Aufhebung jeglicher Corona-Schutzmaßnahmen für Schulkinder auf dem Schulgelände
Das Urteil ist auf vielerlei Kritik gestoßen und war insbesondere besonders öffentlichkeitswirksam. Juristen diskutieren über die Zuständigkeit des Familiengerichts – eine solche sei sehr zweifelhaft.
Das Bildungsministerium in Thüringen äußerte sich in Folge des Beschlusses dahingehend, dass ein solcher nur für die beiden Kinder der antragsstellenden Mutter Wirkung entfalten könne - und damit nicht wie vom Richter beabsichtigt, für alle Schüler der beidigen Schulen. Die Infektionsschutzmaßnahmen seien weiterhin rechtmäßig und in Kraft. Vielmehr weise der Beschluss „gravierende verfahrensrechtliche Zweifel“ auf. Gegen den Amtsrichter des AG Weimar wird nun wegen Rechtsbeugung ermittelt.
Mutter ihrer Kinder begehrt die Aufhebung aller Corona Schutzmaßnahmen in Weimarer Schulen
Aber worum ging es überhaupt?
Die sorgeberechtigte Mutter ihrer Kinder hatte für diese beim Familiengericht (Amtsgericht) ein Kinderschutzverfahren gemäß § 1666 I und IV BGB angeregt. Beide ihrer Söhne waren Schüler an zwei unterschiedlichen Weimarer Schulen.
Sie führte aus, dass durch den für ihre Söhne in deren Schulen geltende Zwang, eine Gesichtsmaske zu tragen und untereinander einen gewissen Mindestabstand einzuhalten, das Wohl ihrer Kinder gefährde. Sie würden dadurch physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt. Daraus resultieren zugleich zahlreiche Verletzungen der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen. Ein gewisser Nutze für die Kinder oder Dritte sei solch Maßnahmen allerdings nicht zu entnehmen. Sie begehrte demzufolge die Aufhebung der entsprechenden Anordnungen, § 1666 BGB
Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kinderwohls
Ihr Anliegen stützt die Antragsstellerin auf § 1666 I und IV BGB. Diese werden im Folgenden abgedruckt.
Das Kinderwohl ist besonders schutzbedürftig, weshalb der Gesetzgeber eingreifende Maßnahmen vorsieht, falls eine Gefährdung droht. Aber wann sprechen wir überhaupt von einer Gefährdung des Kinderwohls? Damit gemeint ist das körperliche, seelische und geistige Wohl der Kinder.
Das Familiengericht hat dann einzugreifen, wenn eine Gefahr des Kindeswohl verhindert werden muss und die Eltern nicht in der Lage oder gewillt sind, diese Gefahr selbst abzuwenden. Eine Gefahr droht immer dann, wenn eine Schädigung des körperlichen, seelischen oder geistigen Wohls des Kindes gegenwärtig besteht oder unmittelbar bevorsteht.
§ 1666 BGB Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kinderwohls
Absatz I: Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
Absatz: In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Weimarer Richter hebt alle Coronamaßnahmen in Schulen auf
Der Richter schloss sich in seiner Beurteilung der Argumentation der Klägerin an. Im Endeffekt sei der Klägerin Recht zu geben und die Corona Maßnahmen in Schulen aufzuheben. In der Folge untersagte der Richter „den Leitungen und Lehrern an zwei Schulen in Weimar sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler“, die entsprechenden Maßnahmen anzuordnen oder vorzuschreiben. Weiterhin müsse Präsenzunterricht ermöglicht werden.
In seinen Ausführungen spricht er über den Zweck und die Wirkung von Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen. Darüber hinaus enthält die Entscheidung mit ihrem Umfang von circa 170 Seiten insbesondere drei Sachverständigengutachten. Er weist darauf hin, dass sich Kinder unter 12 Jahren selten infizieren bzw. das Virus nicht so oft wie Erwachsene weitergeben – Das sich die Wissenschaft bezüglich solcher Aussagen uneinig ist, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen.
Vielmehr stellte er in seinem Urteil die RKI-Empfehlungen infrage: Er führt in seinem Beschluss aus, dass anders als vom Robert Koch Institut vermittelt, eher eine Abnahme der Infektionen anstelle eines Anstiegs der Corona Positiven Testergebnisse festzustellen sei. Hierbei stützt er sich auf wissenschaftlich inzwischen überholte Thesen oder Mindermeinungen, wie sie teilweise auch von Querdenkern vertreten werden. So führte er auch aus, dass die Ansteckungswahrscheinlichkeit unter Kindern ohnehin nur gering sei und auch das Tragen von Masken keine Wirkung entfalte.
Die Maskenpflicht sowie, der Online-Unterricht und die obligatorischen Schnelltests haben negative Folgen auf die körperliche Gesundheit der Kinder und auf ihren psychischen Zustand. Solche belegte er mit unterschiedlichen, wissenschaftlich anerkannten Gutachten. Vielmehr folgen im Urteil zahlreiche Ausführungen über Sinn und Zweck von Schnelltests.
Zuständigkeit des Familiengerichts zweifelhaft
Im strittigen Fall verwundert natürlich erst einmal, wieso hier ein Familiengericht und nicht hingegen ein Verwaltungsgericht tätig wird. Ist ein solches überhaupt zuständig?
Der Richter begründet seine Zuständigkeit mit einer aufdrängenden Sonderzuweisung auf das staatliche Wächteramt, dessen Durchsetzung an die Familiengerichte im Falle von Kindeswohlgefährdung zugewiesen sei. Die Maßnahmen aus der Allgemeinverfügung erachtet er als für das Kindeswohl gefährdend und auch unverhältnismäßig, mit der Folge, dass die verfassungswidrig und nichtig seien.
Die Norm des § 1666 IV BGB berechtigt den Familienrichter dazu Anordnungen zur Sicherung des Kindeswohls auch mit Wirkung gegen Dritte zu treffen. Ob ein Familienrichter allerdings wirklich dazu befugt ist, auf der Grundlage solcher Zuständigkeitsregeln verwaltungsrechtliche Allgemeinverfügungen zum Infektionsschutzgesetz außer Kraft zu setzen, erscheint sehr zweifelhaft.
Wirkung inter pares? – Ausdehnung der Anordnungswirkung auf alle Schüler der betroffenen Schulen
Fraglich ist nun vielmehr, gegenüber wem die richterlichen Feststellungen – und damit die Aufhebung jeglicher Coronamaßnahmen in den beiden Weimarer Schulen - überhaupt wirken. Im Urteil legt der Richter fest, dass solche für alle Schüler und Schülerinnen an den Schulen gelten sollen. Dies begründet er damit, dass es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar sei, wenn manche Kinder darauf hoffen könnten, dass für sie bei einem geeignet erscheinenden Gericht einen Antrag gestellt wird, andere hingegen nicht. Außerdem sei die Corona-Infektionsschutz-Grundverordnung ohnehin für Schulen insgesamt verfassungswidrig und damit entfalte das Kindesschutzverfahren nicht nur inter partes für die beiden antragsstellenden Schüler eine Rechtswirkung, sondern für sämtliche an diesen Schulen unterrichtenden Kinder.
Bei § 1666 gilt allgemein, dass eine Kindeswohlgefährdung nur bei einer erheblichen Schädigung des geistigen, seelischen oder körperlichen Wohls, die sich mit Sicherheit voraussehen lässt, gegeben ist. Eine generalisierte Studie kann eine solche Sicherheit allerdings nicht gewähren – denkbar ist, dass nicht die Maske den Kindern Angst oder Probleme bereitet, sondern dass sie vielmehr von den Eltern Druck erfahren oder sie generell Angst wegen Corona haben. Da kann man allerdings nur am situativen Einzelfall prüfen.
Beschluss stößt auf heftige Kritik
Die Eltern einiger Schüler erhoben bereits Strafanzeige gegen den Familienrichter wegen Rechtsbeugung. Sie schätzen die Coronamaßnahmen sowie dessen Wirkung anders ein und verlangen vielmehr die Aufrechterhaltung solcher Maßnahmen zur Vorbeugung weiterer Infektionen.
Die Staatsanwaltschaft prüft momentan das Vorliegen eines Anfangsverdachtes.
Thüringen hat schon angekündigt, gegen den Beschluss eine Beschwerde einzulegen. Ob der Beschluss Bestand haben wird ist sehr zweifelhaft und wird sich in der folgenden Zeit klären.
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[E.K.]
Das AG Weimar (9 F 148/21) hat am 8.4.2021 – 9 F 148/21 folgendes beschlossen:
Tenor und Sachverhalt:
I. Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am …, und B, geboren am …, nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird untersagt, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler folgendes anzuordnen oder vorzuschreiben:
1. im Unterricht und auf dem Schulgelände Gesichtsmasken aller Art, insbesondere Mund-Nasen-Bedeckungen, sog. qualifizierte Masken (OPMaske oder FFP2-Maske) oder andere, zu tragen,
2. Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten, die über das vor dem Jahr 2020 Gekannte hinausgehen,
3. an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen.
II. Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am …, und B, geboren am …, nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird geboten, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler den Präsenzunterricht an der Schule aufrechtzuerhalten.
III. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die beteiligten Kinder tragen keine Kosten. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Sachverhalt
Für die im Tenor namentlich genannten Kinder hat deren Mutter, die mit dem Vater der Kinder gemeinsam sorgeberechtigt ist, mit Schriftsatz vom 13.3.2021 beim Amtsgericht – Familiengericht – Weimar ein „Kinderschutzverfahren gem. § 1666 I und IV BGB“ angeregt.
Die Kinder besuchen in Weimar die Staatliche Regelschule X und die Staatliche Grundschule Y, der ältere Sohn im Alter von 14 Jahren die achte Klasse, der jüngere Sohn im Alter von 8 Jahren die dritte Klasse.
Ihre Mutter macht geltend, dass durch den für ihre Kinder in deren Schulen geltenden Zwang, eine Gesichtsmaske zu tragen und untereinander und zu anderen Personen Mindestabstände einzuhalten, das Wohl ihrer Kinder gefährdet sei.
Die Kinder würden physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder oder Dritte gegenüberstehe. Dadurch würden zugleich zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt.
Die Schulleitungen und Lehrer sollten nach § 1666 IV BGB durch das Gericht ausdrücklich angewiesen werden, die entsprechenden Anordnungen aufzuheben.
….Mit Beschluss ebenfalls vom 25.3.2021 im parallelen Hauptsacheverfahren 9 F 147/21 wurde eine Beweiserhebung angeordnet.
*Es folgt eine wörtliche Wiedergabe der drei eingeholten Sachverständigengutachten
Aus den Gründen:
Zulässigkeit der Anregung an das Familiengericht Die Anregung an das Familiengericht, eine Kindeswohlgefährdung zu prüfen, ist zulässig. Insbesondere ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet und die Familiengerichte sind sachlich zuständig.
Vor die ordentlichen Gerichte gehören nach § 13 GVG u. a. die Familiensachen.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich ausschließlich aus § 23 a I Nr. 1. GVG. Danach sind die Amtsgerichte zuständig für Familiensachen. § 23 b GVG betrifft lediglich die gesetzlich geregelte Geschäftsverteilung der Familiensachen innerhalb des Amtsgerichts.
Familiensachen sind nach § 111 Nr. 2FamFGauch Kindschaftssachen. Zu den Kindschaftssachen gehört nach § 151 Nr. 1FamFGu. a. die elterliche Sorge. Zur elterlichen Sorge gehört auch die Regelung des § 1666 BGB, wonach das Familiengericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Dabei kann das Familiengericht nach § 1666 IV BGB in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Etwas anderes für den Rechtsweg ergibt sich auch nicht aus § 40VwGO. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist für Kindeswohlgefährdungsverfahren nicht eröffnet. Denn Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung sind durch Bundesgesetz einem anderen Gericht, nämlich dem Familiengericht, ausdrücklich zugewiesen, § 40 I 1 VwGO in Verbindung mit § 1666 BGB.
Dem liegen auch verfassungsrechtliche Notwendigkeiten zugrunde.
Der Kinderschutz im deutschen Recht ist mehrgleisig ausgestaltet. Für Verfahren vor den allgemeinen Zivil- oder den Verwaltungsgerichten sind echte Anträge im Rechtssinne notwendig. Nur wenn ein solcher Antrag vorliegt, können die genannten Gerichte tätig werden.
Die Verfahren nach § 1666 BGB dagegen gehören nicht zu den Antragsverfahren im Sinne des § 23 FamFG, sondern zu denen nach § 24 FamFG, die von Amts wegen eingeleitet werden können; auf Anregung einer beliebigen Person oder auch ohne eine solche, wenn das Gericht aus Gründen des Kindeswohls, § 1697 a BGB, ein Einschreiten für geboten hält.
Eine Gefährdung des Kindes ist zu bejahen bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes, dass sich bei weiterer Entwicklung ohne Intervention eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Palandt-Götz BGB § 1666 Rn. 8).
Eine solche Gefährdung ist durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft zumindest naheliegend, so dass das Gericht ein Verfahren einzuleiten hatte, um diese Frage zu prüfen.
Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz und dem in Artikel 6 Grundgesetz verankerten Wächteramt der staatlichen Gemeinschaft für die Familie wäre es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn manche Kinder darauf hoffen könnten, dass für sie bei einem geeignet erscheinenden Gericht ein Antrag gestellt wird, andere aber nicht. Auch Kinder, deren Eltern grundsätzlich bereit und in der Lage wären, nach Lage der Dinge gebotene Anträge zu stellen, können ins Hintertreffen geraten, wenn ihre Eltern dies aus Angst vor Nachteilen für ihre Kinder unterlassen oder zumindest verzögern. § 1666 BGB gilt für alle Kinder. Im Verfahren selbst gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG.
Die Eltern sind nach herrschender Auffassung daher nicht gezwungen, vorab den allgemeinen Zivilrechtsweg zu beschreiten (Palandt-Götz BGB § 1666 Rn. 41). Sie sind auch nicht gezwungen, zunächst gegen die der Anordnung zugrundeliegende Verordnung den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten und ggf. ein Normenkontrollverfahren anzustreben. Das folgt im Übrigen schon daraus, dass mit dem Verwaltungsverfahren ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt wird als mit der hier angestrebten Anordnung gegenüber der Schulleitung und den Lehrern des Kindes.
Schließlich liegen auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 49 ff FamFG vor.
Insbesondere ist eine einstweilige Anordnung statthaft, weil hier geltend gemacht wird, dass dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften (§ 1666 BGB) gerechtfertigt ist und im Hinblick auf den stattfindenden Schulunterricht mit der Verpflichtung, eine Gesichtsmaske zu tragen, ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.
II. Begründetheit der Anregung an das Familiengericht
*vom Abdruck wurde abgesehen
6. Ergebnis
Der den Schulkindern auferlegte Zwang, Masken zu tragen und Abstände untereinander und zu dritten Personen zu halten, schädigt die Kinder physisch, psychisch, pädagogisch und in ihrer psychosozialen Entwicklung, ohne dass dem mehr als ein allenfalls marginaler Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht.
Schulen spielen keine wesentliche Rolle im „Pandemie“-Geschehen.
Die verwendeten PCR-Tests und Schnelltests sind für sich allein prinzipiell und schon im Ansatz nicht geeignet, eine „Infektion“ mit dem Virus SARS-CoV-2 festzustellen.
Das ergibt sich nach den Darlegungen in den Gutachten bereist aus den eigenen Berechnungen des Robert-Koch-Instituts. Laut RKI-Berechnungen, wie Gutachter Prof. Dr. Kuhbandner ausführt, beträgt bei Massentestungen mit Schnelltests unabhängig von Symptomen die Wahrscheinlichkeit, beim Erhalt eines positiven Ergebnisses tatsächlich infiziert zu sein, bei einer Inzidenz von 50 (Testspezifität 80 %, Testsensitivität 98 %) nur zwei Prozent. Das würde heißen: Auf zwei echtpositive Schnelltest-Ergebnisse kämen 98 falschpositive Schnelltest-Ergebnisse, welche man dann alle mit einem PCR-Test nachtesten müsste.
Ein (regelmäßiger) Zwang zum anlasslosen Massentesten an Asymptomatischen, also Gesunden, für das schon die medizinische Indikation fehlt, kann nicht auferlegt werden, weil er außer Verhältnis zu dem Effekt steht, der damit erreicht werden kann. Zugleich setzt der regelmäßige Zwang zum Test die Kinder psychisch unter Druck, weil so ihre Schulfähigkeit ständig auf den Prüfstand gestellt wird.
Ausgehend von Erhebungen in Österreich, wo in Grundschulen keine Masken getragen werden, aber dreimal pro Woche flächendeckend Schnelltests vorgenommen werden, ergibt sich nach den Darlegungen des Gutachters Prof. Dr. Kuhbandner:
100.000 Grundschüler müssten eine Woche lang sämtliche Nebenwirkungen des Maskentragens in Kauf nehmen, um nur eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern.
Dieses Ergebnis nur als unverhältnismäßig zu bezeichnen, wäre eine völlig unzureichende Beschreibung. Vielmehr zeigt sich, dass der diesen Bereich regulierende Landesverordnungsgeber in eine Tatsachenferne geraten ist, die historisch anmutende Ausmaße angenommen hat.
Mit der Anordnung solcher Maßnahmen wird das Wohl der Kinder, wie dargestellt, gefährdet, § 1666 BGB. Die Lehrkräfte dürfen sie deshalb nicht anordnen. Auf die entsprechenden landesrechtlichen Verordnungen und die angeführte Allgemeinverfügung können sie sich dabei nicht berufen, da diese schon wegen ihrer Ungeeignetheit, die angestrebten Ziele zu erreichen, in jedem Fall aber wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen und damit verfassungswidrig und nichtig sind.
Darüber hinaus haben die Kinder einen Rechtsanspruch auf zugänglichen Schulunterricht.
Es erscheint nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand sehr wahrscheinlich, dass dieses Ergebnis im Hauptsacheverfahren bestätigt wird. Weitere Ausführungen bleiben einer Entscheidung dort vorbehalten.
Im Rahmen einer Folgenbetrachtung sind beim Erlass einer einstweiligen Anordnung die Nachteile abzuwägen, die sich ergeben, wenn die von den Eltern der Kinder angestrebte Regelung durch das Familiengericht zunächst im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht getroffen wird, dann aber doch später im Hauptsacheverfahren, und die Auswirkungen, die sich ergeben, wenn das Familiengericht die von den Eltern der Kinder angestrebte Regelung bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren trifft, aber später im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt.
Die Nachteile für die Kinder, wenn die angestrebte Regelung durch das Familiengericht verzögert wird, überwiegen dabei erheblich.
Die Eltern sind jedenfalls nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, § 1666 BGB. Mit Blick auf das bevorstehende Ende der Osterferien besteht auch ein dringendes Bedürfnis, sofort tätig zu werden.
Nach all dem war die aus dem Tenor ersichtliche Entscheidung geboten. Da die Mitschüler der im Tenor namentlich genannten Kinder in gleicher Weise betroffen sind, hat das Gericht seine Entscheidung für diese mit getroffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Antrag soll von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden.
(2) Das Gericht soll den Antrag an die übrigen Beteiligten übermitteln.
(1) Soweit Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden können, kann die Einleitung eines Verfahrens angeregt werden.
(2) Folgt das Gericht der Anregung nach Absatz 1 nicht, hat es denjenigen, der die Einleitung angeregt hat, darüber zu unterrichten, soweit ein berechtigtes Interesse an der Unterrichtung ersichtlich ist.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.