Arbeitsrecht: Alles zum Thema Betriebsübergang nach § 613a BGB

erstmalig veröffentlicht: 06.08.2020, letzte Fassung: 19.10.2022
Zusammenfassung des Autors
Betriebsübergang, § 613a BGB

 

Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB findet statt, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil, also die Organisations- und Leitungsmacht auf einen anderen Inhaber/anderes Unternehmen übertragen wird.

Oft ist ein Betriebsübergang sowohl für Arbeitnehmer/innen als auch für die Unternehmer mit zahlreichen Risiken verbunden. Der § 613a BGB schützt letztere. Gemäß § 613a BGB gehen Arbeitsverhältnisse bei einem Betriebsübergang auf den neuen Inhaber über. Auch das Einkommen sowie sozialer Besitzstand der Arbeitnehmer/innen werden in einem beschränkten Umfang für eine begrenzte Zeit gesichert. Der neue Inhaber tritt in alle Rechte und Pflichten des, zum Zeitpunkt des Übergangs, bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.

Die Frage, ob ein Betriebsübergang tatsächlich stattgefunden hat ist nicht selten Streifgegenstand der Bundesarbeitsgerichte. Lesen Sie hier alles zum Thema Betriebsübergang.

Lür Waldmann - Rechtsanwalt für Arbeitsrecht - Streifler & Kollegen 

 

Voraussetzungen

 

Ein Betrieb oder Betriebsteil muss durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergehen. Das bedeutet, dass die Organisations- und Leitungsmacht auf einen anderen Unternehmer übertragen werden muss. Dabei unterscheidet man zwischen den sogenannten „share deals“ und „asset deals“.

„Share Deal“

Bei einem sogenannten „share deal“ wird das Eigentum einer Firma/eines Unternehmen ganz oder teilweise, in Form von Aktien, an jemand anderen übertragen. Der neue Inhaber erwirbt mithin die Beteiligungsrechte des bisherigen Inhabers mit der Folge, dass das Unternehmen mittelbar auf ihn übergeht. Dabei bleibt das übertragene Unternehmen unverändert fort, weshalb hier noch kein Betriebsübergang vorliegt.

„Asset Deal“

Anders hingegen sieht die Rechtslage bei einem „asset deal“ aus. Dabei werden einzelne oder alle Wirtschaftsgüter (assets) des Unternehmen auf den Erwerber übertragen. Der Rechtsträger veräußert sämtliche oder Teile der sogenannten Aktiva und Passiva des Unternehmens an den Erwerber.

Nicht jeder asset deal stellt auch einen Betriebsübergang dar. Entscheidend für die Beurteilung ob ein Betriebsübergang vorliegt ist, ob sämtliche für die Identität des Unternehmens wesentlichen Bestandteile übertragen wurden, mithin ob der Erwerber die Möglichkeit hat beziehungsweise in der Lage ist den Betrieb/Betriebsteil fortzuführen. 

Betrieb

Unter einem Betrieb versteht man eine auf Dauer angelegte organisatorische Einheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung.

Ein Betriebsübergang liegt also vor wenn ein Rechtsträger eine bestehende auf Dauer angelegten Einheit unter Wahrung ihrer wirtschaftlichen Identität fortführt (vgl. EuGH 06.03.2014 – C-458/12, BAG 22.08.2013 – 8 AZR 521/12).

Doch wann tatsächlich eine solche Einheit von Personen und Sachen gegeben ist, lässt sich oft nur schwer beantworten. Kriterien hierfür können sein:

- Art des Unternehmens
- Übergang der materiellen Betriebsmittel (Gebäude, bewegliche Güter)
- Übernahme der immateriellen Betriebsmittel (Gütezeichen, Warenzeichen, Kundenlisten etc.)
- Übernahme der Hauptbelegschaft unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Fortführung des Unternehmens
- Übergang der Kundschaft und Lieferantenbeziehungen
- Ähnlichkeit zwischen vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten
- Dauer einer möglichen Unterbrechung der Betriebstätigkeit

 

Nach dem Europäischen Gerichtshof müssen alle den Vorgang kennzeichnenden Kriterien berücksichtigt werden. Je nachdem ob es sich bei dem, zu veräußernden, Unternehmen um ein Produktions- und Dienstleistungsbetrieb handelt, kommt diesen Kriterien unterschiedliches Gewicht zu (vgl. EuGH 15.12. 2005 – C-232/04 und C-233/04).

So kann bei einem Dienstleistungsunternehmen bereits dann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn alle für die Fortführung des Betriebes wichtigen Mitarbeiter übernommen werden. Wohingegen bei einem Produktionsgewerbe die Veräußerung betriebsnotwendiger Maschinen einen Betriebsübergang begründen kann.

Betriebsteil 

Auch ein Betriebsteil kann übertragen werden. Ob in einem solchen Fall ein Betriebsübergang stattfindet ist ebenfalls davon abhängig ob die erworbenen Teile auch für den Betriebsveräußerer eine hinreichend abgrenzbar strukturierte und selbstständige wirtschaftliche Einheit dargestellt haben und die Einheit von neuen Inhaber, unter Wahrung ihrer Identität weiter fortgeführt wird. So ist nicht jede Abteilung automatisch auch ein Betriebsteil (vgl. BAG Urteil vom 13.10.2011 AZ. 8 AZR 455/10). Indizien für einen eigenen Betriebsteil können sein:

- besondere Kenntnisse der Arbeitnehmer
- räumliche Abgrenzungen (z.B: eigene Produktionsstätte mit speziell in diesem Betriebsteil genutzten Produkten/Maschinen)
- eigene Organisation der Arbeitsabläufe

Rechtsgeschäft

Weiterhin ist erforderlich, dass ein Betrieb oder ein Betriebsteil infolge eines Rechtsgeschäfts auf einen anderen Unternehmer/Inhaber übergeht. Solche Rechtsgeschäfte, die zum Betriebsübergang führen können sein:

- Verkauf des Betriebes /Betriebsteils
- Verpachtung des Betriebes/ Betriebsteils
- Pächterwechsel
- Unternehmensverschmelzung
- Unternehmensspaltung
- Funktionsübertragung vom bisherigen Unternehmen auf ein anderes Unternehmen (nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich)

 

Folgen

Arbeitsverhältnisse

Die Folge eines Betriebsübergangs ist, dass Arbeitnehmer zwangsläufig einen neuen Arbeitgeber erhalten. Es bedarf keiner Vereinbarung und keines neues Arbeitsvertrages. Der neue Inhaber des Betriebs/Betriebsteils tritt in alle Rechte und Pflichten des bisherigen Unternehmers ein. § 613a BGB stellt eine Vorschrift zum Schutz der Arbeitnehmer dar. Deshalb können weder der alte noch der neue Arbeitgeber den Übergang der Arbeitsverhältnisse unmittelbar verhindern. Interne Vereinbarungen, welche einen solchen Übergang nach § 613a BGB verhindern sollen, sind unwirksam.

Kündigungen

Kündigungen, welche aufgrund des Betriebsübergangs ausgesprochen werden, sind ebenfalls unwirksam. Dem neuen Arbeitgeber steht es jedoch frei betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Dies kann der Fall sein, wenn durch die Übernahme eines Betriebes und der daraus resultierenden Eingliederung der übernommenen Arbeitnehmer, in einem anderen Betrieb, nun zu viele Arbeitnehmer tätig sind. Kündigungen aufgrund des Betriebsübergangs sind auch bei Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern (also bei denen das Kündigungsschutzgesetz aufgrund der Kleinbetriebklausel kein Anwendung findet) nicht gestattet.

Haftung für Verpflichtungen:

Gem. 613a Abs. 2 S. 1 BGB haften sowohl der alte als auch der neue Inhaber als Gesamtschuldner für alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis, wie zum Beispiel Lohnrückstände. Das bedeutet der Arbeitnehmer hat die Wahl bei welchen Arbeitgeber er sein Geld einfordern möchte. Entscheidend ist folgendes:

- Verpflichtung entstand vor Betriebsübergang
- Verpflichtung wird vor Betriebsübergang oder bis ein Jahr nach Betriebsübergang geltend gemacht

Für Forderungen welche erst nach dem Betriebsübergang fällig werden, haftet der ehemalige Arbeitgeber nur anteilig. Oftmals handelt es sich hierbei um Prämien und andere Ansprüche, welche erst am Jahresende zu zahlen sind. Geht ein Betrieb erst in Jahresmitte, also im Juni über, so zahlt der ehemalige Arbeitgeber für die Zeit vor dem Betriebsübergang.

Tarifvertrag

Neuer Inhaber mit selben Tarifvertrag:

Bei dem Wechsel eines Betriebes/Betriebsteils auf einen neuen Inhaber, welcher dem selben Tarifvertrag unterliegt wie das vorherige Unternehmen, bleibt der alte Tarifvertrag bestehen; an seiner Geltung ändert sich nichts.

Neuer Inhaber mit unterschiedlichen Tarifvertrag:

Wechselt ein Betrieb/Betriebsteil auf einen Inhaber über, welcher einem anderen Tarifvertrag unterliegt, gilt dieser andere Tarifvertrag für die übernommenen Beschäftigten nur soweit sie auch Mitglied einer in einer Gewerkschaft sind, die auch diesen anderen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Sofern dies nicht der Fall ist, gelten die bisherigen tariflichen Bestimmungen, wenn die Arbeitnehmer/innen Mitglied einer Gewerkschaft sind, welche dessen zuerst geltenden Tarifvertrag abgeschlossen hat.

Nach einem Jahr steht es dem neuen Arbeitgeber gem. § 613a I 2BGB der Versuch zu, eine Änderung durchzusetzen beziehungsweise eine Änderungskündigung nach § 2 Kündigungsschutzgesetz auszusprechen.

Betriebsvereinbarungen 

Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers welche in Betriebsvereinbarungen geregelt sind werden Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zwischen den neuen Arbeitgeber und dem Beschäftigten. Änderungen können erst einmal nur zugunsten des Mitarbeiters vorgenommen werden. Sie sind zulasten des Mitarbeiters erst ein Jahr nach Betriebsübergang möglich. Es gilt zunächst ein „Schlechterstellungsverbot“.

Betriebsvereinbarungen bei Übergang eines Betriebs 

Bei dem Übergang eines ganzen Betriebes wechselt automatisch auch der Betriebsrat. Alle Betriebsvereinbarungen werden mithin übernommen. Dies allerdings nur insoweit der übergehende Betrieb in den übernehmenden Betrieb noch verbleibt. Wird der neue Betrieb in einem anderen/neuen Bereich des übernehmenden Unternehmens eingegliedert, wird der Betriebsrat aufgelöst. Gleiches gilt bei einer Stilllegung des Betriebes durch das neue Unternehmen.

Betriebsvereinbarungen bei Übergang eines Betriebsteils

Bei dem Übergang eines Betriebsteils, welcher den Hauptteil eines Unternehmens darstellt, geht auch hier der Betriebsrat und somit die Betriebsvereinbarungen/Gesamtbetriebsvereinbarungen mit auf das kaufende Unternehmen über. Notwendig ist, dass der Betriebsteil als eigenständiger Betrieb fortgeführt wird. Wird der Betriebsteil in einem, beim Erwerber existierenden Betrieb eingegliedert, gelten die dort bestehenden Betriebsvereinbarungen. Die alten Betriebsvereinbarungen sind jedoch weiterhin Inhalt des Arbeitsverhältnisses.

Ende der Einjahresfrist

Nach einem Jahr besteht gem. § 613a I 2BGB die Möglichkeit einer Änderung beziehungsweise die Möglichkeit der Aussprache einer Änderungskündigung nach § 2 Kündigungsschutzgesetz - soweit alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind - durch den neuen Arbeitgeber. Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot zur weiterer Zusammenarbeit unter geänderten Vertragsbedienungen.

Findet das Kündigungsschutzgesetz aufgrund der Größe des Betriebes Anwendung, kann der Angestellte die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt, dass sie sozial gerechtfertigt ist annehmen. Weiterhin steht dem Arbeitnehmer frei eine Änderungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu erheben. Dieses überprüft sodann, ob diese sozial gerechtfertigt ist.

 

Informationspflicht

Betriebsrat 

Bei einem Betriebsübergan hat der Unternehmer hat keine Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat. Diesem fehlt das Mitbestimmungsrecht, um in die Entscheidung über einen Betriebsübergang miteinbezogen zu werden.

Jedoch gehen mit dem Betriebsübergang oft Betriebsänderungen einher, welche oft Nachteile für die Arbeitnehmer eines Betriebes haben. Nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Betriebsrat bei Betriebsänderungen von denen mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer betroffen sind und welche wesentliche oder erhebliche Nachteile für jene zur Folge haben, stets umfassend informiert werden. Auch Verhandlungen über einen Interessensausgleich sollten dann aufgenommen werden.

Folgendes gilt nach § 111 Abs. 1 S. 3 BetrVG als Betriebsvereinbarung:

- Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebes
- Einschränkung oder Stilllegung von wesentlichen Betriebsteilen
- Verlegung der Produktionsstätte eines ganzen Betriebes
- Verlegung der Produktionsstätte von wesentlichen Betriebsteilen
- Zusammenschluss mit anderen Betrieben
- Spaltung von Betrieben
- wesentliche Änderungen bei Betriebsorganisation, Betriebsanlagen, Betriebszweck
- wesentliche Umstrukturierungen im Betrieb

Folgende Rechte stehen dem Betriebsrat bei einer Betriebsänderung zu:

- rechtzeitige und umfassende Unterrichtung über die Betriebsänderung
- Beratung der Betriebsänderung gemeinsam mit dem Arbeitgeber
- Verhandlung über einen Interessensausgleich
- Ausarbeitung eines Sozialplans durch Arbeitgeber
- Zuziehen eines Beraters (bei Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern)

Ist kein Betriebsrat vorhanden ist es für Unternehmer wesentlich einfacher Betriebsänderungen vorzunehmen. Zwar müssen alle individuellen Rechte der Arbeitnehmer gewahrt werden - so müssen insbesondere Kündigungsschutzfristen Beachtung finden – jedoch sind keine weiteren Zwischenschritte notwendig, um eine Betriebsänderung durchzusetzen.

Arbeitnehmer

Bei dem Vorhaben seinen Betrieb oder einen Teil seines Betriebes zu veräußern, ist ein Arbeitgeber gem. § 613a VBGB verpflichtet die Beschäftigten darüber zu informieren. Dies muss in schriftlicher Form vor dem Betriebsübergang erfolgen. Inhalt müssen folgen Punkte sein:

- voraussichtlicher Zeitpunkt des Betriebsübergangs
- Grund des Betriebsübergangs
- rechtliche, soziale und wirtschaftliche Folgen für Arbeitnehmer
- voraussichtliche Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitnehmer

Auch der Erwerber kann die Angestellten informieren. Es müssen alle vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer informiert werden.

Widerspruchsrecht

Arbeitnehmer können nicht gezwungen werden für einen neuen Arbeitgeber zu arbeiten. Deshalb steht ihnen bei einem Betriebsübergang ein Widerspruchsrecht zu. Arbeitnehmer können gem. § 613a VIBGB einen Betriebsübergang widersprechen, sofern sie nicht bei dem neuen Arbeitgeber tätig sein wollen.

Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Information über den Betriebsübergang, vom Arbeitnehmer schriftlich erklärt werden. Der Widerspruch kann auch hier sowohl beim alten als auch beim neuen Arbeitgeber eingereicht werden.

_______________________________________________________________________________________________________

 

Was Sie als Unternehmer wissen sollten:

 


Wann ist eine Betriebsübernahme nicht sinnvoll?

Bei einem Betriebsübergang tritt der neue Inhaber in alle Rechte und Pflichten des alten Betriebsinhabers ein – er wird neuer Arbeitgeber. Dem können Arbeitnehmer jedoch widersprechen. Bei der Übernahme eines Betriebes, welches hauptsächlich durch seine Mitarbeiter und deren Kenntnisse geprägt ist, sollten Sie als Unternehmer sicherstellen, dass alle für die Existenz und Fortführung des Betriebes unersetzbaren Mitarbeiter auch die Absicht haben für Ihr Unternehmen tätig zu werden. Ist dies nicht der Fall sollte ein Betriebsübergang nochmal durchdacht werden.

 


Was droht bei nicht vollständiger Erfüllung der Informationspflicht?

Sie als Unternehmer sollten Ihre Informationspflicht in jedem Fall nicht vernachlässigen. Entsteht ihren Mitarbeiter/innen durch fehlerhafte oder Falschinformationen ein Schaden, haften Sie als Unternehmer – Ihren Mitarbeiter/innen steht ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB zu.

Weiterhin ist zu beachten, dass die Widerspruchsfrist des Arbeitnehmers erst mit der vollständigen Erfüllung der Informationspflicht des Arbeitgebers beginnt.

 


Was muss ich beachten, wenn ich als Unternehmer einen Betriebsübergang verhindern möchte?

Obwohl sich die Frage „Wann findet ein Betriebsübergang statt?“ nicht direkt aus dem Gesetz heraus beantworten lässt, hat der EuGH sowie das BAG anhand ihrer Rechtsprechung Kriterien aufgestellt, an denen sich Richter bei ihrer Urteilsfindung, sowie Unternehmer bei der Übernahme eines Betriebes orientieren können. Zwar sind alle den Vorgang kennzeichnenden Tatsachen zu berücksichtigen. Erstrittene Urteile zeigen jedoch: Betriebsübergänge werden jedoch oft auch beim Fehlen einzelner oder gar sämtlicher Kriterien, angenommen. Entscheidend ist oft Beurteilung der Erheblichkeit einzelner Kriterien für die Fortführung des Unternehmens - was Sie als Unternehmer am besten beurteilen und bestenfalls mit ihren Anwalt qualitativ herausarbeiten können, um die Folgen eines Betriebsübergangs zu verhindern. Entscheidend ist deshalb oft die Betrachtungsweise, eine gute Planung, sowie eine klare Argumentation. Holen Sie sich fachliche Unterstützung!

 


Was Sie als Arbeitnehmer wissen sollten:

 


Sollte ich beim Betriebsübergang einen neuen Vertrag unterschreiben?

Nein! Gem. § 613a BGB gehen alle Arbeitsverhältnisse bei einem Betriebsübergang auf den neuen Inhaber über. Dieser neuer Inhaber des Unternehmens ist nun Ihr neuer Arbeitgeber. Dies geschieht kraft Gesetz und bedarf keines weiteren Vertrages. Diese Rechtsfolge ist auch zwingend. Das bedeutet, dass alle Vereinbarungen, welche von den Inhalt des ursprünglichen Arbeitsvertrages zu ihren Lasten abweichen, unwirksam sind.

Sie haben bereits einen Vertrag unterschrieben, indem Sie „freiwillig“ auf dieses Recht verzichtet haben? Auch solche Vertragsänderung ist unwirksam, wenn Sie hierfür keinen sachlichen Grund benannt haben.

 


Wann sollte ich von dem Widerspruchsrecht Gebrauch machen?

Immer dann, wenn Sie – unerheblich aus welchen Gründen – nicht bei dem neuen Arbeitgeber arbeiten möchten oder bei Ihren bisherigen Arbeitgeber tätig bleiben wollen. Jedoch sollten Sie nicht zu vorschnell handeln. Zwar führt ein Widerspruch dazu, dass das Arbeitsverhältnis mit Ihrem alten Arbeitgeber weiterhin fortbesteht, jedoch sollten Sie vorher sicher gehen, dass es diesen möglich ist Sie weiterhin zu beschäftigen. Oft wird ein Betrieb aus Kostengründen veräußert. Dem Arbeitgeber fehlen sowohl die Mittel als das Unternehmen selbst um weiterhin Löhne auszuzahlen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Eine betriebsbedingte Kündigung ist oftmals die Folge.

Ein Widerspruch ist sinnvoll, wenn nur ein Betriebsteil veräußert wurde und Sie als Mitarbeiter/in weiterhin in den verbliebenen Betriebsteil eingesetzt werden können.

Beachten Sie, dass es durch Ihren Widerspruch dazu kommen könnte, dass ein/e Mitarbeiter/in, welche in einem anderen Betriebsteil eingesetzt ist ihre Arbeitsstelle verliert. Dies ist möglich, wenn keine Arbeitsstelle in dem verblieben Betriebszweig frei ist. Sozialauswahl

Beachten Sie außerdem, dass bei einer Kündigung ohne wichtigen Grund, die Agentur für Arbeit eine Sperrfrist verhängen darf.

 


Ist es möglich sein Widerspruchsrecht zu verwirken?

Es ist möglich, dass Angestellte, welche ihr Widerspruchsrecht lange Zeit nicht ausüben, dieses unter bestimmten Voraussetzungen verwirken können. Zum Beisiel ist es nicht gestattet sich zunächst auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu berufen und längere Zeit später einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang zu erklären. Trotz fristgerecht eingelegten Widerspruch gilt solches Verhalten als rechtsmißbräuchlich (vgl. Urteil vom 17.10.2013 Az. 8 AZR 974/12).

 

Haben Sie noch Fragen zum Thema Arbeitsrecht? Dann kontaktieren Sie Streifler & Kollegen und lassen Sie sich fachkundig beraten.

 

 

 

 

Gesetze

Gesetze

4 Gesetze werden in diesem Text zitiert

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


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Referenzen

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 19. April 2012 - 5 Sa 466/11 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 27. Oktober 2011 - 5 Ca 1083 b/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. durch deren Kündigung vom 27. Mai 2011 nicht aufgelöst worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Revision des Klägers wird im Übrigen zurückgewiesen.

3. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 4/7 und die Beklagte zu 1. zu 3/7. Der Kläger hat darüber hinaus die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der früheren Beklagten zu 1. im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte (erstinstanzlich: Beklagte zu 2.) übergegangen und der Kläger von der Beklagten als Hafenarbeiter weiterzubeschäftigen ist.

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 2005 als Staplerfahrer bei der S GmbH (erstinstanzlich: Beklagte zu 1., künftig: S) beschäftigt. Bei der S handelte es sich um einen reinen Hafenumschlag- und Stauereibetrieb. Sie übernahm Mitte 2005 - im Wege eines Betriebsübergangs - den operativen Hafenumschlag- und Stauereibetrieb der B GmbH (künftig: B) und war fortan als Subunternehmerin und auf der Grundlage eines Werkvertrags ausschließlich für die B T GmbH (künftig: BT) am O tätig. Die BT war selbst nicht operativ tätig, sondern führte - als Personaldienstleister - die Verwaltung des Umschlag- und Stauereibetriebes und schloss zudem die Einlagerungsverträge mit Kunden ab. Sie bewahrte das Stückgut (in erster Linie Ferroalloy-Container und Holz) in von ihr gepachteten Lagerhallen bis zum Weitertransport auf. Die BT hatte vertragliche Beziehungen mit der T GmbH (künftig: T). Diese importierte im Wesentlichen Ferroalloy, eine Legierung, die für die Stahlherstellung benötigt wird, aus Osteuropa.

3

Die Einlagerung des Ferroalloy und des Holzes erfolgte in zwei großen Lagerhallen, die sich auf einem damals im Erbbaurecht der T stehenden Gelände am O befinden. Die BT hatte die Hallen nebst einer Remise von der T gepachtet und die S als ihre Subunternehmerin damit beauftragt, die zuvor von Drittunternehmen von den einlaufenden Schiffen gelöschten Ferroalloy-Container sowie mit Holzstämmen beladene Mafis (gummibereifte Plattformen) von den Kaianlagen zu den Lagerhallen zu transportieren und in die Lagerhallen ein- und beim späteren Abtransport von dort wieder auszulagern.

4

Ihren Gesamtumsatz bestritt die S zu etwa 90 % mit dem Umschlag jener Ferroalloy-Container. Daneben führte sie - gleichfalls als Subunternehmerin der BT - Umschlagtätigkeiten für Holz und Stückgut für insgesamt 42 weitere Unternehmen aus, die ihrerseits Geschäftsbeziehungen zu der T unterhielten.

5

Die für die Umschlag-, Einlagerungs- und Auslagerungstätigkeiten notwendigen Geräte und Fahrzeuge - etwa Kran, Tugmaster, Reachstacker und Gabelstapler - stellte die T der S aufgrund eines Mietvertrags zur Verfügung. Jene Betriebsmittel standen entweder im Eigentum der T oder waren - wie drei Reachstacker, fünf Tugmaster oder sieben Gabelstapler - von dieser geleast worden.

6

Die T stellte den Ferroalloy-Import mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 ein, sodass seit diesem Zeitpunkt insoweit auch keine Umschlagtätigkeiten für die S mehr anfielen. Vor diesem Hintergrund kündigte die T schließlich den Einlagerungsvertrag mit der BT, sodass die BT ihrerseits den Werkvertrag mit der S zum 30. Juni 2011 kündigte. Sowohl die BT als auch die S stellten ihre Geschäftstätigkeiten zum 30. Juni 2011 ein.

7

Bereits im Mai 2011 hatte die S den Kläger sowie weitere Arbeitnehmer über einen möglichen Betriebsübergang informiert und ihm zugleich den Abschluss eines Aufhebungsvertrags angeboten. In dem Schreiben heißt es ua.:

„Die B T GmbH (‚BT’) wird ihren Betrieb zum 30.06.2011 stilllegen und ihr gesamtes Anlagevermögen zum Stichtag 01.07.2011 an die Se GmbH & Co. KG (‚Se’), vertreten durch deren Komplementärin Se Verwaltungs-GmbH, K, … veräußern. Die BT wird daher zukünftig keine Aufträge an die S GmbH (‚S’) erteilen können, so dass auch die S ihren Betrieb zum 30.06.2011 stilllegen wird. Die bisher von der S bzw. BT ausgeführten Aufträge sollen nach dem Willen der Se künftig durch die St GmbH (‚St’), … ausgeführt werden. Es ist bislang nicht entschieden, ob die St versucht, die Aufträge im eigenen Namen zu akquirieren oder ob die Se versuchen wird, die Aufträge selbst zu akquirieren, um dann die St als Subunternehmer einzusetzen.

Die Se und die St sind nur bereit, einzelne bereits vorgewählte Arbeitnehmer der S und/oder BT zu übernehmen. Die Übernahme weiterer Arbeitnehmer lehnen sie ab.

Weder die S noch die BT können nach der Betriebsstilllegung noch Arbeitnehmer beschäftigen, weil keine Arbeit mehr vorhanden ist, die verteilt werden könnte. Die S und die BT werden daher allen ihren Arbeitnehmern betriebsbedingt kündigen. …

Es ist angesichts der aufgeführten Konstellation fraglich, ob ein Betriebsübergang vorliegt und wer Betriebsübernehmerin ist. Im Hinblick auf die BT spricht weniges dafür, dass die Se durch Übernahme des gesamten Anlagevermögens Betriebsübernehmerin ist. Auch im Hinblick auf die S spricht weniges dafür, dass die beabsichtigte Übernahme der bestehenden Aufträge der S durch die St oder die Se dazu führt, dass - je nachdem wer Auftragnehmerin wird - die St oder die Se Betriebsübernehmerin ist.

Soweit ein Betriebsübergang auf die Se und/oder St vorliegt, geht Ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB mit allen Rechten und Pflichten zum 01.07.2011 auf die Betriebsübernehmerin über. Der Übergang erfolgt kraft Gesetzes, so dass ihrerseits keine Erklärungen notwendig sind, wenn Sie zukünftig für die Betriebsübernehmerin tätig werden wollen. Eine Änderung Ihrer bisherigen Arbeitsbedingungen mit der S ist [mit] dem Betriebsübergang nicht verbunden.“

8

Der Kläger lehnte den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ab, worauf die S das Arbeitsverhältnis mit ihm durch Schreiben vom 27. Mai 2011 zum 31. Juli 2011 kündigte.

9

Die T stellte wegen des Wegfalls des Ferroalloy-Geschäftes ebenfalls ihre Geschäftstätigkeit in K ein. Das Erbbaurecht an dem Grundstück mit den beiden Lagerhallen und der Remise veräußerte sie mit Wirkung zum 1. Juli 2011 an die Se K GmbH & Co. KG (künftig: Se K), die Muttergesellschaft der Beklagten. Se K erweiterte so das seit langem von ihr betriebene Lagergeschäft.

10

Bei der Beklagten handelt es sich um einen bereits seit vielen Jahren bestehenden und im K Hafen - auch am O - tätigen Umschlagbetrieb, der auch vor dem vom Kläger angenommenen Betriebsübergang zum 1. Juli 2011 bereits über erhebliche eigene Betriebsmittel wie Reachstacker, Tugmaster, Trailer und Gabelstapler sowie anderes Arbeitsgerät verfügte. Zudem stand der Beklagten am O seit jeher ein im Eigentum der Se K befindlicher Kran für Umschlagarbeiten zur Verfügung. Die Beklagte beschäftigte Mitte 2011 rund 40 Mitarbeiter. Der einzige Auftraggeber der Beklagten war und ist deren Muttergesellschaft, Se K, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt K ist.

11

Die T veräußerte nicht nur das Erbbaurecht, sondern auch nahezu ihr gesamtes Betriebsvermögen an die Se K. Etliche Teile jenes Betriebsvermögens, ua. einen Kran, hatte T zuvor der S im Rahmen eines Mietvertrags zur Nutzung überlassen. Trailer, die zuvor im Eigentum der T gestanden hatten und gleichfalls an die S vermietet worden waren, wurden von der T allerdings weder an die Se K noch an die Beklagte veräußert.

12

Von den frisch erworbenen Betriebsmitteln stellte die Se K ihrer Tochtergesellschaft, der Beklagten, allerdings nur den Kran zur Verfügung. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob sie den Kran der Beklagten bereits ab dem 1. Juli 2011 oder erst - nach Instandsetzung - ab Ende Januar 2012 zur Nutzung überließ. Weiteres von der T an die Se K veräußertes Betriebsvermögen wurde der Beklagten weder zur Nutzung überlassen noch von dieser tatsächlich genutzt. Auch zwei Mafis, welche die T der Se K übertragen hatte, wurden und werden nicht von der Beklagten genutzt.

13

Die T hatte der S auch Betriebsmittel vermietet, die sie selbst lediglich geleast hatte, etwa drei Reachstacker und fünf Tugmaster. Weder die Se K noch die Beklagte traten in die entsprechenden Leasingverträge ein. Allerdings übernahm die Beklagte am 1. Juli 2011 von der S bzw. der T sieben Gabelstapler, indem sie ihrerseits in die betreffenden, ursprünglich mit der T geschlossenen Leasingverträge eintrat. Hierdurch erhöhte die Beklagte ihren Bestand an Gabelstaplern von 16 auf 23. 

14

Zudem beschäftigte die Beklagte von den ehemals bei der S tätigen zwölf gewerblichen Arbeitnehmern vier Hafenwerker (Hafenarbeiter) weiter, womit sie ihren Mitarbeiterstamm von 43 auf 47 aufstockte.

15

Die Se K beabsichtigt, auf dem Erbbaugrundstück ein Kreuzfahrtterminal einzurichten und zu betreiben. Darüber hinaus soll in den vorhandenen zwei Hallen Papier aus Skandinavien und dem Baltikum umgeschlagen und gelagert werden.

16

Der Kläger meint, dass es sich vorliegend um einen Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB handele. Dies ergebe sich bereits aus dem Unterrichtungsschreiben der S vom 4. Mai 2011. Auch seien sieben Gabelstapler als Betriebsmittel von der S auf die Beklagte übergegangen. Zudem nutze die Beklagte ebenso wie zuvor die S dieselben Lagerflächen und Anlagen. Die Beklagte habe auch Teile der Belegschaft von der S übernommen und wickle mit diesen zuvor von der S durchgeführte Aufträge weiter ab. Darüber hinaus nutze die Beklagte neben dem Kran der Stadt K den ehemals von der T der S zur Verfügung gestellten Kran. Die Beklagte setze auch das gleiche Geschäft fort wie zuvor die S, nämlich das Umschlaggeschäft. Der Betriebszweck habe sich nicht geändert. So würden die wesentlichen Produktionsmittel - Zugang zu den Kaianlagen, Hafenfläche, Hallen, Remise, Gleisanschluss, Kran, Gabelstapler, Tugmaster und von Reedern zur Verfügung gestellte Mafis - weiterhin bei der Beklagten für die Durchführung von Löscharbeiten auf Frachtschiffen der Linien K-Baltikum derart miteinander verknüpft, dass die Beklagte dieselbe wirtschaftliche Tätigkeit ausüben könne wie zuvor die S.

17

Der Kläger hatte mit einer gegen die S (die frühere Beklagte zu 1.) gerichteten Kündigungsschutzklage vom 14. Juni 2011 beantragt

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der S vom 27. Mai 2011 aufgelöst worden ist.

18

Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 hat der Kläger die Klage auf die Beklagte (erstinstanzlich: Beklagte zu 2.) erweitert und beantragt

2. festzustellen, dass die Beklagte zu 2. am 1. Juli 2011 in die Rechte und Pflichten des zwischen dem Kläger und der S bestehenden Arbeitsverhältnisses eingetreten ist.

19

Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 hat der Kläger dann zusätzlich beantragt,

3. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1., den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Hafenarbeiter weiterzubeschäftigen.

20

In der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 27. Oktober 2011 hat der Kläger bezüglich der Antragstellung zu 3. klargestellt, dass die Beklagte zu 2. (die jetzige Beklagte) „für den Fall des Obsiegens mit dem Klagantrag zu 1. und 2.“ verurteilt werden solle.

21

Die S und die Beklagte haben vor dem Arbeitsgericht Klageabweisung beantragt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass kein Betriebsübergang vorliege. Das von der S genutzte und ursprünglich im Eigentum der T befindliche materielle Betriebsvermögen sei gerade nicht in seiner Gesamtheit auf die Beklagte übergegangen. Sie nutze nach siebenmonatiger Unterbrechung lediglich einen Kran weiter, auf den sie aber wegen des bereits vorhandenen Krans der Stadt K nicht angewiesen gewesen sei. Sie habe ansonsten auch keinen Bedarf für die ehemaligen Betriebsmittel der S, da sie bereits seit Jahrzehnten am K Hafen als Umschlagunternehmen tätig sei und auf ausreichende eigene Betriebsmittel zurückgreifen könne. Im Übrigen sei sie nur in Leasingverträge der T für sieben Gabelstapler eingetreten. Von der S seien auch keinerlei immaterielle Betriebsmittel übernommen worden, weder irgendein „Goodwill“ noch irgendwelches „Know-how“. Sie habe auch weder die Hauptbelegschaft der S übernommen noch eine Änderung ihrer Organisationsstruktur vorgenommen. Schließlich seien auch keinerlei Kunden- oder Lieferantenbeziehungen übergegangen. Ihr einziger Auftraggeber sei nach wie vor ihre Muttergesellschaft, die Se K.

22

Das Arbeitsgericht hat der Klage, dh. allen drei Anträgen des Klägers stattgegeben. Berufung hat lediglich die Beklagte - ursprünglich: Beklagte zu 2. - eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen, wobei es die Kosten der ersten und zweiten Instanz dem Kläger auferlegt hat.

23

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

24

Die Revision des Klägers ist im Wesentlichen unbegründet. Sein Arbeitsverhältnis ist nicht im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte, die ehemalige Beklagte zu 2., übergegangen.

25

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

26

Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht von der S, dh. der ehemaligen Beklagten zu 1., auf die Beklagte übergegangen. Die von der S ausgesprochene Kündigung vom 27. Mai 2011 habe nicht gegen § 613a BGB verstoßen und sei wegen der unstreitig zum 30. Juni 2011 erfolgten Betriebsstilllegung der S sozial gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte habe ihrerseits den stillgelegten Stauereibetrieb der S nicht übernommen. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe einen Betriebsübergang von der S auf die Beklagte nicht darzulegen vermocht.

27

Bei der S habe es sich um ein Unternehmen gehandelt, das zwingend auf schweres Gerät und Fahrzeuge angewiesen gewesen sei. Die Beklagte habe keine wesentlichen und das Gewerbe prägenden Teile der materiellen Aktiva der S übernommen. Sie habe nur sieben Gabelstapler dadurch, dass sie in die entsprechenden Leasingverträge der T eingetreten sei, übernommen. Im Verhältnis zu den gesamten der S ursprünglich zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln hätten diese sieben Gabelstapler jedoch nicht den wesentlichen und prägenden Anteil dargestellt. Soweit der Kläger behaupte, die Beklagte habe zudem bereits zum 1. Juli 2011 einen Kran von der T übernommen, habe er diesen bestrittenen Vortrag nicht unter Beweis gestellt. Die Beklagte sei auf die Übernahme der materiellen Betriebsmittel der S auch nicht angewiesen gewesen, um ihre werkvertraglichen Verpflichtungen mit der Se K zu erfüllen. Sie habe bereits vorab über eigene Tugmaster, Reachstacker und 16 Gabelstapler verfügt.

28

Die zwei auf dem Erbbaugrundstück befindlichen Lagerhallen und die Remise hätten nicht zu den Betriebsmitteln der S gehört. Der Betriebszweck der S habe nämlich nicht in dem Stauen und der Einlagerung von Waren bestanden, sondern ausschließlich im Stauen der Waren. Die Einlagerungsverträge habe ausschließlich die BT geschlossen, die auch die Hallen mit Remise von der T gepachtet habe. Im Übrigen habe die Beklagte die beiden Lagerhallen und die Remise weder von der T noch von der BT übernommen und nutze diese nicht. Vielmehr habe die T das Erbbaugrundstück, auf dem sich diese beiden Hallen und die Remise befinden, an die Se K verkauft, die damit ihren bisherigen und neuen Kunden zusätzliche Lagerkapazitäten anbiete.

29

Die Beklagte habe auch keine wesentlichen Teile des Personals der S übernommen. Von den ehemals bei der S beschäftigten zwölf gewerblichen Arbeitnehmern habe sie nur vier Hafenwerker neu eingestellt und damit ihren Mitarbeiterstamm von 43 auf 47 aufgestockt.

30

Es fehle auch an der Übernahme immaterieller Betriebsmittel wie „Know-how“ oder „Goodwill“. Bei der Beklagten handele es sich um ein bereits seit Jahren am Ostufer tätiges und damit etabliertes Umschlagunternehmen, das in Konkurrenz zur stillgelegten S gestanden sei. Seit Jahrzehnten führe die Beklagte für ihren einzigen Auftraggeber, die Se K, die Lösch-, Umschlag- und Transportarbeiten als Subunternehmerin durch.

31

Die Beklagte sei schließlich auch nicht in Kunden- oder Lieferantenbeziehungen der S eingetreten. Nach wie vor habe sie nur einen einzigen Kunden, nämlich die Se K. Diese sei aber auch ihrerseits nicht in die wesentlichen Kundenbeziehungen der ehemaligen BT, dh. der einzigen Auftraggeberin der ehemaligen S, eingetreten. So sei das prägende Ferroalloy-Geschäft weggefallen, von dem die BT und die S im Wesentlichen „gelebt“ hätten. Mit dem Umschlag und der Einlagerung der Ferroalloy-Container hätten jene Unternehmen ihren ganz überwiegenden Umsatz erwirtschaftet, während der Holzumschlag nur ca. 20 % des Gesamtumsatzes ausgemacht habe. Die drei Hauptkunden der BT hätten die Vertragsbeziehungen gekündigt, während von den verbliebenen Kundenkontakten der BT zu 27 Holzlieferanten die Se K nur acht Geschäftskontakte habe aufnehmen und fortsetzen können.

32

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nur teilweise einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Soweit es die gegen die frühere Beklagte zu 1. (S) erhobene - bereits in erster Instanz rechtskräftig zugunsten des Klägers entschiedene - Kündigungsschutzklage (Klageantrag zu 1.) abgewiesen hat, ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Recht die Übernahme des Betriebes der S durch die Beklagte und damit den vom Kläger geltend gemachten Betriebsübergang (§ 613a Abs. 1 BGB) verneint.

33

I. Nach § 528 Satz 2 ZPO darf das Berufungsgericht das Urteil des ersten Rechtszuges nur insoweit abändern, als eine solche Abänderung beantragt ist. Die frühere Beklagte zu 1. hatte jedoch kein Rechtsmittel eingelegt, während sich die Berufung der Beklagten (erstinstanzlich: Beklagte zu 2.) nicht auf die gegen die frühere Beklagte zu 1. gerichtete Kündigungsschutzklage erstreckt hatte. Dieser Gesetzesverstoß ist im Revisionsverfahren ebenso wie ein Verstoß gegen § 308 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen(vgl. BAG 4. März 1993 - 2 AZR 507/92 -).

34

1. Der Tenor des Berufungsurteils lässt sich nicht einschränkend dahin gehend auslegen, dass nur die Klage gegen die Beklagte (erstinstanzlich: Beklagte zu 2.) abgewiesen werden sollte und es bei der rechtskräftigen Verurteilung der Beklagten zu 1. verbleiben sollte. Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut („und die Klage abgewiesen“) sowie die getroffene Kostenentscheidung. Zudem hat das Berufungsgericht in seiner Begründung beide Beklagten „vermengt“ und bei seiner Entscheidung offensichtlich übersehen, dass die frühere Beklagte zu 1. ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt hatte.

35

2. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Kläger habe seine Kündigungsschutzklage erstinstanzlich auch gegen die Beklagte (als damalige Beklagte zu 2.) gerichtet, sodass diese auch insoweit Berufung habe einlegen können, ist dem nicht zu folgen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers war ausschließlich gegen die damalige Beklagte zu 1. gerichtet. Aus den Schriftsätzen der Beklagten in der ersten Instanz sowie in der Berufungsinstanz und aus ihrer Antragstellung in der Berufungsinstanz ergibt sich nicht, dass sie sich auch gegen die Kündigungsschutzklage zur Wehr gesetzt hat.

36

Aus dem Wortlaut der sukzessiv gestellten Klageanträge und der zeitlichen Abfolge der Antragstellung ergibt sich, dass sich der Klageantrag zu 1. durchgängig nur gegen die frühere Beklagte zu 1. gerichtet hat und mit „Parteien“ nur der Kläger und die Beklagte zu 1. gemeint waren.

37

Es liegt auch keine notwendige Streitgenossenschaft vor, die eine andere Beurteilung erfordern würde. Zwischen der früheren Beklagten zu 1. und der Beklagten hat keine notwendige Streitgenossenschaft iSd. § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO bestanden. Eine solche entsteht nämlich nicht allein dadurch, dass in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten dieselbe (Vor-)Frage von Bedeutung ist, hier die Frage, ob ein Betriebsübergang vorgelegen hat. Zwischen einem (vermeintlichen) Betriebsveräußerer und einem (vermeintlichen) Betriebserwerber besteht keine notwendige Streitgenossenschaft (vgl. BAG 4. März 1993 - 2 AZR 507/92 - zu A 1 b der Gründe).

38

3. Nur bezüglich dieses Verstoßes des Landesarbeitsgerichts gegen § 528 Satz 2 ZPO ist die Revision begründet.

39

II. Im Übrigen hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, soweit es das Vorliegen eines Betriebsübergangs verneint und die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und auf Weiterbeschäftigung abgewiesen hat.

40

1. Ein Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl. EuGH 11. März 1997 - C-13/95 - [Ayse Süzen] Rn. 13 - 18, Slg. 1997, I-1259; 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 32 - 35, Slg. 2005, I-11237; BAG 13. Dezember 2007 - 8 AZR 937/06 - Rn. 12).

41

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 -  C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30). Eine Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, aaO; 11. März 1997 - C-13/95 - [Ayse Süzen] Rn. 15, Slg. 1997, I-1259).

42

In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Carlito Abler] Rn. 36, 37, Slg. 2003, I-14023; vgl. auch BAG 22. Juli 2004 - 8 AZR 350/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 111, 283). Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 17, BAGE 121, 289). Kriterien hierfür können sein, dass die Betriebsmittel unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind (vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - Rn. 21, aaO), auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist (vgl. BAG 13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 -). Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, schließt den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 50, 51).

43

Wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur oder im Konzept der betrieblichen Tätigkeit können einer Identitätswahrung entgegenstehen (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - Rn. 34 mwN, BAGE 118, 168). So spricht eine Änderung des Betriebszwecks gegen eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung des Betriebes und damit gegen die für einen Betriebsübergang erforderliche Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 331/05 -).

44

Ein Betriebsübergang scheidet auch aus, wenn die funktionelle Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den Produktionsfaktoren beim anderen Unternehmer verloren geht. Bei einer Eingliederung der übertragenen Einheit in die Struktur des Erwerbers fällt der Zusammenhang dieser funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen den für einen Betriebsübergang maßgeblichen Faktoren nicht zwangsläufig weg. Die Beibehaltung der „organisatorischen Selbstständigkeit“ ist nicht erforderlich, wohl aber die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs zwischen den verschiedenen übertragenen Faktoren, der es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren, auch wenn sie in eine andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zur Verfolgung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803; BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 326/09 - Rn. 27).

45

Dem Übergang eines gesamten Betriebes steht der Übergang eines Betriebsteils gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebes bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 36, BAGE 139, 309; 27. Januar 2011 - 8 AZR 326/09 - Rn. 23). Beim bisherigen Betriebsinhaber musste also eine selbstständig abtrennbare organisatorische Einheit vorhanden sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 326/09 - Rn. 23). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen keine andersartigen Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl. BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 -), wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbstständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der Betriebs(teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 48, Slg. 2009, I-803).

46

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht das Vorliegen eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zutreffend verneint.

47

a) Aus dem Informationsschreiben der S lässt sich für die Annahme eines Betriebsübergangs nichts herleiten. Bei dem Schreiben handelte es sich um eine vorsorgliche Information nach § 613a Abs. 5 BGB. Aus ihm ist nicht zu entnehmen, dass ein Betriebsübergang gerade auf die Beklagte beabsichtigt war oder tatsächlich stattfinden werde. Vielmehr wird vorsichtig und relativierend formuliert, es sei fraglich, ob ein Betriebsübergang vorliege und wer Betriebsübernehmerin sei.

48

b) Die Tatsache, dass die S und die Beklagte einen vergleichbaren Betriebszweck - Umschlag und Stauerei - verfolgten, stellt kein taugliches Indiz für einen Betriebsübergang dar, da die Beklagte jenen Betriebszweck seit vielen Jahren ihrerseits am K Hafen - auch am Ostufer - verfolgt. Die Ausübung der gleichen oder einer vergleichbaren Tätigkeit ist nur dann ein Indiz für einen Betriebsübergang, wenn der (potentielle) Betriebserwerber diese Tätigkeiten vor dem (potentiellen) Betriebsübergang nicht ausgeübt hat.

49

c) Bei der S handelte es sich - als operativer Umschlag- und Stauereibetrieb - um einen betriebsmittelgeprägten Betrieb. Die Umschlagtätigkeit eines Stauereibetriebes im Hafen stellt nämlich keine „Dienstleistung“ dar, bei der es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt. Materielle Betriebsmittel spielen dabei keine nur untergeordnete Rolle, vielmehr sind sie für die Aufgabendurchführung unabdingbar. Es handelte sich bei der S um ein betriebsmittelgeprägtes Unternehmen, da für das Abladen der Ware (vor allem Ferroalloy-Container, später vor allem Holzstämme) von Schiffen, den Transport der Ware zu Lastwagen, Güterwaggons oder Lagerhallen sowie das Auslagern der Ware aus Hallen und das Verbringen zu Lastwagen oder Zügen zwingend schweres Umschlag- und Transportgerät - Kräne, Reachstacker, Tugmaster - sowie leichtere Transportmittel, wie Gabelstapler, Mafis und Trailer, vonnöten waren.

50

Daher ist für die Beurteilung, ob ein Betriebsübergang vorliegt, vorrangig darauf abzustellen, ob eine Übertragung der wesentlichen Betriebsmittel der S stattgefunden hat. Unerheblich ist dabei, ob die Beklagte selbst deren Eigentümerin wurde. Einem Betrieb sind nämlich auch solche Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder Einrichtungsgegenstände als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser aufgrund einer mit Dritten getroffenen Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung der Betriebszwecke einsetzen kann (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 - [Carlito Abler] Slg. 2003, I-14023; BAG 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - Rn. 24, BAGE 117, 349).

51

Entscheidend ist, ob der wesentliche Teil der Betriebsmittel, der den Kern der Wertschöpfung ausmacht, tatsächlich übergegangen ist.

52

Der Kläger behauptet, „die wesentlichen Produktionsmittel Zugang zu den Kaianlagen, Hafenfläche, Hallen, Remise, Gleisanschluss, Kran, Gabelstapler, Tugmaster, von Reedern zur Verfügung gestellte Mafis“ würden weiterhin jedenfalls für die Durchführung von Löscharbeiten auf Frachtschiffen der Linien K-Baltikum derart miteinander verknüpft, dass die Beklagte die gleiche wirtschaftliche Tätigkeit ausüben könne wie zuvor die S.

53

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es ohne Bedeutung, dass sich die Beklagte derselben öffentlichen Anlagen (Gleisanschluss) und öffentlichen Räume (Zugang zu den Kaianlagen und Hafenfläche) bedient wie zeitweilig zuvor die S. Die Beklagte war und ist bereits seit vielen Jahren auch am O tätig, sodass es von vornherein an einem „Übergang“ fehlt. Entscheidend ist ohnehin, dass es sich bei den öffentlichen Hafenanlagen nicht um „Betriebsmittel“ handelt, die „durch Rechtsgeschäft“ übergehen können. Der „Zugang zu den Kaianlagen“, die „Hafenfläche“ und der „Gleisanschluss“, vom Kläger als „wesentliche Produktionsmittel“ angeführt, sind der Öffentlichkeit gewidmet und daher von vornherein keiner privatrechtlichen Nutzungsvereinbarung zugänglich. Der öffentliche Raum ist nicht (privaten) Betriebsräumen oder -flächen gleichzusetzen.

54

bb) Weiter gehörten auch die beiden Hallen mit Remise von vornherein nicht zu den Betriebsmitteln der S, sodass es auf eine Übertragung auf die Beklagte nicht ankommt. Der Betriebszweck sowohl der S als auch der Beklagten bestand bzw. besteht zum einen darin, Schiffe zu entladen und die Waren sodann entweder in auf dem Hafengelände vorhandene Hallen zur vorübergehenden Einlagerung oder zu Zügen oder Lastkraftwagen zum unmittelbaren Abtransport zu verbringen. Zum anderen waren oder sind Waren von Lastkraftwagen oder Zügen unmittelbar nach ihrer Anlieferung bzw. aus den Hallen, in denen sie eingelagert waren, auf Schiffe zu transportieren.

55

Die Lagerhaltung als solche war demgegenüber kein Teil dieses Betriebszwecks. Weder die S noch die Beklagte schlossen ihrerseits Einlagerungsverträge; dies fiel vielmehr in den Aufgabenbereich der BT bzw. der Se K, die solche Verträge mit manchen Kunden schlossen und schließen. Soweit der Kläger vorträgt, der Betriebszweck erstrecke sich auch „auf die sachgerechte Lagerung der transportierten bzw. zu transportierenden Güter“, so ist damit ersichtlich der temporäre Vorgang des „Ein- und Auslagerns“ in den Hallen gemeint, nicht aber die Lagerung als solche, dh. als Dauerzustand.

56

Die Tätigkeit oder „Dienstleistung“ der S - der Umschlag und kurzzeitige Transport von Waren und deren Verstauen - bezog sich nur (teilweise) „auf“ die Hallen und die Remise als Lagerorte. Das Stückgut und sonstige Ware waren dort lediglich ein- und auszulagern. Die Hallen und Remise wurden jedoch nicht als solche von der S bewirtschaftet, vielmehr von der Muttergesellschaft BT aufgrund von Einlagerungsverträgen. Die Hallen sind mithin vergleichbar mit den Schiffen, von denen Ware gelöscht, oder den Lastwagen oder Güterwaggons, auf die Ware verfrachtet wurde.

57

cc) Die materiellen Vermögenswerte, die für die Beurteilung, ob ein Betriebsübergang vorliegt, in Betracht zu ziehen sind, sind mithin nur die Einrichtungen, Maschinen, Fahrzeuge und Umschlaggeräte, die tatsächlich zur Erbringung der Umschlag- und Stauereitätigkeiten verwendet wurden. Dabei sind der Wert und die konkrete Bedeutung jener Betriebsmittel von besonderem Gewicht. Zum konkreten Wert der übernommenen Betriebsmittel - im Vergleich zu den nicht übernommenen Betriebsmitteln - fehlt es an Vortrag der Parteien. Gleichwohl lässt sich eine Stufung und Gewichtung zwischen den diversen Betriebsmitteln vornehmen.

58

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass von sämtlichen ursprünglich der S zur Verfügung stehenden größeren Betriebsmitteln - drei Reachstacker, fünf Tugmaster, Kran und sieben Gabelstapler - lediglich die sieben Gabelstapler und der Kran von der Beklagten tatsächlich weiter genutzt werden. Der pauschale Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz - die zusätzliche Übernahme der Nutzungsmöglichkeit von Tugmastern und Mafis durch die Beklagte - ist nicht berücksichtigungsfähig (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

59

Die Übernahme der sieben Gabelstapler fällt gegenüber der Nichtübernahme des schweren Geräts - Reachstacker und Tugmaster - nicht ins Gewicht. Reachstacker und Tugmaster sind weitaus teurer als die handelsüblichen Gabelstapler. Jedenfalls stellten die Gabelstapler nicht den wesentlichen und prägenden Anteil dar. Zudem standen der Beklagten bereits vorher Gabelstapler in ausreichender Zahl (16) zur Verfügung, sodass sie auf die Übernahme der sieben zusätzlichen Gabelstapler nicht angewiesen war.

60

Auch die zusätzliche Übernahme eines Krans reicht nicht aus, um einen Betriebsübergang zu bejahen. Dieser gehörte und gehört nicht zum Kern der Wertschöpfung, weder bei der S noch bei der Beklagten. Sein Übergang als solcher bzw. im Zusammenspiel mit den sieben Gabelstaplern ist daher nicht hinreichend, um von einem Betriebsübergang auszugehen. Insbesondere sind Hafenkräne nicht für sämtliche Tätigkeiten der Umschlagunternehmen vonnöten, sondern nur für Teilbereiche, nämlich insbesondere für den Umschlag von Containern. Zum anderen stand der Beklagten seit jeher zumindest der weitere Kran am Ostufer zur Verfügung, sodass sie für ihre Tätigkeit mithin nicht auf den zusätzlichen Kran angewiesen war. Am O standen nämlich zum maßgeblichen Zeitpunkt zwei Kräne, die zum Be- und Entladen von Schiffen dienten. Der eine im Eigentum der Stadt K, der andere ursprünglich im Eigentum der T.

61

dd) Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe darüber hinaus die „Nutzungsmöglichkeit“ an weiteren, ursprünglich der S zur Verfügung gestellten Gerätschaften gehabt, ist ihm nicht zu folgen. Die Muttergesellschaft der Beklagten hat zwar weitere Betriebsmittel von der T erworben, diese aber nicht der Beklagten zur Verfügung gestellt. Diese Betriebsmittel wurden vielmehr eingelagert. Mangels jedweder Vereinbarung zwischen der Se K und der Beklagten bestand daher zu keinem Zeitpunkt eine „Nutzungsmöglichkeit“. Im Übrigen kommt es nicht auf die Möglichkeit einer Nutzung an, sondern auf die tatsächliche Nutzung (vgl. BAG 21. Februar 2008 - 8 AZR 77/07 -).

62

d) Ein Übergang wesentlicher immaterieller Werte oder Betriebsmittel hat gleichfalls nicht stattgefunden. Zu den immateriellen Betriebsmitteln zählen etwa das „Know-how“, die Einführung eines Unternehmens am Markt („Goodwill“) oder die Geschäftsbeziehungen zu Dritten, ein Kundenstamm oder etwaige Kundenlisten (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 568/04 - Rn. 16).

63

So hat die Beklagte weder irgendeinen „Goodwill“ noch irgendwelches „Know-how“ von der S übernommen. Der Umschlagbetrieb am Hafen ist ohnehin nicht durch Spezialkenntnisse und Qualifikationen seiner Mitarbeiter geprägt. Er erfordert kein hohes Qualifikationsniveau. Auf ein spezifisches Fachwissen, eventuelle Kontakte und Marktkenntnisse war die Beklagte aufgrund ihrer langjährigen Einführung im Markt ebenfalls nicht angewiesen, zumal das möglicherweise besonders gelagerte Ferroalloy-Geschäft bereits Ende 2010 zum Erliegen gekommen war und es insoweit keines Spezialwissens mehr bedurfte.

64

Eine unmittelbare Auftragsübernahme hat ebenfalls nicht stattgefunden. Die Beklagte ist nicht in Kunden- oder Lieferantenbeziehungen der S eingetreten. Zu Recht stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, dass es für die Beklagte bei ihrem bisherigen - alleinigen - Auftraggeber und Kunden, nämlich ihrer Muttergesellschaft, verblieben ist, so wie auch die S ihrerseits nur einen einzigen Auftraggeber, nämlich die BT, gehabt hatte. Die Beklagte ist seit Jahrzehnten als Subunternehmerin der Se K tätig und führt für diese auf der Grundlage werkvertraglicher Verpflichtungen den Umschlag und Transport von Waren durch. Die Beklagte ist ihrerseits weder in bestehende Verträge mit Dritten eingetreten noch hat sie einen „Kundenstamm“ oder eine Kundenkartei übernommen, um ggf. neue Verträge abzuschließen.

65

Es ist auch unerheblich und kein Indiz für einen Betriebsübergang, dass die Se K mit dem Erwerb von Hallen und Remise ihre Lagermöglichkeiten erweitert und zudem einige der nach Einstellung des Ferroalloy-Geschäftes verbliebenen Kunden der BT bzw. der T - acht von ehedem 27 - für sich gewonnen hat und so ihren Tätigkeitsbereich im Holzgeschäft ausweiten konnte. Dies mag auch der Beklagten zugute gekommen sein. Jedoch hatte die Beklagte auf die Anbahnung bzw. Fortsetzung jener Vertragsbeziehungen keinen Einfluss. Zudem stellen die von der Muttergesellschaft „übernommenen“ Kunden- und Vertragsbeziehungen keinen messbaren, geschweige denn erheblichen Wert bei der Beklagten selbst dar (vgl. zu diesem Kriterium BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 706/11 -). Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat die Fortführung von Kundenbeziehungen seitens der Muttergesellschaft daher außer Betracht zu bleiben. Selbst wenn man aber jene Kundenkontakte der Beklagten zurechnete, fiele dies nicht erheblich ins Gewicht, da es sich um lediglich acht von 27 früheren Kunden der BT oder T handelt.

66

e) Weiter fehlt es an einem Übergang der Hauptbelegschaft. Es hängt von der Struktur eines Betriebes ab, welcher nach Zahl und Sachkunde zu bestimmende Teil der Belegschaft übernommen werden muss, um die Rechtsfolgen des § 613a BGB auszulösen. Haben die Arbeitnehmer - wie hier - einen eher geringen Qualifikationsgrad, muss eine hohe Anzahl von ihnen weiterbeschäftigt werden, um auf einen Fortbestand der vom Konkurrenten geschaffenen Arbeitsorganisation schließen zu können (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - Rn. 54). Entscheidend ist auch hier, ob der weiterbeschäftigte Belegschaftsteil insbesondere aufgrund seiner Sachkunde, seiner Organisationsstruktur und nicht zuletzt auch seiner relativen Größe im Grundsatz funktionsfähig bleibt. Dies gilt auch im Falle von betriebsmittelgeprägten Betrieben, wobei die Weiterbeschäftigung eines wesentlichen Teils des Personals hier nur eingeschränkte indizielle Bedeutung beanspruchen kann.

67

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind lediglich vier von zwölf „gewerblichen“ Arbeitnehmern, die früher bei der S beschäftigt waren, als Hafenwerker zu der Beklagten gewechselt. Dem kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung nur untergeordnete Bedeutung zu. Es handelt sich hierbei nicht um einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals, weder mit Blick auf die S noch mit Blick auf die Beklagte, die ihren Mitarbeiterstamm so von 43 auf 47 aufstockte. Im Übrigen handelte es sich auch nicht um Verwaltungs- oder Führungskräfte, sondern um „Hafenwerker“, mithin einfache Hafenarbeiter. Mit Blick auf die geringe Zahl der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer und die Tatsache, dass der Umschlagbetrieb ohnehin nicht durch Fachkenntnisse oder Spezialkenntnisse seiner Mitarbeiter geprägt wird, genügt dies weder für sich betrachtet noch in der Zusammenschau mit den übernommenen Gerätschaften für die Annahme eines Betriebsübergangs.

68

f) Es liegt auch kein Übergang der bei der S ursprünglich vorhandenen „Organisation“ auf die Beklagte vor. Die Beklagte wies vor und nach dem 30. Juni 2011 dieselbe Organisationsstruktur auf und übte die gleichen Tätigkeiten am K Hafen aus. Es wurde auch die bei der S vorhandene Verknüpfung der wesentlichen materiellen und immateriellen Produktionsfaktoren bei der Beklagten nicht beibehalten.

69

Die Beklagte hat die Organisationsstruktur der S nicht „bewahrt“. Die bisherige Organisationsstruktur der S wurde vielmehr auf verschiedene Rechtsträger verteilt und gewissermaßen „diversifiziert“ oder aufgesplittert. Die ursprüngliche „funktionelle Verknüpfung“ - insbesondere das Zusammenspiel zwischen den schweren Arbeitsgeräten - ist gerade nicht aufrechterhalten geblieben. Die übernommenen Gabelstapler und der zur Verfügung gestellte Kran sind lediglich als Teile oder „Bruchstücke“ der ursprünglichen Verknüpfung anzusehen, da die zahlreichen anderen zum Umschlag erforderlichen Geräte nicht übertragen wurden bzw. genutzt werden. Die von der Beklagten übernommenen Betriebsmittel wurden in die seit langem bestehende Struktur eingefügt und in eine neue Wechselbeziehung mit dem bereits vorhandenen Gerät gebracht. Somit ist eine neue funktionelle Verknüpfung und Wechselbeziehung an die Stelle der ursprünglichen getreten. Ebenso wurden die übernommenen vier Arbeitnehmer in die vorhandene Struktur eingefügt.

70

g) Es liegt schließlich auch kein Übergang eines Betriebsteils vor. Hierzu wäre erforderlich, dass die übernommenen Betriebsmittel und/oder Beschäftigten bereits beim Veräußerer eine abgrenzbare organisatorische und wirtschaftliche Einheit, dh. einen Betriebsteil dargestellt hätten (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 36, BAGE 139, 309). Das wäre dann der Fall, wenn die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel und die übernommenen Arbeitskräfte bei diesem eine einsatzbereite Gesamtheit dargestellt hätten, die als solche dazu ausgereicht hätte, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen Leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 455/10 - Rn. 34, aaO).

71

Hierfür fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten. Es ist nicht ersichtlich, dass gerade der Kran, die sieben Gabelstapler und die vier betroffenen Arbeitnehmer bereits bei der S eine abgrenzbare und selbstständige Einheit, dh. eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung bzw. zur Verfolgung eines betrieblichen Teilzwecks gebildet haben. So fehlte es bereits auf Seiten der S an einer entsprechenden funktionellen Verknüpfung, etwa in Form einer „Abteilung“. Das übernommene Personal und die übergegangenen Sachen können somit nicht einer „Untereinheit“ der S zugeordnet werden. Vielmehr erstreckte sich deren Tätigkeit und Einsatz auf den gesamten Betrieb und den allgemeinen Betriebszweck. Die übernommenen Arbeitskräfte waren nicht für eine bestimmte Einheit der S „identitätsprägend“. Ohne die Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und Mitarbeiter der S konnten sie die für die S charakteristischen Leistungen nicht erbringen. Der Kläger trägt im Übrigen selbst vor, als „Gabelstaplerfahrer“ auch in anderen Funktionen, nämlich zu sonstigen Fahrdiensten eingesetzt worden zu sein.

72

h) In der Gesamtschau ist nach alledem sowohl ein Betriebsübergang als auch ein Betriebsteilübergang von der S auf die Beklagte zu verneinen. Daher ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Beklagte übergegangen. Seine Klage auf Feststellung des (Fort-)Bestehens seines Arbeitsverhältnisses mit dieser (Feststellungsantrag zu 2.) ist daher unbegründet. Da der Kläger den Antrag zu 3. auf Weiterbeschäftigung nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 2. gestellt hatte, war über diesen Antrag nicht zu entscheiden.

73

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 100 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    R. Kandler    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 2010 - 9 Sa 303/07 - in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es festgestellt hat, dass zwischen den Parteien seit dem 9. Dezember 2005 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren nur noch darüber, ob zwischen ihnen seit dem 9. Dezember 2005 in Folge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der Kläger war seit dem 1. Januar 1989 bei der ET GmbH (im Folgenden: ET) beschäftigt. Die ET war auf dem Gebiet „Industrielle Automatisierung“ sowie „Mess- und Regeltechnik“ tätig. Zu ihren Kunden zählten ua. Stahl-, Aluminium- und Kupferhüttenwerke. Der Kläger war seit 1. Mai 1998 als Leiter der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS tätig. Arbeitsschwerpunkt dieser Abteilung war die Mess- und Regeltechnik. Diese Abteilung gliederte sich in drei Gruppen, nämlich die Gruppen F+E/ET-Systeme, EDV/Netzwerk/Serversysteme/Datensicherung und Produktion/Schaltschränke/Platinen. Dem Kläger oblag neben der Leitung der gesamten Abteilung auch die Leitung der Gruppe F+E/ET-Systeme. Stellvertretender Abteilungsleiter und zugleich Leiter der Gruppe Produktion/Schaltschränke/Platinen war Herr N. In der vom Kläger geleiteten Gruppe F+E/ET-Systeme waren ua. die Ingenieure H, Ho, P, Dr. T und Dr. L beschäftigt. Deren Aufgabe war die Entwicklung, Projektplanung, Inbetriebsetzung und Dokumentation der Mess- und Regelsysteme. Außerdem erledigten sie Serviceaufgaben. Dr. T war im Wesentlichen in der Forschung und Entwicklung neuer Produkte tätig, Herr N war im Bereich ET-Systeme in der Projektplanung und bei der Inbetriebsetzung bei Kunden eingesetzt und allgemein für die Hardware zuständig.

3

In der Gruppe Produktion/Schaltschränke/Platinen wurden Platinen bestückt und Stromlaufpläne sowie Schaltschränke und sonstige Elektronikkomponenten gefertigt. In der Gruppe EDV/Netzwerk/Serversysteme war der Mitarbeiter S, zuletzt mit etwa 20 % seiner Arbeitszeit, beschäftigt. Ihm oblag die Netzwerkbetreuung und die Datensicherung. Er wurde vom Kläger vertreten.

4

Am 22. November 2005 schloss die ET mit der F GmbH (im Folgenden: F-GmbH) und deren Muttergesellschaft, der Sp, einen als „Asset and Business Sale and Purchase Agreement“ bezeichneten Vertrag über die von der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS entwickelte Produktlinie „ET-DecNT (einschließlich ET-DecNT light, ET-DecNT PowerMelt)“ (digitale Elektrodenregelung für Lichtbogenöfen in der Stahlindustrie) und über die Temperatur-Messsysteme „ET-TempNet“ (Gerät zur Messung der Temperatur in flüssigen Metallschmelzen), „ET-OxyNet“ (Gerät zur Temperatur- und Sauerstoffmessung in flüssigen Metallschmelzen) und „FT 7000“ (computerbasiertes Messinstrument, das ua. die Emissionstemperatur, den Kohlenstoffgehalt, den Aluminiumgehalt etc. in flüssigen metallhaltigen Schmelzen misst und berechnet). Bei den Temperatur-Messsystemen handelt es sich um von der ET für die F-GmbH exklusiv gefertigte Geräte. Aufgrund dieses Vertrages erwarb die F-GmbH alle Rechte an der Software, den Patenten, den Patentanmeldungen und den die fraglichen Produkte betreffenden Erfindungen sowie an den Produktnamen und dem technischen Know-how. Weiter erwarb die F-GmbH die Entwicklungshardware, das Produktmaterial-Inventar sowie bzgl. der übernommenen Produktlinien eine Kunden- und eine Lieferantenliste. Zu den veräußerten Produkten zählte auch das noch in der Weiterentwicklung befindliche „ET-DecNet“. Zur F-GmbH wechselten der stellvertretende Abteilungsleiter N sowie die Ingenieure H, Dr. T und P. Die F-GmbH übernahm auch die vier PC-Arbeitsplätze dieser Mitarbeiter, das dazugehörige Betriebssystem sowie die entsprechende Software. Die PC-Arbeitsplätze der nicht übernommenen Mitarbeiter und die anderen Betriebsmittel verblieben ebenso bei der ET wie die Produktpalette „ET-DEC921 PC“, „ET-DEC921 S5“ und „ET-DEC921 S7“. Bei dem Produkt „ET-DEC921 PC“ handelt es sich um das Vorgängermodell des „DecNT“. „DEC921 S5“ und „DEC921 S7“ beruhen auf einer älteren Technologie und wurden ab 2001 von der ET nicht mehr verkauft. Von den in der vom Kläger geleiteten Abteilung beschäftigten 13 Arbeitnehmern (einschließlich des Klägers) hat die F-GmbH insgesamt nur vier übernommen.

5

Für die Durchführung von Kundenbestellungen und die Fertigung und Montage, insbesondere von Schaltschränken und Platinen, genutzte Betriebsmittel hat die F-GmbH ebenso wenig übernommen wie Gegenstände aus der Produktion und die dort beschäftigten Elektriker.

6

Zwischen Dezember 2004 und Dezember 2005 fertigte die ET 20 Elektrodenregelungen des „DecNT“ und nahm im selben Zeitraum 16 Elektrodenregelungen dieses Typs in Betrieb. Im selben Zeitraum wurde bei nur einem Kunden eine Reparatur und Inbetriebsetzung einer Elektrodenregelung des Typs „DEC921 PC“ durchgeführt. Mit der Fertigung und Inbetriebnahme von „DecNT“ erzielte die ET im Zeitraum von Dezember 2004 bis Dezember 2005 einen Gesamtumsatz von 1.347.660,00 Euro netto und für den Verkauf von Ersatzteilen von ca. 20.000,00 Euro bis 30.000,00 Euro. Der Gesamtumsatz hinsichtlich der an die Beklagte verkauften Temperatur-Messsysteme betrug im selben Zeitraum 107.963,00 Euro. Bezüglich der zur Zeit des Abschlusses des „Asset and Business Sale and Purchase Agreement“ vom 22. November 2005 die Produktlinie „DecNT“ betreffenden laufenden Kundenaufträge wurde vereinbart, dass ET die Leistungen der F-GmbH und der „übertragenen“ Angestellten zu marktüblichen Preisen einsetzt. ET sagte zu, keine weiteren Kundenaufträge anzunehmen. Auch ein Wettbewerbsverbot wurde hinsichtlich der veräußerten Produkte vereinbart. ET verpflichtete sich, alle Kunden, die ein freibleibendes Kundenangebot erhalten hatten, über den Verkauf der Produkte und Technologien an die F-GmbH und deren Muttergesellschaft zu unterrichten und den Kunden zu empfehlen, die Aufträge für alle diese Produkte und Leistungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu erteilen.

7

Bereits vor Abschluss des Vertrages vom 22. November 2005 wurden Mitarbeiter der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS nicht nur für Aufgaben dieser Abteilung eingesetzt. So wurden einzelne Serverschränke für einen Großauftrag in Sa von der Gruppe Produktion/Schaltschränke/Platinen gefertigt. Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Kläger für andere Abteilungen tätig wurde, insbesondere Aufgaben für das Großprojekt in Sa übernommen hat.

8

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 teilte die F-GmbH ihren Kunden und Geschäftspartnern mit, sie habe ab 9. Dezember 2005 die Produktlinie metallurgische Messtechnik/digitale Elektrodenregelung von der ET übernommen. Die an der Produktlinie beteiligten Entwicklungs- und Inbetriebnahmeingenieure seien ebenfalls zu ihr gewechselt, so dass dem Kunden die bewährten Produkte und Serviceleistungen sowie die ihnen bekannten Ansprechpartner weiterhin zur Verfügung stünden.

9

Die vier übernommenen Mitarbeiter wurden unterschiedlichen Abteilungen der F-GmbH zugeordnet. Drei von ihnen teilten sich allerdings bis Juni 2006 ein Büro. Auf ihrer Homepage im Internet veröffentlichte die F-GmbH Informationen zu „DecNT“ und nannte dabei unter ihrer Firma den Namen des Mitarbeiters N.

10

Bei einem Gespräch im Januar 2006 lehnte der Geschäftsführer der F-GmbH eine Anstellung des Klägers ab. Im März 2006 bat dieser erneut um seine Anstellung. Dies wurde wiederum abgelehnt.

11

Der Kläger meint, sein Arbeitsverhältnis sei im Wege eines Betriebsteilübergangs auf die F-GmbH übergegangen. Mit Ersatzteilen für die von der F-GmbH nicht übernommenen Produkte, nämlich für „DEC921 PC“ habe die ET zwischen Dezember 2004 und Dezember 2005 nur einen Umsatz von 2.734,77 Euro erzielt. Nach dem 9. Dezember 2005 habe sie in der von ihm geleiteten Abteilung keine Umsätze mehr erwirtschaftet.

12

Mit am 9. Juni 2006 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass sein Arbeitsverhältnis bei der ET ab dem 9. Dezember 2005 mit allen Rechten und Pflichten auf die F-GmbH übergegangen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2006 vor dem Arbeitsgericht hat er dann den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, ihn als Abteilungsleiter zu den Bedingungen seines unter dem 1. Januar 1989 mit der ET geschlossenen Anstellungsvertrages weiterzubeschäftigten.

13

Am 17. Juli 2006 wurde über das Vermögen der ET das Insolvenzverfahren eröffnet.

14

Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Betriebsübergangs. Sie vertritt die Auffassung, sie habe keinen Betriebsteil iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erworben. Jedenfalls habe es sich um einen betriebsmittelarmen Betriebsteil gehandelt, weil die Hardware und Software handelsüblich und leicht ersetzbar sei, während die Qualifikation der Ingenieure die Gruppe F+E/ET-Systeme geprägt habe. Auch sei der Kläger dieser Gruppe nicht zuzuordnen, da er Leiter der gesamten Abteilung gewesen sei. Für die Forschung und Entwicklung von ET-Systemen habe er maximal 15 bis 25 % seiner Arbeitszeit aufgewendet. Zu einem wesentlichen Teil habe er Hardware für Großanlagen, zB für das Projekt in Sa, besorgt. Im Übrigen hätte er einen etwaigen Anspruch auf Übernahme verwirkt, weil er sich trotz Beteiligung an den Vertragsverhandlungen und Kenntnis aller relevanten Tatsachen nicht auf einen Betriebsübergang berufen und seine Rechte erst geltend gemacht habe, als sich die ET in einer schwierigen finanziellen Lage befunden habe. Im Zeitraum von Dezember 2004 bis Dezember 2005 habe die ET mit Wartungsarbeiten und Ersatzteillieferungen hinsichtlich der nicht übernommenen Produkte wesentlich höhere Umsätze erzielt, als der Kläger behauptet. Auch nach dem 9. Dezember 2005 habe die ET Reparaturen durchgeführt, Wartungen erbracht und Aufträge abgewickelt und damit Umsätze erwirtschaftet.

15

Ein Übergang seines Arbeitsverhältnisses scheitere schließlich daran, dass die F-GmbH die übernommenen Vermögensgegenstände und Mitarbeiter funktionell in ihr Unternehmen eingegliedert habe. Frühere Mitarbeiter der ET und übernommene Betriebsmittel habe diese weder bei Kundenbestellungen noch bei der Beschaffung von Komponenten für Schaltschränke und Platinen eingesetzt. Dasselbe gelte für die Arbeiten in der Produktionsabteilung. Bei der Übernahme der vier Ingenieure der ET sei Hintergrund lediglich gewesen, dass erfahrene Ingenieure nur schwer zu finden gewesen seien. Die Inbetriebnahmen seien entweder von den übernommenen Mitarbeitern oder Ingenieuren bzw. Technikern aus ihrem eigenen Mitarbeiterstamm erledigt worden. Die Aufgaben der übernommenen Mitarbeiter seien überdies erweitert worden. Dies ergebe sich aus neuen Stellenbeschreibungen für diese ab März 2006.

16

Nachdem das Arbeitsgericht die Klage auf Weiterbeschäftigung abgewiesen hatte, hat der Kläger im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht beantragt:

        

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Abteilungsleiter zu den Bedingungen des unter dem 1. Januar 1989 mit der ET geschlossenen Anstellungsvertrages weiterzubeschäftigen,

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 9. Dezember 2005 ein Arbeitsverhältnis besteht.

17

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

18

Mit Beschluss vom 10. August 2007 hat das Landesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein Übergang eines Unternehmens- bzw. Betriebsteils auf einen anderen Inhaber iSv. Art. 1 Nr. 1a und b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (im Folgenden: Richtlinie 2001/23/EG) nur vorliegt, wenn der Unternehmens- bzw. Betriebsteil bei dem neuen Inhaber als organisatorisch selbständiger Unternehmens- bzw. Betriebsteil fortgeführt wird.

19

Mit Urteil vom 12. Februar 2009 (- C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2) hat der Gerichtshof (EuGH) entschieden:

        

„Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/23/EG … ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift auch dann angewandt werden kann, wenn der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit nicht bewahrt, sofern die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten wird und sie es dem Erwerber erlaubt, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu prüfen.“

20

Zum 12. November 2009 ist die F-GmbH auf die Beklagte verschmolzen worden.

21

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf Feststellung, dass zwischen den Parteien seit dem 9. Dezember 2005 ein Arbeitsverhältnis besteht, stattgegeben und die Weiterbeschäftigungsklage abgewiesen.

22

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

23

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht im Wege eines Betriebsteilübergangs auf die Beklagte nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übergegangen.

24

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Seit dem 9. Dezember 2005 bestehe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis, weil die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der F-GmbH gemäß § 613a BGB in die Rechte und Pflichten aus dem zwischen dem Kläger und der ET bestehenden Arbeitsverhältnis eingetreten sei. Jedoch sei die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger als Abteilungsleiter zu beschäftigten. Die Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS, deren Leiter der Kläger gewesen sei, habe bei der ET eine selbständige, abtrennbare organisatorische Einheit dargestellt. Deren betrieblicher Teilzweck sei die Entwicklung, Projektierung und Fertigung von Mess- und Regelsystemen für Hüttenwerke gewesen. Von der Abteilung aus sei auch die Inbetriebnahme dieser Systeme bei Kunden organisiert und gesteuert worden. Alle drei Gruppen dieser Abteilung seien Bestandteile des Betriebsteils gewesen. Sie seien unter der Leitung des Klägers und seines Stellvertreters, N, zusammengefasst gewesen.

25

Dieser so zusammengesetzte Betriebsteil sei am 9. Dezember 2005 durch Rechtsgeschäft auf die F-GmbH und deren Muttergesellschaft übertragen worden. In der vom Kläger geleiteten Abteilung sei keine betriebsmittelarme Tätigkeit ausgeführt worden. Zwar sei das menschliche „Know-how“ für die Leistungen der Abteilungen wesentlich gewesen, es seien aber auch die materiellen und immateriellen Betriebsmittel, einschließlich der Kundenbeziehungen und des „good will“ für die Wertschöpfung von Bedeutung gewesen. Der Betriebsteil sei daher einem „dritten Typus“ zuzuordnen, bei dem den materiellen und immateriellen Betriebsmitteln und der menschlichen Arbeitskraft eine entscheidende Bedeutung für die Identität der wirtschaftlichen Einheit zukomme. In einem solchen Falle sei es für die Gesamtbetrachtung, ob ein Betriebs(teil)übergang stattgefunden habe, nicht nötig, dass der Erwerber einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft übernommen hat. Im Streitfalle scheide ein Betriebsteilübergang nicht deshalb aus, weil die F-GmbH von der Gesamtheit der in der Abteilung beschäftigten Arbeitnehmer nur vier Ingenieure übernommen habe. Ein Betriebsteilübergang habe stattgefunden, weil die F-GmbH mit den vier Ingenieuren einen Teil der Know-how-Träger und die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel der Abteilung übernommen habe. So seien die „Entwicklungs-Hardware“, die Rechte an der „Eigenprodukt-Software“, das „technische Know-how“, die Produktnamen, eine Lieferanten- sowie eine Kundendatei veräußert worden, alles bezogen auf die Produktlinie „DecNT“ einschließlich „DecNT light“ und „DecNT PowerMelt“. Die F-GmbH habe des Weiteren auch die Temperatur-Messsysteme „TempNet“, „OxyNet“ und „FT 7000“ übernommen.

26

Soweit die F-GmbH Material für Schaltschränke und weitere in der Gruppe Produktion/Schaltschränke/Platinen verwendete Teile ebenso wenig übernommen habe wie die dort beschäftigten Elektriker, stehe dies einem Betriebsteilübergang nicht entgegen. Da es sich bei der vom Kläger geleiteten Abteilung nicht um einen betriebsmittelarmen Betriebsteil gehandelt habe, sei es auch nicht entscheidend, dass nicht aus allen Gruppen Mitarbeiter übernommen worden, sondern ein Teil der Ingenieure mit ihren PC-Arbeitsplätzen bei der ET geblieben sei.

27

Unschädlich für die Annahme eines Betriebsteilübergangs sei auch, dass die Produkte „DEC921 PC“, „DEC921 S5“ und „DEC921 S7“ bei der ET verblieben seien. Diese hätten nämlich zum Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs nur eine marginale Rolle für die Tätigkeit der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS und die von ihr erwirtschafteten Umsätze gespielt. Die veräußerte Produktlinie „DecNT“ habe mit ihrer modernen Technik den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausgemacht.

28

Die Identität der übergegangenen wirtschaftlichen Einheit sei bei der F-GmbH gewahrt geblieben. Diese habe die funktionelle Verknüpfung zwischen den übernommenen materiellen und immateriellen Betriebsmitteln und den übernommenen Ingenieuren beibehalten. Wie zuvor die ET habe sie die Produktlinie „DecNT“ und die Temperatur-Messsysteme „TempNet“, „OxyNet“ und „FT 7000“ unter Einsatz der von ihr erworbenen Hard- und Software sowie weiterer technischer Betriebsmittel hergestellt und ihren Kunden angeboten. Dabei setze die Beibehaltung des Funktions- und Zweckzusammenhangs nicht voraus, dass jeder übernommene Ingenieur mit derselben Aufgabe weiterbeschäftigt werde, die er zuvor bei der ET erledigt habe. Die fortbestehende Verknüpfung werde auch daran deutlich, dass die F-GmbH ihre Kunden darüber informiert habe, dass die Veräußerung der Produktlinie „DecNT“ stattgefunden habe. Sie habe in diesem Zusammenhang verlautbart, dass die an der Produktlinie beteiligten Entwicklungs- und Inbetriebnahmeingenieure gleichfalls zu ihr gewechselt seien, so dass die bewährten Produkte und Serviceleistungen sowie die bekannten Ansprechpartner weiterhin zur Verfügung stünden.

29

Für die Identitätswahrung des übernommenen Betriebsteils sei nicht entscheidend, auf welche Weise nach dem Übergang bei der F-GmbH die Kundenbestellungen und die Produktion abgewickelt würden. Die F-GmbH habe nämlich keine für die Durchführung von Kundenbestellungen und die Fertigung und Montage genutzten Betriebsmittel übernommen. Es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass die F-GmbH weder Gegenstände aus der Produktion noch die dort beschäftigten Elektriker übernommen habe. Unschädlich für die Annahme der Bewahrung des Funktionszusammenhangs der übernommenen wirtschaftlichen Einheit sei auch, dass Mitarbeiter der Stammbelegschaft der F-GmbH nach dem Übergang der Einheit Inbetriebnahmen erledigt hätten und für die übernommenen Ingenieure am 21. März 2006 neue Stellenbeschreibungen gefertigt worden seien. Letzteres gelte vor allem auch deshalb, weil die Ingenieure keine Tätigkeiten ausgeführt hätten, die anderen Teilzwecken der F-GmbH gedient hätten. Schließlich sei der Kläger auch dem veräußerten Betriebsteil zugeordnet gewesen.

30

Er habe auch sein Recht, sich auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs zu berufen, nicht verwirkt. Es könne dahinstehen, ob das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt sei. Auf jeden Fall habe er durch das Abwarten mit der entsprechenden Geltendmachung keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten dahin gehend geschaffen, dass sie nicht mehr in Anspruch genommen werde.

31

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen decken dessen Annahme nicht, es habe ein Betriebsteilübergang von der ET auf die F-GmbH stattgefunden. Deshalb ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) auf die Beklagte übergegangen, so dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht.

32

1. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese gesetzliche Regelung stellt die Umsetzung der Richtlinie 2001/23/EG dar. Diese Richtlinie kodifiziert ihrerseits die Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen in der durch die Richtlinie 98/50/EG des Rates vom 29. Juni 1998 geänderten Fassung (vgl. EuGH 29. Juli 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 5 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 4 ).

33

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH soll die Richtlinie 2001/23/EG die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse unabhängig von einem Inhaberwechsel gewährleisten. Entscheidend für einen Übergang iSd. Richtlinie ist daher, ob die fragliche Einheit ihre Identität bewahrt, was namentlich dann zu bejahen ist, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt oder wieder aufgenommen wird (EuGH 29. Juli 2010 - C-151/09 - [UGT-FSP] AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 5 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 4; 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2).

34

Daraus folgt, dass eine Übernahme nur dann unter die Richtlinie 2001/23/EG und damit unter § 613a BGB fällt, wenn eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit übernommen wird, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck, die hinreichend strukturiert und selbständig ist. Eine solche Einheit muss nicht unbedingt bedeutsame materielle oder immaterielle Betriebsmittel umfassen. In bestimmten Wirtschaftszweigen liegen diese Betriebsmittel nämlich oft nur in ihrer einfachsten Form vor und es kommt dort im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an. Daher kann eine organisierte Gesamtheit von Arbeitnehmern, denen eigens und auf Dauer eine gemeinsame Aufgabe zugewiesen ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen, ohne dass weitere Betriebsmittel vorhanden sind (EuGH 13. September 2007 - C-458/05 - [Jouini ua.] Slg. 2007, I-7301 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 1). In diesem Zusammenhang ist für die Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit iSv. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG auch zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit dargestellt haben, die als solche dazu ausgereicht haben, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen (Dienst-)leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können(vgl. EuGH 13. September 2007 - C-458/05 - [Jouini ua.] aaO).

35

2. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es Sache der nationalen Gerichte, anhand dieser Auslegungsgesichtspunkte festzustellen, ob ein Betriebs(teil)übergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG (und damit im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) vorgelegen hat, dh. insbesondere auch festzustellen, ob die Identität der übertragenen wirtschaftlichen Einheit bewahrt worden ist (vgl. EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2 ).

36

3. Aufgrund dieser Rechtsprechung des EuGH geht der Senat davon aus, dass die von einem Erwerber übernommene organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen bereits beim Veräußerer eine wirtschaftliche Einheit dargestellt und damit die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben muss, um die Voraussetzung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllen zu können(vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - mwN, NZA 2011, 1231; 27. Januar 2011 - 8 AZR 326/09 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 123; 16. Mai 2007 - 8 AZR 693/06 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 70).

37

Deshalb muss bereits beim bisherigen Betriebs(teil)inhaber eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorgelegen haben, mit welcher innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden ist. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist nur eine der Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens eines Betriebsteils und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen. Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Allerdings genügt eine beim Betriebs(teil)veräußerer bestehende funktionelle Verknüpfung nicht, um einen schon beim Veräußerer bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbständigkeit anzunehmen, der im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übertragen werden könnte. Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass schon beim Betriebs(teil)veräußerer eine abgrenzbare organisatorische wirtschaftliche Einheit vorgelegen haben muss, um einen Betriebsteilübergang annehmen zu können. Deren organisatorische Selbständigkeit muss allerdings nach der Rechtsprechung des EuGH (12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2 ) beim Betriebserwerber nicht mehr vollständig erhalten bleiben (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - NZA 2011, 1231). Aufgrund dieser eindeutigen Rechtsprechung des EuGH war der Senat nicht verpflichtet, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV einzuleiten.

38

4. Legt man diese Kriterien zugrunde, so hat die F-GmbH, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, im Jahre 2005 keinen Betriebsteil von der ET erworben.

39

a) Wie sich aus dem Organigramm der ET und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt, bestand bei der ET die Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS, deren Leitung der Kläger innehatte. Arbeitsschwerpunkt dieser Abteilung war die Mess- und Regeltechnik. Untergliedert war sie in drei Gruppen, nämlich die Gruppe „F+E/ET-Systeme“, die Gruppe „EDV/Netzwerk/Serversysteme/Datensicherung“ und die Gruppe „Produk-tion/Schaltschränke/Platinen“. In diesen Gruppen erfolgte für die von der ET vertriebenen Mess- und Regelsysteme die Entwicklung, Projektplanung, Inbetriebsetzung und Dokumentation. Außerdem wurden die benötigten Platinen bestückt sowie Stromlaufpläne und Schaltschränke nebst sonstiger Elektronikkomponenten gefertigt. Dass es sich bei dieser Abteilung um eine selbständige abtrennbare organisatorische Einheit gehandelt hat, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks der ET ein Teilzweck verfolgt worden ist, ergibt sich sowohl aus dem von der Beklagten vorgelegten Organigramm als auch aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und ist im Übrigen zwischen den Parteien auch nicht weiter streitig.

40

b) Die F-GmbH bzw. deren Muttergesellschaft haben nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der ET aufgrund der vertraglichen Vereinbarung vom 22. November 2005 jedoch nicht die gesamte vom Kläger geleitete Abteilung übernommen, sondern nur folgende Teile derselben:

        

„-    

Die von der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS entwickelte Produktlinie ‚ET-DecNT (einschließlich ET-DecNT light und ET-DecNT PowerMelt)‘,

        

-       

die Temperatur-Messsysteme ‚ET-TempNet‘, ‚ET-OxyNet‘ und ‚FT 7000‘, bei denen es sich um von der ET für die F-GmbH exklusiv gefertigte Geräte gehandelt hat,

        

-       

die Rechte an der Software, den Patenten, Patentanmeldungen und Erfindungen, soweit sie die fraglichen Produkte betrafen,

        

-       

die Rechte an den Produktnamen und dem technischen Know-how für diese Produkte,

        

-       

die Entwicklungshardware, das Produktmaterial-Inventar und

        

-       

eine Lieferanten- und eine Kundenliste.“

41

Außerdem wechselten zur F-GmbH der stellvertretende Abteilungsleiter N sowie die Ingenieure H, Dr. T und P. Die F-GmbH übernahm auch deren PC-Arbeitsplätze einschließlich des dazu gehörigen Betriebssystems sowie der dazu gehörenden Software. Die übrigen neun Mitarbeiter der Abteilung, darunter der Kläger wurden nicht übernommen.

42

c) Die F-GmbH hat weder das ganze Personal noch die immateriellen und/oder materiellen Wirtschaftsgüter der gesamten vom Kläger geleiteten Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS noch eine der drei Gruppen der Abteilung vollständig übernommen. Deshalb könnte die „Übernahme“ von Teilen derselben nur dann nach den oben dargestellten Grundsätzen einen Betriebsteilübergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen, wenn die auf die F-GmbH bzw. auf deren Muttergesellschaft übergegangenen Gegenstände zusammen mit dem übernommenen Personal bereits bei der ET bzw. zumindest innerhalb der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS einen Betriebsteil iSd. Rechtsprechung, also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit dargestellt hätten, mit welcher innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden wäre. Dies war nicht der Fall.

43

Eine solche organisatorische Einheit, die einem betrieblichen Teilzweck gedient hat, liegt bereits deshalb nicht vor, weil das übernommene Personal und die übergegangenen Rechte und Sachen nicht nur einer der drei Gruppen der Abteilung zugeordnet werden können. So waren die vier übernommenen Mitarbeiter mit der Entwicklung, Projektplanung, Inbetriebsetzung und Dokumentation der gesamten von der Abteilung entwickelten und vertriebenen Mess- und Regelsysteme betraut und haben Serviceaufgaben erledigt.

44

Auch wurde beispielsweise nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Herr Dr. T in erster Linie im Bereich Forschung und Entwicklung eingesetzt, während Herr N im Bereich ET-Systeme, Projektplanung und Inbetriebsetzung bei Kunden tätig war. Eine Beschränkung dieser Tätigkeiten auf die von der F-GmbH übernommene Produktpalette (einschließlich der dazu gehörenden Rechte) lag nicht vor. Diese Arbeitnehmer arbeiteten zusammen mit den nicht übernommenen Mitarbeitern der ET auch mit und an den nicht auf die F-GmbH übertragenen Produkten. Diese „übergreifende“ Tätigkeit der übernommenen Mitarbeiter spricht gegen die Annahme, diese hätten zusammen mit den weiteren übernommenen Betriebsmitteln bereits bei der ET eine organisatorische Einheit in Gestalt eines Betriebsteils gebildet.

45

Des Weiteren scheidet die Annahme eines schon bei der ET vorhandenen Betriebsteils iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB daran, dass die Tätigkeit der vier übernommenen Arbeitnehmer nicht losgelöst von der Tätigkeit der nicht übernommenen übrigen neun Beschäftigten als organisatorisch abtrennbare Tätigkeit betrachtet werden kann. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Tätigkeit aller in der Abteilung Beschäftigten unmittelbar und untrennbar mit der des nicht übernommenen Klägers verbunden war. Dieser war nämlich als Abteilungsleiter ihr Vorgesetzter. Auch haben die von der F-GmbH übernommenen vier Ingenieure die von der ET veräußerten Produktlinien nicht allein entwickelt, hergestellt und/oder vertrieben. Diese Tätigkeiten konnten sie nur im Zusammenwirken mit den übrigen, von der F-GmbH nicht übernommenen Mitarbeitern erledigen. Die übernommenen Arbeitnehmer waren daher bei der ET nicht für eine bestimmte organisatorische Einheit „identitätsprägend“. Sie konnten ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel und Mitarbeiter der ET die für die Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS oder eine der drei Abteilungsgruppen charakteristischen Leistungen nicht erbringen. Solche für die Durchführung von Kundenbestellungen und die Fertigung und Montage, insbesondere von Schaltschränken und Platinen, genutzten Betriebsmittel hat die F-GmbH ebenso wenig übernommen wie Gegenstände aus der Produktion und die dort beschäftigten Elektriker.

46

Aber auch ohne Miteinbeziehung der in der Abteilung F+E/ET-Systeme/Netzwerk/IBS beschäftigten Mitarbeiter stellten die von der F-GmbH übernommenen Gegenstände (Sachen und Rechte) für sich betrachtet bei der ET keinen Betriebsteil dar. Allein von einem Betrieb zum Zwecke des Verkaufs produzierte Gegenstände (einschließlich der diesbezüglichen Patente, Produktnamen, Lieferanten- und Kundenkarteien) - hier die von der F-GmbH übernommenen Produktlinien - stellen grundsätzlich keinen Betriebsteil iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Die Produkte eines Betriebs „dienen“ schon begrifflich keinem Betriebszweck, sondern der Betriebszweck „dient“ deren Entwicklung, Herstellung und Vertrieb. Letztlich sind die übernommenen Produktlinien einschließlich aller dazu nötigen Komponenten (zB: Betriebssysteme, Patente, Know-how) von der Abteilung „produziert“ worden, um mit deren Verkauf Umsatz und Gewinn als eigentlichen Betriebszweck zu erzielen. Letztlich hat die F-GmbH bestimmtes technisches „Know-how“ und vier Mitarbeiter der ET übernommen. Dieses übernommene Wissen stellte aber zusammen mit den Arbeitnehmern bei der ET keinen Betriebsteil in Form einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen und damit keine wirtschaftliche Einheit dar. Patente und „Know-how“ sind für sich betrachtet nämlich keine organisatorischen Gesamtheiten, welche einen Betriebsteil bei der ET hätten bilden können. Wenn die übernommenen vier Mitarbeiter der ET und die erworbenen Produktlinien weder jeweils gesondert noch in der Gesamtschau betrachtet einen Betriebsteil bei der ET gebildet haben, kommt den PC-Arbeitsplätzen einschließlich der Software, mit denen die vier übernommenen Arbeitnehmer gearbeitet haben, keine besondere Bedeutung bei der Beurteilung zu, ob bei der ET ein Betriebsteil vorgelegen hat.

47

Dass die bei der ET verbliebenen neun Mitarbeiter und die von ihnen betreuten Produkte nach dem Weggang der vier übernommenen Arbeitnehmer und der Übernahme der fraglichen Produktlinien durch die F-GmbH nur noch in geringem Umfang Umsätze für die ET erwirtschaftet haben, kann allein nicht dazu führen, anzunehmen, dass die von der F-GmbH übernommenen Mitarbeiter und erworbenen Gegenstände bei der ET eine selbständige organisatorische wirtschaftliche Einheit gebildet hatten.

48

5. Da somit die von der F-GmbH übernommenen Mitarbeiter zusammen mit den übergegangenen Gegenständen keinen Betriebsteil bei der ET dargestellt haben, scheidet ein Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die F-GmbH, aus. Daher ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Beklagte übergegangen und seine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit dieser unbegründet.

49

III. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Warnke    

        

    Döring    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juli 2012 - 6 Sa 83/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, um die Wirksamkeit einer vorsorglichen Kündigung der Beklagten und um Annahmeverzugslohnansprüche.

2

Der Kläger hatte im November 1985 ein Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der R GmbH, begonnen. Bei dieser wurde er mit Arbeitsvertrag vom 27. April 1992 zum Leiter ihres Teilbetriebs in der Werkskantine der Firma A (A) in M befördert. Der Teilbetrieb ging am 1. April 1996 auf die Beklagte über. Diese setzte dort zuletzt acht Arbeitnehmer ein, der Kläger war auch Betriebsobmann und verdiente monatlich 3.438,40 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 12. November 2010 informierte die Beklagte den Kläger und die übrigen Arbeitnehmer des Teilbetriebs A, dass dieser Betrieb zum 1. Januar 2011 auf die Ap KG (Ap) übergehen werde. Die Beklagte hatte den Cateringvertrag mit der Auftraggeberin zum 31. Dezember 2010 verloren. Die Ap übernahm am 1. Januar 2011 die Kantine und führte diese mit dem gleichen Konzept fort, wie es zuvor die Beklagte ihren Caterer-Dienstleistungen zugrunde gelegt hatte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es am 1. Januar 2011 zu einem Betriebsübergang auf die Ap gekommen ist.

4

Der Kläger bot am 3. Januar 2011 seine Arbeitsleistung bei Ap an. Diese lehnte ab, weil sie sich nicht als Betriebserwerberin sah. Daraufhin bot der Kläger seine Arbeitskraft am 4. Januar 2011 der Beklagten an, diese lehnte ab, weil es aus ihrer Sicht zu einem Betriebsübergang gekommen war. Der Kläger ließ durch Anwaltsschreiben vom selben Tage sein Angebot gegenüber der Beklagten wiederholen, forderte eine Bestätigung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und behielt sich etwaige Rechte bezüglich eines Widerspruchs „gegen den Betriebsübergang“ ausdrücklich vor.

5

Am 26. Januar 2011 erhob der Kläger Klage gegen die Ap mit dem Antrag, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap festzustellen. Der Beklagten verkündete er den Streit. Nach einer Kündigung der Ap erweiterte der Kläger seine Klage um einen Kündigungsschutzantrag.

6

Unter dem 15. März 2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Annahmeverzugslohnansprüche durch Anwaltsschreiben geltend, ausdrücklich behielt er sich unter IV. dabei die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB vor. Die Ziff. III. dieses Schreibens lautete:

„Im übrigen wird anheim gestellt, innerhalb oben genannter Frist - ggfs. in Abstimmung mit der Firma Ap - ein einvernehmliches Vergleichsangebot vorzulegen.

Aufgrund der Betriebsratstätigkeit meines Mandanten erachten wir das bisherige Angebot (Faktor 0,5) als völlig unzureichend.“

7

Den Rechtsstreit des Klägers mit Ap vor dem Arbeitsgericht Offenbach - 3 Ca 22/11 - beendeten die dortigen Parteien auf Vorschlag des Gerichts durch Vergleich, der am 26. April 2011 nach § 278 Abs. 6 ZPO mit folgendem Inhalt festgestellt wurde:

„1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass kein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB vorliegt, dass das Arbeitsverhältnis demzufolge nicht auf die Beklagte übergegangen ist und auch sonst kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde und somit nicht besteht.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 45.000,00 (in Worten: Euro Fünfundvierzigtausend 00/100). Etwaige hierauf anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind von dem Kläger zu tragen.

3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich, ob bei Abschluss dieses Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen. Dem Kläger bleibt die Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 613a Abs. 5 und 6 BGB gegenüber der Firma E GmbH vorbehalten.

…“

8

Der Kläger erklärte gegenüber der Beklagten am 5. Mai 2011 den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, wobei er darauf hinweisen ließ, die Unterrichtung über einen etwaigen Betriebsübergang sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Sodann erhob er gegen die Beklagte am 30. Mai 2011 Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses, der Weiterbeschäftigung und der Zahlung von Annahmeverzugslohn. Eine vorsorgliche Kündigung der Beklagten griff er durch Klageerweiterung an.

9

Dazu hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Widerspruch vom 5. Mai 2011 sei wirksam, da die Frist infolge eines fehlerhaften Unterrichtungsschreibens nach § 613a Abs. 6 BGB noch nicht zu laufen begonnen habe. Das Recht zum Widerspruch habe er nicht verwirkt. Zum einen seien zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und seinem Widerspruch weniger als sechs Monate vergangen, zum anderen fehle es jedenfalls am Umstandsmoment. Er habe sich stets sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber Ap sein Widerspruchsrecht vorbehalten. Eine Disposition über sein Arbeitsverhältnis habe er nicht getroffen, auch nicht durch den Vergleich vom 26. April 2011 mit Ap. Denn die dortigen Parteien seien gerade davon ausgegangen, dass es einen Betriebsübergang nicht gegeben habe. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, dass er von der Option des Widerspruchs keinen Gebrauch mehr machen werde; nach Abschluss des Vergleiches habe er ihn alsbald erklärt.

10

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27. April 1992 als Betriebsleiter zu beschäftigen;

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2011 nicht beendet worden ist

sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Annahmeverzugslohn für die Zeit von Januar bis Oktober 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte mit der Auffassung begründet, der Kläger habe seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses verwirkt. Er verhalte sich zudem widersprüchlich, wenn er sich mit Ap darauf verständigt habe, dass ein Betriebsübergang nicht stattgefunden habe, unmittelbar im Anschluss daran jedoch dies gegenüber der Beklagten wieder geltend mache.

12

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsanträgen sowie dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ganz, den Zahlungsanträgen teilweise stattgegeben. Während die Berufung des Klägers, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, erfolglos blieb, hatte die Berufung der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht vollumfänglich Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Ap verwirkt hat.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Es sei festzustellen, dass nach den vom Kläger im Prozess gegen Ap vorgetragenen Umständen und nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine der A übernommen habe und dabei ein Übergang des Teilbetriebs A von der Beklagten auf Ap stattgefunden habe. Damit sei das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. Januar 2011 auf die Ap übergegangen.

16

Da der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt habe, stehe dem sein am 5. Mai 2011 erklärter Widerspruch nicht entgegen. Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten zum Übergang des Teilbetriebs sei zwar fehlerhaft gewesen, die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts durch den Kläger lägen aber vor. Neben dem Zeitmoment habe der Kläger unbeschadet seiner Widerrufsvorbehalte auch das Umstandsmoment verwirklicht. Der Vergleich mit Ap, bestätigt durch das Arbeitsgericht am 26. April 2011, stelle eine Disposition über das Arbeitsverhältnis des Klägers dar. Gegenstand des durch diesen Vergleich beendeten Prozesses seien die Feststellungsklage und die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen Ap gewesen. Der materiellen Rechtslage entsprechend habe der Kläger Ap als Betriebsübernehmerin in Anspruch genommen. Mit dem Vergleich habe er - unbeschadet des Vergleichswortlautes - über sein Arbeitsverhältnis disponiert, da er bei tatsächlich und rechtlich stattgefundenem Betriebsübergang eine Einigung mit Ap erzielt habe, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen und der Streit um die Kündigung erledigt sei. Dies genüge als Disposition, auch wenn die vereinbarte Zahlung nicht als Abfindungszahlung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses deklariert worden sei.

17

B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Der Teilbetrieb A ist zum 1. Januar 2011 von der Beklagten auf die Ap nach § 613a BGB übergegangen.

19

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine von A in M übernommen hat. Dabei führte Ap das Betriebsrestaurant bei dem Kunden A unverändert in denselben Räumen unter Nutzung der bisherigen Betriebsmittel fort. Das Betriebskonzept wurde nicht geändert. Es wurde weiterhin eine Frischeküche von Ap genutzt und dort wurden wie zuvor Speisen zubereitet. Die Verköstigung erfolgte unverändert im möblierten Speisesaal. Ap hat sämtliches Küchenequipment wie Geschirr, Theken, Küchengeräte und Kassensystem übernommen und ab dem 1. Januar 2011 identisch weitergenutzt. Die Organisation des Betriebsrestaurants wurde unverändert fortgeführt, wobei auch die Mitarbeiterstruktur im Hinblick auf den Grad der Beschäftigung von Voll- und Teilzeitmitarbeitern erhalten blieb. Speisenangebote, Dienstpläne und Öffnungszeiten sind ebenfalls nahezu unverändert geblieben.

20

2. Diese Feststellungen tragen die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, ein Betriebsübergang auf Ap habe stattgefunden. Diese Feststellung ist vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist daher am 1. Januar 2011 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Ap übergegangen.

21

II. Das Informationsschreiben der Beklagten vom 12. November 2010 stellt keine ordnungsgemäße Unterrichtung über den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB dar, da es Fehler enthält.

22

So wurde unter Ziff. 4 der Kläger darüber informiert, sein Arbeitsverhältnis gehe in dem zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Zustand auf „Ar“ über. Auch nach Ziff. 7 Satz 5 wurde der Kläger darüber informiert, dass er seinen Widerspruch gegenüber der Beklagten oder „Ar“ erklären könne. Ein Informationsschreiben mit derartigen sinnentstellenden Fehlern, mögen sie auch auf einer fehlerhaften redaktionellen Bearbeitung beruhen, ist untauglich iSd. § 613a Abs. 5 BGB.

23

III. Infolge der nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung des Klägers zum Betriebsübergang wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 14; zuletzt 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 133). Zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 5. Mai 2011 war das Widerspruchsrecht daher nicht nach § 613a Abs. 6 BGB verfristet.

24

IV. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf Ap verwirkt, weil er bei Erklärung des Widerspruchs sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

25

1.a) Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 28; 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - Rn. 22 f., AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 12). Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN, Slg. 2002, I-969). Zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum aber nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, Slg. 2010, I-7003). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan aaO, 1648).

26

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

27

c) Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Frist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, dh. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 347). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 - Rn. 29; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO).

28

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 119; abweichend zur Prozessverwirkung: 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1).

29

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, vorliegend sei das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt. Die nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche Gesamtbetrachtung (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 413/09 - Rn. 29) hat das Landearbeitsgericht angestellt. Eine Frist von knapp sechs Monaten zwischen der Belehrung vom 12. November 2010 und der Erklärung des Widerspruchs oder von knapp fünf Monaten seit dem Ende der hypothetischen Widerspruchsfrist kann für die Erfüllung des Zeitmoments ausreichend sein, zumal das Landesarbeitsgericht zu Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen hat, dass am 26. Januar 2011 der Kläger in der Lage war, die Ap wegen des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Betriebsübergangs zu verklagen. Er hat der Beklagten dabei den Streit verkündet, sie folglich davon ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, dass er gegen die Ap wegen eines Betriebsübergangs vorgehe. Dass er sich sowohl davor als auch bei der Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen Mitte März 2011 die Erklärung eines Widerspruchs „vorbehalten hat“, ist für die Verwirklichung des Zeit- wie des Umstandsmoments ohne Bedeutung. Der Senat hat entschieden, dass derartige „Vorbehalte“ weder für sich genommen verwirkungshemmend sind noch dass sie einen Umstand im Sinne der Verwirkung darstellen (vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07 - Rn. 26, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9). Vorliegend hat der Kläger den Vorbehalt nicht so oft - folgenlos - erklärt, dass insoweit an die Verwirklichung auch des Umstandsmoments gedacht werden müsste.

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3. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, der Kläger habe auch das Umstandsmoment verwirklicht.

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a) Als ein Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, muss gelten, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat(vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 805/07 - Rn. 37; 21. Januar 2010 - 8 AZR 870/07 - Rn. 33 f.; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 41; 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 - Rn. 37).

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b) Vorliegend hat der Kläger zwar gemäß dem Wortlaut des Vergleiches mit Ap nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses „disponiert“ und keine Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, sondern nur eine nicht näher deklarierte Zahlung. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Recht im Vergleichsabschluss eine Disposition des Klägers über sein Arbeitsverhältnis gesehen. Denn der Kläger hatte Ap auf der Grundlage des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs als neue Arbeitgeberin verklagt. Ebenso hatte er eine von Ap als Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung mit einem Kündigungsschutzantrag beantwortet. Beides war ebenso rechtlich zutreffend wie geboten, um den Bestand seines tatsächlich auf Ap übergegangenen Arbeitsverhältnisses zu sichern. Mit diesem Prozess erklärte der Kläger daher nichts weniger, als dass er - tatsächlich und rechtlich zutreffend - Ap als seinen neuen, durch Gesetz nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in sein Arbeitsverhältnis eingeführten Arbeitgeber verstand. Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht aus dem Prozessverhalten des Klägers geschlossen, er habe mit Ap um sein Arbeitsverhältnis gestritten. Diesen Streit hat der Kläger durch den Vergleich, wie am 26. April 2011 gerichtlich festgestellt, beendet und damit über sein allein mit Ap bestehendes Arbeitsverhältnis disponiert. Zutreffend hat daher das Landesarbeitsgericht auch die vereinbarte Zahlung von 45.000,00 Euro im Zusammenhang mit gerade diesem Streitgegenstand gesehen, auch wenn sie nicht als „Abfindung“ bezeichnet wurde. Die Verpflichtung, eine erhebliche Geldsumme zu zahlen, kann plausibel und ohne Verstoß gegen Denkgesetze nur damit erklärt werden, dass das vom Kläger angestrengte Prozessrisiko, also der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap, abgewendet werden sollte.

33

Dem kann der Kläger nicht Ziff. 1 des Vergleiches, wie am 26. April 2011 festgestellt, entgegenhalten. Diese Klausel steht schon im Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 1 des Vergleiches, wonach mit Erfüllung dieser Vereinbarung alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich ob bei Abschluss des Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen sein sollten. Eine solche Klausel macht zwischen Prozessgegnern, die keinerlei Rechtsverhältnis zwischen sich sehen, keinen Sinn. Insbesondere aber steht Ziff. 1 des Vergleiches in Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 2 der Vereinbarung mit Ap, durch die sich der Kläger die Geltendmachung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 5 und Abs. 6 BGB gegenüber der Beklagten vorbehalten hat. Der Vorbehalt eines Widerspruchsrechts nach § 613a BGB erklärt sich allein aus der Annahme eines Betriebsübergangs. Damit stellt sich Ziff. 1 des Vergleiches als unernsthafte Vereinbarung dar, die zum Schein getroffen wurde. Die Klausel sollte nur dem Zweck dienen, ein Umstandsmoment der Verwirkung zu vereiteln und den Kläger in die Lage zu versetzen, den Bestand seines Arbeitsverhältnisses ein weiteres Mal - diesmal gegen die Beklagte - geltend zu machen, wobei der Kläger entsprechende Vorstellungen schon mit Ziff. III. seines Geltendmachungsschreibens vom 15. März 2011 angedeutet hatte. Das Landesarbeitsgericht hat diese Klausel ohne Rechtsfehler als unerheblich unbeachtet gelassen.

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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    F. Avenarius