen wurde, um einen Verwaltungsakt gehandelt. Auch wenn es - wie der Beklagte vorträgt - höflich als Bitte formuliert gewesen sein sollte, war es nach seinem objektiven Sinngehalt auf eine unmittelbare, für die Betroffenen verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, so dass der Regelungscharakter zu bejahen ist.
18 
b) Die Klagebefugnis der Klägerin als Drittbetroffene folgt aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), die sich auch auf die Informationsbeschaffung, insbesondere durch eigenes Personal, erstreckt (BVerfG, Urt. v. 05.08.1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162).
19 
c) Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
20 
d) Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.). Der zwischen Erledigung und Einreichung der Klage verstrichene Zeitraum von lediglich sieben Monaten schließt die Annahme der Verwirkung des Klagerechts aus (vgl. Senatsurteil vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O.).
21 
e) Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Sie kann geltend machen, dass sich die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Maßnahme typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Da angesichts des Vorbringens der Beteiligten ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit) nicht von vornherein ausgeschlossen ist, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
22 
2. a) Bezüglich der angedrohten oder jedenfalls in Aussicht gestellten Beschlagnahme ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, sondern die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Bloße Absichtserklärungen, Ankündigungen eines Verwaltungsakts und auch Androhungen eines Verwaltungsakts sind regelmäßig selbst mangels konkreten Regelungs- und Bindungswillens der Behörde keine Verwaltungsakte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 50 m.w.N.). An einer Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung fehlt es jedenfalls im Grundsatz immer dann, wenn die handelnde Behörde lediglich eine Maßnahme trifft, die den zukünftigen Erlass eines Verwaltungsakts in Aussicht stellen oder vorbereiten soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1984 - 3 C 12.83 - BVerwGE 69, 374 m.w.N.). Abweichendes gilt nur, wenn - wie etwa im Vollstreckungsrecht - die Androhung im Gesetz vorgesehen und als Verwaltungsakt ausgestaltet ist.
23 
b) Unabhängig davon, ob die Beschlagnahme angedroht oder lediglich in Aussicht gestellt wurde, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, in der konkreten Situation eine Beschlagnahme der Kamera einschließlich des Speichermediums zu verfügen. Die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152) ist insoweit ebenfalls zu bejahen. Eine Klagefrist gilt nicht; das Klagerecht ist auch nicht verwirkt. Das Feststellungsinteresse folgt - ebenso wie hinsichtlich des Fotografierverbots - aus der Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin.
II.
24 
Die Klage ist auch begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Untersagung von Bildaufnahmen war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar war der Anwendungsbereich des Polizeigesetzes eröffnet (1.) und die Verfügung war formell rechtmäßig (2.). Die Untersagung von Bildaufnahmen war indes zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter des SEK prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt (3.). Der Einsatzleiter war auch nicht berechtigt, die Beschlagnahme von Kamera und Speichermedium anzudrohen (4.).
25 
1. Nach § 1 Abs. 2 LPresseG unterliegt die Freiheit der Presse nur den Beschränkungen, die durch das Grundgesetz unmittelbar und in seinem Rahmen durch das Landespressegesetz zugelassen sind. Sondermaßnahmen jeder Art, die die Pressefreiheit beeinträchtigen, sind verboten (§ 1 Abs. 3 LPresseG). Das Landespressegesetz ist ein presserechtliches Spezialgesetz gegenüber dem Polizeigesetz. Dies bedeutet etwa, dass Presseerzeugnisse von der Polizei nur nach den §§ 13 ff. LPresseG bzw. nach den §§ 111 m, 111 n StPO beschlagnahmt werden dürfen. Durch die sog. Polizeifestigkeit der Pressefreiheit sind Maßnahmen aufgrund der polizeilichen Generalklausel indes nicht völlig ausgeschlossen, sondern nur insoweit, als es um den Inhalt von Presseerzeugnissen und die von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht (vgl. Bullinger in Löffler, Presserecht, Kommentar, 5. Aufl., § 1 LPG Rn. 193; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 28; Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 4 Rn. 21; OVG Bbg, Beschl. v. 18.03.1997 - 4 B 4/97 - NJW 1997, 1387). Im Übrigen findet die Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das Polizeigesetz gehört, weil es sich nicht gegen das Grundrecht an sich, gegen ein Medienorgan oder gegen eine bestimmte Meinung richtet (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 27 m.w.N.). Soweit die Gefahren nicht vom Inhalt der Presseerzeugnisse ausgehen, sondern z.B. von der Art und Weise der Herstellung oder des Vertriebs, ist das Polizeigesetz als allgemeines Gesetz anwendbar. Dass § 4 PolG die Pressefreiheit nicht nennt, ist unschädlich, weil das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht für allgemeine Gesetze im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG gilt (Deger, a.a.O., § 4 Rn. 1). Hier ist die Polizei nicht zur Abwehr von Gefahren, die von einem Presseerzeugnis der Klägerin ausgehen, sondern im Vorfeld zur Abwehr von Gefahren, die nach ihrer Prognose vom Anfertigen von Lichtbildern eines Polizeieinsatzes ausgehen, tätig geworden. Insoweit ist die Anwendbarkeit des Polizeigesetzes nicht durch etwaige speziellere Regelungen im Landespressegesetz ausgeschlossen.
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2. Die Zuständigkeit des Einsatzleiters des SEK folgt aus § 60 Abs. 2 PolG, hinsichtlich der Androhung der Beschlagnahme auch aus § 60 Abs. 3 PolG. Das SEK ist gemäß Anlage 3 der Verwaltungsvorschrift über die Organisation des Polizeivollzugsdienstes des Landes Baden-Württemberg - VwV-PolOrg - dem Direktor der Bereitschaftspolizei und damit dem Bereitschaftspolizeipräsidium zugeordnet. Die Beamten des SEK gehören somit zum Polizeivollzugsdienst (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 PolG).
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3. Die Untersagung von Bildaufnahmen war materiell rechtswidrig, weil sie zur Abwehr der ex ante vom Einsatzleiter prognostizierten Gefahren nicht gerechtfertigt war.
28 
a) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.).
29 
b) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
30 
c) Hier hatte der Einsatzleiter ex ante ausschließlich Gefahren im Blick, die sich bei einer Enttarnung der SEK-Beamten realisieren könnten. Dies ergibt sich eindeutig aus der von ihm gegebenen mündlichen Begründung und aus seinen Stellungnahmen vom 29.10.2007 und vom 28.10.2008. Danach ging es ihm darum, dass die eingesetzten Beamten nicht abgelichtet werden sollten, um ihre Identität zu schützen und um mögliche Sanktionen der Gegenseite auszuschließen. Er sah somit die Gefahr, dass die Identität der SEK-Beamten aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht sein könnten. Ob er nur eine - nicht anonymisierte - Veröffentlichung der gefertigten Aufnahmen durch den Fotografen selbst oder durch die Klägerin befürchtete oder ob er darüber hinaus damit rechnete, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt werden könnte und dadurch Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht wären, lässt sich seinen Stellungnahmen nicht eindeutig entnehmen. Auch die vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten sind insoweit nicht eindeutig. Im Schreiben des Leiters des Bereitschaftspolizeipräsidiums vom 11.07.2007 an die Klägerin heißt es, die Veröffentlichung von Bildern zöge ein erhebliches Risiko der Enttarnung der SEK-Beamten nach sich. Dies berge Gefahren für künftige Einsätze wie auch unkalkulierbare Gefahren für die Beamten bis in den privaten Bereich. Der Senat geht angesichts dieses Befundes bei einer Gesamtwürdigung davon aus, dass die Gefahrenprognose sich auf alle bei einer Aufdeckung der Identität der eingesetzten Beamten drohenden Gefahren unabhängig von den Umständen der Enttarnung erstreckte und damit auch die Variante des kriminellen Zugriffs umfasste.
31 
Demgegenüber lässt sich den Stellungnahmen des Einsatzleiters wie auch den vorgerichtlichen Einlassungen des Beklagten nicht der geringste Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass es dem Einsatzleiter zusätzlich darum gegangen sein könnte, aus der konkreten Situation vor Ort resultierende Gefahren zu bekämpfen. Es ist nicht erkennbar, dass der Einsatzleiter erwogen haben könnte, dass bereits das Hantieren des Fotoreporters mit der Kamera bei Passanten zusätzliches Aufsehen erregen und zu einer unübersichtlichen Situation hätte führen können, bei der im Fall einer etwaigen Gefangenenbefreiung konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Anwesenden hätten bestehen können. Der gegenteilige Vortrag des Beklagten entbehrt jeder Grundlage. Eine derartige Gefahrenprognose wäre auch angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht vertretbar gewesen. Zwar war nach einer Gefährdungsanalyse des LKA BW ein Ausbruchsversuch oder eine Gefangenenbefreiung nicht auszuschließen. Dies war der Grund, weshalb das SEK mit der Vorführung des Untersuchungsgefangenen beim Arzt beauftragt wurde. Art und Umfang des Einsatzes belegen, dass man im Vorfeld von einer gewissen Gefährdungslage ausging. Allerdings traten die SEK-Beamten offen und in Zivil auf, waren also für jedermann erkennbar. Auch auf eine Absperrung der Straße wurde verzichtet. Der Einsatz war ohne besondere Vorkommnisse nahezu beendet und es herrschte zum fraglichen Zeitpunkt nur geringer bis mäßiger Fußgängerverkehr. Die Befürchtung, dass durch das Anfertigen von Fotos eine Ansammlung hätte entstehen können, die „ein Untertauchen in der Menge begünstigt“ (so die Stellungnahme des SEK-Kommandoführers vom 02.12.2008), ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts der objektiven Sachlage und der vorliegenden ausführlichen Stellungnahmen des Einsatzleiters sieht der Senat keine Veranlassung, zu diesem Punkt Beweis zu erheben.
32 
d) Das Fotografierverbot konnte nicht darauf gestützt werden, dass eine rechtswidrige Veröffentlichung der gefertigten Bilder durch den Pressefotografen oder durch die Klägerin und dadurch eine Enttarnung der SEK-Beamten gedroht hätte.
33 
Ein Fotografierverbot kann gerechtfertigt sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass derjenige, der die Lichtbilder herstellt, diese ohne Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 KunstUrhG) und sonstige Rechtfertigungsgründe (§ 23 KunstUrhG) veröffentlichen und sich dadurch nach § 33 KunstUrhG strafbar machen wird. Das KunstUrhG beschränkt sich auf das Verbot der nicht durch die Einwilligung des Betroffenen gedeckten Veröffentlichung und Verbreitung des Bildnisses. Da die Presse regelmäßig erst nach Sichtung des Fotomaterials über die Art und Weise der Veröffentlichung entscheidet und in dieser Entscheidungsfindung durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundsätzlich geschützt ist, kann die Anfertigung der Bildaufnahmen von Personen der Presse nicht generell von vornherein verboten werden (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 123).
34 
Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kommt in Betracht bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG). Aus diesem Bereich stammen in erster Linie Bildnisse, in denen der Abgebildete nicht bloß als Person, sondern wegen seiner Verbindung zum Zeitgeschehen das Interesse der Öffentlichkeit findet. Zur Zeitgeschichte zählt das gesamte politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben und darüber hinaus alles, was Gegenstand der Aufmerksamkeit, Wissbegier oder Anteilnahme der Öffentlichkeit ist. Ein dauerhaftes Interesse ist nicht Voraussetzung. Auch ein nur regionales oder lokales Interesse reicht aus (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 23 KUG Rn. 3; Kröner in HH-KO/MedienR, 34/44). Daran gemessen hat es sich bei dem SEK-Einsatz in Schwäbisch Hall um ein zeitgeschichtliches Ereignis von jedenfalls lokaler Bedeutung gehandelt.
35 
Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG hätte allerdings ein berechtigtes Interesse der Einsatzkräfte der Verbreitung von Bildnissen, auf denen sie identifizierbar sind, entgegengestanden. Diese Vorschrift erfordert eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und konkreten Umstände. Grundsätzlich kann jedes individuelle persönlichkeitsrechtliche Interesse ein berechtigtes Interesse begründen. Grenzen der Abbildungsfreiheit sind insbesondere die Privat- und Intimsphäre, die Verbreitung von Bildnissen mit negativer Tendenz, die Gefährdung des Abgebildeten und die Verwendung von Bildnissen zu Werbezwecken. Ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 23 Abs. 2 KunstUrhG kann auch die nicht ganz fernliegende Gefährdung von Leben und Gesundheit des Abgebildeten für den Fall der Verbreitung und Veröffentlichung des Bildnisses sein, etwa bei Polizeibeamten oder bei nicht enttarnten V-Leuten (Dreier, a.a.O., § 23 KUG Rn. 34). Diese Gefahr dürfte hier mit Blick auf die Gefahr von Racheakten der sog. russischen Mafia bestanden haben.
36 
Allerdings fehlte es an einer konkreten Gefahr der Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos, auf denen die SEK-Beamten erkennbar sind, unter Verstoß gegen § 33 KunstUrhG. Zwar muss bei einem Pressefotografen grundsätzlich damit gerechnet werden, dass dessen Aufnahmen auch veröffentlicht werden. Es darf aber nicht von vornherein und ohne weitere Anhaltspunkte zukünftiges rechtswidriges Verhalten unterstellt werden. Vielmehr muss im Hinblick auf die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen einer unrechtmäßigen Veröffentlichung grundsätzlich von der Rechtstreue des Fotografen ausgegangen werden (Senatsurteil vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - VBlBW 1995, 282 = NVwZ-RR 1995, 527; OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 30.04.1997 - 11 A 11657/96 - NVwZ-RR 1998, 237; OVG NRW, Beschl. v. 30.10 2000 - 5 A 291/00 - DÖV 2001, 476; SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 752; v. Olenhusen, MR-Int 2009, 23 <24>). Droht die Gefahr der Enttarnung, obliegt es zunächst dem Einsatzleiter, dies dem Pressefotografen deutlich zu machen. Ist dies geschehen, so darf und muss er grundsätzlich darauf vertrauen, dass keine Portrait- oder Nahaufnahmen veröffentlicht und gefährdete Beamte vor einer Veröffentlichung der Bilder in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Ein bloßer Augenbalken wird dabei regelmäßig nicht genügen, um die Erkennbarkeit zuverlässig auszuschließen. Vielmehr werden grundsätzlich nur Abbildungen mit vollständig gepixeltem Gesicht in Betracht kommen. Die Vermutung der Rechtstreue greift nicht ein, wenn gegenteilige Indizien vorliegen. Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten können etwa in einem gleichartigen Vorverhalten gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2000 - 1 S 2239/99 - VBlBW 2001, 102). Danach war hier, da die Journalisten sich durch ihre Presseausweise ausgewiesen hatten, sie kooperationsbereit waren und dem Einsatzleiter zum damaligen Zeitpunkt keine negativen Erkenntnisse vorlagen, von einem rechtstreuen Verhalten auszugehen. Die Gefahr der Veröffentlichung von Bildern ohne ausreichende Anonymisierung bestand daher aus der maßgeblichen ex ante-Sicht nicht. Es hätte ausgereicht, die Pressevertreter auf die Gefahr der Enttarnung hinzuweisen und sich zu vergewissern, dass diese sich ihrer journalistischen Pflichten bewusst sind.
37 
e) Nichts Abweichendes ergibt sich bezüglich der Vermutung der Rechtstreue daraus, dass es um einen Einsatz besonders gefährdeter SEK-Beamter ging und der Einsatzleiter für den Fall der Veröffentlichung der Bilder auch die Funktionsfähigkeit des SEK bedroht sah. Gilt die Vermutung der Rechtstreue der Presse selbst bei Gefahren für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen, die nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ein berechtigtes Interesse der Abgebildeten an der Nichtveröffentlichung begründen, so kann mit Blick auf die Funktionsfähigkeit des SEK nichts anderes gelten. Insoweit ist ebenfalls das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit betroffen, die die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, hier der Polizei, mit einschließt. Dass der Schaden nur für eine Teileinheit der Polizei, das SEK, droht, schließt die Bejahung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus, da diesem Kommando als besonderer Dienststelle auch besonders schwierige Fahndungen und Observationen obliegen, für die die Angehörigen des SEK durch eine längere und kostenintensive Spezialausbildung vorbereitet werden. Diese Spezialisten könnten im Falle ihrer nach Enttarnung ausgeschlossenen weiteren Einsetzbarkeit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens auch nicht kurzfristig durch andere Beamte zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Sondereinheit der Polizei ersetzt werden. Die Gefahren für die Funktionsfähigkeit des SEK sind indes nicht von größerem Gewicht als die Gefahren für Leben und Gesundheit der Beamten und ihrer Familienangehörigen, so dass die Abwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit insoweit nicht zu einem anderen Ergebnis führen kann (im Ergebnis ebenso SaarlOVG, Urt. v. 11.04.2002 - 9 R 3/01 - juris).
38 
f) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war ein Einschreiten des Einsatzleiters auch nicht zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der SEK-Beamten zulässig. Im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind die Vorschriften der §§ 22 ff. KunstUrhG für ihren Geltungsbereich leges speciales (Steffen in Löffler, a.a.O., § 6 LPG Rn. 119; Dreier, a.a.O., Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 3). Soweit es um die Verletzung des Rechts am eigenen Bild als besondere rechtliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geht, scheidet ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher aus. Allerdings erfassen die §§ 22 ff. KunstUrhG nur das Veröffentlichen und Verbreiten von Bildnissen; es kann daher in Einzelfällen in Betracht kommen, dass bereits allein das Fotografieren einen spezifischen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der SEK-Beamten darstellt. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Im Übrigen wäre das Subsidiaritätsprinzip des § 2 Abs. 2 PolG zu beachten (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22.02.1995 - 1 S 3184/94 - a.a.O. und vom 08.05.2008 - 1 S 2914/07 - VBlBW 2008, 375).
39 
g) Soweit der Gefahr entgegengewirkt werden soll, dass die Identität der SEK-Beamten durch einen kriminellen Zugriff - etwa durch Angehörige der sog. russischen Mafia - auf die gefertigten Bildaufnahmen aufgedeckt wird und dadurch Leben und Gesundheit der SEK-Beamten und ihrer Familienangehörigen sowie die Einsatzfähigkeit des SEK bedroht werden, geht es um Szenarien, die von der Presse nicht zu kontrollieren sind, so dass zu deren Verhinderung ein präventives Einschreiten der Polizei geboten erscheint. Ohne Zweifel war das Fotografierverbot insoweit geeignet, derartigen Gefahren zu begegnen. Es war jedoch nicht erforderlich. Der bezeichneten Gefahr kann im Regelfall - ohne dass es eines Fotografierverbots bedarf - dadurch wirksam begegnet werden, dass der Pressevertreter zur vorübergehenden Herausgabe des Speichermediums bis zu einer gemeinsamen Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei aufgefordert wird. Eine solche Vorgehensweise wäre auch hier möglich gewesen. Zeigt sich der Pressevertreter insoweit nicht kooperationsbereit und verweigert die Herausgabe, kann hieraus auf seine Unzuverlässigkeit geschlossen werden. Sind in einer solchen Situation tatsächliche Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Verwendung der Bildaufnahmen gegeben, die den berechtigten Sicherheitsinteressen des SEK und seiner Beamten nicht gerecht wird, oder droht ein widerrechtlicher Zugriff Dritter auf die Bilder, der durch ein späteres Einschreiten nicht zuverlässig verhindert werden könnte, kommt eine vorübergehende Beschlagnahme des Speichermediums auf der Grundlage des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG in Betracht. Der nicht kooperationsbereite Pressevertreter könnte insoweit als Handlungsstörer (§ 6 PolG) Adressat einer Beschlagnahmever-fügung sein. Die Beschlagnahme wäre in diesem Fall gegenüber einem Fotografierverbot mit Blick auf die Pressefreiheit das mildere Mittel, weil sie eine Recherche und im Ergebnis eine Bildberichterstattung ermöglichen würde. Die Polizei wäre im Falle einer Beschlagnahme verpflichtet, zeitnah - in der Regel noch am gleichen Tag - in Kooperation mit dem Presseunternehmen über die Speicherung, Bearbeitung, Veröffentlichung und ggf. Löschung der gefertigten Aufnahmen zu entscheiden.
40 
4. Die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme der Kamera samt Speichermedium waren ebenfalls rechtswidrig. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG vorgelegen haben, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Androhung bzw. Ankündigung der Beschlagnahme wegen der Verknüpfung mit dem rechtswidrigen Fotografierverbot ermessensfehlerhaft. Die angedrohte bzw. angekündigte Beschlagnahme sollte der Durchsetzung des - rechtswidrigen - Fotografierverbots dienen.
III.
41 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
42 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
43 
Beschluss vom 19. August 2010
44 
Der Streitwert für beide Rechtszüge wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Für beide Streitgegenstände - Fotografierverbot und Androhung der Beschlagnahme - ist jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
10 
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
11 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.