OLG Karlsruhe: Minderung der Gewerberaummiete während des Lockdowns

erstmalig veröffentlicht: 18.03.2021, letzte Fassung: 19.10.2022

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe lehnt - anders als das Oberlandesgericht Dresden - einen Anspruch der Textilkette "KiK" auf Mietminderung gem. § 313 Abs. 1 BGB ab.

Die Richter des OLG Karlsruhe sehen eine erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung beziehungsweise eine Existenzgefährung des Mieters aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließungen, als Voraussetzung für die Anname der Unzumutbarkeit, welche vorliegend nicht gegeben ist.

Neues Urteil des BGH´s:

Am 12. Januar 2022 hat sich der Bundesgerichtshof geäußert und bestätigt, dass Gewerberaummietern grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung der Miethöhe während der Zeit des Lockdown zusteht. Die coronabedingten Schließanordnungen führen zu einer Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB. Damit ein solcher Anspruch gegeben ist, darf dem Mieter das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar sein. Eine pauschale Minderung der Miethöhe um die Hälfte ist nicht zulässig. Nach Ansicht des Gerichts erfordere jeder Fall, in Hinblick auf die Bemessung der Höhe der Mietanpassung eine Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände.

Lesen Sie auch das entsprechende Urteil sowie eine umfassende Urteilszusammenfassung.

 

OLG Karlsruhe: Minderung der Gewerberaummiete während des Lockdowns

 

Zu der Frage, ob die Miete während des Lockdowns weiterhin gezahlt werden müsse, waren sich die Landgerichte uneinig. Das Landgericht Heidelberg (Az. 5 O 66/20) entschied bereits am 30.07.2020 zu Gunsten des Vermieters, dass eine Mietzahlungspflicht, trotz der Corona-bedingten Schließungen der Gewerberäume, weiterhin besteht.  Die Berufung der Textilkette „KiK“ gegen dieses Urteil war ohne Erfolg. Mit Urteil vom 24.02.2021 bestätigte das Oberlandgericht Karlsruhe (Az. 7 U 109/20) die Entscheidung des Landgerichts Heidelberg.

Das Urteil zeigt die Uneinigkeit der Gerichte hinsichtlich des Bestehen eines Anspruchs auf Vertragsanpassung gem. § 313 Abs. 1 BGB.

Das Oberlandgericht Dresden ( Az. 5 U 1782/20)  bejahte noch am selben Tag - anders als das Oberlandesgericht Karlsruhe - einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zu Gunsten der selben Textilkette und sprach dem Mieter eine Mietminderung, um die Hälfte des vereinbarten Mietzinses zu. 

In dem vorliegendem Artikel wird das Urteil des Oberlandgerichts Karlsruhe erläutert. 

Streifler&Kollegen - Dirk Streifler - Rechtsanwälte Berlin

 

Textilkette weigert sich Miete zu zahlen

 

Die Textilkette „KiK“ musste sich erneut vor Gericht wehren. Grund war die ausgebliebene Mietzahlung für den April 2020. Nach Ansicht des Textilbetreibers sei das Ausbleiben des Mietzinses begründet.

Aufgrund der Schließanordnungen im Corona-Lockdown läge entweder ein Sachmangel der Mietsache, eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung oder ein die Vertragsanpassung begründender Wegfall der Geschäftsgrundlage vor. Den vollständigen Mietzins brauche sie deshalb nicht zu entrichten, führte die Textilkette zur Begründung des Mietzinsausfall aus.

Ein Mangel liegt vor, wenn das Mietobjekt mit einem Fehler behaftet ist. Das Mietobjekt der Beklagten ist jedoch in einem guten Zustand und weist keinerlei Mängel auf. Die Beklagte trägt hierzu vor, der Begriff des Mangels aus § 536 BGB würde fortwährend erweitert. Ein Mangel könne sich demnach auch durch äußere Einwirkung auf die Sache ergeben, so dass die sogenannten Umwelt- und Umfeldmängel eine Rolle einnehmen. Die Sperrung eines Umfelds - hier der gesamten Bundesrepublik Deutschland - begründe deshalb einen Mangel im Sinne der „Umfeldmangel-Rechtsprechung“.

Weiterhin trägt die Beklagte vor, die streitgegenständlichen Gewerberäume seien zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs angemietet worden. Die Nutzung als Verkaufsraum sei jedoch aufgrund der Schließanordnung nicht mehr möglich. Eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung ergebe sich deshalb daraus, dass der Vertragszweck (vorliegend wurde dieser Im Vertrag ausdrücklich vereinbart) infolge der behördlichen Schließanordnungen nicht mehr erreicht werden könne.

Schließlich müsse zumindest der Vertrag auf Grundlage der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angepasst werden. Insbesondere sei die entscheidende Veränderung (hier: die Schließanordnungen nach Auftreten des Corona-Virus) erst nach Vertragsschluss erfolgt und war inhaltlich nicht vorgesehen.

 

Landgericht gibt Vermieter Recht

 

Das Landgericht Heidelberg stimme der Beklagten in keinem der drei Punkte zu.

Hinsichtlich des Mangels führt es aus, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursachen gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben müssen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters. Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn die hoheitlichen Maßnahmen (hier: die Beschränkungen=die Schließanordnungen) dienen dem Schutz der Gesundheit von Menschen und knüpfen nicht unmittelbar an die Beschaffenheit der Mietsache an.

Vielmehr bestehe weiterhin die Möglichkeit die Mieträume für den vorgesehenen Zweck zu nutzen. Sie sind zu diesem Zweck aufgrund der Corona-Maßnahmen nicht weniger geeignet. Insbesondere ist während der Schließanordnung weiterhin möglich die Gewerberäume als Lagerräume zu nutzen. Der Umstand, dass die Schließanordnung eine Nutzung als Verkaufsrum nicht erlaubt, fällt unter das Verwendungsrisiko, dass die Textilkette als Verwender tragen müsse. Außerdem bestünde die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, der Mieterin die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, was der Mieter vorliegend erfüllt hat.

 

Vertragsapassung aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorliegend nicht möglich

 

Das Landgericht Heidelberg verwirft schlussendlich auch die Möglichkeit einer Vertragsanpassung gem. § 313 Absatz 1 BGB aufgrund des Wegfalls einer Geschäftsgrundlage. Unabhängig davon, ob § 313 Absatz 1 BGB vorliegend überhaupt anwendbar ist, hielt es das Gericht zumindest nicht für unzumutbar für die Beklagte am ausgehandelten Vertragsschluss festzuhalten.

„Das Maß der Unzumutbarkeit ist damit letztlich nur bei substantiierter Darlegung des Mieters erreicht, in der eigenen Existenz oder jedenfalls in einem solchen Ausmaß wirtschaftlich betroffen zu sein, das ein weiteres Festhalten am unveränderten Mietvertrag unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände als unzumutbar erscheinen lässt.“

Das Landgerichts Heidelberg berücksichtigte bei seiner Urteilsfindung vor allem zwei Punkte: Zum einen hat die Beklagte einen Teil der streitgegenständlichen Gewerberäume weiterhin als Lager genutzt (so haben sich auch während der Schließung Mitarbeiter in den Räumlichkeiten befunden) und zum anderen habe die Beklagte eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung führende, wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht ausreichend dargelegt.

 

Zustimmung des OLG Kalrsruhe

 

Das Oberlandgericht Karlsruhe stimmte dem weitgehend zu und sah die Berufung der Beklagten als unbegründet.

In der allgemeinen coronabedingten Schließanordnung sei kein Sachmangel des Mietobjekts, welcher zu einer Mietminderung führen könnte, zu erblicken. Zwar könne eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung grundsätzlich in Betracht kommen, und zwar regelmäßig immer dann, wenn ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen wird, dessen Voraussetzungen liegen vorliegend jedoch nicht vor. Notwendig wäre - nach Ansicht des Oberlandgerichts Karlruhe -, dass die Inanspruchnahme der vollständigen Miete zu einer Vernichtung der Existenz des Mieters führe und dass die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung in Form einer Mietminderung überhaupt erlaube. Nach einer ausführlichen Prüfung aller Umstände des Einzelfalls ist das Oberlandgericht Karlsruhe zu dem Entschluss gekommen, die Textilkette „KiK“, habe die besonderen Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit der Zahlung führen „[…] nicht in ausreichender Weise geltend gemacht.“.

 

Indizien für Unzumutbarkeit der vereinbarten Mietzahlung

 

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe gelten volgende Punkte als Indizien für die Unzumutbarkeit der Zahlung:

 

- Rückgang der Umsätze

- Kompensationen durch Onlinehandel, öffentliche Leistungen

- ersparte Aufwendungen (z.B Kurzarbeit)

- fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware

 

Anders als das OLG Karlsruhe entschied am selben Tag das Oberlandgericht Dresden (Urt. v. 24.2021, Az. 5 U 1782/20). Dieses nahm Stellung zu den erst kürzlich eingeführten Art. 240 § 7 EGBGB und entschied sich im Ergebnis für eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag, mithin für eine Mietminderung.

Der Senat hat in beiden Fällen die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Die höchstrichterliche Entscheidung wird mit Spannung erwartet.

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Gesetze

Gesetze

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

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Referenzen

Landgericht Heidelberg 

Az.: 5 O 66/20

Urteil vom 30.07.2020

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.081,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 5.081,98 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auswirkungen der wegen der Coronaverordnung erfolgten Anordnung der Schließung der Filiale der Beklagten in W. vom 18.03.2020 bis 19.04.2020. Die Beklagte hat deshalb die Miete für April 2020 nicht gezahlt. Bezüglich der Wiedereröffnung am 20.04.2020 hat sie hilfsweise die Aufrechnung wegen Überbezahlung der Miete für März 2020 geltend gemacht.

Die Kläger sind die Vermieter und die Beklagte ist die Mieterin der Geschäftsräume im Anwesen N. Str. 4 in 74XXX W.. Die vereinbarte monatliche Sockelmiete beträgt einschließlich der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung und der Mehrwertsteuer 5.081,98 €. Die Geschäftsräume wurden dabei zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet.

Ursprünglich wurde der Mietvertrag am 31.07.2014 bzw. 05.08.2014 zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Kläger, Frau P. D., abgeschlossen (Anlage B2). In diesem war unter § 3 eine Sockelmiete in Höhe von 2.500,00 € zzgl. Mehrwertsteuer und darüber hinaus eine Erhöhung dieses Sockelbetrages abhängig vom jeweiligen Jahresumsatz vereinbart. Außerdem enthält er unter § 10 folgende Regelung:

„Bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objektes steht der Mieterin ein Kündigungsrecht mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende zu.


Am 27.12.2016 haben die hiesigen Parteien den Nachtrag Nr. 1 (Anlage K5) zu diesem Mietvertrag abgeschlossen. In diesem ist eine Sockelmiete von 5 € pro Quadratmeter zzgl. Betriebskostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer geregelt, darüber hinaus heißt es auszugsweise unter 3. Miete:

„Ab einem Nettojahresumsatz von € 500.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.200,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 600.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 4.700,00 € (netto).

Ab einem Nettojahresumsatz von € 700.000 erhöht sich der monatlich zu zahlende Mietzins auf 5.200,00 € (netto).

Innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres wird die Mieterin dem Vermieter eine Aufstellung über die in dem abgelaufenen Kalenderjahr getätigten Umsätze übergeben, den die (Jahres-) Sockelmiete übersteigenden Betrag der Umsatzmiete errechnen und die betreffende Restmietzahlung an den Vermieter leisten.“

Zwischen dem 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 kam es zur Schließung der streitgegenständlichen Filiale in W. gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020. Dabei wurde ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt.

Mit Schreiben vom 24.3.2020 (Anlage K2) teilte die Beklagte mit, dass sie die Miete für April 2020 zunächst nicht zahlen wird. Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.04.2020 (Anlage K3) wurde die Beklagte aufgefordert, die Miete fristgerecht bis zum 03.04.2020 zu überweisen und die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten der Kläger bis zum 15.04.2020 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2020 (Klageerwiderung) hat die Beklagte, soweit das Mietobjekt ab dem 20.04.2020 wieder geöffnet werden konnte, hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete März 2020 in Höhe von 2.134,43 € während des Zeitraums der Schließung erklärt.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte hätte die Miete ohne Rechtsgrund nicht gezahlt.

Insbesondere könne die Beklagte die Miete nicht nach § 536 BGB mindern. Zwar enthalte § 1 des ursprünglichen Mietvertrages einen Verwendungszweck, allerdings sei die Nutzung durch die Beklagte zu keiner Zeit beeinträchtigt gewesen. Die Formulierung der Gesetzesbegründung anlässlich der Neuregelung des Artikel 240 § 2 EGBGB – „die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen“ – zeige, dass aufgrund des Verwendungsrisikos des Mieters eine Minderung der Miete ausgeschlossen sei. Gerade die zwischen den Parteien vereinbarte Umsatzmiete spreche gegen eine Mietminderung. Es sei eine Mindestmiete vereinbart worden, die unabhängig davon geschuldet werde, ob in dem Ladengeschäft Umsatz erzielt werde oder nicht. Maßgeblich für die Bemessung der Miete sei der Jahresumsatz und nicht der Umsatz einzelner Monate. Dies lasse sich erst zum 31.3.2021 bestimmen. Der Mietvertrag weise deshalb gerade der Beklagten das Risiko zu, welche Umsätze realisiert werden. Eine Beteiligung der Kläger ergebe sich erst bei einem besonders erfolgreichen Geschäftsjahr. Ein Umfeldmangel liege nicht vor.

Auch eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung liege nicht vor, da die Beklagte die Räumlichkeiten zumindest als Lagerraum und im Hinblick auf das Online-Geschäft auch zum Vertrieb von Waren genutzt habe.

Bezogen auf die konkrete Situation der Beklagten scheide auch eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB aus. Die von der Beklagten aufgezeigten – und bestrittenen – Umsatzzahlen seien unzureichend – aus diesen ergebe sich eine Existenzgefährdung nicht – zumal es sich bei der Beklagten um ein weltweit tätiges Unternehmen handele.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu veruteilen , an die Kläger 5.081,98 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 07.04.2020 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € zzgl. 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz seit 16.04.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden könnten. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Sämtliche Filialen der Beklagten (über 3.000) hätten geschlossen werden müssen.

Sie ist der Auffassung, dass sie für die Zeit der Schließung der Filiale nicht verpflichtet sei, Mietzinszahlungen für das streitgegenständliche Objekt zu leisten. Da die Filiale auch im März an 13 von 31 Tagen nicht geöffnet war, ergebe sich diesbezüglich ein Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 2.134,43 €.

Es liege entweder ein Sachmangel der Mietsache, eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung oder ein Fall der Anpassung des Mietvertrages im Rahmen der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage vor.

Die Mietzahlungspflicht entfalle gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB, da eine Aufhebung der Tauglichkeit zur Nutzung vorliege. Zwar enthalte das BGB, anders als das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Seuche im Mietrecht, allerdings werde der Mangelbegriff des § 536 BGB fortwährend erweitert. So könne der Mangel auch in einer äußeren Einwirkung auf die Mietsache bestehen (sog. Umwelt- oder Umfeldmangel). Beispiele diesbezüglich seien Baumaßnahmen in Nebengebäuden oder die Sperrung des Zugangsbereichs. „Umfeld“ im Sinne der Umfeldmangel-Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Es liege ein vergleichbarer Fall wie dem Urteil des Reichsgerichts zum Tanzverbot vom 09.11.1915 (RGZ 87, 277 – III 145/15) und vom 20.02.1917 (RGZ 89, 203 – III 384/16) sowie der Benzintankanlagenentscheidung vom 03.01.1919 (III 271/18) zugrunde. Darüber hinaus enthalte der Mietvertrag einen ausdrücklichen Vertragszweck – nämlich die Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, wobei sich aus der Kurzbaubeschreibung ergebe, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln solle – welcher die „Sollbeschaffenheit“ darstelle. Diese hätten die Kläger während der Schließung nicht erfüllen können. Hinzu komme, dass sich die Kläger durch die Vereinbarung einer Umsatzmiete am betriebswirtschaftlichen Risiko der Klägerin beteiligt hätten und das Verwendungsrisiko damit zumindest zum Teil auch auf diese übergegangen sei.

Desweiteren liege ein Fall von Unmöglichkeit vor, da der Vertragszweck, der im vorliegenden Fall im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart worden sei (siehe oben), infolge der behördlichen Anordnung nicht mehr habe erreicht werden können. Somit liege eine zumindest vorübergehende Unmöglichkeit der vermieterseits geschuldeten Überlassung zum vereinbarten Zweck vor.

Jedenfalls wäre der Mietvertrag auf Grundlage der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB anzupassen. Die entscheidende Veränderung in Form des Auftretens des Corona-Virus und des Erlasses der CoronaVO sei erst nach Vertragsschluss erfolgt und nicht Inhalt des Vertrages. Auch enthielte der Mietvertrag keinerlei Regelungen für diesen Fall. Es sei jedoch offensichtlich, dass zumindest die Beklagte auf eine Mietpreisanpassungsklausel bestanden hätte, wenn sie diese Situation bei Mietvertragsabschluss vorausgesehen hätte. Ein Festhalten am ursprünglichen Vertrag sei der Beklagten unzumutbar. Sämtliche über 3000 Filialen seien geschlossen worden und es liege ein vergleichbarer Umsatzausfall in allen Filialen vor – insbesondere die Saison- und Osterware habe nicht verkauft werden können. Dadurch sei es zu erheblichen Liquiditätsproblemen gekommen. Die Bezahlung der Miete April 2020 hätte die wirtschaftliche Schieflage der Beklagten ganz erheblich verstärkt. Eine hälftige Teilung der Mietlast sei daher angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2020 verwiesen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 27.05.2020 nach § 348 Abs. 3 S. 2 ZPO von der Kammer übernommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kläger haben aus § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Aprilmiete 2020 in Höhe von 5.081,98 € gegen die Beklagte. Die Aufrechnung der Beklagten geht ins Leere.

Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum der Filialschließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 auch weder nach § 536 Abs. 1 BGB mindern (siehe sogleich 1.), noch liegt eine Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung nach § 275 BGB mit der Folge des § 326 Abs. 1 BGB vor (siehe 2.). Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch nicht eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB vorzunehmen (siehe 3.).

1. Die Beklagte kann die Miete für den Zeitraum 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 nicht nach § 536 Abs. 1 BGB mindern.

Eine ausdrückliche vertragliche Regelung, wie beispielsweise Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen oder eine Force-Majeure-Klausel, enthält der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag bzw. Nachtrag Nr. 1 für den vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Ladenschließung nicht, weshalb sich die Mietzahlungspflicht vorrangig nach dem mietrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht gemäß §§ 536 ff. BGB bestimmt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (sog. Umweltfehler), wie etwa Immissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 152/12, NJW 2013, 680). Auch öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen können die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch mindern und damit einen Sachmangel darstellen. Insbesondere bei der Vermietung von Gewerberäumen können privat- oder öffentlich-rechtliche Hindernisse zu einem Mangel führen. Voraussetzung ist aber, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters (BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175,92, BeckRS 2009, 20713; Urt.v. 13.07.2011 – XII ZR 181/09, NJW 2011, 3151 – Rauchverbot; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78). Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Gebrauchsbeschränkungen können deshalb nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache in Zusammenhang stehen; Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in dessen Risikobereich. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Vermieter nur, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht, das Verwendungsrisiko trägt hingegen der Mieter allein (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben liegt im vorliegenden Fall kein Sachmangel vor. Die hoheitlichen Maßnahmen dienen im vorliegenden Fall dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allein an den Betrieb des jeweiligen Mieters. Die Maßnahmen stellen dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169, Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185, Leo/Götz, Fälle und Lösungen zum Schicksal der Mietzahlungspflicht des Gewerberaummieters in COVID-19-Zeiten, NZM 2020, 402).

Daran ändert auch nichts, dass die streitgegenständlichen Gewerberäume im vorliegenden Fall zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet wurden und sich aus der Kurzbaubeschreibung ergibt, dass es sich um ein K.-Ladenlokal handeln sollte. Denn die Mietsache ist zu diesem Zweck weiterhin in gleicher Weise geeignet wie vor dem hoheitlichen Einschreiten. Untersagt ist lediglich dessen Betrieb und zwar losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch in den Risikobereich des Mieters (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Auch die beklagtenseits angeführte Rechtsprechung des Reichsgerichts führt nicht zur Annahme eines Sachmangels. Zwar hat das Reichsgericht – darin ist der Beklagten Recht zu geben – im „Tanzlokal-Fall“ angenommen, dass ein Mangel im Sinne von § 537 BGB vorliege, da das Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen habe, in dem es die Ausnutzung der Eigenschaft als Tanzlokal verhindere. Allerdings beruht die im vorliegenden Fall angeordnete Schließung nicht auf einer öffentlich-rechtlich missbilligten Eigenschaft der Mietsache, sondern erfasst Mieträume ausschließlich aufgrund ihrer tatsächlichen Nutzung durch den Mieter. Würde die Beklagte eine noch zulässige Nutzung betreiben oder ihr Nutzungskonzept verändern, bliebe ihr Betrieb zulässig (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390). Zudem war für das Reichsgericht für die Annahme eines Mangels der Mietsache der heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzte Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung (noch) nicht von entscheidender Bedeutung, wenn dort allgemein öffentlich-rechtliche Beschränkungen als die Miet- und Pachtsache „betreffend“ für ausreichend erachtet wurden (vgl. RG, Urt.v. 20.02.1917 III 384/18 „Verbot jeglicher Tanzveranstaltung“; Urt. v. 09.11.1915 III 145/15 „polizeiliche Untersagung öffentlicher Tänze“; zur heutigen h.M. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 78 ff.) Entsprechendes gilt für die Benzintankanlagenentscheidung. Dort war eine vertragsgemäße, ebenso wie eine anderweitige Nutzung des Gegenstandes des Vertragsverhältnisses – eine Tankanlage – aufgrund des behördlichen Veräußerungsverbotes für Benzin sowie dessen Beschlagnahme und Verschwinden aus dem Handel nicht mehr möglich, was das Reichsgericht dazu veranlasste, die besondere Einrichtung der Mietsache mit deren Lage gleichzusetzen und deshalb einen Mangel anzunehmen (Urt. v. 03.01.1919, III 271/18). Im vorliegenden Fall handelt es sich aber gerade um solche Beschränkungen, die losgelöst von der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache und daher nach heutigen Maßstäben – in Abkehr zu der Rechtsprechung des Reichsgerichts – nicht als Mangel der Mietsache anzusehen sind.

2. Es liegt auch kein Fall der Unmöglichkeit für die Kläger nach § 275 BGB vor, mit der Folge des Entfalls der Gegenleistungspflicht für die Beklagte nach § 326 Abs. 1 BGB.

Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten braucht. § 275 Abs. 1 BGB regelt dabei, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. § 535 Abs. 1 S.2 BGB wird durch § 537 Abs. 1 S. 1 BGB vervollständigt, der regelt, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Dadurch wird deutlich, dass der Vermieter nur eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen muss. Immer wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, geht der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder 536 BGB seines Anspruchs auf die Miete verlustig. Betrifft die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gilt nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindert, sondern auch, wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könnte. Dies lässt die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liegt, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dies kommt vor allem durch die in der Rechtsprechung zu findenden Aussage, durch § 537 BGB sei das Verwendungsrisiko dem Mieter zugewiesen, zum Ausdruck. Dass es ihm zugewiesen ist, liegt nur daran, dass die Vermieterleistung nicht mehr die Nutzung der Mietsache einschließt, sondern sich auf deren Bereitstellung im gebrauchstauglichen Zustand beschränkt (Harke in beckOK, BGB, 01.07.2020, § 537 Rn. 10, 10.1). Wie auch im Rahmen von § 536 BGB können danach allenfalls solche Störungen zu einer Unmöglichkeit führen, die in der Beschaffenheit, der Lage oder dem Zustand der Mietsache begründet sind. Aus diesem Grunde werden die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nach Übergabe der Mietsache durch das besondere mietrechtliche Gewährleistungssystem verdrängt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 532 ff.)

Gemessen an dem, ist den Klägern als Vermieter die Hauptleistungspflicht, nämlich die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, zwischen dem 18.03.2020 und 19.04.2020 nicht unmöglich gewesen. Nach dem Mietvertrag erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Zwar konnte die Beklagte die streitgegenständliche Mietsache im vorliegenden Fall während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsräume – als Lagerräume sehr wohl – eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, nämlich als K.-Ladenlokal, nutzen, dieses Risiko fällt jedoch in deren Verwendungsrisiko. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache, wie es ihrer Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für die Beklagte nicht wie von ihr beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.

3. Außerdem kommt eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.

Im Ergebnis kann dahin gestellt bleiben, ob § 313 Abs. 1 BGB im vorliegende Fall überhaupt anwendbar ist (siehe a) und ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (siehe b), da zumindest eine Unzumutbarkeit für die Beklagte am Festhalten des Vertrages nicht festgestellt werden kann (siehe c).

a) Fraglich ist bereits, ob § 313 BGB im vorliegenden Fall anwendbar ist.

In Ausformung der Vertragstreue und als Ausnahmetatbestand vom Grundsatz der Privatautonomie ist § 313 BGB besonders eng auszulegen und grundsätzlich nachrangig (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Zwar enthält der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag für den hier vorliegenden Fall einer behördlich angeordneten Schließung keine Regelung (siehe oben), allerdings könnte die Anwendbarkeit im vorliegende Fall zu verneinen sein, da der Mietvertrag Regelungen enthält, durch die sich der Vermieter zumindest mittelbar an dem eigentlich beim Mieter liegenden Verwendungsrisiko beteiligt hat, nämlich indem eine Mindestmiete und darüber hinaus eine Umsatzmiete vereinbart wurde. Dadurch haben sich die Kläger zumindest ab einem gewissen Umsatz am Verwendungsrisiko beteiligt. Bei einem Umsatz unter 500.000,00 €, wenn es also lediglich um die Mindestmiete geht, partizipieren sie am Verwendungsrisiko jedoch nicht.

Darüber hinaus ist § 313 BGB auch gegenüber gesetzlichen Regelungen grundsätzlich nachrangig (bspw. §§ 314, 536 BGB). Diese sind im vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar (siehe oben). Möglich wäre jedoch eine Sperrwirkung durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020, da sich dieses ausdrücklich auf Mietverträge bezieht und insoweit zwingende Regelungen zur Risikoverteilung enthält. Nach Art 240 § 2 Abs. 1 EGBGB ist der Vermieter zumindest temporär nicht berechtigt, einen Mietvertrag wegen eines auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführenden Zahlungsrückstandes zu kündigen. Gleichzeitig erstreckt sich das „Moratorium“ in Art 240 § 1 Abs. 1 BGB gerade nicht auf Mietverträge, sodass Mieter nach einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers nicht berechtigt sind, das dort enthaltene Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen und weiterhin jedenfalls „im Grundsatz“ verpflichtet sind, die Miete zu zahlen. Ob dem Gesetzgeber dabei – insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in sehr kurzer Zeit erarbeitet wurde – bewusst war, dass er Ansprüche der Mieter wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt, geht aus den Materialien indes nicht hervor (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169).

Ob tatsächlich eine Sperrwirkung der vertraglichen oder der gesetzlichen Regelung vorliegt, muss jedoch nicht entschieden werden, da eine Unzumutbarkeit für die Beklagte in jedem Fall zu verneinen ist (siehe sogleich c).

b) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird nach der Rechtsprechung des BGH gebildet durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 234/18, NZM 2020, 322). Dabei wird zwischen der „großen“ und der „kleinen“ Geschäftsgrundlage unterschieden. Unter der „großen Geschäftsgrundlage“ versteht man die Erwartung, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen des Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern, dass die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Von der „kleinen“ Geschäftsgrundlage spricht man dagegen in allen übrigen Fällen, wenn es also „nur“ um die den jeweiligen Vertrag betreffenden Umstände geht: die Größe des erst noch zu vermessenden Grundstücks als Vertragsgegenstand, eine schleichende Geldentwertung bei langfristiger Verpflichtung etc. Der Wortlaut des § 313 erfasst auch die „große“ Geschäftsgrundlage (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 17,18).

An dem gemessen, stellt die Schließungsanordnung eine Störung der Geschäftsgrundlage dar. Zwar ist nicht im Hinblick auf die Nutzbarkeit der Mietsache von der Geschäftsgrundlage auszugehen, da diese maßgeblicher Vertragsinhalt ist, sondern vielmehr die Vorstellung der Parteien, dass keine zumindest bundes- tatsächlich aber weltweite – Pandemie auftritt, aufgrund derer flächendeckend Gewerbebetriebe geschlossen werden müssen. Diese ist auch schwerwiegend gestört, da die Nutzbarkeit der Mietsache – jedenfalls vorrübergehend – vollständig entfallen ist. Es handelt sich damit um eine zu berücksichtigende Zweckstörung, die eine Fallgruppe des § 313 BGB darstellt (Finkenauer in Münchner Kommentar, BGB, 8. Auflage 2019, § 313, Rn. 253 ff.). Die Leistung des Vermieters ist für den Mieter aufgrund der Unmöglichkeit, das Gewerbe in dem hierfür angemieteten Objekt zu betreiben, sinnlos geworden (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390).

Letztlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die Parteien bei Kenntnis der Möglichkeit einer weltweiten Pandemie tatsächlichen die Mietzahlungspflicht nicht oder nicht in vollem Umfang vereinbart hätten. Denn eine Vertragsanpassung zugunsten der Beklagten kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil ihr ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Mietzahlung unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (siehe sogleich c).

c) Der Beklagten ist es unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festzuhalten.

Maßgeblich ist dabei die Frage, inwieweit die eingetretene Veränderung der Umstände üblicherweise in das Risiko einer Vertragspartei fällt, wie nahe diese den Veränderungen steht und inwieweit es der betroffenen Partei zumutbar oder überhaupt möglich gewesen wäre, entsprechende Vorkehrungen zu treffen (Zehelein, Infektionsschutzbedingte Schließungsanordnungen in der COVID-19-Pandemie, NZM 2020, 390) oder sich im Zeitraum der Schließung anderweitige Einnahmequellen zu verschaffen, bspw. Onlinehandel, etc (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169). Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt dabei grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714; siehe oben). Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Eine solche Risikoverteilung bzw. -übernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsame Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (BGH, Urt.v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714). Das Maß der Unzumutbarkeit ist damit letztlich nur bei substantiierter Darlegung des Mieters erreicht, in der eigenen Existenz gefährdet (vgl. Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185) oder jedenfalls in einem solchen Ausmaß wirtschaftlich betroffen zu sein, das ein weiteres Festhalten am unveränderten Mietvertrag unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände als unzumutbar erscheinen lässt.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles liegt eine Unzumutbarkeit für die Beklagte im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht vor.

Die Beklagte als Mieterin trägt grundsätzlich das Verwendungsrisiko. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzmiete ab einem Umsatz von 500.000,00 €/Jahr. Daraus kann insbesondere nicht der Wille der Parteien abgebildet werden, dass auch die Kläger an den Einbußen zu partizipieren haben, die die Beklagte infolge einer nachteiligen Veränderung der Marktlage erleidet (vgl. Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410). Es lässt sich vielmehr umgekehrt lediglich der Wille einer Beteiligung ab einem bestimmten Umsatz, also einem besonderen Erfolg der Beklagten, ablesen. Gerade die Vereinbarung einer Mindestmiete zeigt, dass die Kläger an einem gänzlichen Misserfolg nicht partizipieren wollten, wobei den Parteien hierbei die Möglichkeit schwankender Umsätze sichtlich bewusst war.

Der Gesichtspunkt, einer Partei das Treffen von Vorkehrungen aufzuerlegen, scheidet im vorliegenden Fall aus, da die Möglichkeit einer weltweiten Pandemie für beide Seiten überraschend und unvorhersehbar gewesen sein dürfte. Darüber hinaus wäre ein solches Ausfallrisiko wohl entweder nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten versicherbar (Ekkenga/Schirrmacher, Auswirkungen der COVID-19-Katastrophe auf die Zahlungspflichten gewerblicher Mieter und Pächter, NZM 2020, 410; Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Räume – insbesondere die Lagerräume, auch wenn diese nur einen kleinen Teil des Mietobjekts ausmachen – weiterhin genutzt hat und sich unstreitig in der Zeit der Schließung Mitarbeiter in den Räumlichkeiten befunden haben, die verderbliche Ware und Saisonware abgebaut haben.

Maßgeblich im vorliegenden Fall ist jedoch, dass die Beklagte eine Existenzgefährdung oder eine vergleichbare, zur Unzumutbarkeit führende, wirtschaftliche Beeinträchtigung weder dargelegt noch bewiesen hat. Sie hat diesbezüglich behauptet, sie habe im März 2020 einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018/2019 von 45,42 % und im April 2020 in Höhe von 39,25 % zu verzeichnen gehabt. Sie setze im Regelbetrieb zwischen 5 und 7 Millionen Euro netto pro Tag in ihren Filialen um. Eine Verlagerung auf den Onlinehandel habe nicht stattgefunden, was im Wesentlichen daran liege, dass die von der Beklagten angebotenen Produkte im Regelfall niedrigpreisig seien und sich ein Onlinekauf für den Kunden in Anbetracht der Verpackungs- und Versandkosten nur eingeschränkt lohne. Bei den Osterartikeln würde es sich zudem um Mitnahmeartikel handeln, die nur dann mitgenommen würden, wenn sich der Kunde ohnehin zum Textilkauf in der Filiale aufhalte. Die Beklagte habe keinerlei staatliche Hilfen erhalten. Diesbezüglich habe die A. Unternehmensberatung GmbH mit Lieferanten und Vermietern verhandelt, die Nutzung von Kurzarbeit koordiniert und geprüft, ob Steuererleichterungen oder staatliche Finanzierungsunterstützung erlangt werden können. Eine staatliche Finanzierungsunterstützung habe jedoch nicht erreicht werden können. Unstreitig ist, dass sich ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit befand.

Selbst wenn man diese Behauptungen auch im Übrigen als wahr unterstellt, ergibt sich daraus eine Existenzgefährdung bzw. eine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung jedoch nicht. Zwar mag ein filialbezogener Nettoumsatzrückgang von 45,42 % bzw. 39,25 % im März bzw. April 2020 bzw. ein betriebsbezogener Nettoumsatzverlust von 5 bis 7 Millionen Euro pro Tag – der jedoch auch nicht näher dargelegt ist – zunächst erheblich erscheinen. Allerdings wurden diesem Nettoumsatzrückgang weder die ersparten Mitarbeiterkosten durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit, noch etwaige Rücklagen gegenübergestellt. Auch ist das Ergebnis der – angeblichen – Verhandlungen mit Lieferanten und Vermietern (Nachlässe, Stundungen, etc) nicht ersichtlich und in die Berechnung eingestellt. Darüber hinaus ist – wie bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert – in keiner Weise ersichtlich, inwiefern die Beklagte bspw. Oster- und Saisonware nächstes Jahr zum Verkauf nutzen kann. Diesbezüglich würden dann zu diesem Zeitpunkt Kosten der Beklagten entfallen. Darüber hinaus muss zu Lasten der Beklagten berücksichtigt werden, dass sie in der Zeit der Ladenschließung in keiner Weise besondere Bemühungen bezüglich einer Umsatzgenerierung veranstaltet hat. Auch wenn es sich bei den Produkten der Beklagten im Wesentlichen um niedrigpreisige Produkte handeln sollte, wäre es für die Beklagte möglich gewesen, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, bspw. durch Rabattaktionen, Minderung der Versandkosten, Erlass der Versandkosten ab einem Mindestbestelltbetrag, etc. Dies ist nach den eigenen Angaben der Beklagten jedoch nicht erfolgt, weshalb sie sich nicht lediglich auf einen Nettoumsatzrückgang zurückziehen kann. Gleichermaßen unbehelflich ist der Vortrag der Beklagten, sie hätte keine staatlichen Hilfen erhalten und habe sich insoweit beraten lassen. Hieraus ergibt sich nicht, ob ein Anspruch auf staatliche Leistungen bestand oder ob diese aus anderen Gründen nicht bezogen wurden; jedenfalls wäre ein ernsthaftes Bemühen der Beklagten um die Erlangung staatlicher Hilfen vorauszusetzen, welches vorliegend weder ersichtlich noch dargetan ist. Entsprechend verhält es sich mit den Verhandlungen der Beklagten mit ihren Lieferanten und Vermietern, auch insoweit wäre von der Beklagten zu verlangen, dass sie alles ihr Zumutbare unternimmt, um ihre laufenden Kosten zu decken; allein die Beauftragung einer Unternehmensberatung und das Führen von Verhandlungen genügt insoweit nicht. Unbehelflich ist insoweit auch die pauschale Behauptung des – auch im Übrigen nur unzureichend informierten – und entgegen der gerichtlichen Anordnung nicht von einem Geschäftsführer der Beklagten begleiteten Sitzungsvertreters, die 3.000 Betriebe der Beklagten im gesamten Bundesgebiet seien vollständig zum Erliegen gekommen.

Entscheidend gegen eine Unzumutbarkeit spricht auch der begrenzte Zeitraum der Schließung von nur 4 1/2 Wochen (26 Arbeitstage). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des § 10 des ursprünglich geschlossenen Mietvertrages maßgeblich. Dieser sieht ein Kündigungsrecht der Mieterin bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Objekts mit einer sechsmonatigen Frist zum Monatsende vor. Es wurde somit gerade in Fällen, bei denen ein – theoretisch auch vollständiger – Umsatzrückgang der Beklagten einhergeht – zwar aus anderen Gründen als dem streitgegenständlichen – ein sechsmonatiges Festhalten am Vertrag vereinbart. Dies war der Beklagten bei Vertragsschluss somit zumutbar. Im vorliegenden Fall geht es jedoch lediglich um etwas mehr als einen Monat. Dies muss der Beklagten dann erst recht zumutbar sein.

Dementsprechend steht den Klägern für den Zeitraum der Schließung vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 die vertraglich vereinbarte Miete zu, weshalb auch die beklagtenseits erklärte Aufrechnung nicht durchgreift.

4. Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

II.

Darüber hinaus haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich geleisteten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 € aus §§ 280, Abs. 1, 535 Abs. 2, (241 Abs. 2) BGB, dadurch, dass die Beklagte angekündigt hat die Aprilmiete 2020 aufgrund der Auswirkungen von Corona nicht zu bezahlen. Bei der unsicheren und schwierigen Rechtslage war es für die Kläger erforderlich und zweckmäßig unmittelbar einen Rechtsanwalt aufzusuchen, um Rechtsrat einzuholen.

Die Zinspflicht ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Soweit die Beklagte ab dem Zeitpunkt der Wiedereröffnung (20.04.2020) „hilfsweise“ mit der Miete März 2020 während des Zeitraums der Schließung (18.03. bis 31.03.2020) aufrechnet, ist keine Streitwerterhöhung eingetreten, da kein Fall des § 45 Abs. 3 GKG vorliegt. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie lediglich für den Zeitraum der Filialschließung nicht verpflichtet sei, Miete zu zahlen. Eine Mietzinszahlungspflicht ab dem 20.04.2020 wird von ihr daher dem Grunde nach nicht bestritten, sondern lediglich mit der Aufrechnung angegriffen. Dies stellt jedoch gerade keinen Fall der Hilfsaufrechnung, sondern eine Primäraufrechnung, die nicht streitwerterhöhend ist, dar (vgl. Schindler in BeckOK, Kostenrecht, 01.06.2020, § 45 GKG, Rn. 19).

 

Sachverhalt

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für Gewerberäume im April 2020 in Anspruch.

Die Beklagte betreibt in von den Klägern gemieteten Geschäftsräumen in der N.-Straße in W. eine Filiale eines Marktes. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Darstellung im landgerichtlichen Urteil (LGU 2/3) verwiesen.

Die streitgegenständliche Filiale war vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 wegen § 4 Abs. 1 Nr. 12 der Coronaverordnung vom 17.03.2020 geschlossen. Die Beklagte kündigte am 24.03.2020 an, die Miete für April 2020 nicht zu bezahlen. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde sie am 01.04.2020 aufgefordert, die Miete fristgerecht zu überweisen. Die Aufforderung blieb erfolglos, die Kläger haben Klage auf Zahlung der Miete für den Monat April 2020 sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Teil der Miete vom März 2020 erklärt, nachdem die streitgegenständliche Filiale ab dem 20.04.2020 wieder eröffnet werden konnte.

Die Kläger sind der Auffassung, die behördlich angeordnete Schließung der Filiale lasse ihren Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Gewerberaum nicht entfallen. Es handele sich hierbei nicht um einen Mangel der Mietsache. Da eine Mindestmiete vereinbart worden sei, werde diese unabhängig davon geschuldet, ob in dem Ladengeschäft Umsätze generiert würden oder nicht. Dieses Risiko trage die Beklagte im Verhältnis zu den Klägern allein. Die Gebrauchsüberlassung der Mieträume an die Beklagte sei nicht unmöglich. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB fehle es an einer von der Beklagten darzulegenden Existenzgefährdung.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Zahlung von 5.081,98 € zuzüglich Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 697,82 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Die behördliche Anordnung hebe die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht auf und mindere diese auch nicht. Hoheitliche Maßnahmen, die zu einer Gebrauchsbeschränkung führten, begründeten nur dann einen Mangel, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts sei wegen des heute in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorausgesetzten Objektbezugs der Nutzungsbeeinträchtigung nicht übertragbar. Weiter ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistung der Kläger nicht nach § 275 BGB unmöglich geworden sei, da die Kläger die ihnen als Vermieter obliegende Hauptleistungspflicht erfüllen könnten. Das Verwendungsrisiko trage allein die Beklagte. Ob § 313 Abs. 1 BGB vorliegend anwendbar ist und die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat das Landgericht offengelassen, nachdem es eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, sich am Vertrag festzuhalten zu lassen, nicht hat feststellen können. Eine Existenzgefährdung oder unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie habe unberücksichtigt gelassen, dass sie über das staatliche Kurzarbeitergeld Mitarbeiterkosten erspart habe und die Möglichkeit, den Onlinehandel auszuweiten oder dies zumindest zu versuchen, um Umsatzeinbußen auszugleichen, außer Betracht gelassen. Weiter hat das Landgericht unter Berücksichtigung von § 10 des Mietvertrags, der bei erheblicher Veränderung der Charakteristik der Verkehrssituation, der Einzelhandelssituation oder der Straßenführung in Bezug auf die Erreichbarkeit des Mietobjekts lediglich ein Kündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorgesehen habe, eine Unzumutbarkeit verneint.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 22.09.2020 (Az. 3 O 4495/20) geht die Beklagte von einem Mangel der Mietsache aus, der zu einer Minderung der Miete um bis zu 100 % führe. Die Räumlichkeiten seien zur Nutzung als Verkaufsräume, nicht als Lagerräume gemietet worden. Die Benutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck des Verkaufs fehle, weshalb ein zur Minderung berechtigender Mangel vorliege. Der Anteil der Lagerflächen betrage lediglich 5,87 % der Mietflächen. Im Übrigen sei den Klägern durch die Schließungsanordnung in der Coronaverordnung die ihnen obliegende Leistung unmöglich geworden. Zumindest sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Vertrag nach § 313 BGB anzupassen. Mit der behördlichen Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage entfallen, ohne dass das sich verwirklichende Risiko einer Partei zugeordnet werden könne, weshalb eine hälftige Teilung der Miete während der Schließungszeit angemessen sei. Insoweit sei hinsichtlich der Schließungszeit im März eine Aufrechnung mit der vollständig unbezahlten Aprilmiete erfolgt. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzumutbarkeit hält die Beklagte für überflüssig. Das Kriterium der Existenzbedrohung des Gewerberaummieters sei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Wenn das Landgericht dieses jedoch für wichtig gehalten hätte, hätte das Landgericht den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Ein Ausweichen auf den Onlinehandel sei vor dem Hintergrund der Preisstruktur der Beklagten nicht erfolgversprechend gewesen, eine Änderung des Nutzungszwecks scheide schon wegen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen, die in kurzer Zeit nicht zu beschaffen seien, aus. Auf den Bezug staatlicher Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld komme es nicht an, da hierdurch zwar Kosten gesenkt, jedoch nicht die Kosten der Beklagten gedeckt werden könnten. Einer Vorlage der Gesamtkostenkalkulation der Beklagten bedürfe es insoweit nicht. Im Übrigen habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass auch die wirtschaftliche Situation der Klägerseite in die Abwägung der Zumutbarkeit hätte einfließen müssen, diese habe das Landgericht nicht aufgeklärt. Nach Auffassung der Beklagten wären die Mieten für die Zeiten der Schließung jedenfalls hälftig zu teilen gewesen, weshalb die Klage dann in Höhe von 2.756,83 € abzuweisen gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 5 O 66/20, vom 30.07.2020, zugestellt am 06.08.2020, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig. Weiter machen sie geltend, dass den Klägern, die in demselben Gebäude, in dem die Beklagte Ankermieterin sei, Praxisräumlichkeiten betrieben, eine Herabsetzung der Miete wirtschaftlich nicht zuzumuten sei, nachdem sie zwar nicht von Schließungen betroffen gewesen seien, jedoch erhöhten Aufwand in die Praxisräumlichkeiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie hätten. Auch seien ihre Umsätze zurückgegangen, im Gegensatz zu der Beklagten profitierten sie nicht von staatlichen Hilfen wie Kurzarbeitergeld.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 (II 48) verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Voraussetzungen einer Mietminderung liegen nicht vor (1.). Die Leistung der Kläger als Vermieter ist diesen auch nicht unmöglich geworden (2.). Eine Anpassung des Vertrags nach § 313 BGB findet vorliegend ebenfalls nicht statt (3.).

1. Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Mietminderung nach § 536 Abs.1 BGB verneint.

Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist die vereinbarte Miete kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein derartiger Mangel ist dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung können dabei auch Umstände sein, die von außen auf die Mietsache unmittelbar einwirken (so genannte Umweltfehler), wie etwa Emissionen, denen die Mietsache ausgesetzt ist. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 152/12, bei juris Rn. 8). Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies nachträglich einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9 zu einem Pachtverhältnis). Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt im Gegensatz zu der von der Beklagten und dem Landgericht München I im Urteil vom 22.09.2020 (3 O 4495/20) herangezogenen Rechtsprechung des Reichsgerichts für die Annahme eines Mangels einen Objektbezug der Nutzungsbeeinträchtigung voraus. Einen solchen hält auch der Senat als Voraussetzung der Annahme eines Mangels des Mietobjekts für erforderlich.

Durch die behördliche Nutzungseinschränkung ist das streitgegenständliche Mietobjekt daher nicht als mangelhaft im Sinne des § 536 BGB anzusehen. Es fehlt am Objektbezug der behördlichen Schließungsanordnung, die eine Vielzahl an Gewerben, die nicht der Deckung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienten, betrafen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Fall der Unmöglichkeit der Leistung der Kläger, mit der Folge, dass die Gegenleistungspflicht der Beklagten entfallen würde, verneint.

Wie oben ausgeführt, ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (BGH, Urteil vom 13.07.2011, XII ZR 189/09, bei juris Rn. 9). Vorliegend erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Als solche war die Mietsache im vorliegenden Fall auch während der angeordneten Schließung brauchbar. Dass es wegen der angeordneten Schließung tatsächlich nicht zu einem entsprechenden Gebrauch kam, fällt in das Verwendungsrisiko der Beklagten.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass vorliegend eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht kommt.

Nach Art. 240 § 7 EGBGB sind hier sowohl das allgemeine Schuldrecht als auch die Gewährleistungsrechte aus dem Mietvertragsrecht anwendbar und werden durch die gesetzliche Vermutung, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, ergänzt. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass vorrangig Gewährleistungsrechte und die Frage der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung zu prüfen sind (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Beide führen im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung der Mietschuld der Beklagten für April 2020 (dazu oben 1. und 2.). Erst danach kann auf die Frage des Vorliegens einer Störung der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Dass eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, wird nun „grundsätzlich“ vermutet, wobei Unsicherheiten beseitigt und die außergerichtliche Verhandlungsposition des Gewerberaummieters gestärkt werden sollte (BT-Drucks. 19/25322 S. 14/ 15). Art. 240 § 7 EGBGB schafft eine tatsächliche Vermutung, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Abs. 1 BGB, der Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach dem Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Die Vermutung ist widerleglich und gilt nur für dieses reale Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB (BT-Drucks. 19/25322 S. 20). Das normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB, dass dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird von der Vermutungsregelung nicht erfasst (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Dabei stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass im Rahmen der Zumutbarkeit zu prüfen sein wird, wie erheblich die Umsätze zurückgegangen sind und auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkung jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat (z.B. wegen Kurzarbeitergeld oder weggefallenem Wareneinkauf). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls § 313 BGB gewährt keine Überkompensation (BT-Drucks. 19/25322 S. 21).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht festzustellen, dass es der Beklagten unter Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten wäre, an der vertraglich vereinbarten Mietzahlungspflicht festgehalten zu werden. Darauf, ob die gesetzliche Regelung, was die Kläger in Abrede stellen, auch auf Sachverhalte in der Vergangenheit, nämlich die Miete für April 2020 anwendbar ist, kommt es daher hier nicht an.

a. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Wie oben ausgeführt (1.), trägt im Verhältnis zum Vermieter der Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Eine Anpassung des Vertrags kann die Beklagte nur dann verlangen, wenn ihr das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. § 313 BGB greift nach der Rechtsprechung erst dann ein, wenn dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnis unabweislich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 17). Die Unzumutbarkeit ist aus dem Vergleich von Schuldneraufwand und Leistungserfolg zu bestimmen. Dabei sind nicht nur die Interessen des Schuldners, sondern auch die des Gläubigers mit dem Ziel, die beiderseitigen – widerstreitenden – Interessen auszugleichen, zu berücksichtigen. Dem Schuldner sind Aufwendungen, welche die dem Schuldverhältnis immanente Opfergrenze überschreiten, nicht mehr zumutbar. Diese Opfergrenze wird insbesondere überschritten, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners zur Vernichtung seiner Existenz führen würde; unter Umständen genügt auch bereits eine schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.04.1959, V ZR 3/58, bei juris Rn. 44). Eine Angleichung ist geboten, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04, bei juris Rn. 25).

Dass ein solches schlechthin nicht mehr hinnehmbares Ergebnis anzunehmen wäre, insbesondere die Beklagte in ihrer Existenz gefährdet wäre, wenn sie die Miete für April 2020 bezahlen müsste, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen. Sie hat zwar einen Umsatzverlust bezogen auf den Gesamtkonzern dargelegt. Wie die streitgegenständliche Filiale wirtschaftlich dasteht, ist dem Vortrag der Beklagten aber nicht zu entnehmen. Es ist im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung durchaus zu sehen, dass es sich bei der Beklagten um einen großen Konzern handelt, der wirtschaftlich leistungsfähiger sein kann als die Filialen für sich betrachtet. Für die Frage der Störung des Äquivalenzverhältnisses bezogen auf den streitgegenständlichen Mietvertrag dürfen jedoch auch Leistung und Gegenleistung bezogen auf diese Filiale und damit der konkrete Einzelfall nicht aus dem Blickfeld geraten, da auch die Interessen der (unterschiedlichen) Vermieter Berücksichtigung finden müssen.

Hier hat die Beklagte eine Aufstellung der Nettoumsätze aller Filialen in Deutschland von Januar 2018 bis April 2020 einschließlich vorgelegt. Unterstellt man, dass diese auch die Umsatzentwicklung in der streitgegenständlichen Filiale wiederspiegeln, ist ein Umsatzeinbruch in den Monaten März und April 2020 zu sehen. Dass dieser allerdings allein auf den Schließungen und nicht auch auf bereits seit Anfang März zu beobachtender Zurückhaltung der Käufer, also einer unstreitig in das Risiko der Beklagten fallenden Änderung des Konsumverhaltens, beruht, ist diesen Zahlen nicht zu entnehmen. Obwohl das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung (I 75) darauf hingewiesen hatte, dass eine Existenzgefährdung nicht dargelegt sei, und auch das Urteil auf die fehlende Darlegung einer zur Unzumutbarkeit führenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung gestützt hatte (LGU 14/ 15), hat sich die Beklagte damit weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung dezidiert auseinandergesetzt.

Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass nicht isoliert die Umsatzeinbußen in den von der Schließung betroffenen Monaten betrachtet werden können, und dass auch staatliche Hilfen, wie das Kurzarbeitergeld, in die Abwägung einzubeziehen sind. Auch wenn diese die Kosten nicht insgesamt ausgeglichen haben, ist für die Frage der wirtschaftlich unzumutbaren Beeinträchtigung zu berücksichtigen, ob von anderer Seite eine Partei wirtschaftliche Unterstützung erhalten hat. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob mit nicht verkauften, aber noch verkäuflichen Warenvorräten, Vermögenswerte noch vorhanden sind. Diese binden zwar Liquidität der Beklagten, können aber im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben.

Vorliegend ist dem Vortrag der Beklagten auch in der Berufung weder bezogen auf die streitgegenständliche Filiale noch bezogen auf den Gesamtkonzern zu entnehmen, in welchem Umfang als Folge der Schließung im Frühjahr 2020 die Umsätze und Gewinne und damit im Ergebnis auch das Vermögen der Beklagten so beeinträchtigt wurden, dass ihr ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden könnte. Weder legt die Beklagte offen, wieviel staatliche Leistungen, insbesondere Kurzarbeitergeld, sie erhalten hat, und welche Aufwendungen sie durch die Kurzarbeit erspart hat, noch welche Warenwerte an verkäuflichen Waren, die die Anschaffungskosten im weiteren Verlauf senken, weiter vorhanden sind. Die Bezugnahme auf die erneuten im Dezember 2020 behördlich verordneten und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch andauernden Schließungen vermag den Vortrag zu den Beeinträchtigungen im Frühjahr nicht zu ersetzen. Die Einbußen, die die Beklagte durch die erneute Schließung ab Mitte Dezember 2020 erleidet, können auch nicht in die Abwägung der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die Monatsmiete im April 2020 einbezogen werden. Insoweit handelt es sich um einen neuen Sachverhalt. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Miete für April 2020 und nicht die Frage, ob und in welcher Form eine Vertragsanpassung für Zeiträume ab Mai 2020 verlangt werden könnte.

b. Soweit sich die Beklagte auf Stimmen in der Literatur beruft, die unter Berücksichtigung des Umstandes, dass keine der Parteien die Pandemie und die damit verbundenen Geschäftsschließungen und weiteren Folgen habe vorhersehen können, eine hälftige Teilung des Risikos und damit eine hälftige Teilung der Miete annehmen, weshalb es einer Darlegung der Umsatzausfälle nicht bedürfe, überzeugt dies nicht. Zu prüfen ist die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit in jedem Einzelfall. Dieser entzieht sich, wie die unterschiedlichen Stimmen in der Literatur zeigen (vgl. bspw. Häublein/Müller, Wer trägt das Pandemierisiko in der Geschäftsraummiete, NZM 2020, 481, 488 ff), einer pauschalierten Darstellung. Es kann in dem Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte im Gegensatz zu den Klägern von staatlichen Transferleistungen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Zudem zeigt sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass im April nach der Schließung nur 10 Öffnungstage zur Verfügung standen, dass hier die Vormonate deutlich übersteigende Tagesumsätze erzielt wurden, so dass ein gewisser Nachholeffekt in diesem Bereich nicht auszuschließen ist. Eine pauschalierte Herabsetzung um die Hälfte lässt außer Betracht, dass möglicherweise, Vortrag der Beklagten hierzu fehlt, ein Teil der Umsätze nach Beendigung des Lockdown auch nach April 2020 nachgeholt werden konnte, da anders als in der Gastronomie oder der Veranstaltungsbranche zunächst nicht verkaufte Ware, soweit es sich nicht um Osterartikel gehandelt hat, grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden kann.

c. Somit fehlt es bereits an einer Darlegung der Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete für den Monat April 2020, weshalb die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben kann.

Auf die Frage, inwieweit die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger durch die behördlich angeordneten Schließungen betroffen sind und ob diesen eine Vertragsanpassung zuzumuten wäre, kommt es derzeit nicht an, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte in so unzumutbarer Weise betroffen sein könnte, dass eine Vertragsanpassung im Sinne einer Herabsetzung der Miete geboten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO angeordnet.

Vor dem Hintergrund der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Fragen zum Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts durch die angeordneten Schließungen, der Unmöglichkeit der Leistung der Vermieter, die zu einer Minderung der Miete bzw. zu einem Wegfall der Mietzahlungspflicht der Beklagten führen würden, ohne dass es auf die in ihrer Erforderlichkeit ebenfalls umstrittene Darstellung der Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertragsverhältnis ankäme, hat der Senat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.