Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Mai 2013 - 11 S 2336/12

bei uns veröffentlicht am27.05.2013

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Artikel 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu folgenden Fragen eingeholt:

1. a) Ist die Regelung des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG über die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels an Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, auch bei der Aufhebung eines bereits erteilten Aufenthaltstitels zu beachten?

b) Ist diese daher dahingehend auszulegen, dass sie der Aufhebung oder Beendigung des Aufenthaltstitels (etwa durch eine Ausweisung nach nationalem Recht) eines anerkannten Flüchtlings entgegensteht, wenn nicht die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG oder "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG gegeben sind?

2. Für den Fall, dass die Fragen unter 1 zu bejahen sind:

a) Wie ist der Ausschlussgrund der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG mit Blick auf Gefahren auszulegen, die von der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ausgehen?

b) Können „zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG gegeben sein, wenn ein anerkannter Flüchtling unter anderem durch das Einsammeln von Spenden und die ständige Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt hat, selbst wenn die Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Refoulement-Verbots nach Art. 33 Abs. 2 GFK und damit auch die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG nicht erfüllt sind?

3. Für den Fall, dass die Frage unter 1a) zu verneinen ist:

Ist die Aufhebung bzw. Beendigung des einem anerkannten Flüchtling erteilten Aufenthaltstitels (etwa durch eine Ausweisung nach nationalem Recht) unionsrechtlich nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG (bzw. der gleichlautenden Nachfolgeregelung der Richtlinie 2011/95/EU) zulässig?

Gründe

 
A)
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung sowie gegen eine ihm auferlegte räumliche Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.
Der 1956 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er lebt seit 1989 mit seiner Ehefrau, welche ebenfalls türkische Staatsangehörige ist, und mit inzwischen acht gemeinsamen Kindern, von denen fünf die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist bis heute Flüchtling im Sinne des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Auf seinen Asylantrag wurde er am 24.06.1993 als Asylberechtigter anerkannt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des - damals geltenden - § 51 Abs. 1 AuslG (Flüchtlingsschutz, heute § 60 Abs. 1 AufenthG) vorliegen. Die Anerkennung wurde mit den exilpolitischen Aktivitäten des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland und der ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei drohenden politischen Verfolgung begründet (vgl. Urteil des VG Minden vom 08.02.1993). Der im Wesentlichen mit geänderten Verhältnissen in der Türkei begründete Widerruf der Asylanerkennung und der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG durch Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.08.2006 wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30.11.2007 aufgehoben. Seit dem 07.10.1993 ist der Kläger im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels.
Der Kläger war in den 1990er-Jahren in vielfältiger Weise für die PKK (Partiya Karkerên Kurdistan, Arbeiterpartei Kurdistans) bzw. deren Neben- oder Nachfolgeorganisationen exilpolitsch aktiv. Mit Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22.11.1993 wurden der PKK und der ENRK (Eniya Rizgariya Neteweyî ya Kurdistanê, Nationale Befreiungsfront Kurdistans) - einer inzwischen aufgelösten, damals in Deutschland für die PKK aktiven "Frontorganisation" - verboten, sich in Deutschland zu betätigen. Nach § 20 Vereinsgesetz macht sich unter anderem strafbar, wer diesem Verbot zuwiderhandelt (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 18 Satz 2 VereinsG). 1992 wurde der Kläger in den Vorstand des "Arbeiter- und Kulturzentrums der Kurden Bielefeld" gewählt. Der Verein wurde 1993 als Teilorganisation der PKK verboten. Im Asylverfahren gab der Kläger selbst an, er besuche alle Veranstaltungen und Demonstrationen der ERNK. Dabei sei er teilweise als Ordner eingesetzt. Diese exilpolitischen Aktivitäten setzte der Kläger auch nach seiner Asylanerkennung fort. Es kam deshalb zu strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Im Jahr 2001 beteiligte er sich an der Unterschriftenaktion im Rahmen der so genannten "Identitätskampagne" der PKK und unterzeichnete die Erklärung "Auch ich bin ein PKK'ler". Nach Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg nahm der Kläger in den folgenden Jahren, auch nach dem Umzug seiner Familie aus dem Raum Bielefeld nach Mannheim im Jahr 2002, weiter regelmäßig an Demonstrationen und Veranstaltungen teil, bei welchen es um die Rechte der Kurden, um die PKK und/oder deren Generalsekretär Abdulah Öcalan ging, darunter auch solche mit einer besonderen PKK-Nähe, wie Veranstaltungen aus Anlass des Gründungsjahrestages der PKK, des Geburtstags und des Jahrestags der Festnahme von Öcalan, so genannte "Märtyrergedenkfeiern" (Feiern zum Gedenken an gefallene PKK-Kämpfer und Selbstmordattentäter) und "Volksversammlungen".
Im Juni 2006 reiste der Kläger in den Irak. Er hielt sich dort zwei Monate lang auf und besuchte Verwandte sowie diverse Orte bzw. Stationen im Grenzgebiet zur Türkei. 2007 unternahm er mit seinem ältesten Sohn eine weitere Reise in den Irak.
Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 10.01.2007 wegen des Verdachts eines - durch Betätigung für die PKK begangenen - Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurden unter anderem eine handschriftlich verfasste Spendenliste mit 16 Namen und Beträgen zwischen 100 und 1000 EUR sowie eine mit dem Computer im Jahr 2006 erstellte Spendenliste, welche in 4 Ortsbezirke unterteilt war und auf der hinter 29 der insgesamt 48 aufgeführten Namen monatliche Spenden im Zeitraum von Januar bis Mai in Höhe von 10 bis 30 EUR pro Monat vermerkt waren, aufgefunden, außerdem ein Zettel und ein Notizbuch mit Vermerken zu eingesammelten Beträgen, Ausdrucke eines Vordrucks für eine Spendenliste, 4 Zeitschriften Serxwebun, Fotos mit Abdullah Öcalan, darunter eines mit der Aufschrift "PKK" im Scheckkartenformat im Geldbeutel des Klägers, Fotos des Klägers neben bewaffneten Personen, welche von der Reise des Klägers in den Irak im Juni 2006 stammten, Flaggen bzw. Fahnen mit dem Emblem der "KKK" (Koma Komalên Kurdistan), Flaggen mit einer Abbildung von Abdullah Öcalan sowie ein Buch von Öcalan. Der Kläger wurde daraufhin mit Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 03.12.2008 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG) zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt. Nach den Feststellungen im Urteil hat er dem Verbot einer Betätigung für die PKK zuwidergehandelt. Die PKK bzw. die KONGRA-GEL finanzierten sich durch Beiträge für legale kurdische Vereine, monatliche Mitgliedsbeiträge der Anhänger, Verkauf von Publikationen, Einnahmen beim jährlichen „Kurdistanfestival“ und andere Feste auf örtlicher Ebene sowie Einnahmen aus der jährlich im Herbst/Winter durchgeführten „Spendenkampagne“. Bei dieser „Spendenkampagne“ setze der für Europa zuständige „Rat“ fest, welche Beträge von den einzelnen europäischen Ländern zu erbringen seien. Diese würden auf der jeweiligen Hierarchieebene Raum bzw. Gebiet aufgeschlüsselt. Dabei würden Listen der ortsansässigen Kurden verwendet und die von diesen zu erbringenden „Spenden“ nach der Höhe des jeweiligen Einkommens festgesetzt, wobei etwa ein Monatseinkommen zu erbringen sei. Die Spenden würden von so genannten „Sammelteams“ von zwei bis drei Personen eingesammelt, notfalls auch mit Gewalt eingetrieben. Im Zuge der hierarchischen Gebietsstruktur der PKK sei auch die Bundesrepublik Deutschland in mehrere Gebiete gegliedert, denen jeweils ein Gebietsverantwortlicher vorstehe, der regelmäßig nach einem Jahr ausgewechselt werde. Im Jahr 2005 sei dies bis zum Oktober im Gebiet Mannheim der Gebietsverantwortliche M.T., Deckname D., gewesen. Die Gebiete seien wiederum in Räume aufgeteilt, denen jeweils ein Raumverantwortlicher vorstehe. So sei das Gebiet Mannheim in die Räume Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg, Worms, Bruchsal, Karlsruhe und Germersheim aufgeteilt. Verantwortlicher im Raum Mannheim sei im Jahr 2005 eine nicht identifizierte Person namens Ma. gewesen. Der Kläger sei in den Jahren 2005 und 2006 im Raum Mannheim in gehobener Funktion für die PKK aktiv gewesen. Er sei direkt dem Raumverantwortlichen für Mannheim namens Ma. unterstellt und auch direkter Ansprechpartner des Gebietsverantwortlichen M.T. gewesen. Dies schließe die Strafkammer daraus, dass er als einer von wenigen Adressaten vom Gebietsverantwortlichen M.T. zwei Rundschreiben per SMS erhalten habe, in welchen er dazu aufgefordert worden sei, als einer der "Freunde, die für die Räume verantwortlich seien, ... die Freunde, mit denen er "zusammenarbeite, zu benachrichtigen". Außerdem seien sein Vorname und seine Handynummer auf sichergestellten Notizzetteln des Gebietsverantwortlichen M.T. notiert gewesen. In der von ihm übernommenen Funktion habe sich der Kläger mit dem Sammeln und der Weiterleitung von Spenden für die PKK und gelegentlich auch mit der Verteilung der Zeitschrift Serxwebun - eines der Publikationsorgane der PKK bzw. der Nachfolgeorganisation KONGRA-GEL - befasst. Er habe in den im einzelnen aufgeführten Fällen (von insgesamt 29 Personen aus vier Bezirken des Raums Mannheim - jeweils von Januar bis Mai, teilweise auch nur bis März oder April 2006) selbst oder unter Einschaltung von Hilfspersonen Spenden für die PKK gesammelt, diese in seiner Spendenliste verbucht und an ein zentrales Finanz- und Wirtschaftsbüro der PKK, wahrscheinlich in Brüssel, abführen lassen. Er habe sich zudem noch am 10.01.2007 von seinem Sohn mit Hilfe des Computers einen neuen Vordruck einer Spendenliste erstellen lassen. Der Kläger habe das gegen die PKK verhängte Betätigungsverbot gekannt. Ihm sei bewusst gewesen, dass die Spendenkampagnen für die PKK von großer Bedeutung seien. An ihnen und an dem Verkauf der Zeitschrift habe er mit dem Willen teilgenommen, die PKK zu fördern und die Eintreibung von Spenden und Einnahmen aus Zeitungsverkäufen an den Vorgaben der Partei auszurichten. Nach Verwerfung der Revision durch den Bundesgerichtshof wurde das Urteil am 08.04.2009 rechtskräftig.
Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.03.2012 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziff. 1). Er wurde außerdem verpflichtet, sich zweimal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Sein Aufenthalt wurde auf den Bereich der Stadt Mannheim begrenzt (Ziff. 2). Die Ausweisung wurde auf §§ 55, 56 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Als Ausweisungsgrund wurde § 54 Nr. 5 AufenthG herangezogen, wonach ein Ausländer in der Regel ausgewiesen wird, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder unterstützt hat oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Mit Blick auf die bestehende familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger, seiner Ehefrau und den minderjährigen Kindern und unter Berücksichtigung seines unbefristeten Aufenthaltsrechts sowie des Status als Asylberechtigter und Flüchtling erging die Ausweisungsverfügung jedoch als Ermessensentscheidung (§§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 3, 4 und 5, Satz 5 AufenthG, 55 AufenthG, Art. 6 Abs. 1 GG, 8 EMRK). Zur Begründung wurde ausgeführt: Bei der PKK und deren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL handle es sich um Vereinigungen im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die Aktivitäten des Klägers wie insbesondere das Eintreiben von Spenden, der Verkauf der PKK-Zeitung Serxwebun und auch die ständige Teilnahme an Veranstaltungen der PKK bzw. PKK-naher Vereine seien als Unterstützung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Dabei sei auch von einer gegenwärtigen Gefährlichkeit auszugehen. Schließlich seien bis weit ins Jahr 2011 Unterstützungshandlungen nachgewiesen. Dem Interesse des Klägers an seinem Verbleib im Bundesgebiet, das sich aus den bestehenden persönlichen und familiären Bindungen ergebe, werde durch Duldungen (d.h. eine Aussetzung der Abschiebung ohne Aufenthaltstitel) Rechnung getragen werden.
Die vom Kläger gegen diesen Bescheid erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.08.2012 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde dargelegt: Der Umstand, dass der Kläger durch Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 03.12.2008 rechtskräftig wegen des Sammelns von Spenden für die PKK verurteilt worden sei, rechtfertige ohne weiteres die Annahme einer relevanten Unterstützungstätigkeit, wenn diese Tätigkeiten nicht sogar auf eine Zugehörigkeit zur Organisation selbst hinwiesen. Des Weiteren stelle jedenfalls der regelmäßige, über Jahre erfolgte häufige Besuch der dem Kläger vorgehaltenen Veranstaltungen, insbesondere wenn es sich um so genannte Märtyrergedenkveranstaltungen und Feiern zum Jahrestag der Gründung der PKK handle, eine relevante Unterstützungstätigkeit dar. Durch das Einsammeln der Spenden und deren Weiterleitung habe der Kläger die PKK sogar in qualifizierter Weise unterstützt.
Auf den vom Kläger gestellten Antrag hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.11.2012 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zugelassen.
Der Kläger bestreitet, dass es sich bei der PKK um eine terroristische Vereinigung handelt. Jedenfalls habe er diese nicht unterstützt. Außerdem seien die für ihn als anerkannten Flüchtling geltenden Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG, Art. 21 und Art. 24, nicht berücksichtigt worden. Eine Ausweisung setze nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie voraus, dass der Betroffene aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik anzusehen sei. Solche wären nur zu bejahen, wenn er eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze, in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, unterstützt hätte. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben, auch nicht mit Blick auf seine strafrechtliche Verurteilung wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot. Dieser lägen Vorgänge aus den Jahren 2005 und 2006 zugrunde. Ob von ihm - unterstellt die vom beklagten Land behaupteten Aktivitäten träfen zu - eine aktuelle Gefährdung, ausginge, sei weder überprüft noch festgestellt worden. Die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG seien schon deshalb eindeutig nicht erfüllt, weil die danach erforderlichen „zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ schwerwiegendere Gründe als die in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie genannten Gründe voraussetzten. Diesbezüglich sei zur Auslegung auf Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG - Unionsbürgerrichtlinie - abzustellen.
10 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 04.04.2013 hat der Kläger erklärt, er habe die ihm im Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 03.12.2008 zur Last gelegte Straftat nicht begangen und auch nie eingeräumt. Er sei Kurde und sehe sich als "progressiver Kurde", weshalb er sich verpflichtet fühle, an Newroz-Festen, Demonstrationen und Veranstaltungen von Kurden teilzunehmen. Als Kurde möge er die PKK; er stehe hinter ihr. Er sei aber kein "PKK'ler". Zu letzteren zähle er die Personen, die in den Bergen gegen den Feind kämpfen. Veranstaltungen in Gedenken an die PKK, wie zum Beispiel zum Jahrestag ihrer Gründung, seien für ihn persönlich zwar nicht wichtig. Wenn es aber "für das Volk" wichtig sei, dass er daran teilnehme, könne es sein, dass er das auch mache. Feiern aus Anlass des Geburtstages von Öcalan seien nicht verboten und für ihn persönlich "schon wichtig". An Märtyrergedenkveranstaltungen nehme er teil, wenn es ihm danach sei. Wenn in den Räumen des kurdischen Vereins Versammlungen durchgeführt worden seien, sei er hingegangen. Es habe sich immer um erlaubte Veranstaltungen gehandelt. Als Vorstandsmitglied des kurdischen Vereins in Bielefeld Anfang der 1990-er Jahre habe er lediglich die Aufgabe gehabt, die Einkäufe für den Verein zu erledigen. Nach dem Verbot der PKK habe es deshalb bei ihm zu Hause eine Razzia gegeben und er sei auch angeklagt worden. Später habe er keine Aufgaben mehr übernommen. Nach seinem Umzug nach Mannheim 2002 sei er zwar zunächst noch Mitglied des örtlichen Kulturvereins der Kurden gewesen, nach Verlegung des Vereinssitzes in die benachbarte Stadt Ludwigshafen aber nicht mehr. Wegen der mit der Ausweisungsverfügung gegen ihn verhängten Beschränkung seines Aufenthalts auf die Stadt Mannheim sei er auch nicht mehr dorthin gegangen, früher habe er sich einmal die Woche, manchmal auch täglich, in den Vereinsräumen aufgehalten. Seine Reise in den Irak sei für ihn wie eine "Pilgerreise" gewesen. Dies habe er unter anderem deshalb so empfunden, weil dort sogar Staatsbedienstete wie Polizisten, Richter usw. kurdischer Volkszugehörigkeit seien. Mit einem Neffen sei er überall unterwegs gewesen. Bewaffnete Personen wie die, mit denen er sich auf Fotos habe ablichten lassen, gebe es dort überall.
11 
Das beklagte Land verteidigt den angegriffenen Ausweisungsbescheid. Art. 24 Abs. 1 sowie Art. 21 Abs. 2 und 3 RL 2004/83/EG stünden einer Ausweisung nicht entgegen. Der Kläger sei schließlich rechtskräftig wegen des Sammelns von Spenden für die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen verurteilt worden. Den Urteilsgründen des Strafurteils sei zu entnehmen, dass er in den Jahren 2005 und 2006 in Mannheim in gehobener Funktion für die PKK aktiv gewesen sei. Durch das Sammeln von Spenden habe er nicht nur die Strukturen der PKK in Deutschland gestärkt, sondern darüber hinaus auch die kämpfende PKK in der Türkei, die sich unter anderem durch die Spenden ihrer Anhänger finanziere, im Vorfeld qualifiziert unterstützt. Die Ausübung der genannten Tätigkeiten und die gehobene Funktion des Klägers im Raum Mannheim verdeutlichten seine strukturelle Einbindung in die Organisation, durch welche er das Gefährdungspotential der PKK mittrage. Dem stehe nicht entgegen, dass seine Verurteilung schon mehrere Jahre zurückliege. Selbst wenn er seither nicht mehr für das Sammeln von Spenden zuständig sei, belege doch die in den darauffolgenden Jahren weiterhin erfolgte regelmäßige Teilnahme an zahlreichen Demonstrationen und Veranstaltungen der PKK das Fehlen der inneren und äußeren Abkehr von der PKK und deren Zielen.
B)
12 
Der Rechtsstreit ist in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO auszusetzen und es ist eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen (Art. 267 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AEUV).
I.
13 
Die für die Erörterung der Vorlagefragen maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
14 
1. Völkerrecht und Unionsrecht
15 
a) Genfer Flüchtlingskonvention
16 
(Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951; GFK)
17 
Artikel 28 - Reiseausweise
18 
1. Die vertragschließenden Staaten werden den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Gebiet aufhalten, Reiseausweise ausstellen, die ihnen Reisen außerhalb dieses Gebietes gestatten, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen; …
19 
Artikel 32 - Ausweisung
20 
1. Die vertragschließenden Staaten werden einen Flüchtling, der sich rechtmäßig in ihrem Gebiet befindet, nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausweisen.
21 
Artikel 33 - Verbot der Ausweisung und Zurückweisung
22 
1. Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.
23 
2. Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.
24 
b) Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ)
25 
Artikel 21
26 
(1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen.
27 
c) Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU L 304 vom 30.09.2004, S. 12; im folgenden RL 2004/83/EG bzw. "Richtlinie“)
28 
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
...
29 
in Erwägung nachstehender Gründe:
30 
...
(6) Das wesentliche Ziel dieser Richtlinie ist es einerseits, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass allen diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird.
31 
(7) Die Angleichung der Rechtsvorschriften über die Anerkennung und den Inhalt der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sollte dazu beitragen, die Sekundärmigration von Asylbewerbern zwischen Mitgliedstaaten, soweit sie ausschließlich auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften beruht, einzudämmen.
32 
(22) Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen sind in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt; sie sind unter anderem in den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen verankert, in denen erklärt wird, “dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“ und “dass die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“.
...
33 
(28) Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.
...
34 
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
35 
Artikel 14 - Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft
36 
...
(4) Die Mitgliedstaaten können einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
37 
a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält;
b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
38 
(5) In den in Absatz 4 genannten Fällen können die Mitgliedstaaten entscheiden, einem Flüchtling eine Rechtsstellung nicht zuzuerkennen, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist.
39 
Artikel 21 - Schutz vor Zurückweisung
40 
(1) Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
41 
(2) Ein Mitgliedstaat kann, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn
42 
a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.
43 
(3) Die Mitgliedstaaten können den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.
44 
Artikel 24 - Aufenthaltstitel
45 
(1) So bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikels 21 Absatz 3 stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel aus, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
46 
Unbeschadet des Artikels 23 Absatz 1 kann der Aufenthaltstitel, der Familienangehörigen von Personen ausgestellt wird, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, weniger als drei Jahre gültig und verlängerbar sein.
47 
(2) So bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel aus, der mindestens ein Jahr gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
48 
d) Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU L 337 vom 20.12.2011, S. 9, im Folgenden RL 2011/95/EU)
49 
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
50 
in Erwägung nachstehender Gründe:
51 
...
(12) Das wesentliche Ziel dieser Richtlinie besteht darin, einerseits zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten gemeinsame Kriterien zur Bestimmung der Personen anwenden, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird.
52 
(13) Die Angleichung der Rechtsvorschriften über die Zuerkennung und den Inhalt der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sollte dazu beitragen, die Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, zwischen Mitgliedstaaten einzudämmen, soweit sie ausschließlich auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften beruht.
...
53 
(31) Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen sind in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt; sie sind unter anderem in den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen verankert, in denen erklärt wird, dass die "Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen" und dass die "wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen".
...
54 
(37) Der Begriff der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.
...
55 
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
56 
Artikel 14 - Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft
57 
...
(4) Die Mitgliedstaaten können einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
58 
a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält;
b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.
59 
(5) In den in Absatz 4 genannten Fällen können die Mitgliedstaaten entscheiden, einem Flüchtling eine Rechtsstellung nicht zuzuerkennen, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist.
60 
Artikel 21 - Schutz vor Zurückweisung
61 
(1) Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
62 
(2) Ein Mitgliedstaat kann, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn
63 
a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder
b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.
64 
(3) Die Mitgliedstaaten können den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.
65 
Artikel 24 - Aufenthaltstitel
66 
(1) So bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes und unbeschadet des Artikels 21 Absatz 3 stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel aus, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
67 
Unbeschadet des Artikels 23 Absatz 1 kann der Aufenthaltstitel, der Familienangehörigen von Personen ausgestellt wird, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, weniger als drei Jahre gültig und verlängerbar sein.
68 
(2) So bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, und ihren Familienangehörigen einen verlängerbaren Aufenthaltstitel aus, der mindestens ein Jahr und im Fall der Verlängerung mindestens zwei Jahre gültig sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
69 
e) Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, ABl. L 158 vom 30.04.2004, S. 77, ber. ABl. L 229 vom 29.06.2004, S. 35; im Folgenden RL 2004/38/EG)
70 
Artikel 28 - Schutz vor Ausweisung
71 
...
(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie
72 
a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder
b) minderjährig sind, es sei denn, ...
73 
2. Nationales Recht:
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a) Aufenthaltsgesetz (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet vom 30.07.2004, BGBl. I 1950, in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.02.2008, BGBl. I, S. 162, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 15.02.2013, BGBl. I, S. 254; AufenthG)
75 
§ 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot
76 
(1) Ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, darf nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm wird auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Die in den Sätzen 1 und 2 bezeichneten Wirkungen werden auf Antrag befristet. Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei der Bemessung der Länge der Frist wird berücksichtigt, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist. Die Frist beginnt mit der Ausreise. …
(2) ...
77 
§ 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen
78 
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.
79 
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat (§ 3 Abs. 4 des Asylverfahrensgesetzes). Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
...
80 
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist...
81 
§ 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen
82 
(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:
83 
...
5. Ausweisung des Ausländers,
84 
§ 54 Ausweisung im Regelfall
85 
Ein Ausländer wird in der Regel ausgewiesen, wenn
1. ...
...
86 
5. Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat; auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen kann die Ausweisung nur gestützt werden, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen,
87 
§ 54a Überwachung ausgewiesener Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit
88 
(1) Ein Ausländer, gegen den eine vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5, 5a oder Nr. 5b oder eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. …
89 
(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.
90 
§ 55 Ermessensausweisung
91 
(1) Ein Ausländer kann ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt.
92 
(2) Ein Ausländer kann nach Absatz 1 insbesondere ausgewiesen werden, wenn er ...
93 
(3) Bei der Entscheidung über die Ausweisung sind zu berücksichtigen
94 
1. die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet,
2. die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen oder Lebenspartner des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft leben,
3. die in § 60a Abs. 2 und 2b genannten Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung.
95 
§ 56 Besonderer Ausweisungsschutz
96 
(1) Ein Ausländer, der
97 
1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
1a. eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzt,
2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich mindestens fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 bis 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4. mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
5. als Asylberechtigter anerkannt ist, im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt oder einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, genießt besonderen Ausweisungsschutz. Er wird nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegen in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 vor. Liegen die Voraussetzungen des § 53 vor, so wird der Ausländer in der Regel ausgewiesen. Liegen die Voraussetzungen des § 54 vor, so wird über seine Ausweisung nach Ermessen entschieden.
98 
§ 60 Verbot der Abschiebung
99 
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt wurden.
100 
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes erfüllt.
101 
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden.
102 
§ 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)
103 

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn…
...
104 
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
105 
b) Vereinsgesetz
106 
(Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts vom 05.08.1964, BGBl. I 1964, S. 593; VereinsG)
107 
§ 18 Räumlicher Geltungsbereich von Vereinsverboten
108 
Verbote von Vereinen, die ihren Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, aber Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs haben, erstrecken sich nur auf die Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs. Hat der Verein im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keine Organisation, so richtet sich das Verbot (§ 3 Abs. 1) gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich.
109 
§ 20 Zuwiderhandlungen gegen Verbote
110 
(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit
111 
...
4. einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5. ...,
112 
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ ….… des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist.
II.
113 
Zu den im Beschlusstenor angeführten Fragen - welche noch nicht Gegenstand von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs waren - ist eine Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV einzuholen, weil diese entscheidungserheblich sind und der Klärung bedürfen.
114 
Gemessen an den Bestimmungen des nationalen Rechts kann die Berufung keinen Erfolg haben. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht zu Recht abgewiesen, weil die Ausweisung und die mit ihr verfügte Aufenthaltsbeschränkung sowie die Meldeauflage danach als rechtmäßig zu beurteilen sind (dazu unter 1.). Es kommt daher darauf an, ob Unionsrecht - hier Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 oder Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG - einer Ausweisung des Klägers entgegensteht (2.)
115 
1. Der Senat ist aufgrund der vorliegenden Akten und Unterlagen sowie der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der Sachverhalt und die nationale Rechtslage - ohne Berücksichtigung von Art. 21 oder 24 RL 2004/83/EG - derzeit (maßgeblich wäre letztlich der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Senats über das Berufungsverfahren) wie folgt zu beurteilen wären:
116 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG sind gegeben (a). Die Ausweisung lässt sich nach nationalem Recht auch insgesamt rechtlich nicht beanstanden, insbesondere liegen keine Ermessensfehler vor (b). Danach wären die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Klägers und die ihm gegenüber verfügte Meldeauflage ebenfalls rechtmäßig (c).
117 
a) Der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG liegt vor.
118 
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris, Urteile des Senats vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 - juris und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, jew. m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 16.02.2012 - AK 1/12 und 2/12 - juris) sind die PKK und ihre Nachfolgeorganisationen - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris) und ändert nichts an deren bislang grundsätzlich weiter bestehenden Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei. Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP - ABl. EG L 116 vom 03.05.2002, S. 75, zuletzt aktualisiert mit Beschluss 2012/765/GASP des Rates vom 10.12.2012, ABl. EU L 337 vom 11.12.2012, S. 50). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09, B. und D. - Slg. 2010, I-10979, = juris).
119 
Zwar hat Abdullah Öcalan im März dieses Jahres eine Waffenruhe verkündet, die das Ergebnis von Verhandlungen mit dem türkischen Geheimdienst sein soll. Diese ist dann von der PKK tatsächlich ausgerufen worden. Inzwischen hat nach Medienberichten der Abzug von PKK-Kämpfern aus der Türkei bereits begonnen; er soll Ende des Jahres abgeschlossen sein. Allein deshalb kann aber noch nicht angenommen werden, die PKK wäre nicht mehr als terroristische Organisation anzusehen. Schließlich gab es auch in der Vergangenheit entsprechende Erklärungen, die zu keiner wesentlichen Änderung auf Dauer geführt haben. So wurde ein 1999 ausgerufener „Friedenskurs“ 2004 wieder beendet. Selbst in der Zwischenzeit hatte die PKK nicht auf Gewalt verzichtet.
120 
Der Senat ist auch der Überzeugung, dass der Kläger die PKK unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die von ihm ausgeübten Aktivitäten zur Unterstützung haben dabei sicherlich unterschiedliches Gewicht und unterschiedliche Qualität. Von besonderer Bedeutung ist das "Sammeln" bzw. "Eintreiben" und das Weiterleiten von Spenden für die PKK aus vier Bezirken des Raums Mannheim in den Jahren 2005 und 2006. Der Senat folgt insoweit den Feststellungen des Landgerichts Karlsruhe im Strafurteil vom 03.12.2008. Danach war der Kläger zwar nicht in einer Führungsposition, etwa als Gebiets- oder Raumverantwortlicher, für die PKK aktiv, er hatte aber jedenfalls eine besondere Stellung inne, welche einen aktiven Einsatz auch nach außen hin erforderte. Schließlich mussten die Spenden regelmäßig einkassiert und gegebenenfalls eingefordert werden. Die Spendenkampagnen sind für die PKK von großer Bedeutung, was dem Kläger bekannt war. Hinzu kommt der Verkauf der PKK-Zeitschrift Serxwebun. Länger zurück liegen die Aktivitäten des Klägers in Bielefeld als Vorstandsmitglied eines später verbotenen kurdischen Vereins Anfang der 1990er-Jahre. Diese sowie die regelmäßige Teilnahme an diversen PKK-nahen Veranstaltungen, auf welche sich der Kläger auch in seinen Asylverfahren berufen hat, zeigen aber, dass er seit seiner Einreise nach Deutschland durchgehend für die PKK aktiv war. Auch der bloße Besuch der angeführten Feiern bzw. Versammlungen mit einer besonderen PKK-Nähe, wie Veranstaltungen aus Anlass des Gründungsjahrestages der PKK, des Geburtstags und des Jahrestags der Festnahme von Öcalan sowie so genannte "Märtyrergedenkfeiern" und "Volksversammlungen" (vgl. zu letzteren genauer Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - a.a.O.) fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger. Diese Veranstaltungen haben schon von ihrem Anlass bzw. ihrer Thematik her für die Besucher erkennbar den Charakter einer Propagandaveranstaltung für die PKK und werden auch entsprechend inszeniert. Die durch eine Teilnahme an solchen besonderen Veranstaltungen ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung und Ansehen in der Gesellschaft, namentlich unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, damit ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen. Sie kann daher - auch in Ansehung der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit - als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung anzusehen sein (vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - sowie Urteile des Senats vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 - und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, jew. a.a.O. und m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 - juris). Davon ist hier in Anbetracht der Vielzahl von einschlägigen Veranstaltungen, die der Kläger im Laufe von mittlerweile über zwei Jahrzehnten besucht hat, auszugehen. Er hat in der mündlichen Verhandlung zudem deutlich gemacht, dass es ihm tatsächlich darum geht, die PKK zu unterstützen, und dass er sich verpflichtet fühlt, an entsprechenden Veranstaltungen teilzunehmen. Soweit er vorgetragen hat, er sei kein "PKK'ler", das seien doch nur die Kämpfer in den Bergen, und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach nicht darauf an, ob die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre oder ob die Veranstaltung, um deren Besuch es geht, verboten wurde (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 - a.a.O., m.w.N.). Abgesehen davon hat sich der Kläger unter anderem wegen des Einsammelns und Weiterleitens von Spenden für die PKK sogar strafbar gemacht.
121 
Vor dem Hintergrund der langjährigen Aktivitäten des Klägers kann auch nicht allein aus der Tatsache, dass er inzwischen weniger - und seit Ergehen der Ausweisungsverfügung am 27.03.2012 kaum mehr - an entsprechenden Veranstaltungen teilnimmt, geschlossen werden, dass er nicht mehr als Unterstützer der PKK anzusehen wäre. Es ist im Gegenteil bezeichnend, dass er selbst nach der Durchsuchung seiner Wohnung wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz am 10.01.2007 und während des daran anschließenden Strafverfahrens und selbst noch nach Hinweis durch das Regierungspräsidium in einem Schreiben vom 09.10.2009, dass seine Ausweisung geprüft werde, weiter PKK-nahe Veranstaltungen besucht hat. Seit Erlass des Ausweisungsbescheids vom 27.03.2012 ist zudem sein Aufenthalt aufgrund der darin unter Ziffer 2 verfügten sofort vollziehbaren Anordnung auf den Stadtbezirk Mannheims beschränkt. Dies ist seinen Angaben nach auch der Grund dafür, dass er nicht einmal mehr den kurdischen Verein in Ludwigshafen besucht. In der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass der Kläger sich lediglich mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und seine Aktivitäten andernfalls zumindest mit dem Besuch von Veranstaltungen der geschilderten Art fortsetzen bzw. wieder aufgreifen würde. Es ist daher davon auszugehen, dass er auch künftig die PKK nachhaltig unterstützen wird.
122 
b) Die Ausweisung ist - bei einer Beurteilung rein nach nationalem Recht - auch im Übrigen rechtmäßig.
123 
Unter anderem wegen seiner Rechtsstellung als anerkannter Asylbewerber und als Flüchtling sowie der bestehenden familiären Lebensgemeinschaft mit den minderjährigen Kindern deutscher Staatsangehörigkeit (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 AufenthG) genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier in Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, nicht gegeben. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§§ 56 Abs. 1 Satz 5, 55 AufenthG). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung insbesondere als verhältnismäßig anzusehen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Kläger Deutschland nicht - als Folge der Ausweisung - verlassen müsste, sondern jedenfalls weiter geduldet würde.
124 
c) Damit liegen auch die Voraussetzungen für Maßnahmen zur Überwachung ausgewiesener Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit nach § 54a Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG vor. Die Verpflichtung des Klägers unter Ziffer 2 des Bescheids vom 27.03.2012, sich zweimal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, beruht auf § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG; die Beschränkung seines Aufenthalts auf den Bereich der Stadt Mannheim folgt aus § 54a Abs. 2 AufenthG.
125 
2. Es ist aber weiter zu prüfen, ob - und gegebenenfalls in welcher Weise - die nach nationalem Recht bei der Ausweisung eines Flüchtlings geltenden Voraussetzungen durch vorrangiges Unionsrecht modifiziert werden. Das würde hier bedeuten, dass der Begriff der "schwerwiegenden Gründe" im Sinne des § 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG mit Blick auf Unionsrecht gegebenenfalls abweichend - unionsrechtskonform - auszulegen ist.
126 
Vorab ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass die Ausweisung des Klägers nicht an Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation zu messen ist. Da der Kläger nie einer Arbeit nachgegangen ist, hat er auch keine Rechtsstellung nach Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses erworben.
127 
Als unionsrechtlicher Prüfungsmaßstab für die Ausweisung des Klägers als anerkannter Flüchtling kommen die Regelungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 und des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG bzw. die entsprechenden Nachfolgevorschriften der Richtlinie 2011/95/EU in Betracht. Der Senat ist der Überzeugung, dass die Voraussetzungen des - auf die Ausweisung anzuwendenden - Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 RL 2004/83/EG im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind (dazu unter a). Deshalb stellen sich die Vorlagefragen (b).
128 
a) Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG ist auch bei der Ausweisung eines Flüchtlings nach deutschem Recht anwendbar (aa). Dessen Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor (bb).
129 
aa) Gemäß Art. 21 Abs. 1 RL 2004/83/EG achten die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Nach Absatz 2 der Regelung kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Gemäß Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.
130 
Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG gilt auch für Fälle, in denen der einem Flüchtling erteilte Aufenthaltstitel vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 RL 2004/83/EG) oder sogar vor deren Inkrafttreten am 20.10.2004 erteilt worden ist. Art. 21 RL 2004/83/EG enthält - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 RL 2004/83/EG bezüglich Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie gestellt werden - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass dessen Anwendbarkeit bei bereits erteilten Aufenthaltstiteln ausgeschlossen wäre. Auf die Frage, ob bereits auf die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, welche am 09.01.2012 in Kraft getreten ist (vgl. dazu deren Art. 41 Abs. 1), abzustellen ist, kommt es nicht an, weil Art. 21 unverändert geblieben ist (soweit im Folgenden auf Art. 21 RL 2004/83/EG abgestellt wird, gelten die entsprechenden Ausführungen daher ebenso bezüglich Art. 21 RL 2011/95/EU).
131 
Eine Ausweisung nach deutschem Recht führt nicht zwingend zu einer Abschiebung des Betreffenden und damit auch nicht zu einer "Zurückweisung" im Sinne des Art. 21 Abs. 1 und 2 RL 2004/83/EG, sie kann daher nicht unmittelbar gegen den in Absatz 1 angeführten Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen. Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass er unter anderem wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit den minderjährigen Kindern, von denen einige die deutsche Staatsangehörigkeit haben, (Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK) und wegen seines Status als anerkannter Asylbewerber und Flüchtling (§ 60 Abs. 1 AufenthG) nicht abgeschoben werden darf und soll.
132 
Auf eine Ausweisung finden jedoch die Regelungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 RL 2004/83/EG über die Möglichkeit zur Aufhebung bzw. Beendigung von Aufenthaltstiteln bei Flüchtlingen Anwendung. Dies folgt daraus, dass nach nationalem Recht (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) eine Ausweisung ohne Weiteres das Erlöschen des dem Betreffenden erteilten Aufenthaltstitels, hier der Niederlassungserlaubnis des Klägers, zur Folge hat. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird diesem auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem Aufenthaltsgesetz kein (neuer) Aufenthaltstitel erteilt (vgl. auch § 25 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Sie hat außerdem Folgen für den Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten, die nach deutschem Recht in der Regel an das Bestehen eines Titels (vgl. §§ 25 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 AufenthG, 4 Abs. 2 und 3 AufenthG) und nicht wie nach Art. 26 ff. RL 2004/83/EG an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft anknüpfen. Das beklagte Land geht im Übrigen davon aus, dass dem Kläger - sollte die Ausweisung rechtskräftig werden - jedenfalls vorerst kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann, sondern dass er lediglich einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, also auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung hat. Diese lässt die Ausreisepflicht unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG). Aus alledem folgt nach Auffassung des Senats, dass die Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings nach deutschem Recht der Beendigung eines Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG gleichzustellen ist.
133 
bb) Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG lässt jedoch im vorliegenden Fall nicht die Beendigung des Aufenthaltstitels - und damit in letzter Konsequenz auch nicht eine Ausweisung - zu. Erforderlich wäre danach, dass "Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet". Dieser Verweis auf den zweiten Absatz bedeutet, dass die Aufhebung bzw. die Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels voraussetzt, dass eine Zurückweisung des betreffenden Flüchtlings nicht nach völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt wäre (siehe dazu den Vorbehalt des Einleitungssatzes "sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist") und dass die in den Buchstaben a oder b des Art. 21 Abs. 2 RL der Richtlinie genannten Gefahren gegeben sind (BVerwG, Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - juris). Hier fehlt es schon am Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a oder b RL 2004/83/EG.
134 
Diese entsprechen im Wesentlichen den in Art. 33 Abs. 2 GFK enthaltenen Voraussetzungen für eine Durchbrechung des völkerrechtlichen Refoulement-Verbots (vgl. dazu Battjes in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, Ch. IV.3. Council Directive 2004/83/EC, Art. 21 Rn. 11). Art. 33 Abs. 1 GFK untersagt die Ausweisung oder Zurückweisung eines Flüchtlings über die Grenzen von Gebieten, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach Absatz 2 kann sich auf die Vergünstigung jedoch ein Flüchtling nicht berufen, "der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde". Die Parallelen zwischen den Ausnahmetatbeständen beider Vorschriften zeigen, dass nicht nur eine Zurückweisung nach Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG, sondern auch die Versagung bzw. Beendigung eines Aufenthaltstitels nur unter den Voraussetzungen zulässig ist, welche auch die Zurückschiebung eines Flüchtlings in das "Verfolgerland" ermöglichen würden, also nur bei "schwerwiegenden Gründen". Im Übrigen finden sich die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG auch in Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie. Danach können die Mitgliedstaaten einem Flüchtling die ihm zuerkannte Rechtsstellung (als Flüchtling) wieder aberkennen, beenden oder ihre Verlängerung ablehnen (Abs. 4), gegebenenfalls die Rechtsstellung von vornherein nicht zuerkennen (Abs. 5), wenn eine der angeführten Gefahren gegeben ist. Auch dies verdeutlicht, dass es sich um besonders gravierende Gefahren handeln muss. Zurückweisung und Ausschluss vom bzw. Aberkennung des Flüchtlingsstatus können nur "ultima ratio" sein (vgl. zu Art. 14 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2. Aufl 2012, § 37 Rn. 54; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 - juris). Bei der Gefahr für die Allgemeinheit gelten nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und in Art. 14 Abs. 4 Buchst. b RL 2004/83/EG mit dem Erfordernis der Verurteilung des Betreffenden wegen "eines besonders schweren Verbrechens" - jedenfalls dem Wortlaut nach - sogar höhere Anforderungen als gemäß Art. 33 Abs. 2, 2. Alternative GFK, wonach eine Verurteilung wegen "eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens" genügt.
135 
Offen bleiben kann hier, ob der Umstand, dass in der deutschen Fassung des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a und des Art. 14 Abs. 4 Buchst. a RL 2004/83/EG nicht "schwerwiegende Gründe" wie in Art. 33 Abs. 2 GFK, sondern lediglich "stichhaltige Gründe" gefordert werden, bedeutet, dass ein geringeres Maß an Überzeugungsgewissheit erforderlich ist (vgl. dazu die englischen Fassungen dieser Bestimmungen: Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”). Mit Blick auf Art. 33 GFK, welcher zwingende Vorgaben für das Refoulement-Verbot und seine Ausnahmen enthält und in Art. 21 Abs. 1 RL 2004/83/EG aufgegriffen wird, dürften allerdings nicht nur an das Ausmaß der Gefahr, sondern auch an deren Nachweis insgesamt dieselben Anforderungen zu stellen sein wie im Rahmen des Art. 33 Abs. 2 GFK (a.A. BVerwG, Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - a.a.O.). Letztlich kommt es aber hier auf diese Frage nicht an.
136 
Denn selbst wenn man insofern von einer Absenkung des erforderlichen Beweismaßes ausginge, sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG nicht erfüllt. Der vom Kläger begangene Verstoß gegen das Vereinsgesetz, der zu seiner Verurteilung mit Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 03.12.2008 zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen geführt hat, ist ersichtlich nicht als "besonders schwere Straftat" im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Buchst. b RL 2004/83/EG anzusehen. Es bestehen aber auch keine "stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt" im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie bzw. dass er aus "schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes" anzusehen ist im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GFK.
137 
Bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 GFK, Art. 14 Abs. 4 und Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten - in bestimmten Grenzen - den Begriff der "Sicherheit" nach dem jeweiligen eigenen Recht selbst definieren, weil auf die Sicherheit des eigenen Staates abzustellen ist und diese im Völkerrecht nicht abschließend festgelegt werden kann (vgl. dazu und zum folgenden: Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich jedenfalls um eine sehr große Gefahr handeln (Marx, a.a.O., § 35 Rn. 182, § 37 Rn. 51, § 54 Rn. 4, m.w.N.). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87). Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 60 Abs. 8 AufenthG von der Möglichkeit der Verweigerung bzw. Aberkennung des Flüchtlingsstatus Gebrauch gemacht (vgl. auch § 3 Abs. 4 AsylVfG). Die diesbezügliche Rechtsprechung kann daher zur Auslegung der Voraussetzungen herangezogen werden.
138 
Danach kann die bloße Unterstützung oder Zugehörigkeit zu einer Organisation im Sinne des Ausweisungstatbestands des § 54 Nr. 5 AufenthG für sich genommen noch nicht ausreichen; vielmehr muss sich die von der Organisation ausgehende Gefährdung in der Person des Ausländers konkretisieren. Stichhaltige bzw. schwerwiegende Gründe liegen regelmäßig nicht schon dann vor, wenn der Betreffende sich für die Organisation etwa durch Teilnahme an deren Aktivitäten oder durch einzelne finanzielle Zuwendungen einsetzt. Vielmehr müssen bei einer am Gewicht des Ausschlussgrundes ausgerichteten Wertung die vom Ausländer ausgehenden Gefahren so gravierend sein, dass sie es rechtfertigen, das Refoulement-Verbot des Art. 33 Abs. 1 GFK zurücktreten zu lassen. Das ist typischerweise erst dann der Fall, wenn der Flüchtling eine terroristische Vereinigung bzw. eine Vereinigung, welche den Terrorismus unterstützt, in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär, unterstützt. Das kann sich daraus ergeben, dass er durch eigene erhebliche Gewalttätigkeit oder -bereitschaft für die Ziele der Organisation eintritt oder dass er durch seine strukturelle Einbindung in die Organisation, etwa durch Ausübung einer aktiven Funktionärstätigkeit, deren Gefährdungspotential mitträgt. Welche Art der Einbindung des Ausländers in die Organisation erforderlich und ausreichend ist, um in seiner Person die erhöhte Gefahrenschwelle zu erreichen, lässt sich nicht ab- strakt beantworten, sondern hängt von einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles ab, unter anderem auch von dem Grad der Gefährlichkeit der jeweiligen Organisation, der etwa durch ihre Struktur, Größe und Gewaltbereitschaft bestimmt wird (BVerwG, Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - a.a.O.; vgl. auch Urteil vom 30.03.1999 - 9 C 31.98 - juris, zu § 51 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1990; Senatsurteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 - a.a.O.).
139 
Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich eine Aufhebung des Aufenthaltstitels des Klägers und damit seine Ausweisung nicht unter Verweis auf Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 RL 2004/83/EG rechtfertigen. Es bedarf schon genauerer Prüfung, ob tatsächlich noch von einer Gefahr für die (innere und äußere) Sicherheit des deutschen Staates durch Unterstützung der PKK auszugehen sein kann, obwohl diese in den letzten Jahren terroristische Mittel fast überwiegend nur in der Türkei angewandt hat. Abgesehen davon hat der Kläger aber jedenfalls weder selbst Gewalt ausgeübt noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Wie dargelegt, hat er zwar die PKK Anfang der 1990-er Jahre durch die Übernahme einer Vorstandstätigkeit in einem PKK-nahen Verein in Bielefeld, in den Jahren 2005 sowie 2006 durch das Einsammeln von Spenden und das Verkaufen von Zeitschriften sowie ständig durch den Besuch von PKK-nahen Veranstaltungen unterstützt. Der Senat geht aber davon aus, dass der Kläger 2005 und 2006 lediglich vorübergehend wieder eine wichtigere Funktion übernommen hat und nicht weitreichend und vor allem nicht über einen längeren Zeitraum in die Hierarchieebenen der PKK eingebunden war. Schließlich war er nach den Feststellungen im Strafurteil vom 03.12.2008 selbst in der Zeit des Einsammelns von Spenden lediglich unterhalb des Raumverantwortlichen aktiv. Er kann daher nicht - jedenfalls nicht mehr - als ein "Funktionär" der PKK angesehen werden. Bezeichnend ist auch, dass es trotz der dem Senat aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannten engen Überwachung der örtlichen kurdischen Vereine und ihres Umfelds durch das Landesamt für Verfassungsschutz - abgesehen von der Teilnahme an Veranstaltungen - keinerlei Hinweise auf weitere Aktivitäten des Klägers für die PKK bzw. ihr Umfeld gibt. Vor allem in Anbetracht der verstrichenen Zeit seit seiner Betätigung als Spendensammler 2005 und 2006 kann daher derzeit nicht (mehr) von einer gegenwärtigen Gefährdung der Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ausgegangen werden.
140 
b) Damit bedürfen die Vorlagefragen der Klärung durch den Europäischen Gerichtshof. Da die Voraussetzungen für die in Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG eingeräumte Möglichkeit zur Aufhebung bzw. Beendigung der einem Flüchtling erteilten Aufenthaltserlaubnis hier nicht vorliegen, sind zunächst der Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie (aa, Vorlagefragen 1) und gegebenenfalls dessen Voraussetzungen (bb, Vorlagefragen 2) zu klären. Sollte die Regelung keine Anwendung finden auf die Aufhebung bzw. Beendigung eines Aufenthaltstitels, stellt sich die Frage, ob eine solche unionsrechtlich nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 RL 2004/83/EG zulässig ist (cc, Vorlagefrage 3).
141 
aa) Vorlagefragen 1
142 
Mit diesen beiden Fragen soll geklärt werden, ob die Regelung des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG über die Verpflichtung zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels auch bei der Beendigung von Aufenthaltstiteln - und damit für die Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings nach deutschem Recht - Anwendung findet, und ob diese gegebenenfalls dahingehend auszulegen ist, dass sie der Aufhebung oder Beendigung des Aufenthaltstitels einer betreffenden Person entgegensteht, wenn nicht die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG gegeben sind.
143 
Zunächst ist festzustellen, dass Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG auch auf Fälle Anwendung findet, in denen die Flüchtlingsanerkennung vor Geltung dieser Vorschrift erfolgt ist (vgl. dazu oben 2 a) aa)). Derzeit ist noch nicht auf die Neufassung des Art. 24 - in der Fassung der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 - abzustellen. Denn diese gilt gemäß Art. 41 Abs. 2 RL 2011/95/EU erst ab dem 22.12.2013. Letztlich kommt es darauf hier aber nicht entscheidend an. Die Vorlagefragen stellen sich ebenso unter Geltung der Richtlinie 2011/95/EU. Denn die beiden Fassungen des ersten Unterabsatzes unterscheiden sich lediglich dadurch, dass Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG an die Zuerkennung des "Schutzstatus" und die geänderte Fassung der Richtlinie 2011/95/EU an die Zuerkennung des "internationalen Schutzes" anknüpft und dass in der älteren Fassung auf die Personen abgestellt wird, denen die "Flüchtlingseigenschaft" zuerkannt worden ist, während in der neuen der Begriff "Flüchtlingseigenschaft" durch "Flüchtlingsstatus" ersetzt wurde. Die materiellen Anforderungen haben sich damit nicht geändert. Abgesehen davon sind in der deutschen Fassung offensichtlich nur Übersetzungsungenauigkeiten beseitigt worden: Der letzte Halbsatz des Absatz 1 Unterabsatz 1 (ebenso in Absatz 3) in der Veröffentlichung in deutscher Sprache (ABl. L 304 vom 30.09.2004, S. 12, in der Fassung der Berichtigung, ABl. L 204 vom 05.08.2005, S. 24) lautete "es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen" statt - wie in der neuen Fassung - "es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen" (so aber schon in der englischen Fassung 2004: "unless reasons of compelling national security or public order otherwise reqire", ebenso z.B. in der spanischen, der französischen, der italienischen und der niederländischen Fassung).
144 
Art. 24 RL 2004/83/EG enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die Beendigung oder Aufhebung von Aufenthaltstiteln. Dessen Absatz 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten, so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus (RL 2004/83/EG) - bzw. des internationalen Schutzes (RL 2011/95/EU) - und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel auszustellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (RL 2004/83/EG) - bzw. der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung (RL 2011/95/EU) - dem entgegenstehen. Unterabsatz 2 enthält Regelungen für Familienangehörige, Absatz 2 eine Absatz 1 Unterabsatz 1 entsprechende Verpflichtung für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, mit dem Unterschied, dass nicht auf - den nicht für diesen Personenkreis geltenden - Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG verwiesen wird und dass der Aufenthaltstitel eine Geltungsdauer von lediglich einem Jahr enthalten muss. Die Vorschrift bezweckt neben der "Gewährleistung eines Mindestmaßes an Schutz" für "Personen, die tatsächlich Schutz benötigen", die Sicherstellung, dass diesen "ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird" (Erwägungsgrund 6 der RL 2004/83/EG, 12 der RL 2011/95/EU). Dazu gehört die Sicherung des Aufenthaltsstatus von Personen mit internationalem Schutz. Außerdem zielt die Richtlinie auf eine weitgehende Angleichung der Stellung von Flüchtlingen und von Personen mit subsidiärem Schutzstatus (vgl. Erwägungsgrund 7 der RL 2004/83/EG, 13 der RL 2011/95/EU).
145 
Der Senat ist der Auffassung, dass aus der in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG normierten Verpflichtung der Mitgliedstaaten, anerkannten Flüchtlingen einen mindestens drei Jahre gültigen Aufenthaltstitel zu erteilen, auch das Verbot abzuleiten ist, diesen Aufenthaltstitel bzw. einen bereits bestehenden wieder aufzuheben, ohne dass einer der normierten Gründe gegeben ist, bei deren Vorliegen bereits die Erteilung abgelehnt werden kann. Neben den in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie angeführten zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung gehört dazu der Tatbestand des Art. 21 Abs. 3, auf welchen mit dem Vorbehalt des Art. 24 Abs. 1 Unterabsatz 1 „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ explizit verwiesen wird.
146 
Für eine entsprechende Anwendung spricht mit Blick auf das Ziel der Sicherstellung eines "Mindestniveaus von Leistungen" für anerkannte Flüchtlinge schon die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG. Vor allem ist zu bedenken, dass es - neben Art. 21 Abs. 3 RL der Richtlinie - bei bereits erteiltem Titel die Möglichkeit der Aufhebung bzw. Beendigung des Aufenthaltstitels bei Vorliegen der Ausschlusstatbestände der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" geben muss. Schließlich kann es vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Ziel der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn es im letzteren Fall keine Möglichkeit der Aufhebung eines bereits erteilten Titels gäbe. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die maßgeblichen Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden.
147 
Etwas anderes würde zwar gelten, wenn "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" immer voraussetzen würden, dass auch die Tatbestandsmerkmale des Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG gegeben sind, also nur einen Unterfall der "stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Betreffende eine Gefahr für die Sicherheit oder die Allgemeinheit des Mitgliedstaats darstellt," bildeten. Denn dann bestünde kein Bedürfnis für eine entsprechende Auslegung, weil der Aufenthaltstitel gegebenenfalls aufgrund der Ermächtigung in Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie aufgehoben werden könnte. Die Beantwortung der Fragen unter 1 kann daher auch davon abhängen, wie die Fragen unter 2 zur Auslegung des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie beantwortet werden. Abgesehen davon, dass der Senat der Auffassung ist, dass der Begriff der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG hier keine höhere Gefahrenschwelle voraussetzt als der der "stichhaltigen bzw. schwerwiegenden Gründe für die Annahme einer Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats" im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a RL 2004/83/EG bzw. des Art. 33 Abs. 2 GFK (vgl. dazu unten zu Vorlagefragen 2), zeigt schon die Verwendung des Begriffs "öffentliche Ordnung", dass die Ausschlussgründe des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG weiter reichen als die des Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie (vgl. dazu genauer unten im Folgenden).
148 
bb) Vorlagefragen 2
149 
Sollte der Europäische Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen, dass die unter 1 angeführten Vorlagefragen zu bejahen sind, stellen sich die unter 2 aufgelisteten zur Auslegung des in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG enthaltenen Ausschlussgrundes der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung".
150 
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG ohnehin in den Fällen des Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie nicht greifen kann, weil danach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie abgelehnt werden kann. Dies wird mit der Einschränkung in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG "unbeschadet des Artikels 21 Absatz 3" klargestellt. Die Nennung einer weiteren Ausnahme - der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" - dürfte aber wenig Sinn machen, wenn deren Voraussetzungen enger wären als die des Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie. Dafür, dass die Ablehnung eines Aufenthaltstitels in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 eher möglich sein soll als nach Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie, sprechen auch Inhalt und Zielsetzung der jeweiligen Regelungen. Bei Art. 21 RL 2004/83/EG geht es primär um den Schutz eines bereits anerkannten Flüchtlings vor Zurückweisung, also einer möglichen Überstellung in das Land, aus dem er wegen Verfolgung geflüchtet ist. Eine solche soll nur - ausnahmsweise - unter den in Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie angeführten, Art. 33 Abs. 2 GFK nachgebildeten, Voraussetzungen möglich sein. Dass dann - nach Absatz 3 der Vorschrift - auch der Aufenthaltstitel aufgehoben bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt werden kann, ist lediglich eine folgerichtige Konsequenz der Ausnahmen vom Refoulement-Verbot. Hingegen zielt Art. 24 RL 2004/83/EG auf die Gewährleistung eines Aufenthaltstitels von drei (Abs. 1) bzw. einem Jahr (Abs. 2) für Personen mit zuerkanntem internationalem Schutz. Mit dieser Regelung wurde das erste Mal ein Anspruch anerkannter Flüchtlinge auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels festgelegt. Die Ausnahmen von der Verpflichtung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bei "zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" erinnern an die des Art. 32 Abs. 1 GFK (vgl. auch Battjes, a.a.O., Art. 24 Rn. 6), nach welchem aus "Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" die Ausweisung eines Flüchtlings, der sich rechtmäßig im Gebiet des betreffenden Staates aufhält, zulässig sein kann. "Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" können im Übrigen auch der Verpflichtung zur Erteilung eines Reiseausweises an Flüchtlinge nach Art. 28 Abs. 1 GFK entgegenstehen. Die mit dem Aufenthaltsstatus - oder auch mit der Frage der Erteilung eines Reiseausweises - verbundenen Fragen sind aber bei weitem nicht von einer derart existentiellen Bedeutung für den Flüchtling wie die, ob er sogar zurückgewiesen werden kann. In der Regel wird bei einem anerkannten Flüchtling allein eine bei Versagung eines Aufenthaltstitels folgende Illegalität des Aufenthalts nicht zu einer Abschiebung führen. Eine solche kommt allenfalls in wenigen Ausnahmefällen und nur in einen aufnahmebereiten Drittstaat in Betracht, welcher seinerseits aber das Refoulement-Verbot zu beachten hat. Dies zeigt auch der vorliegende Fall. Wie ausgeführt, soll und kann auch der Kläger nicht abgeschoben werden. Selbst wenn sein Aufenthaltstitel erlöschen und er derzeit keinen Anspruch auf Erteilung eines anderen Titels haben sollte, müsste er Deutschland nicht verlassen. Er hat nach nationalem Recht einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung (§ 60a Abs. 2 AufenthG).
151 
Dafür, dass die Möglichkeiten der Versagung eines Aufenthaltstitel durch die Aufnahme des zusätzlichen Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG über die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie bestehenden Ausnahmetatbestände hinaus erweitert werden sollten, sprechen auch die Entstehungsgeschichte des Art. 24 der Richtlinie und deren Erwägungsgrund 28 (entspricht Erwägungsgrund 37 der Richtlinie 2011/95/EU). In der ersten Fassung des - noch vor den Terroranschlägen des 11.09.2001 erarbeiteten - Kommissionsentwurfs vom 12.09.2001 (KOM [2001] 510 endg; Ratsdok. 2001/027 (CNS); siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001) war lediglich die Verpflichtung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels, also ohne explizit geregelte Ausschlussgründe, vorgesehen. Der Vorbehalt "es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen" wurde erst später, und zwar zunächst bei der Regelung für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in Absatz 2 (vgl. Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 -, damals Art. 21), dann auch für Absatz 1 Unterabsatz 1 (Ratsdokument vom 19.06.2003 - 10576/03 -, dort Art. 22), vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang wurde in einer Fußnote zu der entsprechenden Formulierung in Absatz 2 angeführt: Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: "Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt". Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Ratsdokument vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -). Ab 2002 findet sich zudem der Vorbehalt hinsichtlich Art. 21 Abs. 3 (damals 19 Abs. 3; vgl. nur Art. 21 in der Fassung des Ratsdokuments vom 19.12.2002 - 15627/02 -; vgl. auch Dokument vom 19.06.2003 - 10576/03 -). Die Absätze 2 und 3 des Art. 21 (damals Art. 19) waren bereits kurz zuvor vorgeschlagen worden (vgl. Ratsdokument vom 08.11.2002 - 13468/02 -).
152 
Die geschilderten Ergänzungen und Abänderungen der Richtlinie dürften vor dem Hintergrund der Terroranschläge des 11.09.2001 und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen sein. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 Buchst. a und c die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die Berücksichtigung der Folgen der Anschläge vom 11.09.2001 für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Richtlinie 2004/83/EG wurde zum Beispiel in einer Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002 ausdrücklich gefordert (ABl. EU C 278 vom 14.11.2002, S. 44). Mit diesem Ziel dürften auch weitere Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Richtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf erfolgt sein, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 RL 2004/83/EG und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 (entspricht Erwägungsgrund 31 der RL 2011/95/EU) auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
153 
Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass im Falle von Handlungen zur Unterstützung terroristischer Vereinigungen der Ausschlussgrund der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG bereits bei Aktivitäten eines niedrigeren Profils mit einem geringeren Gefährdungspotential erfüllt sein kann als dies für die Annahme des Tatbestands der "stichhaltigen" bzw. "schwerwiegenden Gründe für die Annahme einer Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats" in Art. 21 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie vorausgesetzt wird.
154 
Dabei wäre zunächst zu klären, ob in Anbetracht der Entstehungsgeschichte und mit Blick auf den Zweck der Regelungen nicht sogar anzunehmen ist, dass der Begriff der "zwingenden Gründe" für sich genommen - also ohne diesen in Beziehung zu setzen zu dem Schutzgut, um das es geht - trotz des dagegen sprechenden Wortlauts eine niedrigere Gefahrenschwelle erfordert als der der "stichhaltigen" bzw. "schwerwiegenden Gründe" im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a RL 2004/83/EG (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.05.2012 - 11 S 2328/11 - a.a.O.; a.A. BVerwG, Beschluss vom 08.10.2012 - 1 B 18.12 - juris, unter Verweis auf das Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - a.a.O.). Die Tatsache, dass die Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, und die Richtlinie 2004/83/EG am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar auf den ersten Blick nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen und entsprechend hohe Anforderungen zu stellen (vgl. zu Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG: EuGH, Urteile vom 23.11.2010 - C-145/09, Tsakouridis - Slg. 2010, I-11979, = juris, und vom 22.05.2012 - C-348/09 I. - juris). Dagegen sprechen aber schon die Unterschiede hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlagen, der jeweils verfolgten Ziele und der betroffenen Personen. Zudem stellt Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG lediglich auf die öffentliche Sicherheit ab, während Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG als Schutzgut neben der öffentlichen Sicherheit auch die Ordnung anführt (vgl. dazu auch Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris). Vor allem geht es um unterschiedlich gravierende Eingriffe. Erlaubt Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG bei "zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden," eine Ausweisung, führt das Vorliegen "zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 RL 2004/83/EG lediglich zu der für die Betroffenen wesentlich weniger einschneidenden Rechtsfolge der Verweigerung oder des Entzugs des Aufenthaltstitels. Nach Auffassung des Senats ist der Begriff der zwingenden Gründe daher eigenständig und nicht durch Übernahme von Grundsätzen der Unionsbürgerrichtlinie zu entwickeln.
155 
Ungeachtet des Vorgesagten spricht vieles dafür, dass der Begriff der "öffentlichen Sicherheit" bzw. der "nationalen Sicherheit" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG umfassender bzw. weiter zu verstehen ist als der der "Sicherheit des Mitgliedstaats" oder "der Sicherheit des Landes, in dem sich der Betreffende befindet" im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a, Art. 14 Abs. 4 Buchst. a RL 2004/83/EG bzw. des Art. 33 Abs. 2 GFK, mit anderen Worten, dass die bedrohten öffentlichen Interessen, die im Falle des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG gegen die Erteilung oder Aufrechterhaltung des Aufenthaltstitels streiten, von geringerem Gewicht sein können als dies Art. 21 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie erfordert.
156 
Jedenfalls werden aber die Voraussetzungen der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" deshalb eher zu bejahen sein, weil das geschützte Rechtsgut "öffentliche Sicherheit oder Ordnung" allein mit Blick auf die "öffentliche Ordnung" einen weiteren Anwendungsbereich hat als die Sicherheit des Mitgliedstaats nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. a oder auch die Allgemeinheit des Mitgliedstaats nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. b RL 2004/83/EG (welcher wiederum voraussetzt, dass der Betreffende wegen eine besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde). Dies folgt insbesondere auch aus dem Erwägungsgrund 28, welcher, wie ausgeführt, im Zusammenhang mit der Einfügung des auch in Art. 24 Abs. 2 RL 2004/83/EG enthaltenen - für Flüchtlinge, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, geltenden - Ausschlussgrundes der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" gefasst wurde (entspricht Erwägungsgrund 37 der Richtlinie 2011/95/EU). Wenn danach "der Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auch für die Fälle gilt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt", soll es in diesen Fällen der Unterstützung des internationalen Terrorismus jedenfalls für die Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht mehr darauf ankommen, ob die Sicherheit des Mitgliedstaats in dem Sinne gefährdet ist, dass der Betreffende auch zurückgewiesen bzw. von vornherein von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden könnte (Art. 21 Abs. 2 Buchst. a, 14 Abs. 4 RL 2004/83/EG, Art. 33 Abs. 2 GFK). Einer genauen Abgrenzung des Tatbestandsmerkmals der öffentlichen bzw. nationalen Sicherheit von dem der öffentlichen Ordnung bedarf es daher mit Blick auf den Erwägungsgrund 28 der Richtlinie hier nicht. Eine entsprechend weitere Auslegung liegt im Übrigen nicht nur im (Sicherheits-)Interesse des Staates, in welchem sich der Betreffende aufhält, sondern auch in dem der anderen Mitgliedstaaten. Schließlich können sich gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen.
157 
Der Senat verkennt allerdings nicht, dass Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG auch dahingehend verstanden werden könnte, dass bei Vorliegen der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausnahmslos untersagt wird, während Art. 21 Abs. 3 RL 2004/83/EG die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis ins Ermessen stellt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Voraussetzungen für die Erfüllung des Ausschlussgrundes der "stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefahr für den Mitgliedstaat" eher anzunehmen sind als die der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG, könnte dann in der Einführung des Ausschlussgrundes des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG insofern eine Verschärfung zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus gesehen werden, als danach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwingend ausgeschlossen wäre (so BVerwG, Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - a.a.O.). Zum einen erscheint es aber zweifelhaft, ob die Normierung einer Ausnahme ("es sei denn") von einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Folge haben kann - und auch hier hat -, dass den Mitgliedstaaten damit die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bei Vorliegen des Ausschlussgrundes gänzlich - und ohne jeden Ermessensspielraum - untersagt wird. Es spricht mehr dafür, dass darin die bloße Einschränkung der Verpflichtung des Mitgliedstaats bzw. des daraus folgenden Anspruchs eines betroffenen Flüchtlings zu sehen ist. Zum anderen erscheint eine solche Auslegung vor allem vor dem Hintergrund fernliegend, dass der Begriff der "öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" aus den angeführten Gründen weiter zu verstehen ist als die in den Ausschlussgründen des Art. 21 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie genannten Schutzgüter.
158 
Von der Beantwortung der angeführten Fragen hängt ab, ob die Ausweisung des Klägers - und damit auch die gegen ihn aus Sicherheitsgründen verhängte Meldepflicht und die räumliche Beschränkung - wegen entgegenstehenden Unionsrechts als rechtswidrig anzusehen und daher aufzuheben ist. Teilt man das dargelegte weitere Verständnis des Ausschlussgrundes der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 2004/83/EG, wäre die Vorlagefrage 2a) zu bejahen. Denn dann könnte dieser Ausschlussgrund erfüllt sein, wenn ein anerkannter Flüchtling unter anderem durch das Einsammeln von Spenden und die ständige Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt hat, selbst wenn die Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Refoulement-Verbots des Art. 33 Abs. 2 GFK und damit auch die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG nicht vorliegen. „Zwingend“ dürften die Gründe dabei immer dann sein, wenn die für die bloße Verweigerung der Legalität des Aufenthalts maßgeblichen Gründe bezogen auf die Folgen für den Betroffenen verhältnismäßig im engeren Sinn und für die Erreichung dieses Zwecks aus der Sicht der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unerlässlich sind, das heißt mit anderen Worten, wenn auf die Herbeiführung der Rechtsfolge - hier die Ablehnung der Erteilung eines Aufenthaltstitels - unter keinen Umständen verzichtet werden kann.
159 
Für den vorliegenden Fall würde dies nach Auffassung des Senats bedeuten, dass wegen des Vorliegens "zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" kein Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG besteht, mit der Folge, dass diese Regelung einer Ausweisung nicht entgegensteht. Abgesehen davon, dass beim Kläger nicht ausgeschlossen erscheint, dass er die PKK weiter durch hervorgehobenere Unterstützungshandlungen wie das Einsammeln von Spenden, das Verteilen von Zeitschriften oder die Übernahme anderer Aufgaben unterstützt, ist jedenfalls damit zu rechnen, dass er auch in Zukunft regelmäßig Veranstaltungen besucht, welche in einer besonderen Nähe zur PKK stehen. Zwar hat die letztgenannte Form der Unterstützung für sich genommen keinen besonders hohen Gefährdungsgrad. Mit einer Beteiligung an entsprechenden Veranstaltungen wird aber eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Wie ausgeführt, werden dadurch deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflusst und ihre Aktionsmöglichkeiten sowie ihr Rekrutierungsfeld erweitert. Insgesamt wird damit dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen. Die vom Kläger über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg in unterschiedlichem Ausmaß - von der Übernahme der Funktion des Vorstands eines später als Teilorganisation der PKK verbotenen örtlichen kurdischen Vereins Anfang der 1990er-Jahre über das Einsammeln von Spenden 2005 und 2006 bis zur ständigen (bloßen) Teilnahme an unzähligen PKK-nahen Veranstaltungen - vorgenommene Unterstützung der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beseitigung der Legalität des Aufenthalts Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist. Mit einer Aufenthaltserlaubnis könnte sich der Betreffende hingegen im Rahmen des Art. 21 Abs. 1 SDÜ frei im Hoheitsgebiet aller Mitgliedstaaten bewegen und sich auch in anderen Mitgliedstaaten bis zu drei Monate (innerhalb von sechs Monaten) aufhalten. Nach nationalem Recht ist die Ausweisung, die zum Erlöschen des Aufenthaltstitels führt, zudem Voraussetzung für weitere unter Sicherheitsaspekten wichtige Maßnahmen, wie die des § 54a AufenthG "zur Überwachung ausgewiesener Ausländer aus Gründen der Sicherheit", insbesondere die Verpflichtung, sich regelmäßig bei der örtlich zuständigen Polizeidienstelle zu melden, (Abs. 1) und die Beschränkung des Aufenthalts auf den Bezirk der Ausländerbehörde (Abs. 2).
160 
Wegen der danach gegebenen individuellen Gefährdung durch den Kläger kann die Frage offen bleiben, ob bei der Prüfung "zwingender Gründe" im Sinne des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG auch generalpräventive Aspekte - wie die durch die Verweigerung eines Aufenthaltstitels bzw. dessen Aufhebung oder Beendigung gegebenenfalls erzielte abschreckende Wirkung - zu berücksichtigen sind. Die Ausweisung des Klägers (und das Erlöschen seines Aufenthaltstitels als Voraussetzung für die in § 54a Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte vollziehbare Ausreisepflicht) ist hier nach Auffassung des Senats schon deshalb als unerlässlich anzusehen, weil sie Grundlage der ihm gegenüber im Bescheid vom 27.03.2012 verfügten Meldepflicht und der räumlichen Beschränkung seines Aufenthalts auf den Bereich der Stadt Mannheim ist. Mit diesen Maßnahmen werden die Möglichkeiten des Klägers, die PKK weiter zu unterstützen, effektiv eingeschränkt. So liegt schon der nächste kurdische Verein, welcher einige der PKK-nahen Veranstaltungen ausgerichtet hat, zu deren regelmäßigen Besuch sich der Kläger seinen Angaben nach verpflichtet fühlt, außerhalb des Bezirks der Stadt Mannheim. Die mit der Ausweisung und dem Erlöschen der Niederlassungserlaubnis verbundenen Einschränkungen und Nachteile für den Kläger sind andererseits unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls hier nicht als derart gravierend anzusehen, dass darauf verzichtet werden könnte bzw. müsste.
161 
cc) Vorlagefrage 3
162 
Geht man davon aus, dass die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 1 RL 2004/83/EG in Fällen der Beendigung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung findet, stellt sich die Frage, ob die Regelung des Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie als abschließend zu verstehen ist mit der Folge, dass die Aufhebung oder Beendigung des einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitels unionsrechtlich nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 RL 2004/83/EG zulässig ist. Dann wäre der Begriff der "schwerwiegenden Gründe" im Sinne des § 56 Satz 2 AufenthG entsprechend auszulegen. Die Ausweisung des Klägers wäre als rechtswidrig anzusehen.
163 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Mai 2013 - 11 S 2336/12

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Mai 2013 - 11 S 2336/12

Referenzen - Gesetze

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Mai 2013 - 11 S 2336/12 zitiert 14 §§.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 94


Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen


(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

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(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit 1. den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisat

Vereinsgesetz - VereinsG | § 18 Räumlicher Geltungsbereich von Vereinsverboten


Verbote von Vereinen, die ihren Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, aber Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs haben, erstrecken sich nur auf die Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs. Hat der Verein im räuml

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Mai 2013 - 11 S 2336/12 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS ___________ AK 1 und 2/12 vom 16. Februar 2012 in dem Ermittlungsverfahren gegen 1. 2. wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörun

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Mai 2012 - 11 S 2328/11

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Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit di

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Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - ist unwirksam, soweit dami
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Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Feb. 2015 - M 24 K 14.3294

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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 24 K 14.3294 Im Namen des Volkes Urteil vom 26. Februar 2015 24. Kammer Sachgebiets-Nr. 600 Hauptpunkte: Nachträgliche Befristung einer Ausweisung; Er

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2015 - 1 K 102/12 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand   1 Der Kl

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Apr. 2015 - 18 E 687/13

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Tenor Der angegriffene Beschluss wird geändert. Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T.          aus C.         beigeordnet. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtli

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Verbote von Vereinen, die ihren Sitz außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, aber Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs haben, erstrecken sich nur auf die Teilorganisationen innerhalb dieses Bereichs. Hat der Verein im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keine Organisation, so richtet sich das Verbot (§ 3 Abs. 1) gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich.

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

1.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereins entgegen einem vollziehbaren Verbot oder entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß er Ersatzorganisation eines verbotenen Vereins ist, aufrechterhält oder sich in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
2.
den organisatorischen Zusammenhalt einer Partei oder eines Vereins entgegen einer vollziehbaren Feststellung, daß sie Ersatzorganisation einer verbotenen Partei sind (§ 33 Abs. 3 des Parteiengesetzes), aufrechterhält oder sich in einer solchen Partei oder in einem solchen Verein als Mitglied betätigt,
3.
den organisatorischen Zusammenhalt eines Vereines oder einer Partei der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Art oder deren weitere Betätigung unterstützt,
4.
einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 3 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt oder
5.
Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 betroffenen Vereins während der Vollziehbarkeit des Verbots oder der Feststellung verbreitet oder öffentlich oder in einer Versammlung verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in den §§ 84, 85, 86a oder den §§ 129 bis 129b des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist. In den Fällen der Nummer 5 gilt § 9 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 oder 3 entsprechend.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen, wenn

1.
bei Beteiligten die Schuld gering oder deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist oder
2.
der Täter sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Partei oder des Vereins zu verhindern; erreicht er dieses Ziel oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird der Täter nicht bestraft.

(3) Kennzeichen, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 5 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - ist unwirksam, soweit damit Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - geändert. Die Klage gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung sowie gegen eine ihm auferlegte räumliche Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.
Der am ... in .../Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 19.12.1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er unter anderem vor, er und seine Ehefrau hätten in der Türkei die PKK unterstützt. So hätten sie z.B. Uniformen gewaschen und den Guerillas ab und zu Lebensmittel gegeben. Sie seien deshalb verfolgt worden. Auf die vom Kläger gegen den seinen Asylantrag ablehnenden Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.03.1996 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 01.07.1998 die Bundesrepublik Deutschland festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. In der Folge erhielt der Kläger befristete Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse, erstmals zum 01.09.1998. Zuletzt wurde ihm am 13.09.2006 eine bis zum 12.09.2007 geltende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt.
Der Kläger ist mit der am ... geborenen M... A..., geb. G..., verheiratet. Sie haben sieben gemeinsame Kinder: B... (* ...1988), Ex ... (* ...1990), C... (* ...1992), K... (* ...1993), E... (* ...1996), M... (* ...1998) und A... A... (* ...2005). Mit Bescheid des Bundesamts vom 09.07.1996 wurden die Ehefrau des Klägers und die fünf älteren Kinder, mit denen diese am 28.05.1996 nach Deutschland eingereist war, als Asylberechtigte anerkannt. Bezüglich M..., C..., K... ... und E... wurden die Asylanerkennungen mit Bescheid des Bundesamts vom 02.03.2007 widerrufen. Die Ehefrau und die fünf älteren Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, M... ist Inhaber einer bis zum 07.01.2014 befristeten Aufenthaltserlaubnis. Der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsangehöriger.
Bis auf einen Zeitraum vom 24.04.2006 bis zum 01.03.2007, in welchem der Kläger in L... gewohnt hatte, war er durchgehend mit Hauptwohnsitz in H... gemeldet. Er und seine Familie bezogen zunächst (ergänzende) Sozialleistungen. In den ersten Jahren war er gelegentlich geringfügig beschäftigt, danach bei wechselnden Arbeitgebern, überwiegend in H... Er war wie folgt tätig: vom 01.07.2002 bis zum 30.11.2002 bei einer Gebäudereinigung, vom 13.03.2004 bis zum 31.03.2005 bei C.M.A. Télécafé, vom 01.04.2005 bis zum 31.01.2006 bei M.S.A. Télécafé, dann - nach Bezug von Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.04.2006 - vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 bei einer Vertriebs GmbH in W..., vom 17.07.2006 bis zum 31.07.2006 bei B... K., Abbruch und Demontage, vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007 bei M... K., Abbruch und Demontage, beide in L... und vom 01.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei Ü.S. Paletten-Depot in H... Seit dem 01.07.2009 ist der Kläger bei einer Gebäudereinigung tätig.
Am 25.01.1997 wurde der Kläger in einer Sitzung der Mitglieder des Vereins „Kurd... V... e.V.“, H..., - als Zuständiger für die Bücherei - in den Vorstand gewählt. Die Mitglieder des Vereins „Gebetshaus E... ... ...“, H..., wählten ihn am 12.12.1998 als zweiten Vertreter für den Bereich Sport und am 19.05.2002 als zweiten Vorsitzenden in den Vorstand. Mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 - KLs 71 Js 1603/96 - wurde der Kläger wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Geldstrafe von 35 Tagesätzen zu je 15,-- DM verurteilt. Am 16.02.1999 wurde er aus Anlass der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart (nach der Festnahme von Öcalan) gemeinsam mit 176 anderen Kurden einen Tag lang in „Vorbeugewahrsam“ nach § 28 PolG genommen. In einem gegen ihn wegen der Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK´ler“ eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 30.05.2003 von der Verfolgung abgesehen (§ 153 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Mit Bescheid vom 16.04.2007 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 27.08.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Die dagegen vom Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage - A 17 K 480/07 - wurde von ihm am 25.09.2007 zurückgenommen.
Bereits am 17.07.2007 hatte der Kläger (zum wiederholten Mal) die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beantragt. Unter anderem im Hinblick auf ein Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz vom 13.11.2006, mit welchem die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt L... über die Wahl des Klägers in den Vorstand des Kurd... V... e.V. am 25.01.1997 und zum stellvertretenden Vorstandsmitglied des Gebetshauses „E... ...“ am 12.12.1998 sowie über diverse exilpolitische Aktivitäten des Klägers informiert worden war, forderte die Ausländerbehörde der Stadt H... den Kläger auf, an einer sog. Sicherheitsbefragung gemäß §§ 54 Nr. 6 i.V.m. § 82 Abs. 4 AufenthG teilzunehmen. Bei der daraufhin am 08.08.2007 durchgeführten Befragung verneinte der Kläger die Frage, ob er bestimmte Gruppen oder Organisationen, darunter die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) alias KADEK alias KONGRA-GEL, unterstütze oder für diese tätig geworden sei. Die Zusatzfrage, welcher Art diese Unterstützungshandlungen oder Tätigkeiten (z.B. Spenden) gewesen seien, beantwortete er sinngemäß wie folgt: Er sei nur Kurde; die PKK und die KONGRA-GEL interessierten ihn nicht. Er sei auch nicht Mitglied in einem kurdischen Verein.
Mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg an das Innenministerium Baden-Württemberg vom 26.02.2008 und an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 18.11.2008 wurde mitgeteilt, dass der Kläger dem Landesamt im Zusammenhang mit der im November 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – welche 2002 in „Freiheit- und Demokratiekongress Kurdistans“ (KADEK) und 2003 in „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA-GEL) umbenannt worden sei – bekannt geworden sei. Neben den Vorstandstätigkeiten in den PKK-nahen Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ... - ...“ in H... lägen folgende Erkenntnisse vor: Der Kläger habe an einer Vielzahl von Versammlungen, Demonstrationen oder Feiern von KADEK bzw. KONRAG-GEL-Anhängern teilgenommen, so am 06.04.2003 in H... an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Abdullah Öcalan, am 05.02.2005 an einer Solidaritätsdemonstration für den am 22.01.2005 in Nürnberg festgenommenen stellvertretenden Vorsitzenden dieser Organisation, R... K..., am 03.04.2005 an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Öcalan, am 27.11.2005 in I... (bei H...) an einer Veranstaltung zum 27. Gründungsjahrestag der PKK, am 17.12.2005 an einer Versammlung in H..., am 28.01.2006 an einer Demonstration in Mannheim, am 11.02.2006 an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich des 7. Jahrestages der Festnahme Öcalans in Straßburg/Frankreich, am 16.02.2007 an einer Demonstration zu den Haftbedingungen Öcalans sowie zuvor stattgefundenen Exekutivmaßnahmen der deutschen und französischen Behörden gegen mutmaßliche KONGRA-GEL-Strukturen in H..., am 27.10.2007 an einer weiteren Demonstration in H..., am 24.11.2007 an einer Versammlung anlässlich einer Feier zum Parteigründungstag der PKK in H..., am 30.03.2008 an einer weiteren Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern und am 18.05.2008 an einer Märtyrer-Veranstaltung in H...
Nachdem das Regierungspräsidiums Stuttgart den Kläger mit Schreiben vom 20.08.2008 unter anderem auf die Möglichkeit einer Ausweisung hingewiesen hatte, erklärte der Kläger in einem Schreiben vom 26.08.2008, er wolle zunächst feststellen, dass er kein Terrorist und kein Verbrecher sei, sondern ein einfacher Arbeiter. Jede Veranstaltung und Demonstration, an der er teilgenommen habe, sei bei den Behörden angemeldet und genehmigt gewesen. Die Vereine, in deren Vorstand er gewählt worden sei, seien Kulturvereine von Kurden für Kurden. Sicher habe auch er, als er noch in der Türkei gelebt habe, die PKK unterstützt, aber eher mit humanitären als mit militärischen Mitteln. Seit die PKK als terroristische Vereinigung gelte, habe er diese Hilfe komplett eingestellt. Er unterstütze als Kurde die kurdische Sache. Er distanziere sich aber von jeder kriminellen Handlung, die im Namen des kurdischen Volkes begangen werde, somit auch von der PKK als terroristischer Vereinigung.
10 
Am 10.02.2009 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Untätigkeits-) Klage gegen die Stadt H... mit dem Antrag, diese zu verpflichten, ihm eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (8 K 487/09). Diese Klage wurde 25.05.2009 zurückgenommen; stattdessen erhob er Klage gegen das Land Baden-Württemberg (11 K 2004/09).
11 
Mit Schreiben vom 09.04.2009 und vom 01.02.2010 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz, es seien noch die folgenden gerichtsverwertbaren Erkenntnisse angefallen: Ausweislich eines Fotos und eines Zeitungsartikels in der der KONGRA-GEL nahestehenden türkischen Tageszeitung „Yeni Özgür Politika“ vom ...2008 habe er am ...2008 an einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in H... und außerdem am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestags der Gründung des militärischen Arms der PKK an einem Grillfest von KONGRA-GEL-Anhängern bei Bad Wimpfen sowie am 25.10.2008 an einer Demonstration gegen die angebliche Misshandlung von Öcalan in H... teilgenommen. Am 23.11.2008 und am 27.11.2009 sei der Kläger in I... (bei H...) Teilnehmer von Versammlungen zur Feier des 30. bzw. 31. Gründungsjahrestages der PKK gewesen, am 20.03.2009 habe er an der „Newroz“-Veranstaltung in H... teilgenommen.
12 
Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziff. 1). Er wurde außerdem aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb der Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziff. 2). Außerdem wurde sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt (Ziff. 3). Der Kläger wurde verpflichtet, sich einmal wöchentlich unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers bei dem Polizeirevier H... zu melden. Sein Aufenthalt sei bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung auf das Stadtgebiet des Stadtkreises H... beschränkt (Ziff. 4). Die sofortige Vollziehung der Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids und der Meldeauflage sowie der Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids wurde angeordnet (Ziff. 5). In den Gründen des Bescheids wurde im Wesentlichen dargelegt: Die Voraussetzungen der Ausweisungstatbestände des § 55 AufenthG i.V.m. §§ 54 Nr. 5, Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien gegeben. Der Kläger sei nicht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats/EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) privilegiert. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 und/oder des Art. 7 ARB 1/80 lägen nicht vor. Der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG sei erfüllt. Die PKK sei als eine terroristische Vereinigung zu qualifizieren. Der Kläger habe diese tatbestandsmäßig im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Er sei bereits vor seiner Einreise ins Bundesgebiet 1995 fünf bis sechs Jahre in der Türkei für die PKK tätig gewesen. Bereits Anfang 1996 habe er an einer verbotenen und gewalttätigen PKK-Demonstration in Dortmund teilgenommen und sei deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem habe er im Jahr 1999 an der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart anlässlich der Gefangennahme des PKK-Führers Öcalan teilgenommen und zudem im Jahr 2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet. Hinzu kämen die ab 1997 bis zumindest 2002 ausgeübten Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen. In der Folge habe er kontinuierlich ab dem Jahr 2003 bis Ende des Jahres 2009 an zahlreichen politisch-extremistischen und auch gewaltbereiten Veranstaltungen der PKK alias KADEK alias KONGRA-GEL aktiv teilgenommen. Die vorliegenden Erkenntnisse und Tatsachen rechtfertigten in ihrer wertenden Gesamtbetrachtung die Schlussfolgerung, dass er der PKK „angehöre“. Zudem seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5a und 6 AufenthG erfüllt. Da der Kläger und seine Ehefrau mit ihrem minderjährigen deutschen Kind A... A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, genieße er allerdings besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Seine Ausweisung sei daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. Solche lägen jedoch in den Fällen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG, also auch hier, vor. Im vorliegenden Fall seien auch keine besonderen Umstände gegeben, die zur Annahme eines Ausnahmefalls führen könnten. Nach dem Grundsatz der Herabstufung sei daher gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG über die Ausweisung des Klägers nach Ermessen zu entscheiden. Hierbei seien nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sämtliche für und gegen die Ausweisung sprechenden Gründe in die Entscheidung einzubeziehen, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und zu prüfen, ob die Ausweisung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sei. Im Ergebnis überwiege das öffentliche Interesse an der Ausweisung das private Interesse des Klägers an einem weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Sicherheitsinteresse, die vom Kläger persönlich ausgehende nicht unerhebliche und extremistische Gefahr für höchste Rechtsgüter durch seine Ausweisung mit dem Entzug seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet abzuwehren. Zudem verfolge die Ausweisung general- und spezialpräventive Zwecke. Außerdem sei von einer gesteigerten Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche und sonstige Bindungen des Klägers im Bundesgebiet hätten Berücksichtigung gefunden. Auch seien die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Klägers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, gemäß § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG bedacht worden. Es handle sich um eine schutzwürdige Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Auch seien die Interessen der Kinder, insbesondere des jüngsten deutschen Kindes, an der Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland zu berücksichtigen. Bei der Gewichtung und Abwägung des jeweiligen Interesses habe jedoch der Schutz der Ehe und Familie hinter das höher einzuschätzende Sicherheitsinteresse des Staates und seiner Bevölkerung vor Unterstützungshandlungen für terroristische Vereinigungen zurückzutreten. Die Ausweisungsentscheidung stehe auch mit Art. 8 EMRK im Einklang. Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sei abzulehnen, weil dieser bereits die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG entgegenstehe. Aufgrund der Ausweisungsverfügung, deren sofortige Vollziehung angeordnet worden sei, sei der Kläger nach §§ 50 Abs. 1 und 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Gemäß § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliege er der gesetzlichen Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Gemäß § 54a Abs. 2 AufenthG sei sein Aufenthalt kraft Gesetzes auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt.
13 
Mit am 01.07.2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz vom 28.06.2010 machte der Kläger den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 im Wege der Klageänderung bzw. -erweiterung zum Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens 11 K 2004/09. In der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2010 wurde die Klage insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 11 K 2424/10 fortgesetzt, als sie auf Anfechtung von Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidium Stuttgart vom 10.06.2010 gerichtet ist. Im Übrigen (bezüglich der Niederlassungserlaubnis) ist nach entsprechenden Anträgen der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
14 
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgetragen: Obwohl der Kläger offensichtlich seit Jahren intensiv und engmaschig vom Verfassungsschutz beobachtet werde, könne das beklagte Land nicht einen konkreten Anhaltspunkt für eine objektive oder subjektive Unterstützungsleistung des Klägers benennen außer der schlichten Teilnahme an diversen, wohl gemerkt angemeldeten und erlaubten Versammlungen. Weder aus der Tatsache, dass er an diversen Kundgebungen teilnehme, noch daraus, dass er eine Zeitlang und bis 2002 in kurdischen Kulturvereinen in den Vorstand gewählt worden sei, habe er jemals einen Hehl gemacht. Er könne nicht für die Äußerungen irgendwelcher Redner auf irgendwelchen Veranstaltungen im Sinne einer Sippenhaft verantwortlich gemacht werden. Insgesamt bemühe sich das Land geradezu krampfhaft, eine über ein Jahrzehnt zurückliegende strafrechtliche Verurteilung und sogar ein von der Staatsanwaltschaft eingestelltes Ermittlungsverfahren, welches ebenfalls Jahre zurückliege, zur Begründung eines vermeintlichen Versagungsgrundes heranzuziehen. Tatsache sei, dass er weder Mitglied einer terroristischen Vereinigung sei noch eine solche unterstützt habe. Insoweit werde auf seine Erklärung vom 26.08.2008 Bezug genommen. Obwohl es nicht darauf ankomme, werde bestritten, dass die PKK eine terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG sei. Die Aufnahme einer Vereinigung in die EU-Terrorliste entbinde weder Behörden noch Gerichte von der eigenständigen Prüfung. Eine Ausweisung könne zudem nur erfolgen, wenn vom Ausländer persönlich eine Gefahr für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausgehe. Er habe lediglich sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Information wahrgenommen. Dass er sich einen eigenen Staat wünsche und auch das Recht habe, als Kurde seine Auffassung kundzutun, dürfte auf der Hand liegen. Die Entscheidung verstoße im Übrigen gegen Art. 6 GG.
15 
Das Regierungspräsidium Stuttgart trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies es auf den angefochtenen Bescheid. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe dieser nachweisbar im dargelegten Umfang an Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen der PKK alias KONGRA-GEL vom 06.04.2003 bis zum 27.11.2009 sei durch offene und gerichtsverwertbare Tatsachen des Landesamts für Verfassungsschutz belegt, die vor Gericht durch einen Zeugen vom Hörensagen nachgewiesen werden könnten. Die PKK/KADEK/KONGRA-GEL sei auch als terroristische Vereinigung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG einzustufen. Dass das „Gebetshaus E... ... - ... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger in den Jahren 1998 und 2002 gewählt worden sei, der PKK nahestehe, folge aus einem beigefügten Bericht des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006. Die PKK-Nähe des Vereins Kurdx ... V... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger 1997 gewählt worden sei, ergebe sich aus Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz. Unerheblich sei, dass die Wahl des Klägers in den Vorstand der genannten Vereinigungen bereits 1997, 1998 und 2002 erfolgt sei, da die Annahme einer Unterstützung der PKK durch den Kläger auf einer wertenden Gesamtbetrachtung beruhe und maßgeblich auch auf die bereits zu Beginn seines Aufenthalts in der Bundesrepublik erfolgten Tätigkeiten im Funktionärsstatus abzustellen sei, denen sich in den folgenden Jahren weitere politische Aktivitäten für die PKK angeschlossen hätten, und die sich bis in die Gegenwart fortsetzten. Selbst wenn es nur um die „bloße Teilnahme“ an Veranstaltungen und Demonstrationen gehen würde, könnte auch diese unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorfeldunterstützung des Internationalen Terrorismus darstellen. Die Versammlungen und Demonstrationen, an denen der Kläger teilgenommen habe, hätten entgegen seinem Vorbringen auch keinen „legalen und friedlichen“, sondern einen politisch-militanten Grundcharakter. Die Ausweisung verstoße auch nicht im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers und mit den minderjährigen Kindern gegen Art. 6 GG. An dem Übergewicht des öffentlichen Interesses vermöge ein mögliches Abschiebungshindernis aufgrund familiärer Belange nichts zu ändern. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht ausgeschlossen, dass auch unter Berücksichtigung selbst eines strikten Abschiebungsverbotes - nach § 60 Abs. 1 AufenthG - und bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Duldung eine Ausweisung ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden könne. Die Behörde habe dann das Abschiebungsverbot in die Ermessenserwägungen einzustellen. In Anwendung dieser Grundsätze werde ergänzend vorgetragen, dass zwar die Familienschutzvorschriften des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gewähren und einer Abschiebung entgegenstehen könnten. Selbst wenn von einem solchen Abschiebungshindernis ausgegangen werde, führe dies aber nicht zur Unzulässigkeit der Ausweisung, sondern sei gemäß seiner Bedeutung zu werten und in die Ermessenserwägungen einzustellen. Im Ergebnis könne von einem Überwiegen des staatlichen Sicherheitsinteresses ausgegangen werden, so dass die Ausweisung des Klägers trotz eines - möglichen - Abschiebungshindernisses nicht unverhältnismäßig sei.
16 
Auf einen am 01.07.2010 vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - die aufschiebende Wirkung der Klage - 11 K 2424/10 - gegen die Ziffern 1, 2 und 3 im Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wieder her. Bezüglich Ziffer 4 des Bescheids wurde der Antrag abgelehnt.
17 
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - wurden die Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen dargelegt: Alle Vorgänge vor 2002 lägen derart weit in der Vergangenheit, dass sich aus ihnen eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht ablesen lasse. In der Zeit nach 2002 habe der Kläger lediglich an 13 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen - was er auch nicht bestritten habe. Im angefochtenen Bescheid seien allerdings keinerlei Ausführungen dazu enthalten, was der Kläger bei den Veranstaltungen konkret gemacht haben solle. Allein seine Anwesenheit könne noch nicht als Unterstützungshandlung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG gewertet werden, von der auf eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers geschlossen werden dürfe. Der Kläger erfülle aber auch nicht den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG. Zwar dürfte die Beantwortung zahlreicher Fragen zur Nähe zur PKK durch den Kläger anlässlich des mit ihm durchgeführten Sicherheitsgesprächs am 08.08.2007 falsch gewesen sein. Es gebe keine gesetzlich angeordnete Rechtspflicht, an einer Sicherheitsbefragung aktiv teilzunehmen. Der Kläger hätte daher vor Beginn des Sicherheitsgesprächs auf diese Freiwilligkeit hingewiesen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei das Ergebnis rechtlich nicht verwertbar. Damit erwiesen sich auch die Abschiebungsandrohung und die unter Ziffer 4 des Bescheids angeordneten Überwachungsmaßnahmen als rechtswidrig.
18 
Am 14.03.2011 hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das am 21.02.2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt und diese mit am 19.04.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet. Ergänzend wird unter anderem dargelegt: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2005 für die Annahme einer Unterstützungshandlung nach § 54 Nr. 5 AufenthG genügen könne, wenn der Betreffende an einschlägigen Versammlungen und Kundgebungen teilnehme. In diesem Zusammenhang sei vorab richtig zu stellen, dass der Kläger ab dem Jahr 2002 nicht lediglich an 13, sondern an 18 bzw. 19 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen habe. Die jeweiligen Veranstaltungen seien terrorgeneigt und politisch-militant orientiert gewesen, woraus sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts das objektiv Vorteilhafte der Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen ohne weiteres ergebe. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufteilung der Gesamtaktivitäten des Klägers in solche vor und solche nach dem Jahr 2002 unter Außerachtlassung der älteren Aktivitäten sei rechtlich nicht haltbar. Im Übrigen habe der Kläger nach den aktuellen sicherheitsrelevanten Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.12.2010 und vom 18.04.2011 noch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ mit qualitativ hochstehendem Gefährdungspotential teilgenommen. Die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien ebenfalls gegeben. Die Ausweisungsentscheidung sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Die familiären Bindungen des Klägers seien im Rahmen der Ermessensausübung vollständig berücksichtigt worden. Im Falle des Klägers sei davon auszugehen, dass aus familiären Gründen ein Abschiebungsverbot bestehe, weshalb es bei ihm nicht um eine Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik gehe. Eine Ausweisung sei gleichwohl möglich.
19 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
20 
Das beklagte Land beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 richtet.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Zur Begründung wird auf das bisherige Vorbringen Bezug genommen und ergänzend unter anderem vorgetragen: Er habe eine Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80 inne. In der Zeit vom 01.04.2007 bis einschließlich Mai 2009 sei er durchgehend bei demselben Arbeitgeber in L... tätig gewesen. M... K. habe den Betrieb von B... K. übernommen. Nach einmonatiger Arbeitslosigkeit habe er dann zum 01.07.2009 seine Tätigkeit bei einer Gebäudereinigungsfirma angetreten, bei der er heute noch beschäftigt sei. Er lebe weiter mit seiner Ehefrau und seinen Kindern zusammen, auch mit den volljährigen. Die minderjährigen Kinder befänden sich noch in der allgemeinen Schulausbildung. Die Tochter K... nehme seit dem 22.11.2011 an einem Berufsvorbereitungslehrgang teil. C... habe eine Ausbildungsstelle zur Kauffrau im Einzelhandel und arbeite seit einigen Jahren in Nebentätigkeit bei einem Schnellimbiss.
25 
In weiteren Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz an das Regierungspräsidium vom 17.12.2010, vom 18.04.2011 und vom 12.09.2011 wird mitgeteilt: Wie bereits am 17.12.2005 und am 30.03.2008 habe der Kläger auch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ in den Räumlichkeiten des PKK-nahen Vereins „Kurd... G...“ H... – dem Nachfolgeverein des „Kurd... V...“ – teilgenommen. Volksversammlungen gehörten zum organisatorischen Rahmen der PKK. Dabei bestehe der Teilnehmerkreis zu annähernd 100 % aus PKK-Anhängern. Sie dienten in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Am 20.11.2010 habe sich der Kläger außerdem an einer „Kurdistan Solidaritätsdemonstration“ in H... beteiligt, bei der Transparente/Plakate mit den Aufschriften „Freiheit für Öcalan - Frieden für Kurdistan“ u.ä. skandiert worden seien.
26 
In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und – informatorisch – Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg angehört worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.12.2011 übergeben, in welchem erklärt wird, dass der Kläger bis auf Weiteres eine Duldung aus familiären Gründen erhalte.
27 
Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart (5 Hefte) und der Stadt H... (2 Hefte), die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart über Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12680/98 und A 17 K 480/07), bezüglich Klagen wegen Niederlassungserlaubnis gegen die Stadt H... (8 K 487/09), wegen Niederlassungserlaubnis u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2004/09, mit Beiakte) und wegen Ausweisung u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2424/10, 2 Bände) sowie über das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (11 K 2430/10) vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren (11 S 897/11) Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
40 
Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
41 
1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
42 
2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
43 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
44 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
45 
a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
46 
aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
47 
Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
48 
Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
49 
bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
50 
Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
52 
Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
54 
Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
55 
Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
28 
Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
40 
Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
41 
1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
42 
2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
43 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
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Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
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a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
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aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
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Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
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Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
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bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
50 
Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
52 
Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
54 
Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
55 
Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
___________
AK 1 und 2/12
vom
16. Februar 2012
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
1.
2.
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie der Beschuldigten und ihrer Verteidiger am 16. Februar 2012
gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:

I.

1
Die Beschuldigten wurden aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2011 (6 BGs 51 und 52/11) am 17. Juli 2011 festgenommen und befinden sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.
2
Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Beschuldigten seien seit dem Frühjahr 2010 als Kader der "Komalen Ciwan" (KC, "Gemeinschaft der Jugendlichen"), einer Jugendorganisation der "Partiya Karkeren Kurdistan" (PKK, "Arbeiterpartei Kurdistans") und deren Europaorganisation "Civaka Demokratik a Kurdistan" (CDK, "Kurdische Demokratische Gesellschaft"), tätig und hätten sich dadurch als Mitglied an einer Vereinigung im Ausland außer- halb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB).
3
Das Bundesministerium der Justiz hat am 12. Mai 2011 (hinsichtlich des Beschuldigten A. ) sowie am 1. April 2011 (hinsichtlich des Beschuldigten Ö. ) die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung bereits begangener und künftiger Taten des jeweiligen Beschuldigten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die PKK oder eine ihrer Nebenorganisationen, insbesondere der KC, erteilt (§ 129b Abs. 1 Satz 3 StGB).

II.

4
Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft und ihrer Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
5
1. Die Beschuldigten sind der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland dringend verdächtig.
6
a) Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen :
7
aa) Die PKK wurde 1978 u.a. von Abdullah Öcalan in der Türkei als Kaderorganisation mit dem Ziel gegründet, einen kurdischen Nationalstaat unter ihrer Führung zu schaffen. Zur Verwirklichung dieses Plans initiierte die PKK verschiedene Organisationen, die mehrfach ihre Bezeichnung wechselten. So besteht seit 2007 - unter dieser Bezeichnung - die "Koma Civaken Kurdistan" (KCK, "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistan"), die staatliche Attribute beansprucht und sich laut ihrem grundlegenden Abkommen als "demokratisches, kommunalistisch-konföderales System" versteht. Als Jugendorganisation inner- halb dieses Systems existiert die KC. Die CDK, die letztlich der KCK-Führung untergeordnet ist, dient dazu, die in Europa lebenden Kurden zu organisieren. Dementsprechend sind in Europa (außerhalb der Türkei) lebende Mitglieder der KC an die CDK angebunden.
8
Die KCK ist, ebenso wie die PKK, auf die Person von Abdullah Öcalan ausgerichtet; nach Art. 11 Satz 2 und 3 des "KCK-Abkommens" ist er "die Führungsinstanz , die das gesamte Volk in allen Bereichen vertritt", und "in grundlegenden Fragen die letzte Entscheidungsinstanz". Neben dieser "Entscheidungsinstanz" geschieht die Willensbildung etwa über den "Kongra Gele Kurdistan" (Kongra Gel, "Volkskongress Kurdistans"). Entsprechend hält auch die CDK Kongresse ab. Die Führungskader folgen grundsätzlich dieser Willensbildung und setzen die getroffenen Entscheidungen um. Zur Überprüfung haben sie regelmäßig der übergeordneten Ebene Bericht über ihre Tätigkeit zu erstatten.
9
Die KCK sieht die PKK als "ideologische Kraft des Systems der KCK" und als verantwortlich dafür an, "die Philosophie und die Ideologie der Führung umzusetzen". "Alle PKK-Kader innerhalb des Systems der KCK sind bezüglich ihrer ideologischen, moralischen, philosophischen sowie die Organisation und das Leben betreffenden Maßstäbe an die Struktur der PKK gebunden"; außerdem "nimmt jeder, der innerhalb des Systems der KCK tätig ist, die ideologischen und moralischen Maßstäbe der PKK zur Grundlage" (Art. 36 "KCKAbkommen" ).
10
bb) Die KCK bewertet im Rahmen der "Selbstverteidigung" einen Guerillakrieg als legitimes Mittel. Zu ihrem System gehören auch die "Hezen Parastina Gel" (HPG, "Volksverteidigungskräfte"), die nach dem Willen der Führung handeln. Die HPG verübten vor allem im Osten der Türkei Anschläge gegen türkische Soldaten sowie Polizisten und töteten dabei eine Vielzahl von diesen. Die HPG bekannten sich beispielsweise im Jahr 2010 zu diversen Anschlägen mit mindestens vierzig Todesopfern.
11
cc) Die beiden Beschuldigten waren spätestens ab dem Frühjahr 2010 als Führungskader der KC in Europa in die dargestellte Organisation von PKK sowie KCK eingebunden und förderten diese. Sie nahmen im Februar 2010 als Kader an einem Zwischenkongress der Europaführung der KC bei Pisa teil. Den Beschuldigten war die Ausrichtung der PKK sowie der KCK auf "Guerillaanschläge" gegen türkische Einheiten bekannt, und sie unterstützten diese Richtung bewusst.
12
(1) Der Beschuldigte A. (alias "M. ", "C. " u.a.) war - zumindest ab dem 19. Januar 2010 - zunächst als für ganz Deutschland zuständiger Funktionär der KC tätig. Als solcher war er in Deutschland unter anderem damit befasst, Kader für die KC zu rekrutieren, die Teilnahme von Interessierten an Ausbildungslagern der KC zu organisieren und Veranstaltungen der KC zu koordinieren.
13
Im März 2010 wechselte der Beschuldigte A. aufgrund einer Entscheidung der KC-Führung als Kader nach Frankreich. Ab Herbst 2010 war er für die KC wieder in Deutschland, und zwar in Ma. , tätig. Im Dezember 2010 war er an einer mehrtägigen Schulungsveranstaltung der KC in N. beteiligt, die unter anderem die Geschichte der PKK und die Guerilla zum Gegenstand hatte.
14
(2) Der Beschuldigte Ö. (alias "R. ", "Z. ", "Ni. " u.a.) übernahm im März 2010 - nach vorangegangener Kadertätigkeit in der Schweiz - vom Beschuldigten A. die Aufgabe des für Deutschland verantwortlichen Funktionärs der KC und reiste dazu nach Deutschland ein. Er hielt und vermittelte Kon- takte zu über- sowie untergeordneten Kadern. Ferner richtete er verschiedene Veranstaltungen der KC aus und war damit befasst, Reisen von KC-Mitgliedern nach Deutschland oder von dort in die Türkei oder den Irak zu organisieren. Zudem entschied er mit über die Verwendung von Geldern. Im Dezember 2010 nahm er ebenso wie der Mitbeschuldigte A. an der Schulung in N. teil.
15
b) Hinsichtlich des vorstehenden Sachverhalts ergibt sich der dringende Tatverdacht aus den (unter anderem im Dezember 2010 in N. ) sichergestellten Unterlagen, der Auswertung der überwachten Telekommunikation, öffentlichen Verlautbarungen der Organisationen und diversen Zeugenaussagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2011 und den Vermerk des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2011 Bezug genommen.
16
c) Danach besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Beschuldigten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht haben.
17
Die Beteiligung an der KC stellt nach gegenwärtigem Ermittlungsstand zugleich eine Beteiligung an dem von der PKK initiierten System der KCK dar. Zwar organisiert sich die KC laut Art. 38 des "KCK-Abkommens" selbstständig und autonom. Doch ergibt sich sowohl aus dem Abkommen selbst als auch aus den weiteren Ermittlungsergebnissen, dass die Willensbildung der KC letztlich in diejenige von KCK und PKK eingebunden ist. So sind die Mandatsträger der KC nicht nur ihren eigenen Organen, sondern auch denjenigen der KCK gegenüber verantwortlich (Art. 38 Satz 5 "KCK-Abkommen"). Für eine entsprechende Anbindung der KC in Europa an die Kader der CDK sprechen etwa von CDK-Kongressen gefasste Beschlüsse, überwachte Telefonate und Zeugenaussagen. Dafür, dass die KC letztlich darauf ausgerichtet ist, die Politik der PKK umzusetzen und den Guerillakrieg zu unterstützen, lassen sich unter anderem die Unterlagen heranziehen, die bei der Schulung in N. sichergestellt wurden und Rückschlüsse auf den Schulungsinhalt ermöglichen.
18
Nach dem Ermittlungsstand stellt die von der PKK initiierte Verbandsstruktur eine Vereinigung dar, bei der sich der einzelne entsprechend den intern bestehenden Regeln unter den Gruppenwillen unterordnet. Sie ist angesichts des von ihr in Anspruch genommenen "Selbstverteidigungsrechts" und der durch ihre weitere Unterorganisation, die HPG, verübten Anschläge auf türkische Einheiten darauf ausgerichtet, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen. Eine Rechtfertigung für die Tötungsdelikte oder eine Ausnahme von der Strafbarkeit ist nicht gegeben; insbesondere ist eine völkerrechtliche Zulässigkeit der Kampfhandlungen nach dem aktuellen Ermittlungsstand auszuschließen. Unabhängig davon, ob überhaupt völkerrechtlich eine Volksgruppe innerhalb eines bestehenden Staates in Ausnahmefällen das Recht zu einer Sezession haben kann und dieses Recht gewaltsam durchsetzen darf (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 15/65, NJW 1966, 310, 313; IGH, Rechtsgutachten vom 22. Juli 2010 - General List No. 141, Rn. 82 f., International Legal Materials 49 [2010], 1404 ff.), fehlen in der konkreten Situation die Voraussetzungen für ein solches allenfalls in besonderen Konstellationen gegebenes Recht.
19
Vor diesem Hintergrund bedarf hier keiner Entscheidung, ob die Annahme in den Haftbefehlen, die "Teyrebazen Azadiya Kurdistan" (TAK, "Freiheitsfalken Kurdistans") gehörten - entgegen deren ausdrücklichen Presseerklärungen und der Distanzierung seitens der KCK - zu den Organisationsstrukturen der PKK/KCK, nach den bisherigen Ermittlungen im Sinne eines dringenden Tatverdachts hinreichend belegt ist.
20
2. Es bestehen hinsichtlich beider Beschuldigter die Haftgründe der Flucht- und der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 StPO), wie in den Haftbefehlen im Einzelnen zutreffend dargelegt worden ist. Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).
21
3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Abgesehen davon, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens - unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung des Senats zu in Deutschland tätigen Teilorganisationen ausländischer Vereinigungen - die Organisation der PKK, der KCK und ihrer Untergliederungen, insbesondere der KC, der CDK sowie der HPG, im Tatzeitraum näher aufzuklären war, war die Auswertung umfangreicher überwachter Telekommunikation erforderlich, um vor allem die konkrete Beteiligung der Beschuldigten näher zu ermitteln. Dies bedurfte der Übersetzung der beweiserheblichen Telefonate und Kurzmitteilungen, die erst im Januar 2012 abgeschlossen wurde. Die Schwierigkeit und der Umfang der konkreten Ermittlungen haben daher ein Urteil noch nicht zugelassen. Das Verfahren ist entgegen den Beanstandungen der Verteidigung mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
22
Insgesamt steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
23
Der Senat geht davon aus, dass - wie vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift angekündigt - alsbald Anklage erhoben werden kann. Becker Pfister Menges

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - ist unwirksam, soweit damit Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - geändert. Die Klage gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung sowie gegen eine ihm auferlegte räumliche Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.
Der am ... in .../Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 19.12.1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er unter anderem vor, er und seine Ehefrau hätten in der Türkei die PKK unterstützt. So hätten sie z.B. Uniformen gewaschen und den Guerillas ab und zu Lebensmittel gegeben. Sie seien deshalb verfolgt worden. Auf die vom Kläger gegen den seinen Asylantrag ablehnenden Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.03.1996 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 01.07.1998 die Bundesrepublik Deutschland festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. In der Folge erhielt der Kläger befristete Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse, erstmals zum 01.09.1998. Zuletzt wurde ihm am 13.09.2006 eine bis zum 12.09.2007 geltende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt.
Der Kläger ist mit der am ... geborenen M... A..., geb. G..., verheiratet. Sie haben sieben gemeinsame Kinder: B... (* ...1988), Ex ... (* ...1990), C... (* ...1992), K... (* ...1993), E... (* ...1996), M... (* ...1998) und A... A... (* ...2005). Mit Bescheid des Bundesamts vom 09.07.1996 wurden die Ehefrau des Klägers und die fünf älteren Kinder, mit denen diese am 28.05.1996 nach Deutschland eingereist war, als Asylberechtigte anerkannt. Bezüglich M..., C..., K... ... und E... wurden die Asylanerkennungen mit Bescheid des Bundesamts vom 02.03.2007 widerrufen. Die Ehefrau und die fünf älteren Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, M... ist Inhaber einer bis zum 07.01.2014 befristeten Aufenthaltserlaubnis. Der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsangehöriger.
Bis auf einen Zeitraum vom 24.04.2006 bis zum 01.03.2007, in welchem der Kläger in L... gewohnt hatte, war er durchgehend mit Hauptwohnsitz in H... gemeldet. Er und seine Familie bezogen zunächst (ergänzende) Sozialleistungen. In den ersten Jahren war er gelegentlich geringfügig beschäftigt, danach bei wechselnden Arbeitgebern, überwiegend in H... Er war wie folgt tätig: vom 01.07.2002 bis zum 30.11.2002 bei einer Gebäudereinigung, vom 13.03.2004 bis zum 31.03.2005 bei C.M.A. Télécafé, vom 01.04.2005 bis zum 31.01.2006 bei M.S.A. Télécafé, dann - nach Bezug von Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.04.2006 - vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 bei einer Vertriebs GmbH in W..., vom 17.07.2006 bis zum 31.07.2006 bei B... K., Abbruch und Demontage, vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007 bei M... K., Abbruch und Demontage, beide in L... und vom 01.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei Ü.S. Paletten-Depot in H... Seit dem 01.07.2009 ist der Kläger bei einer Gebäudereinigung tätig.
Am 25.01.1997 wurde der Kläger in einer Sitzung der Mitglieder des Vereins „Kurd... V... e.V.“, H..., - als Zuständiger für die Bücherei - in den Vorstand gewählt. Die Mitglieder des Vereins „Gebetshaus E... ... ...“, H..., wählten ihn am 12.12.1998 als zweiten Vertreter für den Bereich Sport und am 19.05.2002 als zweiten Vorsitzenden in den Vorstand. Mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 - KLs 71 Js 1603/96 - wurde der Kläger wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Geldstrafe von 35 Tagesätzen zu je 15,-- DM verurteilt. Am 16.02.1999 wurde er aus Anlass der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart (nach der Festnahme von Öcalan) gemeinsam mit 176 anderen Kurden einen Tag lang in „Vorbeugewahrsam“ nach § 28 PolG genommen. In einem gegen ihn wegen der Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK´ler“ eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 30.05.2003 von der Verfolgung abgesehen (§ 153 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Mit Bescheid vom 16.04.2007 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 27.08.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Die dagegen vom Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage - A 17 K 480/07 - wurde von ihm am 25.09.2007 zurückgenommen.
Bereits am 17.07.2007 hatte der Kläger (zum wiederholten Mal) die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beantragt. Unter anderem im Hinblick auf ein Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz vom 13.11.2006, mit welchem die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt L... über die Wahl des Klägers in den Vorstand des Kurd... V... e.V. am 25.01.1997 und zum stellvertretenden Vorstandsmitglied des Gebetshauses „E... ...“ am 12.12.1998 sowie über diverse exilpolitische Aktivitäten des Klägers informiert worden war, forderte die Ausländerbehörde der Stadt H... den Kläger auf, an einer sog. Sicherheitsbefragung gemäß §§ 54 Nr. 6 i.V.m. § 82 Abs. 4 AufenthG teilzunehmen. Bei der daraufhin am 08.08.2007 durchgeführten Befragung verneinte der Kläger die Frage, ob er bestimmte Gruppen oder Organisationen, darunter die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) alias KADEK alias KONGRA-GEL, unterstütze oder für diese tätig geworden sei. Die Zusatzfrage, welcher Art diese Unterstützungshandlungen oder Tätigkeiten (z.B. Spenden) gewesen seien, beantwortete er sinngemäß wie folgt: Er sei nur Kurde; die PKK und die KONGRA-GEL interessierten ihn nicht. Er sei auch nicht Mitglied in einem kurdischen Verein.
Mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg an das Innenministerium Baden-Württemberg vom 26.02.2008 und an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 18.11.2008 wurde mitgeteilt, dass der Kläger dem Landesamt im Zusammenhang mit der im November 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – welche 2002 in „Freiheit- und Demokratiekongress Kurdistans“ (KADEK) und 2003 in „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA-GEL) umbenannt worden sei – bekannt geworden sei. Neben den Vorstandstätigkeiten in den PKK-nahen Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ... - ...“ in H... lägen folgende Erkenntnisse vor: Der Kläger habe an einer Vielzahl von Versammlungen, Demonstrationen oder Feiern von KADEK bzw. KONRAG-GEL-Anhängern teilgenommen, so am 06.04.2003 in H... an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Abdullah Öcalan, am 05.02.2005 an einer Solidaritätsdemonstration für den am 22.01.2005 in Nürnberg festgenommenen stellvertretenden Vorsitzenden dieser Organisation, R... K..., am 03.04.2005 an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Öcalan, am 27.11.2005 in I... (bei H...) an einer Veranstaltung zum 27. Gründungsjahrestag der PKK, am 17.12.2005 an einer Versammlung in H..., am 28.01.2006 an einer Demonstration in Mannheim, am 11.02.2006 an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich des 7. Jahrestages der Festnahme Öcalans in Straßburg/Frankreich, am 16.02.2007 an einer Demonstration zu den Haftbedingungen Öcalans sowie zuvor stattgefundenen Exekutivmaßnahmen der deutschen und französischen Behörden gegen mutmaßliche KONGRA-GEL-Strukturen in H..., am 27.10.2007 an einer weiteren Demonstration in H..., am 24.11.2007 an einer Versammlung anlässlich einer Feier zum Parteigründungstag der PKK in H..., am 30.03.2008 an einer weiteren Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern und am 18.05.2008 an einer Märtyrer-Veranstaltung in H...
Nachdem das Regierungspräsidiums Stuttgart den Kläger mit Schreiben vom 20.08.2008 unter anderem auf die Möglichkeit einer Ausweisung hingewiesen hatte, erklärte der Kläger in einem Schreiben vom 26.08.2008, er wolle zunächst feststellen, dass er kein Terrorist und kein Verbrecher sei, sondern ein einfacher Arbeiter. Jede Veranstaltung und Demonstration, an der er teilgenommen habe, sei bei den Behörden angemeldet und genehmigt gewesen. Die Vereine, in deren Vorstand er gewählt worden sei, seien Kulturvereine von Kurden für Kurden. Sicher habe auch er, als er noch in der Türkei gelebt habe, die PKK unterstützt, aber eher mit humanitären als mit militärischen Mitteln. Seit die PKK als terroristische Vereinigung gelte, habe er diese Hilfe komplett eingestellt. Er unterstütze als Kurde die kurdische Sache. Er distanziere sich aber von jeder kriminellen Handlung, die im Namen des kurdischen Volkes begangen werde, somit auch von der PKK als terroristischer Vereinigung.
10 
Am 10.02.2009 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Untätigkeits-) Klage gegen die Stadt H... mit dem Antrag, diese zu verpflichten, ihm eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (8 K 487/09). Diese Klage wurde 25.05.2009 zurückgenommen; stattdessen erhob er Klage gegen das Land Baden-Württemberg (11 K 2004/09).
11 
Mit Schreiben vom 09.04.2009 und vom 01.02.2010 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz, es seien noch die folgenden gerichtsverwertbaren Erkenntnisse angefallen: Ausweislich eines Fotos und eines Zeitungsartikels in der der KONGRA-GEL nahestehenden türkischen Tageszeitung „Yeni Özgür Politika“ vom ...2008 habe er am ...2008 an einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in H... und außerdem am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestags der Gründung des militärischen Arms der PKK an einem Grillfest von KONGRA-GEL-Anhängern bei Bad Wimpfen sowie am 25.10.2008 an einer Demonstration gegen die angebliche Misshandlung von Öcalan in H... teilgenommen. Am 23.11.2008 und am 27.11.2009 sei der Kläger in I... (bei H...) Teilnehmer von Versammlungen zur Feier des 30. bzw. 31. Gründungsjahrestages der PKK gewesen, am 20.03.2009 habe er an der „Newroz“-Veranstaltung in H... teilgenommen.
12 
Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziff. 1). Er wurde außerdem aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb der Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziff. 2). Außerdem wurde sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt (Ziff. 3). Der Kläger wurde verpflichtet, sich einmal wöchentlich unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers bei dem Polizeirevier H... zu melden. Sein Aufenthalt sei bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung auf das Stadtgebiet des Stadtkreises H... beschränkt (Ziff. 4). Die sofortige Vollziehung der Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids und der Meldeauflage sowie der Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids wurde angeordnet (Ziff. 5). In den Gründen des Bescheids wurde im Wesentlichen dargelegt: Die Voraussetzungen der Ausweisungstatbestände des § 55 AufenthG i.V.m. §§ 54 Nr. 5, Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien gegeben. Der Kläger sei nicht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats/EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) privilegiert. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 und/oder des Art. 7 ARB 1/80 lägen nicht vor. Der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG sei erfüllt. Die PKK sei als eine terroristische Vereinigung zu qualifizieren. Der Kläger habe diese tatbestandsmäßig im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Er sei bereits vor seiner Einreise ins Bundesgebiet 1995 fünf bis sechs Jahre in der Türkei für die PKK tätig gewesen. Bereits Anfang 1996 habe er an einer verbotenen und gewalttätigen PKK-Demonstration in Dortmund teilgenommen und sei deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem habe er im Jahr 1999 an der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart anlässlich der Gefangennahme des PKK-Führers Öcalan teilgenommen und zudem im Jahr 2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet. Hinzu kämen die ab 1997 bis zumindest 2002 ausgeübten Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen. In der Folge habe er kontinuierlich ab dem Jahr 2003 bis Ende des Jahres 2009 an zahlreichen politisch-extremistischen und auch gewaltbereiten Veranstaltungen der PKK alias KADEK alias KONGRA-GEL aktiv teilgenommen. Die vorliegenden Erkenntnisse und Tatsachen rechtfertigten in ihrer wertenden Gesamtbetrachtung die Schlussfolgerung, dass er der PKK „angehöre“. Zudem seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5a und 6 AufenthG erfüllt. Da der Kläger und seine Ehefrau mit ihrem minderjährigen deutschen Kind A... A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, genieße er allerdings besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Seine Ausweisung sei daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. Solche lägen jedoch in den Fällen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG, also auch hier, vor. Im vorliegenden Fall seien auch keine besonderen Umstände gegeben, die zur Annahme eines Ausnahmefalls führen könnten. Nach dem Grundsatz der Herabstufung sei daher gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG über die Ausweisung des Klägers nach Ermessen zu entscheiden. Hierbei seien nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sämtliche für und gegen die Ausweisung sprechenden Gründe in die Entscheidung einzubeziehen, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und zu prüfen, ob die Ausweisung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sei. Im Ergebnis überwiege das öffentliche Interesse an der Ausweisung das private Interesse des Klägers an einem weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Sicherheitsinteresse, die vom Kläger persönlich ausgehende nicht unerhebliche und extremistische Gefahr für höchste Rechtsgüter durch seine Ausweisung mit dem Entzug seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet abzuwehren. Zudem verfolge die Ausweisung general- und spezialpräventive Zwecke. Außerdem sei von einer gesteigerten Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche und sonstige Bindungen des Klägers im Bundesgebiet hätten Berücksichtigung gefunden. Auch seien die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Klägers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, gemäß § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG bedacht worden. Es handle sich um eine schutzwürdige Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Auch seien die Interessen der Kinder, insbesondere des jüngsten deutschen Kindes, an der Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland zu berücksichtigen. Bei der Gewichtung und Abwägung des jeweiligen Interesses habe jedoch der Schutz der Ehe und Familie hinter das höher einzuschätzende Sicherheitsinteresse des Staates und seiner Bevölkerung vor Unterstützungshandlungen für terroristische Vereinigungen zurückzutreten. Die Ausweisungsentscheidung stehe auch mit Art. 8 EMRK im Einklang. Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sei abzulehnen, weil dieser bereits die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG entgegenstehe. Aufgrund der Ausweisungsverfügung, deren sofortige Vollziehung angeordnet worden sei, sei der Kläger nach §§ 50 Abs. 1 und 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Gemäß § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliege er der gesetzlichen Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Gemäß § 54a Abs. 2 AufenthG sei sein Aufenthalt kraft Gesetzes auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt.
13 
Mit am 01.07.2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz vom 28.06.2010 machte der Kläger den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 im Wege der Klageänderung bzw. -erweiterung zum Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens 11 K 2004/09. In der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2010 wurde die Klage insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 11 K 2424/10 fortgesetzt, als sie auf Anfechtung von Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidium Stuttgart vom 10.06.2010 gerichtet ist. Im Übrigen (bezüglich der Niederlassungserlaubnis) ist nach entsprechenden Anträgen der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
14 
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgetragen: Obwohl der Kläger offensichtlich seit Jahren intensiv und engmaschig vom Verfassungsschutz beobachtet werde, könne das beklagte Land nicht einen konkreten Anhaltspunkt für eine objektive oder subjektive Unterstützungsleistung des Klägers benennen außer der schlichten Teilnahme an diversen, wohl gemerkt angemeldeten und erlaubten Versammlungen. Weder aus der Tatsache, dass er an diversen Kundgebungen teilnehme, noch daraus, dass er eine Zeitlang und bis 2002 in kurdischen Kulturvereinen in den Vorstand gewählt worden sei, habe er jemals einen Hehl gemacht. Er könne nicht für die Äußerungen irgendwelcher Redner auf irgendwelchen Veranstaltungen im Sinne einer Sippenhaft verantwortlich gemacht werden. Insgesamt bemühe sich das Land geradezu krampfhaft, eine über ein Jahrzehnt zurückliegende strafrechtliche Verurteilung und sogar ein von der Staatsanwaltschaft eingestelltes Ermittlungsverfahren, welches ebenfalls Jahre zurückliege, zur Begründung eines vermeintlichen Versagungsgrundes heranzuziehen. Tatsache sei, dass er weder Mitglied einer terroristischen Vereinigung sei noch eine solche unterstützt habe. Insoweit werde auf seine Erklärung vom 26.08.2008 Bezug genommen. Obwohl es nicht darauf ankomme, werde bestritten, dass die PKK eine terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG sei. Die Aufnahme einer Vereinigung in die EU-Terrorliste entbinde weder Behörden noch Gerichte von der eigenständigen Prüfung. Eine Ausweisung könne zudem nur erfolgen, wenn vom Ausländer persönlich eine Gefahr für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausgehe. Er habe lediglich sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Information wahrgenommen. Dass er sich einen eigenen Staat wünsche und auch das Recht habe, als Kurde seine Auffassung kundzutun, dürfte auf der Hand liegen. Die Entscheidung verstoße im Übrigen gegen Art. 6 GG.
15 
Das Regierungspräsidium Stuttgart trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies es auf den angefochtenen Bescheid. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe dieser nachweisbar im dargelegten Umfang an Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen der PKK alias KONGRA-GEL vom 06.04.2003 bis zum 27.11.2009 sei durch offene und gerichtsverwertbare Tatsachen des Landesamts für Verfassungsschutz belegt, die vor Gericht durch einen Zeugen vom Hörensagen nachgewiesen werden könnten. Die PKK/KADEK/KONGRA-GEL sei auch als terroristische Vereinigung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG einzustufen. Dass das „Gebetshaus E... ... - ... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger in den Jahren 1998 und 2002 gewählt worden sei, der PKK nahestehe, folge aus einem beigefügten Bericht des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006. Die PKK-Nähe des Vereins Kurdx ... V... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger 1997 gewählt worden sei, ergebe sich aus Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz. Unerheblich sei, dass die Wahl des Klägers in den Vorstand der genannten Vereinigungen bereits 1997, 1998 und 2002 erfolgt sei, da die Annahme einer Unterstützung der PKK durch den Kläger auf einer wertenden Gesamtbetrachtung beruhe und maßgeblich auch auf die bereits zu Beginn seines Aufenthalts in der Bundesrepublik erfolgten Tätigkeiten im Funktionärsstatus abzustellen sei, denen sich in den folgenden Jahren weitere politische Aktivitäten für die PKK angeschlossen hätten, und die sich bis in die Gegenwart fortsetzten. Selbst wenn es nur um die „bloße Teilnahme“ an Veranstaltungen und Demonstrationen gehen würde, könnte auch diese unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorfeldunterstützung des Internationalen Terrorismus darstellen. Die Versammlungen und Demonstrationen, an denen der Kläger teilgenommen habe, hätten entgegen seinem Vorbringen auch keinen „legalen und friedlichen“, sondern einen politisch-militanten Grundcharakter. Die Ausweisung verstoße auch nicht im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers und mit den minderjährigen Kindern gegen Art. 6 GG. An dem Übergewicht des öffentlichen Interesses vermöge ein mögliches Abschiebungshindernis aufgrund familiärer Belange nichts zu ändern. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht ausgeschlossen, dass auch unter Berücksichtigung selbst eines strikten Abschiebungsverbotes - nach § 60 Abs. 1 AufenthG - und bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Duldung eine Ausweisung ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden könne. Die Behörde habe dann das Abschiebungsverbot in die Ermessenserwägungen einzustellen. In Anwendung dieser Grundsätze werde ergänzend vorgetragen, dass zwar die Familienschutzvorschriften des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gewähren und einer Abschiebung entgegenstehen könnten. Selbst wenn von einem solchen Abschiebungshindernis ausgegangen werde, führe dies aber nicht zur Unzulässigkeit der Ausweisung, sondern sei gemäß seiner Bedeutung zu werten und in die Ermessenserwägungen einzustellen. Im Ergebnis könne von einem Überwiegen des staatlichen Sicherheitsinteresses ausgegangen werden, so dass die Ausweisung des Klägers trotz eines - möglichen - Abschiebungshindernisses nicht unverhältnismäßig sei.
16 
Auf einen am 01.07.2010 vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - die aufschiebende Wirkung der Klage - 11 K 2424/10 - gegen die Ziffern 1, 2 und 3 im Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wieder her. Bezüglich Ziffer 4 des Bescheids wurde der Antrag abgelehnt.
17 
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - wurden die Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen dargelegt: Alle Vorgänge vor 2002 lägen derart weit in der Vergangenheit, dass sich aus ihnen eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht ablesen lasse. In der Zeit nach 2002 habe der Kläger lediglich an 13 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen - was er auch nicht bestritten habe. Im angefochtenen Bescheid seien allerdings keinerlei Ausführungen dazu enthalten, was der Kläger bei den Veranstaltungen konkret gemacht haben solle. Allein seine Anwesenheit könne noch nicht als Unterstützungshandlung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG gewertet werden, von der auf eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers geschlossen werden dürfe. Der Kläger erfülle aber auch nicht den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG. Zwar dürfte die Beantwortung zahlreicher Fragen zur Nähe zur PKK durch den Kläger anlässlich des mit ihm durchgeführten Sicherheitsgesprächs am 08.08.2007 falsch gewesen sein. Es gebe keine gesetzlich angeordnete Rechtspflicht, an einer Sicherheitsbefragung aktiv teilzunehmen. Der Kläger hätte daher vor Beginn des Sicherheitsgesprächs auf diese Freiwilligkeit hingewiesen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei das Ergebnis rechtlich nicht verwertbar. Damit erwiesen sich auch die Abschiebungsandrohung und die unter Ziffer 4 des Bescheids angeordneten Überwachungsmaßnahmen als rechtswidrig.
18 
Am 14.03.2011 hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das am 21.02.2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt und diese mit am 19.04.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet. Ergänzend wird unter anderem dargelegt: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2005 für die Annahme einer Unterstützungshandlung nach § 54 Nr. 5 AufenthG genügen könne, wenn der Betreffende an einschlägigen Versammlungen und Kundgebungen teilnehme. In diesem Zusammenhang sei vorab richtig zu stellen, dass der Kläger ab dem Jahr 2002 nicht lediglich an 13, sondern an 18 bzw. 19 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen habe. Die jeweiligen Veranstaltungen seien terrorgeneigt und politisch-militant orientiert gewesen, woraus sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts das objektiv Vorteilhafte der Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen ohne weiteres ergebe. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufteilung der Gesamtaktivitäten des Klägers in solche vor und solche nach dem Jahr 2002 unter Außerachtlassung der älteren Aktivitäten sei rechtlich nicht haltbar. Im Übrigen habe der Kläger nach den aktuellen sicherheitsrelevanten Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.12.2010 und vom 18.04.2011 noch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ mit qualitativ hochstehendem Gefährdungspotential teilgenommen. Die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien ebenfalls gegeben. Die Ausweisungsentscheidung sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Die familiären Bindungen des Klägers seien im Rahmen der Ermessensausübung vollständig berücksichtigt worden. Im Falle des Klägers sei davon auszugehen, dass aus familiären Gründen ein Abschiebungsverbot bestehe, weshalb es bei ihm nicht um eine Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik gehe. Eine Ausweisung sei gleichwohl möglich.
19 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
20 
Das beklagte Land beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 richtet.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Zur Begründung wird auf das bisherige Vorbringen Bezug genommen und ergänzend unter anderem vorgetragen: Er habe eine Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80 inne. In der Zeit vom 01.04.2007 bis einschließlich Mai 2009 sei er durchgehend bei demselben Arbeitgeber in L... tätig gewesen. M... K. habe den Betrieb von B... K. übernommen. Nach einmonatiger Arbeitslosigkeit habe er dann zum 01.07.2009 seine Tätigkeit bei einer Gebäudereinigungsfirma angetreten, bei der er heute noch beschäftigt sei. Er lebe weiter mit seiner Ehefrau und seinen Kindern zusammen, auch mit den volljährigen. Die minderjährigen Kinder befänden sich noch in der allgemeinen Schulausbildung. Die Tochter K... nehme seit dem 22.11.2011 an einem Berufsvorbereitungslehrgang teil. C... habe eine Ausbildungsstelle zur Kauffrau im Einzelhandel und arbeite seit einigen Jahren in Nebentätigkeit bei einem Schnellimbiss.
25 
In weiteren Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz an das Regierungspräsidium vom 17.12.2010, vom 18.04.2011 und vom 12.09.2011 wird mitgeteilt: Wie bereits am 17.12.2005 und am 30.03.2008 habe der Kläger auch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ in den Räumlichkeiten des PKK-nahen Vereins „Kurd... G...“ H... – dem Nachfolgeverein des „Kurd... V...“ – teilgenommen. Volksversammlungen gehörten zum organisatorischen Rahmen der PKK. Dabei bestehe der Teilnehmerkreis zu annähernd 100 % aus PKK-Anhängern. Sie dienten in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Am 20.11.2010 habe sich der Kläger außerdem an einer „Kurdistan Solidaritätsdemonstration“ in H... beteiligt, bei der Transparente/Plakate mit den Aufschriften „Freiheit für Öcalan - Frieden für Kurdistan“ u.ä. skandiert worden seien.
26 
In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und – informatorisch – Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg angehört worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.12.2011 übergeben, in welchem erklärt wird, dass der Kläger bis auf Weiteres eine Duldung aus familiären Gründen erhalte.
27 
Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart (5 Hefte) und der Stadt H... (2 Hefte), die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart über Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12680/98 und A 17 K 480/07), bezüglich Klagen wegen Niederlassungserlaubnis gegen die Stadt H... (8 K 487/09), wegen Niederlassungserlaubnis u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2004/09, mit Beiakte) und wegen Ausweisung u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2424/10, 2 Bände) sowie über das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (11 K 2430/10) vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren (11 S 897/11) Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
40 
Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
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1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
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2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
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Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
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Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
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a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
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aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
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Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
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Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
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bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
50 
Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
52 
Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
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Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
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Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
28 
Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
40 
Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
41 
1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
42 
2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
43 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
44 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
45 
a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
46 
aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
47 
Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
48 
Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
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bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
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Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
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Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
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Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
55 
Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
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Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
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Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
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Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - ist unwirksam, soweit damit Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2011 - 11 K 2424/10 - geändert. Die Klage gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10. Juni 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung sowie gegen eine ihm auferlegte räumliche Aufenthaltsbeschränkung und eine Meldeauflage.
Der am ... in .../Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 19.12.1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zur Begründung trug er unter anderem vor, er und seine Ehefrau hätten in der Türkei die PKK unterstützt. So hätten sie z.B. Uniformen gewaschen und den Guerillas ab und zu Lebensmittel gegeben. Sie seien deshalb verfolgt worden. Auf die vom Kläger gegen den seinen Asylantrag ablehnenden Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – (im Folgenden: Bundesamt) vom 21.03.1996 erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 01.07.1998 die Bundesrepublik Deutschland festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. In der Folge erhielt der Kläger befristete Aufenthaltsbefugnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse, erstmals zum 01.09.1998. Zuletzt wurde ihm am 13.09.2006 eine bis zum 12.09.2007 geltende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt.
Der Kläger ist mit der am ... geborenen M... A..., geb. G..., verheiratet. Sie haben sieben gemeinsame Kinder: B... (* ...1988), Ex ... (* ...1990), C... (* ...1992), K... (* ...1993), E... (* ...1996), M... (* ...1998) und A... A... (* ...2005). Mit Bescheid des Bundesamts vom 09.07.1996 wurden die Ehefrau des Klägers und die fünf älteren Kinder, mit denen diese am 28.05.1996 nach Deutschland eingereist war, als Asylberechtigte anerkannt. Bezüglich M..., C..., K... ... und E... wurden die Asylanerkennungen mit Bescheid des Bundesamts vom 02.03.2007 widerrufen. Die Ehefrau und die fünf älteren Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, M... ist Inhaber einer bis zum 07.01.2014 befristeten Aufenthaltserlaubnis. Der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsangehöriger.
Bis auf einen Zeitraum vom 24.04.2006 bis zum 01.03.2007, in welchem der Kläger in L... gewohnt hatte, war er durchgehend mit Hauptwohnsitz in H... gemeldet. Er und seine Familie bezogen zunächst (ergänzende) Sozialleistungen. In den ersten Jahren war er gelegentlich geringfügig beschäftigt, danach bei wechselnden Arbeitgebern, überwiegend in H... Er war wie folgt tätig: vom 01.07.2002 bis zum 30.11.2002 bei einer Gebäudereinigung, vom 13.03.2004 bis zum 31.03.2005 bei C.M.A. Télécafé, vom 01.04.2005 bis zum 31.01.2006 bei M.S.A. Télécafé, dann - nach Bezug von Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.05.2005 bis zum 30.04.2006 - vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 bei einer Vertriebs GmbH in W..., vom 17.07.2006 bis zum 31.07.2006 bei B... K., Abbruch und Demontage, vom 01.08.2006 bis zum 31.01.2007 bei M... K., Abbruch und Demontage, beide in L... und vom 01.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei Ü.S. Paletten-Depot in H... Seit dem 01.07.2009 ist der Kläger bei einer Gebäudereinigung tätig.
Am 25.01.1997 wurde der Kläger in einer Sitzung der Mitglieder des Vereins „Kurd... V... e.V.“, H..., - als Zuständiger für die Bücherei - in den Vorstand gewählt. Die Mitglieder des Vereins „Gebetshaus E... ... ...“, H..., wählten ihn am 12.12.1998 als zweiten Vertreter für den Bereich Sport und am 19.05.2002 als zweiten Vorsitzenden in den Vorstand. Mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 - KLs 71 Js 1603/96 - wurde der Kläger wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Geldstrafe von 35 Tagesätzen zu je 15,-- DM verurteilt. Am 16.02.1999 wurde er aus Anlass der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart (nach der Festnahme von Öcalan) gemeinsam mit 176 anderen Kurden einen Tag lang in „Vorbeugewahrsam“ nach § 28 PolG genommen. In einem gegen ihn wegen der Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK´ler“ eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 30.05.2003 von der Verfolgung abgesehen (§ 153 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Mit Bescheid vom 16.04.2007 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 27.08.1998 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Die dagegen vom Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage - A 17 K 480/07 - wurde von ihm am 25.09.2007 zurückgenommen.
Bereits am 17.07.2007 hatte der Kläger (zum wiederholten Mal) die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beantragt. Unter anderem im Hinblick auf ein Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz vom 13.11.2006, mit welchem die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt L... über die Wahl des Klägers in den Vorstand des Kurd... V... e.V. am 25.01.1997 und zum stellvertretenden Vorstandsmitglied des Gebetshauses „E... ...“ am 12.12.1998 sowie über diverse exilpolitische Aktivitäten des Klägers informiert worden war, forderte die Ausländerbehörde der Stadt H... den Kläger auf, an einer sog. Sicherheitsbefragung gemäß §§ 54 Nr. 6 i.V.m. § 82 Abs. 4 AufenthG teilzunehmen. Bei der daraufhin am 08.08.2007 durchgeführten Befragung verneinte der Kläger die Frage, ob er bestimmte Gruppen oder Organisationen, darunter die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) alias KADEK alias KONGRA-GEL, unterstütze oder für diese tätig geworden sei. Die Zusatzfrage, welcher Art diese Unterstützungshandlungen oder Tätigkeiten (z.B. Spenden) gewesen seien, beantwortete er sinngemäß wie folgt: Er sei nur Kurde; die PKK und die KONGRA-GEL interessierten ihn nicht. Er sei auch nicht Mitglied in einem kurdischen Verein.
Mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg an das Innenministerium Baden-Württemberg vom 26.02.2008 und an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 18.11.2008 wurde mitgeteilt, dass der Kläger dem Landesamt im Zusammenhang mit der im November 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – welche 2002 in „Freiheit- und Demokratiekongress Kurdistans“ (KADEK) und 2003 in „Volkskongress Kurdistans“ (KONGRA-GEL) umbenannt worden sei – bekannt geworden sei. Neben den Vorstandstätigkeiten in den PKK-nahen Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ... - ...“ in H... lägen folgende Erkenntnisse vor: Der Kläger habe an einer Vielzahl von Versammlungen, Demonstrationen oder Feiern von KADEK bzw. KONRAG-GEL-Anhängern teilgenommen, so am 06.04.2003 in H... an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Abdullah Öcalan, am 05.02.2005 an einer Solidaritätsdemonstration für den am 22.01.2005 in Nürnberg festgenommenen stellvertretenden Vorsitzenden dieser Organisation, R... K..., am 03.04.2005 an einer Versammlung anlässlich des Geburtstags von Öcalan, am 27.11.2005 in I... (bei H...) an einer Veranstaltung zum 27. Gründungsjahrestag der PKK, am 17.12.2005 an einer Versammlung in H..., am 28.01.2006 an einer Demonstration in Mannheim, am 11.02.2006 an einer Demonstration von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich des 7. Jahrestages der Festnahme Öcalans in Straßburg/Frankreich, am 16.02.2007 an einer Demonstration zu den Haftbedingungen Öcalans sowie zuvor stattgefundenen Exekutivmaßnahmen der deutschen und französischen Behörden gegen mutmaßliche KONGRA-GEL-Strukturen in H..., am 27.10.2007 an einer weiteren Demonstration in H..., am 24.11.2007 an einer Versammlung anlässlich einer Feier zum Parteigründungstag der PKK in H..., am 30.03.2008 an einer weiteren Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern und am 18.05.2008 an einer Märtyrer-Veranstaltung in H...
Nachdem das Regierungspräsidiums Stuttgart den Kläger mit Schreiben vom 20.08.2008 unter anderem auf die Möglichkeit einer Ausweisung hingewiesen hatte, erklärte der Kläger in einem Schreiben vom 26.08.2008, er wolle zunächst feststellen, dass er kein Terrorist und kein Verbrecher sei, sondern ein einfacher Arbeiter. Jede Veranstaltung und Demonstration, an der er teilgenommen habe, sei bei den Behörden angemeldet und genehmigt gewesen. Die Vereine, in deren Vorstand er gewählt worden sei, seien Kulturvereine von Kurden für Kurden. Sicher habe auch er, als er noch in der Türkei gelebt habe, die PKK unterstützt, aber eher mit humanitären als mit militärischen Mitteln. Seit die PKK als terroristische Vereinigung gelte, habe er diese Hilfe komplett eingestellt. Er unterstütze als Kurde die kurdische Sache. Er distanziere sich aber von jeder kriminellen Handlung, die im Namen des kurdischen Volkes begangen werde, somit auch von der PKK als terroristischer Vereinigung.
10 
Am 10.02.2009 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Untätigkeits-) Klage gegen die Stadt H... mit dem Antrag, diese zu verpflichten, ihm eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (8 K 487/09). Diese Klage wurde 25.05.2009 zurückgenommen; stattdessen erhob er Klage gegen das Land Baden-Württemberg (11 K 2004/09).
11 
Mit Schreiben vom 09.04.2009 und vom 01.02.2010 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz, es seien noch die folgenden gerichtsverwertbaren Erkenntnisse angefallen: Ausweislich eines Fotos und eines Zeitungsartikels in der der KONGRA-GEL nahestehenden türkischen Tageszeitung „Yeni Özgür Politika“ vom ...2008 habe er am ...2008 an einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in H... und außerdem am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestags der Gründung des militärischen Arms der PKK an einem Grillfest von KONGRA-GEL-Anhängern bei Bad Wimpfen sowie am 25.10.2008 an einer Demonstration gegen die angebliche Misshandlung von Öcalan in H... teilgenommen. Am 23.11.2008 und am 27.11.2009 sei der Kläger in I... (bei H...) Teilnehmer von Versammlungen zur Feier des 30. bzw. 31. Gründungsjahrestages der PKK gewesen, am 20.03.2009 habe er an der „Newroz“-Veranstaltung in H... teilgenommen.
12 
Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Ziff. 1). Er wurde außerdem aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb der Ausreisefrist wurde ihm die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziff. 2). Außerdem wurde sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt (Ziff. 3). Der Kläger wurde verpflichtet, sich einmal wöchentlich unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers bei dem Polizeirevier H... zu melden. Sein Aufenthalt sei bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung auf das Stadtgebiet des Stadtkreises H... beschränkt (Ziff. 4). Die sofortige Vollziehung der Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids und der Meldeauflage sowie der Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids wurde angeordnet (Ziff. 5). In den Gründen des Bescheids wurde im Wesentlichen dargelegt: Die Voraussetzungen der Ausweisungstatbestände des § 55 AufenthG i.V.m. §§ 54 Nr. 5, Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien gegeben. Der Kläger sei nicht nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats/EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) privilegiert. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 und/oder des Art. 7 ARB 1/80 lägen nicht vor. Der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG sei erfüllt. Die PKK sei als eine terroristische Vereinigung zu qualifizieren. Der Kläger habe diese tatbestandsmäßig im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Er sei bereits vor seiner Einreise ins Bundesgebiet 1995 fünf bis sechs Jahre in der Türkei für die PKK tätig gewesen. Bereits Anfang 1996 habe er an einer verbotenen und gewalttätigen PKK-Demonstration in Dortmund teilgenommen und sei deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem habe er im Jahr 1999 an der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Stuttgart anlässlich der Gefangennahme des PKK-Führers Öcalan teilgenommen und zudem im Jahr 2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet. Hinzu kämen die ab 1997 bis zumindest 2002 ausgeübten Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen. In der Folge habe er kontinuierlich ab dem Jahr 2003 bis Ende des Jahres 2009 an zahlreichen politisch-extremistischen und auch gewaltbereiten Veranstaltungen der PKK alias KADEK alias KONGRA-GEL aktiv teilgenommen. Die vorliegenden Erkenntnisse und Tatsachen rechtfertigten in ihrer wertenden Gesamtbetrachtung die Schlussfolgerung, dass er der PKK „angehöre“. Zudem seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5a und 6 AufenthG erfüllt. Da der Kläger und seine Ehefrau mit ihrem minderjährigen deutschen Kind A... A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, genieße er allerdings besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Seine Ausweisung sei daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. Solche lägen jedoch in den Fällen des § 54 Nr. 5 und Nr. 5a AufenthG, also auch hier, vor. Im vorliegenden Fall seien auch keine besonderen Umstände gegeben, die zur Annahme eines Ausnahmefalls führen könnten. Nach dem Grundsatz der Herabstufung sei daher gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG über die Ausweisung des Klägers nach Ermessen zu entscheiden. Hierbei seien nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sämtliche für und gegen die Ausweisung sprechenden Gründe in die Entscheidung einzubeziehen, zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und zu prüfen, ob die Ausweisung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sei. Im Ergebnis überwiege das öffentliche Interesse an der Ausweisung das private Interesse des Klägers an einem weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Sicherheitsinteresse, die vom Kläger persönlich ausgehende nicht unerhebliche und extremistische Gefahr für höchste Rechtsgüter durch seine Ausweisung mit dem Entzug seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet abzuwehren. Zudem verfolge die Ausweisung general- und spezialpräventive Zwecke. Außerdem sei von einer gesteigerten Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche und sonstige Bindungen des Klägers im Bundesgebiet hätten Berücksichtigung gefunden. Auch seien die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Klägers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebten, gemäß § 55 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG bedacht worden. Es handle sich um eine schutzwürdige Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Auch seien die Interessen der Kinder, insbesondere des jüngsten deutschen Kindes, an der Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft in Deutschland zu berücksichtigen. Bei der Gewichtung und Abwägung des jeweiligen Interesses habe jedoch der Schutz der Ehe und Familie hinter das höher einzuschätzende Sicherheitsinteresse des Staates und seiner Bevölkerung vor Unterstützungshandlungen für terroristische Vereinigungen zurückzutreten. Die Ausweisungsentscheidung stehe auch mit Art. 8 EMRK im Einklang. Der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sei abzulehnen, weil dieser bereits die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG entgegenstehe. Aufgrund der Ausweisungsverfügung, deren sofortige Vollziehung angeordnet worden sei, sei der Kläger nach §§ 50 Abs. 1 und 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Gemäß § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG unterliege er der gesetzlichen Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden. Gemäß § 54a Abs. 2 AufenthG sei sein Aufenthalt kraft Gesetzes auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde beschränkt.
13 
Mit am 01.07.2010 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz vom 28.06.2010 machte der Kläger den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 im Wege der Klageänderung bzw. -erweiterung zum Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens 11 K 2004/09. In der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2010 wurde die Klage insoweit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 11 K 2424/10 fortgesetzt, als sie auf Anfechtung von Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidium Stuttgart vom 10.06.2010 gerichtet ist. Im Übrigen (bezüglich der Niederlassungserlaubnis) ist nach entsprechenden Anträgen der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
14 
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen vorgetragen: Obwohl der Kläger offensichtlich seit Jahren intensiv und engmaschig vom Verfassungsschutz beobachtet werde, könne das beklagte Land nicht einen konkreten Anhaltspunkt für eine objektive oder subjektive Unterstützungsleistung des Klägers benennen außer der schlichten Teilnahme an diversen, wohl gemerkt angemeldeten und erlaubten Versammlungen. Weder aus der Tatsache, dass er an diversen Kundgebungen teilnehme, noch daraus, dass er eine Zeitlang und bis 2002 in kurdischen Kulturvereinen in den Vorstand gewählt worden sei, habe er jemals einen Hehl gemacht. Er könne nicht für die Äußerungen irgendwelcher Redner auf irgendwelchen Veranstaltungen im Sinne einer Sippenhaft verantwortlich gemacht werden. Insgesamt bemühe sich das Land geradezu krampfhaft, eine über ein Jahrzehnt zurückliegende strafrechtliche Verurteilung und sogar ein von der Staatsanwaltschaft eingestelltes Ermittlungsverfahren, welches ebenfalls Jahre zurückliege, zur Begründung eines vermeintlichen Versagungsgrundes heranzuziehen. Tatsache sei, dass er weder Mitglied einer terroristischen Vereinigung sei noch eine solche unterstützt habe. Insoweit werde auf seine Erklärung vom 26.08.2008 Bezug genommen. Obwohl es nicht darauf ankomme, werde bestritten, dass die PKK eine terroristische Organisation im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG sei. Die Aufnahme einer Vereinigung in die EU-Terrorliste entbinde weder Behörden noch Gerichte von der eigenständigen Prüfung. Eine Ausweisung könne zudem nur erfolgen, wenn vom Ausländer persönlich eine Gefahr für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausgehe. Er habe lediglich sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Information wahrgenommen. Dass er sich einen eigenen Staat wünsche und auch das Recht habe, als Kurde seine Auffassung kundzutun, dürfte auf der Hand liegen. Die Entscheidung verstoße im Übrigen gegen Art. 6 GG.
15 
Das Regierungspräsidium Stuttgart trat der Klage entgegen. Zur Begründung verwies es auf den angefochtenen Bescheid. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe dieser nachweisbar im dargelegten Umfang an Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen der PKK alias KONGRA-GEL vom 06.04.2003 bis zum 27.11.2009 sei durch offene und gerichtsverwertbare Tatsachen des Landesamts für Verfassungsschutz belegt, die vor Gericht durch einen Zeugen vom Hörensagen nachgewiesen werden könnten. Die PKK/KADEK/KONGRA-GEL sei auch als terroristische Vereinigung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG einzustufen. Dass das „Gebetshaus E... ... - ... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger in den Jahren 1998 und 2002 gewählt worden sei, der PKK nahestehe, folge aus einem beigefügten Bericht des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006. Die PKK-Nähe des Vereins Kurdx ... V... e.V.“ in H..., in dessen Vorstand der Kläger 1997 gewählt worden sei, ergebe sich aus Erkenntnissen des Landesamts für Verfassungsschutz. Unerheblich sei, dass die Wahl des Klägers in den Vorstand der genannten Vereinigungen bereits 1997, 1998 und 2002 erfolgt sei, da die Annahme einer Unterstützung der PKK durch den Kläger auf einer wertenden Gesamtbetrachtung beruhe und maßgeblich auch auf die bereits zu Beginn seines Aufenthalts in der Bundesrepublik erfolgten Tätigkeiten im Funktionärsstatus abzustellen sei, denen sich in den folgenden Jahren weitere politische Aktivitäten für die PKK angeschlossen hätten, und die sich bis in die Gegenwart fortsetzten. Selbst wenn es nur um die „bloße Teilnahme“ an Veranstaltungen und Demonstrationen gehen würde, könnte auch diese unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorfeldunterstützung des Internationalen Terrorismus darstellen. Die Versammlungen und Demonstrationen, an denen der Kläger teilgenommen habe, hätten entgegen seinem Vorbringen auch keinen „legalen und friedlichen“, sondern einen politisch-militanten Grundcharakter. Die Ausweisung verstoße auch nicht im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau des Klägers und mit den minderjährigen Kindern gegen Art. 6 GG. An dem Übergewicht des öffentlichen Interesses vermöge ein mögliches Abschiebungshindernis aufgrund familiärer Belange nichts zu ändern. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht ausgeschlossen, dass auch unter Berücksichtigung selbst eines strikten Abschiebungsverbotes - nach § 60 Abs. 1 AufenthG - und bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Duldung eine Ausweisung ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden könne. Die Behörde habe dann das Abschiebungsverbot in die Ermessenserwägungen einzustellen. In Anwendung dieser Grundsätze werde ergänzend vorgetragen, dass zwar die Familienschutzvorschriften des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gewähren und einer Abschiebung entgegenstehen könnten. Selbst wenn von einem solchen Abschiebungshindernis ausgegangen werde, führe dies aber nicht zur Unzulässigkeit der Ausweisung, sondern sei gemäß seiner Bedeutung zu werten und in die Ermessenserwägungen einzustellen. Im Ergebnis könne von einem Überwiegen des staatlichen Sicherheitsinteresses ausgegangen werden, so dass die Ausweisung des Klägers trotz eines - möglichen - Abschiebungshindernisses nicht unverhältnismäßig sei.
16 
Auf einen am 01.07.2010 vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - die aufschiebende Wirkung der Klage - 11 K 2424/10 - gegen die Ziffern 1, 2 und 3 im Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 wieder her. Bezüglich Ziffer 4 des Bescheids wurde der Antrag abgelehnt.
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Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - wurden die Ziffern 1, 2 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen dargelegt: Alle Vorgänge vor 2002 lägen derart weit in der Vergangenheit, dass sich aus ihnen eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht ablesen lasse. In der Zeit nach 2002 habe der Kläger lediglich an 13 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen - was er auch nicht bestritten habe. Im angefochtenen Bescheid seien allerdings keinerlei Ausführungen dazu enthalten, was der Kläger bei den Veranstaltungen konkret gemacht haben solle. Allein seine Anwesenheit könne noch nicht als Unterstützungshandlung im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG gewertet werden, von der auf eine gegenwärtige Gefährlichkeit des Klägers geschlossen werden dürfe. Der Kläger erfülle aber auch nicht den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG. Zwar dürfte die Beantwortung zahlreicher Fragen zur Nähe zur PKK durch den Kläger anlässlich des mit ihm durchgeführten Sicherheitsgesprächs am 08.08.2007 falsch gewesen sein. Es gebe keine gesetzlich angeordnete Rechtspflicht, an einer Sicherheitsbefragung aktiv teilzunehmen. Der Kläger hätte daher vor Beginn des Sicherheitsgesprächs auf diese Freiwilligkeit hingewiesen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei das Ergebnis rechtlich nicht verwertbar. Damit erwiesen sich auch die Abschiebungsandrohung und die unter Ziffer 4 des Bescheids angeordneten Überwachungsmaßnahmen als rechtswidrig.
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Am 14.03.2011 hat das beklagte Land die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das am 21.02.2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt und diese mit am 19.04.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet. Ergänzend wird unter anderem dargelegt: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2005 für die Annahme einer Unterstützungshandlung nach § 54 Nr. 5 AufenthG genügen könne, wenn der Betreffende an einschlägigen Versammlungen und Kundgebungen teilnehme. In diesem Zusammenhang sei vorab richtig zu stellen, dass der Kläger ab dem Jahr 2002 nicht lediglich an 13, sondern an 18 bzw. 19 Versammlungen, Veranstaltungen und Demonstrationen teilgenommen habe. Die jeweiligen Veranstaltungen seien terrorgeneigt und politisch-militant orientiert gewesen, woraus sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts das objektiv Vorteilhafte der Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen ohne weiteres ergebe. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufteilung der Gesamtaktivitäten des Klägers in solche vor und solche nach dem Jahr 2002 unter Außerachtlassung der älteren Aktivitäten sei rechtlich nicht haltbar. Im Übrigen habe der Kläger nach den aktuellen sicherheitsrelevanten Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.12.2010 und vom 18.04.2011 noch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ mit qualitativ hochstehendem Gefährdungspotential teilgenommen. Die Voraussetzungen des § 54 Nr. 5a und Nr. 6 AufenthG seien ebenfalls gegeben. Die Ausweisungsentscheidung sei auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Die familiären Bindungen des Klägers seien im Rahmen der Ermessensausübung vollständig berücksichtigt worden. Im Falle des Klägers sei davon auszugehen, dass aus familiären Gründen ein Abschiebungsverbot bestehe, weshalb es bei ihm nicht um eine Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik gehe. Eine Ausweisung sei gleichwohl möglich.
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Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Das beklagte Land beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 - 11 K 2424/10 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Ziffern 1 und 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 richtet.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Zur Begründung wird auf das bisherige Vorbringen Bezug genommen und ergänzend unter anderem vorgetragen: Er habe eine Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80 inne. In der Zeit vom 01.04.2007 bis einschließlich Mai 2009 sei er durchgehend bei demselben Arbeitgeber in L... tätig gewesen. M... K. habe den Betrieb von B... K. übernommen. Nach einmonatiger Arbeitslosigkeit habe er dann zum 01.07.2009 seine Tätigkeit bei einer Gebäudereinigungsfirma angetreten, bei der er heute noch beschäftigt sei. Er lebe weiter mit seiner Ehefrau und seinen Kindern zusammen, auch mit den volljährigen. Die minderjährigen Kinder befänden sich noch in der allgemeinen Schulausbildung. Die Tochter K... nehme seit dem 22.11.2011 an einem Berufsvorbereitungslehrgang teil. C... habe eine Ausbildungsstelle zur Kauffrau im Einzelhandel und arbeite seit einigen Jahren in Nebentätigkeit bei einem Schnellimbiss.
25 
In weiteren Stellungnahmen des Landesamts für Verfassungsschutz an das Regierungspräsidium vom 17.12.2010, vom 18.04.2011 und vom 12.09.2011 wird mitgeteilt: Wie bereits am 17.12.2005 und am 30.03.2008 habe der Kläger auch am 28.02.2010 an einer „Volksversammlung“ in den Räumlichkeiten des PKK-nahen Vereins „Kurd... G...“ H... – dem Nachfolgeverein des „Kurd... V...“ – teilgenommen. Volksversammlungen gehörten zum organisatorischen Rahmen der PKK. Dabei bestehe der Teilnehmerkreis zu annähernd 100 % aus PKK-Anhängern. Sie dienten in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Am 20.11.2010 habe sich der Kläger außerdem an einer „Kurdistan Solidaritätsdemonstration“ in H... beteiligt, bei der Transparente/Plakate mit den Aufschriften „Freiheit für Öcalan - Frieden für Kurdistan“ u.ä. skandiert worden seien.
26 
In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und – informatorisch – Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg angehört worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.12.2011 übergeben, in welchem erklärt wird, dass der Kläger bis auf Weiteres eine Duldung aus familiären Gründen erhalte.
27 
Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart (5 Hefte) und der Stadt H... (2 Hefte), die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart über Asylverfahren des Klägers (A 3 K 12680/98 und A 17 K 480/07), bezüglich Klagen wegen Niederlassungserlaubnis gegen die Stadt H... (8 K 487/09), wegen Niederlassungserlaubnis u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2004/09, mit Beiakte) und wegen Ausweisung u.a. gegen das beklagte Land (11 K 2424/10, 2 Bände) sowie über das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (11 K 2430/10) vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren (11 S 897/11) Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
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Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
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Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
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1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
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2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
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Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
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Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
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a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
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aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
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Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
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Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
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bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
50 
Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
52 
Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
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Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
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Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
28 
Soweit die Beteiligten - nach Aufhebung der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 2 des Bescheids vom 10.06.2010 in der mündlichen Verhandlung - den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entspr.).
29 
Im Übrigen ist die aufgrund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.02.2011 zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 (dazu unter A) und die Meldeauflage sowie die Aufenthaltsbeschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.06.2010 (B) abweisen müssen. Denn diese Verfügungen sind zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
30 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 55 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG (I.). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG liegen vor (II.), die Ausweisungsentscheidung lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden (III.).
I.
31 
Das Regierungspräsidium hat diese rechtsfehlerfrei auf § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob als Rechtsgrundlage daneben § 55 AufenthG i.V.m. § 54 Nr. 5a oder Nr. 6 AufenthG herangezogen werden könnten.
32 
Diese Regelungen sind hier uneingeschränkt anwendbar.
33 
1. Aus der Tatsache, dass der Kläger Vater eines minderjährigen deutschen Kindes – dem am ...2005 geborenen A... A... – ist, folgt nicht, dass er wie ein Unionsbürger oder nach unionsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln wäre.
34 
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 08.03.2011 in der Rechtssache Ruiz Zambrano (C-34/09 - InfAuslR 2011, 179) entschieden, dass dem drittstaatsangehörigen Vater eines minderjährigen Kindes mit der Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates, dem er Unterhalt gewährt, unmittelbar aus der Unionsbürgerschaft (des Kindes) nach Art. 20 AEUV ein Aufenthalts- und Arbeitsanspruch zustehen kann. Ausschlaggebend war ausweislich der Gründe der Umstand, dass die Kinder, welche Unionsbürger waren, bei einer „Verweigerung von Aufenthalt und Arbeitserlaubnis“ ihrer drittstaatsangehörigen Eltern gezwungen gewesen wären, das Unionsgebiet zu verlassen. Art. 20 AEUV sei daher dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, einem Drittstaatsangehörigen, der seinen minderjährigen Kindern, die Unionsbürger sind, Unterhalt gewährt, den Aufenthalt im Wohnsitzstaat und eine Arbeitserlaubnis zu verweigern, da derartige Entscheidungen diesen Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleihe, verwehren würden. Folge eines entsprechenden Aufenthaltsrechts wäre eine allenfalls eingeschränkte Anwendbarkeit der Ausweisungsvorschriften der §§ 53 ff. AufenthG (vgl. dazu Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291; allgemein zum Urteil des EuGH vom 08.03.2011: OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11 -; Hess. VGH, Beschluss vom 27.10.2011 - 6 D 1633/11 - juris). Wie auch inzwischen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 05.05.2011 in der Rechtssache McCarthy (C-434/09 - InfAuslR 2011, 268) und vom 15.11.2011 in der Rechtssache Dereci (C-256/11 - juris) deutlich machen, ist ein Aufenthaltsanspruch des Drittstaatsangehörigen aus der Unionsbürgerschaft seines Kindes – oder auch seines Ehepartners – aber nur abzuleiten, wenn der betreffende Unionsbürger andernfalls zwingend das Unionsgebiet verlassen müsste (weitergehend noch Urteil des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - a.a.O., und Beschluss des Senats vom 12.05.2011 - 11 S 765/11 - NVwZ 2011, 1213). Vorliegend kann aber das jüngste deutsche Kind des Klägers zusammen mit dessen Ehefrau, welche im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist, in Deutschland bleiben und wäre daher nicht gezwungen, das Unionsgebiet zu verlassen. Ob gegebenenfalls eine Trennung des Klägers von seiner Familie, insbesondere seinem minderjährigen deutschen Kind zulässig ist, ist somit keine unionsrechtliche Fragestellung, sondern nach den allgemeinen Maßstäben (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, Art. 8 EMRK) zu beantworten.
35 
2. Eine nur beschränkte Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG folgt hier auch nicht aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB 1/80; vgl. insbesondere Art. 14 ARB 1/80). Der Kläger verfügt über kein Aufenthaltsrecht gemäß der - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80.
36 
Nach dem gestuften Regelungssystem des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 kann im Rahmen der ersten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 1) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht bei einjähriger Beschäftigung nur zum Zwecke der Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem gleichen Arbeitgeber erworben werden. Im Rahmen der zweiten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 2) wird nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht erworben, Stellenangebote eines anderen Arbeitgebers im gleichen Beruf zu akzeptieren. Erst im Rahmen der dritten Verfestigungsstufe (Spiegelstrich 3), d.h. nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung, erwirbt der türkische Arbeitnehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht nur das Recht, auf ein bereits existierendes Stellenangebot einzugehen, sondern auch das unbedingte Recht, Arbeit zu suchen und jede beliebige Beschäftigung aufzunehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C-171/95 - [Tetik] InfAuslR 1997, 146). Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche. Entsprechendes gilt auch bei einem „unverschuldeten Arbeitgeberwechsel“ (vgl. Renner, AufenthG, 9. Aufl. 2011, § 4 AufenthG Rn. 124 f.), und zwar selbst dann, wenn keine Unterbrechung der Beschäftigung eingetreten ist. Voraussetzung ist nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 allerdings, dass die Zeiten der unverschuldeten Arbeitslosigkeit „von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind“, das bedeutet, dass sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden hat.
37 
Nach diesen Grundsätzen verfügt der Kläger nicht über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht. Seine Arbeitstätigkeit in einer Gebäudereinigung im Jahr 2002 war zu kurz, um zum Erwerb von Ansprüchen nach dem ARB 1/80 zu führen. Selbst wenn man die sozialversicherungsfreien (Neben-)Tätigkeiten in einem Internetcafé in H... vom 13.03.2004 bis zum 31.01.2006 und die Tätigkeit bei einer Vertriebs GmbH vom 01.04.2006 bis zum 15.06.2006 insgesamt anerkennen und die damaligen Unterbrechungen durch – ordnungsgemäß festgestellte – Arbeitslosigkeit sowie den Wechsel der Arbeitgeber wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit als unschädlich ansehen würde, wäre der Kläger danach zum 15.06.2006 maximal 2 Jahre 3 Monate und 2 Tage ordnungsgemäß beschäftigt gewesen. Die damit allenfalls erreichte Rechtsposition nach dem ersten Spiegelstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 wäre durch die anschließende beschäftigungslose Zeit bis zur Aufnahme einer Arbeit bei einem Abbruchunternehmen in L... unterbrochen gewesen. Denn ausweislich der vorliegenden Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung (vgl. den vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.06.2011 vorgelegten Versicherungsverlauf vom 06.06.2011) war er in dieser Zeit nicht arbeitslos gemeldet. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Selbst wenn man – trotz des Betriebsinhaberwechsels – die anschließende Beschäftigung bei den Abbruchunternehmen in L... vom 17.07.2006 bis zum 31.01.2007 hinzurechnen würde, wäre der Kläger seit dem 13.03.2004 noch keine drei Jahre beschäftigt gewesen, hätte also nur die Rechtsposition der ersten Stufe des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht gehabt. Diese hätte er durch die anschließende Kündigung und die folgende zweimonatige Arbeitslosigkeit aber wieder verloren gehabt. Denn diese Kündigung erfolgte nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch ihn. Da seine Kinder sich geweigert hätten, zu ihm nach L... zu ziehen, habe er wieder zu seiner Familie ziehen wollen.
38 
Im Anschluss war der Kläger zwar noch vom 02.04.2007 bis zum 31.05.2009 als Fahrer bei einer Firma in H... beschäftigt und ist seit dem 01.07.2009 bei einer Gebäudereinigung angestellt. Die Beschäftigungszeiten als Fahrer können aber schon deshalb nicht mehr zum Erreichen eines Rechts nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 führen, weil der Kläger seinen Angaben nach zwar entlassen wurde, sich aber nicht unmittelbar anschließend bei der Arbeitsverwaltung gemeldet hat. Abgesehen davon war er seit dem 13.09.2007 nicht mehr „ordnungsgemäß beschäftigt“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Denn seine letzte Aufenthaltserlaubnis lief am 12.09.2007 aus und galt lediglich aufgrund seines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 AufenthG). Grundsätzlich setzt aber eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], NVwZ 1991, 255). Keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige verfahrenssichernde Rechtsstellung hat ein türkischer Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem sein Widerspruch oder seine Klage aufschiebende Wirkung gegen eine die Erteilung oder die Verlängerung eines Aufenthaltstitels ablehnende behördliche Entscheidung entfaltet (vgl. EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - C-237/91 - [Kus], InfAuslR 1993, 41). Dies gilt auch in Bezug auf die Titelfunktion des § 81 Abs. 4 AufenthG (vgl. Renner, a.a.O., § 4 AufenthG, Rn. 117 m.w.N.). Etwas anderes folgt hier auch nicht daraus, dass über die am 25.05.2009 gegen das Land Baden-Württemberg erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (11 K 2004/09) noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Zwar können Zeiten der Arbeitstätigkeit, in denen der Betreffende lediglich über ein fiktives Aufenthaltsrecht verfügt hat, später - rückwirkend - doch wieder als Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung zu berücksichtigen sein, wenn in der Folge eine positive behördliche oder gerichtliche Entscheidung getroffen wird. Denn dann werden die zurückliegenden Beschäftigungszeiten anrechnungsfähig (EuGH, Urteil vom 20.09.1990 - C-192/89 - [Sevince], a.a.O.), und zwar gegebenenfalls selbst dann, wenn während kurzer Zeiträume kein Aufenthaltstitel und auch keine Fiktionswirkung bestand, etwa weil der Betreffende eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst kurz nach Ablauf der geltenden Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte (EuGH, Urteil vom 16.03.2000 - C-329/97 - [Ergat], InfAuslR 2000, 217). Diese Fragen können hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn es ist wegen des vom Kläger verwirklichten Ausweisungsgrundes nach § 54 Nr. 5 AufenthG (dazu unten) offensichtlich, dass er keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Niederlassungserlaubnis oder auf Verlängerung der früher bestehenden Aufenthaltserlaubnis hat (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG). Abgesehen davon kommt es darauf auch deshalb nicht an, weil die Fiktionswirkung entsprechend § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG jedenfalls mit Bekanntgabe der Ausweisung vom 10.06.2010 – und damit vor Ablauf eines Jahres seit Beginn der Tätigkeit am 01.07.2009 und Erreichen einer Position nach Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 – erloschen ist. Zwar kommt der vom Kläger gegen die Ausweisung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zu, weil das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.11.2010 - 11 K 2430/10 - auch insoweit die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt hat. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG lassen jedoch Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit unter anderem der Ausweisung unberührt, solange diese nicht unanfechtbar aufgehoben worden ist.
II.
39 
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG sind erfüllt.
40 
Nach dieser Vorschrift wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Vereinigung oder ihre Unterstützung muss danach nicht erwiesen sein, es genügt das Vorliegen von Tatsachen, die die entsprechende Schlussfolgerung rechtfertigen. Dass es sich dabei um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss hingegen feststehen (Bay.VGH, Urteil vom 22.02.2010 - 19 B 09.929 - juris, bestätigt mit Urteil des BVerwG vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -).
41 
1. Zunächst sind das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478, und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08 2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - InfAuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).
42 
2. Ob der Kläger der PKK „angehört“ im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, kann hier offen bleiben. Denn aus den vorliegenden Tatsachen ist jedenfalls die Folgerung gerechtfertigt, dass er diese seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt hat und weiter unterstützt.
43 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres latenten Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -BVerwGE 123, 114 - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O., m.w.N.; Beschluss des Senats vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O.; Urteile des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris und vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.).
44 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den Terrorismus unterstützt im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG, so die Mitgliedschaft und die Übernahme von Vorstandsfunktionen in PKK-nahen Vereinen (a) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an den unterschiedlichsten PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b). Dabei sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die länger zurückliegenden Tatsachen noch zu berücksichtigen (c).
45 
a) Zunächst steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die kurdischen Vereine in H..., in denen der Kläger Vorstandsmitglied war, den Terrorismus unterstützen. Dabei zu berücksichtigen, dass - wie dargelegt - bereits jede Tätigkeit als tatbestandliches Unterstützen anzusehen ist, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der betreffenden Vereinigung, hier der PKK, auswirkt.
46 
aa) Der Verein „Kurd... V...“ e.V. wurde in den 1990-er Jahren gegründet und im Jahr 2000 wieder aufgelöst. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er in dem im Anschluss gegründeten „Kurd... K...“ und in dem derzeit bestehenden Verein „Kurd... G...“ Nachfolgevereine des Vereins Kurdx ... V...“ sieht. Es handle sich um „den Verein“, in welchem er bis heute Mitglied sei und mit seinen Familienangehörigen jedes Wochenende verbringe. Er hat damit die entsprechende Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, die in der mündlichen Verhandlung von dem angehörten Mitarbeiter I.V. weiter erläutert worden ist, bestätigt. Der Kläger ist in einer Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 in den Vorstand des Vereins „K... V...“ gewählt worden und war als solcher für die Bücherei des Vereins zuständig. Darauf hat er sich auch in seinem Asylverfahren berufen und geltend gemacht, dass ihm deshalb bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung drohe (Schriftsatz vom 01.07.1997 zum Verfahren A 3 K 12680/98).
47 
Für eine PKK-Nähe des Vereins spricht schon der Umstand, dass dieser Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ war. Dies lässt sich dem vom Kläger im Asylverfahren vorgelegten Protokoll über die Mitgliederversammlung vom 25.01.1997 entnehmen, in welcher die Vereinsmitglieder – nach Darstellung der Arbeit und der Bedeutung der YEK-KOM – für eine Mitgliedschaft des Vereins in dieser Dachorganisation gestimmt haben. Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010“ im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.
48 
Hinzu kommen die Veranstaltungen, die vom Verein „Kurd... V...“ durchgeführt wurden, so zum Beispiel aus der Zeit, in der der Kläger Vorstandsmitglied war, eine Demonstration zum Newroz-Fest am 20.03.1998. In einem Bericht der Stadt H... vom 29.04.1998 über diese Demonstration wird dargelegt, dass Fahnen mit Symbolen der PKK gezeigt worden seien. Nach Einschätzung der Polizei und der Stadt H... habe nicht das Thema „Newroz-Fest“ im Vordergrund gestanden, sondern das Thema „Politische Lösung der kurdischen Frage und Aufhebung des Verbots der PKK“. Wie sich außerdem einem Bescheid der Stadt H... vom 14.05.1998 über das Verbot einer für den 17.05.1998 im Schlachthof in H... geplanten Veranstaltung entnehmen lässt, wurde zu dieser angeblichen „Folkloreveranstaltung“ mit Flugblättern der ENRK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans, eine Organisation der PKK) eingeladen. In den Räumen des Vereins wurde dafür mit einem Aushang mit dem Text „Sieg im Frieden, Freiheit im Leben, Volksversammlung wird stattfinden. Ort = Schlachthof“ geworben. Herr I.V. vom Landesamt für Verfassungsschutz hat zudem in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass „der Verein“ in H... – derzeit die „Kurd... G...“ – seit Jahren durch regelmäßige PKK-Veranstaltungen auffalle. Er rufe immer wieder zu Veranstaltungen und zu Kundgebungen auf, die inhaltlich die PKK, Abdullah Öcalan als PKK-Führer u.ä zum Thema hätten. Insofern trete der Verein immer wieder aktiv auf und führe diese Kundgebungen durch. Bei den Veranstaltungen würden PKK-Slogans skandiert, es werde die Freilassung Öcalans und die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und die Türkei werde als terroristischer Staat bezeichnet. Das alles seien für das Landesamt für Verfassungsschutz Indizien, um die entsprechende Veranstaltung – anders als normale kulturelle Veranstaltungen von Kurden – als „PKK-nah“ anzusehen. Schließlich existierten auch zahlreiche andere kurdische Vereine, die vom Verfassungsschutz nicht als „PKK-nah“ eingestuft würden, etwa solche, die dem Dachverband der KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) angehörten. Es gebe also eine Alternative. Der Verein in H... wie auch andere PKK-nahe Vereine fielen dadurch auf, dass sie sich stets und immer wieder PKK-spezifischen Themen annähmen. Das ziehe sich seit den 1980er-Jahren wie ein „roter Faden“ durch die Betätigung des Vereins.
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bb) Dass sich auch der Verein „Gebetshaus E... ... - I... ... e.V., H...“ – in dessen Vorstand der Kläger erstmals im Dezember 1998 (als stellvertretendes Vorstandsmitglied) und erneut im Mai 2002 (als 2. Vorsitzender des Vorstands) gewählt worden war – der PKK verbunden gefühlt hat, folgt bereits aus dem Formular zur Anmeldung des Vereins am 29.04.1998 bei der Stadt H... Darin wird ausgeführt, „Wir glauben, dass die kurdische Sache unter Führung der PKK gelöst wird“ und „Abgrenzung zum Kurd... V... e.V. durch Schwerpunkt Religion“. Auch wird als Zweck des Vereins angegeben „Versammlung von allen Kurden, auch revolutionäre Kurden, unter einem Dach“. Außerdem verdeutlicht die vorliegende Stellungnahme des Bundeskriminalamts, Stand 11/2006, „Religiöse Vereinigungen innerhalb der PKK“ die Anbindung auch dieses Vereins an die PKK. Danach sei im Zuge des 4. Parteikongresses der PKK im Dezember 1990 die Gründung der Union der patriotischen Gläubigen aus Kurdistan (kurz: YOWK, ab 1991 YDK), einem Dachverband von Muslimen, beschlossen worden. 1993 sei die Umbenennung in „Islamischer Bund Kurdistans - HIK“ bzw. „Islamische Bewegung Kurdistans - KIH“ erfolgt. Die regionale Aufteilung sei in drei Funktionsbereiche, darunter eine Föderation in Süddeutschland mit Sitz in Heilbronn, erfolgt. Im Mai 2005 sei eine erneute Umbenennung, diesmal in „Islamische Gesellschaft Kurdistans - CIK“ beschlossen worden. Nach Auffassung des Bundesamts für Verfassungsschutz sei die CIK/HIK eine Massenorganisation der PKK, über die muslimische Kurden an die PKK gebunden werden sollen. In der Herbstausgabe der Baweri, dem seit 1995 erscheinenden Publikationsorgan der CIK/HIK, werde diese als eine religiös-politische Kampfesbewegung bezeichnet, die den nationalen Befreiungskampf Kurdistans unterstütze. In diesem Rahmen rufe sie regelmäßig zu Spenden oder Kampagnen auf, wie beispielsweise zur Sammlung von Spenden für kurdische Bedürftige und Waisen oder der Opferkampagne. Zu den der CIK/HIK angehörenden Moschen gehöre u.a. die „Mizgevta E... ...“ in H... ... Die Anbindung der CIK/HIK an die PKK und deren Abhängigkeit von der Organisation werde auch durch verschiedene Asservate belegt. In einem Fazit heißt es, die PKK unterhalte eine Vielzahl von Organisationen, mit deren Hilfe sie ihren Einfluss auf alle Lebensbereiche auszudehnen versuche. In ihrem Bestreben, auch die religiösen Gruppierungen der Kurden in ihren Strukturen einzubinden, habe sie die Gruppe der Muslime durch die CIK/HIK an ihre Organisation angebunden. Die Verlautbarungen führender Parteikader sowie die Organisationsbeschlüsse belegten die strukturelle Anbindung an die CDK (Nachfolgeorganisation der YDK) und damit an eine in der Bundesrepublik Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Organisation.
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Ist danach davon auszugehen, dass beide ausländerrechtlichen Vereine, in deren Vorstand der Kläger gewählt war, die PKK bzw. deren Nachfolgeorganisationen unterstützt haben, so ist dem Kläger diese Unterstützung bereits aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. zu § 11 StAG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - VBlBW 2009, 29, m.w.N). Davon abgesehen greift § 54 Nr. 5 AufenthG auch in Fällen, in denen der Betreffende einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, hier dem Verein „Kurdx... V...“ und der „E... ...“, d.h. es kommt auch deshalb nicht darauf an, ob und in welchem Umfang er persönlich Unterstützung geleistet hat.
51 
b) Hinzu kommt, dass schon allein wegen der Teilnahme des Klägers an diversen PKK-nahen Veranstaltungen davon auszugehen ist, dass er die PKK unterstützt hat und bis heute unterstützt. Denn er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die geeignet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne Weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich der Vorstandstätigkeiten in den Vereinen.
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Zu den Veranstaltungen, deren Besuch als Unterstützung der PKK anzusehen ist, gehören insbesondere die Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK. Nach den Mitteilungen des Landesamts für Verfassungsschutz hat der Kläger in den Jahren 2005, 2007, 2008 und 2009, jeweils in I... bei H..., den 27., 29., 30. und den 31. Gründungsjahrestag der PKK mitgefeiert. Dies wurde von ihm in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt. Nach den Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz seien bei diesen Feiern Fahnen der KONGRA-GEL bzw. der KCK oder der KKK und Bilder Öcalans aufgehängt gewesen bzw. entrollt worden (27.11.2005, 23.11.2008 und 27.11.2009), Filme über das Leben des Öcalan (27.11.2005 und 23.11.2008) oder die Guerilla (27.11.2009) vorgeführt und jeweils Reden über die PKK gehalten worden – zum Beispiel mit einem Überblick über die Entwicklung der PKK seit deren Gründung (23.11.2008). Regelmäßig werde die Bedeutung der PKK für die Kurden in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hervorgehoben. Zudem werde regelmäßig die PKK-Guerilla positiv herausgestellt, wenn nicht gar glorifiziert, indem zum Beispiel - wie im Jahr 2009 - ein Film über diese gezeigt werde (vgl. Bericht des LfV vom 17.12.2010). Solche Veranstaltungen haben in spezifischer Weise Propagandacharakter und dienen erkennbar der Förderung und Stärkung der PKK. Mit dem Besuch zeigt der Teilnehmer seine Anhängerschaft und fördert den Zusammenhalt der Organisation und ihrer Anhänger (vgl. Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -). Typisch für PKK-nahe Veranstaltungen ist auch der Personenkult um den in der Türkei inhaftierten PKK-Vorsitzenden Öcalan. Seiner Person kommt nach wie vor ein Symbolgehalt auch für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den Staat zu (BVerwG, Beschluss vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - a.a.O.). Es ist daher auch bezeichnend, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Fragen zu dem vom Landesamt für Verfassungsschutz geschilderten Ablauf der Veranstaltung zum 31. Gründungsjahrestag der PKK am 27.11.2009 und nach dem Hinweis darauf, dass dort auch ein Film über den Guerilla-Kampf und Öcalan vorgeführt worden sei, entgegnete: Man brauche ihm nicht zu sagen, dass in diesem Saal ein Bild von Öcalan angebracht gewesen sei; Öcalan sei in seinem Herzen.
53 
Ebenso als Unterstützung der PKK zu werten ist der Besuch einer Veranstaltung am 17.08.2008 anlässlich des 24. Jahrestages der Gründung des militärischen Arms der PKK, bei welchem in einer Rede Öcalan und die PKK gewürdigt worden seien.
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Besonders ins Gewicht fallen auch die vom Kläger nicht in Abrede gestellten Besuche bei so genannten Volksversammlungen in den Räumlichkeiten des „Kurd... K...“ bzw. der „Kurd... G... H...“ am 17.12.2005, 30.03.2008 und am 28.02.2010. Den vorliegenden Berichten des Landesamts für Verfassungsschutz (vgl. vor allem Bericht vom 17.12.2010) lässt sich entnehmen, dass es – anders als bei Vereinsversammlungen, die sich schwerpunktmäßig mit Vereinsthemen beschäftigten – bei Volksversammlungen thematisch im Wesentlichen um den mit einem Betätigungsverbot belegten und deshalb streng konspirativ arbeitenden Teil der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehe. Demgemäß dienten Volksversammlungen in erster Linie der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Meist halte ein hochrangiger PKK-Funktionär eine „emotionalisierende“ Rede, die durchaus ein bis zwei Stunden dauern könne. Dabei würden die Zuhörer über alle Aspekte, die die PKK beträfen, ausführlich informiert, insbesondere über Verlautbarungen, Haftbedingungen und Gesundheitszustand des PKK-Führers Öcalan, Anweisungen der Organisation, Lageentwicklung in der Türkei, in Deutschland und in Europa und aktuelle Kampagnen. Sie würden außerdem unter Hinweis auf die angebliche patriotische Verpflichtung zur Teilnahme an entsprechenden Aktionen aufgerufen. Häufig legten in Volksversammlungen Frontarbeiter und Aktivisten Rechenschaft gegenüber höherrangigen Funktionären ab und übten dabei gegebenenfalls – bei Schlechterfüllung ihrer Pflichten – entsprechende Selbstkritik. Bei der Versammlung am 28.02.2010 sei nach einer Gedenkminute für die verstorbenen „PKK-Märtyrer“ die aktuelle Lage in der Türkei thematisiert und ein Bericht des Volksgebietsrats verlesen worden. Anschließend hätten die Vertreter verschiedener Kommissionen (Justiz, Außenkontakte u.ä.) des Volksgebietsrats über ihre Arbeit berichtet. Danach seien der Leiter des Volksgebietsrats und die Vertreter dieser Kommissionen neu gewählt worden. Eine Ausnahme gelte für zwei Kommissionen: Die „Vereinskommission“ bestehe „automatisch“ aus dem Vorstand der „Kurd... G...“. Die „Organisationskommission“ verfüge über 25 „Frontarbeiter“; diese Aktivisten hätten gute Arbeit geleistet.
55 
Hinzu kommt die Teilnahme des Klägers an Treffen, bei denen der gefallenen und verstorbenen PKK-Kämpfer oder -Aktivisten gedacht wird (18.05.2008 und ...2008). Wie dem Senat aus einer Reihe anderer Verfahren bekannt ist, sind gerade auch solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (Beschluss des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vgl. zum Märtyrerkult bei der PKK auch BVerwG, Beschluss vom 24.02.1010 - 6 A 7.08 - a.a.O.).
56 
Bezeichnend ist der Besuch von Versammlungen anlässlich des Geburtstages von Öcalan (06.04.2003, 03.04.2005). Auch hat der Kläger ausweislich der Feststellungen des Landesamts für Verfassungsschutz an mehreren Demonstrationen zu verschiedenen Anlässen (05.02.2005, 28.01.2006, 16.02.2007, 27.10.2007, 25.10.2008, 20.11.2010) teilgenommen, bei denen jeweils Rufe wie „ Es lebe Öcalan“, „Hoch leben Apo“ oder „PKK“ skandiert und „Freiheit für Öcalan“ gefordert wurde. Bei einer „Kurdistan-Solidaritätsdemonstration“ in H... am 20.11.2010 seien auch Parolen wie „Die PKK ist das Volk, das Volk ist hier“ gerufen und Plakate bzw. Transparente mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan – Frieden für Kurdistan“ mitgeführt worden. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingeräumt, an dieser Veranstaltung vom 20.11.2010 teilgenommen zu haben, und darüber hinaus erklärt, er nehme an (allen) „offiziell genehmigten Demonstrationen“ teil. Es sei um die Freiheit der Kurden gegangen.
57 
Tatsächlich ist bei der Teilnahme an Demonstrationen besonders zu beachten, dass nicht unverhältnismäßig in das Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.; Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.). Zum einen können aber auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.). Zum anderen ging es bei diesen Demonstrationen nicht nur um Themen, die nicht ausschließlich von der PKK besetzt sind – wie die Forderung eines unabhängigen Kurdistans, die Kritik am Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die kurdisches Zivilbevölkerung, die Anmahnung der Einhaltung von Menschenrechten, oder auch die Kritik an Haftbedingung politischer Gefangener einschließlich Öcalans – sondern um die Bekundung der Anhängerschaft zu Öcalan und der PKK durch entsprechende Parolen und Transparente. Damit bestand eine klare politisch-ideologische Verbindung zur PKK und ihren Zielen bzw. ihren Mitteln zur Durchsetzung dieser Ziele, zu denen auch der Terror zählte und zählt. Dies war und ist auch für den Kläger erkennbar. Er hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei ihm egal, welche Parolen gerufen und welche Transparente getragen würden; er selbst habe weder Parolen gerufen noch Plakate getragen. Wie ausgeführt, kommt es darauf jedoch nicht an. Auch überzeugt die Erklärung des Klägers nicht, er habe die Plakate bzw. Transparente nicht lesen können, weil er dann von vorne gegen die Demonstration hätte laufen müssen. Jedenfalls konnte ihm die Solidarisierung mit der PKK schon vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen und den offensichtlich eindeutigen Parolen nicht entgehen, so dass ihm diese zuzurechnen ist.
58 
Vor dem Hintergrund des Charakters und der Vielzahl der vom Kläger besuchten anderen Veranstaltungen, wie den Volksversammlungen, den Feiern anlässlich des Gründungsjahrestages der PKK und dem Geburtstag von Öcalan sowie den Märtyrergedenkfeiern, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, es wären zusätzliche Erkenntnisse darüber erforderlich, was der Kläger bei den Veranstaltungen getan habe, unzutreffend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts waren bereits zum Zeitpunkt von dessen Entscheidung mehr als 13 Beteiligungen des Klägers an Veranstaltungen bekannt. Inzwischen sind es 20, die vom Landesamt für Verfassungsschutz benannt worden sind. Wie ausgeführt, kommt es zudem auf Anlass und Charakter der betreffenden Veranstaltungen an. In Anbetracht des konkreten Falles ist jedenfalls der Hinweis des Verwaltungsgerichts unverständlich, man könne einer Versammlung oder Veranstaltung auch „kopfschüttelnd“ zu Informationszwecken beiwohnen, ohne eine „unterstützende Haltung“ durch Applaus, Rufen von Parolen, Tragen von Schildern oder Transparenten einzunehmen. Dabei wird verkannt, dass bereits die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen wie den angeführten, welche erkennbar auch dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, eine Unterstützung der PKK darstellt. Die durch die – auch rein passive – Teilnahme ausgedrückte innere Nähe und Verbundenheit zur PKK kann deren Stellung in der Gesellschaft, hier insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, günstig beeinflussen, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld erweitern und dadurch insgesamt dazu beitragen, das latente Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - a.a.O.).
59 
Soweit der Kläger vorträgt, die Vereine, bei denen er Mitglied gewesen und auch heute noch Mitglied sei und in deren Vorstand er gewesen sei, seien nicht verboten gewesen, er sei doch kein Terrorist und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - a.a.O.).
60 
In Anbetracht der bereits zur Überzeugung des Senats festgestellten Umstände kommt weiteren länger zurückliegenden Tatsachen wie etwa der Ingewahrsamnahme des Klägers anlässlich der Besetzung des griechischen Generalkonsulats nach der Festnahme von Öcalan am 16.02.1999 und der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahr 2001 nur noch eine das Gesamtbild abrundende Bedeutung zu.
61 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Übrigen keinen Zweifel an seiner Verehrung von Abdullah Öcalan und seiner Anhängerschaft zur PKK gelassen. Er hat deutlich gemacht, dass er auf Veranstaltungen wie die angeführten, auch solche zur Feier des Gründungsjahrestages der PKK, weiter gehen werde, solange diese nicht verboten seien. Seiner Meinung nach trete die PKK – wie auch er selbst – für die Freiheit der Kurden ein und sei nicht terroristisch. Wenn man die PKK als terroristisch ansähe, wäre er auch ein Terrorist. Soweit der Kläger mehrmals darauf hingewiesen hat, dass er aber kein „Vertreter“ der PKK sei, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt.
62 
c) Die hiernach maßgeblichen Umstände – die Mitgliedschaft und Vorstandstätigkeiten in den Vereinen „Kurd... V...“ und „E... ...“ und die beschriebenen Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen – sind auch noch zu berücksichtigen, soweit sie bereits länger zurückliegen.
63 
Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Ob seine Teilnahme an einer Demonstration der PKK in Dortmund am 16.03.1996 noch berücksichtigt werden könnte, obwohl die deswegen gegen den Kläger mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.1998 wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot verhängte Geldstrafe bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt ist, kann hier offen bleiben. Denn auf diese Tat kommt es in Anbetracht der Vielzahl von sonstigen maßgeblichen Tatsachen – wie die Teilnahme an den angeführten Veranstaltungen 2002 bis 2010 und die Vorstandstätigkeit sowie die Mitgliedschaft in den kurdischen Vereinen in H... – hier nicht an. Jedenfalls ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, juris – auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
64 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Stellung als Vorstand in den Vereinen sind auch nicht aus anderen Gründen nicht mehr „verwertbar“. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“, etwa weil die Ausländerbehörde dem Kläger in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt hätte (vgl. dazu GK-AufenthG, a.a.O., § 5 AufenthG Rn. 106 ff., m.w.N.). Soweit im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.02.2011 die Aktivitäten des Klägers und seine Tätigkeiten in den Vereinsvorständen in solche bis zum Jahr 2002 und solche danach aufgeteilt und nur die neueren berücksichtigt worden sind, ist diese Aufteilung nicht nachvollziehbar. Da der Kläger noch im Mai Jahr 2002 als 2. Vorsitzender in den Vorstand des Vereins „E... ...“ gewählt wurde und diese Funktion danach mindestens ein Jahr lang - so seinen eigenen Angaben nach -, ausweislich des Vereinsregisters sogar bis zur Löschung des Vereins im Jahr 2007 innehatte, hätte diese Vorstandsmitgliedschaft ohnehin mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls fehlt es schon in Anbetracht der bis heute andauernden Aktivitäten des Klägers in und für PKK-nahe Vereine in H... bzw. für die PKK und seiner fortdauernden Mitgliedschaft in den Nachfolgevereinen des Vereins „Kurd... V...“ an einer Zäsur, die zur Folge haben könnte, dass frühere Unterstützungshandlungen nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
65 
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche Bestimmung des § 54 Nr. 5 AufenthG (anders als die des § 54 Nr. 5a AufenthG) grundsätzlich weder vom Wortlaut noch nach deren Sinn und Zweck, aber auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine vom Betroffenen ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefährdung voraussetzt. Eine “gegenwärtige Gefährlichkeit“ muss nur dann festgestellt werden, wenn eine vergangene Mitgliedschaft des Ausländers oder zurückliegende Unterstützungshandlungen (außerhalb einer Mitgliedschaft) zu beurteilen sind (ausführlich dazu Urteile des Senats vom 25.05.2011- 11 S 308/11 - und vom 21.04.2010 - 11 S 200/11 - jew. a.a.O.). Wegen der fortdauernden Unterstützungshandlungen des Klägers und seiner ständigen Präsenz bei lokalen PKK-Veranstaltungen liegt eine solche im Übrigen hier eindeutig vor.
III.
66 
Die Entscheidung, den Kläger wegen des Vorliegens des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG auszuweisen, lässt sich rechtlich nicht beanstanden.
67 
1. Das Regierungspräsidiums ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 55 AufenthG über die Ausweisung zu entscheiden hat.
68 
a) Offen bleiben kann, ob schon deshalb Ermessen auszuüben ist, weil eine Ausnahme von der Regel des § 54 AufenthG gegeben ist. Allerdings geht das Regierungspräsidium zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst davon aus, dass der Kläger jedenfalls derzeit „aus familiären Gründen“ (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK), und zwar vor allem im Hinblick auf sein jüngstes, noch minderjähriges Kind A..., welches die deutsche Staatsangehörigkeit hat, nicht abgeschoben werden kann. Mit Schreiben vom 02.12.2011 hat das dafür zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erklärt, dass dem Kläger daher eine Duldung erteilt werde. Das Vorliegen eines Duldungsgrundes oder eines Abschiebungsverbots führt zwar nicht zur Unzulässigkeit einer Ausweisung, kann aber atypische Umstände in Bezug auf den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG begründen (so zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG: Beschluss des Senats vom 28.09.2010 - 11 S 1978/10 - InfAuslR 2011, 19; Urteil des Senats vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - a.a.O., m.w.N.¸ vgl. zur Atypik auch GK-AufenthG, a.a.O., § 54 AufenthG Rn. 50 ff., 124 ff.) mit der Folge, dass der Betreffende nur nach Ermessen ausgewiesen werden kann. Ob deshalb oder aus anderen Gründen von einer Atypik auszugehen ist, bedarf hier aber keiner anschließenden Klärung.
69 
b) Denn die Entscheidung über die Ausweisung des Klägers hat bereits mit Blick auf den dem Kläger zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG nach Ermessen zu erfolgen.
70 
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unstreitig nicht vor, weil der Kläger nicht „im Besitz“ einer Niederlassungserlaubnis ist. Weil er mit seinem jüngsten, am ...2005 geborenen deutschen Sohn A... in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, kommt ihm aber nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderer Ausweisungsschutz zu. Er kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG liegen solche Gründe in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 AufenthG vor. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 54 AufenthG vorliegen, nach Ermessen über die Ausweisung zu entscheiden.
71 
Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit, mit der der Kläger trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter an PKK-nahen Veranstaltungen teilgenommen hat, und der in der mündlichen Verhandlung von ihm demonstrierten tiefen Verehrung von Öcalan und Anhängerschaft zur PKK ist damit zu rechnen, dass der Kläger weiter die PKK unterstützt.
72 
2. Die danach erforderliche Ermessensentscheidung ist vom Regierungspräsidium in rechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen worden (§ 114 Satz 1 VwGO).
73 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris, m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umstände auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Im Übrigen sind bei der nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG zur Ermessensausweisung herabgestuften Regelausweisung die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 B 17.10, 1 PKH 8/10 - juris, vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300).
74 
Danach sind hier zugunsten des Klägers in erster Linie seine Familie bzw. seine familiären Bindungen zu berücksichtigen. Seine Ehefrau und fast alle Kinder sind im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Nicht nur der jüngste Sohn A... ist deutscher Staatsgenhöriger; vielmehr hat sich nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat inzwischen auch seine älteste Tochter einbürgern lassen, bei einer anderen laufe derzeit das Einbürgerungsverfahren. Der Kläger hat berichtet, noch mit allen Kindern in einem Haushalt zu leben. Diesen Umständen, denen sicherlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und weitreichende, durch Art. 6 Abs. 1 Abs. 2 GG und Art. 8 EMRK vermittelte Schutzwirkung zukommt, hat das Regierungspräsidium Stuttgart jedoch hinreichend Rechnung getragen. Im Rahmen der von ihm angestellten und in späteren Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzten umfassenden Ermessenserwägungen hat es auch alle anderen relevanten Belange eingestellt und zutreffend gewichtet.
75 
Zwar hat das Regierungspräsidium in der Ausgangsentscheidung noch angenommen, dass der Kläger auch tatsächlich ausreisen müsse. Es hat aber später allein darauf abgestellt, dass er mit Rücksicht auf seine familiäre Situation nicht abgeschoben werden könne. Im Hinblick darauf ist dem Kläger inzwischen die Duldung aus familiären Gründen erteilt worden. In der mündlichen Verhandlung ist zudem die im Bescheid vom 10.06.2010 verfügte Abschiebungsandrohung aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Kläger bis auf Weiteres – das bedeutet jedenfalls solange seinen familiären Belangen insbesondere im Hinblick auf das jüngste deutsche Kind keine geringere Bedeutung einzuräumen ist oder sich andere maßgebliche Umstände ändern – zumindest geduldet wird und seine Familie nicht verlassen muss. Die Ausweisung ist damit schon deshalb auch im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig anzusehen.
76 
Die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, begegnet auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil sich das in erster Linie mit einer Ausweisung verfolgte Ziel, die von dem betreffenden Ausländer ausgehende (Wiederholungs-) Gefahr mit der Ausreise zu bannen, hier bis auf Weiteres nicht verwirklichen lässt. Denn immerhin wird mit der Ausweisung zum einen konsequent jeder Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt, zum anderen werden dadurch die Aufenthaltsbeschränkungen des § 54a AufenthG ausgelöst bzw. der Erlass entsprechender Überwachungsmaßnahmen ermöglicht (Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - a.a.O., ebenso Bayer. VGH, Beschluss vom 10.07.2009 - 10 ZB 09.950 - juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31.08.2004 - 1 C 25.03 - InfAuslR 2005, 49).
77 
Auch die sonstigen Ermessenserwägungen des Regierungspräsidiums sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertreterin des beklagten Landes hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung selbstständig tragend auf den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG gestützt sei und dass für diese schon allein die angestellten spezialpräventiven Erwägungen ausschlaggebend seien. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts des Klägers und schutzwürdige persönliche wirtschaftliche und sonstige Bindungen (vgl. § 55 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) wurden eingestellt und zutreffend gewürdigt. Dabei durfte zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass dieser nur sehr schlecht Deutsch spricht, lediglich wechselnden und unqualifizierten Berufstätigkeiten nachgegangen ist und offensichtlich bis heute nur im Umfeld seiner kurdischen Landsleute und „des Vereins“ Umgang und Bekanntschaften pflegt.
78 
Beim Kläger handelt es sich zwar um keine führende Persönlichkeit in der PKK. Angesichts seiner jahrelangen Unterstützung der PKK, der beschriebenen Hartnäckigkeit, mit der er trotz des laufenden Ausweisungsverfahrens weiter einschlägige Veranstaltungen besucht hat, und der deshalb weiter bestehenden gegenwärtigen Gefährlichkeit im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erweist sich die Ausweisung aber auch in Ansehung des langjährigen Aufenthalts des Klägers und insbesondere seiner familiären Bindungen nicht als unverhältnismäßig, und zwar selbst dann, wenn der Kläger nicht weiter geduldet würde (vgl. dazu auch die vom EGMR entwickelten sog. „Boultif/Üner-Kriterien, mit denen die Verhältnismäßigkeitsprüfung plausibel und operationabel gemacht werden kann; vgl. Urteil vom 02.08.2001 - 54273/00 - [Boultif] InfAuslR 2001, 476, vom 18.10.2006 - 46410/99 - [Üner] NVwZ 2007, 1279, vom 23.06.2008 - 1683/04 - [Maslov II] InfAuslR 2008, 333, vom 25.03.2010 - 40601/05 - [Mutlag] InfAuslR 2010, 325, und vom 13.10.2011 - 41548/06 - [Trabelsi]).
IV.
79 
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deshalb als rechtswidrig anzusehen, weil sie unbefristet erfolgt ist. Insbesondere ergibt sich solches nicht aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348/2008, S. 98 ff. – Rückführungsrichtlinie, im Folgenden RFRL), deren Art. 11 Abs. 1 grundsätzlich die Befristung des mit einer Rückkehrentscheidung einhergehenden Einreiseverbots anordnet. Denn eine Ausweisung ist keine Rückkehrentscheidung im Sinne dieser Richtlinie.
80 
Diese Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 24.12.2010 abgelaufen war, soll mit dem zum 26.11.2011 in Kraft getreten „Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex“ vom 22.11.2011 (BGBl. I, 2258) umgesetzt werden. Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht odernicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
81 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/ Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 - 215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
82 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
83 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. hierzu noch im Folgenden).
84 
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass demgegenüber unter dem Aspekt des Einreiseverbots die Abschiebungsandrohung sowie die Abschiebungsanordnung einer abweichenden und differenzierten Betrachtung bedürfen. Nach Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL gehen „Rückkehrentscheidungen“ mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde, oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL kann in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen. Nach Art. 11 Abs. 2 RFRL wird die Dauer des Einreiseverbots in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Art. 3 Nr. 6 RFRL definiert das Einreiseverbot als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Daraus folgt, dass spätestens mit der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eines „illegal aufhältigen“ Ausländers von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 RFRL) über das Einreiseverbot und dessen Dauer zu treffen ist (vgl. auch den 14. Erwägungsgrund). Mit diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist es bereits nicht zu vereinbaren, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG an die Abschiebung selbst unmittelbar kraft Gesetzes ein Einreiseverbot knüpft. Es ist demnach unerlässlich, dass die zuständige Behörde entweder in der Rückkehrentscheidung (also etwa der Abschiebungsandrohung) oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit für den unter Umständen noch nicht feststehenden Fall einer späteren Vollstreckung (vgl. Art. 11 Abs. 1 UA 1 lit. b) RFRL) von Amts wegen eine individuelle Einzelfallentscheidung trifft. Spätestens jedoch mit der Anordnung der Abschiebung, ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. GK-AufenthG, § 58 AufenthG Rn. 52 ff.), oder aber wiederum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit muss diese Entscheidung über ein Einreiseverbot und dessen Befristung getroffen werden, wobei nach Art. 11 Abs. 2 RFRL eine Befristung des Einreiseverbots die Regel ist und ein unbefristetes Verbot allenfalls ausnahmsweise erfolgen kann. Diesen Vorgaben genügt § 11 Sätze 1, 3 und 4 AufenthG nicht (a.A. Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - a.a.O.). Mit der aktuellen Regelung, wonach erst später und nur auf Antrag eine Befristung vorzunehmen ist, würde das von der Richtlinie intendierte Regel-Ausnahme-Verhältnis „auf den Kopf gestellt“ und das unbefristete Einreiseverbot zunächst zum gesetzlichen Regelfall ausgestaltet. Dies lässt sich auch nicht mit einer dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich eingeräumten Verfahrensautonomie rechtfertigen (so aber Thym und Kluth in der Anhörung des Innenausschusses am 27.6.2011, Drs 17(A)282 F, S. 3 bzw. 17(4)282 A, S. 2). Denn der Rekurs auf eine dem Grundsatz nach richtigerweise anzuerkennende Verfahrensautonomie wäre hier unauflösbar widersprüchlich, weil mit der Konzeption der Richtlinie unvereinbar. Der Vorbehalt zugunsten der mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie reicht nur soweit, als Unionsrecht keine abweichenden bindenden Vorgaben enthält, was hier gerade der Fall ist. Diese Konzeption dient im Übrigen nicht nur den öffentlichen Interessen der Mitgliedstaaten und der Union (vgl. 14. Erwägungsgrund), sondern soll, wie bereits erwähnt, auch den Betroffenen sofort eine Rückkehrperspektive für die Zukunft eröffnen (oder ausnahmsweise auch deutlich machen, dass eine solche jedenfalls derzeit nicht besteht). Die Entscheidung der Behörde hat daher nach der Konzeption des Art. 11 RFRL auch von Amts wegen zu erfolgen. Dieses bereits von Anfang an festzusetzende Einreiseverbot unterliegt dann weitergehend nach Art. 11 Abs. 3 RFRL der Überprüfung und Korrektur. Demzufolge hat die Ausländerbehörde entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG spätestens im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung eine Entscheidung darüber zu treffen, wie lange das Einreiseverbot gelten soll.
85 
Die hier vom Senat allein zu beurteilende Ausweisungsverfügung bleibt nach dem Vorgesagten aber hiervon unberührt.
B)
86 
Die Klage gegen die die Meldeauflage sowie die räumliche Beschränkung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 10.06.2010 ist vom Verwaltungsgericht zu Recht als zulässig angesehen worden. Beide Verfügungen stellen die gesetzlichen Pflichten des § 54a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bzw. § 54a Abs. 2 AufenthG konkretisierende Regelungen dar (ebenso Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - a.a.O.).
87 
Die Klage ist jedoch auch insoweit unbegründet. Zwar setzen beide Maßnahmen voraus, dass die Ausweisung sofort vollziehbar ist (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 29.11.2010 - 11 S 2481/10 - juris). Dementsprechend wurde auch unter Ziffer 5 des Bescheids vom 10.06.2011 die sofortige Vollziehung angeordnet, weshalb zum Zeitpunkt ihres Erlasses die Verfügung unter dem hier zu behandelnden Aspekt nicht zu beanstanden war. Allerdings wurde mit Beschluss des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 19.11.2010 (11 K 2430/10 - juris) unter anderem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausweisung wiederhergestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung nunmehr allein wegen der fehlenden Vollziehbarkeit der Ausweisung vorübergehend als rechtswidrig anzusehen wären. Denn mit Eintritt der Rechtskraft des Senatsurteils wäre die Erlassvoraussetzung der Vollziehbarkeit wieder erfüllt. Namentlich müsste in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden in einem von den Beteiligten angestrengten Revisionsverfahren das Bundesverwaltungsgericht, dessen Entscheidung mit ihrem Erlass notwendigerweise rechtkräftig wird, die Klage gegen die auf § 54a AufenthG gestützten Maßnahmen als unbegründet abweisen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung galt bzw. gilt lediglich vorläufig – bis zum Eintritt der Bestands- bzw. Rechtskraft der Ausweisung. Dies legt ein Verständnis der aufschiebenden Wirkung nahe, nach welchem auch die Folgemaßnahmen nach § 54a AufenthG vom Wiedereintritt der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung bezüglich der Ausweisung in ihrer Wirksamkeit nur vorläufig suspendiert sind, selbst wenn die aufschiebende Wirkung insoweit nicht ausdrücklich angeordnet wurde (ebenso zu vergleichbaren verwaltungsverfahrensrechtlichen Konstellationen Kopp/ Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 31; Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 23). Schließlich würden die Meldepflicht und die räumliche Beschränkung nach § 54a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG auch ohne Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt, wie sie hier erfolgt ist, unmittelbar mit der Vollziehbarkeit der Ausweisung kraft Gesetzes (wieder) eintreten. Weitergehende Rechtswirkungen müssen der aufschiebenden Wirkung im Interesse des Betroffenen, insbesondere aus Gründen effektiver Rechtsschutzgewährung, nicht beigemessen werden.
88 
In Anbetracht der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der aktuell bestehenden Gefahr weiterer Unterstützung der PKK durch den Kläger lassen sich die Meldeauflage und die räumliche Beschränkung auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
89 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 2 VwGO.
90 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
91 
Beschluss
92 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
93 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
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Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
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Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
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Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - ist unwirksam, soweit damit die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 aufgehoben worden ist.

Im Übrigen wird auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 - 11 K 2967/10 - geändert. Die Klage gegen die Ausweisung unter Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. Juli 2010 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet.
Er ist am ...1960 in Sögütlü-Sivas geboren und türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste am 03.01.1997 nach Deutschland ein und stellte am 09.01.1997 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er unter anderem vortrug: 1988 sei er wegen angeblicher Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 1991 sei er auf Bewährung entlassen worden, gleich nach Istanbul verzogen und dort Mitglied der HEP/DEP geworden. 1994 habe sich die HADEP aus diesen Parteien gebildet. Er sei in den Vorstand der HADEP für den Bezirk Istanbul-Kadiköy gewählt worden. Seitdem sei er von Polizisten bedroht worden. Mitte Dezember 1996 sei er von Polizisten zu Hause abgeholt worden. Um sein Leben zu retten, habe er zugesagt, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gebe keine offiziellen Mitgliedsausweise der HADEP. Er habe aber eine Fotokopie seines Aufnahmeantrags und seine HADEP-Delegiertenkarte dabei, außerdem eine notariell beglaubigte Sitzungsniederschrift des HADEP-Vorstands seines Bezirks. Dort sei er als Mitglied des Vorstands genannt. Die Namensliste der Vorstandsmitglieder der HADEP müsse an die zuständigen Sicherheitsstellen des jeweiligen Stadtbezirks gemeldet werden.
Mit Bescheid vom 20.02.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen.
Auf eine Anfrage des Bundesamts vom 24.06.1999 teilte das Auswärtige Amt mit Schreiben vom 28.02.2000 mit, es habe Nachforschungen beim HADEP-Büro des Bezirks Istanbul-Kadiköy und dessen jetzigem Vorstand angestellt. Dort habe nicht bestätigt werden können, dass der Kläger in den Jahren 1994 bis 1996 Mitglied des Vorstands gewesen sei. Vielmehr sei er nicht einmal langjährigen Mitarbeitern mit Namen bekannt gewesen. Das Bundesamt leitete deswegen am 29.03.2000 ein Rücknahmeverfahren ein und nahm mit Bescheid vom 01.03.2007 die mit Bescheid vom 20.02.1997 getroffenen Feststellungen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen, zurück und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich der Türkei nicht vorliegen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit rechtskräftigem Urteil vom 08.10.2007 - A 11 K 300/07 - den Bescheid des Bundesamts vom 01.03.2007 auf und führte aus: Dem Kläger sei die Flüchtlingseigenschaft nicht aufgrund unrichtiger Angaben zuerkannt worden. Er habe seine Verfolgungsfurcht sowohl auf die Bedrohung wegen seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der HADEP als auch auf die Nichteinhaltung seiner Zusage zur Zusammenarbeit mit der Polizei gestützt. Dass letzteres unrichtig sei, mache das Bundesamt nicht geltend. Im Übrigen interpretiere das Bundesamt die in vielen anderen Auskünften des Auswärtigen Amts verwendete Formulierung „es kann nicht bestätigt werden“ auch im vorliegenden Fall irrig dahin, dass das Gegenteil erwiesen sei. Durch die Vorlage der notariell beglaubigten Protokollabschrift einer Vorstandssitzung der HADEP des Bezirks Istanbul-Kadiköy vom 29.01.1995, in der der Kläger als Vorstandsmitglied genannt werde, habe er - obwohl die Darlegungs- und Beweislast beim Bundesamt liege - nachgewiesen, dass seine Angaben bei der Anhörung am 15.01.1997 nicht unrichtig gewesen seien. Der Änderungsbescheid könne auch nicht als Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufrechterhalten werden. Seit dem Bescheid vom 20.02.1997 seien keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnten.
Der Kläger ist seit dem 21.07.1995 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Seine am 23.01.1998 in das Bundesgebiet eingereiste Ehefrau ist als Asylberechtigte anerkannt; auch ist festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er erhielt erstmals am 10.04.1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die mehrmals verlängert wurde. Am 07.05.2002 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 04.04.2006 ist er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Der Kläger verfügt über einen Reiseausweis für Flüchtlinge. Seine Ehefrau hat eine Niederlassungserlaubnis. Der Kläger lebt mit ihr und seinen beiden minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Der am 04.03.1996 geborene Sohn R. hält sich seit 14.01.2000 im Bundesgebiet auf. Ein weiteres Kind wurde am 01.09.2001 in Stuttgart geboren.
Der Kläger war im Bundesgebiet seit dem 28.05.1998 erwerbstätig. In der Zeit von 02.11.2001 bis 31.07.2007 arbeitete er bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH in W. Am 17.04.2007 meldete der Kläger einen Betrieb im Nebenerwerb an, den er zum 03.12.2007 aufgab. Am 03.12.2007 meldete er mit Haupterwerb ab 01.01.2008 folgende Tätigkeit an: „An- und Verkauf einschließlich Einbau von Geräten der Gastronomie, Raumausstattung, Bodenleger, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Montage und Trockenbau“. Dieses Gewerbe wurde zum 15.07.2009 abgemeldet. Seit Mitte Dezember 2010 arbeitet er im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau, zunächst mit geringfügiger Beschäftigung und jedenfalls seit März 2012 mit einer monatlichen Entlohnung von 600 EUR brutto.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (im Folgenden: LfV) teilte unter dem 23.06.2005 auf eine Anfrage der Stadt Stuttgart nach § 73 Abs. 2 und 3 AufenthG mit, dass der Kläger am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand des PKK-nahen Mesopotamischen Kulturvereins e.V. S...-... gewählt worden sei und am 02.02.2003 als Protokollführer bei der Mitgliederversammlung des genannten Vereins fungiert habe ohne jedoch für dessen Vorstand zu kandidieren. Darüber hinaus lägen folgende Polizeierkenntnisse vor: Am 31.05.2001 sei der Kläger in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“ gewesen. Bei der Veranstaltung seien Bilder Öcalans sowie Fahnen der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gezeigt worden, wogegen er nicht eingeschritten sei. Außerdem habe er im Juli 2001 im Rahmen der PKK-Identitätskampagne die Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterzeichnet.
10 
In Kenntnis dieser Aktivitäten des Klägers und mit Blick darauf, dass dem Verfassungsschutzbericht 2004 eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch den Mesopotamischen Kulturverein nicht zu entnehmen sei, kam das Regierungspräsidium Stuttgart in einem internen Vermerk vom 09.12.2005 zu der Einschätzung, es seien keine Ausweisungsgründe nach § 54 Nr. 5 oder 5a AufenthG gegeben. Es teilte der Stadt S... unter dem 30.05.2006 mit, die Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass Regelversagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG nicht vorlägen. Vom Kläger sei jedoch eine Erklärung des Inhalts einzufordern, dass er die PKK bzw. aus ihr hervorgegangene Organisationen und ihre Ziele nicht (mehr) unterstütze. Nachdem festgestellt worden war, dass dem Kläger bereits am 04.04.2006 eine Niederlassungserlaubnis ausgehändigt worden war, wurde es - wie sich aus einer Mail vom 17.04.2007 an die Stadt S... ergibt - seitens des Regierungspräsidiums als sinnlos erachtet, im Nachhinein noch eine Distanzierungserklärung von ihm zu verlangen - zumal eine etwaige Aufenthaltsbeendigung nur im Wege der Ausweisung möglich wäre, wofür derzeit aber keine greifbaren Anhaltspunkte vorlägen, da eine gegenwärtige Gefährlichkeit nicht nachweisbar sei.
11 
Bereits am 22.12.2004 hatten der Kläger und seine Familie bei der Stadt S... ihre Einbürgerung beantragt. Das LfV teilte unter dem 19.01.2008 die in seinem Schreiben vom 23.06.2005 genannten Erkenntnisse sowie folgende weitere Erkenntnisse mit: Der Kläger habe am 14.05.2006 in S... an einer Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern anlässlich der Wahl des Volksgebietsrats dieser Organisation teilgenommen. Am 25.02.2007 sei er in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern zu dem Thema „aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ gewesen. Bei einer Durchsuchung des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 sei eine Mitgliederliste gefunden worden (Stand 01.07.2004), auf der der Kläger vermerkt gewesen sei. Zahlreiche Bücher, Broschüren sowie plakatähnliche Druckwerke seien beschlagnahmt worden, die den KONGRA-GEL thematisierten. Mit Schreiben vom 18.11.2008 gab das LfV weiter an, am 24.02.2008 sei der Kläger in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen.
12 
Mit Schreiben vom 26.02.2009 sowie ergänzt durch Schreiben vom 08.05.2009 und 10.11.2009 an den Kläger bzw. seine Ehefrau teilte die Einbürgerungsbehörde unter anderem mit, es bestünden Zweifel an der Verfassungstreue, wie die Teilnahme an den durch das LfV mitgeteilten Veranstaltungen zeige. Es fehle der Nachweis der Sprachkenntnisse für die Ehefrau. Für den Kläger komme die Einbürgerung nicht in Betracht, da derzeit dessen Ausweisung geprüft werde. Am 16.11.2009 wurden die Einbürgerungsanträge zurückgenommen.
13 
Die im Einbürgerungsverfahren übermittelten Angaben des LfV wurden mit Schreiben vom 24.01.2008 und 12.11.2008 über das Innenministerium an das Regierungspräsidium Stuttgart übersandt.
14 
Mit Schreiben vom 23.12.2009 führte das LfV weiter aus, der Kläger sei am 30.11.2008 in S... bei einer Feier von KONGRA-GEL-Anhängern zum 30. Gründungsjahrestag der PKK und am 01.02.2009 Teilnehmer einer Märtyrer-Gedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern in S... gewesen.
15 
Bereits am 28.07.2009 fand bei der Ausländerbehörde der Stadt S... in Anwesenheit eines Dolmetschers eine Sicherheitsbefragung des Klägers unter Nutzung eines standardisierten Fragebogens statt. Dem ging voraus, dass das Regierungspräsidium ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.02.2009 zur Einschätzung gelangte, „die letzte Erkenntnis ist von 2/08, dabei Teilnahme an Märtyrer-Gedenkminute; aufgrund des hohen Ausweisungsschutzes Ausweisung kaum möglich, Sicherheitsbefragung, event. Verwarnung“. Das LfV bewertete die Sicherheitsbefragung unter dem 23.12.2009 dahingehend, dass der Kläger falsche Angaben gemacht habe, da er sich tatsächlich bis 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, hierauf bezogene Fragen aber verneint habe. Unter dem 04.01.2010 übermittelte das Innenministerium die Bewertung der Sicherheitsbefragung durch das LfV vom 23.12.2009 an das Regierungspräsidium Stuttgart und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung erfüllt sind.
16 
Das Regierungspräsidium hörte mit Schreiben vom 05.05.2010 den Kläger im Rahmen der Prüfung der Ausweisung an. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 räumte der Kläger die Tätigkeit im Mesopotamischen Kulturverein, die Leitung der Kundgebung am 31.05.2001, die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung, die Teilnahme an einer Feier am 30.11.2008 sowie den Besuch einer Veranstaltung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins am 01.02.2009 ein.
17 
Mit Verfügung vom 19.07.2010 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1), verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich beim Polizeirevier F... unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden und beschränkte seinen Aufenthalt auf das Stadtgebiet S... (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Der Kläger erfülle unter Zugrundelegung der durch das LfV mitgeteilten Erkenntnisse den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG. Die PKK sei eine terroristische Vereinigung. Durch den seit dem Jahr 2006 erfolgten regelmäßigen Besuch von Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen habe der Kläger seine innere Nähe und Verbundenheit mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Mit der Vielzahl entsprechender Aktivitäten habe er dazu beigetragen, die Stellung der PKK in der Gesellschaft, namentlich bei kurdischen Volkszugehörigen zu fördern. Die Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe, seien erkennbar auch darauf ausgerichtet gewesen, die Aktionsmöglichkeiten und das Rekrutierungsfeld der Vereinigung zu festigen und zu erweitern, so dass das latente Gefahrenpotential der Vereinigung insgesamt erhalten und verstärkt worden sei. Dass ein Großteil der vom Kläger besuchten Veranstaltungen nicht verboten gewesen sei, ändere nichts daran. Soweit er behaupte, er sei eher gegen seinen Willen bei vermeintlich kulturellen Veranstaltungen Zeuge einschlägiger Meinungsäußerungen und Aktionen geworden, ohne deren Zielsetzung zu unterstützen oder zu billigen, sei dies eine reine Schutzbehauptung. Er habe auch den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 6 AufenthG erfüllt. In der Sicherheitsbefragung habe er trotz Belehrung die Fragen 5.1. und 6.1 bezüglich Kontakten zur PKK und zu ihr nahestehenden Personen verneint, obwohl er sich bis mindestens 2009 an politischen Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt habe. Zudem habe er bei Frage 4.2 angegeben, im Februar 1990 in ... wegen einer unerlaubten Aktion festgenommen worden zu sein. Zuvor habe er die Frage 4.1 verneint. Besonderer Ausweisungsschutz nach Art. 14 ARB 1/80 stehe ihm nicht zu, denn seine Rechtsposition nach Art. 6 ARB 1/80 sei mit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 17.04.2007 erloschen. Der Kläger genieße aber besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lägen durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein die gesetzliche Regelvermutung beseitigender Ausnahmefall sei nicht anzunehmen. Über die Ausweisung sei nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG nach Ermessen zu entscheiden. Er halte sich seit 13 Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfüge über ein Daueraufenthaltsrecht und lebe mit Ehefrau und zwei minderjährigen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft. Er habe aufgrund seiner zunächst unselbstständigen und später selbstständigen Tätigkeit wirtschaftliche Bindungen im Bundesgebiet. Eine soziale Integration habe nicht stattgefunden. Er beherrsche die deutsche Sprache, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft. Es bestehe der Eindruck, dass er bis heute nur im türkischen bzw. kurdischen PKK-nahen Umfeld Bekanntschaften pflege. Eine fortgeschrittene Integration, welche die vorhandenen öffentlichen (Sicherheits-)Interessen verdrängen oder überwiegen könnte, liege nicht vor. Dies gelte umso mehr als sein Aufenthalt im Bundesgebiet dazu diene, die stetige Verbindung zur PKK aufrechtzuhalten und diese bis jetzt aktiv zu unterstützen. Seine familiäre Lebensgemeinschaft falle unter den Schutz des Art. 6 GG, jedoch genieße die rein ausländische Ehe nur einen abgeschwächten Schutz. Dies gelte entsprechend für die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Im Falle eines rechtskräftigen Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung bzw. des Abschiebungsverbots durch das Bundesamt wären dem Kläger und seiner Familie die Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft in der Türkei durchaus zuzumuten, zumal er erst im Alter von 37 Jahren und seine Frau im Alter von 28 Jahren in das Bundesgebiet eingereist seien. Es sei davon auszugehen, dass innerhalb der Familie türkisch oder kurdisch gesprochen werde, so dass auch die Kinder kaum Schwierigkeiten hätten, sich in der Türkei zu integrieren. Ihm würde bei einer Ausreise in die Türkei nach Wegfall der Ausreisehindernisse keine politische Verfolgung drohen. Im Hinblick darauf, dass die Abwehr terroristischer Gefahren bereits im Vorfeld konkreter gewalttätiger Aktionen zu den Grundinteressen der Gesellschaft der Bundesrepublik gehöre, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und Beendigung des Aufenthalts gegenüber dem privaten Interesse, von der Ausweisung verschont zu bleiben, der Vorrang einzuräumen. Die Ausweisung sei in spezialpräventiver Hinsicht erforderlich, um die von ihm konkret ausgehende Gefahr weiterer Unterstützungshandlungen zu verhindern. Der bisherige Verlauf seiner Unterstützungstätigkeit und die sonstigen Umstände ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass er diese sonst fortsetzen werde. Die mit der Ausweisung verbundenen Nachteile, den Aufenthaltstitel zu verlieren und Meldeauflagen dulden zu müssen, stünden nicht außer Verhältnis zu den mit der Ausweisung verbundenen Zwecken. Die Ausweisung stehe mit Art. 8 EMRK in Einklang.
18 
Am 06.08.2010 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid.
19 
Während des Klageverfahrens teilte das LfV mit Schreiben vom 08.10.2010 mit, der Kläger sei bei der Veranstaltung vom 14.05.2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden und am 07.06.2009 habe er sich in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt. Unter dem 04.02.2011 gab das LfV an, zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in der Versammlung vom 14.05.2006 K. gewählt worden.
20 
Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger unter anderem vor, an den ihm vorgehaltenen Veranstaltungen vom 07.06.2009, 01.02.2009, 24.02.2008 und an derjenigen vom 14.05.2006 habe er nicht teilgenommen, insbesondere sei er auch nicht zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden. Im Übrigen bedeute die Teilnahme an friedlichen, nicht verbotenen Demonstrationen keine Unterstützung des Terrorismus, selbst wenn auf diesen Demonstrationen die Abzeichen einer verbotenen Organisation wie der PKK gezeigt würden. Nicht jede Handlung, die sich zufällig für Bestrebungen als objektiv vorteilhaft erweise, könne als tatbestandsmäßige Unterstützung des Terrorismus verstanden werden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit der Teilnahme an den genannten Veranstaltungen die PKK habe unterstützen wollen. Im Übrigen sei die PKK strafrechtlich keine terroristische Vereinigung mehr. In der Türkei sei er 1988 wegen Mitgliedschaft in der KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Entlassung habe er sich für die kurdische Partei HADEP engagiert. Er habe in der Vergangenheit der PKK nicht angehört und gehöre ihr auch gegenwärtig nicht an.
21 
Das beklagte Land trat der Klage entgegen.
22 
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob nach Vernehmung des Zeugen K. mit Urteil vom 23.05.2011 den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es sei keine Unterstützung der PKK durch den Kläger feststellbar. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen vom 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und vom 07.06.2009 sei nicht erwiesen. Die Angaben der Gewährsperson des LfV genügten nicht, weil sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Der Kläger habe während des gesamten Verfahrens bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Andere Indizien als die Erkenntnisse des LfV im Hinblick auf eine Teilnahme des Klägers an den besagten Veranstaltungen gebe es nicht. Der Zeuge K. habe nicht bestätigen können, dass der Kläger Teilnehmer der Veranstaltung vom 14.05.2006 gewesen sei. Der Kläger habe aber unstreitig an den Veranstaltungen vom 04.02.2007 und 25.02.2007 im Mesopotamischen Kulturverein in S... und an einer Veranstaltung am 30.11.2008 im Kulturhaus A... in S... teilgenommen. Insoweit seien aber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Unterstützungshandlungen i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG feststellbar. Unter Berücksichtigung der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe es sich bei der Gedenkfeier vom 04.02.2007 nicht um eine typische Märtyrergedenkveranstaltung gehandelt, die als politische Plattform zur Herstellung eines engen ideologischen und emotionalen Zusammenhalts der PKK-Mitglieder und der PKK-Sympathisanten genutzt werde, sondern um eine Gedenkfeier, wie sie auch in den durch das Christentum geprägten Staaten eine allgemein übliche und selbstverständliche Übung sei, an die keinerlei Nachteile geknüpft werden dürften. Für das Gericht sei auch nicht erkennbar, dass die Veranstaltung vom 25.02.2007 in irgendeinem Kontext zur PKK stehe. Solches folge auch nicht aus dem vom LfV mitgeteilten Redebeitrag. Im Übrigen verkenne das beklagte Land, dass nicht jede Teilnahme an einer nicht von der PKK ausgerichteten Veranstaltung, bei der die Zustände in der Türkei kritisiert würden, zugleich eine Unterstützung der PKK darstelle. Auch die bloße Anwesenheit von PKK-Anhängern dort mache diese nicht per se zu einer PKK-Veranstaltung. Die Veranstaltung vom 30.11.2008 zum 30-jährigen Bestehen der PKK dürfte in spezifischer Weise Propagandacharakter gehabt haben. Ob bereits die subjektive Zurechenbarkeit fehle, da der Kläger lediglich wegen der Musikbeiträge die Veranstaltung aufgesucht haben wolle, könne dahingestellt bleiben. Allein durch die Teilnahme an dieser Veranstaltung sei er jedenfalls nicht in eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK geraten. Eine solche läge nur vor, wenn zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen der PKK feststellbar wären. Dies sei jedoch bei ihm nicht der Fall. Lägen aber lediglich Verbindungen und Kontakte zu Organisationen, die den Terrorismus unterstützten oder selbst terroristisch handelten, oder zu deren Mitgliedern vor, ohne dass der Ausländer auch als Nichtmitglied durch sein Engagement eine innere Nähe und Verbundenheit zu dieser Organisation selbst zum Ausdruck bringe, fehle es an einer Unterstützung i.S.d. § 54 Nr. 5 AufenthG. Selbst wenn ihm aber Unterstützungshandlungen für die PKK vorgehalten werden könnten, könnte die von § 54 Nr. 5 AufenthG zusätzlich geforderte gegenwärtige Gefährlichkeit vorliegend nicht festgestellt werden. Bei der Beurteilung einer gegenwärtigen Gefährlichkeit komme der allgemeinen Entwicklung des Ausländers in den letzten Jahren bis zur mündlichen Verhandlung maßgebliche Bedeutung zu, insbesondere seiner Einbindung und Vernetzung in die Vereinigung, die den Terrorismus unterstütze oder selbst terroristisch handle. Dass bei dem KIäger eine Einbindung und Vernetzung in Bezug auf die PKK bestehe, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und den vom beklagen Land ihm vorgehaltenen Unterstützungshandlungen nicht zu entnehmen. Der Kläger habe keinerlei verantwortliche Tätigkeit im Umfeld der PKK übernommen. Im Übrigen sei die Ausweisung auch deshalb fehlerhaft, weil das Regierungspräsidium im Rahmen der Ermessensentscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei. Es sei verkannt worden, dass der Kläger nur unter den Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 ausgewiesen werden dürfe, denn die Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit habe nicht zum Verlust der Rechtsstellung aus Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 geführt. Auch sei im Rahmen der Ermessenserwägungen verkannt worden, dass die Ehefrau des Klägers anerkannter Flüchtling sei. Schließlich habe das Regierungspräsidium übersehen, dass es die Qualität der Unterstützungshandlung und die Gefährdungslage mit dem jeweils gebotenen Gewicht in die Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gesichtspunkte einzustellen habe.
23 
Auf Antrag des beklagten Landes hat der Senat mit Beschluss vom 18.08.2011 - 11 S 1820/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, die am 15.09.2011 unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Es wird vorgetragen: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen am 14.05.2006, 24.02.2008, 01.02.2009 und am 07.06.2009 nicht bewiesen sei. Es habe verkannt, dass an den Nachweis einer Mitgliedschaft bzw. Unterstützung angesichts des konspirativen Vorgehens terroristischer Vereinigungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, unrealistische Anforderungen an die Verwertbarkeit von Aussagen eines Zeugen vom Hörensagen des LfV gestellt und nicht beachtet, dass es im Fall des Klägers zahlreiche Indizien für die Glaubwürdigkeit der Angaben eines Zeugen vom Hörensagen gebe. Die vorliegenden Tatsachen seien noch ausreichend aktuell i.S.v. § 54 Nr. 5, 2. HS AufenthG. Der Kläger habe auch an der Wahl des neuen Volksgebietsrats am 26.04.2009 teilgenommen. Die Ausweisung sei nicht auf eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung gerichtet, sondern bezwecke die Beseitigung der Legalität seines Aufenthalts im Bundesgebiet und stehe in Einklang mit Art. 21 und Art. 24 der Qualifikationsrichtlinie. Allerdings sei klarzustellen, dass nicht weiter an dem in der angefochtenen Verfügung angesprochenen generalpräventiven Zweck der Ausweisung und an den dortigen Ausführungen zu einer Durchsetzung der Ausreisepflicht bzw. Abschiebung festgehalten werde. Dass ausländerrechtliche Maßnahmen gegen K. noch nicht ergangen seien, stelle die Ermessensfehlerfreiheit der Ausweisung des Klägers nicht in Frage. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 47 AufenthG eine Ermächtigung zum Erlass eines politischen Betätigungsverbots vorsehe. Die dem Kläger zuerkannte Flüchtlingseigenschaft sowie das festgestellte Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und die daraus folgende Unmöglichkeit einer Rückkehr in sein Heimatland würden nicht verkannt. Es lägen aber gravierende Ausweisungsgründe vor, die es rechtfertigten, die dem Kläger zuerkannte Rechtsstellung geringer zu gewichten. Der Kläger habe den schwerwiegenden Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG durch seine jahrelangen beharrlich und konsequent durchgeführten Unterstützungshandlungen zugunsten der terroristischen, kriminellen und verbotenen PKK sowie daraus resultierende staatssicherheitsgefährdende Aktivitäten verwirklicht und eine - mangels Distanzierung - aktuell erhöhte Gefährlichkeit seiner Person belegt. Es sei gerechtfertigt, den für ihn bestehenden und den Abschiebeverboten zugrundeliegenden Gefahrenlagen ein insoweit vermindertes Gewicht beizumessen und eine Ausweisung trotz der Tatsache zu verfügen bzw. aufrechtzuerhalten, dass der Aufenthalt in absehbarer Zeit nicht beendet werden könne. Das Sicherheitsinteresse überwiege das Interesse des Klägers und seiner Angehörigen an dem unveränderten Fortbestand seines legalen Aufenthalts.
24 
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den zum 01.03.2011 erfolgten Umzug des Klägers von S... nach R... Ziffer 2 seines Bescheids vom 19.07.2010 aufgehoben hat, haben die Beteiligten den Rechtstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
25 
Das beklagte Land beantragt nunmehr,
26 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23.05.2011 - 11 K 2967/10 - hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.
27 
Der Kläger beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter anderem aus: Die Vorwürfe gegen ihn basierten auf Quellenangaben. Die mündlichen oder schriftlichen Quellenberichte oder Angaben der Gewährspersonen des LfV genügten in der Regel nicht für die Glaubwürdigkeit, sofern sie nicht durch andere wichtige Gesichtspunkte gestützt oder bestätigt würden. Entgegen der Behauptungen des beklagten Landes bestreite er nach wie vor ausdrücklich, an der Wahl des Volksgebietsrates am 14.05.2006 teilgenommen zu haben und zum Stellvertreter des Vorsitzenden dieses Rates gewählt worden zu sein. Er bestreite weiterhin ausdrücklich seine Teilnahme an der Versammlung am 26.04.2009, die das LfV erstmals am 17.04.2012 vorgebracht habe. Ob diese Veranstaltung überhaupt stattgefunden habe, sei offen. Mit der Bezeichnung „offen und beweisbar" in den Mitteilungen des LfV könnten die Behauptungen nicht als Tatsachen benannt werden. Seine Tätigkeit und die Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein e. V. S... könne nicht als Ausweisungsgrund gewertet werden. Laut Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2004 gehe von diesem keine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das beklagte Land habe deshalb seine damaligen Tätigkeiten zu Recht nicht zum Anlass einer Ausweisung genommen und das Verfahren eingestellt. Somit sei ein „Verbrauch" der Ausweisungsgründe eingetreten. Nach dem Jahre 2004 sei er nicht mehr im Mesopotamischen Kulturverein tätig gewesen. Ihm sei auch keine Tätigkeit nach 2004 vorgehalten worden. Er sei 1988 in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der illegalen kurdischen Organisation KAWA zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach seiner Bewährungsentlassung 1991 habe er sich bei der prokurdischen Partei HADEP engagiert. Er habe weder in seiner Vergangenheit noch in der Gegenwart der PKK angehört. Er habe diese auch nicht im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt. Die Organisation KAWA unterscheide sich eindeutig von der PKK. Es könne ihm nicht zugemutet werden, eine Distanzierungserklärung zu unterzeichnen oder eine Abwendungserklärung abzugeben. Er könne sich nicht zu etwas bekennen, was er in der Tat nicht gemacht habe oder was ihm nicht angelastet werden könne. Das beklagte Land habe auch nicht darlegen können, inwiefern von ihm eine konkrete Terrorgefahr ausgehe. Zwar seien zahlreiche Veranstaltungen erwähnt worden, an denen er teilgenommen haben solle. Es sei aber nicht aufgezeigt worden, inwieweit die bloße Teilnahme an diesen Veranstaltungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe.
30 
Mit Beschluss vom 17.09.2010 - 11 K 2986/10 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 wieder her. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des beklagten Landes wies der Senat mit Beschluss vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - zurück.
31 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. sowie des Zeugen X. vom LfV. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
32 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten verwiesen. Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart hinsichtlich des Klägers und des Zeugen K., die den Kläger betreffende Ausländerakte sowie die Einbürgerungs- und Asylakten betreffend ihn und seine Ehefrau, die Akte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (A 11 K 300/07 und 11 K 2967/10) und die Akten des Senats im Beschwerdeverfahren 11 S 2374/10 vor.

Entscheidungsgründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
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Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
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Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
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Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
147 
Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
148 
„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
149 
Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
150 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
151 
Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
152 
„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
153 
Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
155 
Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
156 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
33 
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts analog § 269 Abs. 3 ZPO insoweit für unwirksam zu erklären.
34 
Im Übrigen hat die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und formell ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 3 VwGO) Berufung des beklagten Landes Erfolg. Die Ausweisung ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (BVerwG, Urteil vom 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20) rechtmäßig und verletzt schon deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausweisung nach § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt (I.). Als anerkannter Flüchtling darf er nach § 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden; diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahingehend anzuwenden, dass die Ausweisung den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 oder Art. 24 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig nationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004 (ABl. L 304, S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - QRL - entsprechen muss (II.). Die nach Art. 24 Abs. 1 QRL erforderlichen zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung liegen bei dem Kläger, der sich seit Jahren kontinuierlich als Sympathisant der PKK betätigt, nach den konkreten Umständen des Falles vor; die Ausweisung ist auch verhältnismäßig (III.). Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, vermitteln Art. 14 ARB 1/80 oder die Standstill-Klauseln weder materiell-rechtlich noch verfahrensrechtlich einen weitergehenden Ausweisungsschutz (IV.). Die Ausweisung ist ermessensfehlerfrei (V.). Sie unterliegt auch mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) - Rückführungsrichtlinie - RFRL - keinen Bedenken, insbesondere gebieten es weder die Rückführungsrichtlinie noch § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens zugleich über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu entscheiden (VI.).
I.
35 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllt.
36 
1. Nach dieser Bestimmung wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Von einer Unterstützung des Terrorismus durch eine Vereinigung i.S.v. § 54 Nr. 5 AufenthG ist auszugehen, wenn die Vereinigung sich selbst terroristisch betätigt oder die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 -juris Rn. 19 ff.). Dass es sich um eine Vereinigung handelt, die den Terrorismus unterstützt, muss zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen (BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 16; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 40). Die Vorschrift erfasst jede Art von Terrorismus, unabhängig davon, ob es sich um nationalen oder internationalen Terrorismus handelt (BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 6.08 - juris Rn. 32; BT-Drs. 16/5065 - Gesetzentwurf zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2007, S. 183 zu Nr. 42).
37 
2. Das Verwaltungsgericht und das Regierungspräsidium Stuttgart sind zu Recht davon ausgegangen, dass die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und ihre Nachfolgeorganisationen KADEK (Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans), KONGRA-GEL (Volkskongress Kurdistans), KKK (Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans) oder KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) - im Folgenden PKK - dem Terrorismus zuzurechnen und damit jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen sind. Der Senat hat mit Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 41 ausgeführt:
38 
„…Die PKK ist jedenfalls als eine den Terrorismus im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützende Vereinigung anzusehen (vgl. hierzu Urteile des Senats vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris, vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - VBlBW 2011, 478 und vom 21.07.2010 - 11 S 541/10 - juris sowie Beschlüsse des Senats vom 17.03.2011 - 11 S 460/11 -, vom 16.12.2010 - 11 S 2374/10 - und vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - InfAuslRAuslR 2011, 105). Eine Vereinigung unterstützt den Terrorismus, wenn sie selbst ihre Ziele auch mit terroristischen Mitteln – wie dem Einsatz gemeingefährlicher Waffen und mit Angriffen auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele – verfolgt (BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris, m.w.N.; vgl. im Einzelnen zum Begriff des Terrorismus GK-AufenthG, Stand: Sept. 2011, § 54 Rn. 436 ff.). Das ist bei der PKK in dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1997 bis heute der Fall. Insbesondere verzichtete die PKK auch während der Phase des 1999 ausgerufenen und 2004 wieder beendeten „Friedenskurses“ nicht auf Gewalt. Das seit vielen Jahren weitgehend friedliche Auftreten der PKK in Europa ist Teil einer „Doppelstrategie“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53; OVG Bremen, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 A 111/09 - InfAuslR 2011, 37) und ändert nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft und der Anwendung von terroristischen Mitteln, etwa bei Anschlägen in der Türkei (so etwa am 22.06.2010 in Istanbul, vgl. ZEIT-ONLINE vom 23.06.2010: www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/kurden-tuerkei-politik; WELT ONLINE vom 22.06.2010 www.welt.de/politik/ausland/ article8142791/Tuerkei-Touristen-im-Fadenkreuz-kurdischen-Terrors.html; am 27. und 28.08.2006 in Marmaris, Istanbul und Antalya, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 28.08.2006 www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434039,00.html) oder der Entführung Unbeteiligter (vgl. zur Entführung von drei deutschen Staatsangehörigen am Berg Ararat am 08.07.2008 SPIEGEL ONLINE vom 09.07.2011: www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,564783,00.html). Insoweit wird ergänzend auf die ausführliche und zutreffende Darstellung im angefochtenen Bescheid des Regierungspräsidiums vom 10.06.2010 verwiesen (vgl. auch Landesamt für Verfassungsschutz Bad.-Württ., „Ausländerextremismus“, August 2007, S. 9 ff., sowie Bundesamt für Verfassungsschutz, „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL)“, März 2007). Abgesehen davon ist die PKK seit Mai 2002 auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.9 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GSAP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2002/340/GSAP – ABl. L 116, S. 75). Entgegen der Auffassung des Klägers erlaubt eine solche Aufnahme die Feststellung, dass die Vereinigung terroristischer Art ist (EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 und C-101/09 - Inf- AuslR 2011, 40; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 07.12.2010 - 1 B 24.10 - juris; noch offengelassen im Urteil des Senats vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 - juris).“
39 
Hieran ist weiter festzuhalten. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren auch nichts Substantiiertes vorgebracht, was die Einordnung der PKK, die bis heute auf der „Terrorliste“ der EU steht (vgl. zuletzt Beschluss des Rates vom 13.03.2012 <2012/150/GASP>, ABl. L 74, 9 und vom 22.12.2011 <2011/872/GASP>, ABl. L 343, 54 und die im Anhang enthaltene Auflistung von Personen und Organisationen), als einer Organisation des internationalen Terrorismus (ebenso auch BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 35 ff.) in Frage stellen würde.
40 
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger seit Jahren den internationalen Terrorismus der PKK im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG unterstützt (siehe zum reduzierten Beweismaß für das Unterstützen der Vereinigung durch den Ausländer BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 15).
41 
Als tatbestandserhebliches Unterstützen ist jede Tätigkeit des Ausländers anzusehen, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, auswirkt. Dazu zählt zum Beispiel auch jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds, das die innere Organisation und den Zusammenhalt der Vereinigung fördert, ihren Fortbestand oder die Verwirklichung ihrer auf die Unterstützung terroristischer Bestrebungen gerichteten Ziele fördert und damit ihre potenzielle Gefährlichkeit festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt. Auf einen beweis- und messbaren Nutzen für die Verwirklichung der missbilligten Ziele kommt es ebenso wenig an wie auf eine subjektive Vorwerfbarkeit. Allerdings kann nicht jede Handlung, die sich zufällig als für die betreffende Vereinigung bzw. den Terrorismus objektiv vorteilhaft erweist, als tatbestandsmäßiges Unterstützen verstanden werden. Vielmehr muss die eine Unterstützung der Vereinigung bezweckende Zielrichtung des Handelns für den Ausländer regelmäßig erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auch fehlt es an einem Unterstützen, wenn jemand allein einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet - und sich hiervon gegebenenfalls deutlich distanziert - und lediglich dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt. Dienen solche Veranstaltungen allerdings erkennbar dazu, nicht nur einzelne Meinungen kundzutun, wie sie auch die Vereinigung vertritt, sondern durch die - auch massenhafte - Teilnahme jedenfalls auch diese Vereinigung selbst vorbehaltlos und unter Inkaufnahme des Anscheins der Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen (beispielsweise wegen des angekündigten Auftretens von Funktionären einer verbotenen Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt) zu fördern, dann liegt ein im Hinblick auf den Normzweck potenziell gefährliches Unterstützen im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG vor, der die Freiheit der Meinungsäußerung insoweit verhältnismäßig beschränkt. Eine Unterstützung kann ferner dann in Betracht kommen, wenn durch zahlreiche Beteiligungen an Veranstaltungen im Umfeld einer Vereinigung - wie der verbotenen PKK - bei einer wertenden Gesamtschau zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass der Ausländer auch als Nichtmitglied in einer inneren Nähe und Verbundenheit zu der Vereinigung selbst steht, die er durch sein Engagement als ständiger (passiver) Teilnehmer zum Ausdruck bringt, und damit deren Stellung in der Gesellschaft (vor allem unter Landsleuten) begünstigend beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch ihr Rekrutierungsfeld erweitert und dadurch insgesamt zu einer Stärkung ihres Gefahrenpotenzials beiträgt. Dabei muss allerdings die terroristische oder den Terrorismus unterstützende Tätigkeit der Vereinigung im In- oder Ausland zum jeweiligen Zeitpunkt feststehen und das Verhalten des Einzelnen auch unter Berücksichtigung etwaiger glaubhafter Distanzierungen von der Unterstützung des Terrorismus (oder das Fehlen jeglicher Distanzierung) gewürdigt werden. Eine darüber hinausgehende konkrete oder persönliche Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit ist dagegen nicht erforderlich. Ebenso wenig ist ein "aktives Tätigwerden" erforderlich (siehe hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 - 1 C 13.10 - juris Rn. 14 ff. sowie Urteil vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25 ff. - zur früheren Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG; vgl. auch Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 - juris Rn. 8 ff.; Senatsbeschluss vom 08.12.2010 - 11 S 2366/10 - juris Rn. 7 ff.; Senatsurteile vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 43 und vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 - juris Rn. 50 ff.).
42 
Nach diesen Grundsätzen liegen hier eine Vielzahl von Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Kläger die PKK und damit den internationalen Terrorismus seit vielen Jahren in mehrfacher Weise unterstützt, vor allem durch die Übernahme einer Vorstandsfunktion und die Mitgliedschaft in dem PKK-nahen Mesopotamische Kulturverein S... (a.) und die über Jahre hinweg fortgesetzte Teilnahme an unterschiedlichen PKK-nahen Aktionen und Veranstaltungen (b.). Dass einige dieser Tatsachen bereits länger zurückliegen, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen; vom Kläger geht nach wie vor eine gegenwärtige Gefährlichkeit aus (c.).
43 
a. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Mesopotamische Kulturverein S... den Terrorismus unterstützt (ebenso schon zu § 86 Nr. 2 AuslG a.F VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 64, wonach der „Mesopotamische Kulturverein S... als Vorfeldorganisation der PKK bzw. KADEK anzusehen ist“; die PKK-Nähe dieses Vereins auch bejahend VGH Bad.-Württ, Urteil vom 08.07.2009 - 13 S 358/09 - zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG). Zwar enthält die Satzung des am 23.08.1997 gegründeten und am 16.06.1998 eingetragenen Vereins weder in ihrer Fassung vom 23.08.1997 noch in ihrer Neufassung extremistische Züge; bei Auflösung des Vereins geht das Vermögen an den „Kurdischen Roten Halbmond e.V.“, einer humanitären Hilfsorganisation. Auch bietet der Verein kulturelle Veranstaltungen an und die Gelegenheit zum Treffen unter Migranten vorwiegend kurdischer Herkunft. Er befasst sich ferner mit politischen Themen, wie etwa der Freilassung Öcalans und der Verbesserung dessen Haftsituation sowie der Lösung der „kurdischen Frage“, die für sich betrachtet noch nicht den Schluss einer Identifizierung oder Solidarisierung mit der PKK zulassen. In den in das Verfahren eingeführten Verfassungsschutzberichten des Landes Baden-Württemberg wird dieser Verein nicht ausdrücklich aufgeführt. Letzteres bedeutet aber allenfalls, dass von diesem keine unmittelbare Gefährdung für die Sicherheit der Bundesrepublik ausgeht. Die Berichte des LfV vom 02.08.2006 und 27.10.2009 mit den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ergänzungen zeigen jedoch, dass der Verein seit seiner Gründung tatsächlich in erheblichem Maße auch als Plattform für die PKK fungiert, deren terroristische Ziele befürwortet und deren Gedankengut aktiv verbreitet. Hierbei handelt es sich nicht um Aktionen von Einzelpersonen oder Splittergruppen unter missbräuchlicher Ausnutzung der Vereinsstruktur, vielmehr ist der Verein insgesamt auch auf die Unterstützung der PKK ausgerichtet.
44 
Nach den vom LfV aufgelisteten Erkenntnissen organisiert der Mesopotamische Kulturverein S... alljährlich Veranstaltungen anlässlich des Jahrestags der Gründung der PKK, entweder in den eigenen Vereinsräumen (so z.B. am 26.11.2000 und 25.11.2001) oder als Großveranstaltung in gesondert angemieteten Räumlichkeiten (so etwa am 22.11.2009 in einem Kulturhaus mit ca. 1.500 Personen). Ebenso wird über Veranstaltungen zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15.08.) in Gestalt einer Feier in den Räumen des Vereins (14.08.2005 sowie 15.08.2008) oder durch ein vom Verein organisiertes Picknick (am 16.08.2009) und auch über Veranstaltungen zum Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK in Deutschland berichtet. Die enge Verbindung des Vereins mit der PKK wird vor allem auch darin deutlich, dass kontinuierlich immer wieder PKK-Funktionäre aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Räumen des Vereins auftreten, die sich spezifischer PKK-Themen annehmen, so etwa bei der internen Versammlung auf Gebietsebene - sog. Volksversammlung - am 16.04.2000, bei der es unter anderem um die Auswirkungen des Einmarsches türkischer Soldaten in den Nordirak auf die PKK und insbesondere die Kämpfer der ARGK (heute HPG) ging. Ähnlich im Ablauf waren etwa auch schon die Veranstaltungen vom 08.06.1997 (Bericht des PKK-Regionalleiters Baden über die Erfolge der ARGK anlässlich der Eröffnungsfeier des Vereins) oder vom 19.04.1998 (PKK-Volksversammlung mit Beiträgen des PKK-Regionalleiters Baden über die „Taktik“ der türkischen Regierung, die Moral innerhalb der PKK durch gezielte Falschinformationen hinsichtlich des Kriegsverlaufs zu untergraben). Derartige Volksversammlungen stellen ein Mittel der konspirativen Betätigung der PKK unter dem Vereinsverbot dar, um dezentrale Strukturen zur Mobilisierung der Anhänger der PKK zu schaffen (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54). Zu nennen sind weiter aus den Mitteilungen des LfV die Versammlung am 11.03.2001, die die aktuelle Lage der PKK einschließlich deren finanzieller Situation thematisierte; der Bericht eines früheren Aktivisten der ARGK am 22.04.2001 über seine Eindrücke vom dortigen Leben; die Schilderung eines ehemaligen Guerilla-Kämpfers über seine Eindrücke aus den Kandil-Bergen am 30.08.2008 oder die Ausrichtung der Volksversammlung am 14.05.2006 mit einer Rede des damaligen Leiters des PKK-CDK-Sektors Süd Muzaffer Ayata über die Funktion der Volksgebietsräte (siehe hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). In seinem Bericht vom 27.10.2009 führt das LfV auch aus, dass bei der Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 10.06.2001 die schlechte finanzielle Situation des Vereins ein Thema war und erläutert wurde, dass ein erheblicher Teil der hohen Kosten für die Renovierung die PKK übernommen habe. Hervorzuheben sind ferner - wie in den Berichten des LfV im Einzelnen dargelegt - die kontinuierlich in den Vereinsräumen stattfindenden Veranstaltungen zum Gedenken an sog. Märtyrer, d. h. vor allem für gefallene Kämpfer und Selbstmordattentäter, wobei an diesen Veranstaltungen auch Funktionäre der PKK oder CDK (letztere ist eine Nachfolgeorganisation der vom PKK-Verbot umfassten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans - ERNK -) teilnehmen. Im Rahmen des Gedenkens an PKK-Märtyrer wird auch über die Ehrung von Frontarbeitern der PKK für ihre Tätigkeit berichtet (so für den 29.03.2009). Wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, sind solche Märtyrergedenkveranstaltungen ein wesentliches Element zur Herstellung eines engeren ideologischen und emotionalen Zusammenhalts auch von PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55 mwN). Schließlich tritt der Mesopotamische Kulturverein als Veranstalter von Demonstrationen oder Mahnwachen auf, um etwa gegen die Verhaftung von KONGRA-GEL-Funktionären oder das PKK-Verbot oder - wie in der Zeit vom 01. bis 04.05.2002 - gegen die (befürchtete) Aufnahme der KADEK als Nachfolgeorganisation der PKK in die EU-Terrorliste zu protestieren.
45 
Nach Überzeugung des Senats sind diese vom LfV mitgeteilten konkreten und detaillierten Erkenntnisse über den Mesopotamischen Kulturverein, die der Kläger im Übrigen im Verfahren nicht substantiiert in Frage gestellt hat, zutreffend. Er ist sich dabei dessen bewusst, dass diese Erkenntnisse zu einem erheblichen Teil auf den Angaben von „Quellen“ beruhen. Aufgrund des konkreten Verfahrens der Erkenntnisgewinnung, das der Zeuge des LfV in der mündlichen Verhandlung erläutert hat (siehe dazu näher nachfolgend b.), bestehen jedoch keine Bedenken gegen deren Verwertung - zumal diese durch andere gewichtige Tatsachen gestützt werden. Ein erheblicher Teil der Veranstaltungen wurde - wie in den Berichten des LfV kenntlich gemacht - in der „Özgur Politika“ und der „Yeni Özgur Politika“ aufgegriffen (siehe im Übrigen zur Einordnung der „Özgur Politika“ als Sprachrohr der PKK VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2011 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 63). Auch Polizeierkenntnisse werden als Beleg herangezogen. Dass der Verein die PKK unterstützt und sich mit ihren Zielen identifiziert, zeigt ferner die Auswertung der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stuttgart 7 Js 101646/04. Am 09.11.2004 war in den Vereinsräumen eine ca. zwei Meter lange Fahne des KONGRA-GEL deutlich von außen sichtbar aufgehängt. Bei der Durchsuchung am 15.12.2004 hing an deren Stelle eine ERNK-Fahne. In den Räumen des Vereins wurden Propagandapublikationen in Form von Büchern, Broschüren und plakatähnlichen Druckwerken - teilweise in größeren Stückzahlen - aufgefunden. Zu nennen sind beispielsweise Plakate mit der Aufschrift „Schluss mit dem PKK-Verbot“, Transparente der PJA (Frauenorganisation der PKK) und Transparente und Fahnen der YCK (Jugendorganisation der PKK), von Abdullah Öcalan verfasste Bücher, Broschüren mit Symbolen der PKK, Kadek, KONGRA-GEL oder der ERNK sowie Publikationen, die der Verbreitung des Gedankenguts der PKK dienen, und in denen beispielsweise Selbstmorde für die PKK verherrlicht und als Heldentaten gepriesen werden. Die Auswertung der SIM-Karte des damaligen Vorsitzenden des Vereins enthielt die Telefonnummer des PKK-Funktionärs Muzaffer Ayata, der in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins verkehrt. Dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit Verfügung von 30.05.2008 das Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt hat, steht der Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung nicht entgegen.
46 
Im Übrigen lässt sich die PKK-Nähe des Vereins auch aus dem Umstand ersehen, dass dieser jedenfalls seit dem 02.08.2004 Mitglied bei der YEK-KOM, der „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.“ ist. Eine aktive Verbindung zwischen beiden lässt sich nicht nur daraus entnehmen, dass anlässlich der Durchsuchung der Räume des Mesopotamischen Kulturvereins am 15.12.2004 ein Flugblatt des Vorstand der YEK-KOM aufgefunden wurde, das unter anderem zu Treffen der Vorstandsvorsitzenden der jeweiligen kurdischen „nationalen“ Vereine in ganz Deutschland aufrief (siehe im Einzelnen Schreiben des Polizeipräsidiums Stuttgart - Dezernat Staatsschutz - vom 19.01.2005), oder den Berichten des LfV zufolge bei der Veranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 09.10.2000 zum Thema „Erinnerung an die Flucht aus Syrien von Öcalan am 09.10.1998 und deren Folgen“ Flugblätter der YEK-KOM verteilt wurden, sondern auch aus dem Umstand, dass Vertreter der YEK-KOM beim Verein auftreten, so deren Vorsitzender Ahmet Celik bei einer Gedenkveranstaltung des Mesopotamischen Kulturvereins am 21.10.2008 für die „Gefallenen des Kurdischen Befreiungskampfes“. Im Übrigen bestand über finanzielle Zuschüsse an den Verein eine Verbindung zwischen der YEK-KOM und dem Mesopotamischen Kulturverein schon im Jahre 2000 (siehe näher VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 -juris Rn. 63). Zur YEK-KOM hat der Senat hat in seinem Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 47 ausgeführt:
47 
„Die YEK-KOM, deren Sitz in Düsseldorf ist und der deutschlandweit etwa 60 kurdische Vereine angeschlossen sind, unterstützt die PKK durch eine Vielzahl von Aktionen. Dies wird in der überzeugenden „Einschätzung“ des Landesamts für Verfassungsschutz vom 17.06.2010 im Einzelnen ausführlich dargelegt. Die YEK-KOM sei ihrerseits Mitglied der „Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa“ (KON-KURD). Sie betreibe eine intensive Öffentlichkeitsarbeit, darunter immer wieder Aktionen und Aufrufe mit dem Ziel der Aufhebung des Betätigungsverbots der Kurdischen Arbeiterpartei in Deutschland. Auch mobilisiere sie jedes Jahr aus Anlass der Newroz-Feier die kurdische Bevölkerung in Europa zu zentralen Kundgebungen. Dabei würden Grußworte von Öcalan oder von anderen PKK-Führungsmitgliedern vorgelesen bzw. ausgestrahlt. Im Zentrum stünden dann die aktuellen politischen Interessen der PKK. Auf der Agenda der vergangenen Jahre hätten Themen gestanden wie „Freiheit für Öcalan“ und „Frieden für Kurdistan“. In einer zusammenfassenden Bewertung heißt es, im Arbeitsprogramm der YEK-KOM sei die „logistische Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes Kurdistans“ verankert. Die von der YEK-KOM sowohl in ihren Publikationen als auch bei ihren Veranstaltungen und Aktionen aufgegriffenen Themen lägen im Interessenbereich der PKK. Zu nennen seien insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung Abdullah Öcalans. Der Verein biete der PKK bzw. ihren Nachfolgeorganisationen eine Plattform, indem er ihre Erklärungen und Äußerungen von Funktionären unkommentiert, d.h. auch unkritisch veröffentliche. Auf Maßnahmen der Sicherheitsbehörden oder der Justiz gegen Personen und Einrichtungen mit dem Verdacht eines PKK-Bezugs reagiere die YEK-KOM stets mit einer verurteilenden Erklärung. Hochrangige YEK-KOM-Funktionäre beteiligten sich an PKK-Aktionen und träten auf PKK-Veranstaltungen als Redner auf. Zusammenfassend lasse sich daher sagen, dass eine eindeutige Nähe des Vereins YEK-KOM zur PKK bzw. zu ihren Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL vorliege.“
48 
Zwar ist dem Arbeitsprogramm der YEK-KOM aus dem Jahre 2008 und in der Fassung vom 20.02.2011 (das jeweils aktuelle Programm ist auch auf der Homepage der YEK-KOM unter www.yekkom.com abrufbar) zu entnehmen, dass sich diese für eine friedliche demokratische Lösung der Kurdenfrage in Richtung auf eine Selbstverwaltung der Kurden innerhalb des türkischen Staates einsetzt und sich vor allem auch der allgemeinen Situation von Kurdinnen und Kurden einschließlich der Migrationsprobleme annimmt. Bei der Würdigung der - von der YEK-KOM ausdrücklich so bezeichneten - Selbstdarstellungen ist aber einzustellen, dass auch diese Organisation bestrebt ist, ein öffentliches Erscheinungsbild zu verbreiten, das so gestaltet ist, dass nicht mit Rücksicht auf eine deutliche Nähe zur PKK Exekutivmaßnahmen deutscher Behörden ausgelöst werden, und deshalb ihre Publikationen hierauf ausrichtet. Im Übrigen schließt die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele, wie etwa die von YEK-KOM geforderte freie Benutzung der kurdischen Sprache in der Türkei, die Feststellung nicht aus, dass YEK-KOM auch die Ziele der PKK unterstützt, indem etwa die terroristischen Ziele und Aktivitäten der PKK positiv bewertet, befürwortet und verbreitet werden. Wenn insbesondere die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert wird, so soll damit deren ungehinderte Betätigung in Deutschland wieder ermöglicht und damit deren auch terroristische Ziele und Aktivitäten tragende Basis verbreitert und gestärkt werden.
49 
Das auf die Unterstützung des Terrorismus gerichtete Handeln der Vereinigung ist für den Kläger erkennbar gewesen (zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 25.10.2011 -1 C 13.10 -juris Rn. 23) und ihm zuzurechnen. Der im Jahre 2000 dem Verein beigetretene Kläger ließ sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins am 23.07.2000 als Beisitzer in den Vorstand wählen und wurde nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung danach ein zweites Mal für ein Jahr in den Vorstand gewählt. Die Tatsache der Vorstandstätigkeit ist bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt worden. Allein schon aufgrund seiner Stellung als Vorstandsmitglied ist ihm diese Unterstützung zuzurechnen, ohne dass der Frage seiner tatsächlichen inneren Einstellung weiter nachgegangen werden müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.06.2008 - 13 S 2613/03 - juris zu § 11 StAG). Der Kläger hat auch nach Ende seiner Vorstandstätigkeit als einfaches Mitglied des Mesopotamischen Kulturvereins dessen oben dargestellte Zielsetzung, die sich unter Berücksichtigung der Angaben des LfV bis heute nicht geändert hat, weiter unterstützt. Bei der Durchsuchung in den Räumen des Vereins am 15.12.2004 wurde eine Mitgliederliste mit Stand 01.07.2004 gefunden, die den Kläger seit dem Jahr 2000 als Mitglied ausweist. Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ist diese Mitgliedschaft ausdrücklich eingeräumt worden. Er unterschrieb sowohl am 02.02.2003 als auch am 17.04.2005 als Protokollführer das Protokoll der Mitgliederversammlung. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bekundet, ab 2000 bis 2005 beim Verein ein- und ausgegangen zu sein, dies für die Zeit danach jedoch abgestritten. Der Senat ist allerdings aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass der Kläger auch über diesen Zeitpunkt hinaus mindestens bis Mitte 2009 aktiv am Vereinsgeschehen teilgenommen hat und sich nur unter dem Eindruck des Ausweisungsverfahrens nunmehr zurückhält (siehe nachfolgend b. und c.).
50 
b.) Der Kläger hat durch die kontinuierliche Teilnahme an PKK-nahen Veranstaltungen die PKK unterstützt. Er war bei einer Reihe von Veranstaltungen, die - wie ihm auch erkennbar gewesen ist - darauf ausgerichtet sind, den ideologischen und emotionalen Zusammenhalt der PKK, ihrer Nachfolgeorganisationen und Organisationen im politischen Umfeld zu stärken. Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Wahlen zum Volksgebietsrat und die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats. Diese Teilnahmen sind daher bereits für sich genommen ohne weiteres als selbstständige Unterstützungshandlungen zu qualifizieren, die zum Vorliegen des Ausweisungsgrundes des § 54 Nr. 5 AufenthG führen. Umso mehr gilt dies bei einer Gesamtschau aller festgestellten Aktivitäten des Klägers einschließlich seiner Vorstandsfunktion im Mesopotamischen Kulturverein.
51 
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger am 31.05.2001 eine Kundgebung geleitet hat, bei der er gegen mit der PKK zusammenhängende Symbole nicht eingeschritten ist, und am 10.07.2001 die PKK-Selbsterklärung unterzeichnet hat (aa.), die Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK am 30.11.2008 besucht (bb.) und am 04.02.2007 und 01.02.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat (cc.), bei Veranstaltungen von KONGRA-GEL-Anhängern am 24.02.2008 und 07.06.2009 war (dd.) sowie an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und 26.04.2009 teilgenommen hat, wobei er bei der erstgenannten Versammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist (ee.). Die konkreten Ausrichtungen der jeweiligen Veranstaltungen, die dem Kläger nicht verborgen bleiben konnten, lassen den Schluss zu, dass der Kläger die PKK unterstützt hat. Soweit das Regierungspräsidium dem Kläger auch den Besuch an einer Podiumsdiskussion unter Mitwirkung von Günay Aslan am 25.02.2007 vorhält, kann allerdings aus den Inhalten dieser Veranstaltung nicht geschlossen werden, dass der Kläger auch hierdurch die PKK unterstützt hat (ff.).
52 
Die Feststellungen und Würdigungen des Senats beruhen auf den sich aus den Akten ergebenden Erkenntnissen, aus der Einlassung des Klägers sowie den in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Hierbei handelt es sich um den Schwager des Klägers, der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats Stuttgart gewählt wurde, und um einen Mitarbeiter des LfV, der über Angaben einer Quelle berichtet hat. Weitere (unmittelbare) Zeugen haben dem Senat nicht zur Verfügung gestanden. Die Ehefrau des Klägers hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht; andere Zeugen, die sich in der Sache hätten äußern können, sind weder benannt worden noch ersichtlich. Der vernommene Mitarbeiter des LfV ist nicht der unmittelbare Führer dieser Quelle. Aus Quellenschutzgründen wurde die Identität der Quelle nicht offen gelegt. Der unmittelbare Quellenführer stand als Zeuge nicht zur Verfügung. Auch wurden - trotz Aufforderung durch das Gericht - keine schriftlichen Aufzeichnungen vorgelegt. Diese Praxis ist dem Senat aus vergleichbaren Verfahren bekannt. Bei der Würdigung der Aussagen des Mitarbeiters des LfV hat sich der Senat von folgenden in seinem Urteil vom 29.09.2010 - 11 S 597/10 - juris Rn. 49 § 11 satz 1 nr. 1 stag> dargestellten Überlegungen leiten lassen:
53 
„Erkenntnisse des LfV, die auf geheim gehaltenen Quellen beruhen und als Zeugenaussage vom Hörensagen in den Prozess eingeführt werden, können zwar grundsätzlich verwertet werden. Allerdings darf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes auch dann nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt werden, wenn eine Behörde sich gegenüber dem Auskunftsbegehren eines Bürgers auf Geheimhaltungsgründe beruft und sich diese Gründe gerade auch auf die allein als Beweismittel in Betracht kommenden Verwaltungsvorgänge beziehen, in denen die für das Verwaltungsverfahren und sein Ergebnis relevanten Sachverhalte dokumentiert sind (vgl. grundlegend zu dieser Problematik BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 2 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106, 121 ff.). Soweit in einem derartigen Fall die Effektivität des Rechtsschutzes von der Offenlegung der Verwaltungsvorgänge abhängt, muss das Gericht grundsätzlich die tatsächlichen Grundlagen selbst ermitteln und seine rechtliche Auffassung unabhängig von der Verwaltung, deren Entscheidung angegriffen ist, gewinnen und begründen. Ist dies wie hier nicht möglich, muss das durch die Geheimhaltung entstehende Rechtsschutzdefizit im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeglichen werden (Hamb. OVG, Urteil vom 07.04.2006 - 3 Bf 442/03 - NordÖR 2006, 466). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gerichtliche Beweiswürdigung der Angaben eines sogenannten Zeugen vom Hörensagen besonderen Anforderungen unterliegt, die aus dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten sind. Danach ist der Beweiswert seiner Angaben besonders kritisch zu prüfen. Denn das Zeugnis vom Hörensagen ist nur begrenzt zuverlässig, weil sich die jedem Personenbeweis anhaftenden Fehlerquellen im Zuge der Vermittlung der Angaben verstärken und weil das Gericht die Glaubwürdigkeit der Gewährsperson nicht selbst einschätzen kann. Das Gericht muss sich der Gefahren der beweisrechtlichen Lage, also vor allem der besonderen Richtigkeitsrisiken in Ansehung anonym gebliebener Personen, deren Wissen durch einen Zeugen vom Hörensagen eingeführt wird, sowie der sich daraus ergebenden Grenzen seiner Überzeugungsbildung bewusst sein (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50 und Urteil vom 27.03.1998 - 13 S 1349/96 - juris Rn. 37). Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen wird regelmäßig einer Entscheidung nur dann zugrunde gelegt werden können, wenn es für das Vorliegen der entsprechenden Tatsache noch andere Anhaltspunkte gibt (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 - juris Rn. 4 und Beschluss vom 05.03.2002 - 1 B 194/01 - juris Rn. 4 mit ausdrücklichem Hinweis auf BVerfGE 57, 250, 292). Nach der zum Strafrecht entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die Angaben des Gewährsmanns regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach Überzeugung des Fachgerichts wichtige, ihrerseits beweiskräftig festgestellte Gesichtspunkte bestätigt werden (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81 -BVerfGE 57, 250, 292 ff.; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93 - NJW 1996, 448; BVerfG <1. Kammer des 2. Senats>, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 BvR 1317/05 - NJW 2007, 204). Die strafgerichtliche Rechtsprechung und Literatur verlangt daher regelmäßig „zusätzliche Indizien von einigem Gewicht“ (vgl. näher BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - 4 StR 591/06 - juris Rn. 2; Beschluss vom 19.06.1996 - 5 StR 220/96 - juris Rn. 3 ff; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 250 Rn. 13; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 46 Rn. 33 f.; Detter, Der Zeuge vom Hörensagen - eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1, 4). Diese zum Strafrecht entwickelten Prinzipien können als Ausdruck des Rechts auf faires Verfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogen werden (Sodan/Ziekow, 3. Aufl. 2010 § 96 Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.07.2002 - 13 S 1111/01 - juris Rn. 50).“
54 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt wie folgt dar:
55 
aa.) Nach polizeilichen Erkenntnissen war der Kläger am 31.05.2001 - und damit im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit - in S... Leiter einer Kundgebung des Mesopotamischen Kulturvereins zum Thema „Die Zeit ist reif für Demokratie und Freiheit“. Bei der Veranstaltung wurden Bilder Öcalans sowie Fahnen der ERNK gezeigt, wogegen der Kläger nicht einschritt. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (4 Js 43599/01) stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein. Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 eingeräumt, diese Kundgebung geleitet zu haben, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich hingegen zunächst dahingehend eingelassen „nie und niemals eine Kundgebung geleitet zu haben“. Auf mehrfachen Vorhalt der aktenkundigen polizeilichen Erkenntnisse und des Schreibens vom 30.06.2010 sowohl durch den Senat als auch durch seine Prozessbevollmächtigten hat der Kläger lediglich vorgebracht, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass diese Feststellungen der Polizei zur Veranstaltung vom 31.05.2001 zutreffend sind - zumal sie durch das Schreiben vom 30.06.2010, das auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers gegenüber seinen Anwälten basieren muss, bestätigt sind. Dieses wird insoweit durch „Erinnerungslücken“ des Klägers nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Kläger beruft sich in diesem Schreiben allerdings darauf, es könne ihm nicht angelastet werden, dass bei der ordnungsgemäß angemeldeten und genehmigten Kundgebung einzelne Teilnehmer die genannten Bilder und Fahnen geschwenkt hätten; die Unterbindung dieser Aktionen sei nicht seine Aufgabe, vielmehr hätten die Ordnungskräfte dafür Sorge tragen müssen, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Die Tatsache, dass der Kläger gegen diese Symbole nicht eingeschritten ist, lässt aber vor allem mit Blick auf seine Aktivitäten im Mesopotamischen Kulturverein den Schluss dahingehend zu, dass er sich als Versammlungsleiter einer Kundgebung dieses Vereins unverkennbar mit den auf die Unterstützung der PKK gerichteten Zielen identifizierte und solidarisierte. In dieses Bild passt auch die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001, die der Kläger - allerdings mit Hinweis darauf, dies habe im Rahmen der durch Art. 5 GG gewährten Meinungsfreiheit stattgefunden - mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2006 zugestanden hat.
56 
bb.) Der Kläger nahm am 30.11.2008 an der Feier zum 30. Gründungsjahrestag der PKK im Kulturhaus A... in S... teil. Dies hat er in den Schriftsätzen seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 und 16.11.2010 eingeräumt. Wie das LfV unter dem 23.09.2009 mitgeteilt hat, hätten in der Halle unter anderem Bilder von Öcalan sowie mehreren PKK-Märtyrern und eine Fahne der früheren PKK-Propagandaorganisation ERNK gehangen. Ein Redner habe zur Geschichte der PKK referiert. Im Anschluss daran sei der getöteten Märtyrer dieser Organisation mit einer Schweigeminute gedacht worden. Während der Veranstaltung, die um 13 Uhr begonnen habe und von ca. 2.000 Personen besucht worden sei, seien Parolen wie „Hoch lebe der Führer Apo“ und „PKK“ skandiert worden. Für die Veranstaltung sei am 18. und 28.11.2008 in der Yeni Özgur Politika und am 28.11.2008 bei ROJ-TV (kurdischer TV-Sender) geworben worden. Die in der YÖP vom 28.11.2008 abgedruckte Einladung - überschrieben mit „das 30. Jahr feiern wir“ - weist als Programm verschiedene Künstler und Reden aus.
57 
Der Kläger hat den vom LfV mitgeteilten Inhalt der Veranstaltung und ihren organisatorischen Rahmen nicht bestritten. Er hat allerdings darauf verwiesen, die Veranstaltung sei ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt worden; im Programm dieser Veranstaltung seien diverse kurdische Künstler angekündigt worden, aufgrund deren Auftritte er dort gewesen sei; dass vereinzelte Teilnehmer Fahnen geschwenkt und Parolen gerufen hätten, könne ihm nicht angelastet werden. Er habe dieser Veranstaltung - wie viele andere Leute - beigewohnt, um in den Genuss des künstlerischen Angebots zu kommen; bei dieser Veranstaltung habe er weder applaudiert noch Parolen ausgerufen, an der Schweigeminute habe er sich nicht beteiligt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Kläger dahingehend eingelassen, er sei nur dahin, um die Künstler zu hören, es bedeute nicht, dass jeder, der daran teilnehme, ein PKK’ler oder für die PKK sei.
58 
Es kommt jedoch nicht darauf an, dass sich der Kläger nach seinem Vorbringen nicht aktiv an der Veranstaltung beteiligt hat und diese nicht verboten gewesen ist. Die dort aufgestellten Bilder von Öcalan und mehreren PKK-Märtyrern, die Fahnen der ERNK sowie die gehaltene Rede zur Geschichte der PKK lassen ebenso wie der Anlass der Veranstaltung keinen Zweifel an deren Ausrichtung als Propagandaveranstaltung der PKK aufkommen. Bei dieser Eindeutigkeit wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger den Charakter der Veranstaltung nicht bemerkt bzw. eigentlich missbilligt hätte. Die Person Öcalans hat nach wie vor einen Symbolgehalt für den bewaffneten Kampf der PKK gegen den türkischen Staat, wie dies hier auch schon in der optischen Ausgestaltung der Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Erst recht mit Blick auf seine jahrelange aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, der den Jahrestag der PKK-Gründung regelmäßig begeht, ist für den Kläger der Bedeutungsgehalt der Veranstaltung eindeutig erkennbar gewesen. Indem er dieser beigewohnt hat, hat er deren Zielsetzung vielmehr nach außen erkennbar gebilligt und den emotionalen und ideologischen Zusammenhalt der PKK und der mit ihr zusammenhängenden Organisationen gestärkt (vgl. hierzu näher Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 52 ff.). Im Übrigen dienen - neben anderen „Geldquellen“ wie insbesondere Mitgliedsbeiträge und Spenden - gerade auch solche Großveranstaltungen, bei denen - wie im vorliegenden Fall - Eintrittsgelder erhoben und Umsätze erzielt werden, dazu, der PKK finanzielle Mittel zu verschaffen, die für Propagandatätigkeit, den Parteiapparat sowie für die Versorgung der Guerilla-Kämpfer und deren Ausstattung mit Waffen und Munition gebraucht werden (siehe zur Finanzierung der PKK näher Verfassungsschutzberichte Baden-Württemberg, z.B. 2008, S. 92; 2007 S. 91 f.; 2001, S. 179). Dass die einzelne Eintrittskarte relativ preiswert gewesen ist - der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag mit 10 EUR angegeben - steht dem nicht entgegen. Auch diesem Zweck hat er zumindest durch die Zahlung der Eintrittskarte entsprochen. Dass dies für den Kläger, der aufgrund seiner Vorstandstätigkeit tiefere Einblicke in den Ablauf und Zweck solcher Veranstaltungen hatte, nicht erkennbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.
59 
cc.) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass der Kläger am 04.02.2007 und 01.09.2009 an Märtyrergedenkveranstaltungen teilgenommen hat.
60 
Das LfV hat unter dem 08.10.2009 unter anderem ausgeführt, am 04.02.2007 habe in den Räumen des „Mesopotamischen Kulturvereins“ in S... ab 13 Uhr eine Versammlung von KONGRA-GEL-Anhängern stattgefunden, an der etwa 150 Personen teilgenommen hätten. Die hiervon namentlich von der Quelle erwähnten Besucher seien dem LfV aufgrund anderer Erkenntnisse als KONGRA-GEL-Anhänger bekannt. Es sei der „Sehitler“ („Märtyrer“) dieser Organisation gedacht worden. Ein Redner habe ausgeführt, die „Märtyrer“ seien „für uns“ gestorben. Sie dürften niemals vergessen werden. Ihr Andenken verpflichte „uns“ zum Einsatz für die kurdische Sache. Das sei ihnen versprochen worden und deshalb würden sich die Anwesenden auch bis zum Ende des Lebens dafür einsetzen. Zudem seien bei der Veranstaltung Fahrkarten nach Straßburg für eine dortige Demonstration am 10.02.2007 zum 8. Jahrestag des „Internationalen Komplotts“ (= Festnahme Öcalans am 15.02.1999) verkauft worden.
61 
Dass das LfV in seinem Bericht vom 27.10.2009 mit Datum vom 03.02.2007 ein „Erinnerungsfest“ für die im Kampf gefallenen Märtyrer erwähnt hat, das vom „Komitee der Märtyrer-Familien“ ausgerichtet worden sei (siehe hierzu auch die Übersetzung des entsprechenden Beitrags in der YÖP vom 06.02.2007), während eine Märtyrergedenkfeier mit Datum vom 04.02.2007 in diesem Bericht nicht genannt wird, stellt nicht in Frage, dass letztere tatsächlich stattgefunden hat. Zum einen war der 04.02.2007 ein Sonntag; es ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der davor liegende Samstag für eine thematisch ähnliche Veranstaltung genutzt wurde. Zum anderen enthalten die Berichte des LfV (bedingt durch dessen Arbeitsweise) nicht unbedingt eine lückenlose Auflistung aller - die PKK unterstützenden - Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins. Dies verdeutlichen etwa auch ein Abgleich der Feststellungen zu solchen Veranstaltungen im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 11.07.2002 (13 S 1111/01 - juris Rn. 63) mit den im vorliegenden Verfahren vorlegten Berichten vom 02.08.2006 und 27.10.2009, die auch Zeiträume erfassen, die Gegenstand dieses Urteils waren. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 ausdrücklich eingeräumt hat, an der Veranstaltung am 04.02.2007 teilgenommen zu haben. Der vom LfV detailreich geschilderte Ablauf ist mit diesem Schriftsatz nicht in Frage gestellt worden. Der Kläger hat darin lediglich geltend gemacht, er habe weder applaudiert noch irgendwelche Parolen gerufen. Er habe nur den gehaltenen Reden zugehört.
62 
Nach den Gründen des angefochtenen Urteils (UA S. 16) hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht jedoch dahingehend eingelassen, dass an diesem Tag Angehörige im Mesopotamischen Kulturverein einer Verstorbenen gedacht hätten. Die Angehörigen hätten für die Teilnehmer ein Essen ausgerichtet. Bei den Kurden sei es üblich, dass der Verstorbenen gedacht würde. Für ihn seien die Werte seines Volkes sehr wichtig. Hierzu zähle auch, der Toten zu gedenken und zu beten. Da er die Angehörigen der Verstorbenen kenne, sei er zu dieser Gedenkfeier gegangen und habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er habe mit den Angehörigen zusammen gegessen und sei dann wieder gegangen. An eine bei der Veranstaltung gehaltene Rede könne er sich nicht erinnern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei am 04.02.2007 zufällig im Verein gewesen und habe gesehen, dass dort Angehörige einem Toten gedacht hätten, er habe ihnen sein Beileid ausgesprochen. Er glaube, es sei ein Mann gewesen, der in der Türkei verstorben sei. Er sei nur etwa eine halbe Stunde anwesend gewesen, während dieser Zeit habe es keine Rede gegeben.
63 
Die Angaben des Klägers vor dem Verwaltungsgericht und dem Senat sind widersprüchlich und ungereimt. Nach seiner Einlassung beim Verwaltungsgericht habe es sich bei der Toten um eine Frau gehandelt; gegenüber dem Senat sprach er von einem Verstorbenen. An Einzelheiten - etwa wer der Tote gewesen sei - will er sich nach seinen Angaben vor dem Senat nicht erinnern können. Damit passt aber nicht zusammen, dass er sein angeblich spontanes Verbleiben genau auf eine halbe Stunde datierte, obwohl dieses Ereignis mehr als fünf Jahre zurückliegt. Der Senat ist auch aufgrund des vom Kläger gewonnenen Eindrucks zu der Überzeugung gelangt, dass die Art und Weise der Einlassung im gerichtlichen Verfahren allein bezweckt, den wahren Charakter der Veranstaltung zu verschleiern. Insoweit misst der Senat der früheren Äußerung im Schriftsatz vom 16.11.2010, die auch noch nicht unter dem Eindruck eines bestimmten Verlaufs des gerichtlichen Verfahrens erfolgte, besondere Bedeutung zu. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil der Kläger keine plausible Erklärung für seine nunmehr abweichende Darstellung gegeben hat.
64 
Am 01.02.2009 ist der Kläger ebenfalls Teilnehmer einer Märtyrergedenkveranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Dabei sei - wie das LfV unter dem 23.12.2009 ausgeführt hat - eine Guerilla-Angehörige in einem Vortrag als „Heldin“ gepriesen worden, die sich aus Protest über die Isolationshaft Öcalans 2006 selbst verbrannt habe. Die Gedenkfeier habe von etwa 15 Uhr bis 16 Uhr gedauert. Ungefähr 50 Personen hätten sich hierfür in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... versammelt. Hinsichtlich der KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises werde auf die Ausführungen zu der Veranstaltung vom 04.02.2007 verwiesen.
65 
Im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.06.2010 ließ sich der Kläger dahingehend ein, er habe am 01.02.2009 eine in den Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins abgehaltene Kondolenzveranstaltung besucht. Er sei zum Zweck des Kondolierens dort gewesen. Der dort abgehaltene Vortrag könne ihm nicht angelastet werden. Aus dieser Einlassung ergibt sich aber nicht nur, dass die Tatsache der Veranstaltung nicht bestritten wird, sondern auch, dass deren konkret geschilderter Verlauf mit seinem Vortrag nicht in Abrede gestellt wird; lediglich der Ausrichtung der Veranstaltung wird entgegengetreten. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.11.2010 heißt es dann, der Kläger lasse bestreiten, an dieser Veranstaltung teilgenommen zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ausgeführt, er sei nicht bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 gewesen. Auf Vorhalt, dass im Anwaltsschreiben vom 30.06.2010 ausdrücklich ausgeführt worden sei, er habe an dieser Veranstaltung teilgenommen, hat der Kläger zunächst überhaupt nicht geantwortet. Erst auf Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er vielleicht etwas durcheinander bringe, hat er dies bejaht und sich im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf berufen, er könne sich nicht erinnern.
66 
Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einlassung im Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung am 01.02.2009 zutrifft. Diese Ausführungen können nur auf den entsprechenden Angaben des Klägers gegenüber seinen Rechtsanwälten beruhen und stehen mit der erstmaligen Vorhaltung der Teilnahme an dieser Veranstaltung in näherem zeitlichem Zusammenhang. Für diese Bewertung spricht ebenfalls, dass der Kläger weder im Schriftsatz vom 16.11.2010 noch zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar erklärt hat, warum er nunmehr eine andere Schilderung abgibt.
67 
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei dieser Veranstaltung vom 01.02.2009 ebenso wie bei derjenigen vom 04.02.2007 nicht um ein bloßes Gedenken an einen Toten, um ein würdevolles Abschiednehmen und Kondolieren mit einer (Trauer-) Feier gehandelt hat, sondern um Zusammenkünfte bei denen mit dem Ziel der Unterstützung des Guerillakampfes ein Heldengedenken und ein Märtyrerkult im Hinblick auf gefallene Kämpfer oder in sonstiger Weise für „die Sache“ Verstorbene betrieben werden.
68 
Die Feststellung, dass es sich - entgegen der Einlassung des Klägers - bei der Veranstaltung vom 01.02.2009 nicht um eine „normale“ Trauerfeier gehandelt hat, sondern um eine Märtyrergedenkveranstaltung zum Jahrestag einer HPG-Angehörigen, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung übergebenen schriftlichen Ergänzungen zu den Berichten des LfV vom 27.10.2009 und 02.08.2006 sowie dem Bericht vom 15.06.2011, in denen die Gedenkveranstaltung aus Anlass des 3. Jahrestags der Selbstverbrennung der Märtyrerin Viyan Soran am 01.02.2009 aufgeführt und näher beschrieben ist, und gegen die der Kläger keine Einwendungen vorgebracht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV.
69 
Der Senat ist sich dessen bewusst, dass der vernommene Mitarbeiter des LfV nach der Quelle und dem Quellenführer der „3. Mann“ in der Kette denkbarer Auskunftspersonen ist und daher dessen Bekundungen mit einem dem immanenten Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil - wie dies für den Einsatz einer Quelle des Verfassungsschutzes typisch ist - die Berichte der Quelle an den Quellenführer mündlich erfolgen, dies regelmäßig auch nicht sofort nach der Veranstaltung, über die berichtet wird, geschieht und die Erstellung der schriftlichen Fassung durch den Quellenführer dann nochmals Zeit benötigt, wobei dies üblicherweise einige Tage betragen kann. Diese Verfahrensabläufe ergeben sich aus den Bekundungen des Mitarbeiters des LfV in der Berufungsverhandlung. Sie sind dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren mit Quellen des LfV bekannt. Der Senat geht auch davon aus, dass der Quellenführer die Angaben der Quelle nicht in dessen Beisein auf einen Tonträger aufnimmt oder diese gar an Ort und Stelle sofort schriftlich niederlegt. Der Senat hält es ferner nicht für plausibel, dass - wie der Mitarbeiter des LfV dies in der mündlichen Verhandlung als eventuell möglich angedeutet hat - es auch sein könnte, dass die schriftliche Aufzeichnung des Quellenführers nochmals mit der Quelle abgestimmt wird. Ein solches Prozedere zur Reduktion von Fehlern ist - wie der Senat aus vergleichbaren Verfahren weiß - jedenfalls nicht üblich.
70 
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsschutz aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgaben gerade in der streitgegenständlichen „Szene“ auf den Einsatz von dort aktiven Quellen zur Ermittlung von Sachverhalten angewiesen ist, und die Aufrechterhaltung der Anonymität der Quelle hierbei von zentraler Bedeutung ist. Aus Gründen des Quellenschutzes hat der Zeuge des LfV nichts offenbart, was in irgendeiner Weise einen Rückschluss auf die Identität der Quelle und deren Arbeitsweise zulassen würde; die Quelle ist daher ein in jeder Hinsicht unbekannter Faktor, deren Glaubwürdigkeit vom Senat nicht selbst beurteilt werden kann. Der Zeuge hat aber im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, wie durch entsprechende Lichtbildvorlagen sichergestellt ist, dass die Quelle den Kläger einwandfrei identifiziert hat, und welche Maßnahmen das LfV - auch im vorliegenden Fall - zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit von Quellen praktiziert. Er hat im Einzelnen weiter ausgeführt, dass es im konkreten Fall keine Hinweise darauf gebe, dass die Quelle jemals in irgendeiner Weise falsch berichtet hätte, was im Übrigen dazu führen würde, dass keine Erkenntnisse mehr mitgeteilt würden, die von dieser Quelle herrührten und bereits übermittelte Erkenntnisse zurückgezogen würden. Dies deckt sich mit den Fakten, die dem Senat aus anderen Fällen bekannt sind.
71 
Dies insgesamt berücksichtigend ist der Senat der Überzeugung, dass die Berichte der Quelle über die Veranstaltung vom 01.02.2009, aber auch was die über den Kläger insgesamt mitgeteilten sonstigen Erkenntnisse betrifft, zutreffend sind. Dies gilt vor allem deshalb, weil es im vorliegenden Fall besonders gewichtige Fakten gibt, die die „Quellenbekundungen“ stützen. Dass die Quelle den Kläger sicher identifizieren kann, belegt der Umstand, dass diese den Kläger als Teilnehmer der PKK-Gründungsfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag benannt hat, einer Veranstaltung, die von ca. 2.000 Personen besucht worden ist, und der Kläger seine Anwesenheit dort zugestanden hat. Die Anwesenheit des Klägers bei der Feier zum Jahrestag der PKK-Gründung mit den dort gezeigten Bildern von Märtyrern verdeutlicht zugleich, dass dem Kläger die Beteiligung an Veranstaltungen, bei denen es (auch) um die „Erinnerung“ an Märtyrer geht, nicht fremd ist. Hinzukommt, dass der Mesopotamische Kulturverein aktenkundig seit 1997 immer wieder der Märtyrer gedenkt und besondere Feiern hierzu ausrichtet; die Veranstaltung vom 01.02.2009 passt in diese Konzeption. Dem Kläger muss schon aufgrund seiner Vorstandstätigkeit und aktiven Mitgliedschaft - nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist er in den Jahren 2000 bis 2005 im Verein ein- und ausgegangen - diese Tatsache ebenso wie der konkrete Charakter einer solchen Veranstaltung bekannt gewesen sein.
72 
Nach der Stellungnahme des LfV vom 15.06.2011 handelt es sich bei den Märtyrern vor allem um gefallene HPG-Kämpfer/Guerillas, Selbstmordattentäter oder Selbstmörder, wobei insbesondere die Selbstverbrennung als heldenhaft gelte, um auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es gebe bei den von PKK-nahen Vereinen veranstalteten Märtyrergedenkfeiern grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten: Zum einen diejenigen, die fest im Kalender der Organisation verankert seien und jährlich wiederkehrend um einen bestimmten Termin herum gefeiert würden, zum anderen diejenigen, die aus aktuellem Anlass oder nur in bestimmten regionalen Zusammenhängen begangen würden. Weitere Märtyrergedenkfeiern richteten sich zumeist nach den Jahrestagen von Todestagen herausragender Aktivisten oder besonderer Ereignisse, wenn z.B. mehrere Kämpfer bei einer illegalen Aktion umgekommen seien. Diese Gedenkfeiern würden meist nicht regelmäßig jedes Jahr begangen. Oft orientierten sich die PKK-nahen Vereine hier an entsprechenden Veröffentlichungen z.B. in der Yeni Özgur Politika oder daran, ob eine im Verein aktive Familie einen Märtyrer in früherer Zeit zu beklagen gehabt habe. Auch tatsächliche aktuelle Trauerfälle - weil beispielsweise ein Mitglied einer hier lebenden Familie als PKK-Guerilla gefallen sei - könnten der Anlass solcher Feiern sein. Bei der Märtyrergedenkfeier vom 01.02.2009 handele es um eine solche, die sich am Jahrestag des Todestags der herausragenden Aktivistin Leyla Welid Hüseyin bzw. Leyla Wali Hasan orientiere, einer HPG-Angehörigen mit dem Decknamen „Viyan Soran“, die sich am 01.02.2006 aus Protest gegen die „Isolationshaft“ von Öcalan selbst verbrannt habe. Für die Feier vom 04.02.2007 gelte ebenfalls, dass diese eben keine private Familienfeier sei, sondern dass das Gedenken in diesem Rahmen auch der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls diene. Die Tatsache, dass bei Märtyrergedenkveranstaltungen häufig eine Rede mit entsprechender PKK-Propaganda gehalten werde, verdeutliche, dass die Angehörigen eines Märtyrers, aber auch andere Besucher darin bestärkt werden sollen, dass der Märtyrer das Richtige getan habe und man ihm nacheifern müsse.
73 
Der Senat teilt die Einschätzung des LfV, dass diese Veranstaltungen das Gedenken an sog. „Sehitler“ (dt: „Märtyrer“) instrumentalisieren. Die Botschaft, es sei ehrenvoll so wie die Märtyrer zu handeln, soll vermittelt werden - vor allem mit dem Ziel der Rekrutierung von Nachwuchskämpfern, aber auch um die Anhänger an die Organisation zu binden und Unterstützer für die eigene Sache zu gewinnen. Die Veranstaltungen dienen der Verherrlichung des Todes im Einsatz für die PKK und deren Ziele. Mit diesen Veranstaltungen wird ein emotionales (und auch materielles) Unterstützerfeld für die PKK geschaffen, das ständig aktualisiert und am Leben gehalten werden soll. Die Märtyrergedenkveranstaltungen sind ein wesentlichen Element zur Herstellung eines engen ideologischen und gefühlsmäßigen Zusammenhalts unter Einbeziehung auch der PKK-Sympathisanten und führen damit zur Verbreiterung und Stärkung der Basis der PKK (siehe zum Märtyrerkult der PKK Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 55; auch BVerwG, Urteil vom 24.02.2010 - 6 A 7.08 - juris Rn. 46 ff.). Mit dem Besuch dieser Veranstaltungen am 04.02.2007 und 01.02.2009, deren Ausrichtung für den Kläger aufgrund seiner politischen Biographie zumindest ohne weiteres erkennbar gewesen ist, hat er die PKK unterstützt. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger allein aus geselligen Gründen zufällig in diese Veranstaltungen geraten sein könnte. Diese Bewertungen würden im Übrigen selbst dann gelten, wenn man es für denkbar halten würde, dass der Kläger im Jahre 2007 tatsächlich das „Erinnerungsfest für Märtyrer“ am 03.02. besucht hätte. Die - erkennbare - Ausrichtung dieser Veranstaltung (siehe hierzu den Bericht in der Yeni Özgur Politika vom 06.02.2007) entspricht dem vorstehend Dargelegten.
74 
dd.) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger durch den Besuch von Veranstaltungen am 24.02.2008 und 07.06.2009, mit deren Ausgestaltung und Ablauf erkennbar für die Ziele der PKK geworben und ein entsprechendes Sympathieumfeld am Leben gehalten werden soll, die PKK unterstützt hat.
75 
Das LfV hat unter dem 12.11.2008 und ergänzt durch Schreiben vom 08.10.2010 mitgeteilt, am 24.02.2008 sei der Kläger in den damaligen Räumlichkeiten des Mesopotamischen Kulturvereins in S... Teilnehmer einer Mitgliederversammlung von KONGRA-GEL-Anhängern gewesen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung sei zu einer Gedenkminute für die Märtyrer dieser Organisation aufgerufen wurden. Weiter habe ein Redner zu einer zahlreichen Beteiligung an den zukünftigen Demonstrationen „gegen den Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak“ aufgefordert. Ein anderer Referent habe ausführlich die Ergebnisse des letzten Kongresses der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V (YEK-KOM) geschildert. Es habe sich um die Mitgliederversammlung des Mesopotamischen Kulturvereins gehandelt, der hierzu seine Angehörigen jeweils direkt einlade. Es seien 80 Personen anwesend gewesen.
76 
Nach den Erkenntnissen des LfV habe sich der Kläger am 07.06.2009 in den damaligen Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins in S... an einer Veranstaltung von KONGRA-GEL-Anhängern beteiligt, bei der ein Redner die Guerilla als so stark wie nie beschrieben habe. In den vergangenen Monaten hätten Tausende von Jugendlichen ihre Bereitschaft erklärt, kämpfen zu wollen, aber man würde sie derzeit noch nicht benötigen. Die nutzlosen türkischen Luftangriffe zeigten, dass eine starke Militärmaschinerie nicht ausreiche, um die Guerilla zu besiegen. Auf die „Verhaftungswelle“ von KONGRA-GEL-Funktionären in Frankreich eingehend, habe er behauptet, die Europäer inklusive der Deutschen hätten mit der türkischen Regierung schon immer „schmutzige Geschäfte“ zu Lasten der Kurden vereinbart. Die Veranstaltung habe von ca. 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr gedauert und sei von annähernd 100 Personen besucht worden. Zur Teilnahme sei in der YÖP vom 05.06.2009 eingeladen worden.
77 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.11.2010 sowie auch vor Gericht bestritten, an diesen Veranstaltungen teilgenommen zu haben. Der Senat hat jedoch aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen des LfV und der vorliegenden gewichtigen Indiztatsachen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltungen mit dem berichteten Inhalt stattgefunden haben und der Kläger bei diesen auch anwesend gewesen ist.
78 
Zwar hat der Zeuge über die bereits schriftlich übermittelten Erkenntnisse hinaus keine weiteren Details zu den Veranstaltungen vom 24.02.2008 und 07.06.2009 angegeben, insbesondere etwa zur Person des Redners hinsichtlich der Veranstaltung vom 24.02.2008 unter Hinweis auf den abgeschlossenen kleineren Kreis dieser Mitgliederversammlung und des unbedingt zu wahrenden Quellenschutzes nichts weiter preisgegeben. Unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Erwägungen zur Verwertbarkeit und Würdigung der Aussagen des Zeugen vom Hörensagen sieht der Senat aber keine Hinderungsgründe, seine Überzeugungsbildung auf die „Quellenangaben“ zu stützen. Die Tatsache der Veranstaltung vom 07.06.2009 und deren Ausrichtung ergibt sich aus der veröffentlichten Anzeige in der Yeni Özgur Politika vom 05.06.2009. Danach „findet auf Einladung des Mesopotamischen Kulturvereins am Sonntag, dem 07.06.2009 eine Volksversammlung statt. Dazu sind alle progressiven Menschen eingeladen“. Die Durchführung von Volksversammlungen und Mitgliederversammlungen mit den konkret beschriebenen Abläufen entspricht einer „Tradition“ des Mesopotamischen Kulturvereins, über die auch etwa in den Yeni Özgur Politika und zuvor der Özgur Politika berichtet wurde. Dass in der Versammlung vom 24.02.2008 über die Ergebnisse des letzten Kongresses der YEK-KOM informiert wurde, begegnet vor dem Hintergrund der Mitgliedschaft des Vereins in der YEK-KOM und der tatsächlichen Verflechtung zwischen beiden (siehe dazu oben unter a.) keinen Zweifeln. Wie schon oben ausgeführt ist die Quelle auch in der Lage, den Kläger sicher zu identifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass dies - entsprechend der Einlassung des Klägers - „alles nur böse Unterstellungen“ seien, sind nicht greifbar. Eine wesentliche Tatsache bei der Würdigung der Angaben des Zeugen vom Hörensagen ist zudem der Umstand, dass der Kläger seine Beteiligung an verschiedenen ähnlich gelagerten Veranstaltungen des Mesopotamischen Kulturvereins selbst eingeräumt hat oder durch polizeiliche Erkenntnisse feststeht, dass der Kläger Aktivitäten entfaltet hat, die zugunsten der PKK wirken, wie sein Verhalten anlässlich der Leitung der Versammlung am 31.05.2001 oder die Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001.
79 
ee.) Ferner steht fest, dass der Kläger am 14.05.2006 an einer vom Mesopotamischen Kulturverein ausgerichteten Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen hat und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist und am 26.04.2009 bei einer Versammlung anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats gewesen ist.
80 
Nach den Berichten des LfV habe am 14.05.2006 in der Gaststätte W. in S... von 14.00 Uhr bis 17.30 Uhr eine Versammlung mit 300 Personen stattgefunden, an der der Kläger teilgenommen habe. In der Yeni Özgür Politika seien am 03. und 11.05. 2006 Hinweise und Einladungen zu dieser Veranstaltung erschienen. Bei dieser Versammlung habe ein Redner über die politische Lage in den kurdischen Gebieten im Irak referiert und den USA vorgeworfen, die Türkei im Kampf gegen diese Organisation zu unterstützen. Bei diesem Redner habe es sich um den zwischenzeitlich wegen seiner Funktionärstätigkeit als Leiter des Sektors „Süd“ für die PKK durch das OLG Frankfurt verurteilten Muzaffer Ayata gehandelt. Dieser habe ausgeführt, dass die Volksräte unter anderem gegründet worden seien, um die „Kadros“ zu entlasten und das Volk in die Verantwortung zu nehmen. Die YÖP habe am 16.05.2006 berichtet, der Politiker und Schriftsteller Ayata habe in seiner Ansprache darauf verwiesen, dass die Kurden eine konföderative Struktur ohne staatlichen Charakter bräuchten und hierbei betont, dass die Volksräte das demokratischste völkische Modell für die Kurden seien. Nach dem Verlesen der Schriften von Öcalan über die „Demokratische Konföderation“ hätten Kommissionswahlen stattgefunden. Für die Kommissionen „Friede und Einigung“, „Auswärtige Angelegenheiten“, „Organisierung“, „Frauenkommission“, „Bildungskommission“, „Kultur und Kunst“ und „Glaubenskommission“ seien insgesamt 55 Personen gewählt worden. Zum Vorsitzenden des damaligen Volksgebietsrats sei in derselben Versammlung K. gewählt worden. Der Kläger habe an dieser Versammlung und der Wahl des Volksgebietsrats teilgenommen. Er sei zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden.
81 
Nach einem weiteren Bericht des LfV vom 17.04.2012 habe der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr stellvertretender Vorsitzender des Volksgebietsrats sei, am 26.04.2009 an einer Versammlung in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins anlässlich der Wahl des neuen Volksgebietsrats teilgenommen. Der damalige PKK-Gebietsleiter S... habe erklärt, dass der vorige Volksgebietsrat zu wenig gearbeitet habe, deshalb müsse ein neuer gewählt werden. Er habe auch über die Bedeutung der Volksgebietsräte gesprochen: Bislang hätte das Volk immer die Partei für sich entscheiden lassen, nun könne es selbst entscheiden. Im Anschluss daran seien die vom Gebietsleiter vorgeschlagenen Kandidaten per Handzeichen gewählt worden.
82 
Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2010 und im gerichtlichen Verfahren bestritten, an der Wahl des Volksgebietsrats am 14.05.2006 und am 26.04.2009 teilgenommen genommen zu haben und 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden zu sein. Er macht geltend, es seien Falschbeschuldigungen. Das Land Baden-Württemberg habe nur allgemeine Angaben zu dieser Veranstaltung gemacht, konkrete Angaben zu seinem Verhalten seien unterblieben, schon dies zeige, dass er nicht teilgenommen habe.
83 
Dass am 14.05.2006 und 26.04.2009 in S... Versammlungen mit dem Ziel der Wahl des Volksgebietsrats durchgeführt worden sind, ist vor allem mit Blick auf die entsprechenden Berichterstattungen in der Yeni Özgur Politika und der diese Veranstaltungen bestätigenden Aussagen des Zeugen K., der am 14.05.2006 zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt worden ist, erwiesen. Im Übrigen ist letztlich auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt worden, dass es diese Veranstaltungen und die Wahl zum Volksgebietsrat gegeben hat. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Zeugen vom Hörensagen und der vorliegenden gewichtigen Umstände, die diese stützen, davon überzeugt, dass der Kläger an diesen Versammlungen teilgenommen hat und am 14.05.2006 zum Stellvertreter des Volksgebietsrats gewählt worden ist.
84 
Das LfV, dem die Veranstaltung vom 14.05.2006 mit der Wahl des Schwagers des Klägers, dem Zeugen K., zum Vorsitzenden des Volksgebietsrats jedenfalls seit Mitte 2006 bekannt gewesen sein muss (vgl. hierzu den im Verfahren übermittelten Auszug aus dem türkischen Pressespiegel vom 16.05.2006), hat erstmals mit Bericht vom 24.01.2008 eine Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung vom 14.05.2006 angeführt und eine Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats sogar erst unter dem 08.10.2010 angegeben. Mit Schreiben vom 17.04.2012 hat das LfV hierzu erklärt, es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, welche Erwägungen 2008 dazu geführt hätten, dass damals eine Wahl des Klägers zum stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats nicht mitgeteilt worden sei. Grundsätzlich sei es aber so, dass vor jeder Offenlegung eingestufter Erkenntnisse - und um solche handele es sich bei der Berichterstattung vom 14.05.2006 - genau geprüft werde, welche Veranstaltungsdetails ohne eine Gefährdung der Quelle offengelegt werden könnten. Dem Erstbericht von 2008 und dem Nachbericht von 2010 liege jedoch derselbe schriftliche mehrseitige Quellenbericht zugrunde (üblicherweise werde der zumeist kurz nach der Veranstaltung von der Quelle mündlich übermittelte Bericht vom Quellenführer schriftlich fixiert, dieser so genannte Quellenbericht finde dann Eingang in die Akten des LfV). Vor allem mit Blick auf diese letzten Erläuterungen steht es einer Glaubhaftigkeit der Angaben zu den dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Wahlen zum Volksgebietsrat nicht entgegen, dass diese deutlich zeitlich versetzt mitgeteilt worden sind. Der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge des LfV hat die bereits schriftlich mitgeteilten Erkenntnisse zu diesen Veranstaltungen bestätigt und ausdrücklich erklärt, dass der Kläger sowohl am 14.05.2006 als auch am 26.04.2009 bei diesen Versammlungen anwesend gewesen ist, 2006 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats gewählt und 2009 nicht wiedergewählt worden ist. Er hat ferner ausgeführt, dass bei der Wahl am 14.05.2006 alle Kandidaten vorgeschlagen wurden und dann im Paket über diese abgestimmt wurde. Diese Angaben werden durch die Aussage des Zeugen K. nicht infrage gestellt. Dieser Zeuge hat angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger an der Veranstaltung vom 14.05.2006 teilgenommen habe. Auch auf weitere Nachfragen hat sich der Zeuge K. darauf berufen, hierzu könne er nichts sagen, das wisse er nicht. Andererseits hat er aber angegeben, dass der Kläger über die Veranstaltung Bescheid gewusst habe. Der Senat hat nach dem persönlichen Eindruck vom Zeugen K., der im Übrigen der Schwager des Klägers ist, die Überzeugung gewonnen, das dieser, was dessen Teilnahme an der Wahl zum Volksgebietsrat und die Übernahme einer Funktion als stellvertretender Vorsitzender anbelangt, offensichtlich eine eindeutige Aussage hat vermeiden wollen, um auf der einen Seite dem Kläger nicht zu schaden und auf der anderen Seite aber nicht selbst Gefahr zu laufen, wegen einer Falschaussage bestraft zu werden.
85 
Zwar hat der Kläger vorgebracht, Opfer einer Falschverdächtigung zu sein; konkrete Anhaltspunkte hierfür hat er jedoch nicht genannt. Auch mit Blick auf das ausdifferenzierte Kontrollsystems des LfV zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit sieht der Senat keinen Anlass, solches anzunehmen. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Quelle, die den Kläger sicher identifizieren kann, zutreffend berichtet hat, ist vor allem die Tatsache, dass die fraglichen Veranstaltungen und die Funktion des Stellvertreters des Volksgebietsrats sich in die Aktivitäten einreihen, die der politisch agierende Kläger selbst eingeräumt hat oder die aufgrund objektiver Gegebenheiten erwiesen sind. Dass der Mesopotamische Kulturverein als Ausrichter der Versammlungen aufgetreten ist (so auch die entsprechende Einlassung von K. ausweislich des Protokolls seines Sicherheitsgesprächs vom 12.04.2011), und dass sich der Kläger dort nach eigenem Vorbringen sowohl im Vorstand als auch als aktives Mitglied in der Vergangenheit engagiert hat, sind weitere Fakten, die die Angaben des Zeugen vom Hörensagen stützen.
86 
Sowohl durch die Teilnahme an den Versammlungen zur Wahl des Volksgebietsrats als auch durch die Übernahme der Funktion als Stellvertreter des Vorsitzenden des Volksgebietsrats hat der Kläger die PKK für ihn erkennbar unterstützt.
87 
Was die Ausrichtung der Versammlung zur Wahl des Volksgebietsrats und den Volksgebietsrat selbst anbelangt, hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, die Idee sei gewesen, dass aus allen sozialen Schichten Kurden daran teilnehmen, vergleichbar einer Art Gemeinderat, der sich der speziellen Probleme der Kurden unabhängig von ihrer Herkunft, etwa in Fragen der Integration, annehme. Der Senat ist allerdings der Überzeugung, dass dies den wahren Charakter von Volksversammlungen und Volksgebietsräten nicht zutreffend umschreibt. Wie das LfV unter dem 08.10.2010 im Einzelnen dargelegt hat, strebt die PKK mit dem Element des Volksrats (bzw. Gebietsvolksrat oder Volksgebietsrat) eine verstärkte Einbindung ihrer Anhänger in organisationsinterne Entscheidungsprozesse und somit eine erhöhte Legitimation ihrer Anliegen an. Eine Versammlung wählt den Volksrat, der sich um Belange der Kurden in einem bestimmten Gebiet kümmert. Dies und die Einrichtung zahlreicher Kommissionen, beispielsweise für Frauen, Jugend, Schulung oder Finanzen, werden seitens der PKK als Basisdemokratie dargestellt. Tatsächlich wird aber in der Praxis die vorhandene streng hierarchische Führungsstruktur nicht angetastet. Volksgebietsräte (türkisch: Halk Konseyi oder Bölge Halk Konseyi) gehören seit 2005 zum organisatorischen Rahmen der PKK und sollen deutschland- und europaweit verbreitet sein (vgl. hierzu auch die Berichterstattung in der Yeni Özgur Politika vom 16.05.2006). Dass die Volksgebietsräte erkennbar von der PKK „gesteuert“ sind, belegt schon die Tatsache, dass die Veranstaltung vom 14.05.2006 unter führender Beteiligung eines hochrangigen PKK-Funktionärs abgehalten worden ist, nämlich dem bis zu seiner Festnahme am 08.08.2006 verantwortlichen Leiter des PKK-CDK-Sektors Süd in Deutschland, der als Sektorenleiter in Deutschland von der Europaführung der PKK/CDK bestimmt und überwacht, und dessen Ausweisung vom Senat mit Urteil vom 21.07.2010 (11 S 541/10 - juris) rechtskräftig bestätigt worden ist. Auch die zentrale Rolle des Gebietsleiters der PKK bei der erneuten Veranstaltung vom 26.04.2009 unterstreicht dies. In diesen Zusammenhang ist ferner die Verlesung von Schriften Öcalans bei dem Treffen am 14.05.2006 einzuordnen, der als Symbol für die Ziele und den Kampf der PKK gilt.
88 
Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Volksgebietsrat in S... zu keiner Zeit nennenswerte tatsächliche Aktivitäten entfaltet hat und der Kläger daher eine Funktion als Stellvertreter des Volksgebietsrats in der Praxis nicht ausgeübt hat. Dass der Volksgebietsrat „nicht mit praktischem Leben erfüllt worden ist“, beruht auf den Angaben des Zeugen K. Der Zeuge des LfV hat auf die Frage des Senats, ob die Volksgebietsräte in S... seit der ersten Wahl im Jahre 2006 jemals etwas gemacht hätten, angegeben, es sei ihm hierzu nichts bekannt geworden, und damit im Ergebnis die Angaben dieses Zeugen bestätigt.
89 
Allerdings liegt sowohl durch den Besuch dieser Versammlungen als auch durch die Übernahme der Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des Volksgebietsrats ein tatbestandliches Unterstützen vor. Denn hierdurch werden die Ziele der PKK unter Billigung ihrer terroristischen Bestrebungen gefördert. Volksversammlungen dienen vor allem der Information und Mobilisierung der Basis durch Funktionäre der PKK. Auch die (passive) Teilnahme an einer Volksversammlung drückt eine innere Nähe und Verbundenheit zur PKK aus, durch die ihre Stellung vor allem unter Landsleuten günstig beeinflusst wird, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsumfeld erweitert werden und dadurch insgesamt dazu beigetragen wird, das Gefährdungspotential der PKK zu erhöhen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 54 ff.). Erst recht gilt dies, wenn sich jemand bereit erklärt, in diesem Rahmen noch eine besondere Funktion zu übernehmen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger all dies nicht bewusst bzw. erkennbar gewesen wäre, sind nicht ersichtlich.
90 
ff.) Der Kläger hat durch die - von ihm mit Schriftsatz vom 16.11.2010 eingeräumte - Teilnahme als Besucher einer Podiumsdiskussion am 25.02.2007 in den Räumen des Mesopotamischen Kulturvereins unter Mitwirkung von Günay Aslan zum Thema „Aktuelle politische Entwicklungen im Mittleren Osten und die Position der Kurden“ den Tatbestand der Unterstützung nicht verwirklicht. Nach den Erkenntnissen des LfV habe der Redner im Hinblick auf den befürchteten Einmarsch des türkischen Militärs in den Irak erklärt, dass der KONGRA-GEL seinerseits Operationen gegen die Türkei vorbereite. Darüber hinaus habe er den europäischen Staaten vorgeworfen, mit der USA und Israel an einer gemeinsamen Aktion gegen Öcalan zu arbeiten.
91 
Der Kläger hat angegeben, der weithin bekannte kurdische Journalist Günay Aslan habe eine Rede zur aktuellen Entwicklung im Mittleren Osten gehalten. Da er sich für die Entwicklung in seinem Heimatland interessiere, sei er dort gewesen. Der Journalist habe von der Situation der Kurden im Nahen Osten berichtet und seine Einschätzung zur weiteren Entwicklung mitgeteilt. Er habe immer wieder betont, dass den Kurden kulturelle Rechte zustünden und sie diese einfordern dürften.
92 
Auch unter Berücksichtigung der mitgeteilten Erkenntnisse des LfV hat der Redner auf dieser Veranstaltung lediglich seine politische Überzeugung bekundet, was durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist und nicht als Anknüpfung für eine Unterstützungshandlung - und schon gar nicht bei seinen Zuhörern -in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Referent auch die Anwendung terroristischer Mittel (anlässlich eines bewaffneten Kampfes) durch die PKK ausdrücklich öffentlich gebilligt oder in irgendeiner Weise befürwortet hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit der journalistischen Arbeit von Herrn Aslan, etwa in der Publikation der „Kandil-Eindrücke“, aus Sicht des LfV „zumindest eine kritische Distanz zu den Objekten seiner Berichterstattung fehle“ (vgl. hierzu das Schreiben vom 10.05.2012), berechtigt dies nicht zu nachteiligen Schlussfolgerungen.
93 
Dass das LfV weiter mitgeteilt hat, bei der Veranstaltung, für die in der Ausgabe der Yeni Özgur Politika vom 22.02.2007 geworben worden sei, liege eine KONGRA-GEL-Ausrichtung des Besucherkreises vor, ist vor diesem Hintergrund irrelevant.
94 
c.) Der Berücksichtigung der Vorstandstätigkeit und Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein und der Teilnahmen an PKK-nahen Veranstaltungen bzw. Durchführung entsprechender Aktivitäten steht nicht entgegen, dass diese teilweise schon länger zurückliegen.
95 
Hinsichtlich der Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung am 10.07.2001 wurde von der Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 17.12.2002 nach § 153 StPO abgesehen. Auch das im Zusammenhang mit der Leitung der Kundgebung am 31.05.2001 stehende Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde eingestellt. Das Verwertungsverbot für getilgte Strafen nach § 51 Abs. 1 BZRG kann schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger wegen der angeführten Umstände bzw. Aktivitäten nicht strafrechtlich verurteilt worden ist. Im Übrigen ist weder bei Unterstützungshandlungen, die strafbar gewesen wären, aber nicht zu einer Verurteilung geführt haben, noch bei den nicht mit einer Strafe bewehrten Aktivitäten eine „fiktive Tilgung“ mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG vorzunehmen (ausführlich dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Bs 2/10 - InfAuslR 2011, 193, m.w.N.; zu den Einbürgerungsvoraussetzungen des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.12.2010 - 19 A 1491/05 - AuAS 2011, 89; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.10.2011 - 5 N 30.08 - juris; Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.05.2009 - 13 S 2428/08 - juris - auch zum Fall einer möglichen Atypik im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
96 
Die länger zurückliegenden Tätigkeiten des Klägers sowie insbesondere seine Mitgliedschaft und seine Stellung als Vorstand im Mesopotamischen Kulturverein sind auch nicht „verbraucht“, so dass sie dem Kläger nicht mehr entgegen gehalten werden könnten. Die Niederlassungserlaubnis vom 04.04.2006 beruhte nicht auf einer vorherigen ausländerrechtlichen Prüfung, die den Schluss zuließe, die Ausländerbehörde habe in Kenntnis der Ausweisungsgründe einen Aufenthaltstitel erteilt und damit die ihr bis dahin bekannten Ausweisungsgründe verbraucht. Wie sich aus dem Vermerk auf dem Titel „Übertrag nach § 101“ ergibt, ist die Niederlassungserlaubnis allein eine gesetzliche Folge, die an den Besitz der dem Kläger am 07.05.2002 - und damit vor dem 01.01.2005 - erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Soweit das Regierungspräsidium am 09.12.2005 unter Berücksichtigung der ihm bis dahin bekannten Aktivitäten zu dem Schluss kam, die Voraussetzungen für eine Ausweisung lägen nicht vor, ist dies behördenintern geblieben und kann schon deshalb keinen Anknüpfungspunkt für ein entsprechendes Vertrauen des Klägers bieten. Hinzukommt, dass der Kläger danach seine Unterstützungshandlungen unverändert fortgesetzt hat und auch insoweit keine Zäsur erkennbar wäre, die die Verwertung der früheren Aktivitäten in Frage stellen könnte.
97 
Zwar sind die letzten Unterstützungshandlungen des Klägers durch das LfV für das Jahre 2009 mitgeteilt worden. Dies steht aber der Annahme der gegenwärtigen Gefährlichkeit nicht entgegen. Es liegen keine äußerlich feststellbaren Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, der Kläger habe seine innere Einstellung verändert und werde daher künftig Unterstützungshandlungen unterlassen. Der Umzug des Klägers von S... nach R... und seine Tätigkeit im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau geben keinen Anlass für eine solche Schlussfolgerung. Der Kläger hat jahrelang und kontinuierlich den internationalen Terrorismus in der oben festgestellten Weise unterstützt. Der Senat nimmt ihm seine Einlassung nicht ab, er habe nur den Friedenskurs der PKK begleitet und sei nie für den bewaffneten Kampf gewesen. Dagegen spricht schon, dass der Kläger auch nach dem 2004 wieder beendeten Friedenskurs einer aktiven Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein nachgegangen und weitere Unterstützungshandlungen vorgenommen hat. Hinzukommt, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben in den Jahren 2000 bis 2005 im „Verein“ ein- und ausgegangen ist, schon allein aufgrund der dort abgehaltenen Veranstaltungen nicht hat verborgen bleiben können, dass das proklamierte friedliche Auftreten der PKK in dieser Zeit nichts an deren grundsätzlich bestehender Gewaltbereitschaft unter Anwendung von terroristischen Mitteln geändert hat. So hat es den Mitteilungen des LfV zufolge etwa auch in dieser Zeit Märtyrergedenkveranstaltungen im Mesopotamischen Kulturverein mit den diesen eigenen und oben dargestellten Zwecken gegeben. Auch haben sich Funktionäre der PKK im Verein dem Hintergrund der europaweit initiierten „Identitätskampagne“ angenommen. Was den grundsätzlichen Einwand des Klägers anbelangt, er habe in der Türkei die KAWA unterstützt, die eine ganz andere Ausrichtung gehabt habe wie die PKK, und schon dies belege, dass er diese nie habe unterstützen wollen, ideologisch und politisch sei er mit der PKK nicht einer Meinung, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Denn wie sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 05.01.1998 an das VG Aachen ergibt, trat die KAWA, die schon seit vielen Jahren nicht mehr aktiv ist, ebenfalls für ein „Kurdistan“ ein und bezeichnete den bewaffneten Kampf als einzige Möglichkeit, „Kurdistan“ zu befreien, und ihr militanter Ansatz verband sie vor allem mit der PKK.
98 
Das auch in der mündlichen Verhandlung festzustellende Bestreiten bzw. Verharmlosen seiner Aktivitäten spricht dafür, dass sich der Kläger allein mit Blick auf die laufenden Verfahren derzeit „zurückhält“ und rechtfertigt vor dem Hintergrund des zurückliegenden Verhaltens die Prognose, dass der Kläger auch künftig eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung nachhaltig unterstützen wird.
99 
Soweit der Kläger der Auffassung ist, der Mesopotamische Kulturverein sei nicht verboten, er sei doch kein Terrorist, die PKK seien nur diejenigen, die „in den Bergen kämpfen“ und er habe auch nur an erlaubten Veranstaltungen teilgenommen, verkennt er, dass § 54 Nr. 5 AufenthG der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzen der Eingriffsschwelle dient. Sinn und Zweck ist die präventive Gefahrenabwehr. Für die Verwirklichung des Tatbestands kommt es danach weder darauf an, dass die in Frage stehende Vereinigung verboten ist noch darauf, dass die konkrete Unterstützungshandlung strafbar wäre (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 25.05.2011 - 11 S 308/11 -juris Rn. 49 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.09.2011 - 1 B 19.11 -juris Rn. 12).
II.
100 
Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis und anerkannter Flüchtling genießt der Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz. Er darf nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die allerdings im Fall des § 54 Nr. 5 AufenthG in der Regel vorliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall von der Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist hier nicht gegeben (vgl. zu den Voraussetzungen Hailbronner, AuslR, Stand: Sept. 2011, § 56 AufenthG Rn. 23 ff., m.w.N.). Insbesondere liegen keine „tatbezogenen“ besonderen Umstände vor, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass als weniger gewichtig erscheinen lassen. In Anbetracht der Qualität und jahrelangen Dauer der Aktivitäten, die jederzeit ihre Fortsetzung finden können, liegt ein solcher Fall nicht vor. Über die Ausweisung des Klägers ist nach Ermessen zu entscheiden (§ 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
101 
Dieser nationalrechtliche Maßstab der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird jedoch bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings durch das Unionsrecht modifiziert. Eine Ausweisung eines Flüchtlings darf nur unter den Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL oder denjenigen des Art. 24 Abs. 1 QRL erfolgen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Qualifikationsrichtlinie den Begriff der Ausweisung selbst nicht verwendet. Grundlage des Anspruch auf einen Aufenthaltstitel (Art. 24 QRL), den Zugang zur Beschäftigung (Art. 26 QRL) und den Zugang zu sozialen Rechten (Art. 27 bis 29 QRL, Art. 31 ff QRL) ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach nationalem Recht vernichtet die Ausweisung einen Aufenthaltstitel (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und sperrt eine Neuerteilung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Ein Titel nach § 25 Abs. 5 AufenthG, der abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden könnte, ist nicht mit den Rechten verbunden, die z.B. Art. 26 und 28 QRL einem anerkannten Flüchtling gewähren; § 25 Abs. 5 AufenthG führt zu Leistungen nach dem AsylbLG (vgl. dessen § 1 Abs. 1 Nr. 3) und ermöglicht eine Beschäftigung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Der Wortlaut der Art. 26 ff. QRL knüpft für den Anspruch auf Zugang zu Beschäftigung, Bildung und weiteren sozialen Rechten an die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an. Da jedoch etwa die Umsetzung des Zugangs zur Beschäftigung im deutschen Recht durch die Erteilung eines bestimmten Titels erfolgt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 iVm Abs. 1 Satz 4 AufenthG bzw. die hier dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis), kann der einem anerkannten Flüchtling erteilte Titel auch nur unter den Voraussetzungen der Qualifikationsrichtlinie beseitigt werden.
102 
Art. 21 Abs. 3 QRL schließt die Anwendung des Art. 24 Abs. 1 QRL bei einer Ausweisung nicht generell aus (1.) Die konkreten Unterstützungshandlungen des Klägers stellen keine schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik i.S.d. Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL dar (2.). Die festgestellte Unterstützung erfüllt jedoch die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 QRL, denn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.v. Art. 24 Abs. 1 QRL setzen bei einer Unterstützung des internationalen Terrorismus keine herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit voraus; vielmehr können auch nicht besonders hervorgehobene Beiträge eines Sympathisanten genügen, wenn sie sich durch ein hohes Maß an Kontinuität auszeichnen und damit nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägen und beeinflussen (3.)
103 
1. Nach Art. 21 Abs. 3 QRL können die Mitgliedstaaten den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet. Gemäß Art. 21 Abs. 2 QRL kann ein Mitgliedstaat, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtung untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Art. 24 Abs. 1 QRL sieht vor, dass so bald wie möglich nach Zuerkennung des Schutzstatus und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3 die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.
104 
Die Prüfung dieser Bestimmungen ist im vorliegenden Fall nicht deshalb entbehrlich, weil die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger bereits mit Bescheid vom 20.02.1997 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie am 10.10.2006 (Art. 38 Abs. 1 QRL) und sogar noch vor deren Inkrafttreten am 30.09.2004 bzw. ihres Erlasses am 29.04.2004 erfolgte. Art. 21 und Art. 24 QRL enthalten - etwa im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 oder Art. 19 Abs. 1 QRL - keine Sonderregelungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass deren Anwendbarkeit bei Altanerkennungen ausgeschlossen wäre (siehe grds. zur Geltung der Qualifikationsrichtlinie bei Altanerkennungen auch BVerwG, Urteile vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 21 f. und vom 01.03.2012 - 10 C 10.11 - juris Rn. 11 ff.). Auch der Umstand, dass der Ausweisungsentscheidung Handlungen des Klägers zur Unterstützung der PKK zugrunde liegen, die zeitlich vor den relevanten Daten zur Richtlinie liegen, stellt deren Heranziehung nicht in Frage. Die Ausweisungsverfügung vom 19.07.2010, die diese Aktivitäten des Klägers aufgreift, ist nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ergangen. Insoweit liegt ein nicht abgeschlossener Sachverhalt vor, auf den geltendes materielles Unionsrecht anzuwenden ist.
105 
Die Tatsache, dass der Kläger über eine Niederlassungserlaubnis und damit über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt, der in dieser rechtlichen Qualität von Art. 24 Abs. 1 QRL nicht vorgeschrieben ist, steht der Anwendbarkeit der Qualifikationsrichtlinie als Prüfungsmaßstab der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Die Ausweisungsentscheidung erschöpft sich nicht darin, nur die Niederlassungserlaubnis beseitigen zu wollen; die Ausweisung des Klägers dient nach den Erwägungen des Regierungspräsidiums vielmehr dem Zweck, die Legalität des Aufenthalts insgesamt zu beenden, den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Zukunft zu vernichten und damit eine spürbare und deutliche Beeinträchtigung der Aufenthaltsposition mit Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Rechten, zum Arbeitsmarkt und zu Integrationsmaßnahmen herbeizuführen. Eine Ausweisung, die einen Anspruch eines anerkannten Flüchtlings auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und die damit zusammenhängenden Rechte ausschließen soll, muss aber den Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 QRL oder des Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL entsprechen (zur - lediglich indirekt angedeuteten - Frage der Beachtung der Qualifikationsrichtlinie bei der Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 20; siehe näher die Ausgangsentscheidung VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 82 ff.).
106 
Nach Art. 24 Abs. 1 QRL ist der Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Flüchtlingen davon abhängig, dass keine zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen. Ist letzteres der Fall, ist der Aufenthaltstitel zu versagen, ohne dass ein Ermessen der Behörde besteht. Entsprechendes gilt nach Art. 24 Abs. 2 QRL, wenn dem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist (vgl. insoweit zur richtlinienkonformen Auslegung des 25 Abs. 3 AufenthG BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 13). Zwischen beiden Absätzen besteht nach der Richtlinie 2004/83/EG allerdings insoweit ein Unterschied, als nur in Absatz 1 hinsichtlich des Aufenthaltstitels bei einer Person, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, die Formulierung „und unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ enthalten ist. Art. 21 Abs. 3 QRL eröffnet wiederum hinsichtlich des Aufenthaltstitels eines Flüchtlings dem Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels unter der Voraussetzung des Absatz 2 abzulehnen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Mitgliedstaates, ebenso die dort weiter genannten Möglichkeiten des Widerrufs oder der Beendigung des Aufenthaltstitels, die in Art. 24 Abs. 1 QRL nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Eine Ausweisung führt nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels und stellt eine Beendigung des Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 21 Abs. 3 QRL dar. Aus der speziellen Nennung der „Beendigung des Aufenthaltstitels“ in dieser Regelung und dem „unbeschadet des Artikel 21 Absatz 3“ in Art. 24 Abs. 1 QRL kann aber nicht geschlossen werden, dass Art. 24 Abs. 1 QRL ausschließlich für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gilt und eine nachträgliche Vernichtung des Aufenthaltstitels auf dieser Grundlage nicht möglich wäre. Es kann vom Zufall abhängen, ob Tatsachen in der Person des Flüchtlings, die zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen, noch vor oder erst nach der Erteilung des Titels bekannt werden. Es wäre mit dem Zweck der Regelung nicht zu vereinbaren, wenn im letzterem Fall die Reaktionsmöglichkeit der Vernichtung des Titels nicht bestünde. Erst recht gilt dies für Konstellationen, in denen die inkriminierenden Handlungen des Ausländers erst nach Erteilung des Titels begangen wurden. Für eine solche Auslegung besteht auch ein praktisches Bedürfnis. So verpflichtet die UN-Resolution 1373 in Ziff. 2 lit. a) und c) die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, denjenigen Personen, die terroristische Handlungen finanzieren, planen, unterstützen oder begehen oder die den Tätern Unterschlupf gewähren, jeden sicheren Aufenthaltsort zu verweigern. Die EU-Mitgliedstaaten setzten diese Verpflichtung zu Sanktionsmaßnahmen auf der Basis des Gemeinsamen Standpunktes GASP/2001/931 bzw. Verordnung 2580/2001, zuletzt geändert durch Beschluss 2012/150/GASP vom 13.03.2012 und EU-Verordnung 213/2012 vom 13.03.2012 in EU-Recht um (vgl. Senatsurteil vom 21.04.2010 - 11 S 200/10 -juris Rn 52; vgl. näher auch BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012 - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum politischen Betätigungsverbot). Gedanklich aufgegriffen ist diese Resolution aber auch mit dem Versagungsgrund in Art. 24 Abs.1 QRL, was ebenfalls dafür spricht, dass die rechtstechnische Umsetzung der Verweigerung der Legalität des Aufenthalts nicht entscheidend sein kann. Dass - gerade mit Blick auf die Bekämpfung der Unterstützung des internationalen Terrorismus - durch die Aufnahme des Ausschlussgrundes in Art. 24 Abs. 1 und 2 QRL die Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erweitert werden sollten und Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL nicht als ausreichend betrachtet worden ist, verdeutlicht vor allem die Entstehungsgeschichte der Qualifikationsrichtlinie:
107 
Der - noch vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 erarbeitete - Kommissionsentwurf vom 12.09.2001 (KOM<2001> 510 endg; Ratsdok. 13620/01; siehe auch BR-Drs. 1017/01 vom 26.11.2001 - Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen) enthielt in einem Art. 19 unter der Überschrift „Schutz vor Zurückweisung und Ausweisung“ folgende Regelung: „Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung und weisen Personen, die internationalen Schutzstatus genießen, nur in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus.“ Begründet wurde diese Bestimmung ausdrücklich mit folgender Überlegung: „In Übereinstimmung mit Artikel 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention bestätigt dieser Artikel, dass die Mitgliedstaaten Flüchtlinge nicht ausweisen dürfen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulement-Verbot) beachten müssen. Im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wird diese Verpflichtung auch gegenüber Opfern von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung bekräftigt. Ebenso dürfen die Mitgliedstaaten Personen, denen andere Formen des subsidiären Schutzes zuerkannt wurden, nicht ausweisen und müssen auch hier nach Maßgabe der in Artikel 32 und 33 der Genfer Konvention genannten Einschränkungen nach dem Gebot der Nichtzurückweisung verfahren.“
108 
Was die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Flüchtling anbelangt, sah die Entwurfsfassung in einem Artikel 21 Abs. 1 lediglich vor, dass sobald der Schutzstatus zuerkannt ist, die Mitgliedstaaten Flüchtlingen und begleiteten Familienangehörigen einen Aufenthaltstitel ausstellen, der mindestens 5 Jahre gültig und automatisch verlängerbar ist. Die Begründung führte hierzu aus, der vorgeschlagene Fünfjahreszeitraum stelle einen Kompromiss zwischen der Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, der Aufenthaltstitel unterliege den in den Beendigungs- und Ausschlussklauseln dieser Richtlinie vorgegebenen Kriterien.
109 
Während des Verfahrens, das zum Erlass der Richtlinie am 29.04.2004 führte, wurden die ursprünglichen Regelungen des Art. 19 und des Art. 21 durch den Rat entscheidend verändert. So erhielt der Vorschlag zu Art. 19 am 12.11.2002 (Rat der EU - 14083/02 -) folgende Fassung:
110 
„(1) Die Mitgliedstaaten erachten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
111 
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 kann ein Mitgliedstaat einen Flüchtling, einen Asylbewerber oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz zurückweisen, wenn es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass die Person
112 
a) eine Gefahr für das Land darstellt, in dem sie sich aufhält, oder
113 
b) eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Landes darstellt, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde.
114 
(3) Die Mitgliedstaaten können die einem Flüchtling oder einer Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.“
115 
Parallel dazu wurde der Artikel zur Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft überarbeitet und in dem oben genannten Dokument in einem Art. 14B Abs. 4 folgende Regelung vorgeschlagen:
116 
„Die Mitgliedsstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
117 
a) er ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder
118 
b) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für das Land darstellt, in dem er sich aufhält.“
119 
Aus der in diesem Dokument bei Art. 14B Abs. 4 enthaltenen Fußnote und dem Dokument des Rates der EU vom 08.11.2002 - 13648/02 - ist ferner ersichtlich, dass ein Teil der Mitgliedstaaten es für vorzugswürdig erachtete, den in lit. b) geregelten Fall im Rahmen des Art. 19 des Entwurfs (Schutz vor Zurückweisung) zu lösen. Verschiedene Arbeitsfassungen entwickelten im Weiteren präzisere Vorschläge für die Inhalte von lit. a) und b), die letztlich zu der - beabsichtigten - Parallelität der Eingriffsvoraussetzungen in den nunmehrigen Regelungen in Art. 14 Abs. 4 QRL zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Ermessenswege und der Verhinderung des Aufenthalts bzw. Verweigerung des Aufenthaltsrechts nach Art. 21 Abs. 2 QRL führten.
120 
In einem Art. 21 der Entwurfsfassung (später Art. 24 QRL) findet sich im Dokument des Rats der EU vom 19.12.2002 - 15627/02 - der Zusatz, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem entgegenstehen“ zunächst nur im Absatz 2, der den Titel bei subsidiärem Schutzstatus regelt. Im Dokument des Rats der EU vom 19.06.2003 - 10576/03 - ist dieser Zusatz dann auch im Absatz 1 (jetzt in einem Art. 22 des Entwurfs) enthalten, der den Aufenthaltstitel des anerkannten Flüchtlings betrifft. In diesem Dokument ist bei der Formulierung in Absatz 2, „es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen“ als Fußnote angeführt: „Folgender Erwägungsgrund wird in die Präambel aufgenommen: 'Der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt'. Die Aufnahme dieses Erwägungsgrunds in die Präambel war bereits Gegenstand der Tagung des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 26.02.2003 gewesen (Rat der EU vom 26.02.2003 - 6566/03 ADD 1 COR 1 -, das Dokument enthält aber keine nähere Begründung). Wie die englischen Fassungen des Erwägungsgrunds 28 und des Art. 24 QRL verdeutlichen („national security and public order“), ist mit dem Begriff der öffentlichen Sicherheit die „nationale Sicherheit“ gemeint, was im Übrigen in der deutschen Fassung der Neufassung der Qualifikationsrichtlinie durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 (ABl L 337, S. 9) nunmehr klargestellt ist (vgl. insoweit den Wortlaut des Art. 24 „zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ und den Erwägungsgrund 37).
121 
In den Ratsdokumenten vom 19.06.2003 - 10576/03 -, vom 17.03.2004 - 7469/04 -, vom 24.03.2004 - 7728/04 - und vom 31.03.2004 - 7944/04 - ist im Art. 22, d.h. dem späteren Art. 24, in Absatz 1 der Zusatz „unbeschadet des Art. 19 Abs. 3“ (d.h. in der Endfassung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“) enthalten, ohne dass die Gründe hierfür ausdrücklich genannt wären.
122 
Die gegenüber dem Entwurf geänderten Regelungen in Art. 24 Abs. 1 und Art. 21 ebenso wie die Aufnahme des Erwägungsgrunds 28 sind jedoch eindeutig im Zusammenhang mit dem 11. September und den Herausforderungen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu sehen. Die Überlegung, die Folgen dieser Anschläge für die nationale und internationale Sicherheit im Rahmen der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen, ist Gegenstand verschiedener Stellungnahmen gewesen (vgl. etwa die ausdrückliche Forderung in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 16.05.2002) und lässt sich auch anhand weiterer Verschärfungen bzw. Präzisierungen in der Qualifikationsrichtlinie gegenüber dem ursprünglichen Entwurf ersehen, wie etwa bei den Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 QRL und den Hinweisen im Erwägungsgrund 22 auf die Folgerungen aus den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen.
123 
Was das Verhältnis zwischen Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL und Art. 24 Abs. 1 QRL sowie die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen anbelangt, ist zunächst zu beachten, dass Art. 14 Abs. 4 QRL und Art. 21 Abs. 2 QRL die gleichen Eingriffsvoraussetzungen normieren und Art. 21 Abs. 2 QRL inhaltlich Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht. Letzteres lässt sich auch aus einem Vergleich des jeweiligen englischen Wortlauts dieser Bestimmungen ersehen:
124 
Art. 21 Abs. 2: „… reasonable grounds for considering him or her as a danger to the security of the Member State in which he or she is present…; Art. 33 Abs. 2 GFK: „… reasonable grounds for regarding as a danger for the security of the state in which he is…”
125 
Auch aus den Erwägungsgründen 3, 16 und 17 der Qualifikationsrichtlinie geht hervor, dass die Genfer Konvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt und dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Voraussetzungen der Anerkennung als Flüchtling und über den Inhalt des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes erlassen wurden, um die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention auf der Grundlage gemeinsamer Konzepte und Kriterien zu leiten. Die Bestimmungen der Richtlinie sind daher im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Richtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention und einschlägigen anderen Verträgen, auf die Art. 63 Abs. 1 Nr. 1 EG (jetzt Art. 78 Abs. 1 AEUV) Bezug nimmt, auszulegen. Diese Auslegung muss zudem, wie dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie zu entnehmen ist, die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der insbesondere in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundsätze gewährleisten (siehe EuGH, Urteil vom 09.11.2010 - C-57/09 - und C-101/09 - „B.“ und „D.“ - Rn. 77 f.).
126 
2. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung, welche Konsequenzen sich aus dem Grundrecht auf Asyl nach Art. 18 GRCh und den Anforderungen des Art. 52 GRCh (Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze) auf die nach Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 QRL vorgesehene Durchbrechung des Refoulementschutzes ergeben. Der Ausländer muss jedenfalls aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sein (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 - zu Art. 21 Abs. 2 QRL und Urteil vom 22.05.2012 - 1 C 8.11 - bisher nur Pressemitteilung). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, denn von dem Kläger selbst geht mit Blick auf seine oben I. dargestellten Aktivitäten und die hieran anknüpfende Prognose keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik aus.
127 
Zwar setzt Art. 33 Abs. 2 GK und damit auch Art. 21 Abs. 2 lit. a) QRL einen Sicherheitsbegriff voraus, der von den Staaten nach ihrem eigenen Recht festgelegt wird; denn der dem Begriff der nationalen Sicherheit immanente Charakter bedeutet, dass dieses Konzept im Völkerrecht nicht abschließend definiert werden kann (siehe näher Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie 2009, § 46 Rn 59 f., Zimmermann, The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol, A Commentary, Oxford 2011, Article 33, para 2 Rn. 82 ff.). Jedoch muss es sich um eine sehr große Gefahr handeln (Zimmermann, a.a.O. Rn. 89). Aspekte der nationalen Sicherheit sind vor allem der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, das Überleben der Bevölkerung, die Freiheit von militärischer Bedrohung oder Umsturz. Es muss eine substantielle Bedrohung von dem Flüchtling für die Grundinteressen des Staates ausgehen, die auch terroristische Aktivitäten umfassen kann, wobei allerdings nicht jeder Akt von internationalem Terrorismus per se eine Gefahr für die Sicherheit des Staates oder des Staatenbündnisses, dessen Mitglied er ist, darstellt (näher Zimmermann, a.a.O. Rn. 87).
128 
Der Kläger hat keine Handlungen vorgenommen, die geeignet wären, einen Schaden für die Existenz, die Bestands- und Funktionsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Er hat weder selbst Gewalt angewendet noch dazu aufgerufen oder diese aktiv öffentlich verherrlicht. Es besteht keine Grundlage für die Annahme, er selbst könnte terroristischen Gewalttätern unmittelbar Hilfeleistungen zukommen lassen. Der Kläger hat zwar durch die regelmäßige - passive - Teilnahme an den oben dargestellten Veranstaltungen, die erkennbar dazu dienen, die PKK einschließlich ihrer terroristischen Aktionen zu fördern, diese unterstützt; die PKK wendet Gewalt und Gewaltdrohungen in dem hier zu betrachtenden Zeitraum vor allem in der Türkei an, was auch erhebliche Interessen der Bundesrepublik berührt. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit Deutschlands durch ein Handeln des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
129 
3. Die in Art. 24 Abs. 1 QRL verwendete Formulierung „unbeschadet des Art. 21 Abs. 3“ ist dahingehend zu verstehen, dass Art. 24 Abs. 1 QRL eine gegenüber Art. 21 Abs. 3 QRL selbstständige Möglichkeit eröffnet, einen Titel zu verweigern oder zu beseitigen. Die Fassung des Art. 24 Abs. 1 QRL mit dem dort vorgesehenen Ausschluss des Anspruchs aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ist die Reaktion des Rates auf den Umstand, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zwingend eine Ausnahme vom Refoulementverbot zulässt (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rn. 82 ff. und 90 ff. mwN.), unter dem Eindruck des 11. September, der neuen Dimensionen des Terrorismus und den UN-Resolutionen vom 12. und 28.09.2001 (Nr. 1368 und 1373) die Möglichkeiten, diesen zu bekämpfen, aber erweitert werden sollten.
130 
Ob und gegebenenfalls wie die öffentliche (d.h. nationale) Sicherheit von der öffentlichen Ordnung im Einzelnen abzugrenzen sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, denn wie sich aus dem Erwägungsgrund 28 der Qualifikationsrichtlinie ersehen lässt, ist dieser Begriff in den Fällen erfüllt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt. Der 28. Erwägungsgrund ist integraler Bestandteil der Qualifikationsrichtlinie. Eine Begründungserwägung ist zwar nicht unmittelbar Inhalt und Gegenstand der einzelnen Regelung, da sie sonst genau an dieser Stelle getroffen worden wäre. Sie ist insbesondere kein Mittel, um eindeutige Bestimmungen, die aufgrund der Umsetzungsverpflichtung des Mitgliedstaats letztlich eine normative Wirkung haben, zu entwerten oder gar in ihr Gegenteil zu verkehren. Ihr kommt aber die Funktion einer - amtlichen - Auslegungshilfe zu (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2007 - 4 K 2563/07 - juris Rn. 18; Funke-Kaiser, InfAuslR 2008, 90, 92 f.). Auch das Bundesministerium des Innern hat in seiner im Berufungsverfahren vorlegten Stellungnahme vom 14.05.2012 bestätigt, dass der Erwägungsgrund 28 - auf Vorschlag des Vereinigten Königreichs - gerade für die Auslegung von den Ausschlussgründen des Art. 24 QRL aufgenommen wurde. Aus der durch das Verfahren im Rat dokumentierten spezifischen Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu dem Begriff der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 QRL folgt, dass eine Unterstützung einer Vereinigung des internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
131 
Was die „zwingenden Gründe“ anbelangt, so deutet der Wortlaut darauf hin, dass dieser Begriff enger zu verstehen ist als der der „schwerwiegenden Gründe“. Der Vergleich mit der englischen Fassung belegt dies („reasonable grounds“ in Art. 21 Abs. 2 QRL und „compelling reasons“ bei Art. 24 Abs. 1 QRL). Aus anderen Sprachfassungen ergibt sich kein hiervon abweichendes Bild. Die Tatsache, dass die Unionsbürgerrichtlinie und die Qualifikationsrichtlinie am gleichen Tag erlassen wurden, legt es zwar nahe, den Begriff der „zwingenden Gründe“, der in beiden Richtlinien verwendet wird, inhaltlich übereinstimmend auszulegen. Auch das Schutzniveau, das durch die Qualifikationsrichtlinie für Flüchtlinge vorgesehen werden sollte, könnte dafür sprechen, dass mit dem Begriff der zwingenden Gründe keine substantiell geringeren Anforderungen verbunden sind als mit dem gleichlautenden Ausweisungsgrund nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG (vgl. zu dieser Überlegung auch VG Münster, Urteil vom 26.05.2009 - 8 K 734/08 - juris Rn. 94).
132 
Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 28 Abs. 3 lit a) der Richtlinie 2004/38/EG eine spezielle Regelung für langjährig sich im Mitgliedstaat aufhaltende freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger darstellt. Der Unionsgesetzgeber wollte, indem er jede Ausweisungsmaßnahme in den in Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Fällen vom Vorliegen „zwingender Gründe“ der öffentlichen Sicherheit abhängig gemacht hat, einem Begriff, der erheblich enger ist als der der „schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels, die auf diesen Abs. 3 gestützten Maßnahmen ganz offensichtlich entsprechend der Ankündigung im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie auf „außergewöhnliche Umstände“ begrenzen (EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 19 und Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 -Tsakourids - Rn. 40 ff.). Eine Ausweisung eines Unionsbürgers wird nur aus zwingenden Gründen (und damit einem besonders hohen Schweregrad der Beeinträchtigung) der öffentlichen Sicherheit erlaubt, wobei letztere sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates umfasst und als Ausnahme von einem grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng zu verstehen ist (EuGH, Urteil vom 23.11.2010 - C-145/09 - Tsakourids - Rn. 43). Im Unterschied dazu wird in Art. 24 Abs. 1 QRL auch die öffentliche Ordnung genannt und durch die Zuordnung des 28. Erwägungsgrunds zu Art. 24 QRL unionsrechtlich klargestellt, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus „zwingende Gründe“ erfüllen kann. Bei einer anderen Deutung würde die Zuordnung keinen Sinn geben. Dies bedeutet andererseits auch nicht, dass jegliche Unterstützungshandlung zu Gunsten des internationalen Terrorismus schon „zwingende Gründe“ erfüllt; umgekehrt bedarf es aber auch keiner herausragenden Handlungen von außergewöhnlicher Gefährlichkeit. Dies verdeutlichen die verschiedenen „Ebenen“ der Terrorismusbekämpfung, die der Richtlinie immanent sind. Art. 12 Abs. 2 QRL führt in den dort erfassten Konstellationen zum zwingenden Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling, selbst wenn von diesem keine gegenwärtige Gefährlichkeit ausgeht (siehe näher BVerwG, Urteil vom 07.07.2011 - 10 C 26.10 - juris Rn. 25 ff.). Art. 14 Abs. 4 QRL ermächtigt in den hier geregelten Fällen zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. auch Art. 14 Abs. 5 QRL mit dem fakultativen Ausschluss unter den gleichen Voraussetzungen), wobei aufenthaltsrechtlich der gleiche Maßstab in Art. 21 Abs. 2 QRL gilt. Demgegenüber lässt Art. 24 QRL, der im Übrigen nicht nur für den Flüchtling, sondern auch für den Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus gilt, den Status und den weiteren tatsächlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat unangetastet und beseitigt allein die Legalität des Aufenthalts. Dies verdeutlicht, dass eine Unterstützung des internationalen Terrorismus, die nach dem individuellen Beitrag des Ausländers im Vergleich zu den von den anderen Regelungen erfassten Sachverhalten eher nicht besonders hervorgehoben und sogar unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz ist, ein Vorgehen nach Art. 24 QRL zulässt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - durch ein hohes Maß an Kontinuität charakterisiert ist und nachhaltig das Umfeld der terroristischen Organisation prägt und beeinflusst. Es ist Sache der Mitgliedstaaten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung anzunehmen sind (vgl. zu dieser Überlegung auch EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 23 - zu Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/28/EG). Aufgrund der Vielfältigkeit und Komplexität der Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus (vgl. hierzu etwa Waldmann, Terrorismus - Provokation der Macht, 2. Aufl. 2005, S. 29 ff) und demzufolge der Vielfalt der in den einzelnen Mitgliedstaaten vorkommenden denkbaren Unterstützungshandlungen und deren Folgen enthält sich die Qualifikationsrichtlinie weiterer Vorgaben. Allerdings entbindet dies nicht von der unionsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 52 Abs. 1 GRCh), den Einzelfall und insbesondere das persönliche Verhalten des Betroffenen und die von ihm ausgehende tatsächliche und gegenwärtige Gefährdung umfassend zu prüfen und hierbei alle individuellen Umstände zu berücksichtigen (siehe zu diesem Grundsatz insoweit EuGH, Urteil vom 22.05.2012 - C-348/09 - „I.“ - Rn. 34).
III.
133 
Der Ausweisung des Klägers liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. Art. 24 Abs. 1 QRL zugrunde. Sie erweist sich auch als verhältnismäßig.
134 
1. Der Kläger hat seit dem Jahr 2000 durch die oben unter I. dargelegten Handlungen die PKK unterstützt, wobei er sich zur Überzeugung des Senats seit Mitte 2009 allein aus verfahrenstaktischen Gründen zurückhält. Dabei handelt es sich zwar, was den jeweiligen einzelnen Veranstaltungsbesuch anbelangt, um eine passive Unterstützung, die als solche keinen hochrangigen Gefährdungsgrad hat. Bei einer wertenden Gesamtschau aller festgestellten Unterstützungshandlungen, d.h. auch mit Blick auf seine zweijährige Vorstandstätigkeit und langjährige aktive Mitgliedschaft im Mesopotamischen Kulturverein, hat er jedoch in einer quantitativ und qualitativ erheblichen Weise eine Verbundenheit mit der PKK ausgedrückt, die ihn eindeutig seit Jahren als deren Sympathisanten ausweist. Insbesondere die Teilnahme an den Märtyrergedenkveranstaltungen und den Wahlen zum Volksgebietsrat, mit der Bereitschaft, eine Funktion im Rahmen des Volksgebietsrats zu übernehmen, zeigen eine besondere Nähe und innere Verbundenheit mit der PKK. Durch die Beteiligung wird eine Billigung der Zielsetzungen der PKK signalisiert. Deren Stellung, insbesondere unter den in Deutschland lebenden Kurden, wird günstig beeinflusst, ihre Aktionsmöglichkeiten und ihr Rekrutierungsfeld werden erweitert und dadurch wird insgesamt dazu beigetragen, das (latente) Gefährdungspotential der Vereinigung zu erhöhen.
135 
Eine wirksame Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist wie bereits oben dargelegt eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Union. Dies kommt nicht nur in Art. 83 Abs. 1 AEUV zum Ausdruck, sondern ist in zahlreichen Rechtsakten der Union, die sich mit der Terrorismusbekämpfung befassen, immer wieder betont worden (vgl. etwa Rahmenbeschluss vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung, ABl. L 164, S. 3; Verordnung (EG) Nr. 2580/2002 des Rates vom 27.12.2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 344, S. 70). Dass gerade auch Sympathisanten als Teil der Bedrohung durch den Terrorismus angesehen werden, ergibt sich aus dem Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28.11.2008 zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung (ABl L 330, S. 21) und insbesondere dessen 3. Erwägungsgrund. Aufgrund der ihr eigenen Ausprägung und Organisationsstrukturen erfährt die PKK ihren Rückhalt und Unterstützung vor allem durch eine aktive „Sympathisantenszene“ außerhalb der Türkei, bei der die örtlichen PKK-nahen Vereine eine zentrale Rolle spielen, etwa bei der Kommunikation unter den Anhängern, bei der Mobilisierung für Aktionen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten (vgl. hierzu etwa Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2010, S. 106 ff.). Wie oben unter I. dargelegt, ist der Mesopotamische Kulturverein e.V. S... ein Ort, der der Verbreitung der „terroristischen Botschaft“ dient. Sympathisanten aus diesem Kreis sichern der PKK eine ihnen prinzipiell wohlgesonnene Basis, aus der der Rückhalt für die terroristischen Handlungen gewonnen werden kann, und ermöglichen ein günstiges Umfeld für die Rekrutierung von Nachwuchs für die Guerilla oder den Kader der PKK und den Erhalt von dringend benötigten finanziellen Mitteln (etwa durch die Entrichtung regelmäßiger Beiträge der Anhänger der Organisation oder Spenden). Das in den oben beschriebenen Handlungen des Klägers, insbesondere etwa in den Besuchen der Märtyrerveranstaltungen, zum Ausdruck kommende befürwortende Verständnis für den Terror, trägt zum Rückhalt für die PKK bei. Dieses vom Kläger gezeigte jahrelange kontinuierliche Auftreten als Sympathisant der PKK begründet zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung; die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts ist insoweit Teil der unionsrechtlich angestrebten effektiven Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Im Übrigen ist es auch ein Grundinteresse der Mitgliedstaaten der Union, dass ihre Offenheit nicht missbraucht wird, um eine „Sympathisantenszene“ für den internationalen Terrorismus am Leben zu halten und zu fördern.
136 
2. Bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere auch mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK, vgl. auch Art. 6 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ist die Ausweisung verhältnismäßig.
137 
Der Kläger lebt als anerkannter Flüchtling seit dem Jahre 1997 mit einem Aufenthaltstitel, seit 2002 mit einem unbefristeten, im Bundesgebiet. Der Ehefrau, die seit 1998 in Deutschland ist, wurde ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuerkannt und eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie führt einen Gastronomiebetrieb. Auch die beiden minderjährigen Kinder (geboren 1996 in der Türkei und 2001 im Bundesgebiet) haben einen legalen Aufenthalt. Sie verfügen über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80. Ungeachtet seines langen Aufenthalts in Deutschland spricht der Kläger aber nur sehr schlecht Deutsch. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Demzufolge ist auch seine Erwerbsbiographie durch türkische Arbeitgeber gekennzeichnet, so arbeitete er in der Zeit vom 02.11.2001 bis 31.07.2007 bei der Firma B. Dönerproduktions- und Fleischhandels GmbH, die im Übrigen dem LfV im Zusammenhang mit der PKK bekannt geworden sei (siehe die Bewertung des LfV vom 13.04.2012 zum Sicherheitsgesprächs des Zeugen K. vom 12.04.2011). Heute ist er bei seiner Frau angestellt. Eine dazwischenliegende selbstständige Erwerbstätigkeit blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg. Der Kläger verkehrt vor allem in kurdisch-stämmigen Kreisen. Die Ausweisung vernichtet die Legalität seines Aufenthalts und ist daher mit weitreichenden Folgen für das soziale Leben verbunden. Sie lässt allerdings, was für die Verhältnismäßigkeit von zentraler Bedeutung ist, die Lebensgemeinschaft mit seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet unberührt, da keine Abschiebungsandrohung ergehen und infolge dessen auch keine Abschiebung erfolgen wird.
138 
Ein milderes Mittel, um der Gefahr zu begegnen, dass der Kläger sein die PKK unterstützendes Verhalten unverändert fortsetzt, ist nicht gegeben. Insbesondere könnte mit einem Verbot oder der Beschränkung der politischen Betätigung ein wesentliches unionspolitisches Ziel nicht erreicht werden, abgesehen davon, dass die in § 47 Abs. 1 und 2 AufenthG genannten Vorgaben die Art und Weise der Betätigung des Klägers allenfalls zum Teil erfassen. Ausgehend von den Gedanken der UN-Resolution 1373 bezweckt die Terrorismusbekämpfung unionsrechtlich unter anderem, konsequent die Legalisierung des Aufenthalts zu unterbinden und damit auch den Genuss der daran hängenden privilegierenden Maßnahmen (wie Erwerbstätigkeit, Freizügigkeit) zu verwehren - und zwar gleichgültig, ob der Ausländer als Flüchtling anerkannt oder ob ihm nur subsidiärer Schutz zuerkannt wurde (vgl. insoweit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2 QRL). Dieses unionsrechtliche Ziel würde allein mit einer Maßnahme nach § 47 AufenthG nicht erreicht. Diese kann ggfs. die Ausweisung ergänzen, wenn der Ausländer - namentlich nach einer erfolgten Ausweisung - seine Unterstützungstätigkeit fortsetzt, sie aber nicht ersetzen. Insoweit ist eine Verbotsverfügung Teil einer ganzheitlichen Bekämpfung der Aktivitäten der ausländischen terroristischen Vereinigung der PKK (so ausdrücklich auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu dem gegen Muzaffer Ayata verhängten politischen Betätigungsverbot, BT-Drs. 17/9076 vom 22.03.2012). Hinzukommt, dass auch national eine Anordnung nach § 47 AufenthG schon deshalb nicht gleich effektiv wäre, weil damit die Rechtsfolgen des § 54a AufenthG nicht ausgelöst werden könnten. Vergleichbare nachträgliche Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG wären jedenfalls bei Inhabern einer Niederlassungserlaubnis nicht möglich (Renner/Dienelt, AuslR 9. Aufl. 2011, § 12 Rn. 2). Soweit in den Senatsurteilen vom 28.10.1998 (11 S 1853/98 - juris Rn. 28) und vom 10.03.1999 (11 S 1688/98 - juris Rn. 9) die Untersagung der politischen Betätigung ausdrücklich als ein milderes Mittel gegenüber der Ausweisung erachtet wurde, liegen dem rechtlich und tatsächlich andere Konstellationen zugrunde. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium im Schriftsatz vom 18.04.2012 im Einzelnen ausgeführt, warum es im vorliegenden Fall nicht zu dieser Maßnahme greift. Diese Erwägungen hat der Kläger nicht in Frage gestellt.
139 
Gründe der Verhältnismäßigkeit gebieten es auch nicht, schon jetzt von Amts wegen über eine Befristung der Wirkungen der spezialpräventiv verfügten Ausweisung zu entscheiden. Es lässt sich derzeit nicht absehen, wann diese Gefahr in relevanter Weise gemindert sein wird. Auch familiäre Belange erfordern keine sofortige Entscheidung, denn die familiäre Lebensgemeinschaft kann im Bundesgebiet unverändert fortgeführt werden (vgl. zur Befristung noch unten VI).
IV.
140 
Art. 14 ARB 1/80 oder die assoziationsrechtlichen Stillhalteklauseln vermitteln dem Kläger keine weitergehenden Rechte. Der Kläger hatte aufgrund seiner jahrelangen Erwerbstätigkeit bis 31.07.2007 bei der Firma B. eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass er dieses Recht nicht verloren hat. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung meldete er sich nach seiner Kündigung bei der Arbeitsverwaltung arbeitslos, wurde dort aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse als schwer vermittelbar angesehen und erhielt durch das Arbeitsamt eine Fördermaßnahme zur Gründung einer selbstständigen Existenz. Der Senat geht davon aus, dass durch diese selbstständige Erwerbstätigkeit ab 01.01.2008 die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt nicht verloren ging, weil die Selbstständigkeit noch in der Gründungs- und Aufbauphase wieder aufgegeben wurde, der Kläger in eine abhängige Beschäftigung zurückkehrte und nunmehr seit Mitte Dezember 2010 im Gastronomiebetrieb seiner Ehefrau angestellt ist.
141 
Ein assoziationsrechtlich geschützter türkischer Staatsangehöriger kann nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt. Nach den hierzu geltenden Grundsätzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.12.2011 - C-371/08 - Ziebell -Rn. 52 ff.; Senatsurteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - juris und vom 04.05.2012 - 11 S 3/12 -) führt dieser Maßstab materiell-rechtlich nicht zu strengeren Voraussetzungen als die oben unter III. dargestellten.
142 
Auch verfahrensrechtlich hat dies keine Auswirkungen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Vorverfahrens. Ein solcher folgt nicht aus dem in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG vom 25.02.1964 (ABl. Nr. 56, S. 850) normierten „Vier-Augen-Prinzip“. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Damit ist auch deren Art. 9 nicht mehr - entsprechend - auf assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige anzuwenden (vgl. zur früheren Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“ BVerwG, Urteil vom 13.09.2005 - 1 C 7.04 - InfAuslR 2006, 110). Geltende unionsrechtliche Verfahrensgarantien begründen ebenfalls nicht die Notwendigkeit, ein Vorverfahren durchzuführen. Die Stillhalteklauseln gebieten keine andere Betrachtung. Die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens ergibt sich schließlich nicht aus dem völkerrechtlichen Charakter des Assoziationsabkommens. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das Senatsurteils vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris) verwiesen (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris).
V.
143 
Die Ausweisung ist unter Berücksichtigung der Ergänzungen im gerichtlichen Verfahren ermessensfehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
144 
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist eine einzelfallbezogene Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 10.02.2011 - 1 B 22.10 - juris Rn. 4 m.w.N.). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönlichen Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Die vom Ausländer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einerseits und dessen private schutzwürdige Belange andererseits sind auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung umfassend zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 - juris Rn. 73). Diesen Anforderungen hat das Regierungspräsidium entsprochen. Es hat anlässlich seiner korrigierten Ermessenserwägungen ausschließlich eine spezialpräventive Ausweisung zugrunde gelegt und auch zu erkennen gegeben, dass es bei dem Kläger allein um die Vernichtung der Legalität des Aufenthalts geht und dass das nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Ausweisung regelmäßig verfolgte Ziel, die von ihm ausgehende Gefahr mit der Ausreise bzw. der zwangsweisen Verbringung ins Ausland zu bekämpfen, auf nicht absehbare Zeit nicht erreicht wird. Es hat jedenfalls aufgrund der ergänzenden Angaben in der mündlichen Verhandlung den Schutzstatus des Klägers mit dem ihm gebührenden Gewicht eingestellt und auch die Rechtsstellung und Interessen der Familienangehörigen des Klägers nicht verkannt. Auch im Übrigen sind den Ermessenserwägungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffende Annahmen zugrunde gelegt worden; das Regierungspräsidium hat in der mündlichen Verhandlung zudem klargestellt, dass die Ausweisungsentscheidung auch für den Fall getroffen wird, dass (nur) der Tatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG verwirklicht ist.
VI.
145 
Der Ausweisung steht auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24.12.2008 S. 98) nicht entgegen.
146 
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 22.03.2012 (1 C 3.11 - juris Rn. 15) und vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 35) entschieden, dass die Rückführungsrichtlinie für eine Rückkehrentscheidung - so die Ausweisung denn überhaupt eine solche wäre -, die wie hier vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie (nach deren Art. 20 Abs. 1 am 24.12.2010) verfügt worden ist, nicht gilt, und zur Begründung unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Polat“ (Urteil vom 04.10.2007 - Rs. C-349/06 - 25 ff.) auf die Grundsätze der intertemporalen Rechtsgeltung verwiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich etwas anderes auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL ergebe, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung finde (vgl. EuGH, Urteil vom 30.11.2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft beträfen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden sei. Dies zugrunde gelegt ist die Rückführungsrichtlinie auf den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19.07.2010 nicht anwendbar.
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Hält man hingegen an der bisherigen Rechtsprechung des Senats weiter fest, wonach die Rückführungsrichtlinie auch auf solche Sachverhalte anzuwenden ist, in denen die streitgegenständliche Behördenentscheidung schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam verfügt worden ist (siehe zur Begründung im Einzelnen Senatsurteil vom 16.04.2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Österreich in seinem Erkenntnis vom 20.03.2012 - 2011/21/0298 - , der unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 28.04.2011 in der Rechtssache „El Dridi“ die Rückführungsrichtlinie auch auf „Aufenthaltsverbote“ erstreckt hat, die bereits vor Inkrafttreten der Rückführungsrichtlinie verhängt worden sind), ist die Ausweisung gleichwohl nicht an den Vorgaben der Richtlinie messen. Sie stellt schon keine Rückkehrentscheidung dar. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 07.12.2001 - 11 S 897/11 -hat der Senat in seinem Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 - (juris Rn. 83 - 88) ausgeführt:
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„…Nach Art. 2 Abs. 1 RFRL findet sie auf solche Drittstaatsangehörige Anwendung, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten; sie regelt die Vorgehensweise zu deren Rückführung. Art. 3 Nr. 2 RFRL definiert den illegalen Aufenthalt wie folgt: „die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet diese Mitgliedstaats“ (vgl. auch den 5. Erwägungsgrund).
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Der Umstand, dass eine Ausweisung gegebenenfalls erst das Aufenthaltsrecht des Ausländers zum Erlöschen bringt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit dessen „illegalen Aufenthalt“ begründet (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht diese nicht zu einer Rückführungsentscheidung. Daran ändert nichts, dass nach der deutschen Rechtslage häufig die Abschiebungsandrohung mit der die Illegalität des Aufenthalts herbeiführenden Verfügung verbunden ist (vgl. hierzu den ausdrücklichen Vorbehalt in Art. 6 Abs. 6 RFRL). Art. 3 Nr. 4 RFRL umschreibt die Rückkehrentscheidung als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird.“ Nach der Struktur des deutschen Aufenthaltsrechts stellt die Ausweisung hiernach aber keine „Rückkehrentscheidung“ im Sinne von Art. 6 und Art. 3 Nr. 4 RFRL dar (so schon Urteile des Senats vom 04.05.2011 - 11 S 207/11 - InfAuslR 2011, 291, und vom 20.10.2011 - 11 S 1929/11 - juris ; Gutmann, InfAuslR 2011, 13; Westphal/Stoppa, Report Ausländer- und Europarecht Nr. 24, November 2011 unter www.westphal-stoppa.de; a.A. Hörich, ZAR 2011, 281, 283 f.; Fritzsch, ZAR 2011, 297, 302 f.; Stiegeler, Asylmagazin 2011, 62, 63 ff.; vorl. Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums vom 16.12.2010 zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie - Az.: M I 3 -215 734/25, S. 3; vgl. auch Saarl. OVG, Beschluss vom 18.10.2011 - 2 A 352/11 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2011 - 24 K 5524/10 - juris). Dass die Ausweisung selbst nicht in den Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie fällt, macht auch folgende Überlegung deutlich: Die Richtlinie ist Teil des Programms der Union zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Mit ihr soll mitgliedstaatsübergreifend das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (aus dem gesamten Gebiet der Union) von solchen Drittstaatsangehörigen, die von vornherein oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat erfüllen, vereinheitlicht und unter Wahrung der berechtigten Belange der Betroffenen und der Humanität effektiviert werden (vgl. etwa die 5. und 11. Begründungserwägung). Zugleich soll auch durch Einreiseverbote, die unionsweit Geltung beanspruchen, die vollzogene Aufenthaltsbeendigung für die Zukunft abgesichert werden (vgl. die 14. Begründungserwägung). Andererseits soll – gewissermaßen als Kehrseite des Einreiseverbots – durch dessen grundsätzliche Befristung unübersehbar den Betroffenen eine Perspektive der Rückkehr eröffnet werden. Der Zweck der Richtlinie geht jedoch nicht dahin, ein eigenständiges unionsrechtliches Instrumentarium zur Bekämpfung der Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schaffen, die von Drittstaatsangehörigen ausgehen, namentlich von solchen, die bislang einen legalen Aufenthalt hatten. Der Aspekt der Wahrung bzw. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat nur insoweit mittelbare, dort aber zentrale Relevanz, als es um die Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung geht, wie sie etwa in Art. 7 und 8 bzw. Art. 15 ff. RFRL bestimmt sind. Er ist jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund der Richtlinie. Ob gegebenenfalls nach der nationalen Rechtsordnung eines anderen Mitgliedstaats eine Ausweisung auch eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie darstellen kann, ist insoweit unerheblich (vgl. zu Italien EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - [El Dridi] InfAuslR 2011, 320, Rn. 50).
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Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass nach dem nationalen Ausländerrecht eine Ausweisung auch gegenüber solchen Ausländern erlassen werden kann, die sich bereits illegal im Mitgliedstaat aufhalten. Auch eine derartige Ausweisung stellt nicht die Illegalität fest und erlegt nicht dem Betroffenen die Ausreisepflicht auf. Die Feststellung der Illegalität und damit der bereits bestehenden Ausreisepflicht geschieht, da der Gesetzgeber kein eigenständiges Institut der „Rückkehrentscheidung“ eingeführt hat, nach dem nationalen Recht vielmehr typischerweise gerade durch die Abschiebungsandrohung – sofern nicht ausnahmsweise auf eine solche verzichtet werden darf (vgl. z.B. § 58a AufenthG); in diesem Fall wäre die Abschiebungsanordnung als Rückkehrentscheidung zu qualifizieren. Die Abschiebungsandrohung enthält auch die nach Art. 7 RFRL in einer Rückkehrentscheidung zu setzende Frist für eine freiwillige Ausreise (vgl. § 59 Abs. 1 a.F. sowie § 59 Abs. 1 AufenthG n.F.).
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Die Ausweisung ist nicht etwa deshalb als „Rückkehrentscheidung“ anzusehen, weil sie nach nationalem Recht als solche ausgestaltet wäre. Wie ausgeführt, verbindet allerdings nach der bisherigen, wie auch nach der aktuellen Rechtslage das nationale Recht in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG mit der Ausweisung ausdrücklich ein Einreiseverbot, das in Satz 2 zusätzlich um das Verbot der Erteilung eines Aufenthaltstitels erweitert wird. Zwar bestimmt Art. 11 Abs. 1 UA 2 RFRL ausdrücklich, dass auch in anderen Fällen eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann. Das nationale Recht kann danach vorsehen, dass selbst dann, wenn kein Fall des Absatzes Art. 11 Abs. 1 UA 1 RFRL vorliegt (d.h. keine Fristsetzung in der Abschiebungsandrohung oder tatsächliche Abschiebung), in Folge einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot verhängt werden kann. Es muss sich jedoch immer noch um eine Rückkehrentscheidung handeln. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, an die Ausweisung ein Einreiseverbot zu knüpfen, überschreitet die begrifflichen Vorgaben der Rückführungsrichtlinie. Daran ändert der Umstand nichts, dass der nationale Gesetzgeber der (irrigen) Auffassung war, mit der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 AufenthG spezifisch und ausschließlich für die Ausweisung von der „Opt-Out-Klausel“ des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch zu machen (vgl. ausdrücklich BTDrucks 17/5470, S. 39). Diese „Opt-Out-Klausel“ beträfe etwa den Abschiebungsfall des § 58 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG; insoweit wurde aber in Bezug auf die Folgen einer Abschiebung gerade hiervon kein Gebrauch gemacht. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung darstellt, steht die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, nach wie vor an die Ausweisung selbst ein zunächst unbefristetes Einreiseverbot zu knüpfen, nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben …...“
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„Ergänzend und vertiefend ist noch auszuführen: Gegen die Annahme, die Ausweisung sei keine Rückkehrentscheidung, kann auch nicht die Legaldefinition des „illegalen Aufenthalts“ in Art. 3 Nr. 2 RFRL eingewandt werden. Zwar erweckt der pauschale und undifferenzierte Verweis auf Art. 5 SDK auf den ersten Blick den Eindruck, es könnten auch Fälle gemeint sein, in denen materielle Einreise- bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt sind und somit auch in einem solchen Fall ein illegaler Aufenthalt vorläge. Dagegen sprechen aber bereits das in Art. 6 Abs. 6 RFRL vorausgesetzte Verständnis des „legalen Aufenthalts“ und der dort vorgenommenen ausdrücklichen Abgrenzung zur „Rückkehrentscheidung“. Entscheidend für ein Verständnis im Sinne eines allein formell zu verstehenden illegalen Aufenthalts spricht die Begründung des Kommissionsentwurfs (vgl. KOM/2005/ 0391endg vom 1.9.2005). Hiernach ist der Befund eindeutig. Unter I 3 Ziffer 12 wird ausdrücklich ausgeführt, dass Regelungsgegenstand der Richtlinie nicht die Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung/Sicherheit sei. Unter I 4 wird zu „Kapitel II“ weiter dargelegt, die Vorschriften der Richtlinie seien auf jede Art von illegalem Aufenthalt anwendbar (z.B. Ablauf eines Visums, Ablauf eines Aufenthaltstitels, Widerruf oder Rücknahme eines Aufenthaltstitels, endgültige Ablehnung eines Asylantrags, Aberkennung des Flüchtlingsstatus, illegale Einreise). Nicht Gegenstand seien die Gründe und Verfahren für die Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts. Für dieses Verständnis spricht auch die in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des Art. 63 Abs. 3 lit. b) EG. Im Übrigen entspricht der im Gesetzgebungsverfahren neu eingefügte Verweis auf Art. 5 SDK sachlich dem früheren Verweis auf Art. 5 SDÜ, der auch materielle Regelungen enthielt. Demzufolge stellen auch Widerruf, Rücknahme oder nachträgliche Befristung keine Rückkehrentscheidung dar.“
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Hieran ist auch mit Blick auf neuere Veröffentlichungen festzuhalten, die die Ausweisung als Rückkehrentscheidung einordnen (Deibel, ZAR 2012, 148, 150 f.; Gutmann, InfAuslR 2012, 208, 210 f.; offengelassen: BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 35; HambOVG, Beschluss vom 09.05.2012 - 4 Bs 15/12 - juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 22.03.2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88; VG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012 - 22 K 7443/11 - juris Rn. 102). Soweit darauf hingewiesen wird, dass eine Ausweisung zu einem Aufenthaltsverbot führe und wegen des mit ihr verbundenen Wiedereinreiseverbots eine Rückkehrentscheidung anzunehmen sei, sowie über Einreiseverbot und Befristung der Wirkungen der Ausweisung einheitlich zu entscheiden sei, sind diese Erwägungen nicht geeignet, die oben dargestellte Begründung des Senats in seinem Urteil vom 10.02.2012 infrage zu stellen (vgl. dazu, dass die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung ist auch Keßler, Asylmagazin 2012, 142, 143; GK-AufenthG, § 58 Rn. 102). Mit der Ausweisung wird dem Ausländer keine originäre Handlungspflicht auferlegt, innerhalb einer bestimmten Frist auszureisen. Dies erfolgt vielmehr erst mit der Abschiebungsandrohung (Art. 7 Abs. 1 S. 1 RFRL i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Da diese jedoch aufgrund der Anerkennung des Klägers als Flüchtling unterbleibt, wird dieser keiner - vollstreckbaren - Rückkehrverpflichtung unterworfen, die unter das Schutzregime der Rückführungsrichtlinie fallen würde. Insofern ist auch unionsrechtlich nicht von Amts wegen über die Befristung eines Einreiseverbots zu entscheiden.
154 
2. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist nicht nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 AufenthG im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens über die Befristung zu entscheiden.
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Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Urteil vom 14.02.2012 (1 C 7.11 - juris Rn. 28 ff.) davon aus, dass aufgrund der unionsrechtlichen Prägung des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die dieser durch das Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetz vom 26.11.2011 erfahren hat, die Interessen des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen der Ausweisung und an einem hierauf bezogenen effektiven Rechtsschutz erheblich aufgewertet worden sind. Es erachtet es aus der Gesamtschau der Rückführungsrichtlinie sowie den Grundrechten einschließlich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention für geboten, dass über die Befristung nunmehr ausschließlich im Wege einer gebundenen, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Entscheidung zu befinden ist, damit nach der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung zugleich die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann. Diese in dem genannten Urteil für die Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen entwickelten Grundsätze sind auf eine spezialpräventive Ausweisung übertragen worden (so nunmehr BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 - bisher nur Pressemitteilung).
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Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits zwei getrennte Verwaltungsakte darstellen, was nicht zuletzt daraus folgt, dass die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur auf Antrag erfolgt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht kann ein Anspruch auf Befristung im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung prozessual dadurch realisiert werden, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird (BVerwG, Urteil vom 14.02.2012 - 1 C 7.11 - juris Rn. 30). Prozessual handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Der Streitgegenstand der Befristung wird durch den Antrag und den hierzu gehörenden Lebenssachverhalt bestimmt. Im vorliegenden Fall hat der schon im Verwaltungsverfahren und auch im gerichtlichen Verfahren stets anwaltlich vertretene Kläger zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent jemals ein (hilfsweises) Begehren auf Befristung der Ausweisung unterbreitet, insbesondere ist auch im Klageverfahren kein entsprechender Antrag gestellt worden. Dem Senat ist dieser selbstständige Streitgegenstand auch nicht „angewachsen“. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG normiert ausdrücklich das Erfordernis der Antragstellung. Ein entsprechender Antrag ist zu keinem Zeitpunkt bei der Behörde gestellt worden. Ein solcher ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14.02.2012 nur bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung entbehrlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um eine ausschließlich spezialpräventive Ausweisung. Die im Verfahren vorgelegten Anwaltsschreiben beschränken sich auf die Darlegung, warum beim Kläger die Voraussetzungen für eine Ausweisung nicht vorliegen. Zwar könnte ein Widerspruch, der gegen die Ausweisung eingelegt wird, und mit dem zunächst die Ausgangsbehörde befasst ist (§ 72 VwGO), Anlass dazu geben, diesen so zu deuten, dass damit konkludent jedenfalls auch das Begehren der Befristung umfasst wird; in Baden-Württemberg gibt es jedoch kein Widerspruchsverfahren gegen die Ausweisung durch das Regierungspräsidium (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO BW). Ein Verpflichtungsgehren auf Befristung kann im vorliegenden Fall daher deshalb nicht unterstellt werden, weil die Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung bei der Behörde auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts unabhängig davon, ob es sich um eine gebundene Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung handelt, eine nicht nachholbare Sachurteilsvoraussetzung jeder Verpflichtungsklage ist (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.01.1985 - 5 C 36.84 - juris Rn. 9 ff. und vom 31.08.1995 - 5 C 11.94 - juris Rn. 14 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.04.1999 - 6 S 420/97 - juris Rn. 3 f.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 75 Rn. 25; Bader, u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 41 und § 75 Rn. 5). Das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Behörde vor Erhebung der Klage die Gelegenheit gegeben wird, die begehrte Verwaltungsentscheidung zu prüfen und zu erlassen; insoweit kann auch in eine Klageerhebung nicht eine (bislang unterbliebene) Antragstellung hineininterpretiert werden. Weder der Wortlaut noch die unionsrechtliche Prägung der Vorschrift geben irgendeinen Anhaltspunkt, für die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG anderes anzunehmen und von den allgemein entwickelten und anerkannten prozessualen Grundsätzen abzuweichen.
VII.
157 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Meldeauflage und der räumlichen Beschränkung in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.07.2010 für erledigt erklärt worden ist, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, denn er hat durch ein in seine Sphäre fallendes Ereignis, nämlich den Umzug von S... nach R... am 01.03.2011, die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt.
158 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
159 
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, ist der Beschluss unanfechtbar.
160 
Beschluss vom 16. Mai 2012
161 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
162 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.